BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS
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SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Freitag 19.3.2021 Herkulessaal 20.30 – 22.00 Uhr BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY 19.3.2021 20 / 21 Herkulessaal 1 Programm
MITWIRKENDE PROGRAMM DUNCAN WARD LUDWIG VAN BEETHOVEN Leitung Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll, op. 37 • Allegro con brio YEFIM BRONFMAN • Largo Klavier • Rondo. Allegro SYMPHONIEORCHESTER DES IGOR STRAWINSKY BAYERISCHEN RUNDFUNKS »Pulcinella-Suite« Fassung von 1949 • Sinfonia. Allegro moderato • Serenata. Larghetto • Scherzino – Allegro – Andantino • Tarantella • Toccata. Allegro • Gavotta. Allegro moderato – Var. 1. Allegretto – Var. 2. Allegro più tosto moderato • Vivo • Minuetto. Molto moderato – • Finale. Allegro assai LIVE-ÜBERTRAGUNG IN SURROUND im Radioprogramm BR-KLASSIK Freitag, 19.3.2021 20.05 Uhr Uta Sailer im Gespräch mit Duncan Ward 20.30 Uhr Konzertübertragung ON DEMAND Das Konzert ist in Kürze auf www.br-klassik.de als Audio abrufbar. 2 3 Mitwirkende Programm
DER KOMPONIST UND SEIN DOUBLE Zu Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37 Wolfgang Stähr Wahre Künstler sind ei- Entstehungszeit gensinnig. Wenn sich der 1796–1804 Widmung junge Ludwig van Beethoven erweichen ließ, im »À Son Altesse Royale noblen Kreis der Förderer und Gönner das Klavier Monseigneur le Prince zu spielen, rangen seine hochadeligen Verehrer Louis Ferdinand de Prusse« Uraufführung alsbald um Fassung. Sie waren gerührt, nein, er- 5. April 1803 im Theater an schüttert von seiner unvergleichlichen Kunst; ei- der Wien mit Beethoven nige verfielen sogar, wie es heißt, in Weinkrämpfe am Klavier Lebensdaten des und unziemliches Schluchzen. Beethoven brach Komponisten seinen Vortrag ab, lachte sie aus, seine tränenseli- 16. (Taufdatum 17.) gen Hörer, und warf ihnen an den Kopf, dass sie Dezember 1770 in Bonn – 26. März 1827 in Wien allesamt Narren und verwöhnte Kinder seien. Eine Augenzeugin berichtet: »Er war sehr stolz und ich habe gesehen, wie die Mutter der Fürstin Lich- nowsky, die Gräfin Thun, vor ihm, der in dem So- pha lehnte, auf den Knieen lag, ihn zu bitten, er möge doch etwas spielen. Beethoven that es aber nicht.« Widerwillig nur ließ er sich auf die in den Wiener Salons so beliebten Zweikämpfe zwischen Ludwig van Beethoven (1804) namhaften Tastenvirtuosen ein. Als Protegé des Porträt von Willibrord Joseph Mähler (1778–1860) exzentrischen Fürsten Karl von Lichnowsky musste er sich einmal mit Joseph Gelinek, dem Hauspia- lem »wegen seiner besonderen Geschwindigkeit« bewundert wurde, ein nisten des Grafen Kinsky, duellieren. Der Sieg war solcher Starpianist lässt sich bitten. Auch in seinen Konzerten. Beethoven sein – der Unterlegene gestand freimütig die ver- treibt die Spannung bis zum Siedepunkt, wenn er in seinem Klavierkonzert nichtende Niederlage ein. »In dem jungen Men- c-Moll op. 37 den längst erwarteten Auftritt des Solisten (und das war schen steckt der Satan«, sprach Gelinek mit ban- zunächst der Komponist in Person) immer weiter hinauszögert. Exakt 111 ger Bewunderung. »Nie hab’ ich so spielen gehört! Takte lang – Zufall oder Zahlenmystik? – spielt, thematisiert und variiert Er fantasierte auf ein von mir gegebenes Thema, das Orchester allein, der Pianist hingegen sitzt in geradezu provokanter Un- wie ich selbst Mozart nie fantasieren gehört habe. tätigkeit am stummen Flügel, wie eine rätselhafte Figur aus einer Perfor- Dann spielte er eigene Compositionen, die im mance, die personifizierte Abwesenheit, um dann allerdings desto grandio- höchsten Grade wunderbar und großartig sind, ser einzuschreiten, mit einem wahren Machtwort, wenn er in drei Anläufen und er bringt auf dem Clavier Schwierigkeiten und die gesamte Klaviatur vom Grund bis in die Höhe durchmisst und schließlich Effecte hervor, von denen wir uns nie haben et- das Hauptthema in Doppeloktaven regelrecht in die Tasten meißelt. Eine was träumen lassen.« gebieterische Geste, ein imperiales Entrée, das eher an das barocke Theater Ein Virtuose aber, ein »teuflischer« zumal, als der erinnert als an den zeitgenössischen Salon: Ein Souverän betritt die Szene, Beethoven in seinen frühen Wiener Jahren vor al- vor dem selbst Fürsten und Gräfinnen auf den Knien liegen. 4 5 Ludwig van Beethoven Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37 Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37
Beethovens Widmung an Louis Ferdinand von Preußen in der gedruckten Partitur Ferdinand Ries (1784–1838), Sekretär, Klavierschüler und Freund Beethovens, der als Pianist seines Klavierkonzerts Nr. 3 c-Moll, op. 37 und Dirigent dessen Werke aufführte, aber auch selbst zahlreiche Werke komponiert hat Doch dann beginnt Beethoven »zu fantasieren«, worunter seinerzeit nicht Allegro con brio ausgearbeitet. In allen drei Sätzen lag das mit »Concerto verstanden wurde, dass er in Fieberträumen wirre Sätze von sich gab, 1803« überschriebene Autograph erst nach dieser ungewöhnlich langen Un- sondern dass er in der Art einer freien, metrisch ungebundenen Fantasie terbrechung vor, mit der besagten Ausnahme der Solostimme, die Beethoven oder im quirligen Stil der verspielten und reich verzierten Figuralvariationen schließlich für seinen Schüler Ferdinand Ries und die zweite Aufführung improvisierte – und dabei Schwierigkeiten suchte und Effekte hervorzau- des Konzerts, 1804 im Wiener Augarten, fix und fertig aufs Papier bannte: berte, die sein Publikum in Staunen versetzten. Ja, selbst noch bei der Ur- »Die Clavierstimme des C Moll Concerts hat nie vollständig in der Partitur aufführung des c-Moll-Konzerts am 5. April 1803 in Emanuel Schikaneders gestanden«, bestätigte Ries. »Beethoven hatte sie eigens für mich in einzel- neuem Theater an der Wien, Beethovens damaligem Dienst- und Wohnsitz nen Blättern niedergeschrieben.« Und bei dieser Gelegenheit den Tonum- als Composer-in-Residence, spielte er den Solopart weitestgehend aus dem fang in der obersten Oktave erweitert, offenbar angeregt durch den höchst- Stegreif, er »fantasierte« über einige wenige schriftlich notierte Stichnoten möglichen Ambitus eines neuen Hammerflügels, den ihm der Pariser und Verlaufsskizzen, über weithin leere Systeme. Ignaz von Seyfried, der Ka- Instrumentenbauer Sébastien Érard geschenkt hatte. pellmeister des Theaters, sollte Beethoven während des Konzerts die Seiten umblättern. Doch zeigte er sich einigermaßen entsetzt (zur diebischen Die Kadenz zum ersten Satz brachte Beethoven abermals einige Jahre später Freude des Komponisten), als er »in der aufliegenden Stimme trotz der be- in Schriftform. Allerdings geht der frappierende Einfall, ganz am Ende der waffneten Augen ausser dem Schlüssel, der Vorzeichnung und verschiedenen Kadenz, »dopo il trillo«, die Pauken pianissimo mit einem pochenden Quart- über das Blatt hinlaufenden Kreuz- und Querstrichen wenig mehr als Nichts motiv einsetzen zu lassen, in historischer Gegenrichtung auf das Jahr 1796 zu gewahren im Stande war«: creatio ex nihilo. zurück: auf Beethovens Gastspiel am preußischen Königshof in Berlin und Potsdam, als er dort auch den Prinzen Louis Ferdinand kennenlernte (einen Ursprünglich wollte Beethoven das c-Moll-Konzert bereits drei Jahre zuvor, Neffen Friedrichs des Großen), dem er 1804 den Erstdruck des Konzerts im April 1800, bei seiner ersten eigenen Akademie im alten Wiener Burg- widmen sollte, verbunden mit dem Kompliment, dass der kunstsinnige Aristo- theater vorstellen, doch zu diesem Zeitpunkt hatte er kaum mehr als das krat »gar nicht königlich oder prinzlich, sondern wie ein tüchtiger Clavier- 6 7 Ludwig van Beethoven Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37 Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37
stimme lebt der Provokateur der Wiener Salons fort, der eigensinnige Künst- ler, das verzogene Genie. Doch – wer ist der wahre Beethoven, der Architekt oder der Romantiker, der Idealist oder der Virtuose? Der schwärmerische Beethoven, der Philosoph, beheimatet in den Bezirken der Kunstfrömmigkeit, bestimmt den Ausdrucksradius des Largo (apart or- chestriert mit Streichern, Flöten, Fagotten und Hörnern, ohne Oboen, Klari- netten, Pauken und Trompeten). Dessen unerwartete Tonart E-Dur wird in den Werken dieses Komponisten gerne mit Erhabenheit, Entrücktheit, dem Anblick der Sterne, der Harmonie der Sphären assoziiert, mit Hymnen und nächtlichen Gesängen. Umso diesseitiger, lärmiger und launiger gönnt sich Beethoven im Finale ein Spiel mit rhapsodischem Übermut und modischen Exotismen, dem »All’Ungarese« und der Janitscharenmusik, aber alles ein- gefasst und eingeschmolzen in den unverwechselbar eigenen Beethoven’schen Ton, einer energetischen Mixtur aus Fest und Furor. Wenn Beethoven jedoch in den letzten Takten jählings nach C-Dur und in ein 6/8-Presto umschwenkt und alles wie Opera buffa und Gelächter klingt – wie ist dieser Rausschmiss zu verstehen: als Scherz, als Spott, als Parodie oder Selbstironie, ein Frage- zeichen? Jedenfalls scheint dieser burleske Schluss um Welten entfernt von Ein Ausschnitt aus der Kadenz des c-Moll-Konzerts in Beethovens Handschrift dem »moralischen, sentenzgeprägten« Anfang. Nur das Paukenmotiv ist immer noch mit von der Partie, der preußische Geistesblitz, ein echter Joker. spieler« musiziere. Damals also, 1796 in Preußen, notierte Beethoven einen ersten Geistesblitz, die früheste Idee, die allen kommenden Ereignissen schon weit vorauseilte: »Zum Concert aus C moll pauke bej der Cadent«. Dieses an sich nichtssagende Pauken-, Poch- oder Klopfmotiv, ein abstra- hierter Tusch, setzte tatsächlich den Anfang, den Ursprung, das Keimwort zumindest des Kopfsatzes. Denn später (immer geschieht alles später bei der Komposition dieses Konzerts) konstruierte Beethoven das Hauptthema des Allegros zielgenau so, dass es in eben jene pochenden Quarten einmün- det: taa – tataa – tataa. Der ganze erste Satz, der Sinn, der Charakter, der strenge, herrische, bau- meisterliche Grundzug der Musik ist in diesem rigiden Hauptthema ange- legt (der Musikwissenschaftler Harry Goldschmidt sprach von einem »mo- ralischen, sentenzgeprägten Thema«), das durch seine straffe, marschmäßige Rhythmisierung in der Tradition des so genannten »Militärkonzerts« steht, aber schon bei den Zeitgenossen das Bild des »heroischen«, kämpferischen, mit der Welt und dem Schicksal hadernden Beethoven herauf beschwor, ja sogar mit der Epoche der Kriege und Revolutionen identifiziert wurde. Am Klavier freilich zeigt sich noch ein ganz anderer Beethoven: In den Fanta- sien der frei schweifenden, offenen, erst nachträglich verschriftlichten Solo- 8 9 Ludwig van Beethoven Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37 Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37
MUSIK & BILD Das Blatt Pulliciniello und Signora Lucretia zeigt ein handelseiniges Paar. Die aufgedonnerte Lucretia mit kessem Federschmuck streicht Pulliciniello auffordernd über den Arm und lüpft dabei kokett ihr Kleid. Pulliciniello ist JACQUES CALLOT: »PULLICINIELLO maskiert mit einer Halbmaske, die seine wahre Identität kaschieren soll. UND SIG.A LUCRETIA« Nur die Augen sind sichtbar, aus ihnen scheint übergroße Gier bis hinein in die zitternden Bartspitzen zu blitzen. Das Schwert, Symbol seiner Mannes- (UM 1622) kraft, zeigt schon gegen zwölf, er ist angetan. Der leicht verdrehte linke Arm in Richtung auf den Körperteil Lucretias, der ihm gerade am begehrenswer- testen erscheint, gehört ebenfalls zum erotischen Gestenvokabular dieser Zeit, das hier notdürftig durch den Hut verdeckt wird. Callot hat im Hintergrund die hohen Häuser einer großen Stadt gezeichnet, deren vorspringende Dächer die Liebessehnsüchtigen nicht im Regen stehen lassen. Hier können sie nächteweise Serenaden musizieren und Liebeslieder maunzen. Ganz rechts wird wohl die Vorgeschichte des Bildes erzählt: Ein Paar schreitet durch die Gasse, die Dame mit Feder könnte Lucretia sein, am Arm ihres Mannes. Dahinter scheint ein Lautenist zu spielen, vielleicht ist es Pulliciniello, vor dessen schrägen Tönen schon ein Hund Reißaus nimmt. Etwas zurückversetzt ein Paar: Es sind Pulliciniello und Lucretia als Miniatur. Zwischen den beiden Hauptfiguren erkennt man eine Prügelszene: Es ist ganz deutlich, Pulliciniello kriegt sein Fett ab, er wird vom wutentbrannten Gatten der Lucretia mit einem Stock vermöbelt. Er eilt zwar davon, seinen Hut tief ins Gesicht gezogen, doch sein Gürtel mit dem Schwert ist über den Hintern gerutscht. Das schnelle, hastige Anziehen hat wohl nicht mehr ganz geklappt und jetzt verhindert das zwischen die Beine geratene Schwert die Jacques Callot: (1592–1635): Pulliciniello und Sig.a Lucretia (um 1622), schnelle Flucht. Oh, er wird bald stürzen und noch mehr Schläge beziehen. Radierung 73 x 93 cm, Musée Lorrain in Nancy Links gestikulieren wild einige Personen, sie scheinen auf Pulliciniello zu warten. Ein Sack wird durch die Luft gewirbelt, dort soll der Ehebrecher Jacques Callot, der lothringische Zeichner, Kupferstecher und Radierer, lebte hinein. Der gezückte Dolch verheißt nichts Gutes, jedenfalls kein friedliches in Nancy, verbrachte aber einige Jahre in Rom und Florenz. Sein umfang- Ende des Dramas. Aber es sei gleich verraten, Pulliciniello kennt das (Lie- reiches Werk über das höfische wie das städtische Leben, über die noble bes-)Spiel, es gehört zu seinem Leben. Er wird entkommen und, sobald alle Gesellschaft, aber auch das einfache Volk, die Bettler und Kriegsopfer, über Wunden geheilt sind, das ewig gleiche Spiel in einer neuen Variante beginnen. kleinwüchsige »Gobbi«, die Feste und das Theater wie die volkstümliche »Kein Meister hat so wie Callot gewußt, in einem kleinen Raum eine Fülle Commedia dell’arte ist ein wunderbarer Spiegel seiner Zeit. Die Typen der von Gegenständen zusammenzudrängen, die, ohne den Blick zu verwirren, burlesken Commedia dell’arte, aus der sich später das Kasperltheater ent- nebeneinander, ja ineinander heraustreten, so daß das einzelne, als Einzel- wickelte, wirken auf den ersten Blick meist tumb und einfältig, sind aber nes für sich bestehend, doch dem Ganzen sich anreiht«, schrieb E.T.A. extrem triebgesteuert und ziemlich durchtrieben. Der Zuschauer durfte sich Hoffmann in seinem kurzen Text über Jacques Callot. »Die Ironie, welche, an deren Fäkalsprache delektieren, sich ganz der Schadenfreude und dem indem sie das Menschliche mit dem Tier in Konflikt setzt, den Menschen Kitzel einer Dauererotik von immer willigen Damen und immer bereiten mit seinem ärmlichen Tun und Treiben verhöhnt, wohnt nur in einem tiefen Herren hingeben. Diese Lehrstücke des gesellschaftlichen Miteinanders ent- Geiste, und so enthüllen Callots […] groteske Gestalten […] alle geheimen larven bösartige Gaunereien, schlecht eingefädelte Intrigen und erschlichene Andeutungen, die unter dem Schleier der Skurrilität verborgen liegen.« Zärtlichkeiten, die am Ende regelmäßig in wüste Prügeleien münden. Renate Ulm 10 11 Musik & Bild Musik & Bild
IGOR STRAWINSKY: »PULCINELLA« Handlung Eine Straßenszene in Neapel. Caviello und Florindo sind auf dem Weg zu ihren Geliebten. Von einem Balkon aus winkt Rosetta Caviello und aus ei- nem Fenster wirft Prudenza Florindo eine Kusshand zu. Bei den Verehrten angekommen, erleben die jungen Männer eine Überraschung: Die Mädchen leeren ihre Nachttöpfe über ihnen aus. Darauf hin vertreibt Prudenzas Vater, Il Dottore, die tropfnassen Gesellen. Pulcinella tritt auf; er spielt auf einer Geige, tanzt, zieht die verliebt-bewun- dernden Blicke der Mädchen auf sich. In den ohnehin verärgerten Jungen keimt indes Eifersucht auf. Rosetta wird von Pulcinella zum Tanz aufge- fordert, der ein jähes Ende findet, als Pimpinella, Pulcinellas Angebetete, hinzukommt. Es folgt ein inniger Tanz der beiden. Caviello und Florindo sinnen auf Rache, werden aber von den Mädchen vertrieben, die sich alsbald wieder Pulcinella zuwenden, was Pimpinella arg missfällt. Erst als Rosettas Vater, Tartaglia, und Il Dottore, Prudenzas Vater, ihre Töchter nach Hause führen, gelingt der Angriff auf Pulcinella. Maskiert und bewaffnet treten die Jungen ihm entgegen, stechen ihn nieder und ziehen sich voller Genugtuung zurück. Sie glauben, der Widersacher sei tot – doch dieser steht sogleich wieder auf und spaziert davon. Das Verwechslungsspiel beginnt, indem Furbo, ein Vertrauter Pulcinellas, in die Rolle des vermeintlich Verstorbenen schlüpft. Dessen »Tod« wird von der versammelten Gesellschaft ausführlich betrauert, bis der wahre Pulci- nella als Zauberer verkleidet hinzutritt und den »Toten« zum Leben erweckt. Caviello und Florindo nutzen die entstandene Verwirrung: Sie maskieren sich nun ebenfalls als Pulcinellen und stellen den Mädchen gemeinsam mit Pulcinella innamorato (Der verliebte Pulcinella), Fresko von Giovanni Domenico Tiepolo dem noch immer maskierten Furbo nach. Die jungen Frauen lassen sich in der Ca’Rezzonico in Venedig (1797) täuschen, jede hat nun ihren eigenen Pulcinella – aber niemand weiß mehr, wer der echte ist. Dieser bemüht sich vergeblich um Auf klärung; erst, als Furbo die Kleider des Zauberers anlegt, gelingt es diesem, die drei zusam- mengehörenden Paare wieder zu vereinen. 12 13 Giovanni Domenico Tiepolo Handlung »Pulcinella« »Pulcinella«
SCHABERNACK UND FARCE Zu Igor Strawinskys Pulcinella-Suite Renate Ulm Pulcinella ist eine Figur Entstehungszeit der neapolitanischen Com- 1919; Vollendung 20. April 1920 (Ballett), 1924/1949 media dell’arte, ein bauernschlauer, durchtriebe- (Suite) ner, frecher, auch verfressener Diener, dessen be- Uraufführung sonderes Kennzeichen seine übergroße Haken- 15. Mai 1920 in der Pariser Oper unter der Leitung von nase ist, die aber nicht der Wirklichkeit entspricht, Ernest Ansermet sondern nur durch eine Maske ins Groteske ver- Lebensdaten des zerrt wird. Er trägt zumeist einen spitzen Hut und Komponisten 5. (17.) Juni 1882 in ein zu weites weißes Hemd, das unter seinem Oranienbaum bei mächtigen Bauch von einem Gürtel zusammenge- St. Petersburg – 6. April halten wird und faltenreich über die etwas zu kurze 1971 in New York Hose fällt. Hinter seiner Maske den heimlichen Liebhaber vorgebend, stellt er den Mädchen nach, holt sich seine Streicheleinheiten und zieht damit die Wut der Verehrer auf sich, die ihn dafür nach Strich und Faden verprügeln wollen. Aber Pulci- nella spürt instinktiv, wann und wie er sich mit List aus der Affäre ziehen kann, und freut sich Igor Strawinsky (1923 in Paris) über jeden gelungenen Schabernack. Die Idee zum Ballett Pulcinella wurde geboren, als der Impressario Sergej Diaghilew nach einem mit Pulcinella auf die Bühne zu bringen. Als Vorlage diente die Farce Qua- Gastspiel seiner Ballets russes in Rom 1917 wei- tre Polichinelles semblables von 1700, die Léonide Massine in der Biblio- ter nach Neapel und Pompeij reiste. Ihm schlossen thek von Neapel entdeckt hatte und in der Pulcinella in vierfacher Ausfüh- sich damals der Maler Pablo Picasso, der Kom- rung Verwirrung stiftet. Passend zur Zeit der Commedia dell’arte suchte ponist Igor Strawinsky, der Tänzer und Choreo- Diaghilew nach einer geeigneten Musik aus dem 18. Jahrhundert und fand graph Léonide Massine und der Dirigent Ernest in den Archiven von Neapel und London 21 kammermusikalische Vorlagen, Ansermet an – das spätere Team des Projekts. In die dem Komponisten Giovanni Battista Pergolesi zugeschrieben waren. Neapel erlebten sie eine Aufführung der Comme- Und hier blitzt nun auch in der wahren Geschichte der Schalk des Pulcinella dia dell’arte, »die wir in einem überfüllten, von auf: Da Pergolesi 1736 mit nur 26 Jahren gestorben war und seine Werke wie Knoblauch dampfenden kleinen Raum sahen. Der La serva padrona (1733) und Stabat mater (1736) für einen sagenhaften Nach- Pulcinella war ein großer betrunkener Tölpel, und ruhm sorgten – denen bedauerlicherweise keine neuen großartigen Kompo- jede seiner Bewegungen, wahrscheinlich auch jedes sitionen folgen konnten –, ließ der Londoner Verleger Robert Brenner 1780 Wort, wenn ich es verstanden hätte, war obszön«, kurzerhand einige Triosonaten von Domenico Gallo unter anderem Namen erinnerte sich Strawinsky. drucken: »compos’d by Gio. Batt.a Pergolese. Author of the Stabat mater«. Sergej Diaghilew plante darauf hin mit seinen Ballets Damit hatte er zwar nicht der Wahrheit gedient, wohl aber dem Umsatz. russes für das Jahr 1920 eine Commedia dell’arte Schon der britische Musikhistoriker Charles Burney bezweifelte die Echt- 14 15 Igor Strawinsky Igor Strawinsky »Pulcinella-Suite« »Pulcinella-Suite«
solches Material ohne satirische Distanz behandeln können? […] Pulcinella war meine Entdeckung der Vergangenheit, die Erleuchtung, durch die mein gesamtes späteres Werk erst möglich wurde. Gewiss, es war ein Blick zurück – die erste von vielen Liebesbeziehungen, die in diese Richtung gingen –, aber es war auch ein Blick in den Spiegel.« Also ging Strawinsky höchst fantasievoll mit seinen Vorlagen um, ließ »jähe Brüche, harte Schnitte« (Wolfgang Dömling) entstehen. Er veränderte die Musik ganz nach seinen Vorstellungen und gegen die regulären Phrasen, »so daß die Musik, wie sich verhaspelnd, vorwärtszustürzen scheint; er montiert Phrasen neu, fügt hete- rogene Stücke unvermittelt aneinander und erzielt die verwirrende Wirkung von falsch Zusammengesetztem, beschleunigt manche Tempi in (am 18. Jahr- hundert gemessen) absurde Zeitmaße« (Dömling). Das, was Tschaikowsky mit den Rokoko-Variationen und der Mozartiana sowie den Mozart-Zitaten in seiner Pique Dame begonnen hatte, führte Strawinsky noch entschiedener weiter und stellte eine Verbindung von historischer Musik und seinem urei- genen Stil her, aus dem sich der so genannte »Neoklassizismus« entwickelte. Diese Richtung entsprach aber gar nicht den Vorstellungen Diaghilews. »Meine Musik schockierte ihn so«, schrieb Strawinsky, »dass er lange Zeit mit einem Gesicht umherging, das ›das beleidigte Achtzehnte Jahrhundert‹ Sergej Diaghilew und Igor Strawinsky (1921 in Sevilla) auszudrücken schien.« Und nicht nur mit dem Komponisten lag Diaghilew im Clinch. In den zahlreichen Treffen mit Strawinsky, dem für Bühnenbild heit dieser Werke, doch hartnäckig hielt sich der Name Pergolesi auf diesen und Kostüme engagierten Picasso und dem Choreographen Léonide Mas- Noten – bis heute. Nachgewiesen wurden die Fälschungen erst 1940 durch sine rief der Impressario häufig Verstimmungen hervor, die mehrfach eska- Handschriftenvergleiche, aber das half den Urhebern, wie beispielsweise lierten. Verlangte er schon von Strawinsky eine gewisse Stilreinheit, so Domenico Gallo aus Venedig, kaum zu später Anerkennung. forderte er dies auch bei den Kostümen von Picasso. »Seine ersten Entwürfe zeigten Figuren der Offenbach-Zeit mit Backenbärten statt Masken«, erin- All die Kompositionen, die – wie wir heute wissen – von Domenico Gallo, nerte sich Strawinsky. »Als wir sie Diaghilew zeigten, wurde er sehr barsch. Carlo Monza, Graf Wilhelm van Wassenaer, Alessandro Parisotti und auch […] Der Abend endete damit, dass Diaghilew die Zeichnungen auf den von Pergolesi stammen, wollte Diaghilew von Igor Strawinsky in einer »pein- Boden warf, darauf herumstampfte und beim Hinausgehen die Türe hinter lich gesitteten Instrumentation von etwas sehr Lieblichem« orchestriert ha- sich zuknallte. Am nächsten Tag bedurfte es Diaghilews ganzen Charmes, ben, wie der Komponist es in seinen Erinnerungen süffisant festhielt. Aber um den tief beleidigten Picassso zu versöhnen, am Ende brachte ihn Dia- Strawinskys Kreativität ließ sich nicht zurückdrängen: »Ich begann, indem ghilew sogar dazu, einen Commedia-dell’arte-Pulcinella zu schaffen.« Mas- ich direkt auf Pergolesis Originalmanuskripten komponierte, als würde ich sine skizzierte nach den ersten Vorlagen Strawinskys bereits die Choreo- ein eigenes, älteres Werk bearbeiten. Ich begann ohne vorgefasste Meinun- graphie zu Pulcinella, den er auf der Bühne auch verkörperte. Da Strawinsky gen und ästhetische Standpunkte, und das Ergebnis hätte ich nicht vorher- aber immer wieder änderte, hinzutat, strich, neue Phrasen anstückte, musste sagen können. Ich wusste, dass mir ein ›gefälschter‹ Pergolesi nicht gelingen Massine seine Tanzschritte ständig dem anpassen und war darüber mehr- würde, denn meine Motorik ist grundverschieden; bestenfalls konnte ich fach verärgert. Hinter all den Streitereien schien Pulcinellas Geist zu wirken, seine Aussagen mit meinem eigenen Akzent wiederholen. Dass das Ergeb- der wie auf dem Theater auch seine Schöpfer gegeneinander ausspielte – ein nis bis zu einem gewissen Grad witzig-ironischen, satirischen Charakter Wunder, dass am Ende alles zu einer außergewöhnlichen Einheit zusam- haben würde, war vielleicht unumgänglich, denn wer hätte im Jahre 1919 ein menwuchs und jeder einen Narren an Pulcinella gefressen hatte. 16 17 Igor Strawinsky Igor Strawinsky »Pulcinella-Suite« »Pulcinella-Suite«
Das kleinbesetzte Orchester besteht im Ganzen aus nur 33 Personen, ist also fast »klassisch« aufgebaut: Zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Fagotte, zwei Hörner, eine Trompete, eine Posaune, dazu ein solistisches Streichquintett und ein kleines Streichorchester aus vier Ersten und vier Zweiten Violinen, vier Violen, drei Celli und drei Kon- trabässen. Die Suite, 1924 zusammen- gestellt und 1949 nochmals revidiert, richtet sich in der Satzabfolge ganz nach der Handlung des Balletts, wobei Scherzino und Tarantella wegen der dort regen Beteiligung der Singstim- men um eben diese Passagen stark ge- Pablo Picasso: Bühnenbildentwurf für Pulcinella (1920) kürzt sind. Das Komische an der Figur Pulcinella arbeitete Strawinsky in den Kritikern an. Von ihnen wurde er sogar als »pasticheur«, als bloßer »Nachah- schnörkeligen Verzierungen in der Sin- mer«, beschimpft, und wegen seines Rückgriffs auf alte Musik von Arnold fonia heraus, die von verschiedenen Schönberg abwertend als »der kleine Modernsky« bezeichnet, während Instrumenten ausgeführt werden wie seine Bewunderer ihn »Zar Igor« nannten. manieriert-devote Verbeugungen Pul- cinellas. Das schmachtende Ständchen Dagegen fand die Choreographie in den Kritiken zur Uraufführung einhellig des Tenors in der Serenata übernimmt Anklang. Dennoch beeindruckte der »neue« Stil die jüngere Komponisten- in der Suite die Solo-Violine mit der generation derart, dass bald zahlreiche neoklassizistische Werke entstanden. Oboe. Die begleitenden Streicher klin- Aber hier sollte nicht vergessen werden, dass Sergej Prokofjews mit seiner gen hier mandolinen- oder gitarrenar- Symphonie classique Strawinsky um eine Pulcinella-Nasenlänge voraus war: tig. Seinen Schabernack treibt der freche Pulcinella im Scherzino. Dafür Er hatte sein Werk, das sich an Haydn orientierte, bereits 1917 vollendet. wird er aufgegriffen und schlottert nun voller Angst vor der angedrohten Die Rückgriffe auf die bewährte »Alte Musik« lagen also in der Luft, waren Strafe. Die Stockschläge sind geradezu heraushörbar, ebenso das Gejammer ein wehmütiger Blick zurück in eine Zeit, die die Katastrophe des Ersten des Pulcinella. Der kichernde Spott der anderen durchzieht die Tarantella. Weltkriegs noch nicht kannte. Streng mahnt nun die Solo-Trompete in der Toccata, die von einer grotesk- schmeichelnden Bläsermusik in der Gavotta mit zwei Variationen abgelöst wird, gefolgt von großspurig klingenden Bläserglissandi im Vivo. Im Minu- etto hallt die Klage der Betrogenen nach, die fließend ins turbulente Finale mit seinen charakteristischen hohen Trompetentönen übergeht. Strawinskys Musik – er hatte aus den Vorlagen der alten Musik die Melodie und Bässe quasi als Rahmen übernommen, innerhalb dessen er neue Har- moniesierungen und zusätzliche Stimmen einfügte sowie eine immer freche, ironisierende Instrumentierung wählte – kam zunächst gar nicht bei seinen 18 19 Igor Strawinsky Igor Strawinsky »Pulcinella-Suite« »Pulcinella-Suite«
YEFIM BRONFMAN Yefim Bronfman wurde in Taschkent geboren. 1973 emigrierte er mit seiner Familie nach Israel. Er war Schüler von Arie Vardi an der Rubin Academy in Tel Aviv und setzte seine Studien in den USA an der Juilliard School in New York, der Marlboro School of Music in Vermont und am Curtis Institute of Music in Philadelphia bei Rudolf Firkušný, Leon Fleisher und Rudolf Serkin fort. 1975 feierte er sein internationales Debüt mit dem Montreal Symphony Orchestra unter Zubin Mehta, 1989 wurde er amerikanischer Staatsbürger und gab sein erstes Rezital in der New Yorker Carnegie Hall. Eine Serie von Konzerten mit dem Geiger Isaac Stern führte ihn 1991 erst- mals seit seiner Emigration wieder nach Russland, im selben Jahr wurde er mit dem Avery Fisher Prize ausgezeichnet. Yefim Bronfman gastiert bei allen führenden Orchestern der Welt und arbeitet mit Dirigenten wie Daniel Barenboim, Herbert Blomstedt, Riccardo Muti, Riccardo Chailly, Franz Welser-Möst, Esa-Pekka Salonen und Simon Rattle zusammen. Daneben widmet er sich intensiv der Kammermusik und zählt Künstler wie Pinchas Zukerman, Martha Argerich, Magdalena Kožená, Anne-Sophie Mutter und Emmanuel Pahud zu seinen Partnern. Yefim Bronfman kann auf eine beein- druckende Diskographie zurückblicken, er wurde sechs Mal für den Grammy Award nominiert, 1997 gewann er ihn für die Aufnahme der Bartók-Konzerte mit dem Los Angeles Philharmonic Orchestra unter Esa-Pekka Salonen. Des Weiteren veröffentlichte er u. a. sämtliche Klavierkonzerte von Prokofjew mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta, die Beethoven- Konzerte (einschließlich des Tripelkonzertes mit Gil Shaham und Truls Mørk) mit dem Tonhalle-Orchester Zürich unter David Zinman, das für ihn komponierte Klavierkonzert von Esa-Pekka Salonen sowie das Zweite Kla- vierkonzert von Magnus Lindberg mit dem New York Philharmonic Or- chestra unter Alan Gilbert. Auch auf DVD ist Yefim Bronfman verschie- dentlich zu erleben, etwa mit Beethovens Fünftem Klavierkonzert und dem Concertgebouworkest Amsterdam unter Andris Nelsons sowie mit Rach- maninows Drittem Konzert und den Berliner Philharmonikern unter Simon Rattle. Beim BRSO ist Yefim Bronfman seit 25 Jahren ein gern gesehener Gast. 2000 spielte er im Rahmen des Beethoven-Zyklus von Lorin Maazel die fünf Klavierkonzerte und das Tripelkonzert, 2012/2013 war er Artist in Residence. Auf CD erschien eine Aufnahme von Tschaikowskys Erstem Kon- zert unter Mariss Jansons. Bei seinem letzten Auftritt im März 2020 spielte Yefim Bronfman mit Anne-Sophie Mutter und Maximilian Hornung Beet- hovens Tripelkonzert unter Andrés Orozco-Estrada. 2010 wurde Yefim Bronf- man mit dem Jean Gimbel Lane Prize und 2015 mit einem Ehrendoktor der Manhattan School of Music geehrt. 20 21 Biographie Biographie Yefim Bronfman Yefim Bronfman
IGOR STRAWINSKY LE SACRE DU PRINTEMPS SYMPHONIEORCHESTER DES L’OISEAU DE FEU BAYERISCHEN RUNDFUNKS Mit der Saison 2023/2024 wird das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks seinen neuen Chefdirigenten begrüßen können, der in der Zwi- schenzeit auch mehrfach am Pult stehen wird: Sir Simon Rattle. Er ist als sechster Chefdirigent in der Reihe bedeutender Orchesterleiter nach Eugen Jochum, Rafael Kubelík, Sir Colin Davis, Lorin Maazel und Mariss Jansons eine Zwei der Dirigentenpersönlichkeit von großer Offenheit für neue künstlerische Wege. bedeutendsten Das BRSO entwickelte sich schon bald nach seiner Gründung 1949 zu einem Ballettmusiken international renommierten Klangkörper. Neben dem klassisch-romantischen Strawinskys in Repertoire gehört im Rahmen der 1945 von Karl Amadeus Hartmann gegrün- meisterlicher deten musica viva die Pflege der zeitgenössischen Musik zu den zentralen Aufgaben des Orchesters. Viele namhafte Gastdirigenten wie Leonard Bern- Interpretation auf stein, Georg Solti, Carlo Maria Giulini und Wolfgang Sawallisch haben das CD: das Jahrhundert- Orchester geprägt. Heute sind Herbert Blomstedt, Franz Welser-Möst, Daniel werk „Le sacre du Harding, Yannick Nézet-Séguin und Andris Nelsons wichtige Partner. Tourneen printemps“ und die führen das Orchester durch Europa, nach Asien sowie nach Nord- und Süd- Suite von 1945 aus amerika. Von 2004 bis 2019 hatte das BRSO eine Residenz beim Lucerne Easter „L’oiseau de feu“. Festival. Zahlreiche Auszeichnungen dokumentieren den festen Platz des BRSO unter den internationalen Spitzenorchestern. Anfang 2019 wurden SYMPHONIEORCHESTER die Gastkonzerte in Japan unter der Leitung von Zubin Mehta von japa- nischen Musikkritikern auf Platz 1 der »10 Top-Konzerte 2018« gewählt. DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS 2020 setzte die Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik die CD Foto © Peter Meisel MARISS JANSONS mit Schostakowitschs Zehnter unter Mariss Jansons auf die Bestenliste 1/2020. 23 Biographie BRSO br-klassik.de/label · Erhältlich im Handel und im BRshop: br-shop.de
DUNCAN WARD Der britische Dirigent Duncan Ward, der bereits mit den führenden Orche- stern weltweit zusammenarbeitet, wird ab September 2021 Chefdirigent der Philharmonie Zuidnederland sein. Zudem ist er Musikdirektor des Medi- terranean Youth Orchestra beim Festival in Aix-en-Provence. 1989 in der Grafschaft Kent geboren, studierte Duncan Ward am Royal Northern College of Music in Manchester Klavier, Dirigieren und Kompo- sition. Simon Rattle förderte das vielseitige Talent, indem er ihn 2012 als ersten Dirigenten an die Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker empfahl. Neben der Probenarbeit mit den Berlinern ergaben sich bald Kon- zertverpflichtungen, so zum 100. Geburtstag von Benjamin Britten mit Ian Bostridge und das Konzert »Violins of Hope« 2015 anlässlich des 70. Jahres- tages der Befreiung von Auschwitz: Die Berliner Philharmoniker spielten damals auf Instrumenten, die Opfern des Holocaust gehört hatten. Nach seiner Berliner Zeit wurde Duncan Ward Chefdirigent des britischen En- sembles Sinfonia Viva (2015–2017) und Associate Conductor beim National Youth Orchestra of Great Britain. Duncan Wards Repertoire umfasst klas- sische Werke bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen, die er wie in vain von Georg Friedrich Haas in Berlin und Hamlet von Brett Dean an der Oper Köln, Clemency von James MacMillan an der Dänischen National- oper in Kopenhagen und La Passion de Simone von Kaija Saariaho an der Deutschen Oper Berlin leitete. Hinzu kommen eigene Werke, die Duncan Ward – 2005 Preisträger des BBC Young Composer of the Year – bereits am Pult vieler europäischer Orchester dirigierte. Er erhielt den Christopher Brooks Memorial Prize 2010 und war in der Saison 2010/2011 Composer in Residence bei der Lancashire Sinfonietta. Zu einem seiner bisher letzten Werke zählt Rainbow Beats, das 2018 für die Südafrikanische Organisation MIAGI (Music is a Great Investment) zum 100. Geburtstag Nelson Man- delas entstand und auch in der Elbphilharmonie in Hamburg, beim Con- certgeboworkest in Amsterdam, im Konzerthaus Berlin und beim Verbier Festival aufgeführt wurde. Duncan Ward arbeitet mit Orchestern der histo- risch informierten Aufführungspraxis wie dem Balthasar-Neumann-En- semble ebenso wie mit dem auf zeitgenössische Musik spezialisierten En- semble Modern und dem Ensemble Intercontemporain zusammen. Nach einem Aufenthalt in Indien gehörte Duncan Ward zu einem der Gründer der WAM Foundation 2008, einer Organisation, die jährlich britische Mu- siker nach Indien vermittelt, um dort die westliche klassische Musik an indi- schen Schulen zu lehren – in Delhi, Mumbai, Kolkata und Kerala. Erstmals stand Duncan Ward im Oktober 2016 mit Werken von Benjamin Britten im Prinzregententheater am Pult des BRSO. 24 25 Biographie Biographie Duncan Ward Duncan Ward
SYMPHONIEORCHESTER DES LASSEN SIE UNS BAYERISCHEN RUNDFUNKS FREUNDE WERDEN! SIR SIMON RATTLE Designierter Chefdirigent ULRICH HAUSCHILD Orchestermanager (Nikolaus Pont in Elternzeit) Bayerischer Rundfunk TEXTNACHWEIS Wolfgang Stähr: Originalbeitrag für dieses Heft; Musik & Bild: Renate Ulm; Handlung Pulcinella: Katharina Meyer; Renate Ulm: aus den Programmheften des Symphonie- orchesters des Bayerischen Rundfunks vom 18./19. Dezember 2014; Biographien: Rundfunkplatz 1 Renate Ulm (Ward), Archiv des Bayeri- 80335 München schen Rundfunks (Bronfman; BRSO). Telefon: (089) 59 00 34 111 BILDNACHWEIS IMPRESSUM Wikimedia Commons (Beethoven; Widmung; Herausgegeben vom Bayerischen Rundfunk Ries; Kadenz; Tiepolo; Maurice Sand); Programmbereich BR-KLASSIK Musée lorrain, Nancy (Callot); Wolfgang Publikationen Symphonieorchester Dömling: Igor Strawinsky in Selbstzeugnis- und Chor des Bayerischen Rundfunks sen und Bilddokumenten, Reinbek 1982 (Strawinsky; Diaghilew und Strawinsky); REDAKTION VG Bild-Kunst, Bonn 2021 (Pablo Picasso: Dr. Renate Ulm (verantwortlich) Bühnenbildentwurf zu Pulcinella); © Dario Dr. Vera Baur Acosta (Bronfman); © Astrid Ackermann GRAPHISCHES GESAMTKONZEPT (BRSO); © Askonas Holt (Ward); Archiv Bureau Mirko Borsche des Bayerischen Rundfunks. UMSETZUNG Antonia Schwarz, München AUFFÜHRUNGSMATERIAL © G. Henle Verlag, München (Beethoven) © Boosey & Hawkes, London (Strawinsky) Freunde sind wichtig im Leben eines jeden von uns. Kontakt: Diese Überlegung machten sich musikbegeisterte Freunde des Symphonieorchesters und engagierte Menschen zu eigen und gründeten des Bayerischen Rundfunks e. V. den gemeinnützigen Verein »Freunde des Sympho- Geschäftsstelle: Ingrid Demel, Sabine Hauser nieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V.«. c/o Labor Becker und Kollegen Seine heute 1.300 Mitglieder fördern die herausra- Führichstraße 70 gende künstlerische Arbeit des Symphonieorchesters 81671 München und seiner Akademie nach Kräften. Der Verein trägt Telefon: 089 49 34 31 dazu bei, den Ruf dieses weltweit berühmten Orche- Fax: 089 450 91 75 60 sters weiterhin zu mehren. Mit der finanziellen Un- E-Mail: fso@freunde-brso.de terstützung der »Freunde« werden Instrumente finan- www.freunde-brso.de ziert, Kompositionsaufträge erteilt, Kammermusik- kurse abgehalten und jungen Talenten in der Akade- * Rechtsverbindliche Ansprüche bestehen jeweils nicht mie eine erstklassige Ausbildung an ihren Instrumen- ten ermöglicht. Den »Freunde«-Mitgliedern werden br so.de zahlreiche attraktive Vergünstigungen angeboten, von exklusiven Besuchen ausgewählter Proben über be- vorzugte Kartenbestellungen bis hin zu Reisen des Orchesters zu Sonderkonditionen.* Helfen Sie mit als Freund und lassen Sie sich in die Welt der klassischen Musik entführen!
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