DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...

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DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
DAS MAGAZIN DER SSBL

                        Hoch zu Ross
                        der Reuss entlang
                        Der Donnerstag ist der Lieblingstag
                        von Bewohner Matthias Jambé.
                        Dann darf er zu seiner «Nasi». SEITE 15

                        VON DER AUSGRENZUNG                EMOTIONEN VERBINDEN
                        ZUR SELBSTBESTIMMUNG
                                                           Die Opernsängerin Regula
                        Wie leben Menschen                 Mühlemann engagiert sich
                        mit Behinderung heute?             für die SSBL.
AUSGABE 1   JUNI 2019    SEITE 6                             SEITE 30
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
EDITORIAL       SEITE 4

                                                    Fokus                                                Einsichten
                                                    Gesellschaft                                              Hoch zu Ross
                                                                                                              der Reuss entlang
                                                       Umgang mit Behinderung –                               Ein Tag mit Matthias Jambé             SEITE 15
                                                       damals, heute, morgen
                                                       Wie hat sich die gesellschaftliche
                                                       Wahr­nehmung von Behinderung
                                                                                                              Mitreden und mitgestalten
                                                       verändert? SEITE 4                                     Selbstbestimmt kommunizieren                  SEITE 19

                                                       Von der Ausgrenzung                                    Wenn Wünsche wahr werden
                                                       zur Selbstbestimmung                                   Der Herzenswunsch von Walter Bucher
                                                                                                              wird erfüllt. SEITE 21
                                                       Eine Zeitreise durch 60 Jahre
                                                        SEITE 6

                                                                                                              Elementare und
                                                                                                              berührende Erfahrungen
                                                                                                              Im Kinderhaus Weidmatt finden Eltern
                                                       Wir sind und                                           und Kinder Unterstützung. SEITE 24
                                                       handeln vernetzt
                                                       Standorte und Partner der SSBL                         Zusammenfassung des
                                                        SEITE 11
                                                                                                              Jahresberichts SEITE 26

                                                                                                                                                Emotionen
                                                                   Ansichten                                                                    verbinden
                                                                                                                                                Interview mit der
                                                                                                                                                Opernsängerin und
                                                             Ein Bundesrats-Pferd                                                               SSBL-Botschafterin
                                                           im Reitstall Rathausen                                                               Regula Mühlemann
                                                    Alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann                                                        SEITE 30

                                                              über die Beweggründe, weshalb
                                                         er sein Pferd Voltéro nach Rathausen
                                                                        gebracht hat. SEITE 12

                                                                                                          Aussichten
                                                                                                             VERANSTALTUNGEN                      SEITE 34

Kunterbunt vermischt.
                                                                                                             NEWS         SEITE 34

                                                                                                             IMPRESSUM               SEITE 35

Die Kunst des Zusammenlebens besteht darin, alle
Nuancen einer Gesellschaft zu einem einzigartigen
Gesamtbild zu vereinen. Helfen Sie mit!

                                                                                                 QR-CODE | Zu den mit einem QR-Code versehenen
                                                                                                 Artikeln finden Sie vertiefte Informationen auf unserer Website.
                                                                                                 Wenn Sie den QR-Code in einem QR-Code-Reader einlesen,
                                                                                                 gelangen Sie direkt zu diesen Artikeln.
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
EDITORIAL                                                                                                                                                                                              FOKUSTHEMA

    Viel hat sich in den letzten Jahrzehnten für
    Menschen mit Beeinträchtigung verändert. Im
                                                      Umgang mit
    Gegensatz zu früher werden sie heute bei der
    Ausgestaltung ihres Lebensalltags so gut als
                                                      Behinderung –                                                                        Professionalität
                                                                                                                                  Wir erklären uns zuständig für Menschen mit
                                                                                                                              schweren geistigen und mehrfachen Behinderungen
    möglich miteinbezogen – sie bestimmen mit
    und können teilhaben. Das gesellschaftliche       damals, heute,                                                            und orientieren uns dabei an fundierten Erkennt-
                                                                                                                                         nissen und der bestmöglichen
                                                                                                                                  Anwendung. Wir leisten unseren Beitrag zur

                                                      morgen
    Verständnis für ihre Bedürfnisse und Fähig-                                                                                     Umsetzung der UN-Behindertenrechts-
                                                                                                                                           konvention. Sie fordert uns
    keiten hat sich zum Positiven verändert.                                                                                           heraus, unser Handeln zu reflektie-
                                                                                                                                          ren und weiterzuentwickeln.
                                                                                                     Mitarbeitende                                                                       Lebensraum
    In der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern
                                                                                                   Die Mitarbeitenden überneh-                                                   Wir ermöglichen verschiedene
    SSBL begleiten wir seit 1971 Menschen mit         Das Leitbild der Stiftung                   men Verantwortung. Sie sind                                                    Formen der Betreuung und des
    Behinderung auf ihrem Lebensweg. Wir schaf-                                                  Botschafter/-innen unserer                                                      Zusammenlebens. Wir vermitteln
                                                      für Schwerbehinderte Luzern               Werte und der Schlüssel zum                                                            Orientierung und Schutz für
    fen Räume, in denen sie ihre persönlichen         SSBL hält die für unsere Arbeit          Erfolg. Wir pflegen eine                                                                         ein Leben in Vielfalt.
    Möglichkeiten leben und entwickeln können,                                                Kultur der Wertschätzung.
                                                      und den Umgang mit den                                                                     Mission
    sowie Orte der Begegnung. Menschen mit Be-
                                                      Bewohnerinnen und Bewohnern                                                      Wir gestalten Lebens-
    einträchtigung finden bei uns einen Lebens­­
                                                      weg­leitenden sechs Handlungs­                                                    raum für Menschen
    platz «z’mitts drin».
                                                                                                                                       mit Behinderung und
                                                      felder fest.
                                                                                                                                     schaffen Räume, in denen
    «Z’mitts drin» ist unser Motto und auch der
                                                                                                                                       sie ihre persönlichen
    Name des neuen, halbjährlich erscheinen-          In jedem Magazin «z’mitts drin»                                                                                                                Gesellschaft
                                                                                                                                      Möglichkeiten leben und
    den Magazins der SSBL. Ein wechselndes            legen wir das Haupt­augenmerk          Zusammenarbeit                                                                                          Wir erfüllen einen
                                                                                                                                        entwickeln können.                                          Gesellschaft
    Fokus­thema vertieft Aspekte, die für unse-       auf eines dieser Handlungsfelder.       Wir verstehen uns als Teil eines                                                         gesellschaftlichen        Auftrag.
                                                                                              Netzwerkes und pflegen den                                                                      Wir erfüllen einen gesell -
    ren gesell­schaftlichen Auftrag relevant sind.                                                                                                                                         Wir bieten     Arbeits-
                                                                                                                                                                                                 schaftlichen        und
                                                                                                                                                                                                               Auftrag.
                                                      In der vorliegenden Ausgabe              Austausch mit Bezugspersonen,
                                                                                                                                                                                    Wir   bieten Arbeits- und Ausbil-
    Geschichten aus dem Alltag öffnen Türen                                                     Organisationen und Diensten.                                                         Ausbildungsplätze          an und
    mitten in die Lebenswelten unserer Bewoh-
                                                      ist es das Thema «Gesellschaft».           Wir sind Dienstleister/-innen                                                      dungsplätze an und vermitteln
                                                                                                                                                                                  vermitteln     Fachkompetenz.
                                                                                                                                                                                 Fachkompetenz. Wir informieren
                                                                                                   und vermitteln im Interesse der
    nerinnen und Bewohner.                                                                          betreuten Personen. Wir führen                                                 Wir
                                                                                                                                                                                   aktiv informieren      aktivfür
                                                                                                                                                                                         und schaffen Räume      und
                                                                                                                                                                                                 Begegnungen.
                                                                                                      verbindlich und beziehen                                                           schaffen Räume für
                                                                                                       dabei die Mitarbeitenden
                                                                                                                                        Selbstbestimmung                                      Begegnungen.
    Ich wünsche Ihnen eine interessante und an­-                                                         mit ein.
    regende Lektüre. Vielleicht dürfen wir Sie auch                                                                                    Mit Engagement und Kompetenz
                                                                                                                                   befähigen wir Menschen mit Behinderung,
    demnächst in Rathausen begrüssen – einem                                                                                            ihre eigenen Entscheidungen zu
    inspirierenden Ort der Begegnung.                                                                                            treffen. Dazu schaffen wir Wahlmöglichkeiten
                                                                                                                                  und Entwicklungsfelder. Diese ermöglichen
                                                                                                                                 wichtige Lebenserfahrungen, die dabei helfen,
                                                                                                                                       auch Rückschläge zu bewältigen.

                                                                                          Die SSBL erfüllt einen gesellschaftlichen Auftrag
                                                                                                                                                                                 Rathausen soll
                                                                                          Der Wandel, der im Umgang mit Menschen mit Be-                                         ein Ort der
                                                                                          hinderung stattgefunden hat und weiter stattfindet,
                                                                                          beeinflusst unsere Angebote und unsere Arbeit                                          Begegnung sein.
                                                                                          sehr direkt. Noch werden Menschen mit Behinde-
                                                                                          rung in unserer Gesellschaft unzureichend mitein-
                                                                                          gebunden. Doch es findet ein Umdenken statt: Das
                                                                                          Miteinander wird immer selbstverständlicher. Wir                     Auf den folgenden Seiten lesen Sie, wie sich die
                                                                                          engagieren uns täglich dafür, dass alle gleichbe-                    gesellschaftliche Wahrnehmung von Behinderung
                                                                                          rechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen                      verändert hat. Und wir zeigen auf, in welchem Kon-
                                                                                          können – egal wie unterschiedlich sie sind, egal ob                  text und Netzwerk die SSBL Lebensraum für Men-
                                                                                          behindert oder nicht behindert. In unserer Vorbild-                  schen mit Behinderung schafft, sodass diese ihre
                Dr. Esther Schönberger                                                    funktion schaffen wir insbesondere in Rathausen                      persönlichen Möglichkeiten leben und entwickeln
                Präsidentin des Stiftungsrates                                            einen Ort der Begegnung.                                             können.

4   EDITORIAL                                                                                                                                                                                       FOKUS GESELLSCHAFT      5
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
«Ech cha
                                                                                                                                                                    metbestemme.»

                        Von der Ausgrenzung
                        zur Selbstbestimmung
                        Der Umgang mit Menschen mit Behinderung ist in
                        der westlichen Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten
                        respektvoller geworden. Nach Jahrhunderten der
                        Ausgrenzung brachten Angebote der Behinderten-
                        hilfe und Integrationsbemühungen entscheidende
                        Verbesserungen. Was heisst das für Menschen mit
                        schwerer geistiger und mehrfacher Behinderung?

                                                                                                                         UN-Behinderten-         Kanton Luzern:
                                                                                                                         rechtskonvention        Leitbild «Leben mit
                                                                                                                                                 Behinderungen»                                                             Thamara Jüstrich

                                                                                                      Behinderten-
                                                                                                      gleichstellungs-
                                          Invaliden­                 Gründung                         gesetz
                                          versicherung IV            SSBL                                                      gezielt gefördert und könnte sich vielleicht gestal-   Erkenntnissen die Jahrzehnte und war bis in die
                                                                                                                               terisch betätigen. Im Mittelalter wäre es nochmals     1970er-Jahre zu hören. Dass behinderte Kinder
                                                                                                                               ganz anders gewesen. Damals wurden Kinder, die         noch im 20. Jahrhundert oft nicht getauft werden
                                                                                                                               eine Körperbehinderung hatten, misshandelt und         durften oder keine angemessene Beerdigung erhiel-
                                                                                                                               oft getötet. Menschen mit Behinderung stellte man      ten, ist – gerade aus religiöser Perspektive – e
                                                                                                                                                                                                                                     ­ xtrem
                                                                                                                               auf Jahrmärkten als sogenannte «Missgeburten»          befremdend.
    1959. Eine Gemeinde im Luzernischen. Das Wohn-          Marias Leben war völlig anders, aber irgendwie                     oder «Krüppel» zur Schau. Gewisse Behinderungs-
    haus steht mitten im Dorf. Das Mädchen wälzt sich       war es auch normal, dass es so war und dass sie in                 arten wurden mit dem Wirken teuflischer Kräfte in      Trotz solcher Haltungen vollzog sich seit Beginn des
    im Bett. Manchmal gibt es Laute von sich. Das Zim-      diesem Zimmer lag. Wo hätte sie sonst sein sollen?                 Verbindung gebracht. Für die meisten Menschen          20. Jahrhunderts eine Entwicklung, die schrittweise
    mer ist abgedunkelt, die Türe steht halboffen. ­Maria   Sie schien gut aufgehoben. Manchmal kam eine                       mit Behinderung blieb das Betteln die einzige Mög-     zu Verbesserungen führte. Ein relativer Fortschritt
    ist schwer geistig behindert. Ihre Mutter führt ihr     Ordens­schwester vorbei, die sich im Dorf um alte                  lichkeit, um überleben zu können.                      zur «Strafe Gottes» war die Medizinalisierung: Be-
    das Essen mit einem Löffel in den Mund. Manchmal        und kranke Leute kümmerte. Wenn Besuch kam,                                                                               hinderungen wurden als Krankheit verstanden und
    übernehmen das auch die drei Geschwister. Der           stand die Türe weiterhin halboffen. Gross helfen                   Im 19. Jahrhundert setzten sich im Rahmen der          die betroffenen Menschen in Psychiatrien, Heimen
    Vater ist früh gestorben. Maria hat sich nie draussen   konnte man ihr nicht, so dachte man. War sie ein                   «Armen­ pflege» langsam fürsorgerische Massnah-        und Asylen untergebracht. Wesentlich fruchtbarer
    auf der Strasse aufgehalten. Ein Rollstuhl ist nicht    «armer Tüüfel», wie einige sagten? Nein. Sie war                   men durch, die von kirchlichen und religiösen          war die in der Schweiz entstehende heilpädagogi-
    vorhanden. Das Mädchen verbringt sein ­Leben im         einfach. Sie war auch ein Leben. Aber das «gute                    Kreisen initiiert wurden. In «Anstalten» erfuhren      sche Praxis. Sie entwickelte neue Methoden und
    Bett, bis es im Alter von 18 Jahren an einer Lungen-    Leben», das heute auf der Agenda der betreuen-                     taubstumme, blinde und später auch geistig und         Organisationsformen, um Menschen mit Behinde-
    entzündung stirbt.                                      den Institutionen steht, das hatte sie nicht.                      körperlich behinderte Kinder eine erste rudimen-       rung in Sonderschulen zu fördern. Ein Pionier war
                                                                                                                               täre «Förderung». Aber man war noch weit davon         der Heilpädagoge Heinrich Hanselmann (1885–
    Das Schicksal von Maria hat mich damals, als kleiner    Krüppel, Betteln, Strafe Gottes                                    entfernt, diese Menschen als gleichberechtigt          1960), der 1924 das Heilpädagogische Seminar
    Junge, berührt. Ich empfand Mitleid mit ihr. Bedau-     Heute würde Maria in einer Wohngruppe leben,                       wahrzunehmen. Die religiös verbrämte Vorstel-          (HPS) in Zürich mitbegründete.
    erte, dass sie nie nach draussen konnte. Dennoch        hätte Kontakt mit anderen Menschen, würde auf                      lung, dass Menschen mit Behinderung eine Strafe
    war ich nicht empört über «diese Zustände».             der Kommunikations- und Wahrnehmungsebene                          Gottes seien, überdauerte trotz heilpädagogischen                                      WEITER AUF SEITE 8

6   FOKUS GESELLSCHAFT                                                                                                                                                                                           FOKUS GESELLSCHAFT            7
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
Die IV als grundlegende Weichenstellung
                                    Vanessa Bachmann       Ein Wendepunkt kam, als 1960 die Invalidenversi-
                                                           cherung (IV) in Kraft trat. «Die IV ist eine der mar-
                                                                                                                   Das Wohl der einzelnen
                                                           kantesten Weichenstellungen für die Förderung
                                                           und das Wohlbefinden von Menschen mit Behinde-
                                                                                                                   Menschen mit ihren
                                                           rung», sagt der Heilpädagoge und Dozent Albin           individuellen Wünschen
                                                           Dietrich, Mitglied des Stiftungsrats der SSBL. Die
                                                          IV ermöglichte nicht nur eine Rente für Menschen
                                                                                                                   und Bedürfnissen
                                                           mit Behinderung, sie finanzierte auch Wohnplätze,
                                                          geschützte Werkstätten und verschiedene Einglie-
                                                                                                                   steht im Mittelpunkt.
                                                           derungsmassnahmen («Eingliederung vor Rente»).
                                                          «Mit dieser Finanzierung sind Institutionen wie die
                                                          SSBL oder das Brändi überhaupt erst möglich ge-
                                                          worden.» Denn auch in den Jahrzehnten nach dem
                                                          Zweiten Weltkrieg und teilweise bis in die späten
                                                          1970er-Jahre wurden erwachsene Menschen mit
                                                           schwerster Behinderung noch immer in psychia-                                                                                                                  Sabrina Soffner
                                                          trischen Institutionen, Alters- und Pflegeheimen
                                                           unter­gebracht oder aber – wie im Falle von Maria –
                                                          zuhause betreut, wenn die finanziellen Verhältnisse
                                                           prekär waren. Nach dem Inkrafttreten der IV for-
                                                           derten politische Vorstösse und soziale Organisa-       Behindertengleichstellungsgesetz enthält Vorga-         einander wahrnehme und miteinander lebe. Im Um-
                                                          tionen geschützte Arbeitsplätze und Wohnheime            ben, die es Menschen mit Behinderung erleichtern,       gang mit Menschen mit schwerster Behinderung
                                                           für «geistig und körperliche Invalide». Die IV mach-    am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wäh-          zeigt sich das an der Selbstbestimmung, wie sie im
                                                          te es möglich, dass erstmals arbeitsäquivalente          rend sich solche Massnahmen in erster Linie auf         Alltag immer mehr an Boden gewinnt. «Das beginnt
                                                          Anregungen und Tagesstrukturen für Menschen              infrastrukturelle Verbesserungen bei Bauten und         damit, dass Menschen mit Behinderung ihre Be-
                                                           mit Behinderung realisiert werden konnten. 1968         Anlagen auswirken, ist die UN-Behindertenrechts-        dürfnisse artikulieren können. Und dass man diese
                                                          wurde die Stiftung Brändi gegründet, 1971 die Stif-      konvention noch umfassender. Sie verbietet die          wahrnimmt, respektiert und ihnen Folge leistet.»
                                                          tung für Schwerbehinderte Luzern SSBL. Beide             Diskriminierung von Behinderten in allen Lebens­
                                                          Stiftungen entstanden auf Initiative der heutigen        bereichen und garantiert ihnen die bürgerlichen,
                                                          Insieme, in Zusammenarbeit mit dem Kanton                politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturel-     INTERVIEW MIT RAHEL HUBER, SOZIALPÄDAGOGIN SSBL
                                                          ­Luzern.                                                 len Menschenrechte.                                       Der Einbezug von Menschen mit Behinderung in die Gestal-
                                                                                                                                                                             tung ihres Lebensalltags ist für Rahel Huber die grösste
                                                                                                                                                                             Veränderung in den letzten 20 Jahren. Die Sozialpädagogin
                                                          Mit dem Eichwäldli in Luzern konnte 1972 die erste       Nach den vielen düsteren, von Ausgrenzung und             hat bei der SSBL zehn Jahre lang den Fach­-
                                                                                                                                                                             bereich Begleiten und Betreuen geleitet.
                                                          Tages-Beschäftigungsstätte für Menschen mit              Diskriminierung gezeichneten Kapiteln im Umgang
                                                                                                                                                                             Im Interview auf unserer Website steht sie
                                                          schwerer Behinderung eröffnet werden. «1979 folg-        mit Menschen mit Behinderung, die noch bis weit           Red und Antwort.
                                                          te die erste Wohngruppe in Gunzwil, und von da           ins 20. Jahrhundert aufgeschlagen blieben, ver-
                                                          an ging es zügig vorwärts», sagt Dietrich. Paral-        sprechen die neusten Entwicklungen eine hoff-                                 www.ssbl.ch/individuum

    Heute werden Menschen                                 lel zu diesen emanzipatorischen Entwicklungen im
                                                          Bereich des Wohnens und Arbeitens wurde auch in
                                                                                                                   nungsvollere Zukunft. Es geht um ein menschen-
                                                                                                                   würdiges Leben, das alle meint und betrifft.
    wie die im Artikel                                    den Sonderschulen der systematische Aufbau von
                                                          Fähigkeiten für Menschen mit Behinderung weiter-
                                                                                                                   Inzwischen steht in der Arbeit mit Menschen mit
                                                                                                                   Behinderung über die Integration hinaus die Inklu-
                                                                                                                                                                           Die Sozialpädagogin Rahel Huber hat diese Ent-
                                                                                                                                                                           wicklung in der Praxis selber mitgeprägt. «Die SSBL
    eingangs erwähnte Maria                               entwickelt und intensiviert. Dietrich: «Auch Men-        sion im Fokus. «Integration unterstützt den Men-        versucht, bei möglichst allen Entscheidungen den

    gezielt gefördert.                                    schen mit schwerster Behinderung können bei pas-
                                                          sender Unterstützung erstaunliche Fähigkeiten auf
                                                                                                                   schen, dass er in einem bestimmten Setting leben
                                                                                                                   kann. Aber man verändert dabei nicht die Gesell-
                                                                                                                                                                           Willen der Bewohner/-innen oder Tagesbeschäf-
                                                                                                                                                                           tigten zu erfragen und diese Willensäusserung er-
                                                          der Ebene des Wahrnehmens und Kommunizierens             schaft», erklärt Dietrich einen wichtigen Unter-        fahrbar zu machen.» Heute stehe nicht mehr primär
                                                          entwickeln. Das trägt sehr viel zur Selbstbestim-        schied. Inklusion hingegen impliziere, dass sich die    das Wohl einer Gruppe im Mittelpunkt, sondern die
                                                          mung bei.»                                               Gesellschaft und alle Lebensbereiche bis hin zu den     einzelnen Menschen mit ihren individuellen Wün-
    «Das war europaweit der erste Lehrstuhl für Sonder­                                                            Haltungen der einzelnen Menschen so verändern           schen und Bedürfnissen. Denn auch für Menschen
    pädagogik», betont Rahel Huber, die jahrelang den     Teilhaben können in allen Bereichen                      müssten, dass alle gleichberechtigt dazugehören.        mit schwerer Behinderung gibt es im Rahmen der
    Fachbereich Begleiten und Betreuen bei der Stif-      Mit dem Behindertengleichstellungsgesetz von                                                                     Gegebenheiten ein «gutes Leben». Dass die Betrof-
    tung für Schwerbehinderte Luzern SSBL geleitet        2002 sowie der Ratifizierung der UN-Behinderten­         «Als Vision ist diese Haltung von entscheiden-          fenen bei der Ausgestaltung ihres Lebensalltags
    hat. «Von daher konnte man in der Schweiz schon       rechtskonvention 2014 folgten zwei weitere mar-          der Bedeutung», sagt Dietrich, auch wenn der Weg        miteinbezogen werden, hält Rahel Huber für die
    früh Sonderpädagogik studieren. Hanselmann hat        kante Errungenschaften für das Leben und das             zur Umsetzung sehr weit sei. Letztlich erfordere        grösste Veränderung in den letzten 20 Jahren.
    ein ganz anderes Berufsverständnis entwickelt.»       Wohl­ergehen von Menschen mit Behinderung. Das           das ein grundlegend neues Verständnis, wie man           PIRMIN BOSSART

8   FOKUS GESELLSCHAFT                                                                                                                                                                                  FOKUS GESELLSCHAFT                  9
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
Wir sind und
                                                                                     handeln vernetzt

                                                                                                                                                                      STANDORTE
                                                                                                  Reiden                                                              im ganzen Kanton
                                                                                                                                                                      Luzern verteilt
                                                                                                                                  Hitzkirch
                                                                                            Pfaffnau
                                                                                                                                                                      ssbl.ch/standorte
                                                                                                            Knutwil

                                                                                                       Nebikon

                                                                                                                                           Buchrain
                                                                                                                                      Emmen-Rathausen

                                                                                                Hergiswil         Luzern-Littau

                        Weitere Informationen finden Sie unter jti.com/switzerland                                Luzern-Allmend

                                                                                                       Wolhusen

                                                                                                 Schüpfheim

                                                                                                                                                                         NETZWERK
                                                                                                                                        Auftraggeber

       Klarheit im Meer der
                                                                                                                                        Medizinische Versorgung

       Versicherungen. Wer finden
       will, muss eintauchen.                                                                                                           Therapien und Beschäftigung

                                                                                      Hauptsitz mit sechs Wohnhäusern
                                                                                      und Zentrum für Arbeit und
                                                                                      Beschäftigung (ZABA)
                                                                                                                                        Wissensmanagement
                                                                                      Wohn- und/oder Tagesplätze SSBL

       Stichhaltige Entscheidungsgrundlagen für faire und                             Kinderhaus Weidmatt

       überzeugende Versicherungslösungen. www.sp-group.ch                            gemeinsames Angebot mit
                                                                                      Stiftung Brändi

10 FOKUS GESELLSCHAFT                                                                                                                                                 FOKUS GESELLSCHAFT   11
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
INTERVIEW | Im Gespräch mit alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann

  Ein Bundesrats-Pferd
                                                                                                                                                                                 sind wir bis jetzt nicht von schweren Behinderun-
                                                                                                                                                                                 gen betroffen. In den Firmen beschäftigen wir im-
                                                                                                                                                                                 mer wieder Rollstuhlfahrer. Und wenn mir etwas

  im Reitstall Rathausen                                                                                                                                                         Eindruck macht, dann dies: Die meisten Menschen
                                                                                                                                                                                 mit Handicap haben einen enormen Leistungswil-
                                                                                                                                                                                 len und wollen nicht geschont werden. Sie stellen
  Voltéro wird im Reitstall Rathausen zum Therapiepferd ausgebildet.                                                                                                             ihren Mann beziehungsweise ihre Frau.
  Das Freibergerpferd gehörte alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann.
  Der ehemalige Magistrat erzählt im Interview, wie das Pferd nach                                                                                                               Wie beurteilen Sie die Situation und den Umgang
                                                                                                                                                                                 mit Menschen mit einer Behinderung in unserem
  Rathausen kam. Und was er ihm schon mal ins Ohr geflüstert hat.
                                                                                                                                                                                 Land? In den vergangenen Jahren ist eine grosse
                                                                                                                                                                                 Entwicklung passiert. Es scheint in der Gesellschaft
  INTERVIEW VON PIRMIN BOSSART                                                                                                                                                   angekommen zu sein, dass Gleichberechtigung in
  Alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann, wie                                                                                                                                     allen Belangen als Selbstverständlichkeit zu gelten
  sind Sie Pferdebesitzer geworden? Sind Sie ein                                                                                                                                 hat. Natürlich ist immer noch viel zu tun. Es ist ein
  Pferdefreund? Ich bekam das Fohlen anlässlich                        «Voltéro ist sehr                                                                                         stetiger Prozess, bei dem jede/-r Einzelne unserer
  meiner Teilnahme am Marché-Concours in Saigne-
  légier vom Freibergerzuchtverband und der Volks-
                                                                       menschenbezogen,                                                                                          Gesellschaft gefordert ist.

  wirtschaftsdirektion des Kantons Jura geschenkt.
  Ich liebe Tiere. Pferde ganz besonders. Als Schüler
                                                                       aufmerksam und                                                                                            Sehen Sie Möglichkeiten, dass die Wirtschaft
                                                                                                                                                                                 Menschen mit einer Behinderung noch besser
  verbrachte ich jede freie Minute auf dem Bauernhof                   lernwillig – beste                                                                                        integrieren könnte? In dieser Beziehung beginnen
                                                                                                                                                                                 neue Modelle zu greifen: Es wird vermehrt in syste-
  meines Onkels. Ich durfte alles machen, mit Aus-
  nahme des Sattelns und des Führens der Pferde.                       Voraussetzungen für                                                                                       mischen Zusammenhängen gedacht. Menschen
  Ich erkannte so schon sehr früh den Wert und die
  Bedeutung dieses wichtigsten Leistungsträgers in
                                                                       ein Therapiepferd.»                                                                                       mit besonderen Bedürfnissen werden auf ihrem
                                                                                                                                                                                 Integrationsweg sehr oft individuell begleitet. Es
  der damaligen Landwirtschaft.                                                                                                                                                  finden sich mehr Arbeitgeber, die geschützte
                                                                       Informationen zur Pferdegestützten Therapie                                                               Arbeits­plätze in ihrem Betrieb anbieten und dies
                                                                       finden Sie auf Seite 14.
   Was taten Sie als frischgebackener Bundesrat                                                                                                                                  auch als Bereicherung erleben.
   mit einem solchen Geschenk, was war Ihr erster                                                                         Alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit Voltéro.
   Schritt? Geschenke meldet der einzelne Bundes-                                                                                                                                Was wünschen Sie Ihrem Pferd für seine weitere
   rat dem Bundesrats-Kollegium an. Der Bundesrat                                                                                                                                Zukunft? Ich wünsche Voltéro von Herzen, dass
   bewilligte den Besitz, somit konnte das Fohlen                                                                                                                                sein Lebensplatz in Rathausen seinen Fähigkeiten
  ­Voltéro im Jura bleiben und die erste Zeit auf der            Haben Sie das Pferd manchmal auch besucht an              Mächler, in dem ganz viele Bewohnerinnen und          entspricht. Und natürlich wünsche ich ihm, dass
   Weide verbringen. Wichtig war mir, dass er art­               seinen Ausbildungsplätzen? Haben Sie mit ihm              Bewohner der SSBL von der Pferdegestützten The-       seine Pferdefreunde/-innen im Freilaufstall Rat-
   gerecht in einer Pferdegruppe aufwachsen konnte.              geredet? Bereits während Voltéros Zeit auf der            rapie profitieren dürfen, wurde mir durch meine       hausen ihn mögen. Dass all die Menschen um ihn
   Offensichtlich fühlte er sich auf der Domaine de              Jura­weide habe ich, soweit meine Zeit als Bundes-        Bekannte empfohlen. Sie ist verantwortlich für die    herum ihn sofort ins Herz geschlossen haben,
   Peu Claude in Les Bois bei Familie Combremont                 rat es zuliess, seine Entwicklung verfolgt. Ich habe      Qualitätssicherung in der Vereinigung Pferdege-       davon durfte ich mich beim Besuch in Rathausen
   sehr wohl.                                                    ebenfalls mit Freude die Resultate des Feldtests,         stützte Therapie Schweiz. Sie wusste, dass Natascha   bereits überzeugen!
                                                                 den die jungen Freibergerpferde absolvieren, zur          Mächler auf der Suche nach einem Pferd war, wel-
  Heute lebt Voltéro im Reitstall Rathausen und                  Kenntnis genommen. Während seiner Ausbildung              ches auch etwas schwerere Klienten/-innen tragen
  wird zum Therapiepferd für die Bewohner/-innen                 im Nationalen Pferdezentrum Bern (NPZ) habe ich           könnte. Zudem ist der Stall Rathausen mit der
  der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL                  die Gelegenheit für einen Ausflug mit meiner Fami-      «Qualitätsplakette für Therapieställe» ausgezeich-
  ausgebildet. Wie hat sich das ergeben? Durch eine              lie genutzt. Voltéro hat uns, zusammen mit einem          net, die durch die PT-CH ver­   geben wird. Somit
  Bekannte, die im Vorstand der Pferdegestützten                 erfahrenen älteren Pferd, im Gesellschaftswagen           hatte ich Gewähr, dass die bestmöglichen Voraus-
  Therapie Schweiz (PT-CH) mitarbeitet, wurde ich                durch Berns Aussenquartiere gezogen. Es war ein-          setzungen für eine befriedigende Zukunft von
  darauf aufmerksam gemacht, dass Freibergerpfer-                drücklich zu erleben, wie sich das kleine, verspielte   ­Voltéro gegeben sind. Am meisten habe ich mich
  de gerne in der Therapiearbeit mit Menschen mit                Fohlen zu einem selbstbewussten, starken Pferd            aber darüber gefreut, dass die ganze Familie von
  Behinderung eingesetzt werden. Voltéro wurde also              entwickelt hatte. Ob ich mit ihm geredet habe? Ja,        Natascha Mächler sofort einen guten Bezug zu
  im Hinblick auf eine solche Lebensaufgabe getes-               ich habe ihm ins Ohr geflüstert, er solle sehr sorg-     ­Voltéro gefunden hat und ihm einen Lebens­platz
  tet. Meine Frau, die bei diesem Augenschein dabei              fältig mit uns und seinen zukünftigen Reiterinnen         zusichern möchte.
  war, erzählte mir, dass Voltéro all seine Aufgaben mit         und Reitern umgehen!
  Bravour gelöst habe: Er sei sehr menschenbezo-                                                                         Haben Sie in Ihrem privaten Umfeld auch mit Men-
  gen, aufmerksam und lernwillig gewesen. Ich kann               Was sagen Sie zu Voltéros neuer Heimat und sei-         schen mit einer Behinderung zu tun? Gibt es ir-
  mir gut vorstellen, dass genau dies gern gesehene              nem Einsatzgebiet? Glauben Sie, dass er am rich-        gendein Erlebnis, das Ihnen Eindruck gemacht hat           Dominik Winkler hat Voltéro ins Herz geschlossen.
  Qualitäten eines Therapiepferdes sind.                         tigen Ort ist? Der Stall Rathausen von Natascha         oder das Sie berührt? In der nahen Verwandtschaft

12 ANSICHTEN                                                                                                                                                                                                                  ANSICHTEN 13
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
Der Reitstall
                                                 Rathausen
                                                 Der Reitstall Rathausen auf dem
                                                 Areal der SSBL bietet Menschen
                                                 mit schwerer Behinderung Pferde­
                                                 gestützte Therapie an.

                                                 Die langjährige Leiterin Natascha Mächler ist
                                                 ausgebildete Fachfrau für Pferdegestützte The-
                                                 rapie und Reitpädagogin. Sie hat enorm viel
                                                 Erfahrung darin, die individuellen Bedürfnisse
                                                 ihrer Klienten/-innen in die Therapie einzubin-
                                                 den. Der Umgang mit Pferden wirkt sich für
                                                 Menschen mit Behinderung auf verschiedenen                                                                                                                                     Einblick in den Alltag von Matthias Jambé
                                                 Ebenen positiv aus. Der (Körper-)Kontakt zu

                                                                                                                                                                                                                               Hoch zu Ross
                                                 den Tieren ist ein Stimmungsaufheller, der auch
                                                 das Stress­barometer senkt. Und bei den sorg-
                                                 fältig abgestimmten Arbeitsschritten im Reit-
                                                 stall Rathausen werden Feinmotorik und wei-
                                                 tere Fähigkeiten der Klientinnen und Klienten
                                                                                                                                                                                                                               der Reuss entlang
                                                 trainiert und gestärkt. Das Angebot des Reit-
                                                 stalls Rathausen von Natascha Mächler ist durch                                                                                                                               Der 26-jährige Matthias Jambé lebt unter
                                                 den Verein Pferdegestützte Therapie Schweiz                                                                                                                                   der Woche in einer der Wohngruppen der
                                                 (PT-CH) zertifiziert.                                                                                                                                                         Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL
                                                                                                                                                                                                                               in Rathausen. Auf den Donnerstag freut
                                                 Mehr Informationen unter
                                                 reitstall-rathausen.ch
                                                                                                                                                                                                                               er sich immer besonders: Dann geht es zum
                                                                                                                                                                                                                               Reitstall in die Pferdegestützte Therapie.

                                                                                                                                                                                                      Das weisse Pferd setzt zu einem leichten Trab an,       mit einem unangekündigten Besuch und begleiten
                                                                     SPENDENAKTION                                                                                                                    auf seinem Rücken sitzt Matthias Jambé mit roter        ihn zum Reitstall. «Noch vor ein paar Monaten hät-
                                                 Der Verein Freunde der Stiftung für Schwer­                                                                                                          Jacke und Reithelm. Für einen kurzen Moment hebt        te ihn eine solche Abweichung aus der Bahn gewor-
                                                 behinderte Luzern SSBL sammelt für einen                                                                                                             er beide Arme, reitet freihändig und hat ein breites    fen», sagt Vater Hansruedi Jambé und freut sich,
                                                 gedeckten Therapie-Reitplatz beim Reitstall                                                                                                          Lächeln im Gesicht. Neben den beiden geht Nata-         dass Matthias heute viel besser damit umgehen
                                                 Rathausen. Dieser Reitplatz schafft den ge-                                                                                                          scha Mächler, Leiterin des Reitstalls Rathausen und     kann. «In Zusammenarbeit mit der Gruppenleitung
                                                 schützten Rahmen, damit Therapien für alle und                                                                                                       verantwortlich für die Pferdegestützte Therapie.        und dem Pflegeteam haben wir während den letz-
                                                 bei jedem Wetter durchgeführt werden kön-                                                                                                            Sie kennt den jungen Mann bestens: Schon seit vie-      ten zwei Jahren sukzessive alle Medikamente ab-
                                                 nen. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!
                                                                               Herzlic
                                                                                                                                                                                                      len Jahren kommt der 26-Jährige einmal in der           gesetzt. Das hat sich positiv ausgewirkt: Uns kommt
                                                                                       hen

                                                                                                                                                                                                      Woche zu ihr in den Reitstall.                          es vor, als wäre bei ihm die Handbremse gelöst
                                                                               Dank
                                                                                    fü
                                                                              Ihre Sp r
                                                                                     ende

                                                 Mehr Informationen unter                                                                                                                                                                                     worden.» Seither habe Matthias nicht nur zehn Kilo
                                                 ssbl.ch/spendenaktion                                                                                                                                Matthias hat Trisomie 21 mit leicht autistischen Zü-    abgenommen, sondern sei auch lebhafter als zuvor.
                                                                        SPENDENAKTION
                                                                       der Freunde der SSBL
                                                                                                                Stif tun
                                                                                                               Schwe für
                                                                                                                         g
                                                                                                                                                                                                      gen und ist auf Intensivbetreuung angewiesen. Seit      Dazu passt, dass er neuerdings das Kickboard aus-
                                                                          für einen                                    rbehin

                                                                                                                                                                                                      seiner Volljährigkeit lebt er unter der Woche in der    probiert, mit dem Natascha Mächler ihn abholt und
                                                                                                               Luzern         der te
                                                                     gedeckten Thera                                    SSB L
                                                                                     pie-                     Rathau
                                                                          Reitplatz                          6032
                                                                                                                      sen
                                                                                                                    Emme
                                                                                                            T 041         n
                                                                                                                   269 35
                                                                                                            F 041          00
                                                                                                                  269 35

                                                                                                                                                                                                      SSBL in der Gruppe Mythen. Hier wird er auch ab-        auf dem er mit ihrer Unterstützung die wackelige
                                                                                                           info @s        01
                                                                                                                   sbl.ch
                                                                                                           www.s
                                                                                                                  sbl.ch
                                                                                                                                          SINNV
                                                                                                                                               OLL
                                                                                                                                                     SPEN
                                                                                                                                                            DEN
                                                                                                                                          Lebe
                                                                                                                                                n
                                                                                                     Unsere

                                                                                                                                         freud s-                                                     geholt von Natascha Mächler, wenn seine Pferde­         Fahrt dem Reitstall entgegen macht. Dort ange-
                                                                                                     Buchra Standorte
                                                                                                            in
                                                                                                    Hergisw | Emme
                                                                                                                        n-Rath
                                                                                                    Luzern il | Hitzkir

                                                                                                                                                e
                                                                                                                               ausen
                         www.s                                                                            -Allme       ch |
                               sbl.ch/                                                             Nebiko         nd | Luz Knutwil

                                                                                                                                         bei je
                        spende                                                                            n
                               naktion                                                             Schüpf | Pfaffna        ern-Lit
                                                                                                                                   tau
                                                                                                         heim         u|

                                                                                                                                                dem
                       www.s                                                                                    | Wolhu Reiden
                             sbl.

                                                                                                                                                                                                      gestützte Therapie ansteht und es ist ihm wichtig,      kommen, geht er zielstrebig zur Koppel, wo die
                      freunde ch/                                                                                        sen

                                                                                                                                         Wett
                   rz_SS
                        BL_S
                            pendenak
                                    tion_Reitp
                                                                                                                                              er
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                                                               1-3

                                                                                                                                                                                                      dass alles nach Plan und gleicher Struktur abläuft.     Pferde weiden, zeigt zielgerichtet auf den Schim-
                                                                                                         NKO
                                                                                                           NTO
                                                                                               CH20
                                                                                                    007                                                        SPENDENAKTION
                                                                                              Freunde 7 801 0
                                                                                                                057
                                                                                              Luzern der Stiftung 6 256 0                                     der Freunde der SSBL
                                                                                                    SSB L                  8
                                                                                                          | Rath für Schwer
                                                                                                                ausen        behinde
                                                                                                                      | 603
                                                                                                                            2 Emm rte                        für einen

                Natascha Mächler
                                                                                                                                  en
                                                                                                                                                        gedeckten Thera
                                                                                                                                                                        pie-

                                                                                                                                                                                                      An diesem Frühlingstag gibt es jedoch eine unvor-       mel Nancy und sagt: «Nasi!».
                                                                                                                                                             Reitplatz

                und Matthias Jambé
                unterwegs.                                                                                                                                                           01.05
                                                                                                                                                                                          .19 10:52
                                                                                                                                                                                                      hergesehene Änderung: Die Eltern überraschen ihn                                        WEITER AUF SEITE 16

14 EINSICHTEN                                                                                                                                                                                                                                                                                       EINSICHTEN 15
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
Striegeln: eine lustige und haarige Sache
  Matthias wählt immer das gleiche Pferd aus, das
  weiss die Therapeutin und sie hat auf einer Tafel
  bereits mit Bildern die Arbeitsschritte visualisiert,
                                                                    Striegeln,
  die Matthias jetzt zusammen mit ihr ausführen                     Hufe auskratzen,
  wird: Striegeln, Hufe auskratzen, Zaumzeug satteln.
  Matthias holt die Kiste, in der Striegel und andere               Zaumzeug satteln–
  Sachen aufbewahrt sind, und macht sich ans Werk.
  Eine ganz schön haarige Sache ist das heute! «Nasi»
                                                                    das gehört mit zur
  verliert das Winterfell, ganze Fellbüschel fliegen ihr            Therapie.
  beim Striegeln um die Ohren. Das mag Matthias
  zwar nicht, aber pflichtbewusst führt er die Bürste
  über den Pferderücken. «Gleich hole ich den Staub-
  sauger!», sagt Natascha Mächler und beide lachen.
  Beim Hufeauskratzen muss Matthias darauf achten,         Hallenbad und nachher nach Hause. Für die enga-
  dass er richtig dasteht und gleichzeitig mit den         gierten Eltern sind das schöne, aber intensive Tage:
  Händen das Werkzeug führen kann. «Das klappt ja          Matthias braucht auch daheim eine 1:1-Betreuung
  wunderbar!», freut sich Erika Jambé und schiesst         und kann nicht über eine längere Zeitspanne etwas
  stolz ein paar Fotos.                                    für sich machen. Darum stehe fast immer eine Akti-
                                                           vität auf dem Programm: «Im Winter Schlittschuh-
                                                           laufen und Schlitteln, im Sommer Wandern oder
                                                           Schwimmen und bei schlechtem Wetter auch mal
                                                           eine Rundfahrt mit dem Postauto – das ist eine sei-                                                                  Am Samstag geht's gemeinsam mit
                                                           ner Lieblingsbeschäftigungen», erzählen sie.                                                                  den Eltern ins SSBL-Hallenbad und danach
                                                                                                                                                                                  für das Wochenende nach Hause.

                                                           Ebenfalls viel, aber nicht ganz so viel Aufmerksam-
                                                           keit wie daheim, bekommt Matthias in der Gruppe
                                                           Mythen 1A: Hier leben in der geräumigen Wohnung        Therapeutin Mächler und hilft dem jungen Mann
                                                           auf dem ersten Stock noch vier andere Menschen          dabei, von einer Rampe aufs Pferd zu steigen. «Weil
                                                           mit schwerer Behinderung, die alle intensive Be-        man nicht auf einem Sattel, sondern auf einer
                                                           treuung brauchen. Darum ist es nicht vermeidbar,        Decke sitzt, gibt das einen engeren Kontakt: Die
                                                           dass es auch «stille» Zeiten gibt, in denen Matthias    Kraft und Bewegung des Tieres ist so viel direkter
                                                           sich selbst beschäftigen muss. Dann sitzt er zum        spürbar», erklärt Natascha Mächler. Und los geht’s!
                                                           Beispiel auf dem Bett und hört beruhigende Musik,      Auf dem rund 15-minütigen Ausritt geniesst es
                                                           die er ganz leise einstellt. Die Musikanlage ist in    ­Matthias unübersehbar, hoch zu Ross mal in gemüt-
                                                           einem Holzkasten untergebracht, damit sie nicht         lichem Schritt und dann wieder trabend der Reuss
                                                           beschädigt werden kann, und der einzige individu-       entlang zu reiten. Beim Robidog-Kasten wird aber
                                                           elle Gegenstand in seinem Zimmer – ansonsten ste-       meistens umgekehrt …, auch das eine Konstante im
                                                           hen im hellen Raum nur Tisch und Stuhl, das Bett       wöchentlichen Ablauf, die Matthias wichtig ist.
                                                           und ein Sessel. Keine Bilder, keine Deko, keine
                                                           Zeichnung. «Matthias will sein Zimmer absolut leer,
                                                           nur an die Aussentür hängt er regelmässig Fotos                         MATTHIAS JAMBÉ HAT TRISOMIE 21.
                                                                                                                                   WAS IST DAS GENAU?
  Matthias Jambé pflegt seine «Nasi».                      oder selbst gemalte Bilder», erklären die Eltern und
                                                                                                                                   Informationen dazu finden Sie
                                                           illustrieren dies an einem Beispiel: Einmal hätten                      auf unserer Website.
                                                           sie eine Zierpflanze in sein Zimmer gestellt, um es                     www.ssbl.ch/trisomie21
                                                           wohnlicher zu machen. Keine Chance: Matthias
  Liebevolle Eltern und engagiertes Personal               habe sie absichtlich umgeworfen und somit klar
  Apropos Fotos: Die Mutter hat ein Album mitge-           gemacht, dass er so was nicht um sich will. Jetzt      Zurück im Reitstall wird Nancy abgesattelt und in
  bracht und zeigt Bilder von den ersten Reitstunden,      steht die Pflanze halt im Aufenthaltsraum und sorgt    ihre Koppel gebracht. Zum Abschied bekommt sie
  die Matthias bereits als Sechsjähriger bei Natascha      dort für Gemütlichkeit.                                noch einen dicken Kuss auf die Schnauze.
  Mächlers Vorgängerin gemacht hat. «Er hatte es                                                                  Ebenso herzlich geht Matthias mit seinen Eltern,
  schon als Kind gern, wenn etwas läuft», sagt die         Im Reitstall ist Pferd Nancy unterdessen gestrie-      den Mitbewohnern/-innen und dem Betreuungs-
  Mutter und erzählt, dass er das Wochenende auch          gelt und Matthias hat die Gurten festgezurrt und       personal um: Er begrüsst sie mit Händeschütteln
  darum jeweils freudig erwarte: Am Samstag holen          eingehakt, mit der die Satteldecke befestigt ist.      und breitem Lächeln. Nach dem Eintreffen in der
  die Eltern ihren Sohn ab, gehen mit ihm ins SSBL-­       «Das ist eine gute Übung für die Feinmotorik», sagt                                 WEITER AUF SEITE 18

16 EINSICHTEN                                                                                                                                                                                    EINSICHTEN 17
DAS MAGAZIN DER SSBL - Stiftung für ...
Mitreden und mitgestalten
  Wohngruppe Mythen macht er sich unter Mithilfe          hat, habe sich erst ein paar Jahre nach der Geburt
  ein Zvieri parat: Birnenschnitze mit Joghurt. Essen     verdeutlicht: Seine Entwicklung verlangsamte sich,
  tut er am Tisch und dort liegt auch sein iPad, auf      er machte weniger Fortschritte. Ein Test brachte
  dem er sogleich herumdrückt. Anschauen kann er          dann die Gewissheit, dass er sich mit an Sicherheit
  sich darauf Fotos von daheim, aber jetzt macht er       grenzender Wahrscheinlichkeit sein Leben lang auf      Für Menschen mit Behinderung sind geeignete Kommunikations­
  etwas anderes: Er wählt aus den zur Auswahl ste-        dem Entwicklungsstand eines Kindes bewegen             mittel unabdingbar. Die Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL
  henden Abbildungen das Getränk zum Abend­               und auf Intensivbetreuung angewiesen sein wird.        setzt einfache Hilfsmittel personenbezogen ein, damit die Selbst­
  essen aus. Bingo: Orangen­saft! Dann geht es zum        «Es ist für uns essenziell, zu wissen, dass Matthias
                                                                                                                 bestimmung der Betroffenen gewährleistet ist.
  Schrank, wo der Menüplan und die Personalliste          in der SSBL in guten und zuverlässigen Händen
  hängen. Von seiner Betreuerin lässt er sich erklären,   ist!», sagen die Eltern und loben das Vertrauens-
  wer heute und morgen da ist. Und dass es zum            verhältnis, das sie hier erfahren. «Damit Matthias
  Znacht Rösti gibt. «Das ist sehr typisch! Am liebs-     ein glückliches Leben hat, braucht es viel Zuwen-      Mit anderen Personen in Dialog treten und Gefühle
  ten möchte er immer alles schon eine Woche im           dung, Aufmerksamkeit und Beständigkeit. Das            ausdrücken, ist ein Grundbedürfnis. Für die meis-
  Voraus wissen», sagen die Eltern und lachen.            betrifft sowohl die Bezugspersonen wie das nahe        ten Menschen ist es selbstverständlich, die vielfäl-
                                                          Umfeld – und all das stimmt für uns hier in der        tigen Kommunikationsmöglichkeiten und -kanäle
  Gutes Umfeld für ein glückliches Leben                  Wohngruppe der SSBL.» Gut möglich, dass das            zu nutzen. Das geht von Gesprächen und Diskus-
  Erika und Hansruedi Jambé haben nebst Matthias          Ehepaar in Zukunft wieder einmal für zwei Wochen       sionen über Zeitungslektüre bis hin zum Austausch
  noch einen zweiten Sohn: Marcel ist drei Jahre jün-     in Urlaub fährt und Matthias dann ein Wochen-          in sozialen Netzwerken: Man informiert sich, redet
  ger als sein Bruder und bereits erwachsen und           ende nicht daheim, sondern gut aufgehoben in sei-      mit und nimmt Einfluss. In der SSBL leben und
  selbstständig. «Matthias hingegen wird immer ein        ner Wohngruppe verbringen wird. Was aber schon         arbeiten Menschen, die oft nicht verstanden wer-
  Kind bleiben», sagen die Jambés, die für ihren          heute ganz sicher ist: Dass Pferd «Nasi» und Thera-    den oder Mühe haben, sich über die gesprochene
  26-jährigen Sohn seit der Geburt omnipräsent sind       peutin Natascha Mächler am nächsten Donnerstag         Sprache auszudrücken. «Es kann vorkommen, dass
  und ihn liebevoll durch das Leben begleiten. Dass er    zur selben Zeit und am selben Ort mit Matthias         diesen Menschen die Möglichkeit fehlt, ihre Umwelt
  nebst Trisomie 21 noch zusätzliche Behinderungen        unterwegs sind. CHRISTINE WEBER                        in selbstbestimmtem Masse mitzugestalten»,
                                                                                                                 sagt Daniela Stalder, Beauftragte
                                                                                                                 Fachstelle Agogik, die
                                                                                                                 seit 26 Jahren bei der
                                                                                                                 SSBL arbeitet.

                                                                                                                 Hilfsmittel für
                                                                                                                 ein möglichst
                                                                                                                 selbstbestimmtes                                                                      Pascal Häfliger am Sprachcomputer.

                                                                                                                 Leben.
                                                                                                                                                                           INTERVIEW MIT FELIX GRAF, CEO NZZ-MEDIENGRUPPE
                                                                                                                                                                           Felix Graf war Botschafter der Stiftung für Schwerbehinderte
                                                                                                                 Umso wichtiger sei es, die Kommunikation bei und          Luzern SSBL. Wir wollten von ihm wissen, was ihn zum

            Gmeinsam
                                                                                                                                                                           Engagement bewegte und wie Medien
                                                                                                                 mit den Bewohnern/-innen jeden Tag aufs Neue              Menschen mit Behinderung eine Stimme
                                                                                                                 sorgfältig zu beachten. Für die Mitarbeitenden            geben können. Seine Antworten finden
                                                                                                                                                                           Sie auf unserer Website.

            s’Bescht
                                                                                                                 heisst das: Gesten, Gebärden oder Blicke nicht nur
                                                                                                                 zu sehen, sondern auch zu verstehen. «Dieser Indi-
                                                                                                                                                                                                www.ssbl.ch/felix-graf
                                                                                                                 vidualität Platz einzuräumen, erfordert ein hohes

            möglech                                                                                              Mass an Einfühlungsvermögen, Geduld und Krea-
                                                                                                                 tivität», sagt Stalder.                                Gebärdenzeichen gehören dazu auch einfache

            mache.                                                                                               Piktogramme und Gebärdenzeichen
                                                                                                                 Um den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Be-
                                                                                                                                                                        Piktogramme auf laminierten Karten. Das Konzept
                                                                                                                                                                        wird übergeordnet in der gesamten SSBL angewen-
                                                                                                                                                                        det. Das ist wichtig, damit sowohl Mitarbeitende
                                                                                                                 troffenen gerecht zu werden, wendet die SSBL das       wie Bewohner/-innen in der Diversität der Kommu-
                                                                                                                 eigens entwickelte Konzept «Unterstützte Kom-          nikationsmöglichkeiten verstanden werden.
                                                                                                                 munikation» an. Nebst Handzeichen, Mimik oder                                       WEITER AUF SEITE 20

18 EINSICHTEN                                                                                                                                                                                                            EINSICHTEN 19
Vereinzelt werden auch Sprachcomputer ange-                                                                                       Die Bewohnerzeitschrift «Brieftuube»
  wendet, die allerdings gute kognitive Fähigkeiten                                                                                 Die Bewohner/-innen bringen sich mit Unterstüt-
  voraussetzen: Verschiedene Satz- oder Bildbau-                                                                                    zung der Mitarbeitenden als Redakteure/-innen ein:
  steine können zusammengesetzt und danach akus-                                                                                    Seit 2014 erscheint zwei Mal jährlich die Zeitschrift
  tisch abgespielt werden.                                                                                                          «Brieftuube». Darin wird mit Piktogrammen, Fotos
  Frischen Wind und neue Möglichkeiten bringt zu-                                                                                   und Texten in einfacher Sprache berichtet, was die
  dem die jüngste Generation der SSBL-Bewoh-                                                                                        Bewohnerinnen und Bewohner interessiert und
  ner/-innen ins Spiel: Das iPad steht bei ihnen hoch                                                                               beschäftigt. «Das ist eine gute Möglichkeit, aktiv
  im Kurs. Auch diese Geräte sind so eingerichtet,                                                                                  Einfluss zu nehmen», sagt Stalder und betont, dass
  dass einfache Aussagen und Informationen auf                                                                                      auch weitere Begegnungsmöglichkeiten wie etwa
  dem Touchscreen über Bilder abgerufen werden                                                                                      das Café Rathausen oder externe Standorte wich-
  können. «Die Möglichkeiten und die Voraussetzung
  zur Verständigung sind je nach Ressourcen bei je-
  der Person wieder ganz anders – darum erstellen
                                                                                                                                    tig seien, um Hemmschwellen abzubauen und in
                                                                                                                                    Dialog mit der Öffentlichkeit zu treten. Gezeigt
                                                                                                                                    habe sich das etwa an einer Fachtagung der Hoch-
                                                                                                                                                                                                                                 Wenn Wünsche
  wir bei Bedarf von den SSBL-Bewohnern/-innen
  ein Kommunikationsprofil und entscheiden im An-
                                                                                                                                    schule Luzern im letzten Herbst: «Die teilnehmen-
                                                                                                                                    den Bewohner/-innen haben es sichtbar genossen,
                                                                                                                                                                                                                                 wahr werden
  schluss, welche Hilfsmittel am besten geeignet                                                                                    nicht nur am Rande sondern ‹z'mitts drin› zu sein
  sind», sagt Stalder.                                                                                                              und gehört, gefragt und verstanden zu werden.»                                               «Essen, Cola?», fragt Walter Bucher, 53,
                                                                                                                                     CHRISTINE WEBER                                                                             kaum hat das Motorschiff Winkelried
                                                                                                                                                                                                                                 vom Landungssteg 1 in Luzern abgelegt.
                                                                                                                                                                                                                                 «Bald», antwortet Sebastian Grunske.
                                                                                                                                                                                                                                 Walter nimmt es mit zustimmenden
                                                                                                                                                                                                                                 Geräuschen zur Kenntnis.

                                                                                                                                                                                            Sebastian ist einer von Walters Betreuern in der
                                                                                                     Z 201
                                                                                                           9
                                                                                                                                                                                            Wohngruppe Zuberhus in Hergiswil bei Willisau.
                                                                                                ÄR
                                                                                          4 | M

                                               R HN
                             DAS M AG A ZIN FÜ WO

                             FÜ R
                                  UND
                                      VO N
                                                    ER DE
                                                          R SS
                                                               BL

                                            BE U N D VO N BE WO H N ER D ER SS B L                               4 | M Ä R Z 2019                                                           Wenn Sebastian mit Walter spricht, versteht Walter
                     A ZIN
              M AG

                                                                                                                                                                                            vieles – er selbst jedoch kann sich nicht in Alltags-
       DA S

                                                                                                                                                                                            sprache ausdrücken. Walter hat Trisomie 21 und er                    Heute ist ein
                                                                                                                                                                                            kommuniziert mit einzelnen Worten, Gesten und
                                                                                                                                                                                            Gebärden.                                                            besonderer Tag
                                                                                                                                                                                                                                                                 für Walter Bucher.
                                                                                                         SSB L

                                                                                                                                                                                               GEBÄRDEN NACH «PORTAS» | Menschen mit einer
                                                                                                   DER
                                                                                          OH NER
                                                                                    BEW
                                                                             VO N
                                                                      UN D
                              1   brieftuube DAS MAGAZIN
                                                       DAS
                                                           MAFÜR
                                                                FÜR
                                                             GA ZIN
                                                                  UND VON BEWOHNER DER SSBL
                                                 uu be
                                     1
                                                                                                                                                                                               schweren geistigen oder mehrfachen Behinderung
                                         bri eft

                                                                                                                                                                                               können sich oftmals nicht in unserer Alltagssprache
                                                                                                                                                                                               ausdrücken. In der Stiftung für Schwerbehinderte
                                                                                                                                                                                               Luzern SSBL kommen daher im Alltag unter anderem         eine Passantin oder ein Passant die mit dem jewei-
                                                                                                                                                                                               die Gebärden nach "PORTAS" zum Einsatz.
     BRIEFTUUBE                                                                                                                                                                                                                                         ligen Wunsch verbundenen Kosten übernimmt,
                                                                                                                                                                                               Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der
     Die Zeitschrift «Brieftuube»                                                                                                                                                                                                                       werden die Wünsche erfüllt. Walter Bucher hat
                                                                                                                                                                                               Gebärdensprache, die von Anita Portmann zusammen
     wird von den Bewohnerinnen
     und Bewohnern selbst ge-
                                                                                                                                                                                               mit den Gebärden der Institution Tanne entwickelt        Glück gehabt: Auf die Erfüllung seines Wunsches,
                                                                                                                                                                                               wurden. Nebst den Gebärden werden im Alltag auch
     staltet. Sie erscheint zweimal
                                                                                                                                                                                               diverse Hilfsmittel eingesetzt. Dies können optische,
                                                                                                                                                                                                                                                        eine Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee, hat er
     jährlich. Die Artikel sind in
                                                                                                                                                                                               körpereigene oder auch elektronische Hilfsmittel sein.   nicht lange warten müssen. Heute nun geniesst er.
     leichter Sprache verfasst
                                                                                                                                                                                               Zusammengefasst werden diese unter dem Begriff
     sowie mit Pikto­grammen.
                                                                                                                                                                                               «unterstützte Kommunikation».
                                                                                                                                                                                                                                                        Cola mit Dessert
                                                                                                                                                                                                                                                        Sebastian hat Walter schon auf den einen oder an-
                                                                                                                                                                                            Heute ist ein besonderer Tag für Walter Bucher:             deren Ausflug begleitet. Er beschreibt den 53-Jäh-
                                                                                                                                                                                            Sein Wunsch wird erfüllt. Wenn die Bewohnerinnen            rigen als eine interessante und aufgeschlossene
                                                                                                                                                                                            und Bewohner der Stiftung für Schwerbehinderte              Persönlichkeit, die auch gerne mal Schabernack
                                                                                                                                                                                            Luzern SSBL einen Herzenswunsch haben, wird                 treibt. «Manchmal blitzt der Schalk aus seinen Au-
                                                                                                                                                                                            dieser ausgeschrieben – beim Eingang der Cafete-            gen», schmunzelt er. «Walter hört gerne Musik und
                                                                                                                                                                                            ria in Rathausen hängen Bilder und Zeichnungen              tanzt dazu und er geniesst es, im Garten oder im
                                                                                                                                                                                            mit Wünschen, die der Erfüllung harren. Sobald                                           WEITER AUF SEITE 22

20 EINSICHTEN                                                                                                                                                                                                                                                                                EINSICHTEN 21
Wald zu sein.» Walter Bucher sei sehr gern mit ver-
                                          schiedenen Verkehrsmitteln unterwegs und er ge-
                                          niesse es, auswärts eine Cola zu trinken und dazu
                                          ein Dessert zu essen, erzählt Sebastian weiter. Er
                                          sitzt neben Walter Bucher auf einer Schiffsbank
                                          und geht mit ihm die Stationen des Ausflugs noch-
                                          mals durch: «Heute haben wir schon einen Bus be-
                                          nutzt, sind mit dem Zug gefahren und jetzt fahren
                                         wir mit dem Schiff.» Walter Bucher quittiert mit zu-
                                          stimmenden Geräuschen. Dann stehen die beiden
                                          auf und gehen an die Reling. Walter nimmt seine
                                          Mütze vom Kopf und gibt sie Sebastian – sie soll
                                          nicht weggeblasen werden vom Fahrtwind. Denn
                                          das Motorschiff Winkelried hat inzwischen mächtig
                                          Fahrt aufgenommen. Bei prächtigem Sonnen-
                                          schein ziehen Inseli und Richard-Wagner-Museum
                                         vorbei, im Hintergrund thront der noch schnee­
                                          bedeckte Pilatus. Einen schöneren Tag hätten
                                         ­Sebastian und Walter sich für ihre kleine Reise nicht
                                          aussuchen können! Walter Bucher wiegt seinen
                                          Kopf im Fahrtwind denn auch hin und her. «Er fühlt
                                          sich wohl», sagt sein Betreuer.
                                                                                                             «Nächster Halt Hertenstein», dröhnt es aus dem
                                         Eine Fotocollage als Erinnerung                                     Lautsprecher. Das Schiff wird langsamer und Walter
                                         Ab und zu zückt Sebastian seine Kamera und macht                    setzt seine Mütze wieder auf. «Macht es Spass, das
                                         ein Foto – als Erinnerung für Walter. «Im Anschluss                 Schifffahren?» fragt Sebastian ihn. «Ja» – Walters
                                         an seine Wunscherfüllung werden wir eine Collage                    Antwort kommt schnell und entschieden.
                                         gestalten, die er als Erinnerung in seinem Zimmer
                                         aufhängen kann», erklärt er. So kann Walter sich                    Nächster Halt Weggis
                                         noch lange an dem Erlebnis freuen.                                  Das Motorschiff hat wieder Fahrt aufgenommen.
                                                                                                             Sebastian und Walter stehen auf, Sebastian weist
                Sebastian Grunske und
                                         Walter Bucher lehnt sich inzwischen weit über die                   mit einem Finger in die Ferne. «Da fahren wir hin,
                  Walter Bucher haben    Reling. Der Schiffsbug durchpflügt das Wasser des                   nach Weggis», erklärt er Walter. «Essen? Cola?»,
                 schon einige Ausflüge   Vierwaldstättersees, Gischt spritzt auf – das faszi-                fragt dieser abermals. Geduldig antwortet Sebas-
                 miteinander gemacht.
                                         niert ihn. Er kann sich kaum daran sattsehen. Doch                  tian: «Ja, bald.»
                                         Sebastian klopft auf seine Schulter: «Walter, komm
                                         mal ein wenig weiter nach hinten!», sagt er. Walter                 «Nächster Halt Weggis, Station Weggis.» – «Jetzt
                                         macht einen Schritt zurück und setzt sich neben                     steigen wir aus, komm!», sagt Sebastian und hilft
                                         Sebastian auf eine Bank. «Essen», sagt Walter, und                  Walter, den Rucksack anzuziehen. Die beiden ste-
                                         führt seine Hand zum Mund, «Cola.» Sebastian er-                    hen auf, gemeinsam verlassen sie das Schiff und
                                         widert: «Bald gibt’s Essen und auch eine Cola.»                     spazieren gemütlich zu einem nahegelegenen Res-
                                         Walter ist zufrieden, sein Blick schweift über die                  taurant. Hier kann Walter endlich sein Essen mit
                                         vorbeiziehende Landschaft.                                          Cola geniessen! ELISABETH GEBISTORF KÄCH

                                          SO ERFÜLLEN SIE HERZENSWÜNSCHE

                                         Einem Schlagerstar nach einem      einfach so erfüllen lassen.          von A bis Z sicherstellt. Diese
                                         Konzert die Hand schütteln, auf    Das gilt besonders für unsere        Kosten müssen durch Spenden
                                         der Alp beim Käsen mitmachen,      Bewohne­r­innen und Bewohner.        finanziert werden. Die aktuell
                                         einen Match des FC Luzern von      Denn all diese individuellen         offenen Wünsche finden Sie auf
                                         der Spielerbank aus schauen, im    Träume können nur realisiert         unserer Website oder beim
                                         Zoo Zürich die Elefanten sehen –   werden, wenn unser Fachperso-        Eingang zum Café Rathausen.
                                         es gibt Wünsche, die sich nicht    nal die Betreuung und Logistik                                         www.ssbl.ch/wunsch

22 EINSICHTEN                                                                                                                                        EINSICHTEN 23
Elementare und
                                                                                                                  Noch seien die Eltern nicht in die anspruchsvolle
                                                                                                                  Rolle hineingewachsen, sondern von der Tatsache
                                                                                                                  überrumpelt, dass ihr Kind behindert ist. Zuerst sei     «Wenn wir sehr
  berührende Erfahrungen                                                                                          da der Schock. Und dann die vielen ungewissen
                                                                                                                  Konsequenzen: Was bedeutet die Diagnose? Wie
                                                                                                                                                                           viele Kinder hatten,
                                                                                                                  wird sich das Kind entwickeln, was für eine Zukunft      schlief ich in der Stube.
  Im heilpädagogischen Kinderhaus Weidmatt werden                                                                 hat es, hat es überhaupt eine? Und wie stemmt es
  Klein­k inder mit Behinderung über kürzere oder                                                                 die Familie, ohne daran zu zerbrechen?                   Die Kinder durften
  längere Zeit betreut. Das entlastet Mütter und Väter
                                                                                                                  «Die Situation ähnelt einem Schleudergang in einer
                                                                                                                                                                           mein Bett benutzen.»
  in schwierigen und anspruchsvollen Situationen.
                                                                                                                  Waschmaschine: Alles wird durcheinandergewir-
                                                                                                                  belt, muss neu erfahren und angenommen wer-
                                                                                                                  den», sagt Hummel und erzählt, dass viele Mütter
                                                                                                                  und Väter in dieser Situation kräftemässig und
                                                                                                                  emotional an ihre Grenzen stossen und darum
                                                                                                                  Unterstützung unglaublich wichtig sei. «Ein paar
                                                                                                                  Wochen oder Tage etwas Zeit für sich selbst oder
                                                                                                                  allenfalls für vorhandene Geschwister haben, sich
                                                                                                                  eine kleine Atempause von der permanenten Sorge
                                                                                                                  um das Kind, der anspruchsvollen Alltagsgestal-
                                                                                                                  tung und der ungewissen Zukunft nehmen – es
                                                                                                                  gibt unterschiedlichste Gründe für einen Aufent-
                                                                                                                  halt in der Weidmatt. Entlastend ist es in jedem
                                                                                                                  Fall.» In einem Nebengebäude des Chalets gibt es
                                                                                                                  für Angehörige zudem die Möglichkeit, nahe ihrer
                                                                                                                  Kinder zu übernachten. Auch das ein Angebot, das
                                                                                                                  geschätzt werde.

                                                                                                                  Power und Engagement der Mitarbeitenden                  Drei Schwestern als Pionierinnen
                                                                                                                  Die Atmosphäre im Haus ist entspannt, heiter und         Gegründet wurde die Weidmatt 1952 von
                                                                                                                  lebendig. Im Treppenhaus und an den Wänden               Maria, Anna und Josy Leberer. Die drei
                                                                                                                  hängen Fotos von den Kindern und auch vom Per-           Schwestern bauten das temporäre Daheim
                                                                  Elin und Nadja Stadelmann Limacher
                                                                                                                  sonal: Die hier arbeitenden Fachleute kümmern            für Kinder in schwierigen Lebensumständen
                                                                                                                  sich professionell und mit Herzblut um Pflege,           in Eigeninitiative auf und führten es während
                                                                                                                  Betreuung und verschiedene Therapien der rund            Jahrzehnten mit Geschick und Herzblut. Von
  Ein kleiner Junge stösst die Zimmertür einen Spalt       schweiz, das temporäre Plätze für Kleinkinder mit      35 Kinder. «Es ist eindrücklich, wie viel Power und      den Schwestern lebt heute nur noch die
  breit auf und lässt den Besuch eintreten. Von aus-       teils sehr schwerer Behinderung anbietet. Entspre-     Engagement die Mitarbeitenden einbringen!», sagt         100-jährige Anna Leberer, die das «Herz»
  sen leuchten Sonnenstrahlen durch die bunten Vor-        chend wird das Angebot auch von vielen Müttern         Paul Hummel und betont, dass sich die gute Stim-         des Hauses war und sich enorm engagiert
  hänge, im Bett liegen Plüschtierchen, aus einer          und Vätern ausserhalb des Kantons Luzern genutzt.      mung und die sorgfältige Betreuung auf alle              und liebevoll um die Kinder gekümmert hat.
  Spieldose kommt Musik und in einer Ecke steht ein                                                               Betroffenen, und auch auf vernetzte Institutionen        Die vife Frau lebt heute im Altersheim, ist
  lustiges Zirkuszelt mit Kuscheldecke.                    Unterstützung und Begleitung für Angehörige            wie etwa das Kinderspital oder die Kinderspitex          noch immer in Kontakt mit ehemaligen
                                                           Familien, die erst bei der Geburt ihres Kindes oder    auswirke – die Weidmatt hat denn auch darum              Schützlingen und dafür bekannt, dass sie ein-
  Es ist eines von sieben Zimmern im heilpädagogi-         kurz davor oder danach damit konfrontiert sind,        einen hervorragenden Ruf. In Zusammenarbeit mit          drücklich von ihrer Arbeit und der Geschich-
  schen Kinderhaus Weidmatt, das am Rand von               dass ihr Kind behindert ist, stehen vor einer kom-     den Palliativteams Zürich und Luzern hat sich das        te des Kinderhauses erzählen kann, das seit
  Wolhusen steht und von der Stiftung für Schwer-          plett neuen und belastenden Situation. «Wir unter-     Kinderhaus zudem auf die palliative Pflege spezia-       1985 zur SSBL gehört.
  behinderte Luzern SSBL geführt wird. Im liebevoll        stützen die Familien in dieser sehr schwierigen Zeit   lisiert. Auch das ist ein Bereich, der viel Feingefühl
  eingerichteten Chalet gibt es auf drei Etagen ver-       und fördern gleichzeitig die Kinder in ihren indivi-   erfordert. Die Arbeit für die Betreuungsperso-
  teilt 18 Betten für Kinder, die hier je nach Bedürfnis   duellen Fähigkeiten, wenn sie bei uns in der Weid-     nen ist anspruchsvoll und je nach Situation auch
  der Eltern über kürzere oder längere Zeit betreut        matt sind», sagt Paul Hummel, der seit über fünf       belastend. «Aber immer verbunden mit wertvollen                        AUDIOBEITRÄGE
  werden. Nicht alle von ihnen können so wie der           Jahren Institutionsleiter ist und der zuvor mit er-    Erfahrungen», sagt Paul Hummel und ergänzt:                            Auf unserer Website finden
                                                                                                                                                                                         Sie Links zu Audiobeiträgen
  kleine Junge die Türe selbst aufstossen. Manche          wachsenen Menschen mit Behinderung gearbeitet          «Das Vertrauen der Eltern zu gewinnen und sie bei                      mit Anna Leberer.
  sind noch Babys, andere haben eine so schwere            hat. «Jetzt bin ich bei den Kleinsten gelandet – das   elementaren Lebensfragen zu begleiten und zu                           www.ssbl.ch/annaleberer
  Beeinträchtigung, dass sie nicht selbstständig lau-      ist ein enormer Unterschied, gerade in der Zusam-      unterstützen, ist berührend und bereichernd. Und
  fen oder essen und auch nicht sprechen können. Die       menarbeit mit den Eltern. Die Lebensgeschichten        das Gleiche gilt, wenn wir individuelle Fortschritte
  Weidmatt ist das einzige Kinderhaus in der Deutsch-      und Begegnungen sind unglaublich berührend.»           bei den Kindern miterleben.» CHRISTINE WEBER

24 EINSICHTEN                                                                                                                                                                                                 EINSICHTEN 25
Zusammenfassung
  des Jahresberichts

                                                                                                                ZUFRIEDENE
                                                                 Jahres
                                                                        -                                       GESETZLICHE VERTRETER                    WOHNPLÄTZE
                                                                 bericht
                                                                2018                                            Alle gesetzlichen Vertreter/-innen
                                                                                                                im Erwachsenenbereich wurden
                                                                                                                                                         Wohnplatz-Entwicklung für Erwachsene
                                                                                                                                                         Die Kapazitäten mussten der Nachfrage
                                                                                                                2018 laufend befragt und, wo nötig,      angepasst werden, einerseits durch
                                                                                                                wurden Sofortmassnahmen                  Schliessung von zwei kleineren Wohn­
                                                                                                                eingeleitet. Die Gesamtauswertung        häusern (in Zell und in Triengen) sowie
                                                                                                                der Zufriedenheit ergab einen            durch die Eröffnung einer zusätzlichen
  EIN HERZLICHES DANKESCHÖN!                                                                                    Durchschnittswert von 5.23 auf der       Wohngruppe in Hitzkirch.
  Als neuer Direktor seit dem 1. Juli 2018 darf                                                                 Notenskala von 1 bis 6. Auch das
  ich mit grosser Freude beobachten, mit welchem                                                                Kinderhaus Weidmatt erhielt
  Engagement und mit wie viel Herzblut sich                                                                     bei hoher Rücklaufquote sehr            Wohnplätze nach Standorten

                                                                                                                                                             312
  die Mitarbeitenden auf allen Hierarchiestufen                                                                 gute Werte.
  zugunsten der Menschen mit besonderen                                                                                                                                               Buchrain (8)
  Bedürfnissen einsetzen und wie hart sie an               Z’MITTS DRIN                                                                                                               Rathausen (187)

                                                                                                                5.23
  der Zielerreichung arbeiten. Das macht mich              So lautet das Motto der SSBL in                                                                                            Hergiswil (10)

  dankbar und sehr stolz auf unsere SSBL-
  Gemeinschaft. Wir dürfen hoch zufrieden auf
                                                           Bezug auf das Zusammenleben von
                                                           Menschen mit Beeinträchtigung und
                                                                                                                                                               312                    Hitzkirch (26)
                                                                                                                                                                                      Knutwil (18)

  das Erreichte schauen und mit Zuversicht der             den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.                                                            Wohnplätze               Luzern-Allmend (16)
                                                                                                                                                             Erwachsene
                                                                                                                                                             Erwachsene               Pfaffnau (9)
  Zukunft entgegenblicken.                                 Die Bewohnerinnen und Bewohner
                                                                                                                                                                                      Reiden (9)
                                                           stehen im Zentrum unserer Bemühungen.                                                                                      Schüpfheim (19)
                                                           Bei der SSBL wird wertvolle Arbeit für                                                                                     Wolhusen (10)
                                                           wertvolle Menschen geleistet.                        Durchschnittsnote
  Pius Bernet
  Direktor SSBL

                                                                                                                                                         Wohnplatzangebot für Kinder
                                                                                                                                                         Die 18 Wohnplätze für Kinder in Wolhusen
        NEUES LEITBILD UND STRATEGIE                                                                                                                     blieben stabil. Rund 60 Prozent der Kinder

                                                                                                                                                         18
                                                           Die Strategie 2018 bis 2021 beinhaltet                                                        kommen aus anderen Kantonen.
        Unter dem Motto «ankommen – optimieren –           kontinuierliche Optimierungen, aufgeteilt
        aufbrechen» hat der Stiftungsrat Ende 2017 die     in sieben strategische Stossrichtungen:
        neue Strategie 2018 bis 2021 verabschiedet und     1. Lebensqualität | 2. Angebotsplanung |
        damit die Weichen für die Zukunft gestellt.        3. Kompetenzen und Wissen | 4. Kommuni-
                                                                                                                ZWEI NEUE
                                                           kation | 5. Personalpolitik | 6. Digitalisierung |
                                                                                                                QUALITÄTSLABEL                                  Kinder
       «Wir gestalten Lebensraum für Menschen              7. Finanzielle Rahmenbedingungen und                 Ende 2018 durfte die SSBL zwei
       mit Behinderung und schaffen Räume, in              Steuerung.                                           neue Qualitäts­labels entgegennehmen:
       denen sie ihre persönlichen Möglichkeiten                                                                Das Gütesiegel für Spenden sammelnde
       leben und entwickeln können.» – Diese intern        2018 wurden darum diverse Projekte zur               Organisationen «ZEWO» sowie das
       breit abgestützte Mission wird ergänzt mit sechs    Umsetzung der Strategie 2018 bis 2021                Prädikat «Familie UND Beruf», eine
       Handlungsfeldern: 1. Lebensraum | 2. Gesell-        gestartet, unter anderem auch eine aktive            Auszeichnung für die erfolgreiche
       schaft | 3. Selbstbestimmung | 4. Mitarbeitende |   Kommunikation mittels neuer Website                  Umsetzung einer familienfreundlichen
       5. Zusammenarbeit | 6. Professionalität.            und des neuen Magazins «z’mitts drin».               Personalpolitik.

                                                                                                                                                                                      WEITER AUF SEITE 28

26 EINSICHTEN                                                                                                                                                                                  EINSICHTEN 27
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