BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal

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BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS

   BRSO
 WARD
  BRONFMAN
BEETHOVEN
STRAWINSKY
  19.3.2021        20 / 21       Herkulessaal
BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
Freitag 19.3.2021
Herkulessaal
20.30 – 22.00 Uhr

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                    Programm
BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
MITWIRKENDE

DUNCAN WARD
Leitung

YEFIM BRONFMAN
Klavier

SYMPHONIEORCHESTER DES
BAYERISCHEN RUNDFUNKS

LIVE-ÜBERTRAGUNG IN SURROUND
im Radioprogramm BR-KLASSIK
Freitag, 19.3.2021
20.05 Uhr Uta Sailer im Gespräch mit Duncan Ward
20.30 Uhr Konzertübertragung

ON DEMAND
Das Konzert ist in Kürze auf www.br-klassik.de als Audio abrufbar.

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BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
PROGRAMM

LUDWIG VAN BEETHOVEN
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll, op. 37
   • Allegro con brio
   • Largo
   • Rondo. Allegro

IGOR STRAWINSKY
»Pulcinella-Suite«
Fassung von 1949
   • Sinfonia. Allegro moderato
   • Serenata. Larghetto
   • Scherzino – Allegro – Andantino
   • Tarantella
   • Toccata. Allegro
   • Gavotta. Allegro moderato –
		 Var. 1. Allegretto –
		 Var. 2. Allegro più tosto moderato
   • Vivo
   • Minuetto. Molto moderato –
   • Finale. Allegro assai

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BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
DER KOMPONIST UND SEIN DOUBLE
Zu Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37

Wolfgang Stähr           Wahre Künstler sind ei-       Entstehungszeit
                         gensinnig. Wenn sich der      1796–1804
                                                       Widmung
junge Ludwig van Beethoven erweichen ließ, im          »À Son Altesse Royale
noblen Kreis der Förderer und Gönner das Klavier       Monseigneur le Prince
zu spielen, rangen seine hochadeligen Verehrer         Louis Ferdinand de Prusse«
                                                       Uraufführung
alsbald um Fassung. Sie waren gerührt, nein, er-       5. April 1803 im Theater an
schüttert von seiner unvergleichlichen Kunst; ei-      der Wien mit Beethoven
nige verfielen sogar, wie es heißt, in Weinkrämpfe     am Klavier
                                                       Lebensdaten des
und unziemliches Schluchzen. Beethoven brach           Komponisten
seinen Vortrag ab, lachte sie aus, seine tränenseli-   16. (Taufdatum 17.)
gen Hörer, und warf ihnen an den Kopf, dass sie        Dezember 1770 in Bonn –
                                                       26. März 1827 in Wien
allesamt Narren und verwöhnte Kinder seien. Eine
Augenzeugin berichtet: »Er war sehr stolz und ich
habe gesehen, wie die Mutter der Fürstin Lich-
nowsky, die Gräfin Thun, vor ihm, der in dem So-
pha lehnte, auf den Knieen lag, ihn zu bitten, er
möge doch etwas spielen. Beethoven that es aber
nicht.« Widerwillig nur ließ er sich auf die in den
Wiener Salons so beliebten Zweikämpfe zwischen
namhaften Tastenvirtuosen ein. Als Protegé des
exzentrischen Fürsten Karl von Lichnowsky musste
er sich einmal mit Joseph Gelinek, dem Hauspia-
nisten des Grafen Kinsky, duellieren. Der Sieg war
sein – der Unterlegene gestand freimütig die ver-
nichtende Niederlage ein. »In dem jungen Men-
schen steckt der Satan«, sprach Gelinek mit ban-
ger Bewunderung. »Nie hab’ ich so spielen gehört!
Er fantasierte auf ein von mir gegebenes Thema,
wie ich selbst Mozart nie fantasieren gehört habe.
Dann spielte er eigene Compositionen, die im
höchsten Grade wunderbar und großartig sind,
und er bringt auf dem Clavier Schwierigkeiten und
Effecte hervor, von denen wir uns nie haben et-
was träumen lassen.«
Ein Virtuose aber, ein »teuflischer« zumal, als der
Beethoven in seinen frühen Wiener Jahren vor al-
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BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
Ludwig van Beethoven (1804)
          Porträt von Willibrord Joseph Mähler (1778–1860)

lem »wegen seiner besonderen Geschwindigkeit« bewundert wurde, ein
solcher Starpianist lässt sich bitten. Auch in seinen Konzerten. Beethoven
treibt die Spannung bis zum Siedepunkt, wenn er in seinem Klavierkonzert
c-Moll op. 37 den längst erwarteten Auftritt des Solisten (und das war
zunächst der Komponist in Person) immer weiter hinauszögert. Exakt 111
Takte lang – Zufall oder Zahlenmystik? – spielt, thematisiert und variiert
das Orchester allein, der Pianist hingegen sitzt in geradezu provokanter Un-
tätigkeit am stummen Flügel, wie eine rätselhafte Figur aus einer Perfor-
mance, die personifizierte Abwesenheit, um dann allerdings desto grandio-
ser einzuschreiten, mit einem wahren Machtwort, wenn er in drei Anläufen
die gesamte Klaviatur vom Grund bis in die Höhe durchmisst und schließlich
das Hauptthema in Doppeloktaven regelrecht in die Tasten meißelt. Eine
gebieterische Geste, ein imperiales Entrée, das eher an das barocke Theater
erinnert als an den zeitgenössischen Salon: Ein Souverän betritt die Szene,
vor dem selbst Fürsten und Gräfinnen auf den Knien liegen.
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BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
Beethovens Widmung an Louis Ferdinand von Preußen in der gedruckten Partitur
seines Klavierkonzerts Nr. 3 c-Moll, op. 37

Doch dann beginnt Beethoven »zu fantasieren«, worunter seinerzeit nicht
verstanden wurde, dass er in Fieberträumen wirre Sätze von sich gab,
sondern dass er in der Art einer freien, metrisch ungebundenen Fantasie
oder im quirligen Stil der verspielten und reich verzierten Figuralvariationen
improvisierte – und dabei Schwierigkeiten suchte und Effekte hervorzau-
berte, die sein Publikum in Staunen versetzten. Ja, selbst noch bei der Ur-
aufführung des c-Moll-Konzerts am 5. April 1803 in Emanuel Schikaneders
neuem Theater an der Wien, Beethovens damaligem Dienst- und Wohnsitz
als Composer-in-Residence, spielte er den Solopart weitestgehend aus dem
Stegreif, er »fantasierte« über einige wenige schriftlich notierte Stichnoten
und Verlaufsskizzen, über weithin leere Systeme. Ignaz von Seyfried, der Ka-
pellmeister des Theaters, sollte Beethoven während des Konzerts die Seiten
umblättern. Doch zeigte er sich einigermaßen entsetzt (zur diebischen
Freude des Komponisten), als er »in der aufliegenden Stimme trotz der be-
waffneten Augen ausser dem Schlüssel, der Vorzeichnung und verschiedenen
über das Blatt hinlaufenden Kreuz- und Querstrichen wenig mehr als Nichts
zu gewahren im Stande war«: creatio ex nihilo.

Ursprünglich wollte Beethoven das c-Moll-Konzert bereits drei Jahre zuvor,
im April 1800, bei seiner ersten eigenen Akademie im alten Wiener Burg-
theater vorstellen, doch zu diesem Zeitpunkt hatte er kaum mehr als das
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Ferdinand Ries (1784–1838), Sekretär, Klavierschüler und Freund Beethovens, der als Pianist
und Dirigent dessen Werke aufführte, aber auch selbst zahlreiche Werke komponiert hat

Allegro con brio ausgearbeitet. In allen drei Sätzen lag das mit »Concerto
1803« überschriebene Autograph erst nach dieser ungewöhnlich langen Un-
terbrechung vor, mit der besagten Ausnahme der Solostimme, die Beethoven
schließlich für seinen Schüler Ferdinand Ries und die zweite Aufführung
des Konzerts, 1804 im Wiener Augarten, fix und fertig aufs Papier bannte:
»Die Clavierstimme des C Moll Concerts hat nie vollständig in der Partitur
gestanden«, bestätigte Ries. »Beethoven hatte sie eigens für mich in einzel-
nen Blättern niedergeschrieben.« Und bei dieser Gelegenheit den Tonum-
fang in der obersten Oktave erweitert, offenbar angeregt durch den höchst-
möglichen Ambitus eines neuen Hammerflügels, den ihm der Pariser
Instrumentenbauer Sébastien Érard geschenkt hatte.

Die Kadenz zum ersten Satz brachte Beethoven abermals einige Jahre später
in Schriftform. Allerdings geht der frappierende Einfall, ganz am Ende der
Kadenz, »dopo il trillo«, die Pauken pianissimo mit einem pochenden Quart-
motiv einsetzen zu lassen, in historischer Gegenrichtung auf das Jahr 1796
zurück: auf Beethovens Gastspiel am preußischen Königshof in Berlin und
Potsdam, als er dort auch den Prinzen Louis Ferdinand kennenlernte (einen
Neffen Friedrichs des Großen), dem er 1804 den Erstdruck des Konzerts
widmen sollte, verbunden mit dem Kompliment, dass der kunstsinnige Aristo-
krat »gar nicht königlich oder prinzlich, sondern wie ein tüchtiger Clavier-
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BRSO WARD BRONFMAN BEETHOVEN STRAWINSKY - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS - Herkulessaal
Ein Ausschnitt aus der Kadenz des c-Moll-Konzerts in Beethovens Handschrift

spieler« musiziere. Damals also, 1796 in Preußen, notierte Beethoven einen
ersten Geistesblitz, die früheste Idee, die allen kommenden Ereignissen
schon weit vorauseilte: »Zum Concert aus C moll pauke bej der Cadent«.
Dieses an sich nichtssagende Pauken-, Poch- oder Klopfmotiv, ein abstra-
hierter Tusch, setzte tatsächlich den Anfang, den Ursprung, das Keimwort
zumindest des Kopfsatzes. Denn später (immer geschieht alles später bei
der Komposition dieses Konzerts) konstruierte Beethoven das Hauptthema
des Allegros zielgenau so, dass es in eben jene pochenden Quarten einmün-
det: taa – tataa – tataa.

Der ganze erste Satz, der Sinn, der Charakter, der strenge, herrische, bau-
meisterliche Grundzug der Musik ist in diesem rigiden Hauptthema ange-
legt (der Musikwissenschaftler Harry Goldschmidt sprach von einem »mo-
ralischen, sentenzgeprägten Thema«), das durch seine straffe, marschmäßige
Rhythmisierung in der Tradition des so genannten »Militärkonzerts« steht,
aber schon bei den Zeitgenossen das Bild des »heroischen«, kämpferischen,
mit der Welt und dem Schicksal hadernden Beethoven herauf beschwor, ja
sogar mit der Epoche der Kriege und Revolutionen identifiziert wurde. Am
Klavier freilich zeigt sich noch ein ganz anderer Beethoven: In den Fanta-
sien der frei schweifenden, offenen, erst nachträglich verschriftlichten Solo-
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stimme lebt der Provokateur der Wiener Salons fort, der eigensinnige Künst-
ler, das verzogene Genie. Doch – wer ist der wahre Beethoven, der Architekt
oder der Romantiker, der Idealist oder der Virtuose?

Der schwärmerische Beethoven, der Philosoph, beheimatet in den Bezirken
der Kunstfrömmigkeit, bestimmt den Ausdrucksradius des Largo (apart or-
chestriert mit Streichern, Flöten, Fagotten und Hörnern, ohne Oboen, Klari-
netten, Pauken und Trompeten). Dessen unerwartete Tonart E-Dur wird in
den Werken dieses Komponisten gerne mit Erhabenheit, Entrücktheit, dem
Anblick der Sterne, der Harmonie der Sphären assoziiert, mit Hymnen und
nächtlichen Gesängen. Umso diesseitiger, lärmiger und launiger gönnt sich
Beethoven im Finale ein Spiel mit rhapsodischem Übermut und modischen
Exotismen, dem »All’Ungarese« und der Janitscharenmusik, aber alles ein-
gefasst und eingeschmolzen in den unverwechselbar eigenen Beethoven’schen
Ton, einer energetischen Mixtur aus Fest und Furor. Wenn Beethoven jedoch
in den letzten Takten jählings nach C-Dur und in ein 6/8-Presto umschwenkt
und alles wie Opera buffa und Gelächter klingt – wie ist dieser Rausschmiss
zu verstehen: als Scherz, als Spott, als Parodie oder Selbstironie, ein Frage-
zeichen? Jedenfalls scheint dieser burleske Schluss um Welten entfernt von
dem »moralischen, sentenzgeprägten« Anfang. Nur das Paukenmotiv ist
immer noch mit von der Partie, der preußische Geistesblitz, ein echter Joker.

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MUSIK & BILD

JACQUES CALLOT: »PULLICINIELLO
UND SIG.A LUCRETIA«
(UM 1622)

Jacques Callot: (1592–1635): Pulliciniello und Sig.a Lucretia (um 1622),
Radierung 73 x 93 cm, Musée Lorrain in Nancy

Jacques Callot, der lothringische Zeichner, Kupferstecher und Radierer, lebte
in Nancy, verbrachte aber einige Jahre in Rom und Florenz. Sein umfang-
reiches Werk über das höfische wie das städtische Leben, über die noble
Gesellschaft, aber auch das einfache Volk, die Bettler und Kriegsopfer, über
kleinwüchsige »Gobbi«, die Feste und das Theater wie die volkstümliche
Commedia dell’arte ist ein wunderbarer Spiegel seiner Zeit. Die Typen der
burlesken Commedia dell’arte, aus der sich später das Kasperltheater ent-
wickelte, wirken auf den ersten Blick meist tumb und einfältig, sind aber
extrem triebgesteuert und ziemlich durchtrieben. Der Zuschauer durfte sich
an deren Fäkalsprache delektieren, sich ganz der Schadenfreude und dem
Kitzel einer Dauererotik von immer willigen Damen und immer bereiten
Herren hingeben. Diese Lehrstücke des gesellschaftlichen Miteinanders ent-
larven bösartige Gaunereien, schlecht eingefädelte Intrigen und erschlichene
Zärtlichkeiten, die am Ende regelmäßig in wüste Prügeleien münden.
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Das Blatt Pulliciniello und Signora Lucretia zeigt ein handelseiniges Paar.
Die aufgedonnerte Lucretia mit kessem Federschmuck streicht Pulliciniello
auffordernd über den Arm und lüpft dabei kokett ihr Kleid. Pulliciniello ist
maskiert mit einer Halbmaske, die seine wahre Identität kaschieren soll.
Nur die Augen sind sichtbar, aus ihnen scheint übergroße Gier bis hinein in
die zitternden Bartspitzen zu blitzen. Das Schwert, Symbol seiner Mannes-
kraft, zeigt schon gegen zwölf, er ist angetan. Der leicht verdrehte linke Arm
in Richtung auf den Körperteil Lucretias, der ihm gerade am begehrenswer-
testen erscheint, gehört ebenfalls zum erotischen Gestenvokabular dieser
Zeit, das hier notdürftig durch den Hut verdeckt wird.
Callot hat im Hintergrund die hohen Häuser einer großen Stadt gezeichnet,
deren vorspringende Dächer die Liebessehnsüchtigen nicht im Regen stehen
lassen. Hier können sie nächteweise Serenaden musizieren und Liebeslieder
maunzen. Ganz rechts wird wohl die Vorgeschichte des Bildes erzählt: Ein
Paar schreitet durch die Gasse, die Dame mit Feder könnte Lucretia sein, am
Arm ihres Mannes. Dahinter scheint ein Lautenist zu spielen, vielleicht ist es
Pulliciniello, vor dessen schrägen Tönen schon ein Hund Reißaus nimmt.
Etwas zurückversetzt ein Paar: Es sind Pulliciniello und Lucretia als Miniatur.
Zwischen den beiden Hauptfiguren erkennt man eine Prügelszene: Es ist
ganz deutlich, Pulliciniello kriegt sein Fett ab, er wird vom wutentbrannten
Gatten der Lucretia mit einem Stock vermöbelt. Er eilt zwar davon, seinen
Hut tief ins Gesicht gezogen, doch sein Gürtel mit dem Schwert ist über den
Hintern gerutscht. Das schnelle, hastige Anziehen hat wohl nicht mehr ganz
geklappt und jetzt verhindert das zwischen die Beine geratene Schwert die
schnelle Flucht. Oh, er wird bald stürzen und noch mehr Schläge beziehen.
Links gestikulieren wild einige Personen, sie scheinen auf Pulliciniello zu
warten. Ein Sack wird durch die Luft gewirbelt, dort soll der Ehebrecher
hinein. Der gezückte Dolch verheißt nichts Gutes, jedenfalls kein friedliches
Ende des Dramas. Aber es sei gleich verraten, Pulliciniello kennt das (Lie-
bes-)Spiel, es gehört zu seinem Leben. Er wird entkommen und, sobald alle
Wunden geheilt sind, das ewig gleiche Spiel in einer neuen Variante beginnen.
»Kein Meister hat so wie Callot gewußt, in einem kleinen Raum eine Fülle
von Gegenständen zusammenzudrängen, die, ohne den Blick zu verwirren,
nebeneinander, ja ineinander heraustreten, so daß das einzelne, als Einzel-
nes für sich bestehend, doch dem Ganzen sich anreiht«, schrieb E.T.A.
Hoffmann in seinem kurzen Text über Jacques Callot. »Die Ironie, welche,
indem sie das Menschliche mit dem Tier in Konflikt setzt, den Menschen
mit seinem ärmlichen Tun und Treiben verhöhnt, wohnt nur in einem tiefen
Geiste, und so enthüllen Callots […] groteske Gestalten […] alle geheimen
Andeutungen, die unter dem Schleier der Skurrilität verborgen liegen.«
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Pulcinella innamorato (Der verliebte Pulcinella), Fresko von Giovanni Domenico Tiepolo
in der Ca’Rezzonico in Venedig (1797)

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                                                           Giovanni Domenico Tiepolo
                                                           »Pulcinella«
IGOR STRAWINSKY: »PULCINELLA«
Handlung

Eine Straßenszene in Neapel. Caviello und Florindo sind auf dem Weg zu
ihren Geliebten. Von einem Balkon aus winkt Rosetta Caviello und aus ei-
nem Fenster wirft Prudenza Florindo eine Kusshand zu. Bei den Verehrten
angekommen, erleben die jungen Männer eine Überraschung: Die Mädchen
leeren ihre Nachttöpfe über ihnen aus. Darauf hin vertreibt Prudenzas Vater,
Il Dottore, die tropfnassen Gesellen.

Pulcinella tritt auf; er spielt auf einer Geige, tanzt, zieht die verliebt-bewun-
dernden Blicke der Mädchen auf sich. In den ohnehin verärgerten Jungen
keimt indes Eifersucht auf. Rosetta wird von Pulcinella zum Tanz aufge-
fordert, der ein jähes Ende findet, als Pimpinella, Pulcinellas Angebetete,
hinzukommt. Es folgt ein inniger Tanz der beiden.

Caviello und Florindo sinnen auf Rache, werden aber von den Mädchen
vertrieben, die sich alsbald wieder Pulcinella zuwenden, was Pimpinella arg
missfällt. Erst als Rosettas Vater, Tartaglia, und Il Dottore, Prudenzas Vater,
ihre Töchter nach Hause führen, gelingt der Angriff auf Pulcinella. Maskiert
und bewaffnet treten die Jungen ihm entgegen, stechen ihn nieder und ziehen
sich voller Genugtuung zurück. Sie glauben, der Widersacher sei tot – doch
dieser steht sogleich wieder auf und spaziert davon.

Das Verwechslungsspiel beginnt, indem Furbo, ein Vertrauter Pulcinellas,
in die Rolle des vermeintlich Verstorbenen schlüpft. Dessen »Tod« wird von
der versammelten Gesellschaft ausführlich betrauert, bis der wahre Pulci-
nella als Zauberer verkleidet hinzutritt und den »Toten« zum Leben erweckt.
Caviello und Florindo nutzen die entstandene Verwirrung: Sie maskieren
sich nun ebenfalls als Pulcinellen und stellen den Mädchen gemeinsam mit
dem noch immer maskierten Furbo nach. Die jungen Frauen lassen sich
täuschen, jede hat nun ihren eigenen Pulcinella – aber niemand weiß mehr,
wer der echte ist. Dieser bemüht sich vergeblich um Auf klärung; erst, als
Furbo die Kleider des Zauberers anlegt, gelingt es diesem, die drei zusam-
mengehörenden Paare wieder zu vereinen.

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SCHABERNACK UND FARCE
Zu Igor Strawinskys Pulcinella-Suite

Renate Ulm                Pulcinella ist eine Figur     Entstehungszeit
                          der neapolitanischen Com-     1919; Vollendung 20. April
                                                        1920 (Ballett), 1924/1949
media dell’arte, ein bauernschlauer, durchtriebe-       (Suite)
ner, frecher, auch verfressener Diener, dessen be-      Uraufführung
sonderes Kennzeichen seine übergroße Haken-             15. Mai 1920 in der Pariser
                                                        Oper unter der Leitung von
nase ist, die aber nicht der Wirklichkeit entspricht,   Ernest Ansermet
sondern nur durch eine Maske ins Groteske ver-          Lebensdaten des
zerrt wird. Er trägt zumeist einen spitzen Hut und      Komponisten
                                                        5. (17.) Juni 1882 in
ein zu weites weißes Hemd, das unter seinem             Oranienbaum bei
mächtigen Bauch von einem Gürtel zusammenge-            St. Petersburg – 6. April
halten wird und faltenreich über die etwas zu kurze     1971 in New York

Hose fällt. Hinter seiner Maske den heimlichen
Liebhaber vorgebend, stellt er den Mädchen nach,
holt sich seine Streicheleinheiten und zieht damit
die Wut der Verehrer auf sich, die ihn dafür nach
Strich und Faden verprügeln wollen. Aber Pulci-
nella spürt instinktiv, wann und wie er sich mit
List aus der Affäre ziehen kann, und freut sich
über jeden gelungenen Schabernack.
Die Idee zum Ballett Pulcinella wurde geboren,
als der Impressario Sergej Diaghilew nach einem
Gastspiel seiner Ballets russes in Rom 1917 wei-
ter nach Neapel und Pompeij reiste. Ihm schlossen
sich damals der Maler Pablo Picasso, der Kom-
ponist Igor Strawinsky, der Tänzer und Choreo-
graph Léonide Massine und der Dirigent Ernest
Ansermet an – das spätere Team des Projekts. In
Neapel erlebten sie eine Aufführung der Comme-
dia dell’arte, »die wir in einem überfüllten, von
Knoblauch dampfenden kleinen Raum sahen. Der
Pulcinella war ein großer betrunkener Tölpel, und
jede seiner Bewegungen, wahrscheinlich auch jedes
Wort, wenn ich es verstanden hätte, war obszön«,
erinnerte sich Strawinsky.
Sergej Diaghilew plante darauf hin mit seinen Ballets
russes für das Jahr 1920 eine Commedia dell’arte
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                                                        Igor Strawinsky
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Igor Strawinsky (1923 in Paris)

mit Pulcinella auf die Bühne zu bringen. Als Vorlage diente die Farce Qua-
tre Polichinelles semblables von 1700, die Léonide Massine in der Biblio-
thek von Neapel entdeckt hatte und in der Pulcinella in vierfacher Ausfüh-
rung Verwirrung stiftet. Passend zur Zeit der Commedia dell’arte suchte
Diaghilew nach einer geeigneten Musik aus dem 18. Jahrhundert und fand
in den Archiven von Neapel und London 21 kammermusikalische Vorlagen,
die dem Komponisten Giovanni Battista Pergolesi zugeschrieben waren.
Und hier blitzt nun auch in der wahren Geschichte der Schalk des Pulcinella
auf: Da Pergolesi 1736 mit nur 26 Jahren gestorben war und seine Werke wie
La serva padrona (1733) und Stabat mater (1736) für einen sagenhaften Nach-
ruhm sorgten – denen bedauerlicherweise keine neuen großartigen Kompo-
sitionen folgen konnten –, ließ der Londoner Verleger Robert Brenner 1780
kurzerhand einige Triosonaten von Domenico Gallo unter anderem Namen
drucken: »compos’d by Gio. Batt.a Pergolese. Author of the Stabat mater«.
Damit hatte er zwar nicht der Wahrheit gedient, wohl aber dem Umsatz.
Schon der britische Musikhistoriker Charles Burney bezweifelte die Echt-
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Sergej Diaghilew und Igor Strawinsky (1921 in Sevilla)

heit dieser Werke, doch hartnäckig hielt sich der Name Pergolesi auf diesen
Noten – bis heute. Nachgewiesen wurden die Fälschungen erst 1940 durch
Handschriftenvergleiche, aber das half den Urhebern, wie beispielsweise
Domenico Gallo aus Venedig, kaum zu später Anerkennung.

All die Kompositionen, die – wie wir heute wissen – von Domenico Gallo,
Carlo Monza, Graf Wilhelm van Wassenaer, Alessandro Parisotti und auch
von Pergolesi stammen, wollte Diaghilew von Igor Strawinsky in einer »pein-
lich gesitteten Instrumentation von etwas sehr Lieblichem« orchestriert ha-
ben, wie der Komponist es in seinen Erinnerungen süffisant festhielt. Aber
Strawinskys Kreativität ließ sich nicht zurückdrängen: »Ich begann, indem
ich direkt auf Pergolesis Originalmanuskripten komponierte, als würde ich
ein eigenes, älteres Werk bearbeiten. Ich begann ohne vorgefasste Meinun-
gen und ästhetische Standpunkte, und das Ergebnis hätte ich nicht vorher-
sagen können. Ich wusste, dass mir ein ›gefälschter‹ Pergolesi nicht gelingen
würde, denn meine Motorik ist grundverschieden; bestenfalls konnte ich
seine Aussagen mit meinem eigenen Akzent wiederholen. Dass das Ergeb-
nis bis zu einem gewissen Grad witzig-ironischen, satirischen Charakter
haben würde, war vielleicht unumgänglich, denn wer hätte im Jahre 1919 ein
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                                                         Igor Strawinsky
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solches Material ohne satirische Distanz behandeln können? […] Pulcinella
war meine Entdeckung der Vergangenheit, die Erleuchtung, durch die mein
gesamtes späteres Werk erst möglich wurde. Gewiss, es war ein Blick zurück
– die erste von vielen Liebesbeziehungen, die in diese Richtung gingen –,
aber es war auch ein Blick in den Spiegel.« Also ging Strawinsky höchst
fantasievoll mit seinen Vorlagen um, ließ »jähe Brüche, harte Schnitte«
(Wolfgang Dömling) entstehen. Er veränderte die Musik ganz nach seinen
Vorstellungen und gegen die regulären Phrasen, »so daß die Musik, wie sich
verhaspelnd, vorwärtszustürzen scheint; er montiert Phrasen neu, fügt hete-
rogene Stücke unvermittelt aneinander und erzielt die verwirrende Wirkung
von falsch Zusammengesetztem, beschleunigt manche Tempi in (am 18. Jahr-
hundert gemessen) absurde Zeitmaße« (Dömling). Das, was Tschaikowsky
mit den Rokoko-Variationen und der Mozartiana sowie den Mozart-Zitaten
in seiner Pique Dame begonnen hatte, führte Strawinsky noch entschiedener
weiter und stellte eine Verbindung von historischer Musik und seinem urei-
genen Stil her, aus dem sich der so genannte »Neoklassizismus« entwickelte.

Diese Richtung entsprach aber gar nicht den Vorstellungen Diaghilews.
»Meine Musik schockierte ihn so«, schrieb Strawinsky, »dass er lange Zeit
mit einem Gesicht umherging, das ›das beleidigte Achtzehnte Jahrhundert‹
auszudrücken schien.« Und nicht nur mit dem Komponisten lag Diaghilew
im Clinch. In den zahlreichen Treffen mit Strawinsky, dem für Bühnenbild
und Kostüme engagierten Picasso und dem Choreographen Léonide Mas-
sine rief der Impressario häufig Verstimmungen hervor, die mehrfach eska-
lierten. Verlangte er schon von Strawinsky eine gewisse Stilreinheit, so
forderte er dies auch bei den Kostümen von Picasso. »Seine ersten Entwürfe
zeigten Figuren der Offenbach-Zeit mit Backenbärten statt Masken«, erin-
nerte sich Strawinsky. »Als wir sie Diaghilew zeigten, wurde er sehr barsch.
[…] Der Abend endete damit, dass Diaghilew die Zeichnungen auf den
Boden warf, darauf herumstampfte und beim Hinausgehen die Türe hinter
sich zuknallte. Am nächsten Tag bedurfte es Diaghilews ganzen Charmes,
um den tief beleidigten Picassso zu versöhnen, am Ende brachte ihn Dia-
ghilew sogar dazu, einen Commedia-dell’arte-Pulcinella zu schaffen.« Mas-
sine skizzierte nach den ersten Vorlagen Strawinskys bereits die Choreo-
graphie zu Pulcinella, den er auf der Bühne auch verkörperte. Da Strawinsky
aber immer wieder änderte, hinzutat, strich, neue Phrasen anstückte, musste
Massine seine Tanzschritte ständig dem anpassen und war darüber mehr-
fach verärgert. Hinter all den Streitereien schien Pulcinellas Geist zu wirken,
der wie auf dem Theater auch seine Schöpfer gegeneinander ausspielte – ein
Wunder, dass am Ende alles zu einer außergewöhnlichen Einheit zusam-
menwuchs und jeder einen Narren an Pulcinella gefressen hatte.
                                                      17
                                                      Igor Strawinsky
                                                      »Pulcinella-Suite«
Das kleinbesetzte Orchester besteht
                                     im Ganzen aus nur 33 Personen, ist
                                     also fast »klassisch« aufgebaut: Zwei
                                     Flöten, zwei Oboen, zwei Fagotte, zwei
                                     Hörner, eine Trompete, eine Posaune,
                                     dazu ein solistisches Streichquintett
                                     und ein kleines Streichorchester aus
                                     vier Ersten und vier Zweiten Violinen,
                                     vier Violen, drei Celli und drei Kon-
                                     trabässen. Die Suite, 1924 zusammen-
                                     gestellt und 1949 nochmals revidiert,
                                     richtet sich in der Satzabfolge ganz
                                     nach der Handlung des Balletts, wobei
                                     Scherzino und Tarantella wegen der
                                     dort regen Beteiligung der Singstim-
                                     men um eben diese Passagen stark ge-
                                     kürzt sind. Das Komische an der Figur
                                     Pulcinella arbeitete Strawinsky in den
                                     schnörkeligen Verzierungen in der Sin-
                                     fonia heraus, die von verschiedenen
                                     Instrumenten ausgeführt werden wie
                                     manieriert-devote Verbeugungen Pul-
                                     cinellas. Das schmachtende Ständchen
                                     des Tenors in der Serenata übernimmt
                                     in der Suite die Solo-Violine mit der
                                     Oboe. Die begleitenden Streicher klin-
                                     gen hier mandolinen- oder gitarrenar-
tig. Seinen Schabernack treibt der freche Pulcinella im Scherzino. Dafür
wird er aufgegriffen und schlottert nun voller Angst vor der angedrohten
Strafe. Die Stockschläge sind geradezu heraushörbar, ebenso das Gejammer
des Pulcinella. Der kichernde Spott der anderen durchzieht die Tarantella.
Streng mahnt nun die Solo-Trompete in der Toccata, die von einer grotesk-
schmeichelnden Bläsermusik in der Gavotta mit zwei Variationen abgelöst
wird, gefolgt von großspurig klingenden Bläserglissandi im Vivo. Im Minu-
etto hallt die Klage der Betrogenen nach, die fließend ins turbulente Finale
mit seinen charakteristischen hohen Trompetentönen übergeht.

Strawinskys Musik – er hatte aus den Vorlagen der alten Musik die Melodie
und Bässe quasi als Rahmen übernommen, innerhalb dessen er neue Har-
moniesierungen und zusätzliche Stimmen einfügte sowie eine immer freche,
ironisierende Instrumentierung wählte – kam zunächst gar nicht bei seinen
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Pablo Picasso: Bühnenbildentwurf für Pulcinella (1920)

Kritikern an. Von ihnen wurde er sogar als »pasticheur«, als bloßer »Nachah-
mer«, beschimpft, und wegen seines Rückgriffs auf alte Musik von Arnold
Schönberg abwertend als »der kleine Modernsky« bezeichnet, während
seine Bewunderer ihn »Zar Igor« nannten.

Dagegen fand die Choreographie in den Kritiken zur Uraufführung einhellig
Anklang. Dennoch beeindruckte der »neue« Stil die jüngere Komponisten-
generation derart, dass bald zahlreiche neoklassizistische Werke entstanden.
Aber hier sollte nicht vergessen werden, dass Sergej Prokofjews mit seiner
Symphonie classique Strawinsky um eine Pulcinella-Nasenlänge voraus war:
Er hatte sein Werk, das sich an Haydn orientierte, bereits 1917 vollendet.
Die Rückgriffe auf die bewährte »Alte Musik« lagen also in der Luft, waren
ein wehmütiger Blick zurück in eine Zeit, die die Katastrophe des Ersten
Weltkriegs noch nicht kannte.

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20
Biographie
Yefim Bronfman
YEFIM BRONFMAN
Yefim Bronfman wurde in Taschkent geboren. 1973 emigrierte er mit seiner
Familie nach Israel. Er war Schüler von Arie Vardi an der Rubin Academy
in Tel Aviv und setzte seine Studien in den USA an der Juilliard School in
New York, der Marlboro School of Music in Vermont und am Curtis Institute
of Music in Philadelphia bei Rudolf Firkušný, Leon Fleisher und Rudolf
Serkin fort. 1975 feierte er sein internationales Debüt mit dem Montreal
Symphony Orchestra unter Zubin Mehta, 1989 wurde er amerikanischer
Staatsbürger und gab sein erstes Rezital in der New Yorker Carnegie Hall.
Eine Serie von Konzerten mit dem Geiger Isaac Stern führte ihn 1991 erst-
mals seit seiner Emigration wieder nach Russland, im selben Jahr wurde er
mit dem Avery Fisher Prize ausgezeichnet. Yefim Bronfman gastiert bei
allen führenden Orchestern der Welt und arbeitet mit Dirigenten wie Daniel
Barenboim, Herbert Blomstedt, Riccardo Muti, Riccardo Chailly, Franz
Welser-Möst, Esa-Pekka Salonen und Simon Rattle zusammen. Daneben
widmet er sich intensiv der Kammermusik und zählt Künstler wie Pinchas
Zukerman, Martha Argerich, Magdalena Kožená, Anne-Sophie Mutter und
Emmanuel Pahud zu seinen Partnern. Yefim Bronfman kann auf eine beein-
druckende Diskographie zurückblicken, er wurde sechs Mal für den Grammy
Award nominiert, 1997 gewann er ihn für die Aufnahme der Bartók-Konzerte
mit dem Los Angeles Philharmonic Orchestra unter Esa-Pekka Salonen.
Des Weiteren veröffentlichte er u. a. sämtliche Klavierkonzerte von Prokofjew
mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta, die Beethoven-
Konzerte (einschließlich des Tripelkonzertes mit Gil Shaham und Truls
Mørk) mit dem Tonhalle-Orchester Zürich unter David Zinman, das für ihn
komponierte Klavierkonzert von Esa-Pekka Salonen sowie das Zweite Kla-
vierkonzert von Magnus Lindberg mit dem New York Philharmonic Or-
chestra unter Alan Gilbert. Auch auf DVD ist Yefim Bronfman verschie-
dentlich zu erleben, etwa mit Beethovens Fünftem Klavierkonzert und dem
Concertgebouworkest Amsterdam unter Andris Nelsons sowie mit Rach-
maninows Drittem Konzert und den Berliner Philharmonikern unter Simon
Rattle. Beim BRSO ist Yefim Bronfman seit 25 Jahren ein gern gesehener
Gast. 2000 spielte er im Rahmen des Beethoven-Zyklus von Lorin Maazel
die fünf Klavierkonzerte und das Tripelkonzert, 2012/2013 war er Artist in
Residence. Auf CD erschien eine Aufnahme von Tschaikowskys Erstem Kon-
zert unter Mariss Jansons. Bei seinem letzten Auftritt im März 2020 spielte
Yefim Bronfman mit Anne-Sophie Mutter und Maximilian Hornung Beet-
hovens Tripelkonzert unter Andrés Orozco-Estrada. 2010 wurde Yefim Bronf-
man mit dem Jean Gimbel Lane Prize und 2015 mit einem Ehrendoktor der
Manhattan School of Music geehrt.
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                                                    Biographie
                                                    Yefim Bronfman
IGOR    STRAWINSKY
                        LE SACRE DU PRINTEMPS
                        L’OISEAU DE FEU

                                                             Zwei der
                                                             bedeutendsten
                                                             Ballettmusiken
                                                             Strawinskys in
                                                             meisterlicher
                                                             Interpretation auf
                                                             CD: das Jahrhundert-
                                                             werk „Le sacre du
                                                             printemps“ und die
                                                             Suite von 1945 aus
                                                             „L’oiseau de feu“.

SYMPHONIEORCHESTER
DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS
                                                                                    Foto © Peter Meisel

        MARISS JANSONS
       br-klassik.de/label · Erhältlich im Handel und im BRshop: br-shop.de
SYMPHONIEORCHESTER DES
BAYERISCHEN RUNDFUNKS
Mit der Saison 2023/2024 wird das Symphonieorchester des Bayerischen
Rundfunks seinen neuen Chefdirigenten begrüßen können, der in der Zwi-
schenzeit auch mehrfach am Pult stehen wird: Sir Simon Rattle. Er ist als
sechster Chefdirigent in der Reihe bedeutender Orchesterleiter nach Eugen
Jochum, Rafael Kubelík, Sir Colin Davis, Lorin Maazel und Mariss Jansons eine
Dirigentenpersönlichkeit von großer Offenheit für neue künstlerische Wege.
Das BRSO entwickelte sich schon bald nach seiner Gründung 1949 zu einem
international renommierten Klangkörper. Neben dem klassisch-romantischen
Repertoire gehört im Rahmen der 1945 von Karl Amadeus Hartmann gegrün-
deten musica viva die Pflege der zeitgenössischen Musik zu den zentralen
Aufgaben des Orchesters. Viele namhafte Gastdirigenten wie Leonard Bern-
stein, Georg Solti, Carlo Maria Giulini und Wolfgang Sawallisch haben das
Orchester geprägt. Heute sind Herbert Blomstedt, Franz Welser-Möst, Daniel
Harding, Yannick Nézet-Séguin und Andris Nelsons wichtige Partner. Tourneen
führen das Orchester durch Europa, nach Asien sowie nach Nord- und Süd-
amerika. Von 2004 bis 2019 hatte das BRSO eine Residenz beim Lucerne Easter
Festival. Zahlreiche Auszeichnungen dokumentieren den festen Platz des
BRSO unter den internationalen Spitzenorchestern. Anfang 2019 wurden
die Gastkonzerte in Japan unter der Leitung von Zubin Mehta von japa-
nischen Musikkritikern auf Platz 1 der »10 Top-Konzerte 2018« gewählt.
2020 setzte die Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik die CD
mit Schostakowitschs Zehnter unter Mariss Jansons auf die Bestenliste 1/2020.
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24
Biographie
Duncan Ward
DUNCAN WARD
Der britische Dirigent Duncan Ward, der bereits mit den führenden Orche-
stern weltweit zusammenarbeitet, wird ab September 2021 Chefdirigent der
Philharmonie Zuidnederland sein. Zudem ist er Musikdirektor des Medi-
terranean Youth Orchestra beim Festival in Aix-en-Provence.
1989 in der Grafschaft Kent geboren, studierte Duncan Ward am Royal
Northern College of Music in Manchester Klavier, Dirigieren und Kompo-
sition. Simon Rattle förderte das vielseitige Talent, indem er ihn 2012 als
ersten Dirigenten an die Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker
empfahl. Neben der Probenarbeit mit den Berlinern ergaben sich bald Kon-
zertverpflichtungen, so zum 100. Geburtstag von Benjamin Britten mit Ian
Bostridge und das Konzert »Violins of Hope« 2015 anlässlich des 70. Jahres-
tages der Befreiung von Auschwitz: Die Berliner Philharmoniker spielten
damals auf Instrumenten, die Opfern des Holocaust gehört hatten. Nach
seiner Berliner Zeit wurde Duncan Ward Chefdirigent des britischen En-
sembles Sinfonia Viva (2015–2017) und Associate Conductor beim National
Youth Orchestra of Great Britain. Duncan Wards Repertoire umfasst klas-
sische Werke bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen, die er wie in vain
von Georg Friedrich Haas in Berlin und Hamlet von Brett Dean an der
Oper Köln, Clemency von James MacMillan an der Dänischen National-
oper in Kopenhagen und La Passion de Simone von Kaija Saariaho an der
Deutschen Oper Berlin leitete. Hinzu kommen eigene Werke, die Duncan
Ward – 2005 Preisträger des BBC Young Composer of the Year – bereits
am Pult vieler europäischer Orchester dirigierte. Er erhielt den Christopher
Brooks Memorial Prize 2010 und war in der Saison 2010/2011 Composer in
Residence bei der Lancashire Sinfonietta. Zu einem seiner bisher letzten
Werke zählt Rainbow Beats, das 2018 für die Südafrikanische Organisation
MIAGI (Music is a Great Investment) zum 100. Geburtstag Nelson Man-
delas entstand und auch in der Elbphilharmonie in Hamburg, beim Con-
certgeboworkest in Amsterdam, im Konzerthaus Berlin und beim Verbier
Festival aufgeführt wurde. Duncan Ward arbeitet mit Orchestern der histo-
risch informierten Aufführungspraxis wie dem Balthasar-Neumann-En-
semble ebenso wie mit dem auf zeitgenössische Musik spezialisierten En-
semble Modern und dem Ensemble Intercontemporain zusammen. Nach
einem Aufenthalt in Indien gehörte Duncan Ward zu einem der Gründer
der WAM Foundation 2008, einer Organisation, die jährlich britische Mu-
siker nach Indien vermittelt, um dort die westliche klassische Musik an indi-
schen Schulen zu lehren – in Delhi, Mumbai, Kolkata und Kerala.
Erstmals stand Duncan Ward im Oktober 2016 mit Werken von Benjamin
Britten im Prinzregententheater am Pult des BRSO.
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Freunde sind wichtig im Leben eines jeden von uns.     Kontakt:
Diese Überlegung machten sich musikbegeisterte         Freunde des Symphonieorchesters
und engagierte Menschen zu eigen und gründeten         des Bayerischen Rundfunks e. V.
den gemeinnützigen Verein »Freunde des Sympho-         Geschäftsstelle: Ingrid Demel, Sabine Hauser
nieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V.«.        c/o Labor Becker und Kollegen
Seine heute 1.300 Mitglieder fördern die herausra-     Führichstraße 70
gende künstlerische Arbeit des Symphonieorchesters     81671 München
und seiner Akademie nach Kräften. Der Verein trägt     Telefon: 089 49 34 31
dazu bei, den Ruf dieses weltweit berühmten Orche-     Fax: 089 450 91 75 60
sters weiterhin zu mehren. Mit der finanziellen Un-    E-Mail: fso@freunde-brso.de
terstützung der »Freunde« werden Instrumente finan-    www.freunde-brso.de
ziert, Kompositionsaufträge erteilt, Kammermusik-
kurse abgehalten und jungen Talenten in der Akade-     * Rechtsverbindliche Ansprüche bestehen jeweils nicht
mie eine erstklassige Ausbildung an ihren Instrumen-
ten ermöglicht. Den »Freunde«-Mitgliedern werden
zahlreiche attraktive Vergünstigungen angeboten, von
exklusiven Besuchen ausgewählter Proben über be-
vorzugte Kartenbestellungen bis hin zu Reisen des
Orchesters zu Sonderkonditionen.*
Helfen Sie mit als Freund und lassen Sie sich in die
Welt der klassischen Musik entführen!
SYMPHONIEORCHESTER DES
BAYERISCHEN RUNDFUNKS

SIR SIMON RATTLE                         TEXTNACHWEIS
Designierter Chefdirigent                Wolfgang Stähr: Originalbeitrag für dieses
ULRICH HAUSCHILD                         Heft; Musik & Bild: Renate Ulm; Handlung
Orchestermanager                         Pulcinella: Katharina Meyer; Renate Ulm:
(Nikolaus Pont in Elternzeit)            aus den Programmheften des Symphonie-
                                         orchesters des Bayerischen Rundfunks
Bayerischer Rundfunk                     vom 18./19. Dezember 2014; Biographien:
Rundfunkplatz 1                          Renate Ulm (Ward), Archiv des Bayeri-
80335 München                            schen Rundfunks (Bronfman; BRSO).
Telefon: (089) 59 00 34 111
                                         BILDNACHWEIS
IMPRESSUM                                Wikimedia Commons (Beethoven; Widmung;
Herausgegeben vom Bayerischen Rundfunk   Ries; Kadenz; Tiepolo; Maurice Sand);
Programmbereich BR-KLASSIK               Musée lorrain, Nancy (Callot); Wolfgang
Publikationen Symphonieorchester         Dömling: Igor Strawinsky in Selbstzeugnis-
und Chor des Bayerischen Rundfunks       sen und Bilddokumenten, Reinbek 1982
                                         (Strawinsky; Diaghilew und Strawinsky);
REDAKTION                                VG Bild-Kunst, Bonn 2021 (Pablo Picasso:
Dr. Renate Ulm (verantwortlich)          Bühnenbildentwurf zu Pulcinella); © Dario
Dr. Vera Baur                            Acosta (Bronfman); © Astrid Ackermann
GRAPHISCHES GESAMTKONZEPT                (BRSO); © Askonas Holt (Ward); Archiv
Bureau Mirko Borsche                     des Bayerischen Rundfunks.
UMSETZUNG
Antonia Schwarz, München                 AUFFÜHRUNGSMATERIAL
                                         © G. Henle Verlag, München (Beethoven)
                                         © Boosey & Hawkes, London (Strawinsky)

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