BULLETIN - BRUSSEL MARS 1958 MAART - Royal Museums of Fine Arts of Belgium

 
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BULLETIN - BRUSSEL MARS 1958 MAART - Royal Museums of Fine Arts of Belgium
MUSEES   ROYAUX         DES    BEAUX-ARTS

BULLETIN
KONINKLIJKE   MUSEA VOOR      SCHONE    KUNSTEN

          PUBLICATION   TRIMESTRIELLE
          VERSCHIJNT OM DE DRIE MAAND

       MARS         1958      MAART

BRUXELLES                     BRUSSEL
BULLETIN - BRUSSEL MARS 1958 MAART - Royal Museums of Fine Arts of Belgium
BULLETIN DES MUSEES ROYAUX DES BEAUX-ARTS
                                            Bruxelles, 9            rue         du Musée.

              Publié        pour       le   compte du Patrimoine des Musées Royaux
                                   par      les Editions de la Connaissance.
                                                                    «

                   Directeur       :    Mlle Claire               JANSON, Conservateur                   en   Chef.
                         Rédacteur          en       chef   :   R.-À. d'HULST, Conservateur.
                                Rédaction        :    9,    rue   du Musée (Tél. 12.76.31).
                                                                        *

       Administration       :    Editions de la Connaissance S. A., 19,                                rue   de la Madeleine,
                                                     Bruxelles (Tél. 13.00.63).

                                         Prix du numéro                     :   frs b. 40,—
                          Prix de l'abonnement (4 numéros)                              :    frs b. 160,—
                         Abonnement de soutien                      :   frs b. 300,—           (minimum)
 On souscrit par versement                  ou       virement      au   C.C.P. 49.552 du Patrimoine des Musées
                                       Royaux des Beaux-Arts, Bruxelles.

LE   PATRIMOINE DES MUSEES ROYAUX DES
institué par la
                                                                   BEAUX-ARTS,
                Loi du 27 juin 1930 accordant la personnalité civile aux Etablisse¬
ments scientifiques et
                       artistiques dépendant du Ministère de l'Instruction Publique,
est    administré       par une    commission composée                          comme       suit   :

       Président    Mlle Caire Janson, Conservateur en chef.
                    :

       Vice-Président : M. Georges Theunis, Ministre d'Etat.
       Délégué du Ministre : M. Emile Langui, Directeur Général des Beaux-Arts.
       Représentant du personnel scientifique : M. Gaston Van
       Membres : Mlle Sarah Huysmans, MM. Jean del
                                                               Camp, Conservateur.
       Pierre Warnant.
                                                          Marmol, Gilbert Périer et
       Trésorier : M. Pierre Janlet.
       Secrétaire : M. Gérard Lechantre.

       La loi du 27 juin 1930 avait
                                    pour but de        créer, à côté de chacun des Etablisse¬
ments    scientifiques      et  artistiques dépendant du Ministère de l'Instruction Publique,
une     personne        civile capable de posséder un Patrimoine alimenté
                                                                               par des dona¬
tions, des legs et éventuellement des subsides.
    Aux termes de l'art. 55 de l'Arrêté
                                           Royal du 31 mars 1936 contenant le code
des droits de succession, les legs faits à l'Etat et aux
                                                         Etablissements publics d'Etat
sont    exempts     du droit de             succession.            Celte disposition               s'applique    au   Patrimoine
des Musées Royaux des Beaux-Arts.

  Copyright 1953 by Patrimoine des Musées Royaux des Beaux-Arts, Brussels.
                                                     Printed in Belgium.
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KONINKLIJKE MUSEA VOOR                                    SCHONE KUNSTEN

  1 — M A R S 1 9 5 8
N °
                                                           Nrl-MAART               1958
                                                           ZEVENDE JAARGANG
SEPTIEME ANNEE
PUBLICATION                                                VERSCHIJNT         OM
TRIMESTRIELLE                                              DE    DRIE      MAAND

                     SOMMAIRE                      —    INHOUD

      Lilli Fischel,
      Die   «   Vermählung Mariä » des Prado zu             Madrid     ...           3
      E. Haverkamp Begemann,

      Een onbekend werk       van      de Meester van de Hl.      Sebastiaan        19
      Albert Cels,
      «   L'homme   au   faucon   »   et le lieu   d'origine possible de Jean
      Van   Eyck                                                                    29
      Vicomte Terlinden,
      Victor    Janssens, peintre     Bruxellois (1658-1736)                        33
      La Vie des Musées                                                             49
      Het Leven der Musea                                                      •    49
      Nouvelles acquisitions                                                        51
      Nieuwe aanwinsten                                                             51

 Sur la couverture — Op liet omslag : Meister der            Vermählung Mariä. Die Ver¬
 mählung Mariä (Rückseite : Detail). Pradomuseum,            Madrid.
Lilli FISCHEL

          DIE          «VERMÄHLUNG MARIA»
                DES PRADO ZU MADRID

SEIT Hugo auf
  Flémalle      Tschudi
           von dem  Weg das
                         der Werk
                             stilkritischen HypotheseMeisters
                                     des sogenannten          von
                                                      zusammen¬
stellte % sind mehr als fünfzig J ahre vergangen. Aber bis heute hat
dieses Werk keine deutlich umrissene Gestalt zu finden vermocht.
Nicht nur, dass seine Abgrenzung gegen das Schaffen des grossen
Rogier        der Weyden schwierig bleibt, auch das Frühwerk des
            van
Meisters,       soes die Forschung heute zu akzeptieren scheint, befrie¬
                     wie
digt nicht. Mehr resigniert als überzeugt nimmt man hier das Bild
einer künstlerischen Entwicklung hin, die von dem Autor einer neueren
Darstellung selber als « sprunghaft » bezeichnet werden musste 2, — und
wo wäre sonst ein
                     Beispiel dafür, dass sich je ein Maler des frühen
fünfzehnten Jahrhunderts sprunghaft geäussert hätte ? Die Frage
bleibt offen, ob die Gruppe von Werken, die man dem Meister von
Flémalle zuschreibt, nicht etwa in sich noch uneinheitlich ist und eben
darum keinen klaren Anblick entstehen lässt. Die Bilder, auf die es
dabei ankommt, sind weit verstreut und das notwendige Vergleichen
der Originale kaum je möglich. Wer aber beispielsweise im Jahre 1951
Gelegenheit hatte, auf der « Burgundischen Ausstellung » zu Amster¬
dam die Vermählung Mariä des Pradomuseums neben der Heiligen
Nacht aus Dijon hängen zu sehen, zwei Tafeln also, die man als
Frühwerke in unmittelbarer zeitlicher Nähe entstanden glaubt, der
konnte über ihre Verschiedenheit nicht im Zweifel bleiben. Die Dar¬
stellung der Geburt Christi in ihrer gross angelegten Figurenkomposi¬
tion war da dem Bilde des Prado mit seinen vielen Detaileffekten

durchaus unähnlich, die farbige Haltung hier und dort eine andere,
und überhaupt war nirgends der Ausdruck einer wirklich gleichen

1    H.     Tschudi, Der Meister von Flémalle, Preuss. Jahrbuch, XIX, 1898, S. 8 ff.
          von
     —

          Wir behalten hier dieeingeführte Bezeichnung eines Meisters von Flémalle
     bei, obwohl die Provenienz des betreffenden Altars aus der Abtei Flémalle
     bekanntlich widerlegt worden ist; auch zu der viel erörterten Streitfrage einer
     möglichen Identität des Meisters von Flémalle mit Rogier van der Weyden
     nehmen wir hier nicht Stellung.
 2
     Bauch, Kurt, Ein Werk Robert Campins, Pantheon, 1944, S. 37.

                                                                                   3
künstlerischen Individualität zu spüren; zwischen diesen beiden Wer¬
ken schien keine begreifliche Entwicklung denkbar.
    Das Bild der Vermählung (Abb. 2) pflegt in jeder Aufzählung
der Werke des Meisters von Flémalle genannt zu werden. Aber es
fällt                     nur kurz geschieht, während es sich doch um
         auf, das dies meist
eine sehr reiche  Darstellung handelt, die zu grundlegenden Beobach¬
tungen und zu Ausblicken auf das spätere Œuvre Anlass bieten müsste.
Wo dem Bilde Besprechungen gewidmet werden, die über das inhalt-
lich-Ikonographische hinausgehen, schildern sie einen mit den übrigen
Werken unvereinbaren Charakter. Tschudi selbst bemerkte, er wisse
« kein zweites Bild von gleich origineller, fast wunderlicher Anord¬

nung »     zu nennen.    Friedländer3 gelingt     es nur   mit Mühe, das Bild
«   in   einigem Abstand von allen anderen dem Meister zugeschriebenen
Tafeln» unterzubringen. Destrée'1 bezweifelte die Zuschreibung, und
es dürfte auch nicht ganz vergessen werden, dass ein Kenner wie Karl

Voll5 sie rundweg abgelehnt hat. Auf den folgenden Seiten soll der
Nachweis geführt werden, dass der Urheber dés Gesamtwerks, man
nenne ihn nun Robert Campin oder auch Rogier van der Weyden, wie

man      will, das Bild der Vermählung Mariä nicht geschaffen haben kann.
Es wird der Diskussion über den Meister von Flémalle dienlich sein,
dies Bild aus seinem Œuvre auszuscheiden und ihm einen anderen
Platz anzuweisen als bisher.
    Der Inhalt des Bildes braucht kaum mehr beschrieben zu werden.
Die beiden Teile, aus denen es sich zusammensetzt, haben gleichzeitig
mit ihrem bildlichen Bericht eine sinnfällige Antithese von Altem und
Neuem Testament zum Gegenstand. Ein schräg gestelltes gotisches
Kirchenportal, noch im Bau begriffen, nimmt die rechte Seite ein und
schiebt sich vor die Synagoge, sie umgreifend und verdrängend. Der
Gegensatz drückt sich auch farbig aus : die prächtige Ecclesia ist in
hellem Bräunlich angelegt, die Synagoge in kühlem Bläulichgrün. Volle
Gegenwart ist jene, in welcher man bauliche Anklänge an die Brüsseler
Kirche Notre-Dame du Sablon zu erkennen glaubtG, für die Dar¬
stellung der Synagoge dagegen erfand der Künstler einen prunkvollen
romanischen Rundbau mit phantastisch dekorierten Säulen. Beide
Bauten sind in unermüdlicher Einzelschilderung beschrieben; der
unfertige Zustand einzelner Mauerteile ergibt reizvolle Zufälligkeiten,
auf den gemalten Fensterscheiben, an Kapitellen und Gewänden breitet
sich eine Welt von kleinen Darstellungen aus, und Pflanzen füllen zier¬
lich eine Lücke am unteren Rand der Komposition.

3
    M.J. Friedländer,   Alt-Niederländische Malerei, Band II, 1934, S. 72/73, und
     Band XIV, S. 83.
4
    J. Destrée, Rogier van der Weyden, Paris-Bruxelles 1930, I, S. 172.
5
    K. Voll, Die  Altniederländische Malerei von Jan van Eyck his Memling, Leipzig
    1923, S. 95.
G
    Diese Ansicht, abgelehnt von Tolnai in Le Maître de Flémalle et les Frères
    Van Eyck, Bruxelles 1933, Anin. 55, wird neuerdings wieder aufgenommen von
    J. Lavalleye, L'école Bruxelloise de Peinture au XVe siècle, in Bruxelles au
    XV" siècle, Bruxelles 1953, S. 173.

4
Der komplizierten Örtlichkeit sind die Szenen des Josefswunders
und der Vermählung kunstreich eingeflochten. Zwischen den Säulen
der engen Synagoge bewegen sich die Freier fast wie in einem Reigen.
Im Hintergrund erfleht der Priester das Zeichen vom Himmel, das
über die Gattenwahl Mariens entscheiden soll, im Vordergrunde ist
das Wunder schon geschehen. Der alte Josef will seinen blühenden
Stab verbergen und sich davonmachen, aber er ist entdeckt, erregtes
Aufsehen verbreitet sich; dabei nehmen zwei knieende Rückenfiguren
die vordersten Stellen des Bildes ein. Auf der rechten Seite der Tafel,
wo die
         Vermählung stattfindet, steigen die Figuren gestaffelt an; es
entsteht auch hier ein Figurenkranz, mit den Hauptpersonen in der
Mitte. Links vorn am Pfeiler lehnt als grösste Gestalt eine Zuschauerin,
den Priester halb verdeckend; zu Maria wird der Blick durch einen
Engel hinaufgeleitet. Sonderbare, vulgäre, ja finstere Gesichter um¬
geben sie in ihrer Holdseligkeit; von den Füllfiguren der Zuschauer
werden meist nur Köpfe oder Teile von Köpfen sichtbar. Prächtige
Stoffe, schwere Edelsteine machen den « barbarisch exzentrischen
Schmuck » aus, von dem Friedländer gesprochen hat. Das alles ist fern
von der mächtigen Eigenart, die unsere Vorstellungen von dem Meister

von   Flémalle bestimmt;   es   ist die Ausdrucksweise eines Malers, der
möglichst vieles in Ausführlichkeit zu sagen bemüht ist, dabei von
physiognomischen Übertreibungen und drastischen Rückenfiguren
betonten Gebrauch macht, und über dem allem nicht zu konzentrierter
Gestaltung kommt.
    Sein Bild ist nicht von der Ganzheit des Inhalts oder von dem
Zentrum einer Bildidee aus disponiert. Die Teile sind getrennt gedacht.
Zwischen den äussersten Figuren ganz rechts und ganz links besteht
keine einheitliche Bildebene, keine Entsprechung der Proportionen
oder des Raums. Den Vordergrund beherrschen Nebenfiguren. Das
Architektonische ist nicht, wie sonst bei den Werken des Meisters
von  Flémalle, in Beziehung auf die Hauptfiguren hin erfunden, es ist
überhaupt nicht eigentlich gestaltet sondern wird in seinen baulichen
Details erzählt, und dies mit einer Liebe zum Kleinen und Kleinsten, die
das Hauptkennzeichen der Schilderung ist. Der Künstler kann sich
nicht genug tun, er findet kein Ende, er hat eine Neigung, seine
Erzählung durch drastische Züge auf die Spitze zu treiben, selbst
wenn er dem Ernst der Darstellung damit Abtrag tut. Ein paar wunder¬

lich groteske Köpfe, von denen einer unter den zur Trauung zusammen¬
gefügten Händen auftaucht, ein anderer links im Gewände neben der
grossen Zuschauerin und ein dritter ganz hinten zwischen zwei einander
zugewandten Gesichtern steckt, haben mit dem Gegenstand des Bildes
nichts zu tun; in ähnlicher Weise verliert sich auch auf der linken
Seite des Bildes die Darstellung der Freier gelegentlich ins Anek¬
dotische. All das hat nichts von der Genialität eines ersten Einfalls,
nichts von dem möglichen Jugendwerk eines grossen Mannes, sondern
wirkt im Gegenteil wie eine längst gewohnte und geübte Art.
    Nahe bei der Tafel der Vermählung hängt im Pradomuseum ein
Bild mit der Darstellung der Verkündigung an Maria (Abb. 1); man

                                                                       5
findet es in der kunstgeschichtlichen Literatur als Kopie oder Schut¬
werk neben den Frühwerken des Meisters von Flemalle erwähnt7. Die
herrschende Überzeugung, in der Vermählung eine Arbeit des Meisters
vor  sich zu haben, scheint die Einsicht verschlossen zu haben gegen¬
über diesem zweiten Bild, bei dem die Zuschreibung gleich auf den
ersten Blick unmöglich ist. Vor den Originalen stehend, überzeugt man
sich leicht, dass beide nur gemeinsam gewürdigt werden können; ihr
künstlerischer Charakter ist durchaus derselbe. Der etwas abweichende
Farbton der Verkündigung ist aus seinem vergilbten und ein wenig
dichteren Firnisüberzug entstanden; doch ganz wie auf der Tafel der
 Vermählung hebt sich auch hier ein hell ockerfarbenes Kircheninnere
von  der kühler graugrünen Aussenarchitektur ab. Auch dieses Bild ist
räumlich zweigeteilt. Der Engel befindet sich aussen, seine linke Hand
und sein Zepter überschneidet der grosse Mittelpfeiler. Auch hier ist,
ganz wie bei dem Vermählungsbild, die Tafel durch Baulichkeiten bis
zum oberen Bildrand gefüllt, wo weiss geballte, feste Wolken vor dem

blauen Himmel die Gebäude übersteigen. Wiederum sind Architektu¬
ren
      ausgebreitet, zu denen das Figürliche nur äusserlichen Bezug
nimmt. Die Ausführung ist von derselben Genauigkeit und Zierlichkeit.
Die gleiche Handschrift erkennt man in der sorgsamen Art, ein
Mauerwerk zu malen, oder in den ähnlich grossen Krabben, die
flach anliegend und in spitzen Zungen endigend den Giebel der
Ecclesia hier, den Bogenabschluss des Kirchenraumes dort begleiten,
dann auch in der Architekturplastik und in jeder architektonischen
Einzelheit überhaupt. Völlig entsprechend und von der Art des so¬
genannten Meisters von Flémalle abweichend sind die Hände mit ihren
knochigen, im Gelenk verdickten und manchmal etwas verkümmerten
Formen. Wie vor der Synagoge auf dem Vermählungsbilde, so sind
auch auf der Verkündigung die Stufenplatten der Vorhalle mit eisernen
Klammern gehalten. Wie dort, so sind hier bunte Glasfenster in aller
Genauigkeit geschildert, wobei das vorderste Fenster dieselbe Auf¬
teilung des Masswerks zeigt wie die dekorativen Fensterformen an dem
gotischen Tympanon der Vermählung. Es ist derselbe Geist des
Kleinen, ja Kleinlichen, wenn beispielsweise an dem offenstehenden
Bücherschränkchen        des   Kircheninneren,    etwas   zu   nah über     dem
Haupt der betenden Maria, nicht nur ein Schlüssel sondern gleich ein
ganzer Bund von Schlüsseln hängt.
    Die Entstehung der Vermählungstafel wird heute allgemein in der
Mitte der zwanziger Jahre vermutet; Friedländer nannte das Jahr 1428,
Panofsky datiert das Bild noch vor 1425 8. Später findet es in der
Reihe der dem Meister zugeschriebenen Werke keinen möglichen
Platz mehr. Aber auch in diese Frühzeit passt es            nicht, viele seiner

7
    Fr. Winkler, Der Meister von Flémalle und   Rogier van der Weyden, Strassburg
    1913, S. 12. — MJ. Friedländer, a.a.O., Band II, 1934, S. 108. — E. Panofsky,
    Early Netherlandish Painting, Cambridge Mass. 1953, S. 175. — Nur Friedländet
    nennt das Bild « dazugehörig ».
8
    MJ. Friedländer, a.a.O., Band II, S. 73. Panofsky, a.a.O., S. 159-60.
Merkmale beweisen im     Gegenteil, dass seine zeitliche Umgebung eine
spätere    war.Der Typus des alten Josef (Abb. 3) ist nicht etwa der
bärtige Josefskopf anderer dem Flémallemeister sonst zugeschriebener
Werke, sondern er entspricht einem erst, auf Rogiers Miraflores-Altar
auftretenden unbärtigen, zahnlosen Typ. Das Gesicht der Maria ist
ebenfalls dem auf der Heiligen Nacht, von Dijon oder dem des Merode¬
altars unähnlich, es ist von zeichnerisch verschärfter Linienführung 9.
Die hl. Clara auf der Rückseite der Tafel hat ein Köpfchen, dessen
Züge im dritten Jahrzehnt noch nicht bekannt, vielmehr erst aus
Rogiers späteren weiblichen Typen entwickelt sind. Einer der Freier
auf der linken Seite des Bildes, der einzige in bürgerlicher Tracht,
könnte den höfischen Figuren des 1446 entstandenen Widmungsbildee
der Hennegau-chronik entnommen sein, das man Rogier zugeschrieben
hatln. Deutlicher noch verweist die grosse Rückenfigur der Zuschauerin
 (Abb. 4) in die Zeit der nahenden Jahrhundertmitte : sie ist ein
Figurenmodell, dem man um 1445 genau ebenso in der flämischen
Buchmalerei begegnet, nämlich in einer Randszene des Turin-Mailänder
Stundenbuchs, gemalt von dem sogenannten « Vollender » der Hand¬
schrift 11. Ungefähr der gleichen Zeit gehört ferner der gelockte Jüng¬
lingskopf mit der niedrigen Stirn und den aufgeworfenen Lippen an,
der neben dem hl. Josef der Vermählungsszene erscheint : erstmals
lernt man diesen Typus auf der grossen Kreuzabnahme Rogiers kennen,
später dann erscheint er beispielsweise im Hintergrund von Ouwaters
Lazarusbild in Berlin. Schliesslich betrachte man auch den Profilkopf
einer reich gekleideten jungen Frau, rechts hinter Maria. Ihr unschön
gedunsenes Gesicht ist als eine durchschnittliche Erscheinung gemeint,
nicht etwa als Darstellung des im mittelalterlichen Sinne Hässlichen,
das heisst Bösen; in den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts wäre
diese Art von Realismus noch nicht denkbar. Was wir so auf der
Vermählungstafel an Hinweisen zur Datierung des Bildes feststellen,
das bestätigt sich dann auf dem Bild der Verkündigung : Winkler
bemerkte schon vor Jahren, dass die Marienfigur dieses Gemäldes die
Verkündigungs-Maria des Merode-Altars (Abb. 5) zum Vorbild hat12;
demnach muss sie später als dieser entstanden sein. Hier wie dort
also benutzt der Maler der beiden Bilder die durch den Meister von
Flémalle wie auch durch Rogier van der Weyden geschaffenen Prägun¬
gen, in einer Weise, die nicht früher  als in den 40er Jahren zu denken
ist. Er verwendet auch noch andere      Quellen : statt des bürgerlichen
Innenraums der       Merode-Verkündigung ist hier der Schauplatz ein reich

 9
     Sehr interessant ist
                       die     Gegenüberstellung dieses Kopfes mit Beispielen aus
     dem Werk Rogiers und     des Meisters von Flémalle bei E. Renders, La solution
     du problème Van der Weyden, Campin, Bruges 1931, Pl. 58. Renders versucht
     allerdings mit dieser Konfrontierung ganz anderes zu beweisen.
10
     Zuletzt L.M.J. Délaissé, Les «Chroniques du Hainaut» et l'atelier de Jean
     Wauquelin à Möns, etc., Bulletin des Musées Royaux des Beaux-Arts, Bruxelles
     1955, S. 21, Abb. 1.
11
     Comte E. Durrieu, Les Heures de Turin, Paris 1902, Tafel XVI.
12
     Fr. Winkler, a.a.O., S. 12.

                                                                                 7
3. Meister der     Vermählung Maria. Die   Vermählung   4. Meisterder     Vermählung Mariä. Die   Vermählung
Mariä (Detail).   Pradomuseum, Madrid.                  Mariä (Detail).   Pradomuseum, Madrid.
6. Meister der     Vermählung Maria. Die Vermählung Maria (Rückseite      :   Hl. Jacobus
der Aeltere und Clara).     Pradomuseum, Madrid.

gegliedertes Kircheninneres, das an Van Eyckische Schöpfungen denken
lässt, und auch der wunderliche Kopf, der unter den Händen von Maria
und Josef erscheint, dürfte auf eine Anregung von dort zurüchgehen :
man    bemerkt einen entsprechenden Kopf auf der Van Eyckischen
Kreuztragung (der bekannten Kopie in Budapest), neben dem Pferd
des königlichen Begleiters 1S.
      Wir haben noch die
                          Betrachtung der gemalten Rückseite des Ver¬
mählungsbildes nachzuholen. Sie zeigt die beiden Heiligen Jacobus d.Ä.
und Clara (oder Sta. Fé) (Abb. 6) in Grisaillemanier, als Statuen dar¬
gestellt, und entsprechend der bisher üblichen Datierung des Bildes
glaubt man hier das erste erhaltene Beispiel der auf niederländischen
Altären später so häufigen Grisaillefiguren vor sich zu haben. Auf
Sockeln stehend, werfen die beiden Heiligen zwei- und dreifache
Schlagschatten auf die Wände ihrer konischen Nischen. Der hl. Jacobus
hat den bärtigen Kopf der Sluter-Epoche, üppiger gelockt
                                                           jedoch und

13
     A.   Pigler, Das Problem der Budapester Kreuztragung, Phoebus, 1951, S. 12, Abb. 1.

10
7. Meister der Vermählung     Maria. Die Vermählung
                                    Mariä (Rückseite : Detail).   Pradomuseum, Madrid.

langbärtiger als sonst bei dem Meister von Flémalle, das zarte Köpfchen
der hl. Clara ist, wie schon betont, ein Geschöpf der Rogier-Nachfolge.
Vielfaltig aber wenig formenreich ist ihr Kopftuch, ohne Lebendigkeit
der Umriss ihres Kopfes überhaupt (Abb. 7), gross und beinahe grob
sind die Hände und die Füsse beider. Die unter dem Kleid der
hl. Clara hervorlugenden Zehen sind wieder ein Einfall, der im Werk
des Meisters von Flémalle undenkbar wäre. Auffallend formelhafte
Einzelheiten des Faltenwerks beobachtet man am Ellbogen des hl.
Jacobus oder auf dem Sockel der hl. Clara links rückwärts. Die Zu-
schreibung dieser Grisaillen lässt sich übrigens durch ein wohlbekanntes
Gegenbeispiel prüfen : die Frankfurter Tafel mit der Trinität, die zu
 den Kernstücken des Flémalle'schen Œuvres gehört, ist ja vorhanden 14.
Aber kein Zusammenhang ist da zu entdecken, kein zu vermutender
zeitlicher Abstand würde es möglich machen, die Hand des gleichen
Meisters hier und dort zu erkennen. Auf dem Frankfurter Gemälde
halten Komposition, Beleuchtung und Details die Vorstellung steinerner
 Formen geistreich aufrecht; die Heiligen auf der Rückseite der Ver-

14
     M.J. Friedländer, a.a.O.,   Band II, Tafel LIV.

                                                                                     11
mählungstafel dagegen sind malerisch gedachte, in Stil und Auffassung
von dem Frankfurter Werk durchaus verschiedene
                                                      Figuren.
     Nicht selten gelangt man hei solchen Vergleichen an einen
                                                                 Punkt,
wo ein
        Begriff von Qualität das Urteil entscheidend mitbestimmt. Kann
denn ein Meister, der die
                            Flügel des Werl-Altars geschaffen hat (sie
hängen im Prado dicht daneben), derselbe sein, der etwa den Engel
der Vermählungsdarstellung malte, so trocken in seiner Haarbehand¬
lung und seinem verlorenen Profil, so ungeschickt in der Zeichnung
der Hände und in seiner ganzen
                                  Komposition ? Kann überhaupt eine
künstlerische Gesinnung sich im Laufe eines damaligen Lebens derart
verändern, dass all die Verschiedenheiten, die wir anführten, als
mögliche Varianten eines persönlichen Ausdrucks hingenommen werden
dürften ? Wir glauben, nein. Stellen wir in einem letzten
                                                               Vergleich
die halb knieende Rückenfigur rechts auf der Freierszene mit der
kompositioneil ähnlichen knieenden Naomi der Geburt Christi in Dijon
 (Abb. 8)     zusammen :          nichts könnte mehr voneinander abweichen als
das Spiel der beiden Händepaare, nichts verschiedener sein als die
Vorstellung des hier und dort sein Gewand tragenden Körpers und
das Falten werk des Gewandes                selbst, das in dem einen Falle weich und
lebendig wirkt, im anderen Fall nach einem gewissen Schema gezeich¬
net ist. Allein diese
                      Gegenüberstellung müsste genügen, um die beiden
Tafeln des Prado aus dem Werk des Meisters auszuscheiden und in
eine Zeit gegen die Jahrhundertmitte zu
                                                        datieren, in die 40er Jahre
also, in welchen das Schaffen der          flämischen Meister auch
                                                  grossen
kleineren Geistern bekannt und als Vorbild zur Hand
                                                      gewesen sind.
     Wir möchten den beiden Bildern noch ein weiteres von
                                                           gleicher
Hand anschliessen, das sich zwar nicht als
                                           Original sondern nur in
einer deutschen gezeichneten
                             Kopie erhalten hat15 ; die      Zeichnung
bestätigt die Eigentümlichkeiten des Bildes der Vermählung. Das Blatt,
aus dem Besitz des Museums zu
                                Weimar, zeigt den zwölfjährigen Jesus
im Tempel (Abb. 9). Man sieht den Knaben auf
                                                 priesterlichem Thron,
von
     Schriftgelehrten umgeben und den rechts ankommenden Eltern
zugewendet; ähnlich wie auf der Tafel des Josefswunders der Priester,
so bildet hier die kindliche Gestalt Jesu die Mitte eines lockeren
Figurenkranzes. Zwei links hinter der Seitenwand des Sitzes einander
zugewandte, diskutierende Männer sind als drastische Judentypen
gewissen Freiern auf dem Josefswunder ähnlich;                  man   vergleiche sie
mit den beiden Männern hinter der
                                  grossen    Rückenfigur des Tafel¬
bildes, und vergleiche ebenso den Barhäuptigen, der sich auf der
Zeichnung anschliesst, mit dem Kahlkopf links von dem Priester der
Josefstafel. Von den im Vordergründe sitzenden zwei weiteren Schrift¬
gelehrten spreizt der eine die vom Ärmel überschnittene Hand wie
jener halb Knieende des Josefswunders. Sein Nachbar, dessen Kopf tief

15   Grau getuschte
                     Federzeichnung, 280 X 183 mm. Zeichnungen alter Meister im
     Kupferstichkabinett d. Grossherzögl. Museums zu Weimar, herausgeg. v. H.v.d.
     Gabelentz, Frankfurt/Main 1912, Tafel 12. Im Text als « Niederdeutscher Meister,
     eher 1460 als 1480   »   bezeichnet.

12
in der   Kapuze steckt, sodass nur die Nasenspitze noch zu sehen ist
 (wieder ein skurriler Zug, den sich der Maler nicht entgehen lässt),
stemmt den Arm auf eine Weise in die Hüfte, die der
                                                          Armbewegung
und sogar Fingerkrümmung der vordersten Zuschauerin auf dem Ver¬
mählungsbilde entspricht. Der Kopf des Josef auf der Zeichnung
dürfte im Original wie der des Alten im Turban auf dem Vermäh¬
lungsbilde ausgesehen haben. Maria, die einzige stehende und den
Kranz der Halbfiguren festigende Ganzfigur, trägt ein Gewand, in
welchem röhrenartige Bildungen glatte Flächen zwischen sich nehmen,
ähnlich dem Faltenwerk an der Figur der hl. Clara. Der Faltenbruch
an ihrem linken Unterarm ist verwandten
                                             Formen, an entsprechender
Stelle des Gewandes, bei der Figur des hl. Jacobus zu vergleichen. Eine
charakteristische Faltenbildung befindet sich auch unterhalb der auf¬
gestützten Hand des Mönchs in der Kapuze; sie ist von ähnlicher Art
wie die Faltenwindungen links hinten auf dem Sockel der hl. Clara.
      Dass der Maler des Vermählungsbildes und der beiden anderen
Werke, die wir nannten, im Verlauf unserer Ausführungen manches
kritische Urteil erfährt, ist durch die anspruchsvolle Nähe des Meisters
bedingt, von welchem ihn zu trennen wir bemüht sein mussten. Ander¬
seits drückt sich in der bisherigen Zuschreibung an diesen Grossen
auch in aller Deutlichkeit das bleibende Verdienst der kleinen Gruppe
aus. Wird sie nun aus dem Œuvre des Meisters
                                                    ausgeschieden und
in    spätere Jahre datiert als bisher, so rückt sie in die Nähe eini¬
ger    anderer Gemälde, die um die Jahrhundertmitte neben das Schaf¬
fen     der   Grossen   treten   :   der   mehrfach   diskutierten Messe    des   hl.
Gregor 1G, die in wesentlichen Zügen dem Bilde der Vermählung ver¬
gleichbar ist, in etwas weiterem Abstand auch der um 1445 entstande¬
nen     Londoner Exhumation des hl. Hubertus17 mit ihrer Rückseite,
einer Darstellung des Traumes des lLapstes Sergius. Zwei Eigenschaften
der Vermählungstafel dürfen mehr oder weniger      für sie alle gelten :
die eine besteht in einem merklichen Zustrom Van    Eyckischer Elemen¬
te, wie sie für die Jahrhundertmitte überhaupt von Bedeutung wird ,s,
die andere ist ein dem Miniaturhaften verwandtes Wesen. Man pflegt
gewöhnlich nur in Richtung des Einflusses von der Tafelmalerei auf
die Ars minor der Buchillustrationzu
                                      argumentieren, — vor diesen
Bildern hat man umgekehrt nicht  selten den Eindruck einer durch
Rückwirkungen aus der Miniatur bedingten Gemäldeproduktion. Dass
etwa bei dem Exhumationsbilde und seiner Rückseite Beziehungen
zu den Arbeiten des sogenannten Meisters des Girart von Roussillon

10
     M.J. Friedländer, a.a.O., Band I, Tafel LXII.     — Th.   Musper, Oie Brüsseler
     Gregorsmesse ein Original, Bulletin des Musées Royaux des Beaux-Arts, Bruxelles,
     1952, S. 89.
17
     M. Davies, National Gallery Catalogues, Early Netherlandish School, S. 113,
     N° 783.  —   Auch Davies betrachtet das bisherige Œuvre.verzeichnis des Meisters
     von Flémalle als revisionsbedürftig, vgl. S. 16 des Katalogs.
1S
     Neben dem Londoner Bilde der Exhumation des hl. Hubertus steht mit einer
     ähnlich Van Eyckisehen Architektur das Berliner Lazarusbild von A. van Ouwater.

                                                                                  15
bemerkt wurdenin, eines der interessantesten flämischen       Miniatur¬
malers der Jahrhundertmitte, drückt diese Tatsache aus.       Vor dem
Gemälde der Vermählung hat man sie stets empfunden, sie       ist offen¬
sichtlich, und wird nur bekräftigt dadurch, dass beispielsweise die
Figur der Zuschauerin, wie wir zeigten, auch in der flämischen Buch¬
malerei erscheint. Das umständliche Erzählen und Ausschmücken
dieser Tafel, ihr Mangel an einheitlicher Bildgestalt und ihr Gebrauch
typenhafter Gesten sind vom Illustrativen her zu verstehen; selbst die
farbige Helligkeit des Bildes dürfte mit dieser stilbestimmenden Eigen¬
schaft zusammenhängen. Solange man das Vermählungsbild als ein
Früh werk des Meisters von Flémalle betrachtete, gaben solche Beobach¬
tungen Anlass, die künstlerische Herkunft des Meisters aus der älteren
Buchmalerei zu vermuten 20. Als Werk des vorgerückteren Jahrhunderts
freilich und als Arbeit eines Meisters aus der Campin-Rogierschen
Nachfolge        das Bild keine derartige Aussage mehr zu begründen.
              vermag
                  unserer kleinen Gruppe nicht nur Werke, die dem
       Da der Autor
sogenannten Meister von Flémalle zugeschrieben werden, sondern ganz
besonders auch die Rogiers van der Weyden gekannt hat, so gehörte
er vielleicht zu den Brüsseler Malern, von deren grosser damaliger
Anzahl man erfährt 21. Wir schliessen dies weniger aus der behaupteten
Identität des auf dem Bilde dargestellten gotischen Portals mit dem
der Ste Marie de la Victoire du Sablon in Brüssel, die nicht ganz
zwingend ist, als aus gewissen verwandten Erscheinungen innerhalb
der Brüsseler Malerei des späteren Jahrhunderts22. Hier ist die von
dem Meister von Ste Gudule gemalte Vermählung Mariä nicht ohne
das ältere Beispiel unserer Vermählungstafel entstanden, und ebenso
bewahrt ein Bild mit der Predigt eines Heiligen, heute im Louvre, die
Vorliebe unseres Meisters für gestikulierende Hände, für reiche Archi¬
tekturen,      selbst für überraschend          auftauchende Köpfe. Derartige
Gemälde weisen nicht auf Rogier selbst sondern auf die Existenz volks¬
tümlicherer Maler in Rogiers Umgebung zurück. Unser « Meister der
Vermählung Mariä » mag neben ihm, dem Grossen und Berühmten,
eine Nachfolge kleinerer Meister nach sich gezogen haben.

19
      Graf Vitzthum, Repertorium f. Kunstwissenschaft, 1927, S. 270, anlässlich einer
      Rezension  von Fr. Winklers Flämischer Buchmalerei.
 20   Fr. Winkler, in seiner Charakterisierung des Meisters von Flémalle in Belgische
      Kunstdenkmäler, München 1923, I, S. 264, die im gegebenen Zusammenhang
      wohl besonders auf die vermeintlichen Frühwerke des Meisters, Vermählung
      und Verkündigung abzielt, trifft ausgezeichnet eben diese Eigenschaft ihres Stils.
 21   Colette Mathieu, Le Métier des Peintres à Bruxelles au XIVe et XVe siècles,
      Bruxelles au XV" siècle, Bruxelles 1953, S. 232 ff.
22
      MJ. Friedländer, Altniederländische Malerei, Band IV, 1934, Tafeln LIX und LV.

 16
«   LE MARIAGE DE LA VIERGE                    »   DU PRADO DE MADRID

par   Lilli FISCHEL

      Depuis   que   Hugo   vonTscliudi groupa, en se basant sur la critique du style,
l'œuvre du soi-disant Maître de   Flémalle, plus de cinquante ans ont passé. Cependant,
on n'a pas réussi, jusqu'à présent, à      déterminer cet œuvre clairement. Il reste
difficile de le distinguer de certaines peintures du grand Roger van der Weyden.
En outre, l'œuvre de jeunesse du Maître de Flémalle ne satisfait guère. Les
chercheurs actuels semblent bien adopter, eux aussi, une attitude hésitante à ce
sujet. La question de savoir si le groupe d'œuvres attribuées au Maître de Flémalle
constitue effectivement un ensemble marqué par une continuité réelle reste sans
réponse. Les tableaux dont il s'agit sont très disséminés et il est pratiquement
impossible d'établir une comparaison entre les originaux. Mais, ceux qui ont pu
voir, par exemple, l'exposition de l'Art de Bourgogne, tenue à Amsterdam en 1951,
ont pu constater que Le Mariage de la Vierge du Prado et La Naissance du Christ
de Dijon, deux œuvres qui y figuraient et dont on s'imaginait qu'elles dataient
de la jeunesse du Maître et qu'elles avaient été peintes à la même époque de sa vie,
se distinguent l'une de l'autre par des différences évidentes. Ils ont pu voir que
la composition large de La Naissance du Christ diffère nettement de celle aux
multiples effets de détail du tableau du Prado et qu'il manque, entre les deux
œuvres, une analogie dans le coloris, de sorte que l'on ne peut y trouver, où que
ce soit, l'expression d'une même personnalité artistique.

     A notre avis, Le Mariage de la Vierge ne peut être de la main du Maître de
Flémalle. Nous pensons qu'il serait utile à la discussion concernant ce Maître
 d'écarter ce tableau de son œuvre et de le situer ailleurs. En effet, cette composition
manque d'unité. Sa conception n'est pas basée sur une idée centrale. Aucun lien
ne joint les parties, réalisées séparément. L'auteur de cette œuvre semble extérioriser,

en ordre principal, sa prédilection pour le détail et le minime. Il semble, parfois,

se perdre dans l'anecdotique. Tout ceci n'a rien de la génialité d'une inspiration

première, rien d'une œuvre de jeunesse d'un grand Maître, et fait penser, par contre,
à la continuation d'un art exercé depuis longtemps déjà.
      Au Prado figure, dans le voisinage du Mariage de la Vierge, un tableau
représentant l'Annonciation, œuvre mentionnée depuis toujours en marge des œuvres
 du Maître de Flémalle à titre de copie ou d'œuvre d'école. D'après nous, ce tableau
présente les mêmes caractéristiques que Le Mariage de la Vierge et nous le con¬
sidérons comme étant de la même main. Nous y ajoutons une composition conservée,
 sous la seule forme d'une copie dessinée, au Musée de Weimar et dont l'auteur

 appartient à l'école allemande. Il s'agit de Jésus devant les docteurs.
      Pour ce qui est du Mariage de la Vierge, nous ne pouvons admettre que les
 grisailles représentant Saint Jacques le Majeur et Sainte Claire soient de la main du
Maître de Flémalle. Une comparaison avec la grisaille de La Trinité, œuvre conservée
à Francfort, justifie pleinement ce doute. Dans La Trinité, la composition, l'éclairage,
les détails, tout aide à suggérer la représentation de formes en pierre; par contre,
 les saints, au revers du Mariage de la Vierge, sont conçus dans un style et une
 conception foncièrement différents, au point de vue pictural, de ce que l'on trouve
 dans les figures de Francfort.
      Après avoir ainsi écarté Le Mariage de la Vierge de l'œuvre de jeunesse du
 Maître de Flémalle, nous sommes d'avis qu'il y a lieu de situer ce tableau vers le
 milieu du siècle, c'est-à-dire dans les années quarante. Il nous est alors possible
 de le rapprocher de La Messe de Saint Grégoire, objet de fréquentes discussions, ainsi
 que de L'Exhumation de Saint Hubert, qui se trouve à Londres et qui date de 1445
 environ. L'auteur de ce petit groupe d'œuvres n'ayant pas connu seulement les
 tableaux du Maître de Flémalle, mais aussi et tout particulièrement ceux de
 Roger van der Weyden, il est possible qu'il ait été l'un de ces peintres bruxellois
  dont on sait qu'ils furent nombreux à cette époque.

                                                                                     17
1.   Meester         de HI. Sebastiaan (Josse Licferiuxe ?). De
                van
                                                                     Heilige Sebastiaan ter
verantwoording        geroepen voor   Diocletianus   en   Maximianus. Ermitage, Leningrad.

18
E. HAVERKAMP BEGEMANN

               EEN ONBEKEND WERK

                     VAN DE MEESTER
             VAN DE HL. SEBASTIAAN

T~\E Meester       van   de Hl. Sebastiaan 1 ontleent zijn naam aan een          aantal
     '
    scène's uit het leven van deze Heilige, die alle tot één altaarstuk
hebben behoord. Tot nu toe zijn zes panelen bekend die uit het altaar¬
stuk afkomstig zijn. Aan deze zes kan thans een zevende worden
toegevoegd.
    In de Ermitage te Leningrad2 bevindt       zich als werk van een
onbekende Franse meester uit de XVIe eeuw      een paneel, waarvan de

voorstelling wordt betiteld als Ridders bij een troon 3. Zonder twijfel
is dit werk      van     dezelfde hand als de scène's uit bet leven             van   de
Heilige Sebastiaan te Philadelphia, Baltimore en Rome, en bovendien
blijkt het bij nader toezien eveneens een gebeurtenis uit zijn leven
voor te stellen en uit hetzelfde altaarstuk afkomstig te zijn (afb. 1-3).

     De voorstelling is slechts zelden door kunstenaars in beeld ge¬
bracht. De Legenda Aurea verbaalt hoe de Heilige door Diocletianus
en   Maximianus in goed vertrouwen als aanvoerder van de eerste
«
   compagnie » werd aangesteld; Sebastiaan droeg het krijgsgewaad
echter slechts om de Christenen te kunnen steunen. Hij gaf aanhoudend
blijk van zijn geloof in Christus, verrichtte verschillende wonderbaar¬
lijke genezingen en door zijn toedoen werden velen tot het Christelijke
geloof bekeerd. Tenslotte werd Diocletianus over het gedrag van
Sebastiaan ingelicht; hij ontbood de Heilige en zei hem : « Je t'ai tou¬
jours chéri et distingué parmi les principaux personnages de ma cour,

 1
     Belangrijkste litteratuur : Charles Jacques [= Ch. Sterling], La peinture française,
     Les peintres du moyen âge, 1941, Répertoire, p. 34-38; Ch. Sterling, Tivo XV
     Century Provençal Painters revived, II, The «Master of St. Sebastian» (Josse
     Lieferinxe ?), Gazette des Beaux-Arts, 1942, p. 135-148; Idem, Saint Sebastian
     Interceding for the Plague-stricken, The Art Quarterly, VIII, 1945, p. 216-223;
     Grete Ring, A Century of French Painting, 1400-1500, 1949, p. 232-233, nrs. 258-264;
     J.S. Held, Little-known French Paintings of the Fifteenth Century, The Burlington
     Magazine, XCIV, 1952, p. 99-107.
 2
     Onze dank voor de toestemming tot publicatie van dit werk gaat uit naar
     Prof. W. Loewinson-Lessing, Onder-Directeur van de Ermitage.
 3
     Inv. nr. 6745; [Cat.] Wystavka Frantsoeskowo iskoestwa XII-XX ww., 1956, p. 44.

                                                                                      19
2. Meester         de Hl. Sebastiaan (Josse Lieferinxe ?). De
             van
                                                         Heilige
Sebastiaan   ter   verantwoording geroepen voor Diocletianus en
Maximianus ('detail).    Ermitage, Leningrad.
et tu désobéis à mes ordres, et tu insultes les dieux             ».   En Sebastiaan
antwoordde : « J'ai toujours invoqué Jésus-Christ
                                                                 pour ton    salut et
pour     la conservation de l'empire de Rome,   j'ai toujours adoré Dieu
                                                      et
qui est aux cieux ». Toen beval Diocletianus dat hij naar het midden
van een
          plein werd gevoerd en dat hij met pijlen doorboord werd 4. De
schilder heeft in dit werk deze passage voorgesteld. Hij is in zoverre van
de tekst afgeweken, dat hij op de troon niet alleen Diocletianus maar
ook Maximianus heeft geplaatst, terwijl de auteur van de Legenda Aurea,
hier alleen over Diocletianus spreekt. De schilder of diens opdracht¬
gever heeft de tekst echter goed gelezen, en is er zich van bewust
geweest, dat in het begin van het relaas over het leven van de Heilige
gesproken wordt over de twee keizers; zoals wij weten droegen inder¬
daad Diocletianus en Maximianus van 286-305 beiden tegelijkertijd de
keizerstitel. Rechts staat de Heilige, blootshoofds, gekleed in een har¬
nas; hij heft zijn rechterhand met een sprekend gebaar op. Achter hem
ziet men de gewapende en gehelmde troepen waarover hij het bevel
voerde. Geheel op de achtergrond verschillende gebouwen, die met hun
gesloten karakter aan architectuur in de Provence herinneren; één
van deze
           gebouwen gelijkt met de versterkte toren en de gekanteelde
muren enigszins op een
                          vesting en doet aan het Château des Papes te
Avignon denken.
     Deze gebeurtenis uit het leven van de Heilige Sebastiaan is slechts
zelden door kunstenaars uitgebeeld. Francesco Botticini (1446-1497)
bracht haar in beeld         met   drie andere scène's uit het leven         van   de
Heilige op de predella van het tabernakel, dat het beeld van de Heilige,
gemaakt door Rossellino, omsluit (Empoli, Collegiata). Ook hier is
Sebastiaan gekleed voorgesteld, en ook hier wordt hij begeleid door
zijn troepen; op de troon, die zich in deze compositie rechts bevindt,
zit alleen Diocletianus. Een tweede maal is dit thema voorgesteld op
een  marmeren    reliëf, dat wordt toegeschreven aan Michele Marini
(geb. 1459), in het Palazzo Minerva te Rome; hier is Sebastiaan
echter al ontkleed 5. Verdere voorbeelden zijn mij niet bekend gewor¬
den 6.
    Een       vergelijking met de thans bekende panelen van het altaar¬
stuk    met    scène's uit het leven van de Heilige maakt zonder meer
duidelijk dat ook dit werk tot hetzelfde altaarstuk heeft behoord :
de compositie met een doorkijk aan één zijde is verwant met de

4
     Jacques cle Voragine, La légende Dorée, traduction et notice par G.B. [Pierre
     Gustave Brunetj, 1843 (geciteerd naar uitgave van 1942, I, p. 42).
5
     Deze twee uitbeeldingen van dit thema zijn de enige die Detlev von Hadeln
     vermeldt in zijn uitvoerige studie : Die wichtigsten Darstellungen des heiligen
     Sebastian in der italienischen Malerei bis zum Ausgang des Quattrocento,
     Inaugural Dissertation, Strassburg 1906, p. 10. Het gehele tabernakel met de
     predella van Botticini is afgebeeld in Ernst Kühnel, Francesco Botticini (Zur
     Kunstgeschichte des Auslandes, Heft XLVI), Strassburg 1906, Taf. VII; voor het
     reliëf, toegeschreven aan Michele Marini, zie Arduino Colasanti, in L'Arte, VIII,
     1905, p. 201 e.V., met afb. In het laatste werk is Sebastiaan in het midden van
     de compositie geplaatst.
0
     Victor Kraehling, Saint Sebastien dans l'art, Paris 1938, noemt er geen.

                                                                                   21
andere stukken, dezelfde  betegelde vloer komt tweemaal terug. Sebas-
tiaan is dezelfde figuur, de kleuren zijn zeer verwant en de maten
zijn ongeveer gelijk 7. Rangschikken wij de verschillende episodes in
de volgorde waarin deze in de Legenda Aurea zijn beschreven, dan
zijn thans bewaard :
     1. De Heilige vernielt idolen (Philadelphia) ; 2. De Heilige ter
verantwoording geroepen voor Diocletianus en Maximianus (Lenin¬
grad) ; 3. De marteling van de Heilige (Philadelphia) ; 4. De Heilige
wordt verpleegd door de Hl. Irene (Philadelphia) (afb. 4) ; 5. De dood
van de
        Heilige (Philadelphia) ; 6. De Heilige bemiddelt voor de pest¬
lijders (Baltimore) ; 7. Pelgrims vereren het graf van de Heilige
Sebastiaan (niet vermeld in de Legenda Aurea; Galleria Nazionale,
Rome) 8.
     Door dit paneel wordt onze voorstelling van het Sebastiaans-altaar
vergroot; ook dient nagegaan te worden of het ons iets kan leren over
de kunstenaar         en    of het de identificatie   van   de   meester   met   Josse
Lieferinxe, die door Charles Sterling werd voorgesteld 9, kan steunen
of   moet  weerspreken.
      Vergelijkt men de thans bekende zeven panelen, dan vallen deze
in twee groepen uiteen. De eerste vier hebben alle gemeen dat de
ruimte waarin de voorstelling plaats vindt niet centraal is opgebouwd,
maar    schuin naar rechts in de diepte loopt; de perspectief is van
 die aard, dat het verdwijnpunt telkens rechts van het midden ligt.
 Dit is vooral duidelijk bij de drie scène's die zich in interieurs
afspelen. Bovendien ligt het accent van de actie van de figuren, hoewel
ook enkele figuren naar links ageren, overwegend naar rechts. Vooral
hierdoor vormt het paneel met de Marteling van de Heilige een
geheel met de andere drie interieurs itit deze groep. In alle vier werken
is de compositie links meer afgesloten dan rechts. De architectuur
                                                                       op
de overige drie panelen is daarentegen juist andersom gecomponeerd:
liier ligt het verdwijnpunt links van het midden. In tegenstelling ook
met de eerste groep is de behandeling van de meeste
                                                       figuren naar links
gericht en is de gehele compositie aan de linkerzijde meer open en
rechts meer afgesloten 10. De twee groepen zijn dus eikaars pendanten

 7
     Het paneel in de Ermitage meet 80 X 56 cm, de stukken te Philadelphia volgens
     Valentiner (Catalogue of ... Collection Johnson, 111,1914, p. 28) 31 1/4 X 20 7/8
                                               ...

     inches (79.3 X 53 cm), het paneel te Baltimore volgens Sterling (Art Quarterly,
     1945, p. 217) 32 X 21.5 inches (81.2 X 54.6 cm) en liet werk te Rome 82 x 55 cm
      (volgens Nolfo di Carpegna, Catalogo della Galleria Nazionale, Palazzo Barberini,
     Roma, 1953).
 8
     Behalve door Sterling, o.e., 1945, ook afgebeeld door Nolfo di Carpegna, o.e.,
     afb. 102, en, met een detail, in Art News, LI, sept. 1952, p. 24, 25.
 0
     L.c., 1941, en I.e., 1942.
10
      Het werk Pelgrims vereren het graf van de Heilige te Rome, heeft deze eigen¬
     schappen wel, echter minder uitgesproken dan De dood van de Heilige en De
     Heilige bemiddelt voor de pestlijders. Het verdwijnpunt van de compositie ligt
     hier namelijk maar weinig links van het midden van de compositie, terwijl het
     in alle andere vijf werken waar architectuur op voorkomt verder van het midden
     verwijderd is. Toch lijkt ons dit nog geen reden om het werk niet als onderdeel
     van   het altaarstuk   te   beschouwen.

22
3. Meester   van   de Hl. Sebastiaan   (Josse Lieferinxe ?). De Heilige Sebastiaan ter
verantwoording     geroepen   voor   Diocletianus   en   Maximianus   (detail).   Ermitage.
Leningrad.
geweest, waarbij de eerste vier werken links van een centraal paneel
of beeld geplaatst waren en de laatste drie rechts. Een
                                                           plaatsing
andersom moet uitgesloten worden geacht; het was immers algemeen
gebruikelijk      om    de compositie     van   linkerluiken links      een   afsluitend
accent te
          geven en de compositie van rechter luiken aan de rechterzijde.
     Tevens wordt het programma nu duidelijk : links scène's uit het
leven van de Heilige, rechts zijn dood en de door hem na zijn dood
verrichte wonderen. Een van de panelen, die zich oorspronkelijk rechts
bevonden,            gevonden worden of is voorgoed verloren. Mis¬
                moet nog
schien was hier voorgesteld hoe de Heilige    de dag na zijn dood aan
de Hl. Lucina verscheen, of zijn begrafenis,   dan wel de scène, die in
de Legenda Aurea uit de Dialogen van de        Hl. Gregorius was over¬
genomen, van de zondige vrouw die bij de inwijding van een kerk,
gewijd aan de Hl. Sebastiaan, door duivels gekweld werd X1.
     Nu heeft Charles Sterling de identificatie van de Meester van de
Heilige Sebastiaan met Josse Lieferinxe gebaseerd op het contract
dat hij en Bernardo Simondi 11 juli 1497 sloten met de
                                                            priors van
de Confrérie du Luminaire de St Sébastien van de Notre-Dame-des-
Accoules te Marseille om een altaarstuk te schilderen, bestaande uit
de Hl. Sebastiaan tussen de Hl. Antonius en Rochus en acht
                                                             panelen
met
     voorstellingen uit het leven van de Hl. Sebastiaan 12. Het feit dat
het, mede dank zij het werk in de Ermitage, mogelijk is de thans
bekende panelen in twee groepen te verdelen, waarvan zich één, met
vier panelen, aan de linkerzijde in een altaarstuk heeft bevonden, en
een ander, met drie
                       panelen, rechts, schijnt weer een punt ten gunste
van deze identificatie te
                           zijn. Voorzichtigheid blijft geboden; er waren,
weten wij nu, acht panelen met
                                     episodes uit het leven van de Heilige
en met wonderen, na
                          zijn dood verricht; het kunnen er echter ook
meer geweest
               zijn. Een tweede moeilijkheid is zeker dat in het contract
nog gesproken wordt over andere voorstellingen, een Hl. Rochus met
 er onder in de
                   predella een scène uit zijn leven, een Hl. Antonius,
eveneens met een voorval uit
                                  zijn leven er onder, een piëta onder de
Hl. Sebastiaan en een God de Vader er boven; bovendien zouden
                                                                        zij
nog schilderen « duos tirans, ...duos archerios cum arcubus ». De piëta
is misschien het stuk in het Museum te
                                            Antwerpen; zolang echter niet
een    van   de andere werken         van   dezelfde hand uit dit altaarstuk is

11
     Sterling meende aanvankelijk dat de vier panelen in Philadelphia misschien
     alle rechts in het altaarstuk geplaatst waren (o.e., 1941, Répertoire, p. 37),
                                                                                    later,
     zoals nu blijkt terecht, dat rechts waarschijnlijk de wonderen waren
                                                                             voorgesteld,
     die de Heilige na zijn dood verrichtte (o.e., 1945, p. 218).
12
     Sterling nam aan dat de Hl. Sebastiaan, Antonius en Rochus op één paneel waren
     geschilderd, het oorspronkelijk docum.ent (gepubliceerd door Albanès in Bulle¬
     tin Archéologique du Comité des travaux hist, et
                                                         scient., 1884, p. 253-256) is in
     dit opzicht echter niet geheel duidelijk. Het feit dat
                                                                volgens het contract in
     de predella onder de Hl. Rochus een scène uit zijn leven, onder de HL Sebastiaan
     de piëta en onder de Hl. Antonius een scène uit diens leven aangebracht moest
     worden, wijst er echter eerder op dat de drie Heiligen op afzonderlijke panelen
     waren geschilderd. — Lieferinxe nam 6
                                             augustus 1498 op zich het retabel alleen te
     voltooien; Simondi stierf vóór 10 september 1498 (Barthélémy, Ibidem, 1885,
     p. 384).

24
4. Meester van de Hl. Sebastiaan (Josse Lieferinxe ?). De Heilige Sebastiaan wordt

verpleegd door de Hl. Irene. Philadelphia Museum of Art, Philadelphia (Courtesy
of the John G. Johnson Collection).

                                                                               25
5. Meester      de HI. Sebastiaan ? Het
            van
                                          huwelijk   van Maria. Koninklijke Musea
voor   Schone Kunsten, Brussel.                        (Copyright A.C.L., Brussel.)

26
gevonden, blijft de identificatie, al wint zij aan waarschijnlijkheid,
hypothetisch. Helaas helpt de herkomst van het paneel in de Ermitage
niet om de laatste onzekerheid betreffende de juistheid van de hypo¬
these weg te nemen. Bekend is slechts 13, dat het werk, dat zich sinds
1931 in de Ermitage bevindt, op het einde van de XIXe eeuw deel
uitmaakte van een Russische verzameling (een lakstempel op de achter¬
zijde wijst hierop) ; vóór 1917 was het in de verzameling W.A. Wol-
konskaja. Notities op de achterzijde wijzen er op, dat het vroeger als
een werk van J an van Eyck werd beschouwd 14.

     In het Museum te Brussel bevindt zich het Huwelijk van Maria,
behorend tot een groep werken die volgens Sterling van dezelfde hand
zouden zijn als het altaarstuk, gewijd aan de Hl. Sebastiaan. Grete
Ring nam deze toeschrijving onder een zeker voorbehoud over; Vitale
Bloch heeft echter een ernstige twijfel over de juistheid er van uit¬
gesproken 15 en Julius Held 10 neigt meer, mede doordat hij de groep,
waartoe het Brusselse Huwelijk van Maria (afb. 5) behoort, kon uitbrei¬

den, tot de opvatting, dat wij hier met twee meesters te maken hebben,
die dan een gelijksoortige training ontvingen. Het paneel in de Ermitage
sluit zich geheel aan bij de overige delen van hetzelfde retabel en de
andere werken die hier een groep mee vormen, en heeft niet meer
overeenkomst dan deze met het Huwelijk van Maria te Brussel of de
andere werken uit deze groep. Hiermede is de vraag, « één of twee
meesters » niet beantwoord, wel wordt het echter, nu beide groepen

groter worden en zich toch niet naderen, steeds waarschijnlijker dat
het inderdaad twee kunstenaars waren, die vooral in temperament,
maar ook in hun opvattingen over compositie en in hun schilderwijze

verschilden. Ontegenzeggelijk had de schilder van het Huwelijk van
Maria   meer begrip voor wijdse ruimten en grote lijnen, zeker ook

een fijner gevoel voor kleur. Dit wil echter nog niet zeggen, dat de
aan hem zo verwante kunstenaar die het Sebastiaans-altaar schilderde,

moge hij Josse Lieferinxe geheten hebben of een andere naam gedragen
hebben, niet een schilder was die op karakteristieke wijze en op hoog
niveau een facet van de Provençaalse school belicht.

13
     Ik dank hierbij de Heer J.I. Koeznetsof (Ermitage, Leningrad) voor deze wel¬
     willend verstrekte gegevens.
14
     Met de hand staat op de achterzijde geschreven : N. 38 Jean de Briige en N. 269
     v.   Eyck   gute   Rahme; ik heb deze nummers niet in    oude veilingcatalogi terug
     kunnen vinden.
15   In Maandblad voor beeldende kunsten,     XXVI, 1950,    p.   275-276.
16
     L.c., 1952.

                                                                                     27
UNE ŒUVRE INCONNUE
DU MAITRE DE SAINT SEBASTIEN

par    E. HAVERKAMP BEGEMANN

      Le Maître de Saint Sébastien doit     son nom   à   une   série de scènes de la vie de
ce   saint, qui ont toutes appartenues à  même retable. Au nombre des six panneaux
                                           un
de ce retable, connus jusqu'à ce jour, l'auteur ajoute un septième qui fait partie des
collections du Musée de l'Ermitage à Léningrad, où il figure sous le titre Chevaliers
devant un trône et où il est attribué à un maître français inconnue du XVIe siècle.
En fait, il représente Saint Sébastien appelé par Dioctétien et Maximinien à se
justifier.
     On peut partager les sept panneaux en deux groupes, composés respectivement
de quatre scènes figurant à gauche du retable, et trois faisant partie de la droite.
D'où on peut conclure qu'il a existé au moins huit panneaux. Ceci vient
                                                                            appuyer
la thèse de Charles Sterling, qui identifie le Maître de Saint Sébastien avec Josse
Lieferinxe, se basant sur un contrat signé le 11 juillet 1497 par ce dernier et par
Bernardo   Sismondi avec les prieurs de la « Confrérie du Luminaire de Saint
Sébastien » de Notre-Dame-des-Accoules à Marseille, et où ces deux
                                                                      peintres s'en¬
gagent à peindre un retable comprenant saint Sébastien entre saint Antoine et saint
Roch ainsi que huit panneaux avec des scènes de la vie de saint Sébastien. Cette
thèse garde cependant un caractère hypothétique.
     D'autre part il devient de plus en plus évident que les deux
                                                                          groupes de
peintures, constituant l'œuvre du Maître» de Saint Sébastien, proviennent de deux
mains différentes puisque le nombre d'œuvres qu'ils
                                                        comprennent augmente sans
que leur style se rapproche. Les panneaux du retable de Saint Sébastien appertiennent
à un premier groupe, tandis que Le Mariage de la
                                                      Vierge au Musée de Bruxelles
est typique pour le second.

28
Albert CELS

            „L'HOMME AU FAUCON"
     ET      LE      LIEU             D'ORIGINE POSSIBLE
                   DE JEAN VAN EYCK

       N hommeâgé d'une cinquantaine d'années, coiffé d'un imposant
    chapeau bordé d'une large fourrure, les manches et le col du
vêtement de dessus également bordés de fourrure, porte sur le poing
gauche ganté un faucon chaperonné, les « mains » garnies des jets et de
sonnettes, et tient de la droite un bâtonnet. Voilà ce que nous montre
un dessin conservé au Städelsches Kunstinstitut à Francfort \

    Ce fauconnier ne peut être confondu avec nul autre, car ce bâton¬
net  est une brochette, dont il n'était fait usage, et seulement alors,

qu'au premier stade du dressage. De fait, c'était des aides qui se
relayaient pendant trois, quatre ou cinq jours, et autant de nuits, à
la passer inlassablement devant les yeux de l'oiseau, et la brochette ne
lui a été mise à la main que pour indiquer son état : cet homme était
un     dresseur de faucons.
        L'élégance de sa mise fait reconnaître un fauconnier des lignages
d'Arendonk.      Uniques en nos provinces, ces lignages fauconniers jouis¬
saient d'une      sorte    de reconnaissance officielle,   car   trois des siens, les
seuls fauconniers  appelés à ces fonctions, siégeaient au « Valkhof » de
Turnhout, qui était une cour de justice privilégiée, étendant sa juri¬
diction sur tout le territoire. Ils joignaient, au commerce lucratif de
faucons dressés, l'exercice de fonctions honorables, et donnèrent de
nombreux officiers de fauconnerie à des souverains étrangers.
   Butkens 2 se borne à signaler la grande activité fauconnière              d'Aren-
donk,      mais   comme       aucun    historien   ne   l'a jamais étudiée, il     a
fallu arriver à     jours pour en découvrir toute l'ampleur, due à ses
                     nos

lignages fauconniers, ces quelques familles qui avaient monopolisé le
dressage des faucons destinés aux chasses de grand style, et qui por¬
tèrent notre fauconnerie à un degré de perfection qui lui valut la
magnifique consécration d'une renommée qui se répandit dans toute
l'Europe Occidentale.
     « Il n'est pas étonnant que la fauconnerie belge ait joui d'une si

grande célébrité dans les pays voisins », écrivait Galesloot3 en consta-
1
     Pointe d'argent. 188 X  143 mm.
2
     Trophées du duché de Brabant, II, La Haye, 1724, Livre II, p. 27.
'*
     A.-L. Galesloot, La Maison de Chasse des ducs de Brabant et de l'ancienne Cour
     de Bruxelles, Bruxelles-Leipzig, 1854, p. 198.

                                                                                  29
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