Das betriebliche Magazin für einen nachhaltigen Einkauf - BME

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Das betriebliche Magazin für einen nachhaltigen Einkauf - BME
3,80 EURO

                 Das betriebliche Magazin
              für einen nachhaltigen Einkauf
                                                  Ausgabe Okober 2020

                                      Im Interview mit
                                      Professor René Schmidpeter

                               Nachhaltige Beschaffung in KMU:
                               Weiterbildung von DIHK und ZDH

                               Nachhaltiger Einkauf:
                               Die BME Mittelstandsinitiative

Top-Themen:
         Nachhaltige Beschaffung von Textilien
              Elektromobilität in der Praxis      Kleine Kniffe      1
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2   Kleine Kniffe
Das betriebliche Magazin für einen nachhaltigen Einkauf - BME
Editorial
    Mit dieser ersten Ausgabe der betrieblichen Version des Magazins für nachhaltige Beschaf-
fung „Kleine Kniffe“ richten wir uns an den Mittelstand aus Industrie, Handel und Handwerk in
Deutschland. Ihre Organisationen - der DIHK und der ZDH -unterstützen ihre Mitgliedsfirmen
durch spezielle Schulungsangebote für eine nachhaltige Beschaffung. Insgesamt werden 1, 9 Bil-
lionen EURO jährlich für den betrieblichen Einkauf verwendet. Sinnvoll ist es, diese Ausgaben
in immer stärkeren Maßen am Prinzip der Nachhaltigkeit zu orientieren. Dafür gibt es Gründe.

    In immer mehr Unternehmen wächst die Erkenntnis, dass Wirtschaft und Natur zusammen-
gehören. Die Tage der endlosen Entnahme natürlicher Ressourcen, deren Verarbeitung, Konsum
und der gedankenlosen Entsorgung sind gezählt. Die Meere sind voll von Plastik, die Schornstei-
ne der Müllverbrennung rauchen ohne Unterlass und überall, vor allem in Afrika, wachsen die
Halden von Elektronikschrott. Es dämmert allmählich, dass dieser Raubbau ein Ende haben muss.
Die Wirtschaft muss den Kreislaufgedanken ernstnehmen, damit am Ende des Konsums nicht
die Müllhalde, sondern die Wiederverwertung der Rohstoffe steht. Die Herausforderung besteht
darin, die Natur mit ihren Ressourcen zu bewahren und nicht, sie zu zerstören. Das hierfür gedach-
te Kreislaufwirtschaftsgesetz trat am 24.02.2014 in Kraft und wurde am 20.07.2017 geändert.

    Auch das Lieferkettengesetz verfolgt das Ziel, Menschenrechte weltweit zu achten und die
Umweltzerstörung zu vermeiden. Dabei sind die Forderungen, die das Gesetz stellt, nicht neu.
Bereits 2011 wurden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte durch den
UN-Menschenrechtsrat verabschiedet. Sie sollen die Verletzung von Menschenrechten durch
Wirtschaftsunternehmen verhindern und definieren die staatliche Schutzpflicht und die unter-
nehmerische Verantwortung in globalen Lieferketten. Im Jahr 2016 formulierte daraus die
Bundesregierung einen „Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien“ (NAP),
der auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen setzt. Jetzt fordern auch Unternehmen
wie BMW, Daimler, Nestle, REWE, Ritter Sport, Tchibo und Vaude, ein Gesetz für eine unter-
nehmerische Sorgfaltspflicht mit verpflichtendem Charakter zu verabschieden.

    Das Magazin für die betriebliche nachhaltige Beschaffung „Kleine Kniffe“ wird halbjährlich zu
den Themen der nachhaltigen Beschaffung berichten: Best Practise, Unternehmensportraits, wis-
senschaftlich Erkenntnisse, Digitalisierung unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit werden unsere
Themen sein.

    Ausblick: In der im April 2021 erscheinenden nächsten Ausgabe von „Kleine Kniffe“
erwarten Sie neben vielen anderen Themen Schwerpunktberichte zu den Themen Fuhrpark-
management, nachhaltiges Bauen und Renovieren im Bestand. Bis dahin wünsche ich Ihnen
eine angenehme Zeit. Bleiben Sie gesund!

                                           Chefredakteur
                                                                                                Kleine Kniffe   3
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4   Kleine Kniffe
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Ohne Kreislaufwirtschaft
                                      kein effektiver Klimaschutz
Ein Beitrag von Bernhard Schodrowski,
BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V.

    Der 22. August war in diesem Jahr ein trauriges Datum und              verbrauchen weniger Energie in der Produktion, reduzieren den
eine dramatische Zäsur. Auf diesen Tag fiel der Erdüberlastungstag,        CO2- Ausstoß und schonen das Klima
also jener Termin, an dem rechnerisch die natürlichen Ressourcen
der Erde für das laufenden Jahr aufgebraucht sind. Für den Rest des            Hier sprechen die wissenschaftlich belegten Zahlen eindeu-
Jahres 2020 leben wir nun auf Pump von den Ressourcen nachfol-             tig für mehr Kreislaufwirtschaft: wenn eine Verdoppelung der
gender Generationen.                                                       Recyclingrohstoffmenge in der industriellen Produktion von der-
                                                                           zeit knapp fünfzehn Prozent auf dreißig Prozent mit konkreten
     Die Tatsache, dass wegen der Corona- Pandemie dieser Tag um           Maßnahmen angegangen werde, hätte man nicht nur 60 Millionen
drei Wochen gegenüber dem letzten Jahr nach hinten gerückt ist,            Tonnen CO2-Einsparung zusätzlich erreicht, sondern auch den
ist kein Grund zum Aufatmen, denn seit einem halben Jahrhundert            Produktionsstandort Deutschland gestärkt.
leben wir so als hätten wir drei Erden als Rohstoffspender zur Ver-
fügung. Was also ist zu tun, wenn wir wirtschaftlich wachsen, den              Doch leider hat die Politik in Deutschland viele Chancen bisher
Wohlstand halten und trotzdem nachhaltig handeln wollen ?                  verstreichen lassen und die Potenziale der Kreislaufwirtschaft weder
                                                                           erkannt noch bisher bei Regelungen berücksichtigt.
    Die Lösung liegt im Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Allen ist klar,
dass wir, wenn wir Klimaschutz, Energiewende und Ressourcen-                   Dies ist umso bedrückender, weil ein ambitioniertes Klima-
schonung ernst nehmen wollen, deutlich mehr Kreislaufwirtschaft            schutzpaket oder ein Corona- Konjunkturpaket mit Aspekten der
brauchen. Im Fokus ist dabei besonders die Einsparung von CO2-             Kreislaufwirtschaft für die nächsten Jahre hätte richtungsweisend
Emissionen, die in Deutschland im Jahr 2017 ein Gesamtvolumen              sein können. Es wäre auch an der Zeit, wenn man bedenkt, dass
von mehr als 900 Millionen Tonnen hatten.                                  die letzten echten Weichenstellungen für die Kreislaufwirtschaft,
                                                                           das Deponierungsverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle und die
    Mit einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft haben wir die           Einführung der Herstellerverantwortung, länger als ein Vierteljahr-
große Chance, unser Wirtschaftssystem zukunftsfähig zu machen              hundert zurückliegen. Seitdem läuft die Politik auf den eingetretenen
und Ökonomie und Ökologie wirkungsvoll miteinander zu ver-                 Pfaden weiter. Der große Wurf ist dieses Klimaschutzpaket nicht
binden. Bei weltweit wachsendem Lebensstandard und steigenden              und dürfte andere Länder kaum beeindrucken.
Bevölkerungszahlen ist es alternativlos, dass wir mit endlichen
Ressourcen sparsam umgehen müssen. Wir müssen anders produ-                    Dabei ist ein mutiger Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft ist
zieren und konsumieren                                                     unverzichtbar, wenn wir Wirtschaftsstandort bleiben und ambitio-
                                                                           nierte Klimaziele erreichen wollen. Dann besteht auch die Chance,
     Unser Ziel ist es deshalb, die natürlichen Rohstoffe ressourcenef-    dass der jährliche Weltüberlastungstag Tag für Tag Richtung
fizient zu nutzen und die Materialien im Kreislauf zu führen, sprich       Jahresende rückt.
als Rezyklate zu verwenden. So sparen wir natürliche Ressourcen,

                                                                                                                    Kleine Kniffe           5
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Impressum                                                      01                                02

Redaktion
SDG media GmbH
Wagenfeldstraße 7a
44141 Dortmund

Kontakt:
redaktion@kleine-kniffe.de

Chefredaktion:
Thomas Heine

Textbeiträge von:
Dr. Christine Avenarius, Prof. Dr. Ronald
Bogaschewsky, Katrin Bolkart, Antonia Dierker,
John Dowling, Balz Eggenberger, Lea Eggers, Dr.
Stefanie Eichiner, Thomas Heine, Natalie Heiz-
mann, Carolin Hendrys, Dr. Nikolai Hoberg,
Saskia Hornivius, Christof Langer, Fabian
Lauer, Ria Müller, Florian Kamm, Martin Klett,
Carsten Ridder, Prof. Dr. René Schmidpeter,
Bernhard Schodrowski, Hans-Walter Trepper,
Peter Uhlig, Julia Wagner, Benedikt Zöller,Y-
vonne Zwick.

Fotos/Grafiken:
depositphotos, IÖW GmbH, gemeinnützig,
Kathrin Jegen / ZWH, Tina Merkau.

                                                  08. Mittelstand                   16. Im Gespräch
Internet:
www.nachhaltige-beschaffung.com                      Der Wertbeitrag des Einkaufs      Dr. Stefanie Eichiner, UPM

Social media:
Twitter: https://twitter.com/MKniffe
LinkedIn: https://www.linkedin.com/posts/
thomas-heine-866785                               10. IHK Dortmund                  18 Bafa-Förderung
Facebook: https://www.facebook.com/Kleine-
Kniffe-1601748926512841/                            Nachhaltiges Wirtschaften          Beratungskosten-Zuschuss

Höhe der Auflage:
5.000

Distribution                                      11. DIHK-Bidungs -                19. Digitalisierung
Der Versand der Auflage erfolgte mit finanziel-
ler Unterstützung des Umweltbundesamtes           	GmbH
                                                                                       Low-Code-Plattformen
                                                    IHK-Management-Training
Druck:
Produktion mit 100% Ökostrom aus regene-
rativer Stromerzeugung und ohne Einsatz
fossiler Brennstoffe.
                                                  12. Zentralstelle für             20. Die „neue
Druck:                                                die Weiterbildung                 Normalität “
Recyclingpapier                                       im Handwerk
                                                                                      Prof. Ronald Bogaschewsky
Herausgeber                                          Nachhaltigkeit stärken
SDG media GmbH
Wagenfeldstraße 7a
44141 Dortmund
www.sdg-media.de                                  15. veranstaltungen               23. Im Gespräch
© kleine kniffe ist eingetragenes                    Procurement Leadership            Anton Debatin GmbH
Warenzeichen der IMAGO GmbH, Dortmund

  6               Kleine Kniffe
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03                                  04                                   05

24. EcoVadis                      36. IÖW, Berlin
                                      DiTex-Projekt
   Nachhaltige Beschaffung
                                     Kreislauffähige
                                                                     50. Initiative Pro
                                     Berufskleidung
                                                                     	Recyclingpapier
                                                                        Papier in Zeiten von Digitali-
27. Im Gespräch
                                                                        sierung und Nachhaltigkeit
   Yvonne Zwick, Rat für          39. Im Gespräch
   Nachhaltige Entwicklung
                                     Carsten Ridder, Dibella GmbH

28. Einwegkunst-                                                     52. Nachhaltige
                                  40. Im Gespräch                        Beschaffung
    stoff verbot
                                     Florain Kamm, Weishäupl           „Best Practice“ aus dem
   Kompetenzstelle für
   nachhaltige Beschaffung                                             Mittelstand

                                  42. Provadis                       54. Für KMU
                                      Hochschule , FF/M
30. Blauer Engel ...                                                   Kompass für Nachhaltigkeit
                                     Innovationsprojekt City Loops
    für Produkte aus Recycling-
    Kunststoff

                                  44. Elektromobilität               55. Veranstaltungen
                                      in der Praxis
32. Im Gespräch                                                        Termine
                                     Balz Eggenberger
   Prof. Dr. René Schmidpeter

                                                                                    Kleine Kniffe        7
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Aus Unternehmensverbänden

Der Wertbeitrag des Einkaufs im Mittelstand –
eine neue Wahrnehmung seit der Corona Krise?

„Sparen, Sparen, Sparen!“ Lange Jahre war dies die Hauptaufgabe, die Verantwortungsträger im
Mittelstand in der Rolle des Einkaufs gesehen haben. Viele Einkaufsverantwortliche taten sich
schwer damit ihren Wertbeitrag im Unternehmen gegenüber Geschäftsführung, Produktions- oder
Entwicklungsleitung klar zu machen.

Ein Beitrag von Martin Klett, BME Mittelstandsinitiative in Zusammenarbeit mit der BME-
Fachgruppe Wertbeitrag des Einkaufs

          Zahlreiche Gespräche mit Einkaufsverantwortlichen aus dem       der Geschäftsstelle und den bundesweit 38 BME Regionen haben
    Mittelstand haben gezeigt, dass sich diese Sichtweise spätestens in   eine einfache, transparente und universell einsetzbare Übersicht
    der Corona Krise verändert hat. Auf einmal wurde klar, dass eine      erarbeitet.
    sichere Versorgung der Unternehmen mit Einsatzstoffen, aber auch
    mit Verbrauchs-                                                                                                         Dabei       wird
    materialien,                                                                                                        unterschieden zwi-
    Transportkapazitä-                                                                                                  schen quantitativen
    ten, IT Infrastruktur                                                                                               und     qualitativen
    und vielen Gütern                                                                                                   Hebeln. Die Zusam-
    und Dienstleistungen                                                                                                menstellung erhebt
    überlebenswichtig                                                                                                   keinen Anspruch
    ist, dass also der Preis                                                                                            auf Vollständigkeit.
    nicht mehr die allein                                                                                               Es hat sich aber in
    dominierende Ent-                                                                                                   zahlreichen Diskussi-
    scheidungsvariable                                                                                                  onen herausgestellt,
    darstellt.                                                                                                          dass die beschriebe-
                                                                                                                        nen Hebel in sehr
        Aber welchen                                                                                                    vielen Unternehmen
    Wertbeitrag leis-                                                                                                   unabhängig von der
    tet der Einkauf                                                                                                     Unternehmensgröße
    genau neben Ver-                                                                                                    und der Branche zur
    sorgungssicherheit                                                                                                  Erfolgsmessung her-
    und attraktiven                                                                                                     angezogen werden,
    Einstandskosten?                                                                                                   wenn      auch    mit
    Innerhalb der Bundesvereinigung Materialwirtschaft, Einkauf           unterschiedlicher Gewichtung. Das Angebot an die Einkaufsverant-
    und Logistik e.V. hat sich eine Arbeitsgruppe Mittelstand damit       wortlichen ist nun, die über den BME erhältliche Präsentation auf
    beschäftigt, diesen Wertbeitrag transparent zu machen. Zahlrei-       die eigene Firmenstrategie anzuwenden und mit Hilfe der Beispiele
    che Gespräche und Workshops mit Einkaufsverantwortlichen,             zu erklären, wie sich genau der Wertbeitrag der eigenen Einkaufsab-
    Geschäftsführern, Finanzexperten und BME Mitarbeitenden aus           teilung zum Erreichen der Unternehmensziele darstellt. Konkrete

8             Kleine Kniffe
Das betriebliche Magazin für einen nachhaltigen Einkauf - BME
Definitionen, Beispiele und Visualisierungen für jeden Hebel sind      eine immer größere Rolle, wird aber an anderer Stelle betrach-
aufgeführt und können bei der Argumentation sehr hilfreich sein.       tet. Der Lieferant muss als Partner in einer Wertschöpfungskette
                                                                       gesehen werden. Offene, transparente Kommunikation über den
   Schauen wir uns das konkrete Beispiel eines quantitativen           gesamten RFX Prozess leistet hier einen wichtigen Beitrag. Kommt
Hebels an: Zahlungsbedingungen.                                        es zu einem Vertragsabschluss, sollte es selbstverständlich sein, dass
                                                                       pünktlich gemäß den vereinbarten Lieferbedingungen bezahlt wird
   Sehr oft wird dieser Hebel im Einkauf genutzt, um den Cash          und das eigene Unternehmen als verlässlicher Kunde wahrgenom-
Flow zu verbessern. Allerdings können darüber auch                     men wird. Diese Philosophie muss Einzug halten in den gesamten
                                                                       Personalauswahl, - entwicklungs und entlohungsprozess.
  • das Lieferantenportfolio gesteuert werden

  • durch bewusstes Ausnutzen von Skonti Einsparungen erzielt
  werden

  • durch eine klare Standardisierung von Prozessen die Anzahl
  der Payment Terms reduziert und damit Kosten eingespart
  werden und

  • Prozesse für die Digitalisierung vorbereitet werden.

     Hier kann man in Abstimmung mit der Unternehmensstrategie
mit den Entscheidungsträgern im Unternehmen festlegen, welche
Zielrichtung bei den Zahlungsbedingungen primär verfolgt werden
soll. Wie sich z.B. eine Veränderung der Zahlungsbedingungen auf
die Einkaufspreise auswirken kann, wird beispielhaft visualisiert:

                                                                            Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, ob eine Partnerschaft geeignet
                                                                       ist, die auftretenden Probleme gemeinsam erfolgreich zu lösen.

                                                                            Die Bedeutung eines gut aufgestellten Einkaufs dürfte dem-
                                                                       entsprechend in der Corona Krise vielen Entscheidern bewusster
                                                                       geworden sein. Die vom BME erarbeitete Systematik hilft dabei,
                                                                       diesen Wertbeitrag auch leicht verständlich, nachvollziehbar und
                                                                       eingebettet in die Unternehmensstrategie zu erläutern und zu visua-
                                                                       lisieren.

                                                                          Interessenten wenden sich bitte an den BME,
                                                                       Nicole von Wensierski E-Mail: nicole.vonwensierski@bme.de

    Gerade in der Corona Krise wurde vielen Unternehmen bewusst,
wie wichtig eine nachhaltige Versorgung für den eigenen Geschäfts-
erfolg sein kann. Der qualitative Hebel „Lieferantenmanagement und                              Autor
Nachhaltigkeit“ greift dies beispielhaft auf.                                                   Martin Klett,
                                                                                                BME Mittelstandsinitiative in
    In dem gewählten Beispiel geht es primär um nachhaltige, sprich                             Zusammenarbeit mit der BME-
zuverlässige, belastbare Beziehungen zu den wichtigsten Lieferan-                               Fachgruppe Wertbeitrag des
ten. Natürlich spielt auch der ökologische Aspekt der Nachhaltigkeit                            Einkaufs

                                                                                                                 Kleine Kniffe           9
Das betriebliche Magazin für einen nachhaltigen Einkauf - BME
Aus Unternehmensverbänden

 Nachhaltiges Wirtschaften
 rückt in den Fokus der IHK zu Dortmund

 Zum Jahreswechsel hat die IHK zu Dortmund als eine der ersten Industrie- und Handelskammern
 ein Referat für das Thema nachhaltiges Wirtschaften eingerichtet. Zugegeben – exklusiv wird das
 Thema dort nicht bearbeitet. Im Referatszuschnitt liegen auch die Themen Industrie und Energie.
 Womöglich liegt aber gerade in dieser Verbindung eine Chance, um Nachhaltigkeits-Ansätze noch
 stärker in der Breite der Unternehmerschaft zu etablieren.

 Ein Beitrag von Fabian Lauer, IHK zu Dortmund

     Ihren rund 55.000 Mitgliedsunternehmen in Dortmund, Hamm             mensnetzwerk „bewusst wie e. V.“, das seit seiner Gründung Ende
 und dem Kreis Unna –dem „Westfälischen Ruhrgebiet“ – möchte              2019 immer mehr Zuspruch erfährt, aktiv einbringen.
 die IHK zukünftig verstärkt Angebote unterbreiten, die eine nach-
 haltige Ausrichtung des Geschäftsmodells unterstützen. Dabei                 Ein weiteres Highlight bietet die u. a. mit den Kleinen Kniffen
 darf nicht vergessen werden, dass viele, gerade familiengeführ-          organisierte, digitale Konferenz „Procurement Leadership 2030“ im
 te, mittelstän-dische Betriebe, Nachhaltigkeit schon lange in ihrer      November.
 Unternehmens-DNA tragen. „Enkelgerechtes Wirtschaften“, bei
 dem der Schutz der natürlichen Lebensgrundla-gen, langfristige und            Bei ihren Mitgliedsunternehmen sieht die IHK vor allem
 tragfähige Investitionen in die Zukunft des Unternehmen und der           dort Anknüpfungspunkte, wo seit vielen Jahren schon Energie-,
 Folgegeneration sowie ein fairer Umgang mit den Mitarbeiterinnen          Umwelt- und Klimaschutzthemen im Fokus stehen. So hat die
 und Mitar-beitern zusammenkommen, sind für den überwiegen-                IHK zwei Energieeffizienz-Netzwerke initiiert und bietet mit den
 den Teil der Unternehmerschaft selbstverständlich. In der IHK gibt       „Energie-Scouts“ jedes Jahr eine kostenfreie Weiterbildung für
 das traditionelle, aber keinesfalls antiquierte Leitbild des „Ehrbaren    Auszubildende an. Die Veranstaltungsreihe „Nachhaltige und intel-
 Kaufmanns“ davon Zeugnis.                                                 ligente Gebäude“ feiert dieses Jahr bereits ihr zehnjähriges Jubiläum.
                                                                           So steht für die IHK gerade mit der Industrie eine Zielgruppe im
     Dennoch besteht Handlungsbedarf, um eine nachhaltige                  Vordergrund, die andere Multiplikatoren weniger stark im Blick
 Gesellschaftsentwicklung im Sinne der SDGs auch im Bereich der            haben – das bietet Raum für weitere Synergien und Kooperationen.
 Wirtschaft weiter voranzubringen. Einer der ersten Schritte bestand
 für die IHK in einer Kooperation mit der regionalen Gruppe der
 Gemeinwohlökonomie im Rahmen einer Forums-Veranstaltung im
 März 2020. Auch wenn es bei der Frage nach dem richtigen Weg hin
 zu mehr unternehmerischer Nachhaltigkeit durchaus unterschied-                                    Autor
 liche Ansätze gibt, helfen die Begegnungen von Unternehmern                                      Fabian Lauer
 unterschiedlicher Couleur doch, Berührungsängste abzubauen und
 neue Anknüpfungspunkte zu finden.                                                                IHK zu Dortmund
                                                                                                  Tel: 0231 5417-229,
     Die IHK wird sich zukünftig auch im Dortmunder Unterneh-                                     E-Mail: f.lauer@dortmund.ihk.de

10         Kleine Kniffe
Aus Unternehmensverbänden

                         NACHHALTIG. ERFOLGREICH. FÜHREN

Alle sprechen über Nachhaltigkeit. Das Thema in die unternehmerischen Handlungsfelder zu
integrieren, stellt für Unternehmen jedoch eine komplexe Herausforderung dar. Eine Initiative
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit der DIHK-Bildungs-
GmbH will gemeinsam mit Unternehmen, Fachexperten und IHKs Lösungen entwickeln. Mit einem
IHK-Management-Training, das Unternehmen unterstützt, die Prinzipien von Nachhaltigkeit im
unternehmerischen Handeln anzuwenden.

Im Gespräch mit Peter Uhlig, DIHK-Bildungs-GmbH

   Das vom Bundesministerium für Bildung und                             Wen wollen Sie denn in den Betrieben erreichen?
Forschung geförderte IHK-Management-Training „Nach-
haltig Erfolgreich Führen“ zahlt auf die Zukunftsfähigkeit                Wir haben viel vor! Nachhaltigkeit in Unternehmen funktio-
des Mittelstands ein. Wie kam es zu diesem Projekt?                   niert am besten, wenn das gesamte Team an einem Strang zieht.
                                                                      Deshalb entwickeln wir erstmals ein Management-Training, das
    Seit 2017 gibt es den Nationalen Aktionsplan Bildung für          Nachhaltigkeits-Kompetenz in alle Unternehmensbereiche trägt.
nachhaltige Entwicklung (BNE). Wir haben den Auftrag der Kom-         Praxisnah und handlungsorientiert. Für die Unternehmensführung,
petenzentwicklung betrieblicher Zielgruppen aufgegriffen und ein      für das Management und für die einzelnen Funktionsbereiche im
Training für Unternehmen entwickelt. Dieses Qualifizierungsan-        Unternehmen. Wir verfolgen also einen ganzheitlichen Ansatz.
gebot unterstützt Betriebe dabei, ihr unternehmerisches Handeln
unter wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Dimensionen zu         Und wer liefert die Inhalte der Trainingsbausteine?
betrachten und ggf. zu verändern. Das entspricht auch dem Leitbild
                                                                          IHKs und die DIHK-Bildungs-GmbH entwickeln zurzeit
des Ehrbaren Kaufmanns.
                                                                      gemeinsam mit zahlreichen Experten aus Unternehmen und Wissen-
    Treffen Sie mit der Qualifizierung von Führung-                   schaft das modulare IHK-Management-Training. Die Kooperation
skräften den Bedarf der Unternehmen?                                  mit erfahrenen Partnern ermöglicht uns eine praxisnahe und wir-
                                                                      kungsvolle Gestaltung des Lehrgangs: So können Führungskräfte
     Die Anforderungen an Unternehmensleitungen wachsen, so           entscheiden, ob sie an Präsenzseminaren oder hundertprozentigen
ist z.B. eine CSR-Berichtspflicht eingeführt worden. Aber auch        Live-Online-Trainings teilnehmen.
Kunden und Geschäftspartner erwarten verantwortliches Handeln.
Wir setzen mit der Qualifizierung der Managementebene an der
Stelle im Betrieb an, die die Implementierung neuer Strategien auch                         Gesprächspartner
umsetzen kann.                                                                              Peter Uhlig

                                                                                           Projektkoordinator
                                                                                           Tel: 0228/62 05-274
                                                                                           E-Mail: uhlig.peter@wb.dihk.de
                                                                                           www.dihk-bildungs-gmbh.de

                                                                                                           Kleine Kniffe        11
Aus Unternehmensverbänden

 Warum ein Nachhaltigkeitsbericht
 auch kleinen Betrieben Vorteile bietet

 Warum sollte sich ein kleiner oder mittelgroßer Handwerksbetrieb entscheiden, einen
 Nachhaltigkeitsbericht zu schreiben, wenn dies weder zwingend notwendig noch gesetzlich
 vorgeschrieben ist?

 Ein Beitrag von Dr. Christine Avenarius, Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e.V.

     Gerade in kleinen Betrieben haben weder Betriebsinhabende          machen den Betrieb attraktiv für Arbeitnehmende. Hinzu kommt,
 noch Mitarbeitende ausreichende Kapazitäten, um – zusätzlich zum       dass Banken bei der Kreditvergabe zunehmend berücksichtigen, ob
 Tagesgeschäft – Informationen zum Energieverbrauch, der Beach-         Unternehmen Angaben zu nachhaltiger Betriebsführung machen.
 tung der Wiederverwendbarkeit von Arbeitsmaterialien oder der
 Veranke-rung in der regionalen Wirtschaft zu sammeln und zu            Den Wunsch nach Nachhaltigkeit praktisch
 verschriftlichen. Darüber hinaus sind Kleinst-, Klein- und Mittelun-
 ternehmen derzeit nicht verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht     umsetzen
 zu schreiben. Die Vorgaben des Richtlinie-Umsetzungsgesetzes für           Es gibt aber weitere überzeugende Gründe, sich den Anforde-
 Corporate Social Responsibility (CSR-RUG), einen Bericht über          rungen eines Nachhaltigkeitsberichts zu stellen. Viele kennen die
 nicht-finanzielle Aspekte mit Berücksichtigung von Initiativen zu      Erfahrung, dass der Wunsch, mehr Nachhaltigkeit im eigenen Leben
 Ressourcenschonung, Wohlergehen von Arbeitnehmenden und                oder Unternehmen zu etablieren, nicht zur Umsetzung kommt.
 Engagement für die Gesellschaft zu erstellen, betrifft nur Unterneh-   Manchmal fehlt ein Anlass oder Startpunkt. Manchmal fehlen Ideen
 men, Banken und Versicherungen, die mehr als 500 Mitarbeitende         für nachhaltigere Arbeitsmethoden oder für die nachhaltige Beschaf-
 beschäftigen. Dennoch kann es auch für einen kleineren Betrieb         fung von Arbeitsmitteln. Und manchmal fehlt der Ansporn, denn
 sinnvoll sein, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Ins-   das Vorhaben scheint weit entfernt von den alltäglichen Anforde-
 besondere dann, wenn die Nachhaltigkeitserklärung festgelegten         rungen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, ist es
 Standards folgt und von unabhängigen Prüfenden zertifiziert wird.      wichtig, praxisorientierte Aufgaben anzunehmen. Die Recherchen
                                                                        zu Verbrauchsdaten des Betriebs und die Beschreibung aktuel-
 Vorteile bei öffentlichen Vergaben und bei der                         ler Betriebsabläufe, die für die Erfüllung der Anforderungen eines
                                                                        Nachhaltigkeitsberichts notwendig sind, machen aus dem abstrakten
 Bindung von Fachkräften                                                Vorhaben, nachhaltiger zu wirtschaften, reale Aufgaben. Damit wird
     Zu den guten Gründen für das Verfassen eines Nachhaltigkeits-      der Wunsch, sich mit Nachhaltigkeit zu befassen, zur Realität und
 berichts zählen, dass zum Beispiel bei öffentlichen Vergaben oder      das Schreiben eines Berichts zum Anreiz. Beides zusammen liefert
 bei Aufträgen aus der Industrie an kleine und mittlere Unterneh-       gleichzeitig Anregungen und Ideen für weitere Maßnahmen, die
 men (KMU) Angaben zu Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette ein        nachhaltiges Wirtschaften fördern.
 zunehmend bedeutender Vergabefaktor sind. Ein Nachhaltigkeits-
 bericht kann somit Aufträge sichern. Die Zertifizierung kann kleine    Vielfältige Standards für
 Betriebe außerdem bei der Fachkräftegewinnung und -sicherung
 unterstützen, denn die im Bericht dokumentierte Verantwortung für      Nachhaltigkeitsberichte
 die Belegschaft und der Beitrag für das Gemeinwohl in der Region           Um das eigene betriebliche Engagement für Nachhaltigkeit für

12         Kleine Kniffe
Foto: Moana Brunow / ZWH e.V.

    sich selbst und andere sichtbar zu machen, bietet sich die Verwen-    Anwendende zur Reflektion wichtiger Nachhaltigkeitsthemen
    dung von etablierten Standards für Nachhaltigkeitsberichte an. Dazu   ein und erlaubt, die Erklär-Funktion zu nutzen, falls ein Betrieb
    gehören unter anderem die Global Reporting Initiative (GRI), der      bestimmte Anforderungen noch nicht erfüllen kann. Das bedeutet,
    Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) und die Gemeinwohlöko-            dass ein berichtender Betrieb angeben kann, wenn ein bestimmtes
    nomie (GWÖ). Für die Umsetzung des vom Bundesministerium              Thema Neuland ist und welche Maßnahmen das Unternehmen dazu
    für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „HAND-          für die Zukunft plant.
    WERKN – Nachhaltigkeit in Handwerksbetrieben stärken!“ hat sich
    die Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e. V. (ZWH)       Nachhaltigkeits-Navigator Handwerk
    bewusst für eine Orientierung am Deutschen Nachhaltigkeitskodex
    (DNK) entschieden. Die ZWH hat den Nachhaltigkeits-Navigator          als digitales Management-Instrument für
    Handwerk entwickelt, der Handwerksbetriebe befähigt, vorhandene       nachhaltige Betriebsführung
    nachhaltige Praktiken besser zu erfassen und weitere Maßnahmen zu         Der Nachhaltigkeits-Navigator Handwerk der ZWH leitet
    pla-nen. Für den umfangreichen Prozess der Berichtserstellung nach    Betriebe zunächst dazu an, die Ist-Situation der eigenen Betriebsab-
    den Kriterien des DNK berücksichtigt der Navigator die Besonder-      läufe zu beschreiben. Der Navigator besteht aus Anleitungen zur
    heiten des Handwerks.                                                 Selbsterkenntnis und Dokumentation, die dem Betrieb dabei helfen,
                                                                          sowohl Stärken als auch Verbesserungsmöglichkeiten des nachhalti-
    Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK) als                              gen Wirtschaftens zu erkennen. Jede Anleitung orientiert sich an den
                                                                          Anforderungen eines bestimmten Kriteriums des DNK und bietet
    vielseitige Grundlage                                                 Nutzenden eine Auswahl vorformulierter Antworten an. Anhand
         Der DNK wurde vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE)          der vorgegebenen Möglichkeiten Nachhaltigkeit praktisch umzu-
    der Bundesregierung erstellt und orientiert seine Leistungsindika-    setzen, suchen sich Anwendende die passenden betriebsbezogenen
    toren an den Standards für Nachhaltigkeit der Global Reporting        Aussa-gen aus und werden von den Inhalten auf neue nachhaltige
    Initiative (GRI). Die Anforderungen des DNK an Datendokumen-          Praktiken aufmerksam gemacht. Die entstandenen Texte können
    tation sind im Vergleich zu den GRI-Standards weniger umfangreich     anschließend ergänzt oder umgeschrieben werden.
    und komplex. Der DNK bietet dennoch Anschlussfähigkeit an die
    Nachhaltigkeitsberichte großer Unternehmen und langfristig                Der Fokus des Navigators auf Bestandsaufnahme wird auch
    Vergleichbarkeit und Transparenz der betrieblichen Nachhaltig-        dadurch deutlich, dass das Instrument – anders als der Orientie-
    keit. Zudem ermöglicht die Beantwortung der 20 DNK-Kriterien          rungsrahmen des DNK – nicht mit der Aufforderung beginnt, die
    einen Lernprozess, der die Entwicklung weiterer unternehmens-         betriebliche Nachhaltigkeitsstrategie zu beschreiben. Anwendenden
    spezifischer Lösungen fördert. Der Fragenkatalog des DNK lädt         wird empfohlen, sich zunächst mit den Bestandteilen der eigenen

                                                                                                                  Kleine Kniffe          13
Foto: Kathrin Jegen/ ZWH e.V.

 Wertschöpfungskette zu beschäftigen. Das heißt, die Vielfalt der Lie-   müssen, um als praxisorientiertes Werkzeug in Handwerksbetrieben
 ferfirmen, Herstellenden und deren Produkte kennenzulernen und          eingesetzt werden zu können.
 auf Nachhaltigkeitsaspekte zu prüfen.
                                                                             Der Nachhaltigkeits-Navigator Handwerk wird ab Novem-
     Im Anschluss folgt eine Anleitung zur Gestaltung eines Dialogs      ber 2020 kostenlos als Browseranwendung zur Verfügung stehen.
 mit Mitarbeitenden, ausgewählten Kund*innen und Geschäftspart-          Parallel dazu bietet die ZWH gemeinsam mit Kooperations-
 ner*innen. Dieser Dialog kann die Bestimmung des betrieblichen          partner*innen aus der Handwerksorganisation Online-Workshops
 Handlungsschwerpunkts unterstützen. Darauf aufbauend führen die         zum Thema an. Wir möchten viele Handwerksbetriebe erreichen
 Nutzenden des Navigators ihre Bestandsaufnahme zu Ressourcen-           und sie bei der Bestandsaufnahme nachhaltiger Aktivitäten und
 nutzung, Arbeitnehmendenrechten, Qualifizierung, Engagement in          Sichtbarmachung von Stärken unterstützen. Das Einreichen eines
 der Region, Gesetzeskonformität und Innovationen durch, bevor sie       Nachhaltigkeitsberichts beim Büro des Deutschen Nachhaltigkeits-
 sich der Festlegung von Nachhaltigkeitszielen widmen und angeben,       kodex ist keine Nutzungsbedingung.
 wie sie die internen Prozesse ihrer nachhaltigen Betriebsführung
 organisieren.                                                               Für weiterführende Informationen zum Nachhaltigkeits-Navi-
                                                                         gator Handwerk und dem Workshop-Angebot besuchen Sie uns auf
 Mitwirkung von Handwerksbetrieben und
 Expert*innen für nachhaltiges Wirtschaften im                                          www.nachhaltiges-handwerk.de
 Handwerk
     Den Navigator hat das Team der ZWH nicht im Alleingang
 gebaut. Die Inhalte der Anleitungen zu jedem DNK-Kriterium
 wurden zunächst von ZWH-Mitarbeitenden entwickelt und von
 einer Expert*innenrunde evaluiert, zu denen Inhabende von Hand-
 werksbetrieben und Betriebsberater*innen aus Handwerkskammern
 gehören. Nach Überarbeitung der Anleitungen wurden diese in
 Workshopreihen an den vier Standorten Hamburg, Dresden, Mün-                                  Autorin
 chen und Düsseldorf mit Inhabenden und Führungskräften von 20                                 Dr. Christine Avenarius
 Handwerksbetrieben aus sieben Gewerben getestet und optimiert.
 Sie haben die Anleitungen ausprobiert und zurückgemeldet, welche                              Zentralstelle für die Weiterbildung im
 Aspekte und Beschreibungen ergänzt oder überarbeitet werden                                   Handwerk e.V.

14            Kleine Kniffe
Veranstaltungshinweis

Online-Fachtagung
Procurement Leadership 2030: Nachhaltig und innovativ einkaufen

Termin
12. November 2020 von 14:00 Uhr bis 16:30 Uhr

Der Einkauf mit seinen vielfältigen Schnittstellen zu internen und externen Partnern ist ein zentraler
Lenker des nachhaltigen Wirtschaftens. Doch obwohl „Green Procurement“ und „Sustainable Procure-
ment“ seit fast zwei Jahrzehnten in der Fachwelt diskutiert werden, sind gerade für viele Mittelständler
Nachhaltigkeitsaspekte im Einkauf und eine entsprechende Berichterstattung Neuland.

Nachhaltigkeit ist selten als Einkaufsziel verankert oder beschränkt sich auf die Vermeidung von Kinder-
arbeit und den Verzicht auf giftige Stoffe. Viele Unternehmen unterschätzen noch immer die Chancen
einer nachhaltigen Lieferkette, verfügen nicht über das notwendige Know-how oder widmen sich lieber
anderen Aufgabenfeldern. Angesichts von Klimawandel und Krisen dürfte sich der Druck auf Unterneh-
men aber weiter erhöhen, ihre Lieferkette transparenter zu machen. Wie aber lässt sich Nachhaltigkeit in
Einkauf und Beschaffung wirkungsvoll und konsequent verankern?

Mit der Fachtagung möchten wir Unternehmer und Beschaffungsverantwortliche motivieren und un-
terstützen, selbst aktiv zu werden. Wir zeigen Ihnen mögliche Handlungsoptionen, Informationsquellen
und Netzwerke, in denen Sie Ihre Erfahrungen teilen können.

Die kostenfreie Online-Veranstaltung wird gemeinsam vom Bundesverband Materialwirtschaft,
Einkauf und Logistik (BME), „Kleine Kniffe“ und der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund
ausgerichtet.

                                        Anmeldung
   https://events.dortmund.ihk24.de/procurementleadership2030
                                                                                     Kleine Kniffe    15
Nachhaltig aufgestellte Unternehmen

 Strenge Anforderungen an Nachhaltigkeit erfüllt

 Als diplomierte Försterin hat Dr. Stefanie Eichiner im bayerischen Staatswald Bäume gepflanzt,
 gepflegt und geerntet. Als Forstwissenschaftlerin hat sie zur nachhaltigen Ressourcennutzung
 geforscht und gelehrt mit Stationen in den USA, Deutschland und Indonesien. Seit 2013
 Jahren schult Dr. Eichiner Kunden und Kollegen zur nachhaltigen Papierherstellung und
 Unternehmensverantwortung.

 Im Interview Dr. Stefanie Eichiner

     Was macht eine Försterin in der Papierbranche?                Die Abwärme unserer Maschinen fließt in den firmeneigenen Ener-
                                                                   giekreislauf. Das Wasser leihen wir uns aus der nahen Isar, nach
     Ich entwickele Strategien für mehr Nachhaltigkeit bei der     der Nutzung bereiten wir es in einer Kläranlage auf und leiten es so
 Papierherstellung. Papier wird aus einem erneuerbaren und         sauber zurück in den Fluss, wie wir es entnommen haben.
 wiederverwertbaren Rohstoff hergestellt und ist während seiner
                                                                     Was bedeutet das Thema „nachhaltig bewirtschafteter
 gesamten Lebensdauer nachhaltig. Als weltweit größter Ver-
                                                                   Wald“ für UPM?
 arbeiter von Altpapier in der grafischen Industrie könnte UPM
 Communication Papers mit dem im Laufe eines Jahres eingesetzten
 Papier fast drei Mal das Empire State Building füllen.                 Wälder sind die wichtigste Rohstoffquelle für UPM. Daher
                                                                   ist es für unser Unternehmen oberste Priorität, die Grundsätze
     Wie viel Altpapier werden bei Ihnen pro Jahr recycelt?        nachhaltiger Forstwirtschaft zu befolgen. Wir fördern eine gute
                                                                   forstwirtschaftliche Praxis und stellen sicher, dass wir die Herkunft
     Jährlich recyceln wir bei UPM Communication Papers rund
                                                                   des von uns verarbeiteten Holzes vollständig kontrollieren können.
 vier      Millionen
                                                                                                                    In den vergangenen
 Tonnen Altpapier
                                                                                                                    30 Jahren hat UPM
– kein Druckpapier-
                                                                                                                    147.000 Hektar
 hersteller recycelt
                                                                                                                    Wald aufgefors-
 mehr. Stolz sind wir
                                                                                                                    tet; das bedeutet,
 in Plattling auf die
                                                                                                                    zuvor unbewaldete
 Zellstoff Herstellung
                                                                                                                    Flächen wurden zu
 aus Etiketten, nur
                                                                                                                    neuem Wald.
 zwei Firmen in ganz
 Europa können das.
                                                                                                                      Damit hat das
 Der Klebstoff wird
                                                                                                                  Unternehmen
 entfernt und das
                                                                                                                  eine Senke für 24
 Papier aufgeweicht,
                                                                                                                  Millionen Tonnen
 sodass es wiederver-
                                                                                                                  CO2 geschaffen.
 wertet werden kann
                                                                                                                  Aktuell binden diese
 statt in die Müllver-
                                                                                                                  Wälder fortlaufend
 brennung zu gehen.
                                                                                                                  jährlich zwei Milli-
 Und auch sonst wird
                                                                                                                  onen Tonnen CO2.
 nichts verschwendet.

16        Kleine Kniffe
Die Lieferkette sichern!

    Wer Holz kauft, hat die Möglichkeit, es verantwortungsvoll
zu beziehen. Holz mit den Siegeln von FSC® (FSC-C014719) oder
PEFC stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Beides
sind unabhängige, gemeinnützige Organisationen, die durch
Standardsetzung und Kontrollen die Beachtung umweltrelevanter,
sozialer und wirtschaftlicher Aspekte der Waldbewirtschaftung
sicherstellen. Bei UPM sind 81 Prozent aller Holzrohstoffe auf
diese Weise zertifiziert. Ziel ist es, bis 2030 hundert Prozent zu
erreichen.

   UPM hat eine neue Produktserie auf den Markt geb-
racht – was ist das Besondere an diesen Büropapieren?

     Die Produktserie heißt New Future; diese ist mit dem Label
„Responsible Fibre“ ausgezeichnet. New Future ist ein Sortiment
 an qualitativ hochwertigen, leistungsstarken Büropapieren für
 Druckanwendungen zu Hause und im Büro. Responsible Fibre®
 by UPM weist nach, dass die für Produkte mit diesem Zeichen
 verwendeten Fasern in puncto ökologische und soziale Verantwor-
 tung die strengsten Anforderungen der Branche erfüllen und durch
 unabhängige Dritte zertifiziert werden.

   Frischfaserpapier vs. Recyclingpapier – welche
Meinung haben Sie bei diesem Thema?

    Altpapier ist ein wichtiger Rohstoff für die Papierherstellung.
Dennoch ist die Verwendung frischer Fasern für den Papierkreis-
lauf unverzichtbar. Kurz gesagt, das Perpetuum Mobile gibt es auch
in der Papierindustrie nicht und Faserverluste beim Recycling sind
unvermeidbar, v.a. weil sich nicht alle Druckfarben restlos entfer-
nen lassen. Würde alles benötigte Papier nur noch aus Altpapier
hergestellt, gäbe es bald kein Papier mehr. Eine gewisse Zufuhr an
Frischfaser ist daher notwendig, um den Papierkreislauf auf Dauer
aufrecht zu erhalten. Wie oben beschrieben, lässt sich aber auch
bei Frischfaserpapieren die Nachhaltigkeit garantieren.

                         Das Interview führte
                        Thomas Heine

                        SDG media GmbH
                        www.sdg-media.de

                                                                      Kleine Kniffe   17
Förderung

 Unternehmensberatung
 Nachhaltigkeit und Umweltschutz

 Erfreulicherweise genießen Umweltschutz und Nachhaltigkeit im heutigen wirtschaftlichen
 Handeln bereits einen hohen Stellenwert. Durch die passgenaue Optimierung von Prozessen
 können Unternehmen wertvolle ökonomische und ökologische Ressourcen einsparen.

 Ein Beitrag von Dr. Nikolai Hoberg, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

     Ein kluges und nachhaltiges Umweltmanagement wird, bei-              Bereits rund 10 % aller Beratungen zu speziellen Themen ent-
 spielsweise auch bei Vertragsverhandlungen, zunehmend wichtiger     fallen auf die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Seit
 und entscheiden häufig über deren Erfolg. Aber auch das Überden-    Einführung der Richtlinie im Jahr 2016 wurden hierfür bereits ca.
 ken und die Neuausrichtung bestehender Arbeitsstrukturen und        1,6 Millionen Euro an Zuschüssen im Rahmen von 854 Beratungen
 Prozesse sind gewinnbringend für Unternehmen und Umwelt.            ausgezahlt.

     Professionelle Beratungen durch fachkundige Dritte unterstüt-
 zen Unternehmen bei der Identifikation von Bereichen, in welchen
 unter diesen Aspekten neue Potentiale gehoben werden können.
 Dabei werden konkrete Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet und
 sowohl die Einführungskosten als auch der mögliche Ertrag für das
 Unternehmen aufgezeigt.

     Damit Unternehmensberatungen auch für kleine und
 mittlere Unternehmen (KMU) erreichbar sind, können diese
 Unternehmen im Rahmen des Bundesprogramms zur „Förderung
 unternehmerischen Know-hows“ einen Zuschuss zu den entstehen-
 den Beratungskosten erhalten.                                           Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
                                                                     setzt das Förderprogramm bürgerfreundlich und vollelektronisch
     Der Zuschuss beträgt je nach Standort, Unternehmensalter und    um. Nähere Informationen sowie den Weg zur Antragstellung
 der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zwischen 50 und 90       finden Sie unter www.bafa.de/unb.
 Prozent. Der entsprechende prozentuale Anteil wird bis zu einem
 maximalen Zuschuss von 3.000 bzw. 4.000 Euro bezahlt.

     Um Unternehmen einen Anreiz zu bieten, sich besonders zu den                           Autor
 Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz beraten zu lassen, gibt es                              Dr. Nikolai Hoberg,
 hierfür im Programm eine spezielle Förderung. Hier werden neben
 Beratungen zu allgemeinen Themen zusätzlich Beratungen zum                                 Pressesprecher
 Thema Nachhaltigkeit gefördert.                                                            Bundesamt für Wirtschaft und
                                                                                            Ausfuhrkontrollee

18         Kleine Kniffe
Digitalisierung der Beschaffung

Die Abkürzung zur Digitalisierung

Der Druck zur Digitalisierung von Prozessen der Privatwirtschaft und der Öffentlichen Verwaltung
wächst. Doch wie können Unternehmen und Behörden eingefahrene, oft noch papierbasierte
Abläufe schnell, sicher und nachhaltig verbessern und direkt digitalisieren?

Im Gespräch mit Christof Langer, Geschäftsführer Allisa UG

   Der Begriff Low-Code-Plattform beschreibt                              Gibt es Branchen, die bei Low-Code-Lösungen aus-
eine Entwicklungsumgebung für Software, die den                        geschlossen sind?
Entwicklungsprozess unter Verwendung visuel-
ler Applikationsdesigner und anderer grafischer                            Ganz egal, ob es sich um Antragsprozesse oder Verfahren in
Modellierungsmethoden ermöglicht, anstatt sie mithil-                  der Öffentlichen Verwaltung handelt oder auch um administra-
fe klassischer textbasierter Programmiertechniken                      tive Prozesse und Fertigungsprozesse in der Industrie bis hin zu
herzustellen. Welche Vorteile generiert diese Technik?                 I4.0-Themen: Die Plattform hat sich in vielen Branchen bereits
                                                                       bewährt: Namhafte Kunden aus Industrie, Handwerk und Handel
    Mit einer Low-Code-Plattform wie Allisa können binnen weni-        sowie der Öffentlichen Verwaltung setzen seit Jahren auf die Platt-
ger Tage komplexe Vorgänge und Prozesse digitalisiert werden,          form. Die größte Installation beträgt z.Zt. 1.500 Lizenzen bei einem
ohne dafür eine Zeile Code schreiben zu müssen. Dadurch wird           Umweltforschungszentrum, die über 50 Prozesse selbst digitali-
die Entwicklungs- und Bereitstellungszeit für Geschäftsanwen-          sieren. Auch komplexe Integrationsszenarien lassen sich mittels
dungen deutlich beschleunigt. Aufgrund dieser Vorteile können          zahlreicher vorkonfigurierter Schnittstellen und modernster IT-Ar-
Low-Code-Plattformen die Kosten für die Planung des Projekts, das      chitektur abbilden – bis hin zur Nutzung von Blockchains. Die Allisa
Training der Mitarbeiter und die Erstellung und Fertigstellung der     Plattform ist von Red Hat zertifiziert und seit dem 01.09.2020 auch
IT-Anwendung deutlich senken.                                          im SAP Partnerprogramm. Viele mittelständische IT-Systemhäuser
                                                                       setzen nunmehr auf Allisa als Low-Code- und Integrationsplattform.
    Welche Rolle spielt Low-Code für die Zukunft der
Softwareentwicklung?                                                       Stimmt das, dass Sie Kunden ausbilden, eigene
                                                                       IT-Lösungen zu entwickeln?
     Die Digitalisierung erfordert eine hohe Innovationsgeschwin-
digkeit an neue Geschäftsanforderungen und hohe Flexibilität und           Wir unterstützen unsere Kunden dabei, „kostengünstig“ selbst
Agilität bei der Bereitstellung neuer Softwarelösungen für das Busi-   digitale Lösungen zu entwickeln. Das ist -bis zu einem bestimmten
ness. Die klassische Standardsoftware kann diese Anforderungen         Maß - schon nach einer kurzen Einarbeitungszeit bereits möglich.
nicht erfüllen. Sie wurde dafür auch nicht gebaut. Low-Code-Pro-       Nähere Infos unter: https://t1p.de/se4z
grammierung schließt diese Lücke. Die Abläufe werden einschließlich
aller Sonderfälle durch eine Kombination von Zuständen, Aktionen
und Regeln beschrieben und sind damit sofort digitalisiert. Sogar
umfangreiche Applikationen können enorm schnell erstellt werden
– und das alles mit einer generischen Code-Basis aufgrund der
patentierten SONAL®-Technologie. Das unterscheidet Allisa ganz                                  Das Interview führte
wesentlich von anderen Low-Code-Plattformen und vor allem auch                                 Thomas Heine
von herkömmlicher Softwareentwicklung.
                                                                                               SDG media GmbH
                                                                                               www.sdg-media.de

                                                                                                               Kleine Kniffe          19
Aus Wissenschaft und Forschung

 Nachhaltigkeit – die „neue Normalität“?

 Viele Artikel und Diskussionen drehen sich aktuell darum, wie die Zeit nach Corona
 aussehen, also was die neue Normalität sein wird. Zahlreiche Aspekte sind hier, wie bei allen
 grundlegenden Fragen unseres Zusammenlebens, zu berücksichtigen. Wer wirklich praxisnahe
 Problemlösungen präsentieren will, bedient sich dementsprechend eines systemischen und
 ganzheitlichen Konzepts. Die PESTEL-Analyse geht hier in die richtige Richtung und kombiniert
 politische (POLITICAL), wirtschaftliche (ECONOMIC), soziale (SOCIAL), technologische
 (TECHNOLOGICAL) und rechtliche (LEGAL) Aspekte.

 Ein Beitrag von Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky, Universität Würzburg

      Im aktuellen Covid-19-Umfeld zu analysierende gesundheitspo-        schaftler und Psychologen betrachten die sozialen und individuellen
 litische oder forschungsbezogene Kriterien – bspw. zur Entwicklung       Folgen von Einschränkungen und Kurzarbeit. Kaum jemand schaut
 und zum Einsatz von Impfstoffen – können über über eine PES-             auf die halbe Milliarde Arbeitslosen in Entwicklungsländern, die
 TEL-Analyse mit abgebildet werden. Es ist unabdingbar, dass sich         dort unser Lockdown beschert hat.
 solche interdisziplinären Betrachtungen auch in der Wissenschaft stär-
 ker durchsetzen,                                                                                                              Bei all der
 damit nicht nur                                                                                                            Komplexität
 Forschungs-                                                                                                                der Pandemie
 exzellenz                                                                                                                  kommtdasThema
 („Rigor“) geleis-                                                                                                          Nachhaltigkeit
 tet       wird,                                                                                                            im Allgemei-
 sondern auch                                                                                                               nen und der
 ein relevan-                                                                                                               Klimawandel
 ter Beitrag zur                                                                                                            im Speziellen
 Lösung kom-                                                                                                                viel zu kurz.
 plexer realer                                                                                                              Fragt man die
 Probleme                                                                                                                   Experten, so ist
 („Relevance“).                                                                                                             die Meinung
                                                                                                                            unisono: Der
     Während                                                                                                                Klimawan-
 rein ökono-                                                                                                                del wird uns
 misch über die                                                                                                             über die Zeit
 Wiederherstel-                                                                                                             mit      erheb-
 lung gestörter                                                                                                             lich größeren
 Lieferketten,                                                                                                              Problemen kon-
 Beschäftigung,                                                                                                             frontieren als
 Umsatz und                                                                                                                 dies die aktuelle
 Kosten gestrit- Foto: depositphotos                                                                                        Pandemie jetzt
 ten wird, fokussieren Virologen oft nur die Ausbreitung des Virus        tut. Wir waren auf die Pandemie, trotz deutlicher Warnungen sei-
 und direkte Maßnahmen zu dessen Eindämmung. Sozialwissen-                tens der Experten, schlecht vorbereitet – andere Länder noch viel

20         Kleine Kniffe
Foto: depositphotos

               schlechter. Unser Krisenmanagement war dann und ist relativ dazu       nicht nur an finanziellen Ergebnissen, sondern auch an ihren Beiträ-
               gesehen akzeptabel – vor allem im internationalen Vergleich -, aber    gen für die Gesellschaft orientieren sollen.
               wohl kaum Grund die politischen Handlungsträger über den Klee
               zu loben.                                                                  Tatsächlich werden seit geraumer Zeit immer mehr
                                                                                      Nachhaltigkeitsfonds aufgelegt, die ihre Gelder nur in solche Unter-
                   Der Klimawandel kommt langsam – aber gewaltig. Wiederum            nehmen investieren, die bestimmten ökologischen und sozialen
               warnen alle (Klima-) Experten vor den Auswirkungen und die Situ-       Kriterien genügen. Genau dies ist mit das „härteste“ Argument,
               ation müsste eigentlich allen klar sein. Die politischen Handlungen    das man neben gesetzlichen Verboten vorbringen kann, um ganze
               lassen dafür sehr zu wünschen übrig. Zwar gibt es internationale       Industrien zu lenken.
               Abkommen, die zur Reduktion des CO2-Ausstoßes verpflichten. So
               wurden auf der Pariser Klimakonferenz COP21 Verpflichtungser-              So macht nun der Begriff des „Purpose“ die Runde: Was macht
               klärungen beschlossen, die die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius       Sinn? Wofür sind Unternehmen da? Die Antwort lieferte 2019 der
               halten sollen, nach Möglichkeit sogar unter 1,5 Grad C. Allein durch   edle Business Roundtable, dem die Chefs der größten US-ameri-
               den Ausstieg der USA aus diesem Abkommen, erscheint ein Erreichen      kanschen Unternehmen angehören: Langfristiger Wert für alle
               stark gefährdet. Bei Betrachtung der Maßnahmen in Deutschland          Stakeholder, also nicht nur die Investoren, sondern auch Mitarbeiter,
               hinsichtlich der Einführung einer „marginalen“ CO2-Steuer, die bei     Kunden, Lieferanten, Gesellschaft und Staat, MUSS das Ziel sein;
               einem Start im nächsten Jahr bei nur 25 EURO je Tonne liegen soll,     kurzfristige Gewinnmaximierung („short-termism“) ist out!
               keimt auch nicht allzu viel Hoffnung auf. Die Ängste um kurzfris-
               tige Verluste hinsichtlich der globalen Wettbewerbsfähigkeit und           Zudem wurde mittlerweile zweifelsfrei wissenschaftlich erwie-
               von Wählerstimmen sind offenbar größer als der Mut zu langfristig      sen, dass ökologisch und sozial handelnde Unternehmen auf lange
               wirksamen Veränderungen, die auch nachfolgenden Generationen           Sicht ein besseres finanzielles Ergebnis aufweisen als die „Schmutz¬-
               einen lebenswerten Planeten hinterlässt. So gesehen, scheint der       finken“ und „Sozialignoranten“. Mithin dürfte sich die Frage der
               bekannte Brundtland-Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ der            Vorteilhaftigkeit einer ökonomisch, ökologisch und sozialen Nach-
               UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, der genau letz-          haltigkeit eigentlich für Unternehmen gar nicht mehr stellen.
               teres bereits 1987 einforderte, ein Stück weit Makulatur.
                                                                                           Dass sich dies in der Mehrzahl der Fälle dennoch nicht realisiert,
                    Etwas Hoffnung gibt allerdings, dass im privatwirtschaftlichen    liegt schlichtweg an kurzfristigen Anreizen für Vorstände, insbeson-
               Sektor mehr passieren könnte, als es sich die meisten Politiker vor-   dere börsennotierter Unternehmen, an zahlreichen Unternehmen,
               stellen können: So forderte schon 2018 Larry Fink, der Chef des        denen der lange Atem für eine nachhaltigere Unternehmenspoli
               größten Investmenthauses BlackRock, ein, dass Unternehmen sich

                                                                                                                                Kleine Kniffe           21
Foto: depositphotos

         tik fehlt und letztlich an der politischen Ebene, die bisher unfä-     der Nutzung von Bioziden für Mensch und Umwelt „eingepreist“?
     hig erscheint, Unternehmen auf dem Weg in die Nachhaltigkeit die           Man ist ja meistens nicht einmal bereit, die Kosten verlorener Zeit
     richtigen Anreize zu setzen.                                               für das Stehen im Stau einzupreisen, wenn es darum geht, wie schnell
                                                                                eine Straßenbaumaßnahme abgeschlossen werden soll. So wie Inves-
         Was hat das alles mit den „Öffentlichen“ zu tun? Das müsste            tmentfonds verstärkt ökologisch und sozial nachhaltiges Handeln
     eigentlich offensichtlich sein – ist es aber leider für viele nicht. Die   von Unternehmen einfordern, sollten das die Bürger als Steuerzah-
     vielbeschworene positive Vorreiterrolle ist sicherlich ein wichtiger       ler tun. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, von dem Engagement in
     Aspekt, der aber allzu oft bei einem Appell bleibt. Auch im öffentli-      NGOs bis hin zum Kreuzchen auf dem Wahlschein. Auf Letzteres
     chen Bereich muss die „Kalkulation“ stimmen.                               haben die Politiker schon immer am besten reagiert. Vielleicht wird
                                                                                dann doch noch Nachhaltigkeit zum „New Normal“.
          Wie unsere Studien eindeutig zeigen, wird hier fast ausschließ-
     lich mit Einstandspreisen kalkuliert. Kosten der Nutzungs- und
     Entsorgungsphase werden oftmals „vergessen“. Völlige Fehlanzeige
     herrscht bei der Frage der indirekten Kosten. Wer kalkuliert schon                                 Autor:
     die „Kosten“ schlechter Luft für Bürger, wo sich Pkw und Busse vor                                 Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky
     der Haustür vorbeiquälen und die so Gesundheit und Wohlbefinden
     der Anwohner beeinträchtigen. Dabei gibt es sehr konkrete gesund-                                  Lehrstuhlinhaber
     heitsökonomische Daten hierzu.                                                                     Lehrstuhl für BWL und
                                                                                                        Industriebetriebslehre
           Wo werden Folgekosten des Ausbringens von Pestiziden oder                                    Universität Würzburg

  22                  Kleine Kniffe
Nachhaltig aufgestellte Unternehmen

Die nachhaltige Beschaffungsstrategie
der Anton Debatin GmbH
Kompromissloser Verlass auf das Verpackungsmaterial – von manipulationssicheren Safebags
für Bargeld, Wertsachen, medizinische Proben, Rückstellmuster, bis hin zur selbstklebenden
Versandtasche für Frachtbegleitpapiere und zahlreichen anderen Produkten rund um die
Verpackung ist das Geschäft der Anton Debatin GmbH

Im Gespräch mit Hans-Walter Trepper, Leiter Materialwirtschaft

   In diesem Jahr wurde DEBATIN als eines der TOP 100                      Wie bindet die Anton Debatin GmbH ihre Lieferanten
innovativsten mittelständischen Unternehmen Deutsch-                   in die Nachhaltigkeitsoffensive ein?
lands ausgezeichnet. Was war der Anlass?
                                                                           Wir wissen, dass unsere Lieferanten maßgeblich zu unse-
     Die Anton Debatin GmbH gehört als Produzent von Logistik-         rem Erfolg beitragen. Aus diesem Grund binden wir sie direkt in
und Folienverpackungen zur Verpackungsindustrie. Als eines der         unsere Nachhaltigkeits-Offensive mit ein. Neben ökonomischen,
ersten Unternehmen der Verpackungsindustrie setzten wir schon          technischen und prozessualen Kriterien wird bei unseren Beschaf-
früh auf einen Kreislauf, der recycelten Folien, unseren DERIBA        fungsaktivitäten ebenfalls auf gesellschaftliche und ökologische
CYCLE®, ein zweites Leben schenkt. Dieser Ansatz und andere Pro-       Aspekte geachtet. DEBATIN hat den Anspruch, dass mehr als 85
duktneuheiten und Patente werden in der firmeneigenen „DEBATIN         % der relevanten Lieferanten und Dienstleister bis Ende 2025 über
Ideenschmiede“ auf den Weg gebracht. Sie ist der zentrale Ideenpool    ein qualifiziertes Qualitätsmanagementsystem wie ISO 9001 oder ein
für individuelle Kunden- und Branchenlösungen. Hier werden Ideen       vergleichbares System verfügen. Zudem verfolgen wir den Anspruch,
für neue Produkte, Weiterentwicklungen und individuelle Projekte       dass alle unsere bestehenden und zukünftigen direkten Lieferanten
zur Marktreife geführt. Dazu gehören zum Beispiel unsere Sicher-       und Dienstleister, unseren Supplier Code of Conduct unterzeichnen.
heitstaschen, die zu über 75% aus PCR Material hergestellt werden      Bisher haben ihn mehr als 60 Prozent der involvierten Lieferanten
und durch den Blauen Engel zertifiziert sind.                          und Dienstleister bereits unterschrieben.

   Welchen Beitrag leistet das Unternehmen zum Schutz                      Stehen die strategische Ausrichtung des Unterneh-
von Menschen und Natur?                                                mens und seiner Produkte nicht im Widerspruch zu dem
                                                                       finanziellen Erfolg?
    Wir brauchen den Planeten, nicht er uns. Das ist der Grund, wes-
halb die Anton Debatin GmbH Nachhaltigkeit als einen wesentlichen          Wir erleben in einem immer stärkeren Maße, dass unsere
Bestandteil aller Geschäftsprozesse versteht und weshalb sie im Wer-   Kunden, vor allem aus den DAX-Konzernen, nach Produkten
tesystem des Unternehmens fest verankert ist. Wir analysieren und      suchen, die nachhaltig produziert wurden. Wenn also die Funktio-
hinterfragen unsere eingesetzten Materialien und Technologien, um      nalität unserer Produkte stimmt, ist die nachhaltige Produktion der
mit langlebigen und umweltschonenden Lösungen die Vereinbarkeit        Produkte dann das ausschlaggebende Kaufargument.
von Natur und Technik sowie die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Unsere nachhaltige Beschaffungsstrategie steht im Einklang mit
unserer Mission und Vision sowie unseren Unternehmensleitsätzen.
Als Basis dienen die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN (SDGs),                             Gesprächspartner
der Global Compact, die internationale Menschenrechtscharta, die                              Hans-Walter Trepper
Umwelt- und Sozialstandards der ILO sowie die Leitlinien zur sozi-
alen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft (ISO 26000).                                    Leiter Materialwirtschaft
                                                                                              Anton Debatin GmbH
                                                                                              Member of DERIBA Group

                                                                                                               Kleine Kniffe         23
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