DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS - WHITEPAPER - Radiozentrale
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WHITEPAPER DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS Der Gatekeeper im Voice Commerce Radiozentrale GmbH www.radiozentrale.de info@radiozentrale.de
SUMMARY Abstract2 Herausforderungen des Voice Commerce3 Das auditive Gedächtnis 5 Psychologische Strategien für erfolgreiches Voice-Marketing8 Takeaways12 Autor und Lesetipps13 DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 1
Abstract Gesprochene Sprache gewinnt in der di- gitalisieren Welt an Bedeutung: Im Voi- muss man sich in das auditive Gedächt- nis einpflanzen. Komplexe Prozesse im ce-Commerce werden mit der Stimme Gehirn steuern die Verarbeitung und Produkte gesucht und bestellt. Das er- Speicherung von gesprochener Spra- fordert von Marken ein eigenes Voice- che. Das Erinnern und Reproduzieren Marketing, das sich aber nicht auf die von Markenname und Markenattributen Technik oder akustisches Suchmaschi- kann durch den Einsatz von Reimen, nen-Marketing alleine fokussieren sollte. Rhythmen, Melodien und Wiederholun- Denn entscheidend ist es, die Konsumie- gen verbessert werden. Diese Stilmittel renden dazu zu bringen, zur richtigen waren schon vor 100 Jahren in der Re- Zeit die richtigen Worte zu sagen, damit klame beliebt, sie werden in einer Welt sie eine Marke finden und kaufen. Dafür des Voice-Commerce immer wertvoller. DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 2
S Einleitung: Seit einigen Jahren ge- winnen Audio-Angebote die von bitcom) 44 Prozent der deutschen Online-Nutzer solche Funktionen bei ih- Herausforderungen zunehmend an Popula- rität: Musik-Streaming, rem Smartphone oder anderen Geräten. Das beeinflusst vor allem den Umgang des Voice Commerce Podcasts, Webradio, mit Suchmaschinen – er erfolgt bei immer Hörbücher, Social-Audio- mehr Menschen über gesprochene Spra- Apps (wie z. B. Clubhouse) finden immer che. Deshalb sprechen viele von einer auf- mehr Hörerinnen und Hörer– nicht zu ver- ziehenden neuen Ära des Marketings: Der gessen das klassische Radio mit stabilen Voice-Commerce – Kauf und Kommunika- Reichweiten. Wir hören heutzutage viele tion in der digitalen Welt vermittelt durch Stimmen – aber wir nutzen auch unsere die Stimme. Während das Internet bisher eigene Stimme öfter. Das Smartphone durch Text, Bilder und Videos geprägt war, als ständiger Begleiter erlaubt uns nicht rücke die Interaktion via Audio und Stim- nur, mit anderen zu telefonieren oder me mehr und mehr ins Zentrum. Dafür Sprachnachrichten zu hinterlassen, son- spricht einiges: Für Menschen mit ein- dern seine Funktionen lassen sich ebenso geschränkten Seh- oder Lesefähigkeiten durch gesprochene Befehle steuern. Hin- überwindet die Stimmsteuerung Barrie- zu gekommen sind die Smart Speaker, mit ren, aber auch alle anderen können ohne denen wir sprechen, um unseren Alltag Aufwand und ganz natürlich die digitale einfacher zu machen: die Bedienung von Welt nutzen, ohne zu tippen, zu scrollen, Geräten, das Abfragen von Informationen zu klicken oder zu swipen. Die Hände sind (von der Uhrzeit bis zum Wetter), sogar frei für andere Verrichtungen und trotz- das Bestellen von Waren. Andere Geräte dem hat man Kontrolle über die digitalen verfügen ebenfalls über Sprachassisten- Devices. Dass dies Auswirkungen auf den ten – also die Möglichkeit, mit der eige- Handel hat, scheint offensichtlich zu sein nen Stimme Funktionen abzurufen oder – Einkäufe können „en passant“ erledigt Transaktionen im Internet durchzuführen. werden. Das spart Zeit und Aufwand für Immerhin nutzen bereits (laut einer Stu- die Konsumierenden. Quelle: „Die Zukunft der Consumer Technology – 2021“ (Hrsg. bitcom) [https://www.bitkom.org/sites/default/files/2021-09/210817_ct_studie_2021.pdf ] DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 3
Wie immer bei neuen Entwicklungen, kennen wir durch Farbe, Typografie und Der Gatekeeper für diese essenziellen sind die überoptimistischen Prognosen Verpackung im Supermarkt wieder. Was Handlungen ist unser Gedächtnis für ge- weit entfernt von der Wirklichkeit. Voi- passiert aber in Situationen, die ohne vi- sprochene Sprache – Psychologen spre- ce Commerce steckt in Deutschland im- suelle Stimuli auskommen müssen? Wie chen vom auditiven Gedächtnis oder mer noch in den Kinderschuhen, Smart wird gesprochene Sprache verarbeitet, dem auditorischen Speicher. Ein konse- Speaker sind nicht flächendeckend erinnert und wieder reproduziert? quentes Voice-Marketing zielt auf das verbreitet und auf Handys wird immer auditive Gedächtnis und macht es uns noch öfter getippt als das gesproche- Diese Fragen haben eine hohe Relevanz. damit leichter, eine Marke nicht nur zu ne Befehle zum Einsatz kommen. Doch Stellen wir uns einmal ganz konkrete erinnern, sondern auch auszusprechen. sollte man dieses langsame Wachstum Situationen vor: Eine Verbraucher:in nicht als Anzeichen der Irrelevanz deu- merkt beim Backen, dass das Mehl zur Im Voice-Commerce gibt es ten. Der technische Fortschritt – etwa Neige geht. Jetzt ordert sie oder er über viele Situationen, bei denen bei der automatischen Verarbeitung ihren Smart Speaker neues Mehl – da ihr dies relevant ist: natürlicher Sprache (Natural Language kein Markenname einfällt, spricht sie •D as Suchen von Produkt- und Processing) oder der Programmierung nur von Mehl und bekommt deshalb ein- Marken über Suchmaschinen von Skills und Chatbots für Voice-Devi- fach ein No-Name-Produkt empfohlen. •D as direkte Bestellen von Produkten ces – entwickelt sich rasant. Noch gibt Oder jemand hat zwar vage eine Marke es viele Vorbehalte bei den Verbrauche- im Kopf, kann sich aber nicht genau an •B eim Erstellen von digitalen Ein- rinnen und Verbrauchern gegen das Be- den Namen erinnern – vielleicht liegt er kaufslisten (ein häufig eingesetzte stellen über Smart Speaker – allen voran „auf der Zunge“, kann aber nicht aus- Funktion von Smart Speakern) die Angst, das falsche zu bestellen. Doch gesprochen werden. Stattdessen fallen •B eim Ansteuern von Unter- zeigt eine Studie des Nürnberg Institut nur eher allgemeine Assoziationen ein, nehmens- und Marken-Websites für Marktentscheidungen, bei dem die die ebenso auf andere Marken zutref- derzeitigen Nutzer von Voice Assistants fen, weshalb generische Suchbegriffe Natürlich gibt es ähnliche Situationen und Smart Speakers befragt wurden, verwendet werden. Da bei einer Voice- ebenso in der realen Welt: Wenn man in dass es ein Potenzial für Voice-Com- Suche nur wenige Ergebnisse präsen- der Apotheke oder einem Fachgeschäft merce-Anwendungen gibt. Einfachheit, tiert werden können, ist die eigentlich gezielt nach einer Marke fragt, etwas Bequemlichkeit und sogar Spaß sind gewünschte Marke nicht dabei, doch der am Telefon bestellt oder einer Freundin Treiber für einen verstärkten Einsatz. Suchende gibt sich mit den ersten Vor- oder Freund mündlich etwas weiteremp- schlägen zufrieden. Noch schlimmer: fiehlt. Supermärkte, Kaufhäuser, Katalo- Unternehmensberater, Tech-Anbieter Man erinnert sich an einen falschen ge und Online-Shops machten es aber und Agenturen bemühen sich bereits Markennamen oder spricht den richti- Ende des 20. Jahrhunderts immer über- darum, Firmen für den Voice-Commerce gen falsch aus – dann ist es eher Glück- flüssiger, seine Stimme beim Einkauf zu fit zu machen. Dabei konzentrieren sie sache, was in dem Warenkorb letztend- nutzen. Das wird mit wachsendem Vo- sich auf die Technik und die Infrastruk- lich landet. cie-Commerce wieder anders werden, tur – wie müssen Websites gestaltet wer- ein Revival der gesprochenen Kunden- den, um in einer Voice-Welt zu punkten? Voice-Marketing ist mehr als nur eine kommunikation steht uns bevor. Wie funktioniert Suchmaschinen-Opti- Suchmaschinen-Optimierung für ge- mierung akustisch? Ein Faktor wird da- sprochene Sprache oder die Gestaltung Um es nochmal klar zu sagen: Hier hilft bei meistens übersehen: Das menschli- der sprachlich vermittelten Kunden- es wenig, Logos, Schriftzüge oder Bilder che Gehirn. Marketing – insbesondere in interaktion. Es beginnt beim Hören und von Verpackungen im Kopf zu haben, der digitalisierten Welt – ist oft auf Text Sprechen. Der Konsument soll eine Mar- denn es geht nicht darum, etwas im Su- und Bild ausgerichtet: Image und Infor- ke nicht nur akustisch erkennen, son- permarkt-Regal oder auf einer Online- mationen werden über Logos und Key dern sich Name und spezifische Asso- Shopping-Seite wiederzuerkennen. Hier Visuals vermittelt. Die Marktforschung ziationen merken, die er zum richtigen geht es darum, gesprochene Sprache fragt abstrakte Konzepte ab, Marken er- Zeitpunkt korrekt wiedergeben kann. vom Kopf auf die Zunge zu bekommen. DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 4
Z Das auditive weifellos hat die Erfor- schung unseres Gehirns dem nächsten Speicher überführt, dem Kurzzeit-Speicher. Dort bleibt es eini- Gedächtnis: in den vergangenen Dekaden enorme Fort- ge Sekunden oder Minuten, um weiter verarbeitet zu werden. Die Kapazität Der Gatekeeper schritte gemacht, doch ist begrenzt, wir können uns ca. 4 bis nach wie vor gibt es 7 Informationseinheiten (plus/minus 2) für Gesprochenes viele Rätsel und ungeklärte Probleme. merken – weshalb man uns oft eine Tele- Die biologischen und neuroanatomi- fonnummer zweimal diktieren muss, be- schen Grundlagen des Hörens sind gut vor wir sie korrekt aufgeschrieben oder erforscht, doch wie wir Gesprochenes eingetippt haben, denn sie enthält mehr im Gedächtnis abspeichern, es wieder- als sieben Ziffern. Erst wenn solche In- erkennen oder selbst wiedererinnern formationen weiter mental verarbeitet und aussprechen, ist in der Wissenschaft wurden, landen sie im Langzeitspeicher noch nicht vollständig verstanden. Stu- und wir können sie bei Bedarf aus unse- dien und Theorien über unser visuelles rem Gedächtnis holen. Gedächtnis sind dabei deutlich überre- präsentiert im Vergleich zu den anderen Im Grunde gelten diesen Prinzipien für Sinnen. Auch beim auditorischen Ge- visuelle und akustische Wahrnehmungen dächtnis gibt es noch viel zu entdecken. gleichermaßen. Doch ist der sensorische für Gehörtes sogar etwas leistungsfähi- Das meiste, was unsere Sinne wahrneh- ger als für Gesehenes, denn wir können men, wird in unserem Gedächtnis ge- einen zweiten Blick werfen, aber der au- speichert – aber nur für einen Bruchteil ditive Input ist nicht wiederholbar. Des- einer Sekunde. Es erfolgt eine automati- halb bleiben akustische Eindrücke zwei sche Relevanzprüfung – die unwichtigen bis drei Sekunden im Speicher, bevor sie Informationen werden sofort wieder ge- gelöscht oder weiter verarbeitet wer- löscht, nur das, was relevant ist, wird in den. Eine besondere Leistung unserer Sinnesphysiologie ist auch die Lokalisie- rung der akustischen Quelle: Wenn der Schall unsere Hörrezeptoren in beiden Ohren erreicht, gibt es minimale Verzö- gerungen zwischen linken und rechten Ohr. Das Gehirn errechnet daraus die Richtung, aus dem die Laute kommen. Unser Gehirn ist ebenfalls gut darin, die Aufmerksamkeit selektiv zu lenken, zwischen Signal und Rauschen zu un- terscheiden. Deshalb können wir uns auf einer lauten Party mit unserem Ge- sprächspartner unterhalten, ohne von den Gesprächen der anderen ablenken zu lassen. Doch auch das, was in unse- rem Umfeld gesagt wird, gelangt in den sensorischen Speicher. Wenn wir plötz- lich ein relevanter Reiz auftaucht (zum Beispiel nennt jemand am Nebentisch unseren Namen), werden wir aufmerk- sam und schauen in die Richtung, aus der wir den Urheber vermuten. DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 5
Bereits im 19. Jahrhundert haben Neu- Sprachrhythmus und -melodie, Tonhö- rophysiologen herausgefunden, dass he, Lautstärke, Geschwindigkeit, Wohl- Sprache in verschiedenen Hirnregionen klang oder Dissonanz, Assoziationen mit parallel verarbeitet wird. Heute wissen ähnlichen Lauten, die räumliche Ortung wir mehr darüber, dank moderner bild- der Geräuschquelle, die Trennung von gebender Verfahren der Neurowissen- Signal und Hintergrundrauschen – alles schaft. Unser Innenohr leitet Schall- passiert gleichzeitig in Sekundenbruch- informationen an den sogenannten teilen und erlaubt es uns sogar unter auditiven Kortex. Gleichzeitig detektiert schwierigsten Bedingungen (etwa bei die Amygdala die emotionale Färbung lauten Umgebungsgeräuschen) recht des Gehörten. Im Broca-Areal erfolgt zuverlässig gesprochene Sprache zu eine syntaktische Verarbeitung – Satz- verstehen. Und wenn uns mal ein Wort bau und grammatikalische Strukturen fehlt oder falsch ausgesprochen wird werden analysiert. Das Wernicke-Are- belastet dies die Kommunikation kaum – al kümmert sich gemeinsam mit dem denn wir erschließen im Gespräch blitz- vorderen Temporallappen um die Be- schnell aus dem Kontext und der Tonali- deutung des Gehörten. Mit beteiligt ist tät, was gemeint ist. Manchmal glauben dabei ebenfalls der Frontallappen, der wir das zu hören, was wir erwarten. Verknüpfungen zu bereits vorhandenem Von US-Präsident Roosevelt wird die Wissen herstellt. Dieses Zusammenspiel Anekdote erzählt, er habe zum Scherz der verschiedenen Regionen spielt sich manchmal Gäste mit den Worten „Ich bei Rechtshändern zu großen Teilen in habe gerade meine Frau umgebracht!“ der linken Gehirnhälfte ab und erfolgt begrüßt – und meist die ritualisierte Ant- bereits 100 bis 200 Millisekunden nach- wort bekommen „Danke und wie geht es dem das Wort gehört wurde. Ihnen?“. Die Besucher erwarteten ein „How do you do?“ – und das schienen Ähnlich komplex sind die Abläufe, wenn sie „gehört“ zu haben. wir selbst etwas sprechen. Sie finden ebenfalls vorwiegend in der linken Hirn- Das Erinnern von auditiven Informa- hälfte statt. Im Temporallappen werden tionen – Lauten, Melodien, Klängen gespeicherte Vokabeln selektiert. Denen – erweist sich für die Forscher als ein müssen konkrete Laute zugeordnet wer- schwieriges Untersuchungsgebiet. Da den, was wieder im Wernicke-Areal pas- die verschiedenen Komponenten mitun- siert. Das Broca-Areal steuert die Bewe- ter an ganz unterschiedlichen Orten im gungen im motorischen Sprachzentrum Kopf abgespeichert und von verschiede- – es ist zuständig, dass wir Lippen, Kie- nen Systemen bearbeitet werden, lässt fer, Zunge und Stimmbänder bewegen. sich das auditive Gedächtnis nicht so Das Kleinhirn ist beim Sprechen ebenso einfach beschreiben. Beim Erinnern ist beteiligt und für die zeitliche Koordinati- da dabei die enge Verschränkung von on verantwortlich. Alles das passiert un- Hören, Denken und Sprechen interes- gefähr eine Viertelsekunden bevor wir sant. Meist sprechen wir innerlich mit, etwas tatsächlich hörbar aussprechen. wenn wir etwas lesen, hören oder uns an etwas erinnern. Das passiert auch, wenn Dies ist eine sehr vereinfachte Darstel- wir Musik hören – unsere „innere Stim- lung, das Zusammengreifen der ver- me“ singt quasi mit. Diese Prozesse von schiedenen Hirnregionen und -hälften Erinnern, innerem Sprechen (oder Sin- ist noch weitaus komplizierter. Denn gen) und mitunter lautem Aussprechen nicht nur syntaktische und semanti- können sich gegenseitig verstärken. Wir sche Informationen werden verarbeitet. kennen das, wenn wir einen Ohrwurm DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 6
haben – eine Melodie oder ein Lied, das dächtnis erleichtern. Gleichzeitig wird ren. Der beobachtete Erfolg verstärkt uns nicht mehr aus dem Kopf geht. Wie dadurch ein typische Gedächtnisfehler die Tendenz, dieses Verhalten zu zeigen. in einer Dauerschleife singen wir uns unwahrscheinlicher, den die Psycholo- Das gilt natürlich nicht nur für motori- das Lied innerlich vor, was wiederum gen als Blockierung oder TOT-Phäno- sche oder komplexe Handlungen, son- das Erinnern stimuliert. men („Tip-of-the-tongue“) bezeichnen. dern auch für sprachliche. Phrasen, mit Wir kennen dieses Problem alle aus denen wir oder andere Erfolg haben, Manchmal wird ein solcher Ohrwurm als eigener Erfahrung: Ein Wort – meist ein werden leichter erinnert und wiederholt negativ angesehen, doch oft empfinden Name - „liegt uns auf der Zunge“, aber eingesetzt. wir dabei Lust und Spaß, etwa wenn wir es fällt uns partout nicht ein. Der Abruf einen Song vor uns her singen, der uns im Gedächtnis scheint irgendwie blo- Ein anderer Aspekt beim Reproduzie- in eine gute Stimmung bringt. Emotiona- ckiert, obwohl wir genau wissen, DAS wir ren von gesprochener Sprache ist so le Prozesse scheinen beim Erinnern von den Namen kennen. Meist passiert das selbstverständlich, dass er oft aus dem Melodien wichtig zu sein. Das gilt nicht mit Eigennamen, die keinen beschrei- Blick gerät: Die Wiederholung. Worte nur für Musik im engeren Sinne, sondern benden Charakter haben und mit wenig oder Sätze, die wir oft gehört haben, auch für andere Formen von Wohlklang: anderen Hinweisreizen verknüpft sind. können wir uns besser merken. Wenn Rhythmus, Reime, Alliterationen. Das Neue Markennamen sind besonders ge- wir sie aber zusätzlich oft selbst aus- Erinnern von Gedichten, Sprüchen oder fährdet, durch das TOT-Phänomen blo- gesprochen haben, fördert das die Er- einfachen Silbenfolgen (z. B. „Tarra!“) ckiert zu werden. Passende Reimworte, innerung noch mehr. Manche sprach- fällt uns leicht und bringt uns nicht sel- eine Sprachmelodie oder die Einbettung lichen Äußerungen bilden die unteren ten Vergnügen. Die Neuropsychologie in eine kurze Sentenz mit anschaulichen Sedimente unseres Gedächtnisses – so dieser Phänomene ist noch lange nicht und relevanten Worten – das alles rei- sind uns Sprichwörter bewusst, die wir vollständig erforscht, spezielle Teildiszi- chert den Namen mit zusätzlichen Ver- als Kind oft gehört haben und seitdem plinen (wie etwa die „empirische Ästhe- knüpfungen an, die den Abruf aus dem selbst nutzten. Besonders in Stresssitu- tik“) tasten sich hier langsam vor. Unse- Gedächtnis erleichtern. ationen, greifen wir unbewusst auf sol- re Alltagserfahrung zeigt uns aber, dass che gut eingeübten und tief veranker- wir bestimmte sprachliche Äußerungen Solche sprachlichen Elemente laden ten Sätze und Allgemeinplätze zurück. besonders gut erinnern: Eselsbrücken, durch ihren spielerischen Charakter Das sie uns so präsent sind, hat mit den Merksätze, gereimte Sprichwörter, Phra- außerdem zur Imitation auf – nicht nur häufigen Wiederholungen zu tun – sei es sen mit einem bestimmten Rhythmus kleine Kinder sprechen sie gerne nach. durch Hören, inneres Sprechen oder tat- oder einer Sprachmelodie, Song- oder Dieser Imitationsdrang fördert noch zu- sächliches lautes Aussprechen. Gedichtzeilen, Aphorismen, literarische sätzlich die Speicherung im Gedächtnis. Zitate, Kinderlieder, lustige Namen, Anthropologen haben die Bedeutung Phantasie- und Nonsens-Wörter, Wort- der Imitation für die Evolution unserer spiele und Kalauer und vieles mehr. Was Spezies herausgearbeitet. Wenn wir genau in unserem Gehirn passiert, wenn vom „Nachäffen“ sprechen, irrt unsere wir solche Dinge erinnern oder ausspre- Alltagssprache: Affen als unsere nächs- chen, mag noch unaufgeklärt sein, doch ten Verwandten sind gar nicht so gut wir sehen, dass sie beim Erinnern und im Imitieren und Lernen von Verhalten. Abrufen privilegiert sind. Wahrschein- Wir Menschen sind hingegen Imitations- lich ist es, dass sie von verschiedenen maschinen – so können kleine Kinder in Systemen in unterschiedlichen Arealen rasanter Geschwindigkeit Neues lernen, im Hirn verarbeitet werden: Die Spra- in dem sie einfach das nachmachen, che in den oben erwähnten Bereichen, was sie sehen. Die Lernpsychologie be- Melodie, Klang und Rhythmus in ande- schreibt den Mechanismus des sozialen ren. Diese asymmetrische Verarbeitung Lernens: Wenn wir ein Verhalten bei liefert mehr Assoziationen mit Hinweis- anderen sehen, das von Erfolg gekrönt reizen, die das Abrufen aus dem Ge- wird, neigen wir eher dazu, es zu imitie- DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 7
W Psychologische ir haben nun eini- ge Aspekte rund wenige Silben. Es sollte so ausgespro- chen werden, wie es geschrieben wird Strategien um das auditive Gedächtnis ge- („Guhgell“ ist die berühmte Ausnahme von der Regel). Härter wird es für Ab- für erfolgreiches sammelt. Wie kürzungen. Natürlich wissen wir alle, können uns diese was ein BMW ist. Doch bei KFC wird es Voice-Marketing Überlegungen helfen, in einem durch schon schwieriger (zumal unklar ist, ob Voice-Commerce dominierten Wettbe- man es auf Englisch oder auf Deutsch werb die eigene Marke zu positionieren? aussprechen soll). Voice-Marketing muss die Gatekeeper- Funktion des auditiven Gedächtnisses Reime nutzen, um sich in den Gehirnen der Lesen Sie bitte einmal die Menschen zu positionieren und wie ein folgenden Zeilen: Souffleur im Theater ihnen die richtigen Worte zur rechten Zeit in den Mund le- „Willst Du viel, spül‘ mit …!“ gen. Bevor die digitalen Maßnahmen „… macht Kinder froh!“ von voice-optimierten Websites und „… – einmal hin, alles drin!“ Alexa-Skills greifen können, müssen wir die Zungen der Kaufenden in Bewegung Ich wette, es fiel Ihnen leicht, die feh- bringen. Dabei feiern alte Reklame-Tu- lenden Markennamen zu ergänzen. genden eine Wiederauferstehung. Vielleicht mussten Sie gar nicht nach- denken, sie kamen automatisch in Ihr Die Marke steht für das Produkt Gedächtnis. Wahrscheinlich haben Sie Den höchsten Status im Marketing ha- die Zeilen innerlich ausgesprochen, ben jene Marken erreicht, deren Name wenn nicht sogar gesungen oder halb als Synonym für eine ganze Produkt- gesummt. Das ist die Stärke des Reims. kategorie gelten oder deren Nutzung Wie schon erwähnt, werden Reime auf mit einem Verb beschrieben wird, das mehrfache Weise im Gedächtnis gespei- dem Markennamen nachempfunden ist. chert – als semantische Information, Meist waren diese Marken die ersten aber auch Sprachrhythmus und -melo- ihrer Art und beruhen auf tatsächlichen die werden verarbeitet. Reime haben et- Innovationen. Deshalb fragen wir nach was Überraschendes, sie machen Spaß einem Tempo, wenn wir ein Papierta- – und dieses Gefühl wird ebenfalls mit schentuch wollen. Und wenn wir nicht den Zeilen erinnert. Da sie zum inner- mehr weiter wissen, googeln wir selbst- lichen oder sogar lauten Mitsprechen verständlich. Eine solche Elite-Stellung animieren, sind die Chancen auf eine ist extrem schwer zu erreichen und multimodale, intensivere Verarbeitung kaum zu planen. Die gescheiterten Ver- höher als bei blanken Worten oder Sät- suche, durch Werbung unseren Sprach- zen. Eine Markenaussage in einen Reim gebrauch zu ändern, sind längst verges- zu packen, zündet einen Gedächtnis-Tur- sen. Die wenigen erfolgreichen fallen bo. Das wussten die Reklame-Experten uns gar nicht mehr auf, sie sind so klar vor 100 Jahren schon und haben ausgie- wie ein Tesafilm, wir brauchen kein Post- big dieses Stilmittel verwendet. Warum? it, um uns daran zu erinnern und finden Es lohnt sich, die Gründe genauer anzu- Sie sogar im Duden. Sie illustrieren aber schauen. Der Blick in die Vergangenheit ein Grundprinzip eines erfolgreichen lehrt uns einiges für die Marketing-Kom- Voice-Marketings: Markennamen müs- munikation heutzutage. sen ausgesprochen werden, um in das kollektive Gedächtnis zu kommen. Der Ende des 19. und Anfang des 20. Jahr- Gebrauch im Alltag verstärkt sich selbst. hunderts entwickelte sich die Werbung Doch funktioniert das nicht mit jedem rasant. Neue Produkte und neue Medien Namen: Bevorzugt sind einfache Worte, führen zu einer Professionalisierung mit meist mit eindeutiger Aussprache, der Marketing-Kommunikation, die da- DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 8
mals noch Reklame oder (völlig wert- Die richtige Aussprache zen. Damit ist nicht gemeint, einen be- frei) Propaganda genannt wurde. Der Jeder kennt die Beispiele aus Anekdo- kannten oder neuen Hit in den Werbe- Kauf von Produkten erfolgte damals ten oder Internet-Posts: Jemand hört spots zu spielen. Es geht nicht um einen überwiegend in einer oralen Welt – man ein Wort, versteht es aber falsch, wozu Sound oder ein Audio-Logo – alles sinn- ging zum Kaufmann und sagte ihm, was es zu meist lustigen Situationen kommt. volle und effektive Techniken des Audio- man haben möchte. Neue Produkte oder Der Freund soll zum Abendessen „Ober- Brandings, um Einheitlichkeit, Marken- Marken mussten also oft explizit nach- schienen“ mitbringen, findet sie aber image und Emotionen zu schaffen. Es gefragt werden, das erforderte das Er- nicht im Baumarkt und wendet sich ver- geht um kurze Refrains, in denen der innern. Die Werbung sollte die richtigen zweifelt an seine Facebook-Freunde, ob Markennamen gesungen wird. Worte in den Mund legen, doch hatte sie sie bei der Suche helfen könnten. Na- damals noch keine Medien, die auditiv türlich findet er sie nicht im Baumarkt, „Waschmaschinen leben länger mit …!“ Informationen vermittelten – Radio und seine Freundin meinte Auberginen. Mar- „… repariert, … tauscht aus!“ Fernsehen waren noch nicht erfunden, kennamen kommen mitunter aus ande- „… putzt so sauber, dass man sich der Film hatte noch keinen Ton. Plaka- ren Sprachen, meist dem Englischen und drin spiegeln kann.“ te und Anzeigen mussten das Fehlende Französischen. Hier sind Missverständ- ersetzen. Kein Wunder, dass die Werber nisse und falsche Aussprachen vorpro- Viele dieser Liedfetzen sind tief in unser oft auf Reime und Wortspiele setzten, grammiert. Den großen Sportschuh- Gedächtnis eingebrannt und wir kennen manchmal nahmen sie Anleihen bei be- Hersteller scheint es wenig zu stören, sie noch ohne Mühe vorsingen, obwohl kannten Volksliedern oder Schlagern. dass immer noch viele Deutsche seinen einige seit Jahren oder Jahrzehnten Markennamen falsch aussprechen: Sie nicht mehr im Einsatz sind. Prosodie Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts än- reden von „Neik“ oder „Nei-Kei“ anstatt nennt man die Aspekte der Sprache, derte sich die Lage. Bilder wurden omni- von „Nei-kie“. Die Kommunikation von die Akzente setzen: Intonation, Satz- präsent – nicht nur auf Plakaten, auch in Nike ist auf visuelle Reize ausgerich- melodie, Tempo, Rhythmus, Pausen. Oft Zeitungen, Illustrierten, im Kino und im tet – jeder in der Welt erkennt den Nike wird mit dem gleichen Wort die Lehre Fernsehen. Einkaufen ging man zuneh- Swoosh sofort, ohne den Markennamen vom richtigen Versmaß beschrieben. mend in Supermärkten und Kaufhäu- lesen zu müssen. Anders eine deutsche Die Werbewirkungsforschung hat lei- sern. Marketing war jetzt eine dominant Müsli-Marke. Deren Namen wird so aus- der nur selten damit beschäftigt. Dafür visuelle Aufgabe: Es war entscheidend, gesprochen, wie man ihn schreibt. Aber wächst seit einigen Jahren das Interes- dass die Verbraucherinnen und Ver- wir alle haben eine ganz spezielle Art se in der psychologischen Grundlagen- braucher die beworbenen Produkte im der Aussprache und Silbenbetonung im forschung zu prosodischen Elementen Regal wiedererkannten. Mehr und mehr Kopf: „Sey-Ten-Baaach-Er“. Das Unter- der Sprache. Hier ist vor allem das Max- galten die gereimten Werbesprüche als nehmen wird für seine Werbung oft kri- Planck-Institut für empirische Ästhetik altmodisch – doch waren sie nie völlig tisiert und ausgelacht – doch jeder hat in Frankfurt am Main zu nennen. Diese verschwunden. den Namen auf der Zunge. Seitenbacher Forschungen sind – trotz der Popularität setzt sehr stark auf Radiowerbung und des sogenannten Neuromarketings – für Eine Voice-Commerce-Umwelt ähnelt nutzt die Kraft des auditiven Gedächt- die Werbepraxis bisher kaum erschlos- der oralen Situation im alten Kauf- nisses in vorbildlicher Weise. sen. Allerdings verfügen gute Werbe- mannsladen. Doch haben wir heute Au- texterinnen und Werbetexter meist dio-Medien, mit denen wir den Konsu- Falsche Aussprache wird genauso wie über ein intuitives Gefühl für Prosodie. mierenden beibringen können, welche eine falsche Schreibweise im Suchma- Vielleicht wird dieses Erfahrungswissen Worte zur rechten Zeit eingesetzt wer- schinen-Marketing oft schon antizipiert künftig mit empirischen Arbeiten und den können. Audio-Branding hilft dabei, und in die Optimierung miteinbezogen. interdisziplinären Erkenntnissen fun- eine Marke akustisch zu präsentieren, Ein konsequentes Voice-Marketing soll- diert und angereichert werden. sie wiedererkennbar zu machen und te aber schon vorher ansetzen – im au- mit emotionalen Assoziationen aufzula- ditiven Gedächtnis der Kundinnen und Phrasen für den Alltag den. Doch das Nadelöhr, das jede Marke Kunden. Wenn wir heute von Phrasen sprechen, passieren muss, ist das Gedächtnis der ist das meist wertend gemeint. Ein Verbraucher. Die alte, aber bewährte Melodie und Rhythmus „Phrasendrescher“ sagt nichts Originel- Werbetechnik des Reimens leistet hier Noch einen Schritt weiter gehen die les oder Intelligentes, sondern wieder- immer noch gute Dienste. Marken, die eigene Werbelieder einset- holt nur eingeübte Sätze. Eigentlich ist DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 9
der Begriff Phrase aber neutral und wird Eine frühe Nennung des Markennamens so etwa im Englischen und in der Sprach- unter Zuhilfenahme von prägnanten wissenschaft eingesetzt. Phrasen sind Audio Assets führt zu einer deutlich häufig verwendete Redewendungen. verbesserten Werbewirkung. Diese Er- Viele stammen aus Literatur, Volkslie- kenntnis wird allerdings nicht immer dern, der Luther-Bibel oder den Massen- umgesetzt: Oft haben die Kreativen die medien. Auch die Werbung schafft Rede- Idee eines Storytellings, bei dem der wendungen, einige von ihnen sind so tief Clou – nämlich der Markenname – erst im Sprachgebrauch eingegraben, dass am Ende kommt, so wie bei einem Witz sie ihre Urheber manchmal überleben. die Pointe am Schluss präsentiert wird. Manche möchten einfach nicht mit der „Alle reden vom Wetter, wir nicht.“ Tür ins Haus fallen, sondern erst eine „Wohnst Du noch oder lebst du schon?“ Stimmung via Musik und Klang etablie- „Damit Sie auch noch morgen kraft- ren, bevor das eigentliche Produkt er- voll zubeißen können.“ wähnt wird. Die Studie von ARD MEDIA „Da werden Sie geholfen!“ und andere Forschungen zeigen aber klar, dass dadurch die Wirkung abge- Interessant sind Werbephrasen, die als schwächt wird. Skript für eine Bestellung dienen kön- nen – sei es im digitalen Voice-Commer- ce oder tatsächlich im Geschäft oder Lokal. „Bitte ein Bit!“ ist so ein Klassi- ker, der bis heute verwendet wird. Er ist nicht nur eine prägnante Erinnerung an die Marke (vier Silben mit einer schönen Alliteration), sondern kann gleich ver- wendet werden, um das nächste Bier zu bestellen – aber eben nicht irgend- ein Bier, sondern das richtige. Sicherlich halten viele Art Directors und Marketer so etwas für unelegant, deshalb wird es seltener eingesetzt, als es vielleicht sinnvoll wäre. Eine eingängige Phrase könnte bei der Suche und Kommunika- tion über Sprachassistenten und Smart Speaker helfen. Quelle: Audio Assets & Brand Building (2020) [https://www.ard-media.de/akademie/studien/ Frühe Nennung des Markennamens Wiederholung audio-assets-brand-building/] ARD MEDIA veröffentlichte eine Studie Manche Werbeslogans sind so auf den über sogenannte „Audio Assets“. Das Punkt, dass sie sich in das Gedächtnis sind auditive Elemente, die das Wieder- der Menschen nach kürzester Zeit boh- erkennen und korrekte Zuordnen einer ren. Doch meist müssen Phrasen und Marke fördern. Die oben erörterten As- neue Markennamen gelernt werden. Das pekte gehören zu solchen Audio Assets: benötigt häufige Wiederholungen. Die Ein verständlicher Markenname, eine psychologische Lerntheorie zeigt, ge- eingängiger Slogan, Sprachmelodie und nauso wie die Werbewirkungsforschung, vielleicht sogar ein Reim. Das kann alles dass mehr Kontakte besser sind als we- aber nur die richtige Wirkung entfalten, nige. Das trifft vor allem für die aktive wenn sie in der Dramaturgie eines Au- Werbeerinnerung zu – also alles, was ein dio-Spots richtig platziert werden. Konsument spontan nennen kann, wenn DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 10
man ihn nach einer Produktkategorie Carglass wieder ein Musterbeispiel: Die Screens), sondern sorgen Sie dafür, fragt – ohne dabei irgendeinen weiteren Spots in Radio und TV haben sich in den dass ihre Marke im auditiven Gedächt- Hinweis zu bekommen. Jeder Marktfor- Jahren immer wieder verändert, doch nis verankert wird. scher weiß, dass die passive oder ge- der Spruch „Carglass repariert, Car- stützt Erinnerung einfacher zu messen glass tauscht aus“ wurde niemals aus- • Achten Sie bei der Kreation darauf, ist – hier wird eine Marke oder Werbung getauscht. dass sie den Hörerinnen und Hörern auf einer Liste wiedererkennt. Was für die richtigen Worte beibringen. Dazu die Marktforschung gilt, ist im wirkli- Audio Branding gehören die richtige Aussprache, es- chen Leben noch wichtiger, besonders Zum Thema Audio Branding gibt es vie- senzielle Assoziationen zum Produkt wenn es um Produkte geht, die wir nur le Publikationen, die Radiozentrale hat und idealweise Slogans und Phrasen, selten verwenden. ein eigenes Whitepaper dazu heraus- welche die Bestellung und Suche er- gebracht. Auf den ersten Blick scheinen leichtern. Das Problem kann man mustergültig am einige der hier präsentierten Überle- Beispiel Carglass erläutern. Ein Stein- gungen der Idee eines Audio Brandings • Besinnen Sie sich auf einige alte Re- schlag ist ein eher seltenes Ereignis. zuwider zu laufen. Soll die Werbung klametugenden und nutzen Sie Reime, Wenn er nicht gerade passiert ist, denkt wirklich zurück zur alten Reklame des Rhythmus, Sprachmelodie und eingän- niemand darüber nach. Doch wenn der 19. Jahrhundert? Natürlich nicht. Eine gige Redewendungen. Damit schalten Fall eintritt, möchte man schnell han- Marke durch konsistente Verwendung Sie den Turbo für das Erinnern ein. deln. Vielen Menschen fällt beim Stich- von Musik, Klang, Jingles, Soundlogos wort Steinschlag automatisch Carglass und markanten Sprecherstimmen auf- • Verwenden Sie diese Elemente mög- ein, selbst wenn sie noch nie einen sol- zuwerten und somit positive emotionale lichst frühzeitig und häufig in ihren Au- chen Vorfall selbst erlebt hatten. Das Gedankenverknüpfungen zu schaffen, dio-Spots. Understatement beschränkt Unternehmen investiert seit Jahren in widerspricht nicht dem Einsatz von Rei- den Wirkungsgrat dieser akustischen diese enge kognitive Verknüpfung in men, eingängigen Slogans oder Wie- Mittel. den Gehirnen der Autofahrer. Das Mit- derholungen. Vielmehr müssen diese tel ist das ständige Wiederholen der in eine umfassende Audio-Marke integ- • Setzen Sie auf eine hohe Frequenz Phrase „Carglass repariert, Carglass riert werden. Doch kommt es auf eine – mehr Kontakte sind besser als we- tauscht aus.“ Wir alle haben es in Ra- gute Balance an: Musik und Storytelling nige, wenn es darum geht, die richti- dio und Fernsehen tausendfach gehört. dürfen das „Auswendiglernen“ des Mar- gen Assoziationen im Gedächtnis zu Jeder Kontakt, und sei er noch so bei- kennamens nicht behindern. Schönheit, verankern. Das gilt im Zeitalter der läufig, verstärkt diese gedankliche Ver- Eleganz und Understatement reichen al- Smart Speaker in besonderem Maße: bindung. Damit hat sich die Marke einen leine nicht aus, eine Marke im Gedächt- Die meisten Smart-Speaker-Besitzen- Spitzenplatz in unserem Gedächtnis er- nis zu verankern. den hören mit dem Gerät Radiosender. obert. Sie hat einen Vorsprung vor dem Platzieren Sie ihre Werbung häufig auf Wettbewerb, denn die Marke ist bereits Mediaplanung den Sendern, die ihre Zielgruppe hört. im Bewusstsein, bevor eine Google-Su- Wie lassen sich diese Überlegungen nun Diese Reichweite und Frequenz liefert che startet. konkret in eine Mediastrategie überfüh- für die meisten Zielgruppen das Radio. ren? Natürlich müssen Mediaplanung Werbeerwähnungen im Rahmen von Wiederholungen mögen manche Radio- und kreative Gestaltung Hand in Hand gelegentlich genutzten Podcasts kön- hörer nerven, doch sie pflanzen einen gehen. Hier sind einige Tipps dazu: nen den Radioeinsatz zwar ergänzen, Markennamen und die richtigen Wor- aber kaum ersetzen. te dazu tief in unser Gedächtnis. Das • Wenn Ihre Marke im Voice-Commerce gilt sowohl für Wiederholungen inner- bestehen soll, nutzen Sie Audio-Wer- • Kreieren Sie stimmiges Audio-Bran- halb eines Werbe-Spots wie für häufige bung! Verlassen Sie sich nicht nur auf ding, doch achten Sie darauf, eine rich- Schaltungen. Am besten ist ein langfris- bewegte Bilder (die heutzutage durch- tige Balance zu schaffen. Musik, Klang tiger Einsatz: Die grundlegenden Audio- aus ohne Ton gesehen werden, etwa und Stories alleine reichen nicht aus, Assets sollten kontinuierlich und konsis- im Feed von Social Media-Plattfor- die richtigen Worte im auditiven Ge- tent angewendet werden. Auch hier ist men oder auf digitalen Out-of-Home- dächtnis einzupflanzen. DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 11
D Takeaways: ie gesprochene Spra- che erobert zuneh- gige Slogans, Wiederholungen. Ein Ziel im Voice-Marketing sollte es sein, solche Keine Angst vor mend die digitale Welt. Nicht zu Unrecht spre- Techniken einzusetzen, um dafür zu sorgen, dass den Konsumierenden die Ohrwürmern! chen viele Experten richtigen Worte im richtigen Augenblick von dem Aufstieg des einfallen. Voice-Commerce. Wenn wir mit unse- Ein Voice-Marketing erfordert sicher- rer Stimme Produkte suchen und be- lich eine Optimierung digitaler Mecha- stellen, wird es für Marken wesentlich, nismen der sprachbasierten Suche und die richtigen Worte zu vermitteln. Der des Kundenkontakts. Ebenfalls ist ein Gatekeeper dafür ist unser auditives auf Emotion und Image ausgerichtetes Gedächtnis. Die Art und Weise, wie wir Audio Branding notwendig. Doch das al- Sprache verarbeiten und abspeichern, les funktioniert nur, wenn man mit dem ist komplex, viele Hirnareale sind da- Markennamen ins auditive Gedächtnis bei involviert. Das kann ein Vorteil sein, gelangt. Einfach ausgedrückt: Marken wenn man bestimmte Elemente der ge- müssen Ohrwürmer platzieren. Und wel- sprochenen Sprache kreativ nutzt – Rei- ches Medium wäre ein besserer Experte me, Rhythmen, Sprachmelodie, eingän- für Ohrwürmer als das Radio? DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 12
Lektüre-Tipps 1. ARD MEDIA (2020): Audio Assets & Brand Building. Wie Audio-Strategien Marken stärken. Download auf https://www.ard-media.de/akademie/studien/ audio-assets-brand-building/ 2. bitcom (2021) Die Zukunft der Consumer Technology 2021 - Marktentwicklung & Mediennutzung, Trends & Technologien. Download auf www.bitkom.org 3. Gaspar, Claudia / Dieckmann, Anja (2019): Wie smart sind Smart Speaker wirklich? Wie die digitalen Mitbewohner unseren Alltag verändern. NIM Nürnberg Institut für Marktentscheidungen. Nürnberg. 4. Sammler, Daniela (2020): Splitting speech and music - Brain asymmetries for words and melodies of songs depend on opposite acoustic cues. In: Science / Jhg. 367, Ausgabe 6481, S. 974 bis 976 5. Schrott, Raoul / Jacobs, Arthur (2011): Gehirn und Gedicht – Wie wir unsere Wirklichkeiten konstruieren. Carl Hanser Verlag. München. 6. Tomasello, Michael (2002): Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens: Zur Evolution der Kognition. Suhrkamp. Frankfurt am Main. 7. von Hopffgarten, Anna (2014): Neurobiologie des Gesprächs. In: Gehirn & Geist, Ausgabe 5 / 2014, S. 56 - 57 Autor: Dirk Engel Dirk Engel ist unabhängiger Medienfor- scher und Unternehmensberater. Er un- terstützt Medien und Werbungtreibende dabei, ihre Kundinnen und Kunden besser zu verstehen. Engel studierte Kommuni- kationswissenschaft, Psychologie und So- ziologie in Mainz und Marketing in Basel. Bevor er sich selbständig machte, arbei- tete er als Mediaforscher bei der interna- tionalen Mediaagentur Universal McCann. Als Fachautor und Hochschuldozent be- schäftigt er sich mit den Themen Werbe- wirkung, Konsumentenpsychologie und Foto: Natalie Färber / LIQUID Mediennutzung. Mehr Infos: www.kunden- wissen.de DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 13
Herausgeber RADIOZENTRALE GmbH Jüdenstraße 50 10178 Berlin Tel: 030/3251216 - 0 E-Mail: info@radiozentrale.de www.radiozentrale.de twitter: www.twitter.com/radiozentrale Copyright © April 2022 DAS AUDITIVE GEDÄCHTNIS 14
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