Der Entgeltfortzahlungszuschuss nach 53b ASVG - unipub

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Der Entgeltfortzahlungszuschuss
                  nach § 53b ASVG

                             Diplomarbeit

zur Erlangung des Grades einer Magistra der Rechtswissenschaften an der
 Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

                            Eingereicht bei:
           ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Nora Melzer-Azodanloo
                  Institut für Arbeits- und Sozialrecht
                  der Karl-Franzens-Universität Graz

                                  von
                            Stückler Sarah
                        Graz, November 2020
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe
verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzten Quellen
wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit
wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen
Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung
entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum                                                                           Unterschrift
DANKSAGUNG

Schon im Kindesalter wusste ich eigentlich sehr genau, was ich später einmal machen wollte.
In der Volksschule plante ich, welche höhere Schule ich besuchen wollte, welche Fächer ich
belegen möchte und dass ich später einmal Rechtswissenschaften studieren will. Je älter ich
wurde, umso mehr stellte sich heraus, dass ich diesen Weg immer weiterverfolge.

Trotz Widrigkeiten, Krankheit und anderer Zwischenfälle konnte ich mich stets auf die
Unterstützung meiner Familie verlassen. An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mir das
Studium ermöglicht haben, mich motivierten, inspirierten und aufbauten.

Ebenso möchte ich von ganzem Herzen bei meinem Partner bedanken, der mir in der ganzen
Zeit immer zur Seite stand. Sein Engagement lässt sich an dieser Stelle kaum in Worte fassen.

Schließlich möchte ich mich auch noch bei meiner Betreuerin bedanken, welche während der
Zeit, in der ich mich mit meiner Diplomarbeit beschäftigte, geduldig jede Frage beantwortete
und mir dennoch viel Raum für selbstständiges Erarbeiten ließ.
INHALTSVERZEICHNIS
1     Einleitung.................................................................................................................................. 5
2     Vom Erstattungsbetrag zum Entgeltfortzahlungszuschuss....................................................... 7
    2.1      Erstattungsbetrag .............................................................................................................. 7
    2.2      Entwicklung des Entgeltfortzahlungszuschusses.............................................................. 8
    2.3      Leistung ............................................................................................................................ 9
      2.3.1       Höhe des Entgeltfortzahlungszuschusses .................................................................. 10
          2.3.1.1        Entgelt ................................................................................................................. 12
          2.3.1.2        Sonderzahlungen ................................................................................................ 14
          2.3.1.3        Höchstbeitragsgrundlage .................................................................................... 15
          2.3.1.4        Entgeltfortzahlungszuschuss iHv 50% oder 75% ............................................... 15
      2.3.2       Anfall und Dauer des Entgeltfortzahlungszuschusses .............................................. 15
      2.3.3       Rückforderungsrecht ................................................................................................. 17
    2.4      Differenzvergütung ......................................................................................................... 17
      2.4.1       Unfälle von Rettungsdienstmitgliedern ..................................................................... 18
      2.4.2       Unfälle im Rahmen von Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe ....................... 18
      2.4.3       Kostenersatz durch BMI und BMLV ........................................................................ 19
3     Anspruchsvoraussetzungen für den entgeltfortzahlungszuschuss .......................................... 20
    3.1      Antragstellung ................................................................................................................. 20
    3.2      Der Dienstnehmer/die Dienstnehmerin .......................................................................... 21
      3.2.1       Voraussetzungen für ein Dienstverhältnis................................................................. 22
      3.2.2       Sonderfälle bei Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen ................................................. 25
          3.2.2.1        Geringfügig Beschäftigte .................................................................................... 25
          3.2.2.2        Lehrlinge ............................................................................................................. 26
          3.2.2.3        Freie Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen ............................................................ 26
          3.2.2.4        Heimarbeiter/Heimarbeiterinnen ........................................................................ 27
          3.2.2.5        Vorstandsmitglieder............................................................................................ 27
          3.2.2.6        Besondere Beschäftigungstypen ......................................................................... 28
            3.2.2.6.1 Vortrags-, Seminar- und Trainertätigkeiten ................................................... 28
            3.2.2.6.2 Mitwirken im Familienunternehmen .............................................................. 29
            3.2.2.6.3 Geschäftsführer/Geschäftsführerinnen und Gesellschafter/Gesellschafterinnen
                             ........................................................................................................................ 30
            3.2.2.6.4 Sportler/Sportlerinnen im Mannschaftssport ................................................. 30
            3.2.2.6.5 Ärzte/Ärztinnen .............................................................................................. 30

i
3.3      Der Dienstgeber/die Dienstgeberin und sein/ihr Unternehmen ...................................... 31
       3.3.1      Dienstgeber/Dienstgeberin iSd § 35 ASVG .............................................................. 32
           3.3.1.1      Gesellschaften ..................................................................................................... 32
                3.3.1.1.1.1 Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft ......................................... 34
                3.3.1.1.1.2 Vorgesellschaft ........................................................................................ 36
                3.3.1.1.1.3 Gesellschaft bürgerlichen Rechts ............................................................. 36
                3.3.1.1.1.4 Konzern .................................................................................................... 37
           3.3.1.2      Überlassung von Arbeitskräften ......................................................................... 37
           3.3.1.3      Wohnungseigentumsgemeinschaften ................................................................. 38
           3.3.1.4      Eheleute .............................................................................................................. 38
       3.3.2      Unternehmen ............................................................................................................. 39
           3.3.2.1      Unternehmensbegriffe in der österreichischen Rechtsordnung .......................... 41
             3.3.2.1.1 Unternehmen iSd § 1 Abs 2 KSchG............................................................... 42
             3.3.2.1.2 Unternehmen iSd § 1 Abs 2 UGB .................................................................. 42
             3.3.2.1.3 Unternehmen iSd § 40 Abs 4 ArbVG und § 3 Abs 1 AVRAG ...................... 43
             3.3.2.1.4 Unternehmen iSd § 1409 ABGB .................................................................... 44
           3.3.2.2      Beziehung zwischen Dienstgebern/Dienstgeberinnen und „ihren“ Unternehmen .
                         ............................................................................................................................ 44
           3.3.2.3      (K)ein Unternehmen? ......................................................................................... 45
             3.3.2.3.1 Private Haushalte............................................................................................ 45
             3.3.2.3.2 Landtagsklubs................................................................................................. 45
             3.3.2.3.3 Beteiligung von staatlichen Einrichtungen und Körperschaften öffentlichen
             Rechts         ........................................................................................................................ 46
             3.3.2.3.4 Juristische Personen des Kirchenrechts .......................................................... 46
     3.4      Beschäftigung                  von             durchschnittlich                    nicht             mehr              als            50
     Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen ........................................................................................... 47
       3.4.1      Ermittlung der Dienstnehmerzahl des Unternehmens ............................................... 48
       3.4.2      Beobachtungszeitraum .............................................................................................. 49
       3.4.3      Überschreitung .......................................................................................................... 50
     3.5      Arbeitskräfteausfall aufgrund von Krankheit/Unfall ...................................................... 51
       3.5.1      Unfall ......................................................................................................................... 52
           3.5.1.1      Definition von Unfall und Arbeitsunfall ............................................................ 53
           3.5.1.2      Sonderfälle von Arbeitsunfällen ......................................................................... 53
       3.5.2      Krankheit ................................................................................................................... 55

ii
3.5.2.1        Definition von Krankheit und Berufskrankheit .................................................. 55
         3.5.2.2        Sonderfälle von Krankheiten .............................................................................. 56
            3.5.2.2.1 Organspende ................................................................................................... 57
            3.5.2.2.2 Kosmetische, medizinisch nicht indizierte Eingriffe ..................................... 58
            3.5.2.2.3 Freiwillige Schwangerschaftsabbrüche .......................................................... 58
            3.5.2.2.4 In-Vitro-Fertilisation ...................................................................................... 58
      3.5.3       Entgeltfortzahlungszuschuss bei Krankheit und Unfall ............................................ 59
      3.5.4       Entgeltfortzahlungszuschuss im Zusammenhang mit COVID-19 ............................ 61
4     Resümée.................................................................................................................................. 64

iii
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

2. SVÄG 2003          2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003, BGBl I 2003/145
3. COVID-19-G         3. COVID-19-Gesetz, BGBl I 2020/23
9. COVID-19-G         9. COVID-19-Gesetz, BGBl I 2020/31
ABGB                  Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, JGS 1811/946 idF BGBl I
                      2020/16
Abs                   Absatz
AG                    Aktiengesellschaft
AktG                  Aktiengesetz, BGBl I 1965/98 idF 2019/63
AMFG                  Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl 1969/31
AngG                  Angestelltengesetz, BGBl 1921/292 idF BGBl 2019/74
APSG                  Arbeitsplatzsicherungsgesetz 1991, BGBl 1991/683 idF 2017/126
ARÄG 2000             Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000, BGBl 2000/44
Arb                   Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen
ArbVG                 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl 1974/22 idF BGBl I 2020/23
ARD                   Aktuelles recht zum Dienstverhältnis (Zeitschrift)
ASchG                 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl 1993/450 idF
                      BGBl I 2018/100
ASGG                  Arbeits-   und    Sozialgerichtsgesetz,    BGBl      1985/104   idF
                      BGBl I 2018/100
ASoK                  Arbeits- und Sozialrechtskartei (Zeitschrift)
ASVG                  Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl 1955/189 idF
                      BGBl I 2020/105
AUVA                  Allgemeine Unfallversicherungsanstalt
AVRAG                 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl 1993/459 idF
                      BGBl I 2020/107
BAG                   Berufsausbildungsgesetz, BGBl 1969/142 idF BGBl I 2020/112
BEinstG               Behinderteneinstellungsgesetz, BGBl 1970/22 idF BGBl I 2019/32
B-KUVG                Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl 1967/200
                      idF BGBl I 2020/105
BMI                   Bundesministerium für Inneres
BMLV                  Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport
BudgetbegleitG 2003   Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71

1
BVAEB             Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und
                  Bergbau
B-VG              Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl 1930/1 idF BGBl I 2020/24
BWG               Bankwesengesetz, BGBl 1993/532 idF BGBl I 2019/46
DRdA              Das Recht der Arbeit (Zeitschrift)
DRdA-infas        Aktuelle Informationen aus dem Arbeits- und Sozialrecht
                  (Zeitschrift)
ecolex            Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht (1990 ff)
EFZ-DV-VO         Entgeltfortzahlungs-Zuschuss-        und         Differenzvergütungs-
                  Verordnung, BGBl II 2018/146 idF BGBl II 2019/304
EFZ-DV-VO BVAEB   Entgeltfortzahlungs-Zuschuss-        und         Differenzvergütungs-
                  Verordnung für die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter,
                  Eisenbahnen     und       Bergbau,   BGBl        II   2019/303    idF
                  BGBl II 2019/303
EFZG              Entgeltfortzahlungsgesetz, BGBl I 1974/399 idF BGBl I 2018/100
EFZV              Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung, BGBl II 2005/64 idF
                  BGBl II 2018/146
EFZV alt          Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung, BGBl II 2002/443 idF
                  BGBl II 2002/443
EheG              Ehegesetz, dRGBl I S 1938/807 idF BGBl I 2017/59
EpiG              Epidemiegesetz 1950, BGBl 1950/186 idF BGBl I 2020/104
EWIV              Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung
EWIVG             EWIV-Ausführungsgesetz, BGBl 1995/521 idF BGBl I 2010/58
EWIV-VO           Verordnung (EWG) 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die
                  Schaffung         einer        Europäischen           wirtschaftlichen
                  Interessenvereinigung (EWIV), ABl 1985 L 199/1
f                 folgender/e/s
ff                fortfolgende
FS                Festschrift
gem               gemäß
GesbR             Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GewO 1994         Gewerbeordnung 1994, BGBl 1994/194 idF BGBl I 2020/65
GmbH              Gesellschaft mit beschränkter Haftung

2
GmbhG        Gesetz    über        Gesellschaften   mit   beschränkter   Haftung,
             RGBl 1906/58 idF BGBl I 2018/71
HeimAG       Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl 1954/66 wiederverlautbart durch
             BGBl 1961/105 idF BGBl I 2018/61
Hrsg         Herausgeber
idF          in der Fassung
iHv          in Höhe von
infas        Informationen aus dem Arbeits- und Sozialrecht (Zeitschrift)
iSd          im Sinne des/der
iVm          in Verbindung mit
JBl          Juristische Blätter (Zeitschrift)
KG           Kommanditgesellschaft
KSchG        Konsumentenschutzgesetz, BGBl 1979/140 idF BGBl I 2018/58
LG           Landesgericht
lit          litera
mE           meines Erachtens
öarr         Österreichisches Archiv für Recht und Religion (Zeitschrift)
ÖBl          Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und
             Urheberrecht (Zeitschrift)
ÖJZ          Österreichische Juristen-Zeitung
OG           Offene Gesellschaft
OGH          Oberster Gerichtshof
OLG          Oberlandesgericht
PartG 2012   Parteiengesetz 2012, BGBl I 2012/56 idF BGBl I 2020/24
RdW          Recht der Wirtschaft (Zeitschrift)
Rz           Randziffer
S            Satz
SanG         Sanitätergesetz, BGBl I 2002/30 idF BGBl I 2020/33
sog          sogenannter/sogenannte
SozSi        Soziale Sicherheit (Zeitschrift)
SpG          Sparkassengesetz, BGBl 1979/64 idF BGBl I 2017/107
SRÄG 2015    Sozialrechts-Änderungsgesetz 2015, BGBl I 2015/162
stG          stille Gesellschaft
stRspr       ständige Rechtsprechung

3
SV-Komm    Sozialversicherungskommentar
SV-OG      Sozialversicherungs-Organisationsgesetz, BGBl I 2018/100
SVSlg      Sozialversicherungsrechtliche Entscheidungen
VAG 2016   Versicherungsaufsichtsgesetz 2016,         BGBl   I   2015/34   idF
           BGBl I 2020/38
VfGH       Verfassungsgerichtshof
vgl        vergleiche
VwGH       Verwaltungsgerichtshof
VwSlg A    Erkenntnisse und Beschlüsse des VwGH (administrativrechtlicher
           Teil)
wbl        Wirtschaftsrechtliche Blätter (Zeitschrift)
WEG        Wohnungseigentumsgesetz            2002,   BGBl   I   2002/70   idF
           BGBl I 2020/81
wobl       Wohnrechtliche Blätter (Zeitschrift)
Z          Ziffer
Zak        Zivilrecht aktuell (Zeitschrift)
ZAS        Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht
ZellKomm   Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht
ZfV        Zeitschrift für Verwaltung
ZfVB       Zeitschrift für Verwaltung, Beilage

4
1     EINLEITUNG

Im Jahr 2018 wurden 4,6 Mio. Krankenstandsfälle erfasst. Verglichen mit dem Jahr 2008 ist die
Anzahl somit um 32,1 % angestiegen.1 Grundsätzlich gilt die Regel, dass ohne Erfüllung der
Arbeitspflicht kein Anspruch auf Entgelt besteht. Jedoch sieht das Gesetz einige Fälle vor,
welche von diesem Prinzip ausgenommen sind.2 Wird der Arbeitsvertrag aus rein
schuldrechtlicher     Sicht     betrachtet,      so   würde      mit   Ausfall     der   Arbeitsleistung    eine
Leistungsstörung vorliegen, wodurch wiederum die §§ 918, 920, 1419 und 1447 AGBG zur
Anwendung kämen.3 Allerdings werden die Regeln des allgemeinen Schuldrechts von
arbeitsrechtlichen Vorschriften verdrängt. Demnach kommen die Normen des ABGB dann zur
Anwendung, wenn es im arbeitsrechtlichen Kontext keine speziellen Regelungen zu diesem Fall
gibt.4

Gem § 8 Abs 1 AngG bzw § 2 EFZG hat ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin Anspruch auf
Entgeltfortzahlung, wenn er/sie nach Antritt des Dienstes aufgrund von Krankheit oder
Unglücksfall an der Erfüllung der Arbeitspflicht verhindert ist, sofern er/sie besagte
Verhinderung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeiführte. Vor Juli 2018 galten für
Arbeiter     und     Angestellte         unterschiedliche     Regelungen        bezüglich     der   Dauer   der
Entgeltfortzahlung. In diesem Bereich kam es durch die Gesetzesinitiative 2017 zu
Angleichungen, die sich stärker am Arbeiterrecht orientierten; somit fielen diverse
Begünstigungen       der     Angestellten       weg.5     Nach     aktueller     Rechtslage     stehen   sowohl
Arbeitern/Arbeiterinnen als auch Angestellten zumindest sechs Wochen volles Entgelt zu. Je
nach Dauer des Dienstverhältnisses kann sich dieser Anspruch auf bis zu 12 Wochen erstrecken.
Nach dieser Zeit besteht noch ein Anspruch auf halbes Entgelt für den Zeitraum von vier
Wochen.6

Die      damit     verbundenen       Kosten      werden       zwischen        Arbeitgeber/Arbeitgeberin     und
Sozialversicherung         aufgeteilt.     Ursprünglich     wurden       in     Österreich    in    Bezug   auf

1
  Statistik Austria, Krankenstandsfälle, -dauer und -tage seit 1965 nach Geschlecht,
http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/gesundheitszustand/krankenstaen
de/022362.html (11.06.2020).
2
  Drs, Arbeits- und Sozialrecht: Lernen. Üben. Wissen.5 (2019), 81.
3
  Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/563.
4
  Jabornegg/Resch/Födermayr, Arbeitsrecht6 (2017) Rz 339.
5
  Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/629.
6
  Drs, Arbeits- und Sozialrecht: Lernen. Üben. Wissen.5 (2019), 83f.

5
Entgeltfortzahlung zwei unterschiedliche Systeme angewendet, welche einerseits im EFZG für
Arbeiter/Arbeiterinnen und andererseits im AngG für Angestellte verankert waren. 7 Während
Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen von Angestellten das Entgelt für die oben genannten Zeiträume
weiterzuzahlen       hatten,    wurde      das   Entgelt    für   Arbeiter/Arbeiterinnen   von    deren
Arbeitgeber/Arbeitgeberin bloß vorgestreckt. Von Seiten der Krankenversicherungsträger
erfolgte    eine    Rückerstattung       in    Form   des   sogenannten    Erstattungsbetrages.   Diese
Erstattungsbeträge wurden allerdings mit dem ARÄG 2000 beseitigt.8

Um Klein- und Mittelunternehmer zu entlasten, werden von Sozialversicherungsträgern jedoch
seit 2005 wieder die durch die Entgeltfortzahlung entstandenen Kosten zum Teil rückerstattet.
Diese Rückerstattung wird als Entgeltfortzahlungszuschuss bezeichnet und beläuft sich gem
§ 53b ASVG auf 50 % oder 75 % – abhängig von der Anzahl der Beschäftigten – des
entsprechenden fortgezahlten Entgelts zuzüglich eines Sonderzahlungszuschlags.9

Die vorliegende schriftliche Arbeit beschäftigt sich mit dem Entgeltfortzahlungszuschuss.
Hierbei wird zuerst die Entwicklung vom Erstattungsbetrag bis zur Entstehung des Zuschusses
zur Entgeltfortzahlung in seiner aktuellen Form dargestellt. Anschließend erfolgt die
Besprechung des § 53b ASVG sowie eventueller Problemstellungen und offener Fragen.

7
  Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/589.
8
  Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/590.
9
  Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/591.

6
2    VOM ERSTATTUNGSBETRAG ZUM
     ENTGELTFORTZAHLUNGSZUSCHUSS

2.1 Erstattungsbetrag

Zusammen mit dem EFZG wurde im Jahre 1974 der sog Entgeltfortzahlungsfonds eingerichtet,
beide waren einerseits als Entlastung für Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen und andererseits als
Schutz vor möglichen Kündigungen von Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen aufgrund häufiger
Krankheitsfälle angedacht. Vom Erstattungsfonds sollten vor allem kleinere Betriebe profitieren.
Zum einen wurden Kleinbetriebe bei Ausfällen ihrer Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen entlastet,
zum anderen ließ sich die Entgeltfortzahlung leichter kalkulieren.10

In der Stammfassung bestand gem § 8 EFZG idF ASRÄG 1997 (BGBl I 1997/139) für
gesetzliche Krankenversicherungsträger die Pflicht, den Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen das
fortgezahlte Entgelt sowie einen Pauschalbetrag im Ausmaß von 27,2 % des Entgelts zur
Abdeckung der Lohnnebenkosten zurück zu erstatten.11 Sollte die Arbeitsunfähigkeit des
Arbeitnehmers/der      Arbeitnehmerin,      auf    der    die      Entgeltfortzahlung   gründet,   vom
Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden sein,
bestand gem § 8 Abs 6 EFZG idF ASRÄG 1997 kein Anspruch auf den Erstattungsbetrag.12
Mittel für die sog Erstattungsbeträge stammten aus Beträgen der Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen;
außerdem war ein befristeter Beitrag seitens der Unfallversicherungsanstalt vorgesehen sowie
unter Umständen ein Zuschuss vom Bund.13

Von 1978 bis 1993 kam es zu einem stufenweisen Abbau der Erstattungsbeträge. Bereits hier
zeigte sich eine Tendenz zur Förderung von Kleinbetrieben. Mit der 2. Nov zum EFZG, BGBl
1978/664 erfolgte eine Einschränkung der Erstattung von Lohnnebenkosten. Jene wurden nur
noch Kleinbetrieben erstattet, welche 15 % der Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen ausmachten.
Daraufhin wurden die Erstattungsbeträge für die Entgeltfortzahlung mit Ausnahme von
Kleinbetrieben zuerst auf 80 % (4. Nov zum EFZG, BGBl 1981/596) und schließlich auf 70 %
(BGBl 1992/834) eingeschränkt.14

10
   Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 6.
11
   Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 1.
12
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/590.
13
   Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 1.
14
   Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 4.

7
Mit einer Angleichung der Entgeltfortzahlung der Arbeiter/Arbeiterinnen zu jener der
Angestellten mit 1.10.200015 erfolgte die Auflösung des Entgeltfortzahlungsfonds.16 Die hohe
Belastung und die mit Krankenstandsfällen einhergehenden Kalkulierungsprobleme führten in
manchen      Fällen      zu    Vereinbarungen     zwischen     Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin          und
Arbeitgeber/Arbeitgeberin; es handelte sich dabei um einvernehmliche Auflösungen des
Dienstverhältnisses      mit    einer    Wiedereinstellungszusage     nach     der    Genesung,     um
Entgeltfortzahlungsfälle zu vermeiden. Diese Praxis wurde allerdings „vom VwGH als
Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts angesehen“.17

2.2 Entwicklung des Entgeltfortzahlungszuschusses

Im   Rahmen        des   BGBl I    2002/155     wurden   mit    1.10.2002    wieder    Zuschüsse     an
Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen eingeführt. Jene Zuschüsse richteten sich ausschließlich an Klein-
und Mittelunternehmer, die regelmäßig weniger als 51 Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen
beschäftigten, und gebührten nur bei Arbeitsverhinderungen aufgrund von Unfällen, sofern
deswegen Entgeltfortzahlungen für die Dauer von mehr als 3 Tagen anfielen. Zu Beginn galt der
Zuschuss nur bei Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen, welche bei der AUVA versichert waren.18
Dies wurde mit Art 73 BudgetbegleitG 2003 (BGBl I 2003/71) auf die Versicherungsanstalt der
österreichischen      Eisenbahnen       ausgedehnt.   Der    Zusammenschluss         zwischen     dieser
Versicherungsanstalt und der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus ließ gem Art 1
2. SVÄG 2003 (BGBl I 2003/145) eine Änderung des Gesetzestextes folgen. Hiernach stand der
Zuschuss zur Entgeltfortzahlung auch Versicherten der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen
und Bergbau zu.19

Am 4.7.201820 trat die Entgeltfortzahlungs-Zuschuss- und Differenzvergütungs-Verordnung in
Kraft. Begründet wurde dies mit einigen Änderungen von § 53b ASVG sowie der Ermöglichung
einer besseren Übersicht der Verordnung an sich.21 Mit dem SV-OG (BGBl I 2018/100; in Kraft
seit 1.1.2020) erfolgte eine Veränderung bezüglich der Sozialversicherungsträger, sodass gem
Art 1 SV-OG unter anderem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) und die

15
   Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 8.
16
   Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 9.
17
   Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 12; vgl VwGH 27.4.2011, 2008/08/0176, ARD
6175/5/2011 = infas 2011, 245 = ZfVB 2012, 63.
18
   § 53b Abs 1 ASVG idF BGBl I 2002/155; Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 53b ASVG Rz 14.
19
   Putzer, Probleme der Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung, DRdA 2006, 351 (351).
20
   In Bezug auf die 75%-Zuschussregelung tritt die Verordnung rückwirkend mit 1.7.2018 in Kraft.
21
   Lindmayr/Tuma, Zuschüsse der AUVA nach Entgeltfortzahlung – BGBl, ARD 6606/20/2018.

8
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) zur neuen Versicherungsanstalt
öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) verschmolzen; die ursprünglich in
§ 53b ASVG verankerte VAEB existierte nunmehr nicht weiter. Allerdings wurde im Rahmen
der Gesetzesänderung eine idente Bestimmung im B-KUVG eingeführt sowie eine eigene
Entgeltfortzahlungs-Zuschuss- und Differenzvergütungs-Verordnung (EFZ-DV-VO BVAEB)
erlassen, die inhaltlich der EFZ-DV-VO entspricht.22

2.3 Leistung

Generell wird unter einer Leistung eine bewusste Vermögenszuwendung verstanden. Hiermit
wird versucht einen bestimmten Zweck zu erreichen. Dementsprechend kann eine solche
Leistung auch zurückgefordert werden, sollte ohne rechtfertigenden Grund geleistet worden
sein.23 Im österreichischen Sozialversicherungsrecht werden dem Versicherten/der Versicherten
gewisse Leistungen seitens des Sozialversicherungsträger gesetzlich (gesetzliche Pflichtleistung)
oder auf einer Satzung basierend (satzungsmäßige Mehrleistung) zugesprochen. Dieses
Leistungsverhältnis wird „auch als öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis gesehen“.24

Innerhalb des sozialversicherungsrechtlichen Rechtsschutzes wird zwischen Verwaltungs- und
Leistungssachen entschieden. Zweitgenannte werden taxativ25 im Gesetz aufgezählt (§ 65 Abs 1
Z 1-8 ASGG; § 354 ASVG)26, während gem § 355 ASVG nicht explizit erwähnte
Rechtsstreitigkeiten Verwaltungssachen sind.27 Da es sich beim Entgeltfortzahlungszuschuss um
einen Leistungsanspruch aus der Unfallversicherung handelt, liegt damit eine Leistungssache iSd
§ 354 ASVG vor. Im ersten Schritt entscheidet der zuständige Sozialversicherungsträger als
Behörde mit Bescheid über den Zuschuss zur Entgeltfortzahlung.28 Wird gegen diesen Bescheid
ein Rechtsmittel erhoben, so entscheiden ordentliche Gerichte darüber.29 Mit Anrufung des
Gerichts tritt der Bescheid der Verwaltungsbehörde außer Kraft; das Prinzip der sukzessiven
Kompetenz greift.30 Außerdem ist der Zuschuss nach § 53b ASVG eine Sozialrechtssache iSd

22
   Sabara, Änderungen im Bereich des Entgeltfortzahlungs-Zuschusses und der Differenzvergütung, ARD
6671/2/2019.
23
   Zankl, Bürgerliches Recht9 (2020) Rz 235.
24
   Resch, Sozialrecht (2017) 13.
25
   OGH 16.3.2004, 10 Ob S 25/04f, ARD 5531/15/2004.
26
   Resch, Sozialrecht (2017) 49.
27
   Resch, Sozialrecht (2017) 50.
28
   Pfeffer, Einstweiliger Rechtsschutz in Sozialrechtssachen (1996) 3.
29
   Resch, Sozialrecht (2017) 50.
30
   Pfeffer, Einstweiliger Rechtsschutz in Sozialrechtssachen (1996) 3.

9
§ 65 ASGG, weshalb diese Rechtsstreitigkeiten in den Zuständigkeitsbereich der Arbeits- und
Sozialgerichte fallen.31

2.3.1 Höhe des Entgeltfortzahlungszuschusses

Gem § 53b Abs 2 Z 2 ASVG gebührt dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin, sofern die
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ein Zuschuss iHv 50 % des entsprechenden fortgezahlten
Entgelts inklusive allfälliger Sonderzahlungen unter Beachtung der eineinhalbfachen
Höchstbeitragsgrundlage. Die im Gesetzestext verwendete Phrase „des entsprechenden
fortgezahlten Entgelts“ verweist auf die Entgeltfortzahlung, die nach § 3 EFZG, § 8 Abs 1 AngG
oder § 1154b ABGB erfolgt.32 Weiters bringt dies zum Ausdruck, dass der Zuschuss zur
Entgeltfortzahlung      nur    für    jenen    Zeitraum      zusteht,    in   welchem      tatsächlich     eine
Entgeltfortzahlung erfolgte. Wurde dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin aufgrund verspäteter
Meldung für eine bestimmte Anzahl an Tagen kein Entgelt ausgezahlt, hat der
Sozialversicherungsträger für eben diesen Zeitraum keinen Zuschuss zu leisten.33

Aus     dem     Gesetzestext      lässt    sich    somit     ableiten,    dass     sich    die    Höhe      des
Entgeltfortzahlungszuschusses am fortgezahlten Entgelt bemisst. Grundsätzlich gilt in Österreich
das Prinzip „Arbeitsleistung gegen Entgelt“. Kommt es jedoch zu einer Dienstverhinderung, ist
zu klären, wer das Risiko trägt. Dieses Problem wird mit Hilfe der sog Sphärentheorie gelöst.34
Dabei wird zwischen der Sphäre des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin (§ 8 Abs 1 AngG, § 2
EFZG)35, der Sphäre des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin (§ 1155 ABGB)36 und der neutralen
Sphäre37 unterschieden. Eine Dienstverhinderung aufgrund von Krankheit oder Unglücksfällen
wäre dabei der Sphäre des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zuzuordnen; demnach wäre die
Dienstverhinderung auch von ihm/ihr zu vertreten. Allerdings sehen arbeitsrechtliche
Bestimmungen stattdessen eine – wenngleich zeitlich begrenzte – Entgeltfortzahlung vor.38

31
   Melzer-Azodanloo, Neues in der Sozialversicherung zu Krankheit und Unfall: der Entgeltfortzahlungszuschuss
nach § 53b ASVG, in Resch (Hrsg), Krankenstand: Arbeits- und sozialrechtliche Probleme (2007), 68 (68); OGH
22.5.2006, 10 Ob S 58/06m, ARD 5705/8/2006.
32
   Putzer, Probleme der Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung, DRdA 2006, 351 (354).
33
   Putzer, Probleme der Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung, DRdA 2006, 351 (355).
34
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/563.
35
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/566.
36
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/565.
37
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/567.
38
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/586.

10
Ziel der Entgeltfortzahlung ist es, den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin so zu stellen, dass er/sie
durch den Ausfall seiner/ihrer Arbeitsleistung wirtschaftlich keinen Nachteil hat;39 um dieses
Ziel zu erreichen, werden das Bezugsprinzip, das Durchschnittsprinzip oder das Ausfallsprinzip
angewendet.40

Nach einhelliger Meinung41 wird bei einer Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG das fiktive
Ausfallsprinzip      verwendet.      Das     fortzuzahlende      Entgelt     richtet    sich    bei     jener
Berechnungsmethode „nach dem am Beginn der Dienstverhinderung zu erwartenden
Verdienstausfall, während der Eintritt von außerordentlichen Umständen während der
Dienstverhinderung den Entgeltfortzahlungsanspruch nicht mehr beeinflusst“42. Wie die genaue
Berechnung des fortgezahlten Lohns erfolgt, ist dabei von der Form der Entlohnung abhängig. 43

Gem § 8 Abs 1 AngG behält ein Angestellter/eine Angestellte bei Dienstausfall aufgrund einer
Krankheit oder eines Unglücksfalls seinen Entgeltanspruch. Der Wortlaut des Gesetzestextes
fordert nicht explizit die Anwendung eines bestimmten Prinzips. Ableitbar ist jedoch der Sinn
und Zweck der Bestimmung. Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin sollte trotz Nichterbringung der
Arbeitsleistung des Angestellten/der Angestellten seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag
weiterhin erfüllen: unterdessen ist der Angestellte/die Angestellte nicht gezwungen seine Arbeit
wieder aufzunehmen.44 Die überwiegende Meinung45 geht leitet hiervon die Anwendung des
Bezugsprinzips ab, wonach für die Entgeltfortzahlung das zuletzt verdiente Entgelt
herangezogen wird.46 Holzer bezeichnet hingegen das Lohnausfallsprinzip als einzige Form der
Entgeltfortzahlung, welche einen dienstverhinderten Arbeitnehmer/eine dienstverhinderte
Arbeitnehmerin nicht schlechterstellt.47

39
   Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 3 EFZG Rz 1.
40
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/599.
41
   Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 3 EFZG Rz 2; Binder, Zur Bemessung und Dauer von
Entgeltfortzahlungsansprüchen, ZAS 2007, 100 (100); Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/599; OGH 11.6.1997,
9 Ob A 169/97m, ARD 4910/5/98.
42
   Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 3 EFZG Rz 4.
43
   Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 3 EFZG Rz 5.
44
   Melzer-Azodanloo in Löschnigg, AngG10 § 8 Rz 114.
45
   Melzer-Azodanloo in Löschnigg, AngG10 § 8 Rz 113f; OGH 6.4.1994, 9 Ob A 603/93, DRdA 1995, 148 (Geist) =
infas 1994, A 159 = ARD 4567/18/94.
46
   Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 8 AngG Rz 102.
47
   Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 8 Rz 16.

11
2.3.1.1 Entgelt

Grundsätzlich gibt es im Arbeitsrecht keine Legaldefinition für den Begriff Entgelt. 48 Zumeist
erfolgt die Bemessung des Entgelts in Geld, jedoch wird jede Gegenleistung des
Arbeitgebers/der     Arbeitgeberin      für   die   erfüllte   Arbeitspflicht   des   Arbeitnehmers/der
Arbeitnehmerin als Entgelt angesehen.49

Echte Aufwandsentschädigungen wie beispielsweise der Ersatz von Fahrt- und Hotelkosten bei
Dienstreisen fallen allerdings nicht unter den Entgeltbegriff.50 Abzugrenzen hiervon sind jedoch
überhöhte Aufwandsentschädigungen;51 als solche sind Aufwandsentschädigungen anzusehen,
die den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin – im Zusammenhang mit seiner/ihrer Arbeitsleistung
– gar nicht oder nur im geringen Ausmaß treffen.52 Dies wäre dann der Fall, wenn dem
Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin für eine Dienstreise ein Ticket in der ersten Klasse ersetzt
wird, obwohl der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin eigentlich weiß, dass die betroffene Person
zweite Klasse fährt.53

Sowohl Barzahlungen als auch bargeldlose Lohnzahlungen werden als Geldlohn bezeichnet.54
Davon abzugrenzen ist das sog Naturalentgelt, worunter all jene Leistungen fallen, die eben nicht
in Geld bemessen werden.55 Somit sind Waren aller Art – beispielsweise Kleidung oder
Nahrungsmittel –, aber auch die Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung sowie die
Möglichkeit einen Dienstwagen auch privat nutzen dürfen als Formen von Naturalentgelt
anzusehen.56 Werden in Kollektivverträgen Mindestentgelte mit festen Geldbeträgen
vorgegeben, so sind diese nach dem sog Barzahlungsgebot auch in Geld zu entrichten.57

Anders als der Zeitlohn, der auf durchschnittlich geleistete Stunden in bestimmten Zeiträumen –
beispielsweise Jahr, Monat oder auch Woche – Bezug nimmt,58 bezieht sich die Lohnhöhe bei

48
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/123.
49
   Jabornegg/Resch/Födermayr, Arbeitsrecht6 (2017) Rz 265.
50
   Drs, Arbeits- und Sozialrecht: Lernen. Üben. Wissen.5 (2019) 79.
51
   Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 188.
52
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/127.
53
   OGH 28.11.1996, 9 Ob A 57/00y, ASoK 1997, 228 = ARD 4829/97.
54
   Jabornegg/Resch/Födermayr, Arbeitsrecht6 (2017) Rz 269.
55
   Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 189.
56
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/136.
57
   VwGH 27.7.2001, 95/08/0037, DRdA 2003, 338 (Löschnigg).
58
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/146.

12
erfolgsabhängigem Entgelt auf einen bestimmten Leistungserfolg des Arbeitnehmers/der
Arbeitnehmerin.59

Der Leistungslohn tritt in unterschiedlichen Formen auf, wobei der Akkord wohl am häufigsten
vorkommt.60 Früher wurde das sog Geldakkordsystem angewendet. Im Gegensatz zum heute
vorrangig angewendeten System begnügte sich das Geldakkordsystem damit einen Akkordsatz
pro Leistungseinheit festzusetzen.61 Das Zeitakkordsystem hingegen kennt einerseits Zeitfaktor
und andererseits Geldfaktor.62 Jener Faktor lässt sich dabei so berechnen, dass zum
kollektivvertraglichen Zeitlohn ein bestimmter Prozentsatz addiert wird, der Akkordzuschlag
heißt. Ergebnis dieser Rechnung ist der sog Akkordrichtsatz. Wird dieser wiederum durch 60
geteilt, ergibt das den Geldfaktor – auch Minutenfaktor genannt.63 Beim Zeitfaktor handelt es
sich um die Zeit, welche für eine Leistungseinheit durchschnittlich benötigt wird.64 Der
Verdienst des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin errechnet sich schließlich durch das
Multiplizieren von Zeitfaktor, Geldfaktor und der Anzahl der erbrachten Leistungseinheiten.65
Akkordarbeiten können auch von mehreren Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen verrichtet
werden; tritt dieser Fall ein, ist von Gruppenakkord die Rede.66

Eine andere Form von leistungsbezogenem Entgelt ist die Prämie. 67 Darunter wird eine
Vergütung verstanden, die für einen besonderen Erfolg in Bezug auf die Arbeitsleistung
ausgezahlt wird.68 Der Erfolg kann dabei sowohl eine Mengenleistung (Quantitätsprämie) sein,
als auch an andere Kriterien anknüpfen – beispielsweise besondere Ausnützung von Roh- und
Werkstoffen oder Güte und Genauigkeit der Arbeit (Qualitätsprämie).69 Aufgrund der
Verknüpfung mit bestimmten Arbeitserfolgen ist die Prämie grundsätzlich ein bedingtes Entgelt.
Anzumerken ist jedoch, dass in besonderen Fällen – wenn der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin den

59
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/148.
60
   Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 191.
61
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/149.
62
   Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 192.
63
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/150.
64
   Jabornegg/Resch/Födermayr, Arbeitsrecht6 (2017) Rz 275.
65
   Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 192.
66
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/152.
67
   Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 193.
68
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/153.
69
   OGH 2.6.1981, 4 Ob 135/80, DRdA 1982, 403 (Holzer); Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/153.

13
Eintritt der Bedingung für die Prämie treuwidrig verhindert – auch bei Nichteintritt das
leistungsbezogene Entgelt ausgezahlt wird.70

Ebenso ist die Provision zu nennen.71 Hierbei handelt es sich um eine – zumeist prozentuelle –
Beteiligung an den Geschäften des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin; damit ist die Provision neben
der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin auch von der Markt- und
Geschäftslage abhängig.72 Allerdings muss die Beteiligung nicht prozentuell an die
Arbeitsleistung geknüpft werden. Es besteht die Möglichkeit einen fixen Betrag als Provision zu
vereinbaren.73 Empfänger dieses Leistungslohns können in unterschiedlicher Form auftreten.
Während Vermittlungsvertreter Geschäfte einleiten – der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin hat
dabei das Recht das Geschäft entweder zu genehmigen oder abzulehnen –, können
Abschlussvertreter – als Handlungsbevollmächtigte – Geschäfte selbst zum Abschluss bringen.74

2.3.1.2 Sonderzahlungen

Unter dem Begriff sind Leistungen zu verstehen, die entweder von Seiten des Arbeitgebers/der
Arbeitgeberin freiwillig ausgezahlt werden oder aber beispielsweise aufgrund langer
Betriebszugehörigkeit geschuldet werden. Sonderzahlungen ergeben sich für gewöhnlich aus
dem Kollektivvertrag anstatt aus dem Gesetz.75 In Österreich sind Weihnachts- und
Urlaubsremunerationen – sog dreizehntes und vierzehntes Gehalt – gängig.76

In § 53b ASVG wird angegeben, dass sich der Entgeltfortzahlungszuschuss auch auf allfällige
Sonderzahlungen         bezieht.       Sind       durchschnittlich       nicht      mehr        als         50
Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen           in    einem      Unternehmen        beschäftigt,     steht    gem
§ 4 Abs 1 EFZ-DV-VO bzw § 4 Abs 1 EFZ-DV-VO BVAEB neben dem fünfzigprozentigen
Zuschuss zur Entgeltfortzahlung ein Zuschlag für Sonderzahlungen iHv 8,34 % des tatsächlich
fortgezahlten Entgelts (ohne Sonderzahlungen) zu. Tritt der Fall ein, dass ein Unternehmen im
Durchschnitt weniger als 10 Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen beschäftigt, beläuft sich dieser
Zuschlag auf 12,51 % (§ 5 EFZ-DV-VO bzw § 5 EFZ-DV-VO BVAEB).

70
   OGH 10.4.2008, 9 Ob A 22/08p, DRdA 2010, 62 (Wolfsgruber) = ZAS-Judikatur 2008, 174 (Reiner) = ZAS
2008, 284 (Resch) = ASoK 2008, 369 = ARD 5892/2/2008 = wbl 2008, 390; Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz
6/154.
71
   Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 192.
72
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/155.
73
   OGH 29.5.1979, 4 Ob 15/79, Arb 9797.
74
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/156.
75
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/169.
76
   Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 6/168.

14
2.3.1.3 Höchstbeitragsgrundlage

Gem § 108 Abs 3 ASVG ist die eineinhalbfache Höchstbeitragsgrundlage bei der Bemessung des
Entgeltfortzahlungszuschusses zu beachten. Unter dieser Höchstbeitragsgrundlage wird jene
Einkommensschwelle         verstanden,      die    die   Obergrenze       für    die   Entrichtung      von
Sozialversicherungsbeiträgen darstellt. Es handelt sich dabei um einen täglichen Wert
(Kalendertag).77 Die allgemeine Beitragsgrundlage darf im Durchschnitt des Beitragszeitraums
(oder eines Teiles davon) gem § 45 Abs 1 ASVG die festgelegte Höchstbeitragsgrundlage nicht
überschreiten; ermittelt und kundgemacht wird die Höchstbeitragsgrundlage jährlich für das
folgende Kalenderjahr vom Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz (§ 108 Abs 1 ASVG). Für den Entgeltfortzahlungszuschuss bedeutet dies,
dass er in seiner Höhe mit der eineinhalbfachen Höchstbeitragsgrundlage begrenzt wird.

2.3.1.4 Entgeltfortzahlungszuschuss iHv 50% oder 75%

Grundsätzlich gebührt der Zuschuss zur Entgeltfortzahlung iHv 50%, wenn der Arbeitgeber/die
Arbeitgeberin durchschnittlich nicht mehr als 50 Personen beschäftigt (§ 53b Abs 2 Z 1 ASVG).
Sollte     der      Dienstgeber/die        Dienstgeberin         regelmäßig        weniger       als     10
Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen beschäftigen, steht ihm/ihr gem § 53b Abs 2a ASVG ein
Entgeltfortzahlungszuschuss iHv 75 % zu. Der Zuschuss für sog Kleinunternehmer gilt seit
1.7.2018.78

2.3.2 Anfall und Dauer des Entgeltfortzahlungszuschusses

Grundsätzlich stehen Zuschüsse vom Sozialversicherungsträger gem § 4 Abs 1 EFZ-DV-VO
bzw § 4 Abs 1 EFZ-DV-VO BVAEB bei Arbeitsverhinderungen aufgrund von Krankheit ab dem
elften Krankenstandstag zu, sofern diese Dienstverhinderung für einen längeren Zeitraum als
zehn aufeinanderfolgende Tage andauerte. Anders verhält es sich bei Arbeitsverhinderungen,
denen ein Unfall zu Grunde liegt. Hierbei muss die Arbeitsunfähigkeit bloß länger als drei
aufeinanderfolgende Tage andauern, wobei der Dienstgeber/die Dienstgeberin bereits ab dem
ersten Tag Anspruch auf den Entgeltfortzahlungszuschuss hat.

77
   § 45 Abs 1 ASVG; Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 45 ASVG Rz 1; Müller in Mosler/Müller/Pfeil,
Der SV-Komm § 108c ASVG Rz 3.
78
   Shubshizky, Anhebung der AUVA-Zuschüsse zum Krankengeld für Kleinbetriebe, ASoK 2017, 473.

15
Pro Dienstnehmer/Dienstnehmerin und Arbeitsjahr (Kalenderjahr) stehen dem Dienstgeber/der
Dienstgeberin Zuschüsse für höchstens 42 Kalendertage Entgeltfortzahlung zu. Dabei ist
anzumerken, dass die maximale Anspruchsdauer auch für ein und denselben Krankheitsfall –
wenn dieser denn zumindest 52 Tage lang andauert – ausgeschöpft werden kann.79 Es ist vom
Gesetzgeber somit nicht vorgesehen, dass die ersten zehn Tage, für die kein Zuschuss zur
Entgeltfortzahlung gebührt, in den Höchstanspruchszeitraum von sechs Wochen mit
hineingerechnet werden.80

Dem Gesetzestext ist aufgrund des expliziten Hinweises auf Arbeitsjahr und individuellen
Arbeitnehmer/individuelle Arbeitnehmerin, für den/die der Zuschuss gebührt, zu entnehmen,
dass nicht beanspruchte Tage mit Jahreswechsel verfallen und im Folgejahr nicht zusätzlich zum
neuen Kontingent in Anspruch genommen werden können.81 Daraus ist allerdings auch zu
schließen, dass bei einem Arbeitsausfall, der so gelegen ist, dass er in einem Arbeitsjahr beginnt
und im nächsten erst endet, mit Beginn des neuen Arbeitsjahres auf das volle Kontingent an
Zuschusstagen in eben diesem Jahr zugegriffen wird. Es wird dabei angenommen, dass auch in
Falle einer Krankheit, welche das Arbeitsjahr überschreitet, eventuelle restliche Tage aus dem
alten Arbeitsjahr nicht im neuen konsumiert werden können.82

Der Beginn des Arbeitsjahres richtet sich – anders als das Kalenderjahr – nach dem Beginn des
Arbeitsvertrages. Wenn das Beschäftigungsverhältnis mit 2. September beginnt, wird der
Zeitraum vom 2. September bis 1. September des darauffolgenden Kalenderjahres als Arbeitsjahr
angesehen.83 Dabei ist zu beachten, dass die Zusammenrechnungsregelung nach § 2 Abs 3 EFZG
für unterbrochene Dienstverhältnisse beim selben Arbeitgeber/derselben Arbeitgeberin nicht
analog zur Anwendung kommt.84

Anzumerken ist, dass der Wechsel vom Lehrling zum Facharbeiter nicht als die Begründung
eines neuen Dienstverhältnisses gewertet wird. Sollten zum Zeitpunkt des Wechsels alle

79
   Melzer-Azodanloo, Zur Höchstanspruchsdauer des Entgeltfortzahlungszuschusses, OGH 17.8.2006, 10 Ob S
123/06w, DRdA 2008, 257 (257).
80
   OGH 17.8.2006, 10 Ob S 120/06d, ARD 5729/7/2006. OGH 17.8.2006, 10 Ob S 123/06w, DRdA 2008, 257
(Melzer-Azodanloo) = infas 2007, 26 = ZAS-Judikatur 2007, 18 = JBl 2007, 194 = ARD 5729/7/2006.
81
   Melzer-Azodanloo, Zur Höchstanspruchsdauer des Entgeltfortzahlungszuschusses, OGH 17.8.2006, 10 Ob S
123/06w, DRdA 2008, 257 (259).
82
   Melzer-Azodanloo, Zur Höchstanspruchsdauer des Entgeltfortzahlungszuschusses, OGH 17.8.2006, 10 Ob S
123/06w, DRdA 2008, 257 (259f); OGH 12.9.2006, 10 Ob S 108/06i, DRdA 2007, 147 = ARD 5729/8/2006.
83
   Melzer-Azodanloo, Neuerungen bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, in Kietaibl/Resch, Aktuelle
Änderungen im Arbeitsrecht: Gleichstellung Arbeiter und Angestellte und Datenschutz NEU (2019), 17 (25).
84
   OGH 13.6.2017, 10 Ob S 54/17i, DRdA-infas 2017, 294 mit Bespr von Marischka = ecolex 2017, 1097
(Windisch-Graetz) = ARD 6560/10/2017 = RdW 2017, 708.

16
zuschussfähigen Tage ausgeschöpft worden sein, beginnt mit dem Ende der Lehrzeit und Beginn
des Facharbeiterdienstverhältnisses kein neues Kontingent.85

2.3.3 Rückforderungsrecht

Sollte der Zuschuss zur Entgeltfortzahlung zu Unrecht an den Dienstgeber/die Dienstgeberin
ausgezahlt worden sein, kann sich der jeweilige Sozialversicherungsträger auf sein
Rückforderungsrecht nach § 7 EFZ-DV-VO bzw § 7 EFZ-DV-VO BVAEB berufen; zu einer
solchen nicht gerechtfertigten Auszahlung von Leistungen durch den Sozialversicherungsträger
kann es beispielsweise kommen, wenn falsche Angaben seitens des Dienstgebers/der
Dienstgeberin weitergeleitet werden. Liegen berücksichtigungswürdige Umstände (insbesondere
schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Dienstgebers/der Dienstgeberin) vor, liegt es im
Ermessen des Sozialversicherungsträgers, ob er auf die Rückforderung des Zuschusses ganz oder
teilweise verzichtet; außerdem besteht die Möglichkeit die Rückzahlung in Raten zu gestatten.86

Das Recht auf Rückforderung zu Unrecht geleisteter Zuschusszahlungen verjährt gem
§ 107 Abs 2 lit b ASVG binnen drei Jahren. In einer älteren Fassung der EFZV räumte § 6 eine
kürzere Frist von zwei Jahren ein. Der Judikatur des VfGH zufolge ist diese Verkürzung
gesetzeswidrig, da der Verordnungsgeber nicht dazu ermächtigt gewesen ist, abweichende
Regelungen zu § 107 ASVG zu erlassen.87 Der OGH verneinte außerdem die Anwendbarkeit des
damaligen § 6 EFZV in laufenden Verfahren, in denen sich der behandelte Sachverhalt vor der
Aufhebung durch den VfGH ereignet hatte.88

2.4 Differenzvergütung
Neben dem Zuschuss zur Entgeltfortzahlung wird durch § 53b ASVG sowie den beiden
dazugehörigen Durchführungsverordnungen auch noch die sog Differenzvergütung geregelt.
Eingeführt wurde diese mit BGBl I 2013/139. Gem § 53b Abs 3 ASVG wird beim Vorliegen
bestimmter        Voraussetzungen           für     Schädigungen         ab       dem       31.7.2013
Dienstgebern/Dienstgeberinnen die Differenz zwischen dem Zuschuss zur Entgeltfortzahlung
und   der    tatsächlichen    Höhe    der     geleisteten   Entgeltfortzahlung    einschließlich   der
Sonderzahlungen vergütet. Für die Erhaltung dieses Zuschusses ist nach erfolgter
Entgeltfortzahlung ein Antrag – nach Möglichkeit auf elektronischem Wege – der örtlich

85
   LG Korneuburg, 6.12.2011, 8 Cgs 202/11h, SVSlg 60.313.
86
   Putzer, Probleme der Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung, DRdA 2006, 351 (355).
87
   VfGH 25.11.2013, V 17/2013, ASoK 2014, 73 = SVSlg 62.905 = RdW 2014, 58 = ARD 6380/13/2014.
88
   OGH 23.4.2014, 10 Ob S 9/14t, ZAS-Judikatur 2014, 270 (Sonntag) = DRdA 2015, 97 (Kneihs).

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zuständlichen      Landesstelle      der    AUVA       zu    übermitteln.89         §   7   EFZ-DV-VO      bzw
§ 7 EFZ-DV-VO BVAEB gilt auch für Differenzvergütungen; dementsprechend können zu
Unrecht erfolgte Auszahlungen zurückgefordert werden (vgl 2.3.3).

2.4.1 Unfälle von Rettungsdienstmitgliedern

Die Differenzvergütung gebührt, wenn der Grund für die Dienstverhinderung des
Arbeitnehmers/der        Arbeitnehmerin       auf    einen     Unfall     zurückzuführen      ist,   der   gem
§ 176 Abs 1 Z 7 lit a ASVG einem Arbeitsunfall gleichzustellen ist. Im Detail sind hiervon
Mitglieder des Roten Kreuzes, freiwilliger Feuerwehren oder anderer Rettungsdienste (vgl
§ 176 Abs 1 Z 7 lit a ASVG) betroffen, welche im Rahmen von Übungen, Einsätzen oder
Ausbildungen einen Unfall haben.

§ 176 Abs 1 Z 7 lit a ASVG bezieht sich ausschließlich auf ehrenamtliche Tätigkeit für die
jeweiligen Rettungsdienste. Im Falle von entgeltlicher Tätigkeit bei einem solchen
Rettungsdienst ist anzunehmen, dass die betroffene Person vermutlich in der Unfallversicherung
pflichtversichert (vgl 3.2) ist.90 Darüber hinaus wird differenziert, ob es sich um ein Mitglied der
Organisation oder einem freiwilligen Helfer handelt; bei jenen und ehrenamtlich tätigen
Sanitätern (§ 14 Abs 1 Z 1 SanG) bezieht sich der Versicherungsschutz ausschließlich auf den
Einsatz, während bei Mitgliedern auch Übungen und Ausbildungen mit abgedeckt sind.91

2.4.2 Unfälle im Rahmen von Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe

Neben den Mitgliedern diverser Rettungsdienste erfahren diese Sonderregelung auch Personen,
die gem § 7 Abs 3 APSG nach Entlassung aus dem Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst ihre
Arbeit nicht aufnehmen können, weil sie im Rahmen der Katastrophenhilfe oder des
Katastrophenschutzes einen Unfall erlitten. Grundsätzlich entsteht der Entgeltanspruch
gegenüber dem Dienstgeber/der Dienstgeberin erst wieder mit Antritt zur Arbeit.92 Ist der Antritt
aus Gründen, welche seitens des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin nicht zu vertreten sind (vgl
Sphärentheorie 2.3.1), nicht möglich, wird ihm/ihr dennoch der Anspruch auf Entgelt zu. Hierbei
ist zu beachten, dass durch § 7 Abs 3 APSG der Anspruch nicht geschaffen wird, sondern
lediglich eine Ausnahme für die Regelung geschaffen wird, welche vorschreibt, dass der Dienst
zuerst wieder angetreten werden muss.93

89
   Henhofer in Kuras, Handbuch Arbeitsrecht (Stand 1.3.2019, rdb.at) Kap 7.1.6.1.
90
   Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 176 ASVG Rz 111.
91
   Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 176 ASVG Rz 113.
92
   OLG Wien 25.7.2003, 9 Ra 72/03d, ARD 5452/7/2003.
93
   Spitzl/B. Gruber in Neumayr/Reissner (Hrsg), ZellKomm3 § 7 APSG Rz 2.

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2.4.3 Kostenersatz durch BMI und BMLV

Auch wenn die Differenzvergütung für Dienstgeber/Dienstgeberinnen von dem zuständigen
Unfallversicherungsträger ausgezahlt wird, wird die Last dieses Zuschusses tatsächlich nicht von
ihnen getragen. Gem § 53b Abs 4 ASVG ersetzt das Bundesministerium für Inneres die Kosten
der Differenzvergütung, wenn die Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin
in einem Unfall als Mitglied eines Rettungsdienstes (vgl 2.4.1) begründet liegt; ebenso werden
die Kosten getragen, sollte der Arbeitsantritt nach dem Zivildienst nicht möglich sein. Kann der
der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nach seiner/ihrer Entlassung aus dem Präsenz- oder
Ausbildungsdienst    seine   Arbeit   nicht   wieder   direkt   wiederaufnehmen,     wird    die
Differenzvergütung gem § 53b Abs 5 ASVG vom Bundesministerium für Landesverteidigung
und Sport übernommen.

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