Billiges "Roaming" bis nach Indien - Reisen
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2 /2012 Magazin für faire Arbeitsbedingungen weltweit © Witold Barski, sxc.hu Reisen Billiges „Roaming“ bis nach Indien Thema Armes globalisiertes Osteuropa Interview Es gibt keine Alternative … Südwind Aktuell Nr. 3/2012 · Sept. 2012 · Erscheinungsort Wien · Verlagspostamt 1080 Wien · P.b.b. · Zulassungsnr. 02Z031329M
Kampagnen dieser Ausgabe Zur Zeitschrift Spielsachen fair machen! Weltverbesser n versteht sich als offenes Medium sowohl für die Kampagnen Inhalt Kampagne für faire Arbeitsbedingungen in der Spielzeugindustrie von Südwind als auch für andere, die sich mit dem Thema faire Arbeitsbedin- www.spielsachen-fair-machen.at gungen beschäftigen (siehe Links). WeltverbesserIn erscheint zwei Mal jährlich Editorial 4 (Herbst und Frühling) und wird allen InteressentInnen kostenlos per Post Facts 5 Clean Clothes Kampagne zugesendet. Kurzmeldungen 6 für faire Arbeitsbedingungen in der Bekleidungs- und Sportartikelproduktion Personen und Organisationen, die noch nicht in die Verteilerliste aufgenommen Thema www.cleanclothes.at sind und die Zeitschrift beziehen wollen, mögen uns dies unter Angabe der Armes globalisiertes Osteuropa 8 Postadresse mitteilen. Interview WearFair Als Branche das Richtige tun 12 Initiative zu Beratung von KonsumentInnen sowie Klein-und Mittelbetrieben Es gibt keine Alternative … 16 zum Thema faire und ökologische Mode Aktionen www.wearfair.at Mit freundlicher Unterstützung von Kampagnen-Aktionen 14 Guerilla Aktionsidee: Weltumspannend arbeiten – Guerilla Knitting 18 der entwicklungspolitische Verein im ÖGB Shopping 19 Projekt “Von der Werkbank zur Weltbank - Chinas neue Rolle verändert die Welt” Reise www.weltumspannend-arbeiten.at Auf Recherche in China 20 Billiges „Roaming“ bis nach Indien 22 Menschenwürdige Arbeit für menschenwürdiges Leben Zum Weiterlesen 24 Projekt über globale gewerkschaftliche Handlungsmöglichkeiten Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und der Österreichischen Ent- wicklungszusammenarbeit erstellt. Die darin vertretenen Standpunkte geben die Ansicht der Südwind Agen- Vision www.fairearbeit.at tur wieder und stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der FördergeberInnen dar. Umdenken und Umlenken 26 Verantwortliche öffentliche Beschaffung und menschenwürdige Arbeit JETZT! Impressum Verlegerin Südwind Agentur. Herausgeber Südwind – Verein für Entwicklungspolitik. Initiative zu sozial fairer Beschaffung durch die öffentliche Hand Redaktion Christina Schröder und Werner Hörtner www.fairebeschaffung.at Ihre Spende hilft! (Chefredaktion), Claudia Bonk, Johannes Heiml, Stefan Kerl, Sabine Klapf, Michaela Königshofer, Elisabeth Schinzel. REdUSE Südwind setzt sich für faire Arbeitsbedingungen ein und unterstützt damit Layout Julia Löw, www.weiderand.net. Hintergrund- muster Laurenz Andritz, www.3achs.net. Über den Umgang mit den Ressourcen der Erde. unzählige Menschen und Organisationen weltweit in ihrem Engagement für Druck Resch, www.resch-druck.at, gedruckt mit Reduce-Reuse-Recycle Projekt von Global 2000 ein menschenwürdiges Leben. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung! Ökostrom auf FSC-zertifiziertem Papier. www.reduse.org Bitte verwenden Sie den beiliegenden Erlagschein (Rückseite) für Ihre Spende! Anschrift der Redaktion Laudongasse 40, A-1080 Wien. Telefon 01 4055515-0, Fax 01 4055519, Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Die Bestätigung erhalten Sie Anfang des E-Mail weltverbesserin@suedwind.at. nächsten Jahres. DVR 0895717
4 Editorial F acts 5 Liebe Leserin, lieber Leser: Ich hoffe, Sie konnten den Sommer dafür nutzen, um Bewährtes zu genießen oder um Neues zu ent- decken. Vielleicht kommen Sie auch gerade zurück von einer Reise, die Sie in ein fernes Land geführt Vom Engagent zum Auf welche Karten setzt Faire und ökologische hat. Auch in der WeltverbesserIn war in der Vergangenheit oft die Rede Handeln Mattel? Kleidung gefragt! von Menschen in fernen Ländern, die mit ausbeuterischen Arbeitsbedin- gungen konfrontiert sind. Aber so fern sind diese Verhältnisse nicht. Der Die in Genf ansässige Internatio- Auf der letzten Vollversammlung Thema-Beitrag „Armes globalisiertes Osteuropa“ in dieser Ausgabe be- nale Arbeitsorganisation der UNO des Spielzeugkonzerns Mattel wur- schäftigt sich mit Arbeitsbedingungen in Europa. Ein oft angeführtes Ar- (ILO) veröffentlichte kürzlich einen de die Neubesetzung von Füh- Eine neue repräsentative, von Süd- gument, dass der Produktionsstandort Europa von vornherein schon faire Bericht über die weltweite Situa- rungsposten bekannt gegeben. wind in Auftrag gegebene Umfrage Arbeitsbedingungen bedeutet, wird damit entkräftet. Nur in Europa zu tion bei den Arbeitsrechten. Der Robert Eckert wurde von Bryan bestätigt: Kleidung ist uns wichtig - produzieren reicht nicht, wie auch der neue Bericht über die Bekleidungs- Report über „Grundlegende Prin- Stockton als Firmenchef abgelöst - und teuer. Ein Drittel der Befragten industrie in Mazedonien zeigt (S. 24). Die ArbeiterInnen verdienen dort im zipien und Rechte bei der Arbeit. dieser gilt als offener und dialogbe- gab an, monatlich 50 bis 100 Euro Monat weniger als eine Arbeiterin in China. Vom Engagement zum Handeln“ reiter als Eckert. Des Weiteren rück- dafür auszugeben. Als bedeutendes Der Blick der WeltverbesserIn-Redaktion ruht aber nicht ausschließlich auf umfasst an die 130 Seiten und te Trevor Edwards in den Vorstand Kriterium beim Kleiderkauf geben Europa. Ein riesiges Land wie China bietet immer wieder neue Facetten, konzentriert sich auf die Themen auf. Laut InsiderInnen ist dies ein zwei Drittel der Befragten faire Ar- wie der Bericht von Eva Prenninger darlegt, die ihre Reiseeindrücke über Vereinigungsfreiheit und Kollek- Zeichen der Öffnung. Edwards war beitsbedingungen und umweltscho- die Arbeitswelten in China schildert. Sie, liebe LeserInnen, können uns tivverhandlungen, Zwangs- und vorher bei Nike, wo er sich nach öf- nende Herstellung an; das sei ge- auch weiter nach Indien begleiten und mehr über die Produktion von Han- Kinderarbeit sowie Diskrimi- fentlichen Kampagnen um die Scha- nauso wichtig wie Marke und Trend dys erfahren – oder Sie verweilen schon vorher bei der Aktionsidee „Gue- nierung. densbekämpfung des Images und und noch wichtiger als Preis und rilla Knitting“ und nehmen gleich die Stricknadeln zur Hand. Wobei wir „Der Bericht schildert die wirkli- Dialog mit NGOs gekümmert hatte. Qualität. Diese Tendenz scheint u.a. natürlich hoffen, dass Sie nach getaner Arbeit die WeltverbesserIn weiter- chen Probleme in der Arbeitswelt, Mattel wurde letztes Jahr von damit zusammenzuhängen, dass lesen und sich noch die eine oder andere Wortmeldung zu Gemüte führen, identifiziert die Schlüsselherausfor- Greenpeace aufgrund der Barbie- das Wissen der KonsumentInnen zu etwa die von Mark Held, dem Sprecher der europäischen Outdoor- derungen und -gelegenheiten und Verpackungen aus Tropenholz und fairer und ökologischer Mode im Industrie, oder dass Sie Ihre Vision über eine gerechtere Welt mit der von zeigt auf, was die ILO zusammen der Südwind Kampagne „Spielsa- Steigen begriffen ist: Während vor Barbara Stöckl vergleichen. mit den Mitgliedstaaten und den chen fair machen!“ wegen eines zwei Jahren nur 13 % der Befragten Als Abschluss dieser kleinen Rundreise durch die WeltverbesserIn möchte Sozialpartnern tun kann, um diese Selbstmords bei einem Zulieferbe- angaben, sich gut informiert zu füh- ich mich ganz herzlich bei allen 4063 UnterstützerInnen der Kartenaktion zu überwinden“, erklärte ILO-Ge- trieb in China öffentlich kritisiert. len, sind es jetzt schon über 20 %. „Ride for a Change“ bedanken!!! (Was mit den Karten passiert ist, lesen Sie neralsekretär Guy Ryder, der erst Die Ernennung von Edwards scheint Die Bereitschaft, für öko-faire Klei- auf S. 14.) im vergangenen Mai in dieses Amt der Versuch zu sein, in Zukunft bes- dung auch tiefer in die Tasche grei- gewählt wurde. ser mit solchen Angriffen umgehen fen zu wollen, bleibt hoch: Mehr als Ich wünsche eine spannende Lektüre! www.ilo.org zu können. Ob Mattel da auf die die Hälfte würde mindestens über richtige Karte gesetzt hat, wird sich 15 % mehr zahlen. Michaela Königshofer, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne zeigen. www.wearfair.at
6 Kurzmeldungen 7 Neues aus den Kampagnen fordern unsere Regierungen auf, ökologische Mode das Ziel ver- Mehr als 60 AusstellerInnen, die ins- Playfair 2012 Bei der Produktion von Merchan- menschenwürdige Arbeit in den folgt, Innovationen aus dem öko- gesamt 120 Ethical Fashion Brands Die Olympischen Spiele in London disingprodukten wie den Maskott- Mittelpunkt ihrer Entscheidungen logischen Bereich aufzuzeigen und aus ganz Europa präsentieren, rund waren abermals ein Anlass für die chen Wenlock und Mandeville zu rücken!“ die Bedeutung von fairer und sozi- 5000 BesucherInnen und ein gro- Initiative Playfair – ein Zusammen- waren schon zu Jahresanfang Menschenwürdige Arbeit weltweit! Ob die Forderungen der Gewerk- al nachhaltiger Produktion vor den ßes mediales Interesse machten schluss von CCK und internationa- schwere Missstände aufgedeckt Anlässlich der Übergabe von über schaften, NGOs und tausender Bür- Vorhang zu holen. die WearFair in den letzten Jahren len Gewerkschaftsbünden – , auf worden. Das Organisationsteam 6.000 Unterschriften für menschen- gerInnen auf fruchtbaren Boden fal- Von Beginn an spielte aber auch auch über die Grenzen Österreichs die Ausbeutung von NäherInnen der Spiele in London (LOCOG) würdige Arbeit aus Österreich, Ru- len, werden erst die Reaktionen der das anspruchsvolle Design der hinaus bekannt. In ihrer fünfjähri- hinzuweisen. Playfair hatte im Vor- hatte dann im Februar auf entspre- mänien und Bulgarien an die Euro- PolitikerInnen zeigen. kreativen ModemacherInnen eine gen (Erfolgs-)Geschichte wurde sie feld des sportlichen Großereig- chende Forderungen von Playfair pa-Abgeordneten Evelyn Regner www.fairearbeit.at zentrale Rolle. Denn wer zieht zu einem Zentrum für nachhaltige nisses 175 ArbeiterInnen in China, reagiert. Es wurde eine Beschwer- und Ulrike Lunacek veranstalteten schon Kleidung an, die einem nicht Mode innerhalb Europas und zu ei- Sri Lanka und auf den Philippinen destelle eingerichtet, wo sich be- NGOs und Gewerkschaften zum gefällt? Um erfolgreich gegen nem jährlichen Treffpunkt für euro- interviewt und in allen zehn un- troffene ArbeiterInnen in China an Abschluss des Projekts „menschen- alte Klischees aufzutreten, ist seit päische Fachleute und interessierte tersuchten Unternehmen Arbeits- eine eigens eingerichtete Hotline würdige Arbeit für menschenwürdi- jeher eine wichtige Botschaft der Personen. rechtsverletzungen festgestellt. Die richten konnten. ges Leben“ einen Runden Tisch im Messe: Don’t just be green, be Betriebe produzierten für adidas, Der Bericht „Fair Games?“ kann Europaparlament. awesome! Die Highlights zum diesjährigen Ju- New Balance, North Face, Colum- unter www.cleanclothes.at/de/ „Die Konzerne machen weltweit gu- Als NGO mit hohen inhaltlichen biläum, das von 28.–30. Septem- bia Sportwear Company, Next, Ni- ressourcen/publikationen te Gewinne, das Leben des Groß- Ansprüchen stand Südwind den ber in der Tabakfabrik Linz über die ke, Speedo und Ann Taylor. downgeloadet werden. teils der Menschen wird dadurch anderen professionellen Mode- Bühne gehen wird, verdeutlichen © Will Bax ter aber nicht besser, im Gegenteil. Messen in Europa im Design und die Weiterentwicklung der Mes- Nur internationale Solidarität und der Präsentation etwas nach. Mitt- se. Dazu zählen: die Präsentation die Achtung der Menschenrechte lerweile gibt es auf der WearFair des ersten nachhaltigen Business- weltweit können dem ein Ende set- sowohl innovative Mode zu bestau- Herrenanzuges, ein Familientag mit zen!“, forderte Stefan Kerl, Leiter Fünf Jahre WearFair-Messe - Eine nen, als auch einen einzigartigen ganz besonderem Programm, die des Kampagnenbereichs von Süd- nachhaltige Erfolgsgeschichte … Messebau aus Karton, der vom WearFair Wissens-Lounge, Mode- wind, im Europaparlament. Gud- Mehr als nur grün: Seit ihrer Pre- international erfolgreichen Künst- schau, Upcycling Award uvm. run Glocker von weltumspannend miere im Jahr 2007 hat die in Linz lerkollektiv „PappLab“ entwickelt Mehr Infos unter: arbeiten – ÖGB ergänzte: „Wir angesiedelte Messe für faire und wurde. www.wearfair.at/messe
8 Thema 9 Armes globalisiertes Osteuropa Die ehemals Zweite Welt im kommunistischen Teil Europas weist auch mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer zahlreiche Merkmale der so genannten Dritten Welt auf. Ein Blick auf die Billiglohnländer Mazedonien und Moldau. Von Werner Hörtner D as staatliche Statistikamt hat umgerechnet 481 Euro als durchschnittliche Haushaltsausgaben für eine vierköpfige Familie im Monat errechnet. Nach derselben Quelle lag der durchschnittliche Netto- lohn in der Bekleidungsbranche Ende des Vorjahres bei 174 €, in der Schuhherstellung überhaupt nur bei 150 €. Der Mindestlohn in der Bekleidungsindustrie wurde für 2012 auf 101 € angehoben. Doch von wem ist hier die Rede? China? Bangladesch? Vietnam? Nein, die Rede ist von der Republik Mazedonien, deren Hauptstadt Skopje nur knapp 800 km Luftlinie von Wien entfernt liegt. Auch dort, wie in den Weltmarktfabriken von Mittel- © 3. Etage Filmproduktion amerika oder Südostasien, sind über 80 % der Beschäf- tigten im Bekleidungssektor Frauen, die auf den kargen Lohn dringend für den Unterhalt ihrer Familien ange- wiesen sind. Von der Arbeitslosigkeit, die zwischen 30 und 45 % variiert, sind vor allem Männer betroffen.
10 Thema 11 © 3. Etage Filmproduktion „Was können wir denn tun?“ Billig und nah Entwicklungszusammenarbeit eigene Produktionsstät- Möglichkeit die Regierungspolitik behindern. Durch ih- „Wie wir mit diesem Geld überleben können?“, fragt Und wer profitiert von dieser „Dritten Welt“ im Euro- ten aufgebaut und das Personal geschult. re Opposition konnte die KP bereits zwei Mal die Wahl eine Näherin aus Mazedonien in einem Recherche-Ge- pa des 21. Jahrhunderts? Die Bekleidungs- und Schuh- eines (vom Parlament bestimmten) Staatspräsidenten spräch mit der Clean Clothes Kampagne. „Was können industrie liefert etwa ein Fünftel des Exportvolumens Moldau: Eine traurige Situation … verhindern. wir denn tun? Wie können wir ohne diesen Job über die Mazedoniens, wovon an die 60 % nach Deutschland Der osteuropäische Kleinstaat Moldau (auch Moldawi- Runden kommen? Zumindest kriegen wir so jeden Mo- gehen, gefolgt von Griechenland und einigen westeu- en) war einst eine der wohlhabendsten Sowjetrepub- Übermächtige Nachbarn nat rechtzeitig und regelmäßig unseren Lohn.“ Eine an- ropäischen Staaten, darunter auch Österreich und der liken. Soziale und politische Spannungen, der Wegfall Sowohl was die EU als auch Österreich betrifft, konzen- dere Arbeiterin rechnet vor, wie sie mit ihrem Monats- Schweiz. des sowjetischen Absatzmarktes und ein militärischer trieren sich die Wirtschaftsbeziehungen mit Osteuropa gehalt von 129 € ihre Familie durchzubringen versucht. Die günstigen Produktionskosten – der Mindestlohn ist Konflikt um die Abspaltung der Region Transnistrien auf die Russische Föderation und die Ukraine. Im Han- Sie hat das Glück, dass die Mutter ihres arbeitslosen teilweise geringer als in China oder Indonesien – und haben das Land nach der Unabhängigkeit 1991 in das delsvolumen Österreichs mit Osteuropa in der Höhe von Mannes ihre Rente von 113 € in den gemeinsamen die räumliche Nähe haben die ex-jugoslawische Teilre- Armenhaus Europas verwandelt. Knapp 30 % der Be- 8,2 Milliarden Euro (2011) nimmt Russland mit 6,3 Mrd. Haushalt einbringt. Und: „Wir haben Glück, denn wir publik zu einem beliebten Standort für Berufsbeklei- völkerung von ca. 3,5 Millionen lebt unterhalb der Ar- fast 80 % ein, 1,4 Mrd. entfallen auf die Ukraine, wo Ös- haben ein kleines Stück Land, wo wir Nahrungsmittel dung gemacht. Doch „Made in Europe“ allein ist noch mutsgrenze, ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung terreich zu den größten ausländischen Investoren zählt. für uns anbauen können.“ kein Garant für faire Arbeitsbedingungen. Unser Eintre- ist auf Grund der schlechten Wirtschaftslage ins Aus- Im April 2007 fand in Wien ein Länderseminar zu den Das Bewirtschaften eines eigenen Stückes Land ist ten für faire Arbeitsbedingungen weltweit muss daher land emigriert. 2009 konnte nur eine Intervention des Wirtschaftsbeziehungen mit Moldau statt. Das Han- in Mazedonien heutzutage eine wichtige Überlebens- auch die Forderung nach Aufnahme sozialer Kriterien in Internationalen Währungsfonds den Staatsbankrott delsvolumen betrug damals 44 Millionen Euro, rund 25 strategie geworden: Subsistenzwirtschaft in Zeiten das öffentliche Beschaffungswesen einschließen (siehe verhindern. Millionen davon Exporte. Der zuständige österreichi- der Globalisierung … die diesem Heft beiliegende Karte). Die Europäische Union hat schon 1998 ein Koopera- sche Handelsdelegierte Walter Friedl fasste seine Mei- tionsabkommen mit Moldau geschlossen, seit 2010 nung in einem denkwürdigen Satz zusammen: „Die Si- Neben den niedrigen Löhnen ist, ebenso wie in Ban- Aus Mazedonien über Salzburg nach Brasilien ist ein Assoziierungsabkommen in Ausarbeitung. Seit tuation ist eine traurige – es tut sich sehr wenig“. gladesch, Kambodscha oder Honduras, die Nichtein- In Südosteuropa wird vor allem im Lohnfertigungs-Sys- 2004 ist die Republik ein Schwerpunktland der Öster- Ein einziges österreichisches Unternehmen, die Polaris haltung arbeitsrechtlicher Nomen – allerdings nicht in tem produziert, d.h. die ausländischen Auftraggeber reichischen Entwicklungszusammenarbeit, wobei die Handelsgesellschaft, lässt in der firmeneigenen Tricon einer derart repressiven Form wie in den genannten liefern Schnitte, Stoffe und Zubehör und erhalten die Konzentration auf den Sektoren Wasser/Abwasser und SA Bekleidung herstellen, von der 90 % in den Export Staaten – ein großes Problem. Es existieren wohl Ge- Ware verkaufsfertig retour. Bei dieser Form der Her- arbeitsmarktorientierte Berufsausbildung liegt. geht und der Rest in den Inlandsmarkt. werkschaften, doch ist deren Tätigkeit in den Betrieben stellung ist die Wertschöpfung im Produktionsland al- Moldau steht auch im Schatten seines Nachbarlandes nicht gerne gesehen. Wegen der großen Abhängigkeit lerdings nur gering, der große Teil des Profits geht an Tendenz fallend Rumänien, mit dem es eine gemeinsame Geschichte vom Arbeitsplatz vermeiden v.a. die Frauen alles, was den Auftraggeber. Das statistische Zahlenmaterial der Republik Moldau und Sprache verbinden. Hier betrug das Handelsvolu- den Job gefährden könnte. Arbeitsverträge werden Das Salzburger Textilunternehmen Texport lässt schon bietet das Bild eines kränkelnden, beinahe lebensunfä- men Österreichs im Vorjahr 3 Mrd. €, davon 1,9 Mrd. häufig nur befristet ausgestellt und alle drei bis sechs seit Mitte der 1990er Jahre in Mazedonien Berufsklei- higen Staates. Die Geburtenrate ist mit 3,2 % rückläu- Exporte. Monate verlängert. Gender-Diskriminierung, u.a. ein dung herstellen, v.a. für Polizei und Feuerwehr, die fig, was in Verbindung mit der massiven Migration zu Die EU führt seit 2009 Verhandlungen mit der Ukraine, großer Lohnunterschied zwischen Mann und Frau, ist dann in die ganze Welt exportiert wird, sogar an die einer starken Überalterung der Bevölkerung führt. Belarus (Weißrussland) und Moldau über die Schaffung gang und gäbe. Feuerwehr von Rio de Janeiro. Zur Steigerung der man- 33 politische Parteien buhlen um Macht und Einfluss. einer „Vertieften und umfassenden Freihandelszone“ Ein regulärer Arbeitsplatz ist auch deshalb so wichtig, gelhaften Qualität und Produktivität hat die Firma im Die Regierung stellt ein Bündnis liberaler Parteien, die (DCFTA). Österreich hat die entsprechenden Gesprä- da damit die ganze Familie krankenversichert ist. Rahmen der Wirtschaftsförderung der Österreichischen stärkste Partei sind jedoch die Kommunisten, die nach che mit Moldau im Jänner 2012 aufgenommen.
12 Interview 13 OutDoor Show www.outdoor-show.de © Messe Friedrichshafen Als Branche das Richtige tun auch andere Modelle vorgestellt und wir sind überein- gekommen, die „Wage Ladder“, also Gehaltsleiter, für oder Beschlussfassungen gegeben, etwa hinsichtlich „sauberer“ textiler Produktionskette und einem ein- Die Outdoor-Industrie verzeichnet kontinuierlich beträchtliche Zuwachsraten. unseren Sektor erforschen zu lassen, um so zu einer heitlichen Standard für die Branche? Über ihr Verhältnis zu Sozialer Unternehmensverantwortung sprach Mark Held, besseren Entscheidungsfindung beizutragen. M.H.: Als eine Folge unseres Engagements diskutie- © EOG Generalsekretär der European Outdoor Group (EOG), mit Redakteur ren wir auf jeder großen Messe Fragen wie Nachhal- Werner Hörtner. In der Outdoor-Branche sind relativ viele Unterneh- tigkeit, Soziale Unternehmensverantwortung und ge- men einer der Multi-Stakeholder-Initiativen wie FWF, meinnützige Tätigkeiten. Wir haben zahlreiche Treffen ETI, FLA, WRC beigetreten. Worauf führen Sie diese mit Unternehmen organisiert, um in diesen Fragen wei- Die Outdoor-Branche ist die wohl erfolgreichste M.H.: Die European Outdoor Group empfiehlt, dass die Tatsache zurück? Betreibt die EOG in dieser Hin- ter zu kommen, und Best practice-Beispiele diskutiert. boomende Branche der Bekleidungsindustrie. Kann Unternehmen einen dritten Akteur in die Geschäfts- sicht Bewusstseinsbildung bei ihren Mitgliedsorga- Grundsätzlich betrachten wir diese Themen als ein Ele- man pauschal sagen, dass in den Unternehmen die- beziehung einbeziehen, und zwar eine Multi-Stakehol- nisationen? ment einer ganzheitlichen Perspektive. Soziale Unter- ser Branche einschließlich den Zulieferbetrieben die der-Initiative wie etwa die Fair Wear Foundation. Das M.H.: Ja! Wir ermutigen die Unternehmen, mit Mul- nehmensverantwortung definiert die Art und Weise, CSR einen höheren Stellenwert einnimmt als bei an- Thema existenzsichernder Lohn ist normalerweise ein ti-Stakeholder-Initiativen zusammenzuarbeiten, und wie Unternehmen handeln, Nachhaltigkeit befasst sich deren Sektoren dieser Industrie? Bestandteil eines derartigen NGO-Systems, bleibt da- haben den Eindruck, dass so ein Engagement ein re- damit, den Umweltschaden möglichst gering zu halten, M.H.: Ich bin mir nicht sicher, ob wir der erfolgreich- bei aber hoch komplex und es ist leider nicht so ein- alisierbarer und sinnvoller Weg ist, die anstehenden und als drittes Element befassen wir uns mit Möglich- ste Sektor am Markt sind, aber wir verzeichneten in fach, wie man sich das vielleicht wünschen würde. Ich Fragen auf eine vernünftige Weise ins Gleichgewicht zu keiten, unserem Umfeld - und damit auch der Umwelt - den letzten Jahren sicherlich ein gutes Wachstum. sollte hier wohl auch darauf hinweisen, dass wir nur eine bringen. Darüber hinaus stellen wir der Fair Wear Foun- etwas zurückzugeben. Ob wir dem CSR-Thema einen höheren Stellenwert beratende Rolle haben und dass die einzelnen Unter- dation organisatorische Unterstützung zur Verfügung. einräumen, ist nicht leicht zu beantworten. Es ist immer nehmen ihre eigenen Entscheidungen treffen müssen. gefährlich, zu verallgemeinern, aber ich würde sagen, Nicht zuletzt wegen der Arbeit von Initiativen wie Die European Outdoor Group wurde 2003 von 19 der weltweit dass in unserer Branche grundsätzlich anständige Sieht die EOG die Zielsetzungen der Asia Floor Wa- der Clean Clothes Kampagne ist die Zahl der kriti- größten Outdoor-Unternehmen ins Leben gerufen. Im vergange- Menschen tätig sind, die ihr Geschäft so „ausgegli- ge Kampagne als ein gangbares Instrument an, um schen KonsumentInnen in den letzten Jahren be- nen Juli fand in Friedrichshafen am Bodensee die große Outdoor- chen“ machen wollen wie möglich. die oft menschenunwürdigen Lebensbedingungen ständig gestiegen. Pflegt die EOG einen Dialog mit Messe statt. Ein relativ großer Teil der Firmen dieser Branche sind der ArbeiterInnen in der Bekleidungsindustrie nach- diesen Initiativen und mit gewerkschaftlichen oder mittlerweile der Fair Wear Foundation beigetreten, bei deren Die meisten europäischen Hersteller der Outdoor- haltig zu verbessern? gewerkschaftsähnlichen Organisationen? Gründung die Clean Clothes Kampagne eine entscheidende Rolle Branche lassen in asiatischen Billiglohnländern pro- M.H.: Die Clean Clothes Kampagne, die Asia Floor M.H.: Wie ich schon eingangs erwähnte, wollen wir als spielte. duzieren, wo die Arbeitsbedingungen bekannterma- Wage Kampagne AFWC und die EOG haben vergange- Branche das Richtige tun, und daher stehen wir in ei- ßen nicht optimal sind. Hat die European Outdoor nes Jahr in Berlin ein Treffen von Unternehmen organi- nem aktiven Dialog mit der Clean Clothes Kampagne Group Empfehlungen für ihre Mitglieder erlassen, siert, um dieses Thema zu diskutieren. Wir haben und anderen Organisationen. Weiterführende Information auf: die sich auf die Arbeitssituation und die Löhne – z.B. keinen Zweifel daran, dass die Ziele der AFWC gut sind, www.europeanoutdoorgroup.com die Bezahlung von existenzsichernden Löhnen – in glauben aber, dass die Umsetzungsmechanismen zu Hat es auf der großen Outdoor-Messe in Friedrichs- www.fairwear.org den Produktionsbetrieben beziehen? vereinfachend sind. Uns wurden bei diesem Meeting hafen im Bereich CSR interessante Diskussionen und/ www.asiafloorwage.org
14 Aktionen 15 Es braucht einen Anstoß Feuern Sie mit uns das Österreichische Fragen Sie nach Urgent Actions: Adidas Olympische Comité an! Damit sich auf der Agenda von Unternehmen auch so- Die Olympischen Viele Sportbeklei- Berichte über die erschütternden Arbeitsbedingungen ziale Standards wiederfinden, braucht es oft einen An- und Paralympi- dungsmarken zei- in der Bekleidungsindustrie frustrieren. Angesichts der lassfall. Die Kampagne „Ride for a Change“ war ein sol- schen Spiele in Lon- gen bereits, dass Dimensionen der ausbeuterischen Verhältnisse fühlt man cher. 4063 Menschen unterstützten im letzten Frühjahr don 2012 waren die ihnen die Arbeitsbe- sich ohnmächtig, an der Lage etwas verändern zu kön- die Forderung nach mehr Transparenz und mehr Enga- „fairsten“ Spiele dingungen in ihrer nen, und doch, es geht! Die Urgent Actions sind ein wich- gement für faire Arbeitsbedingungen. aller Zeiten. Ge- Lieferkette nicht tiges Instrument der internationalen Solidaritätsarbeit. Foto: seeyou | c. steps - Fotolia.com Die entsprechende Petition war an Marken der Snow- schätzte 10 Mio. gleichgültig sind. Sie leisten mit einer Unterschrift einer Urgent Action, Foto: ant236/Fotolia.com board-, Surf- und Skaterszene gerichtet: Billabong, Bur- FAIR-TRADE-Bana- Outdoorbeklei- ihrer Weiterleitung an Freunde sowie dem Posten die- ton, Carhatt, DC Shoes, Etnies, Nikita, Nitro, O’Neill, nen, 7,5 Millionen dungsunternehmen ser Aktionsmöglichkeit auf Facebook einen wichtigen Quiksilver und Ripcurl. Die gesammelten Unterstüt- Tassen Tee und 14 Mio Kaffeeportionen wurden konsu- wie Schöffel, Odlo, Jack Wolfskin und Mammut sind Beitrag. Sie unterstützen dadurch Partnerorganisatio- zungserklärungen wurden Anfang Juli an die Unterneh- miert. Das Organisationscomité LOCOG hat einen Ver- bereits der unabhängigen Überprüfungsorganisation nen der Clean Clothes Kampagne (CCK) in Ländern des men übergeben. In Österreich gab es ein Treffen mit haltenskodex eingeführt und konkrete Vereinbarungen Fair Wear Foundation beigetreten. Südens. Die CCK koordiniert auf internationaler Ebene Burton in Innsbruck. Geschäftsführer Hermann Kapfe- mit Play Fair zu dessen Einhaltung getroffen. Was aber tun, wenn die bevorzugte Sportausrüstung Presseaussendungen, Straßenaktionen und Online- rer räumte bei der Übergabe der Karten ein, dass das Auch das Österreichische Olympische Comité (ÖOC) nicht „fair“ zu haben ist? Was, wenn Sie ihre Lieblings- Petitionen. Gleichzeitig mit Ihrer Unterschrift werden Unternehmen den Handlungsbedarf anerkenne. Wir bekannte sich 2008 zu einer sozial fairen Beschaffung, sportmarke darauf aufmerksam machen möchten, dass tausende weitere UnterstützerInnen-Emails aus ganz hoffen, dass diese Erkenntnis sich auch bald in konkre- indem es in Zukunft soziale und ökologische Standards Ihnen das Design und die Funktionalität des Sportarti- Europa und meistens auch den USA an die Unterneh- ten Schritten äußert! Wir danken allen 4063 Unterzeich- in die Lizenzverträge mit Ausstatter-Firmen aufnehmen kelangebots zwar gefällt, Sie aber auf Fair Play weder men geschickt. nerInnen der Petition „Ride for a Change“!!! wollte. „Fairness ist uns wichtig und geht einher mit un- im Sport noch bei der Herstellung verzichten möchten? serem Verständnis des olympischen Gedankens. Es ist Unterstützen Sie die aktuelle Urgent Action der Seien Sie ein Teil des Anstoßes! Beteiligen Sie sich auch uns ein wichtiges Anliegen, dass diese Fairness auch für Dann geben Sie die beigelegte Karte dem Per- CCK. Fordern Sie vom Olympia-Hauptsponsor weiterhin an unseren Aktionen, vielleicht gleich indem die Beschäftigten gilt, die die Ausstattung der österrei- sonal oder Management Ihres favorisierten Adidas, seinen ehemaligen ArbeiterInnen Abfin- Sie das Österreichische Olympische Comité mit uns an- chischen Athletinnen und Athleten produzieren“, sagte Sportgeschäfts und machen Sie deutlich: Men- dungen zu zahlen! feuern (siehe beiliegende Karte). der damalige Präsident des ÖOC Leo Wallner anläss- schenunwürdige Arbeitsbedingungen sind www.cleanclothes.at/de/urgent-actions/ lich einer Aktion der Clean Clothes Kampagne. untragbar! adidas-pt-kizone-indonesien Mehr Informationen über Vorreiter und Nachzügler Was ist aus diesem Versprechen geworden? in der Fashion- und Sportbekleidungsbranche: Fragen Sie mit uns nach und feuern Sie das ÖOC www.cleanclothes.at/de/firmen-check an, den Worten Taten folgen zu lassen! Mitgliedsunternehmen der Fair Wear Foundation: www.fairwear.org/36/brands
16 Interview 17 Es gibt keine Alternative … Sind derzeit die Vereinigungs- oder die Spaltungs- tendenzen in der indischen Gewerkschaftsbewegung Bangalore und Tirupur im Süden Indiens, gibt es Anzei- chen gewerkschaftlicher Organisierung, wie die schon … zum Aufbau starker Gewerkschaftsorganisationen und von Kollektiv- stärker? erwähnte GLU. verhandlungen, sagt Gopinath K. Parakuni, Mitbegründer und Direktor der G.K.P.: Mit Ausnahme zu Beginn der gewerkschaftli- indischen Nichtregierungsorganisation Cividep, im Gespräch mit Redakteur chen Organisierung in den 1920er-Jahren war die in- Spielen die Aktivitäten ausländischer Initiativen wie Werner Hörtner. dische Gewerkschaftsbewegung immer gespalten, um der internationalen Clean Clothes Campaign, CCC, nicht zu sagen fragmentiert. Diese Tendenz setzte sich eine spürbare Rolle? auch nach der Unabhängigkeit fort. G.K.P.: CIVIDEP arbeitet schon seit knapp einem Jahr- Trotz der großen Spannbreite von Gewerkschaften, die zehnt mit der CCC zusammen. Die Ausbildungs- und Man hört relativ viel von indischen Bauernbewegun- Und gibt es keine politischen Gewerkschafts- zugleich die Arbeiterinteressen und die Interessen der Strategiekonferenzen der Kampagne in Indien spielen gen mit Millionen von Mitgliedern oder auch von bewegungen? sie kontrollierenden Parteien vertreten, kommt es zu ge- für indische Aktivistinnen und Aktivisten aus der Bran- Massenbewegungen von Frauen, wie der SEWA. G.K.P.: Doch, die meisten Gewerkschaften haben sich meinschaftlichem Handeln, wenn wichtige Arbeitsrech- che eine wichtige Rolle. Das System der Urgent Actions Doch von einer indischen Gewerkschaftsbewegung im Bereich der politischen Parteien entwickelt. Die te gefährdet sind. Dies ist zum Beispiel gegenwärtig der hat bei Arbeitskämpfen die Unternehmen zum Einlen- ist selten die Rede. größte von ihnen ist wohl die BMS vom Arbeitnehmer- Fall, wo eine starke Unternehmenslobby das Arbeits- ken veranlasst. Dennoch gibt es keine Alternative zum G.K.P.: In Bezug auf das Arbeitsrecht und die Organi- flügel der hindunationalistischen RSS, deren politische recht aufweichen will. Etwa über das Sonderwirtschafts- Aufbau starker Gewerkschaftsorganisationen und zu sierung der arbeitstätigen Bevölkerung in Indien muss Organisation BJP, Bharatiya Janata Party, die größte zonengesetz von 2005, das ausländischen Investoren in Kollektivverhandlungen unter Einbeziehung internati- man immer unterscheiden zwischen dem formellen und Oppositionspartei im Parlament darstellt. Mit der re- diesen Zonen zahlreiche Vergünstigungen bietet und onaler Multi-Stakeholder-Initiativen wie der Fair Wear dem informellen Sektor. Von der gesamten Arbeitskraft gierenden Kongress-Partei ist die INTUC, Nationaler teilweise sogar das Arbeitsrecht außer Kraft setzt. Foundation und anderen. im Land sind 92 Prozent in letzterem tätig und nur 8 % Gewerkschaftskongress, verbunden, mit der indischen im formellen Sektor. Dieser umfasst die öffentlich Be- marxistischen KP die CITU, das Indische Gewerk- Wie sieht es mit der Organisierung im Bereich der diensteten und das Dienstleistungsgewerbe wie Ban- schaftszentrum. Mehr aus dem NGO-Bereich kommt Textil- und Bekleidungsbranche aus? CIVIDEP-India ist eine NGO mit Hauptsitz in Bangalore. Ziel ist ken, Versicherungen, Technik u.a. Vor allem im Bereich die sozialistisch orientierte NTUI, die Neue Gewerk- G.K.P.: Die Arbeitskraft in der Bekleidungsindustrie die Förderung gewerkschaftlicher Organisierung in der Beklei- der Informationstechnologie und der ausländischen Un- schaftsinitiative. kommt vor allem aus der ländlichen Bevölkerung, deren dungs- und Elektronikbranche, die Durchführung von Kampagnen ternehmen herrscht eine starke Feindseligkeit gegen In bestimmten Sektoren haben sich neue Gewerkschaf- Bewusstsein über Arbeitsrechte und gewerkschaftliche für Arbeitsrechte und Unternehmensverantwortung und die Unter- jeden Versuch gewerkschaftlicher Organisierung. Eben- ten gebildet, wie die in Bangalore angesiedelte, von Organisierung nur wenig entwickelt ist. Die meisten suchung der Auswirkungen dieser Industriezweige auf die Arbeit- so entlang der ganzen Produktionsschiene von Beklei- Textilarbeiterinnen geleitete GLU, Garment Labour Beschäftigten sind Frauen, die den Mindestlohn verdie- nehmerInnen und die Umwelt. dung und Elektronik. Workers. nen. Wenn sie von einer besseren Verdienstmöglichkeit CIVIDEP ist auch einer der lokalen Organisatoren des nächsten Der größte informelle Sektor ist die Landwirtschaft, Die indische Regierung hat 37 der 39 ILO-Konventio- in einer anderen Fabrik hören, so wechseln sie schnell Permanent Peoples’ Tribunal, das im Oktober 2012 in Bangalore doch gibt es auch hier kaum eine gewerkschaftliche Or- nen ratifiziert, darunter auch die gegen Zwangsarbeit, den Job. In diesem Kontext ist das Interesse, längere stattfindet. Die NGO unterstützte auch die Recherchereise von ganisierung. Nur in einigen Bundesstaaten mit einer lin- für gleiche Entlohnung und die Anti-Diskriminierungs- Arbeitsverträge zu bekommen und gemeinsam für bes- zwei Südwind-Aktivistinnen über die Handyproduktion in Indien ken Tradition wie Kerala, Andhra Pradesh und Westben- konvention. sere Bedingungen zu kämpfen, sehr gering. (siehe S.22). galen haben sich Kleinbauern und Landlose organisiert. In den zwei großen Zentren der Textilindustrie, Mehr Informationen zur Organisation auf www.cividep.org
18 Aktionen 19 S hoppin g Guerilla Aktionsidee Guerilla Knitting ist eine Form von Streetart, die texti- machen, indem hundert Objekte entlang der Wiener le Techniken wie Stricken, Häkeln und Nähen aus dem Ringstraße eingestrickt wurden. Hundert Frauen, die Wohnzimmer auf die Straße holt. Städtische Straßenzü- sich beteiligen wollten, waren sehr schnell gefunden, © Soul Rebels ge werden bunt eingestrickt, Bäume, Straßenlaternen, und die Aktion wurde mit großer Begeisterung und Ökoschuhe aus Afrika Faire Taschen © EZA Statuen oder Brückengeländer mit Wolle und Garn um- Energie umgesetzt. © xxxxx gestaltet. … und was haben sie mit Feminismus zu tun? Vor sieben Jahren hat die damals 24jährige Äthiopierin Beuteltaschen, Bürotaschen, Handtaschen, Courierta- Was sind Strickistinnen … So wie Frauen im öffentlichen Raum unterrepräsentiert Bethlehem Tilahun Alemu in ihrer Heimat mit fünf Mitar- schen, Einkaufstaschen. Mit Flechthenkeln, mit Durch- Stricken war lange Zeit nicht nur privat, sondern auch sind, sind auch die ihnen zugeschriebenen Techniken beitern eine Schuhproduktion aufgebaut, heute bietet zugsband, mit Streifen. In orange, in petrol, in oliv, in rot. weiblich. Die „Strickistinnen“ besetzen diese weiblich und Tätigkeiten unterrepräsentiert. Auf diese Zusam- sie 75 MitarbeiterInnen einen überdurchschnittlichen Aus Ziegenleder, aus Rindsleder, chromfrei gegerbt. Aus konnotierte Kulturtechnik und ihre Materialien neu und menhänge werden die Strickistinnen auch bei ihren zu- Lohn und vertreibt ihre Schuhe aus natürlichen Materia- Recyclingplastik, aus Plane, aus Reifen, aus Kaffeefolie, verknüpfen sie mit politischen Botschaften. So gestal- künftigen Aktionen aufmerksam machen. lien mit Reifensohlen in immer mehr Ländern. Nunmehr aus Reissäcken. Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus teten sie zum Beispiel Aktionen zum „Equal Pay Day“ Wie bei Graffitis lässt sich auch diese Form der Street- baut auch Vega Nova in Österreich einen Vertrieb auf. dem fairen Taschenangebot der Weltläden. Übrigens, oder setzten sich unter dem Titel „Einstricken verbo- art so ziemlich überall anbringen. Werde in einer Grup- www.solerebels.at, office@veganova.at Rucksäcke gibt es auch … www.eza.cc ten“ mit der Verkaufspolitik von Werbeflächen im urba- pe aktiv und beteilige dich an Projekten wie „KnitHer- nen Raum auseinander. Story“ oder erobere im Kleinen den öffentlichen Raum Am 19. März 2011 – dem hundertsten Jahrestag des in- in deiner Umgebung zurück und setze ein Zeichen. Tür- ternationalen Frauentages - haben die Strickistinnen in klinken, Straßenschilder, Skulpturen, Bäume, Regenrin- Kooperation mit dem Verein „genderraum“ die bisher nen, Gartenzäune, Stiegengeländer – Wollreste, Garn- größte Aktion, das Projekt „KnitHerStory“, umgesetzt. reste, Draht – rot, grün, bunt: der Phantasie sind keine © GLOBAL 2000 Es entstand die Idee, den Weg der ersten Demonstra- Grenzen gesetzt. Und zum Schluss: Foto nicht verges- © Guter Stoff tion im öffentlichen Raum der Stadt Wien sichtbar zu sen und ins Netz stellen! Wien im Tauschrausch Guter Stoff Antonia Wenzl ist Erwachsenenbildnerin und Gender-Expertin, sie arbeitet für den Verein gender- raum und ist begeisterte Strickistin (www.genderraum.at, http://strickistinnen.blogspot.com, Tauschen ist in, Kaufen ist out. Um Ressourcen zu Ladenhüter sind die Shirts des Ladenhüters Tom Kai- http://knitherstory.wordpress.com). Es werden Workshops für und mit Gruppen durchgeführt. schonen und Konsum-Alternativen zu bieten, organi- sersberger sicher nicht, denn seine T-Shirts sind bio, siert die österreichische Umweltschutzorganisation fair und klimaneutral! Dahinter stehen Earth Positive GLOBAL 2000 Kleidertauschpartys. Das Prinzip funk- Produkte nach GOTS Standard mit fairen Arbeitsbe- tioniert auch zu Hause: einfach Schrank aussortieren, dingungen, verifiziert durch die Fair Wear Foundation. FreundInnen einladen und neue gebrauchte Schät- Aber genug der Zertifikate: Einfach schöne T-Shirts, © Obermair ze ertauschen. Die nächste Tauschparty findet im tailliert für Frauen, klassisch für Männer in allen Größen Herbst statt! Sei dabei auf facebook.com/reduse, und vielen Farben ab 18 Euro – und natürlich zum Be- Termin auch auf www.reduse.org drucken! www.guterstoff.com
20 Reise 21 © Eva Penninger welchen Schaden Steinstaub anrichten kann. Der Besit- werden immer sehr verzögert ausbezahlt. So müssen zer der Fabrik informierte die Arbeiter nicht über die Ge- die ArbeiterInnen oft einen Monat auf den Lohn des fahren. Im Jahr 2000 wurden in dieser Fabrik die ersten Vormonats warten. Fälle von Staublunge bekannt. Sobald der Besitzer da- Familie Cheng mietete gemeinsam mit zwei anderen von Kenntnis erhielt, kündigte er diese Mitarbeiter. Paaren eine Wohnung. Es stehen ihnen 20 Quadrat- Herr Bing konnte mit Hilfe einer NGO einen Prozess meter zur Verfügung. Bei ihrem Einkommen könnten führen und erhielt nach vielen Jahren des Kampfes eine sie sich keine eigene Wohnung leisten. Die Lebenser- Entschädigung. Doch leider kann auch kein Geld dieser haltungskosten in China steigen enorm, und mit einem Welt die Krankheit heilen, sondern bestenfalls nur den Durchschnittslohn von 250 Euro inklusive Überstunden Auf Recherche in China Fortgang verzögern. Herr Bing ist auf die Arbeitskraft lässt sich nur ein bescheidenes Leben führen. seiner Frau angewiesen, die nun für das Familieneinkom- Familie Cheng hat drei Kinder, zwei Mädchen und einen men sorgen muss. Eine große Last, die hier viele Frauen Jungen im Alter von 10 bis 17 Jahren. Das Ehepaar muss- Im vergangenen Jänner fuhr ich mit einer Dolmetscherin von Hongkong zu tragen haben. te für seine Kinder aufgrund der Ein-Kind-Politik Strafe über Shenzhen, Guangzhou in die Provinz Sichuan bis nach Peking. Mein zahlen. Die Kinder werden von den Großeltern in der Bild war von vornherein geprägt von Menschen, die sich für ihre Arbeit Viel Plag um wenig Lohn Heimatprovinz Sichuan versorgt. Es gab eine Zeit, in der kaputt geschunden haben. Menschen, die viele Mühen auf sich genommen Frau Cheng (Name geändert) erzählt ebenfalls ihre Ge- die Eltern ihre Kinder drei Jahre nicht sehen konnten. Zu und nun nur mehr einen kranken Körper, Schulden und keine Hoffnung auf schichte. Sie arbeitete früher in der gleichen Edelsteinfa- kostspielig wäre die lange Reise nach Sichuan gewesen. Besserung haben. Leider stimmte dieses Bild. brik wie ihr Ehemann. Sie war für das Polieren der Steine Mittlerweile können sie ihre Kinder einmal jährlich besu- verantwortlich. Als ihr Mann an Staublunge erkrankte, chen. In der Zwischenzeit bleibt ihnen die Möglichkeit zu Von Eva Prenninger kündigte sie ihre Arbeit in der Firma. Seit 2008 arbeitet telefonieren. Auf E-Mail oder Videotelefonie müssen sie sie in einer Spielzeugfabrik, die elektronisches Spielzeug verzichten, da es am Land kein Internet gibt. Das Geld wie ferngesteuerte Autos, Spielzeugwaffen und Roboter würde aber ohnehin nicht für einen Computer reichen. Auf den Spuren von WanderarbeiterInnen Gesprächspartner. Bis vor etwa 20 Jahren gab es kei- für den Export herstellt. Es war eine anstrengende Reise, bei der ich viele Men- In Shenzhen hatten wir die Möglichkeit, Wanderarbei- nerlei Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz. Völlig unge- Obwohl es heißt, dass sie in der Fabrik keine Akkordar- schen kennen gelernt habe, die sehr großer Ausbeutung terInnen zu treffen. Das Treffen fand an einem gehei- schützt wurden Steine geschnitten, weder eine Absaug- beit leisten müssen, wird es anders gelebt. Wenn das ausgesetzt waren und noch immer sind. Menschen, über men Ort statt, um sie nicht in Gefahr zu bringen. In dem anlage, Abdeckungen, noch Schutzmasken schützten Produktionsziel nicht erreicht wird, werden Teile des die wir in unserem Alltag sehr wenig nachdenken, aber abgelegenen, auf einer kleinen Anhöhe liegenden Ho- vor dem hartnäckigen gefährlichen Staub. Lohns als Strafe abgezogen. Für einen Toilettenbesuch vielleicht war es Herr Bing, der die Edelsteinkette ge- tel kamen uns vier Ehepaare entgegen. Alle ungefähr Herr Bing (Name geändert) arbeitete in einer Stein- braucht man eine Genehmigung, und die Anlage muss fertigt hat, die wir heute tragen. Und vielleicht ist Frau 40 Jahre alt. Sie zeigten sich zurückhaltend, aber ge- schneiderei für Edelsteine. Heute leidet er an Staublun- man sich mit 25 KollegInnen teilen. Überstunden zu Cheng jene Frau, die den Spielzeugroboter zusammen- sprächsbereit. Abwechselnd erzählten sie uns ihre indi- ge der Stufe III. Er erzählt uns, dass die Arbeitssicherheit machen gehört in der Fabrik zur Pflicht. Sollte sich je- gebaut hat, mit dem unser Kind gerade spielt. viduellen Geschichten. Die vier Männer arbeiteten bis in diesem Unternehmen sehr schlecht war. Der Stein- mand weigern, gilt das als unerlaubtes Fernbleiben vom vor wenigen Jahren in Steinschneide-Fabriken. Dort staub überzog den gesamten Körper. Nur alle zwei Wo- Arbeitsplatz. Die tägliche Arbeitszeit beträgt 11 Stun- Eva Prenninger arbeitet bei „weltumspannend arbeiten“, waren die Bedingungen besonders hart; viele der Be- chen wurden Stoffmasken ausgeteilt. Herr Bing und sei- den an fünf Tagen die Woche. Je nach Auftragslage dem Bildungsprojekt des ÖGB. schäftigten erkrankten an Staublunge. So auch unsere ne Kollegen wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wird auch an Samstagen gearbeitet. Die Monatslöhne www.weltumspannend-arbeiten.at
22 Reise 23 Billiges „Roaming“ fünf Jahren bekam Nokia den benötigten Strom unent- geltlich und von der Regierung eine Garantie für eine haben eine Kochnische, andere nur einen kleinen Ke- rosin-Ofen, der am Boden steht. Toiletten sind meist bis nach Indien ununterbrochene Stromversorgung. Nun gibt es für das Unternehmen einen günstigen Spezialtarif. am Gang und werden von vielen HausbewohnerInnen geteilt, Fließwasser bekommen sie oft nur von Wasser- hähnen auf der Straße. Wie ArbeiterInnen in der südindischen Handy-Industrie … kommen den Menschen teuer zu stehen Geschlafen wird am Boden auf Strohmatten – im für den Weltmarkt ausgebeutet werden, recherchierten im Die Infrastruktur rund um die SWZ ist stark überlastet. Schichtbetrieb, denn alle auf einmal hätten keinen Platz. März zwei Südwind-Mitarbeiterinnen vor Ort. In Sriperumbudurs, einer ehemaligen Kleinstadt direkt In den meisten Fabriken gibt es drei Schichten zu je © Christina Schröder bei der SWZ, lebten vor deren Bau 30.000 Menschen, acht Stunden. Jede Woche wird die Schicht gewechselt, Von Christina Schröder und Nora Holzmann. heute sind es 200.000, vor allem zugezogene Arbeite- und demnach regelt sich auch das Zusammenleben auf rInnen. Sie leiden unter infrakstrukturellen Problemen, dem engen Raum. Je weiter die Unterkünfte von den wie Wasserknappheit und täglichen Stromausfällen. Fabriken entfernt sind, desto billiger ist die Miete. So Während die Fabriken mit der Regierung Abkommen verbringen die Menschen ihre Zeit hauptsächlich mit haben, die ihnen rund um die Uhr Strom garantieren, Arbeit und dem Weg dorthin bzw. zurück. kämpfen die Menschen tagtäglich mit bis zu zehnstün- Alles in allem kann man von einer verlorenen Generati- Wir haben es fast immer bei uns und können uns ein zum Beispiel Nokia, bis vor digen Stromausfällen. Dennoch zahlen sie dafür einen on sprechen. Denn in den Lebensjahren, in denen es in Leben ohne Handy nicht mehr vorstellen. Dennoch wird kurzem noch Weltmarktfüh- höheren Tarif als die Fabriken. Indien eigentlich darum geht, zu heiraten und eine Fa- der unverzichtbare Begleiter oft ersetzt – durch immer rer, einen sei- ner zwei größten Die angesiedelten ArbeiterInnen kommen von teils weit milie zu gründen, arbeiten diese Menschen für Hunger- neuere, ausgereiftere, attraktivere Versionen. In Öster- Produktions- standorte. In der entfernten Gebieten mit der Hoffnung, sich mit der löhne, die ihnen das nicht erlauben. Ihre Zukunftsaus- reich wurden allein im vergangenen Jahr 3 Millionen 850 km2 gro- ßen Nokia-Sonder- Arbeit für ein internationales Unternehmen die Basis sichten sind unsicher, denn immer wieder drohen die Handys verkauft. Auf der ganzen Welt waren es fast wirtschaftszone (SWZ), in der auch für eine sichere Zukunft verdienen zu können. Sie sind Unternehmen abzuwandern. Der Druck durch die finan- 1,8 Milliarden. seine Zulieferer wie Foxconn und in ihren Zwanzigern und haben eine gute Schulausbil- zielle Verantwortung der Familie gegenüber und wegen Woher kommen all diese Mobiltelefone? Wer stellt sie Wintek angesie- delt sind, arbeiten bis dung, teilweise sogar noch zusätzliche technische Aus- des eigenen Überlebens, lässt viele ihre Ausbeutung er- her? Und wie leben diese Menschen? Wir, von Süd- zu 25.000 Arbeiter- Innen. 2006 startete bildungen vorzuweisen - und sie haben die Verantwor- dulden und am Fließband weiterproduzieren. wind, wollten das herausfinden und haben im Frühling der Betrieb, 2011 wanderte bereits das tung, mit ihrem Lohn auch ihre Eltern und Geschwister die Spur unserer Handys nach Indien zurückverfolgt. 500-millionste Nokia- Handy über das indische daheim finanziell zu erhalten. Notruf! Fair produziertes Handy gefragt! Fließband. In 130 Länder wird von hier aus exportiert. Die Enttäuschung ist groß, wenn sie merken, dass sie Angesichts dieser Verhältnisse hat Südwind eine E-Mail- Billige Tarife für die Unternehmen … Warum es dem Unternehmen, in Indien gefällt, ist of- nur ca. 100 Euro, im ersten Jahr sogar weniger verdie- Petition gestartet, mit der man die Handy-Unterneh- Indien ist neben China einer der größten Mobiltele- fensichtlich: Nokia ist, wie auch viele andere „Multis“, nen – für Fließbandarbeit, ohne Chance auf einen Auf- men mit einem Click auffordern kann, für faire Arbeits- fonproduzenten der Welt, Tendenz steigend. Große nicht nur von Exportsteuern befreit, sondern bekommt stieg. Um Kosten zu sparen, teilen sich die Arbeite- bedingungen für die Menschen zu sorgen, durch deren internationale Hersteller haben sich im Land angesie- von der Regierung auch die Umsatzsteuern für die auf rInnen Zimmer. Wir haben zehn Quadratmeter große harte Arbeit sie ihre Profite erwirtschaften. delt, angezogen von einer attraktiven Mischung an dem indischen Markt verkauften Telefone rückerstattet. Räume gesehen, in denen fünf Menschen oder mehr Unterschreiben auch Sie unter Standortvorteilen: In der Nähe der Stadt Chennai hat Das Streikrecht in SWZs ist erschwert und in den ersten lebten. Für Möbel oder ein Bett ist kein Platz. Manche www.suedwind-agentur.at
24 Infomaterial 25 Made in Europe Schweizer, österreichische und deutsche Berufsbekleidungsfirmen profitieren von Armut und Angst unter mazedonischen ArbeiterInnen Report Relaunch: Bericht: Schattenseite der „Made in Europe“ WearFair Shopping Guide Ausbeutung in der Outdoorbranche Zum Weiterlesen Handyproduktion Berufsbekleidungsfirmen profitie- Möchten Sie wissen, wo Sie an- 2006 wurde in der südindischen In der Broschüre „Die Schattensei- ren von Armut und Angst unter spruchsvolle Mode aus garantiert Stadt Sriperumbudur eine Sonder- te der Outdoorbranche und Wege mazedonischen ArbeiterInnen. sozialer und ökologisch nachhal- wirtschaftszone des Mobiltelefon- der Veränderung“ wird die Herstel- „Ich verdiene monatlich zwischen tiger Produktion kaufen können? Herstellers Nokia eröffnet. Seit- lung von Outdoorbekleidung unter 5.000 und 7.000 Denar (80 und Der überarbeitete und erweiterte her wurden im Rahmen mehrerer die Lupe genommen. Dabei geht 113 €; Anm.), das ist nicht einmal WearFair Shopping-Guide infor- Forschungsberichte die Arbeits- es um jene Unternehmen, die uns in der gesetzliche Mindestlohn“, sagt miert über jedes einzelne Geschäft bedingungen in dieser Sonder- Österreich mit Schweiß nach außen die Näherin Emilija. Der Mindest- in Österreich, das nachhaltige Mo- wirtschaftszone untersucht. Der transportierender Unterwäsche und lohn ist von einem Existenzlohn de führt. Die benutzerfreundliche aktuelle Forschungsbericht von mit Wind und Wasser abweisen- ebenso weit entfernt wie in Bang- Suchfunktion erleichtert das schnel- Südwind und der indischen Orga- den Wanderjacken versorgen. Das ladesch. Emilija näht Berufsbeklei- le Auffinden. nisation CIVIDEP zeigt auf, wie sich Image der Marken und die Arbeits- dung. Fast jeder zweite Beschäftig- Zusätzlich zu den bestehenden Eva- die Löhne, die die Menschen für ih- realität von NäherInnen in Vietnam te bei uns trägt sie. Oft wird sie von luierungen wurden mehr als 40 wei- re Arbeit in der Nokia-Sonderwirt- werden in der Broschüre gegen- Steuergeldern bezahlt – für Feuer- tere nachhaltige Modemarken aus schaftszone erhalten und auf deren übergestellt. Zusätzlich bietet der wehrleute, PolizistInnen, ÄrztInnen, ganz Europa auf Herz und Nieren Lebensbedingungen auswirken. Er Bericht eine Übersicht über unter- KöchInnen etc. Die Clean Clothes geprüft. Der Leitfaden zeigt über- basiert auf Interviews mit Arbei- schiedliche Initiativen und Ansätze Kampagne enthüllt extreme Aus- sichtlich, wo deren Stärken liegen terInnen der Unternehmen Nokia, zur Verbesserung von Arbeitsbedin- beutung in einem Land, das geo- bzw. auf welche Gütesiegel diese Foxconn und Wintek, die Anfang gungen. grafisch näher liegt als Griechen- setzen; deren Qualität wird einer 2012 durchgeführt wurden. Zum Zum Download unter: land. Download und Bestellung: Bewertung unterzogen. Bestellen unter www.cleanclothes.at/de/ www.cleanclothes.at/de/ www.wearfair.at/shopping-guide suedwind.agentur@suedwind.at ressourcen/publikationen ressourcen/publikationen
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