DAS NATUR-HISTORISCHE - Naturhistorisches Museum Wien
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DA S M AG A Z IN DES NAT UR HIS TOR ISC HE N MUSE U M S W IE N WINTER 2019 1 DAS NATUR- HISTORISCHE „Pliosaurier austriacus“ n Prähistorischer Salzabbau in Hallstatt n Vielfalt Leben n Neues Know-how am NHM Wien n NHM WIEN BY 7REASONS Das älteste Dorf Österreichs n Pliosaurier, digital rekonstruiert
2 EDITORIAL AUS DER GENERALDIREKTION 3 Liebe Leserin, lieber Leser! D ie spektakuläre Eröffnung unserer Die Ausstellung ist sehr vielfältig: Ein histori- großen Sonderausstellung „Der Mond. scher Überblick der Mondforschung wird durch as- Sehnsucht, Kunst und Wissenschaft“ tronomische Grundlagen zu Mondphasen, Sonnen- ist noch in guter Erinnerung. Als Eh- und Mondfinsternissen etc. ergänzt. Auch die rengast konnten wir den Apollo-9- Wechselwirkung des Mondes mit der Erde, z. B. Mondfährenpiloten Russell „Rusty“ Schweickart be- durch die Gezeiten, sowie die dadurch bedingte bio- grüßen, der lebendig und mitreißend vom Eindruck logische Vielfalt in den Wattenmeeren oder der Ein- und der Bedeutung der Apollo-Mond-Missionen er- fluss des Mondlichtes auf die Reproduktion man- zählte. Weitere Ehrengäste bei der (durch „Mond- cher Tierarten, wird thematisiert. Der Mond als Musik“ begleiteten) Eröffnung waren die ORF-Le- geologisches Objekt, seine Zusammensetzung und „Pliosaurier austriacus“ Ein Zahn geht um die Welt. Paläontologische Forschungen im Raum Ebensee (OÖ) genden Dr. Hugo Portisch und Peter Nidetzky, die der Prozess seiner Entstehung kommen ebenso we- von ihren Erinnerungen bei der Moderation der ers- nig zu kurz wie die Geschichte seiner Erforschung förderten Erstaunliches zutage. Ein fossiler Zahn sorgt nun für eine wissenschaftliche ten Mondlandung im Jahr 1969 berichteten, sowie mithilfe der Raumfahrt und der Mondlandung. In- Sensation: Der 1,5 Zentimeter große Saurierzahn ist die sprichwörtliche Nadel im der Botschafter der Vereinigten Staaten in Öster- teraktive Stationen bieten die Gelegenheit, den Heuhaufen – also in diesem Fall der Zahn im Gesteinshaufen. reich, Trevor Traina. Die Eröffnung selbst hat Bun- Mond zu riechen, selbst zum Mond-Rover-Fahrer desminister Mag. Alexander Schallenberg vorgenom- zu werden, ein Selfie auf dem Mond zu schießen men. Mehr als 500 geladene Gäste (vermutlich ein oder ein echtes Stück Mond anzufassen. Ein High- VON ALEXANDER LUKENEDER Rekord) wohnten der Eröffnung bei. Am Tag danach light ist ein spektakulärer neu erworbener Mond- hat dann Rusty Schweickart einen spannenden Vor- stein. Verschiedene künstlerische Positionen (Filme, trag im übervoll besetzten Vortragssaal des Muse- Installationen, Fotos und Gemälde, mit Schwer- ums gehalten. In dieser Ausstellung, aus Anlass des punkt Gegenwartskunst) ergänzen die Ausstellung. 50. Jubiläums der ersten bemannten Mondlandung, Begleitend wird ein umfangreiches Rahmenpro- zeigt das NHM Wien den Mond aus verschiedensten gramm angeboten: von vielseitigen Vorträgen (wie Perspektiven: Der Mond, nächster Nachbar und steter „Der Mond – immer noch ein Rätsel“ von Arnold Begleiter der Erde, ist nicht nur ein hochinteressan- Hanslmeier/ Universität Graz am 22.01.2020, „Wem ter kosmischer Körper mit bewegter Vergangenheit, gehört der Mond? – und andere Rechtsfragen zwi- sondern hat auch eine enorme Anziehungskraft auf schen Himmel und Erde“ von Irmgard Marboe/Uni- Romantiker, Schriftsteller und Künstler. versität Wien am 29.1.2020 und „Die Habitabilität des Mondes“ von Theresa Rank-Lüftinger/Univer- Der Zahn des Pliosauriers im Raster- Christian Köberl, Hugo Portisch, Alexander Schallenberg, sität Wien am 26.2.2020 seien hier stellvertretend elektronenmikroskop. Russell Schweickart und Peter Nidetzky (v.l.n.r.) sprachen drei für viele andere genannt) bis hin zu Führungen im NHM Wien über die Apollo-Missionen. und anderen Spezialveranstaltungen, und sogar KURT KRACHER eine Kooperation zum Thema „Mond im Film“ mit dem Österreichischen Filmmuseum ab Anfang 2020 sind geplant. Gerade über die Festtage bietet das NHM Wien ein reiches Programm, das Sie im De- tail auf www.nhm-wien.ac.at finden. Wie immer lade ich Sie herzlichst ins Haus am NHM WIEN/LUKENEDER Ring ein, wo es immer etwas Neues zu entdecken gibt. ALICE SCHUMACHER Christian Köberl, Generaldirektor 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN UNIVERSUMMAGAZIN 12 | 2019
4 Paläontologie Link zum Online-Artikel in Cretaceous Research: 5 https://doi.org/10.1016/j.cretres.2019.104248 Alexander Lukeneder ist LISA MARIE LUKENEDER Kurator für die Mesozoische Sammlung des NHM Wien. Der bekannteste Vertreter der Pliosaurier ist der bis zu zehn Meter große Liopleurodon. Diese Gattung der Pliosaurier trug 60 bis 80 spitze, krokodilartige Zähne im Maul eines bis zu zwei oder sogar drei Meter langen Schädels. Wahre Giganten der Meere waren „Predator X“ aus Spitzbergen und „Das Monster von Aramberri“ aus Mexiko – sie wurden wegen ihrer enormen Größe von bis zu 20 Metern so getauft. Pliosaurier hatten kur- ze Hälse und einen sehr langen Schädel, im Aussehen vergleichbar mit Mosasauriern aus den Jurassic World Filmen. Im internen Kreis wird der Saurier auch etwas unwissenschaftlich als „Pliosaurier austriacus“, also „ös- terreichischer Pliosaurier“ bezeichnet. Wissenschaft- lich korrekt gesehen handelt es sich um einen Vertreter der Thalassophonea, etwas martialisch als „Mörder“ der Meere zu übersetzen. NHM WIEN BY 7REASONS (4) MIKROTOMOGRAF UND RASTERELEKTRONENMIKROSKOP Zur weiterführenden Erforschung wurde der Zahn mo- dernen Methoden der Mikrotomografie sowie der Ras- NHM WIEN/LUKENEDER Pliosaurier machten Jagd auf terelektronenmikroskopie unterzogen. Um das Fossil andere Meeressaurier, Ur-Haie Die Felswand zwischen Traun- exakt beschreiben zu können, mussten zerstörungs- und Ammoniten. und Attersee, wo der wertvolle freie Methoden angewandt werden. Die Mikrotomogra- Zahn gefunden wurde. fie des Zahnes wurde durch Gerhard Weber und Martin J Dockner vom Vienna Micro-CT Lab der Universität etzt hat auch Österreich seinen Plio- in hunderten Stunden auf ihren Fossilinhalt sen, der sogenannten Sauropterygia. Pliosaurier waren Wien durchgeführt. Dabei konnte man in das Innere saurier. Bei dem Sensations-Fund untersucht. Leider befinden sich ja in der im Meer lebende Reptilien aus dem Mesozoikum, dem des Zahnes blicken, die exakten Intern-Strukturen er- handelt es sich um den Erstbeleg ei- Mehrheit der Gesteinsproben keine brauch- Erdmittelalter. Der Name für diese rein marine Grup- kennen und ihm so zusätzliche Geheimnisse entlocken, nes Pliosauriers aus Österreich. Der baren fossilen Relikte. In den marinen pe stammt aus dem Griechischen – mit pleion „mehr“ wie eine Art „Ur-Karies“ und die besondere Abnützung Zahn stellt auch den kreidezeitlichen Sedimentgesteinen finden sich urzeitliche und sauros „Echsen“. Dieser Name sollte nach der Ent- der Zahnspitze durch das Fressen von Ur-Haien. Am Erstnachweis aus dem gesamten Alpenraum Lebewesen wie Ammoniten, Belemniten, deckung im 19. Jahrhundert die Zwischenstellung von Kro- Rasterelekronenmikroskop konnten mithilfe von und den erst zweiten Pliosaurier-Nachweis aus dem Muscheln, Schnecken oder auch Schwämme. Ein Ham- kodilen und anderen Meeressauriern widerspiegeln. Sie Andreas Kroh die detaillierten Strukturen des Zahn- Hauterivium (ein geologisches Alter der frühen Kreide- merschlag im Sommer 2018 änderte das Bild des krei- gelten als Spitzenpredatoren dieser Zeit und waren auf schmelzes sichtbar gemacht werden. zeit) weltweit dar. dezeitlichen Lebensraumes und von dessen Bewohnern. der Jagd nach anderen Meeressauriern, Ur-Haien und Es ist geradezu unmöglich, eine so große wissen- Seit drei Jahren findet zwischen Traun- und Atter- Etwas glitzerte auf der Gesteinsoberfläche im Sonnen- Ammoniten. Unter den gejagten Haien befanden sich schaftliche Grabung alleine zu stemmen. Besonderer see in der Langbathzone (Nördliche Kalkalpen) eine wis- schein: Dieses Etwas sollte sich erst nach Monaten und Kammzähnerhaie und Urgrundhaie, wie fossile Funde Dank gebührt meinem gesamten Grabungsteam, be- senschaftliche Grabung des NHM Wien statt. Dabei nach der Präparation im Labor als Reptilienzahn her- von Haizähnen in denselben Gesteinsschichten belegen. stehend aus Karl Bösendorfer, Justine und Umberto geht es im Wesentlichen um die Klimaentwicklung und ausstellen. Er stammt aus Gesteinsschichten, die vor Die Pliosaurier starteten ihren Siegeszug durch das Uprimny, Petra Lukeneder, Anton Englert, Franz die Evolution von Organismengruppen in der frühen 132 Millionen Jahren in der frühen Kreidezeit abgela- Urmeer der Tethys in der späten Trias vor rund 220 Topka sowie Iris Feichtinger. Die Erlaubnis zur Befah- Kreidezeit. Dieser Zeitraum erstreckte sich von 145 bis gert wurden. Millionen Jahren. Sie beherrschten weltweit über hun- rung und Grabung wurde durch die Österreichischen 99 Millionen Jahren vor heute. Die Geländearbeiten ge- dert Millionen Jahre die offene See. In der späten Krei- Bundesforste sowie die Bezirkshauptmannschaft stalten sich seit Jahren extrem schwierig und arbeits- FLOSSENECHSEN dezeit, vor circa 90 Millionen Jahren, starben diese Mee- Gmunden erteilt. Die digitale Verarbeitung zu realisti- intensiv. Die große Hitze von bis zu 50 Grad an der süd- Ob der Seltenheit und besonderen Form des Fundes ge- resreptilien plötzlich gemeinsam mit den Ichthyosau- schen Animationen erfolgte durch 7reasons, und 3D- seitigen Felswand, die Steilheit und die enorme körper- staltete sich die Suche nach dem „Besitzer“ des Zahnes riern aus. Sie wurden in der Evolution durch die Scans sowie 3D-Replika wurden dankenswerterweise liche Anstrengung forderten ihren Tribut. Die Arbeit extrem kompliziert. Gemeinsam mit Nikolay Zverkov Mosasaurier ersetzt, die wiederum am Ende der Krei- von 2print erstellt. Die Grabung wurde ausschließlich musste rein händisch, ohne Zuhilfenahme von motori- von der Russischen Akademie der Wissenschaften konn- dezeit mit den verbliebenen Plesiosauriern durch einen durch finanzielle Mittel des NHM Wien getragen. Der sierten Geräten, mit Schaufel, Hämmern und Meißeln te der Zahn als der eines Pliosauriers identifiziert wer- Meteoriteneinschlag ausgelöscht wurden und gemein- Zahn wird ab 2020 in der Ausstellung des Mesozoikum- durchgeführt werden. So wurden Tonnen von Gestein den. Die Pliosaurier zählen zur Gruppe der Flossenech- sam mit den Dinosauriern von der Erde verschwanden. Saals 8 im NHM Wien zu sehen sein. 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN UNIVERSUMMAGAZIN 12 | 2019
6 ARCHÄOLOGIE 7 Von Kerstin Kowarik, Daniel Brandner, Michael Grabner, Anna Ita, Birgit Jochum, Gerhard M andl, David Ottowitz, Der Bergbau der Bronzezeit (dargestellt in Grün), ist an mehreren Stellen M andana Peresson, Alexander Römer, Hans Reschreiter fassbar und erreicht Tiefen von über 200 Metern. Der Betrieb der älteren Eisenzeit stellt sich durch gewaltige horizontale Abbaukammern dar, welche nacheinander abgebaut wurden (dargestellt in Blau, Gelb und Rot). Oft unterbrochen, immer wieder neu begonnen NHM WIEN/D. BRANDNER, H. RESCHREITER Der prähistorische Salzbergbau in Hallstatt D ie jahrzehntelangen Forschungen des NHM Wien in Hallstatt gemeinsam mit GBA (2) zahlreichen Forschungspartnern ermög- lichen es, den prähistorischen Salzberg- Lage der geoelektrischen Profile und Kernbohrgerät im Einsatz bau immer detaillierter darzustellen. Ne- die dazugehörigen Ergebnisse im Hall- im Hallstätter Salzbergtal ben der virtuellen Vermittlung dieser zum Teil über stätter Hochtal von 2013 bis 2017. Die Das Ergebnis der Boh- 3000 Jahre alten Industrielandschaft können auch die roten Bereiche werden größtenteils rung: 15 Kisten gefüllt mit NHM WIEN/H. RESCHREITER (3) einzelnen Betriebsphasen immer besser definiert wer- den Rutschmassen zugeordnet. den Bohrkernen den. Aktuell sind neben dem Bergbau der Bronzezeit (bis 1060 v. Chr.) auch mehrere Betriebe der älteren Ei- mit langsamen Massenbewegungen, die mehrere Tage ob diese sich mit den Unterbrechungen der prähistori- ter Gemeinschaf- senzeit (900–350 v. Chr.) zu unterscheiden. Alle Bergbau- oder gar Wochen benötigten, um das Salzbergtal und die schen Bergbaue korrelieren lassen, wurde auf Grund- ten deutet sich an, phasen haben zwei Merkmale gemeinsam: Sie sind Bergwerke zu verwüsten. Aber wie großflächig waren die- lage der Messergebnisse im oberen Teil des Tales am dass sie wiederholt riesengroß, und sie wurden durch von der Oberfläche se Rutschungen? Betrafen sie das gesamte Salzbergtal? Schnittpunkt des langen Längsprofils und eines Quer- mit derartigen Er- eindringende Erdmassen verschüttet. Diese Naturer- Um die Dimension der geologischen Ereignisse fas- profils eine geologische Bohrung angesetzt. eignissen konfrontiert waren und dass soziale, emotiona- eignisse konnten den Betrieb aber nur kurzfristig be- sen zu können, werden im Forschungsprojekt „Facealps“ Die Bohrung in die Rutschmasse, die von zentraler le und ökonomische Ressourcen vorhanden waren, um einträchtigen. Die dendrochronologischen Datierungen geologische Extremereignisse im inneren Salzkammer- Bedeutung für die Rekonstruktion der Mensch-Um- mehrfach einen Neubeginn zu stemmen. der Grubenhölzer und die Auswertung der Seesedimen- gut über die letzten Jahrtausende erforscht. Ein we- welt-Geschichte im Hallstätter Hochtal ist, konnte dank Trotz der Schwierigkeiten, die die Lagerstätte und te zeigen, dass die Salzproduktion nie für längere Zeit sentlicher Bestandteil dieser Untersuchungen sind geo- der finanziellen Unterstützung durch den Verein der die geologischen Verhältnisse im Hallstätter Salzberg- ausgesetzt wurde. physikalische Messungen, die durch die Geologische Freunde des NHM Wien durchgeführt werden. Der 45 tal mit sich brachten, wurde erst am Ende der älteren Diese geologischen Ereignisse beschäftigen die ar- Bundesanstalt (GBA) gemeinsam mit den Archäologen Meter lange Bohrkern erbrachte nicht nur wesentliche Eisenzeit eine weitere Salzlagerstätte aufgefahren, der chäologische Forschung in Hallstatt schon seit Jahr- des NHM Wien vorgenommen werden. In den letzten Erkenntnisse über den Ablauf dieser Naturkatastro- Dürrnberg bei Hallein. Davor hatte Hallstatt über Jahr- zehnten. Nicht ohne Grund, denn sie sind ja die ein- Jahren wurde das Salzbergtal mit einem engen Netz an phen, sondern lieferte auch die Möglichkeit, diese Rut- hunderte eine Monopolstellung: An keiner anderen Stel- schneidenden Ereignisse, die zu einem Neubeginn geoelektrischen Messprofilen überzogen. Dafür werden schereignisse mit Hilfe der Radiokarbonmethode zu le in der weiteren Umgebung wurde in nennenswertem zwangen. Diese Prozesse zu erforschen ist aber gar in regelmäßigen Abständen Stahlelektroden in den datieren. Hierfür wurden aus dem Bereich der Rutsch- Umfang Salz produziert – nicht in Bad Ischl, nicht in nicht so leicht. Es gibt weltweit nur wenige Forschungs- Boden geschlagen und der elektrische Widerstand des horizonte organisches Material entnommen. Altaussee und auch nicht in Hall in Tirol. gruppen, die verschüttete Bergwerke nicht von der Bodens gemessen – welcher von der Bodenzusammen- Die geowissenschaftliche Auswertung der Bohrung Damit unterscheidet sich die bronzezeitliche Salz- Oberfläche freilegen, sondern diese von unten durch setzung abhängig ist. So ist es möglich, den Boden meh- und der Abgleich mit den dendrochronologischen Da- gewinnung grundlegend von den zeitgleichen Kupfer- Forschungsstellen analysieren. Da das so selten passiert, rere hundert Meter zu „durchleuchten“ und z. B. prä- tierungen der Betriebsphasen im Bergwerk sind Gegen- bergwerken. Die Ostalpen wurden offensichtlich flä- muss viel Neuland betreten werden. historische Rutschmassen zu entdecken. Die geoelek- stand der aktuellen Arbeiten. Die ersten Ergebnisse zei- chendeckend auf Kupfer prospektiert, und viele Erzla- trischen Messungen der letzten Jahre zeigten, dass gen aber jetzt schon deutlich, dass von mehreren Rut- gerstätten wurden gleichzeitig ausgebeutet. GROSSFLÄCHIGE ERDRUTSCHE gerade im oberen Bereich des Tales massive Rutsch- schereignissen auszugehen ist und dass sich diese zum Warum war die Struktur bei der Salzgewinnung so In Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkul- massen vorhanden sind. In der Abbildung oben werden Teil sehr gut mit den Betriebsphasen des prähistori- ganz anders? Warum blieb Hallstatt über Jahrtausende tur Wien und der Universität Erlangen/Nürnberg konn- die roten Bereiche als mehrere Dutzend Meter mäch- schen Bergbaus decken. ein Monopolbetrieb, obwohl die Menschen dort regel- ten Untersuchungen an den Verschüttungsmassen im tige Rutschmasse interpretiert. Bereits die geoelektri- mäßig mit Umweltereignissen zu kämpfen hatten und Bergwerk erste Erkenntnisse zum Ablauf dieser Pro- schen Messungen zeigten hier eine Schichtung an. RESILIENZ PRÄHISTORISCHER andere Salzlagerstätten in der Region verfügbar gewe- zesse liefern. Auf Grundlage der dendrochronologischen, GESELLSCHAFTEN sen wären? Diese Fragen werden die Forschung, die geologischen und sedimentologischen Untersuchungen EINE BOHRUNG BRINGT ANTWORTEN Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung für unse- durch die Kooperation von NHM Wien, Salinen Austria wissen wir nun, dass nicht mit einer plötzlichen Verschüt- Für die Klärung der Fragen, wie viel Rutschungen in re Vorstellungen der Resilienz prähistorischer Gesell- AG und Salzwelten GmbH getragen wird, die nächsten tung durch eine Schlammlawine zu rechnen ist, sondern diesem Tal über die letzten Jahrtausende erfolgten und schaften gegenüber Extremereignissen. Für die Hallstät- Jahre beschäftigen. 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN UNIVERSUMMAGAZIN 12 | 2019
8 ZOOLOGIE 9 Von Hans-M artin Berg VielfaltLeben IV um den ökologischen Zielsetzungen einerseits und den ökonomischen Notwendigkeiten andererseits Rechnung zu tragen. Projekte wie VielfaltLeben IV helfen dabei. Umgesetzte Maßnahmen im Vogelschutz Ganz andere Schauplätze und Partner betreffen Maßnahmen an Stromleitungen: Hier ist das Ziel, an besonders kritischen Leitungsabschnitten Großvögel D wie Kaiseradler und Weißstorch vor dem Stromtod zu ie Erstellung fachlicher Grundlagen, Lob- schützen. Mit „Energie Niederösterreich“ wurden auf bying und Öffentlichkeitsarbeit sind für etwa 5,5 Kilometer Leitungslänge im Laaer Becken so- den Vogelschutz wichtige Säulen. Doch auf genannte Vogelschutzhauben auf Strommasten instal- Worte müssen Taten folgen! Das vom Bun- liert, die zukünftig einen tödlichen Stromschlag bei desministerium für Nachhaltigkeit und Vögeln dort verhindern. Ähnliche Maßnahmen wurden Tourismus mit EU-Mitteln kofinanzierte Projekt „Viel- mit „Energie Burgenland“ bei Oggau gesetzt. Mit dem faltLeben IV“ setzt konkret auf Umsetzungen im Vogel- Bahnunternehmen ÖBB wurden zielführende Vogel- schutz. Unter der Federführung der Vogelsammlung schutzmaßnahmen entlang von Schienenstraßen iden- des NHM Wien wurden gemeinsam mit dem bewährten tifiziert, die hoffentlich alsbald eine Umsetzung finden Partner BirdLife Österreich sowie dem Österreichischen werden. Alpenverein 2017–2019 Maßnahmen zu Lebensraum- verbesserungen und zur Verminderung von … UND BIS IN DAS MUSEUM Störungen gefährdeter Vogelarten gesetzt. Beim Projekt VielfaltLeben IV kam dem NHM EVN ANTAL Wien eine wichtige Rolle bei der Wissensver- VOM FLACHLAND INS GEBIRGE … mittlung zu. Den Fragen „Warum sind Vogel- H-M BERG (3) Montage von „Vogelschutzhauben“ Die Einsatzplätze könnten unterschiedlicher arten gefährdet? Was kann man dagegen im Laaer Becken/NÖ nicht sein: So wurden im Pulkautal im nörd- tun? Und welche Arten benötigen dringend lichen Weinviertel Entbuschungs-Maßnah- Schutzmaßnahmen?“ wird in einer kleinen men auf Trockenrasen zugunsten des gefähr- Ausstellung unter dem Titel „Vielfalt in Ge- deten Schwarzkehlchens durchgeführt. Auf- fahr“ im Saal 29 der Schausammlung des Mu- Gehölzrodungen im Ibmer Moor/OÖ zur kommender Wald wurde auf Feuchtwiesen seums nachgegangen. Ein an Schulklassen Lebensraumverbesserung für Wiesenvögel im Ibmer Moor im oberösterreichischen Al- gerichtetes Vermittlungsprogramm unter- penvorland gerodet, um den Lebensraum der Blick in die Sonderaus- stützt und vertieft die Ausstellung. Ange- seltenen Bekassinen und Brachvögel zu er- stellung „Vielfalt in Ge- sichts der vielen Herausforderungen für den halten. Für das von dramatischen Bestands- fahr“ im Saal 29 des Vogelschutz, die durch den Klimawandel ver- rückgängen bedrohte Braunkehlchen wurden NHM Wien. schärft werden und oft engen ökonomischen im Hörfeld an der Grenze Steiermark/Kärn- Rahmenbedingungen unterliegen, ist es ten durch flächige Entbuschung freie Wiesenflächen wichtig, die richtigen Arten für Maßnahmen zu iden- geschaffen. Hochalpin wurden touristische Lenkungs- tifizieren. Mit einer von BirdLife Österreich erstellten maßnahmen umgesetzt, um gefährdete Bergvogelarten „Ampelliste“ werden die Prioritäten aufgezeigt, in der in Kärnten vor nachteiligen Störungen zu schützen. Der Ausstellung wird auch darauf eingegangen. Vor allem ebenfalls im Hochgebirge gelegene Moor-Lebensraum der Vogelwelt im Agrarland muss dringend „unter die des Rotsternigen Blaukehlchens in Salzburg wurde vor Flügel gegriffen werden“, finden sich doch gerade hier dem ungünstigen Zuwachsen mit Latschen bewahrt. viele „rote“, d.h. besonders schutzbedürftige Arten, wie Wenn es um Landbewirtschaftung geht, sind Land- etwa Kiebitz oder Braunkehlchen! wirte als Grundeigentümer bzw. Bewirtschafter die Der zunehmende Druck auf die Landschaft durch wichtigsten Partner bei den Pflegemaßnahmen. Durch neue Energie-Gewinnungsformen (Windräder, Solar- diese Kooperationen im Artenschutz gibt es auch die parke) bleibt ebenfalls nicht ohne Auswirkungen auf notwendige Sensibilisierung für die Herausforderun- Vögel. Planungen müssen konkret darauf Rücksicht neh- CH. EICHBERGER gen und Probleme des jeweils anderen – denn Natur- men. Letztlich liegt es auch an jedem Einzelnen, etwa Braunkehlchen mit Futter, Niedermoor schutz und Landwirtschaft, das ist unter den heutigen beim Freizeitverhalten in der Natur, den Schutz dersel- Hanság-Waasen/Bgld, 2018 Produktionsbedingungen keine leichte Partnerschaft, ben und ihrer Bewohner nicht außer Acht zu lassen! 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN UNIVERSUMMAGAZIN 12 | 2019
10 FORSCHUNG 11 Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen ihre Forschungsgebiete vor Verformung von Mineralen in extremen geologischen Pro- Krebse – vom Outback zessen: Was wir von Mineralen Australiens bis in die Tiefsee lernen können Verformter geschockter Quarz aus Von M artin Schwentner Von Lidia Pittarello dem El gygytgyn Einschlagskrater, W M Russland (BSE-REM Bild) ie viele Krebsarten leben in den Wüs- inerale zeigen unterschiedliche Reak- ten Australiens? Wie weit sind ein- tionen auf Druckeinwirkung. Bis zu zelne Krebsarten in der Tiefsee ver- einer gewissen Belastung ist die Ver- breitet? Krebse kommen in prak- formung elastisch, der Druck hinter- tisch allen Lebensräumen vor, aber lässt keine Spur im Mineral. Über sol- wichtige Aspekte ihrer Evolution sind immer noch che Belastungsgrenzen hinweg ist die Verformung von rätselhaft. Im Rahmen meiner Forschungsarbeiten Mineralen allerdings permanent. Die Reaktion der Mi- untersuche ich die Verwandtschaftsverhältnisse, die nerale auf externe Druckeinwirkung hängt von vielen Evolution und die Vielfalt ausgewählter Krebse. Faktoren, wie z. B. der chemischen Zusammensetzung, Ein spannendes Beispiel sind die sogenannten der Größe und Orientierung, dem Mineralverband usw., Großbranchiopoden, von denen einige Vertreter als ab – aber entscheidend ist vor allem die Geschwindigkeit NHM WIEN/PITTARELLO, NHM WIEN/CR Urzeitkrebse wohlbekannt sind. Sie leben ausschließ- der Verformung. Ähnlich wie beim Tanzen, wo wir un- lich in kurzlebigen Kleingewässern, die sich nach Re- sere Schritte an die Geschwindigkeit der Musik anpassen. genfällen oder Überschwemmungen bilden. Mithilfe Wenn die Verformungsgeschwindigkeit sehr niedrig von Dauer-Eiern können diese Krebse Jahrzehnte im ist, wie z.B. bei der Plattentektonik, können sich Mine- ausgetrockneten Sediment dieser Gewässer überle- rale wie Butter bei Raumtemperatur verhalten. Das wäre ben und sind somit hervorragend an diese extremen ein langsamer Walzer. Wenn die Verformungsgeschwin- Lebensräume angepasst. Somit ist es auch nicht ver- digkeit höher ist, wie z. B. bei einem Erdbeben, können wunderlich, dass Australien mit seinen ausgedehnten Minerale zerbrechen und sogar schmelzen. Das wäre ein Der aus Deutsch- Wüsten etwa ein Drittel aller bekannten Arten die- Wiener Walzer. Wenn die Verformungsgeschwindigkeit land stammende ser Krebsgruppe beherbergt. Aber auch in Österreich noch weiter steigt, wie z. B. bei einem Meteoritenein- Biologe Martin kommen noch einige Vertreter vor, insbesondere im schlag, finden extreme physikalische Prozesse statt, die Schwentner betreut NHM WIEN/CR, NHM WIEN/SCHWENTNER, SHUTTERSTOCK die Sammlung Gebiet der Marchauen, wobei die meisten Arten stark man im Detail noch nicht vollständig verstanden hat. Crustacea (Krebs- gefährdet sind. Wir tanzen Polka. tiere) und erforscht Durch enge Kooperationen mit Hamburger Wis- Bei jedem dieser Prozesse speichert das verformte Mi- deren Evolution. senschaftlerinnen beschäftige ich mich auch mit der neral die Informationen zur Intensität und Dauer der Frage, wie sich Arten in der Tiefsee ausbreiten und Druckbelastung, welche zur Verformung geführt haben. wie die hohe Diversität in diesem extremen Lebens- Die Geschichte dieser Prozesse ist damit in verformten raum entstanden ist. Bei all diesen Forschungspro- Mineralen festgeschrieben – wenn man sie richtig lesen jekten stehen moderne molekulargenetische Unter- und entschlüsseln kann. Wie ein Muskelkater nach ei- suchungen im Vordergrund, die es uns ermöglichen, nem Tanzabend an die Bewegung erinnert. die Evolution dieser Arten im Detail nachzuvollzie- Ich interessiere mich besonders für sogenannte pa- hen. läoseismische Störungszonen (uralte Erdbeben, gespei- Ich habe 2013 an der Universität Rostock promo- chert in Gesteinen), Meteoriteneinschläge auf der Erde Der Urzeitkrebs Triops australiensis aus viert, und nachdem ich die letzten Jahre an den Uni- und Kollisionen auf anderen planetaren Körpern, um Südaustralien. Statt nur der einen bisher bekannten Art konnten über 20 Arten für versitäten Kiel, Harvard (Cambridge, USA) und Ham- durch die Verformungseffekte in Mineralen die Geschich- Australien nachgewiesen werden. burg geforscht habe, freue ich mich jetzt, als Kurator te des Muttergesteins zu rekonstruieren. Als Methode Die Geologin Lidia Pittarello, geboren in Padua (Italien), für die Krebstiere am NHM Wien zu arbeiten: Das kommen vor allem optische sowie Elektronen-Mikrosko- ist Kuratorin der Gesteinssammlung und erforscht Verän- Museum hat eine bedeutende historische Sammlung pie zum Einsatz, aber auch weitere ortsaufgelöste Mess- derungen von Mineralen durch extreme Belastungen. und bietet hervorragende Möglichkeiten, um die Evo- methoden, die Informationen über Mineralgitterdefek- lution dieser spannenden Tiere zu erforschen. te und chemische Veränderungen liefern. 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN UNIVERSUMMAGAZIN 12 | 2019
12 ARCHÄOLOGIE 13 Von Peter Stadler, Nadežda Kotova und K arina Grömer NHM WIEN/PETER STADLER (2) Idol von der Fundstelle 2 in vier Ansichten. Idol mit Trachtdetails und Schwelpech in den Ritzlinien. Das älteste Dorf S Österreichs eit 30 Jahren erforscht die Prähistorische Ab- leitet sich von der charakteristischen Verzierung der nien stattfanden. Die Anpassung an die neue Umgebung teilung des Naturhistorischen Museums Gefäße mit einem Bandmuster aus runden und eckigen führte aber auch zu Veränderungen in der Architektur: Wien die älteste bäuerliche Siedlung, die man Spiralbogenlinien ab. Nun wurden Langhäuser mit einem langrechteckigen in Mitteleuropa kennt – Brunn am Gebirge, Die Grundlage der Linearbandkeramik bildete eine Eine 7650–7550 Jahre alte Siedlung der Grundriss und bis zu 20 Metern Länge und acht Metern Flur Wolfholz. Vor über 7600 Jahren kamen Welle von Migranten aus Anatolien, die um 5800–5600 Breite gebaut. Wir können zwei gleichzeitig bestehen- frühesten Bauernkulturen in Mitteleuropa Siedler aus dem Nahen Osten über Südosteuropa und v. Chr. auftrat und einen natürlichen „Korridor“ mit de Häuser im ausgegrabenen Bereich in der ersten Pe- brachten die bäuerliche Lebensweise in unsere Region, warmem Mittelmeerklima entlang der Täler Struma riode und drei Häuser in der zweiten Periode von Fund- die damals nur sehr dünn besiedelt war. Die Menschen bis zum Eisernen Tor der Donau durchlief und später Peter Stadler 1991, Fernsehpressekonferenz. stelle 2 rekonstruieren. wurden sesshaft und betrieben Vorratswirtschaft. Die die nördliche Grenze der submediterranen Klima-, ersten Kulturpflanzen wie Emmer und Einkorn, aber Faunen- und Pflanzenzonen am Balatonsee in Ungarn KERAMIK MIT ÜBERZUG auch die ersten Haustiere – Schaf, Ziege und Rind – wa- erreichte. Das Eindringen dieser Migranten in das Die Keramik von Brunn 2 unterscheidet sich von ande- ren in Europa nicht heimisch, sondern wurden von die- Wiener Becken wurde schließlich durch einen warmen ren zeitgleichen Fundstellen dadurch, dass dem Ton sen ersten Bauern mitgebracht. Klimahöhepunkt möglich, der es den Menschen erlaub- beim Herstellen der Keramik eine große Menge an NHM WIEN/ARCHIV (2) te, die nächste „agro-ökologische Barriere“ zu überwin- pflanzlicher Magerung zugesetzt wurde; zudem hat die MIGRANTEN AUS ANATOLIEN den. Keramik einen „samtigen“ Überzug. Das gemeinsame Die Siedlung in Brunn am Gebirge wurde in den Jahren Die Gegenstände, die auf der Fundstelle 2 entdeckt Merkmal der Fundstelle 2 von Brunn Die Ergebnisse dieser Forschun- 1989 und 2005 ausgegraben, das Fundmaterial wird seit- wurden, haben ihre Wurzeln in den Kulturen des Bal- mit Früh-Starčevo war die seltene Ver- gen wurden vor Kurzem in einem her mit den neuesten Methoden von einem internatio- kans, der sogenannten Starčevo-Kultur. Anders als spä- wendung eines plastischen Überzuges umfassenden wissenschaftlichen nalen Team wissenschaftlich erforscht. Die Siedlung tere Siedlungen, die wir über ganz Mitteleuropa ver- zur Behandlung der Keramik Buch der Fachwelt präsentiert: ist besonders faszinierend, weil die ältesten Häuser aus streut finden, hielten die in Brunn am Gebirge lebenden oberfläche. Dies war auch für andere Stadler Peter, Kotova Nadezhda: der Zeit stammen, als die ersten Bauern Mitteleuropa Menschen noch an den alten Traditionen fest, wie wir zeitgleiche Orte der Linearbandkera- Early Neolithic Settlement Brunn am Gebirge, Wolfholz, Site 2 in erreichten. Mit naturwissenschaftlichen Methoden an der groben Keramik sowie in einigen Kulten bemer- mik typisch. Wir haben das Ende der Lower Austria and the Origin of konnte das Alter von Brunn auf 5670–5050 v. Chr. be- ken, bei denen menschen- und tiergestaltige Idole eine Fundstelle 2 von Brunn sowie der For- the Western Linear Pottery Cul- stimmt werden. Es ist die Zeit der Entstehung der so- Rolle gespielt haben. Die in den Häusern von Brunn 2 mativen Phase mit der bei ungefähr ture (LPC). Volume 1, Beiträge zur genannten Linearbandkeramischen Kultur, der ältesten aufgefundenen Kultobjekte lassen vermuten, dass es 5400 v. Chr. auftretenden Warm- und Ur- und Frühgeschichte Mittel- bäuerlichen Kultur in Mitteleuropa. Diese Bezeichnung sich um eine Zentralsiedlung handelte, in der Zeremo- Trockenperiode verbunden. europas 88, 2019, 1081 Seiten Luftbild der Grabung 1992. Im gelben Lehm sind Hausgrundrisse als Rechtecke zu sehen (20 Me- ter lang und acht Meter breit). 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN UNIVERSUMMAGAZIN 12 | 2019
14 SAMMLUNGEN SPONSORING 15 Von Ernst Mikschi Von Tatjana Tölly Ein Pianist Wissenschaft und zwei Haie J statt D apan und Österreich feiern 2019 das 150-jährige urch Sammlung und Forschung Jubiläum der Unterzeichnung eines Freund- schafft das NHM Wien wichtige Er- schafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages. Seit jener Zeit erfolgt auch ein reger Austausch von wissenschaftlichem Material und Gästen Schweinsbraten kenntnisse über Vergangenheit, Ge- genwart und Zukunft unseres Plane- ten. Durch seine Ausstellungen und zwischen Österreich und Japan. Der sicher prominen- Das NHM Wien steht seit seiner Gründung sein umfangreiches Vermittlungsprogramm gibt es teste Nutzer der Wiener Sammlungen war der emeri- unter dem Motto „Dem Reiche der Natur diese Erkenntnisse an jährlich über 750.000 Besuche- tierte Tenno, Akihito, der ein angesehener Biologe und und seiner Erforschung“ – und private rinnen und Besucher weiter, darunter viele Kinder, Fischkundler ist. Schulklassen und Familien. Somit ist das Museum Das NHM Wien beteiligt sich an den Feierlichkeiten Spender helfen dabei. ein wichtiger gesellschaftlicher und kultureller Eck- mit einer kleinen Sonderausstellung, die ausgewählte pfeiler. japanische Exponate aus den Wirbeltiersammlungen vor- Leider können die immensen Kosten für die Er- stellt. haltung und Adaptierung des Gebäudes, für die Be- Auslöser für diese Ausstellung war – wie könnte es in wahrung und Erweiterung der Sammlungen sowie Wien anders sein – ein Musiker. Prof. Chung Lee, Pianist für sämtliche wissenschaftliche Forschungsarbeiten und emeritierter Lehrer für Klavier an der Universität längst nicht mehr und schon gar nicht nur durch sei- für Musik und darstellende Kunst in Graz, erkundigte ne eigenen Einnahmen getragen werden – und das sich im Frühjahr 2019 nach der Echtheit des im Saal 25 obwohl die Besucherzahlen in den letzten Jahren ste- ausgestellten Koboldhais und bot freundlich an, bei der tig bis ans infrastrukturell und personell bewältig- Beschaffung von frischem Material aus Japan behilflich bare Limit gewachsen sind. Daher ist das Museum zu sein. Wenige E-Mails später stand fest, dass das NHM immer mehr auf Zuwendungen privater Spenderin- Zwei seltene Haie Wien aus Anlass des erwähnten Jubiläums vom Kana- nen und Spender oder testamentarische Verfügun- brachte der Pia- nist Prof. Chung gawa Prefectural Museum zwei Haie als Geschenk er- gen angewiesen. Lee mit ins NHM halten würde: einen Kobold- und einen Krausenhai – Hierzu eine wunderbare Geschichte: Der größte Wien und gestal- zwei absolute Raritäten! Es war klar, dass diese beiden Mäzen des Museums war der vielen wahrscheinlich tete die Übergabe Tiere das Herzstück einer entsprechenden Präsentation unbekannte Oskar Ermann – ein Unternehmer im gleich selbst musi- sein mussten. Bereich Farben und andere Chemikalien, dessen Lie- kalisch. Wie sich herausstellte, hat Prof. Lee zu einer der bei- be zur Natur schon zu Lebzeiten so weit reichte, dass den Arten sozusagen „familiäre“ Beziehungen: Seine Spenden, Schen- er am Sonntag verzichtete, seine Frau zum Schweins- Gattin ist Nagako Mitsukuri, sie stammt aus jener japa- kungen und braten beim Wirten ums Eck einzuladen und lieber nischen Familie, der auch der Zoologe Kakichi Mitsuku- Testamente zu- schmale Kost bevorzugte, um der Wissenschaft, v. a. ri (1858–1909) angehört. Als ihm erstmals ein Koboldhai gunsten des NHM seinem Steckenpferd, der Untersuchung vulkani- unter die Augen kam, erkannte er die Besonderheit des Wien sichern scher Tätigkeit, seine Zuwendungen angedeihen zu Fangs und schickte das Tier in die USA zu David S. Jor- Sammlung und lassen. Aus seiner Erbschaft zehren am Museum bis dan, einer fischkundlichen Koryphäe seiner Zeit, der an- Forschung für die heute viele notwendige und anders nicht finanzier- Zukunft. hand des übersandten Exemplars eine neue Art und Gat- bare Investitionen – der Name Oskar Ermann ist tung beschrieb. Letztere benannte er zu Ehren des ja- längst zu einem Eckpfeiler der Geschichte des NHM panischen Kollegen „Mitsukurina“. Wien geworden und auch im Haus mit einer golde- Am 18. Oktober erfolgte nun im Beisein des japani- nen Plakette verewigt. schen Botschafters die feierliche Übergabe der beiden Mit Ihrer Spende oder einer testamentarischen NHM WIEN (5) Haie und die Eröffnung der Sonderausstellung „Japan Verfügung können auch Sie einen wichtigen Beitrag und das NHM Wien – eine Erfolgsgeschichte“. Für die zur Arbeit einer der bedeutendsten wissenschaftli- festliche musikalische Umrahmung sorgte Prof. Lee, der chen und kulturellen Einrichtungen Österreichs leis- persönlich die zwei Haie von Japan in das NHM Wien ten und helfen, diese und Ihre wissenschaftlichen Bis 30. März 2020 ist der Themenpfad anlässlich des 150. Jubiläums österreichisch-japanischer Freund- transportiert hatte, begleitet wurde er von seiner Gat- Erkenntnisse auch für zukünftige Generationen zu KURT KRACHER (5) schaftsverträge im 1. Stock des NHM Wien (in den Sä- tin, eben jener Großcousine des Mannes, nach dem einer erhalten. len 26–28, 30–31, 36 und 39) zu sehen – inklusive der der viel bestaunten Haie benannt wurde. Es gibt Ge- Nähere Informationen unter: www.nhm-wien. zwei seltenen Tiefseehaie, die dem Museum zu diesem schichten, die schreibt eben nur das Naturhistorische ac.at/museum/foerderer_und_sponsoren/museum_ Jubiläum überreicht wurden. Museum in Wien. foerdern 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN UNIVERSUMMAGAZIN 12 | 2019
16 VERANSTALTUNGEN Advent, Weihnacht & Jahreswechsel NHM Kids & Co ab 6 2019/20 • Sa, 14. und So, 15. Dez., 14.00 Uhr: Dem Klima auf der Spur NHM Wien Punsch am Dach NHM WIEN,KURT KRACHER Kulturhistorischer Spaziergang • Sa, 21. bis Mo, 23. Dez., 14.00 Uhr durch das Museum und Punsch Di, 24. Dezember, 10:00 und 12:30 Uhr am Dach mit fantastischem Do, 26. bis Di, 31. Dezember, 14.00 Uhr Wienblick Braunbär, Maus und Murmeltier – im Dezember 2019 jeden Freitag, Was machen Tiere im Winter? Samstag und Sonntag, 15.00 Uhr (englisch) und 16.00 Uhr (deutsch) • Do, 2. bis Mo, 6. Jänner, 14.00 Uhr: sowie jeden Mittwoch, 18:30 Uhr Saurier, Saurier, Saurier (deutsch) NHM Wien Eine Nacht • Sa, 11., und So, 12. Jänner, 14.00 Uhr Öffnungszeiten Dienstag, 24. Dez. 2019, 9.00 bis im Museum für Kinder • Sa, 18., und So, 19. Jänner, 14.00 Uhr • Sa, 25., und So, 26. Jänner, 14.00 Uhr 15.30 Uhr Samstag, 18. Jänner, 19.00 Uhr Kristallrätsel Dienstag, 31. Dez. 2019, 9.00 bis Abenteuernacht im Museum für Kinder 18.30 Uhr von 7 bis 11 Jahren mit Filmvorführung • Sa, 1. bis Mo, 3. Februar, Geschlossen am 25.12.2019 und im Digitalen Planetarium, Taschenlam- • Mi, 5. bis So, 9. Februar, 14.00 Uhr 01.01.2020 penführung, Betthupferl, Schlafen im Eine Reise zum Mond Dinosauriersaal und Frühstückssackerl NHM Wien Kids & Co ab 3 Jahren NHM Wien Vorträge • Sonntag, 29. Dezember, 15.30 Uhr: • Di, 24. Dezember, 10.00 und 12.30 Uhr • So, 29. Dezember, 16.00 Uhr: Mond und Leben • Mittwoch, 18. Dezember, 18.30 Uhr: Peter Sziemer Braunbär, Maus und Murmeltier – Expeditionen – Wissenschaft – Pflanzen- Was machen Tiere im Winter? malerei: Die Grüne Welt der Kaiser • Sonntag, 5. Jänner, 15:30 Uhr Christa Riedl-Dorn Der Mond – ein Ort der Extreme!? • So, 26. Jänner, 16.00 Uhr Julia Walter-Roszjár Steinsalz, Ziegel, Glitzersteine • Mittwoch, 15. Jänner, 18.30 Uhr Biologische Rhythmen & innere Uhren • Sonntag, 12. Jänner, 15.30 Uhr NHM Wien Mikrotheater im Meer Von der Mondbeobachtung zum Kalender Winzige Mikroorganismen und andere Sören Häfker (Universität Wien) Walpurga Antl Naturobjekte live in Großprojektion • Mittwoch, 22. Jänner, 18.30 Uhr • Sonntag, 19. Jänner, 15.30 Uhr • Sa, 21. Dezember, 13.30 und 14.30 Uhr Der Mond – immer noch ein Rätsel? The Art of the Moon • So, 22. Dez., 13.30, 14.30 und 16.30 Uhr Arnold Hanslmeier (Universität Graz) Dona Jalufka Der Winter im Mikroskop • Mittwoch, 29. Jänner, 18.30 Uhr • Sonntag, 26. Jänner, 15.30 Uhr • Di, 24. Dez., 11.30, 12.30, 13.30 Uhr Wem gehört der Mond? – und andere Why the Moon? Die Geschichte einer Weihnachtsmikrotheater Rechtsfragen zwischen Himmel und Erde Sehnsucht Irmgard Marboe (Universität Wien, Rechts- Gabor Herbst-Kiss • Do, 26. Dez., 13.30, 14.30, 16.30 Uhr wissenschaftliche Fakultät) • Sa, 28. Dez., 13.30, 14.30 Uhr • So, 29. Dez., 13.30, 14.30, 16.30 Uhr • Mittwoch, 12. Februar, 18.30 Uhr NHM Wien Hinter den Der Winter im Mikroskop Die (Ohn-)macht des Mondes Stefan Uttenthaler (Gesellschaft für kriti- Kulissen • Sa, 18. und So, 19. Jänner sches Denken) • Sa, 25. und So, 26. Jänner • Sonntag, 5. Jänner, 11:00 Uhr Der Mensch und sein Zuhause • Mittwoch, 26. Februar, 18.30 Uhr Kosmische Trümmerteile – selten, begehrt Die Habitabilität des Mondes und wertvoll NHM Wien Digitales Planetarium Theresa Rank-Lüftinger (Universität Wien) Julia Walter-Roszjár • jeden Mittwoch, 17.00 Uhr und jeden Sonntag, 16.00 Uhr • Mittwoch, 15. Jänner, 17.00 Uhr Live zu den Sternen: Reise durch die NHM Wien Thema How to find a new Mineral on the Moon? Nacht mit einem Schwerpunkt zum Ludovic Ferrière Thema Mond • Sonntag, 15. Dezember, 15.30 Uhr Die Eroberung des Mondes • Sonntag, 2. Februar, 11.00 Uhr • Di, 24. Dez., 10.00, 12.00, 14.00 Uhr Gabor Herbst-Kiss The Moon in the Museum’s collections Stern von Bethlehem Ludovic Ferriere Impressum Medieninhaber: LW Werbe- und Verlags GmbH, Unternehmensbereich LW Media, 3500 Krems, Ringstraße 44/1 und 1060 Wien, Linke Wienzeile 40/22, Österreich. Herausgeber und Geschäftsführer: Erwin Goldfuss. Chefredakteur: DI Martin Kugler. Redaktionsteam Naturhistorisches Museum: Dr. Reinhard Golebiowski, Dr. Andreas Hantschk, Mag. Irina Kubadinow, Dr. Helmut Sattmann, Dr. Herbert Summesberger. Artdirektion: Erich Schillinger. Das Naturhistorische erscheint vierteljährlich als Beilage zum Universum Magazin. „Das Naturhistorische” ist eine entgeltliche Einschaltung in Form einer Medienkooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien. Die redaktionelle Verantwortung liegt beim Universum Magazin. 12 | 2019 UNIVERSUMMAGAZIN
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