DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams

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DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
­ GN-​Pflegepreis 2021:
 D
Prämiert werden innovative
 Projekte neurologischer
 Pflegeteams
Beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neu-
rologie (­DGN) wird der erstmals ausgeschriebene D   ­ GN-​Pflege-
preis verliehen. Drei Projekte, die innovative Ideen und Konzep-
te zur nachhaltigen Verbesserung der Versorgung von Menschen
mit neurologischen Erkrankungen umsetzen, erhalten die mit
1000, 750 und 500 Euro dotierte Auszeichnung. Der erste Platz
wird an das Pflegeteam der Stroke Unit am Klinikum Stuttgart

                                                                            © Jens Komossa, Berlin

8 ­DGN-​Generalsekretär Prof. Peter Berlit betont den Stellenwert der
neurologischen Pflege

                                                           Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
Mitteilungen der DGN

für sein Delir-Präventionsprojekt vergeben, den zweiten Platz              1. Platz: Delirpräventionsprojekt auf der Stroke Unit am
belegt die Station Neurologie 6 der Kopfklinik des Universitäts-           Klinikum Stuttgart
klinikums Heidelberg mit dem Projekt „Innovationsraum Pfle-
ge“ und der dritte Platz geht an die Klinik für Neurologie des             Team: Frank Alf, ­GKP, B. A., Juliane Spank, Pflegewissenschaftlerin,
Universitätsklinikums Münster, die sich mit der Kombinierten               M. A., Klaus Müller, pflegerische Zentrumsleitung für das Kopf- und
Pflege- und interprofessionellen Visite für Parkinson-Patienten            Neurozentrum, und Cathleen Koch, stellv. Pflegedirektorin, Dipl.-Pfle-
beworben hatte.                                                            gewirtin (­FH), M. A. Organisatorische und ärztliche Beratung: Prof. Dr.
                                                                           Wolf, ltd. Oberarzt der Neurologie
                                                                               Das Delir stellt aufgrund seiner Komplexität eine besondere
Gute Neurologie zeichnet sich durch Teamarbeit aus!                        Heraus­forderung für das gesamte Gesundheitswesen dar. Das gilt
                                                                           sowohl auf der individuellen Patientenversorgungsebene als auch
Erfolgreiche Behandlungsergebnisse in der Neurologie können nur            wegen möglicher hoher Folgekosten unter gesundheitsökonomi-
durch Teamwork erreicht werden. Die gemeinsame vertrauensvolle             schen Aspekten. Durch die Notfallsituation und die erhöhte Leta-
Zusammenarbeit von Neurologinnen und Neurologen mit Pflegen-               lität erfordert dieses Krankheitsbild eine umgehende interdiszipli-
den und Angehörigen anderer in der Neurologie tätigen Gesund-              näre Betreuung und Behandlung. Die Jury des D      ­ GN-​Pflegepreises
heitsberufe ist demnach entscheidend für die Qualität der Patien-          ist überzeugt, dass das im September 2020 auf der Stroke Unit im
tenversorgung. „Pflegekräfte sind in diesem Netzwerk die zentrale          Katharinenhospital des Klinikums Stuttgart implementierte Projekt
Schnittstelle zwischen Ärztin/Arzt und Patientin/Patient sowie al-         einen wesentlichen Beitrag zur verbesserten (Risiko-)Erkennung,
len an der Versorgung Beteiligten“, beschreibt Prof. Dr. Peter Berlit,     zur früheren Risikoprävention und zu einem effizienten Manage-
Generalsekretär der ­DGN, den Stellenwert der Pflege in der Neuro-         ment eines Delirs im Krankenhaus bei Schlaganfall-Patientinnen
logie. Deshalb ist es Anspruch und Herausforderung zugleich, dem           und -Patienten ab dem 65. Lebensjahr leisten kann.
pflegerischen Bereich auch seitens der Fachgesellschaft mehr Be-               Von deutschlandweit ca. 270.000 Menschen mit einem akuten
achtung zu schenken, ihn zu fördern und zu stärken.                        Schlaganfall werden auf der Stroke Unit (­SU) im Klinikum Stutt-
    Es ist erklärtes Ziel der D
                              ­ GN, die Attraktivität der Neurologie für   gart, Katharinenhospital, jährlich mehr als 1000 Patientinnen und
Pflegende aufzuzeigen, ambitionierte Pflegekräfte zu gewinnen              Patienten behandelt. Die Relevanz des Projektziels wird dadurch
und zu binden und den Teamgedanken zu stärken. Um pflegeri-                unterstrichen, dass circa ein Viertel der Betroffenen ein Delir als
sches Engagement zu honorieren, wurden im Rahmen der Kam-                  Komplikation ihres Krankenhausaufenthalts erleidet. Die Folge ist
pagne „Wir sind Neurologie.“ in diesem Jahr zahlreiche Aktionen            eine im Schnitt neun Tage längere Krankenhausverweildauer die-
und Maßnahmen initiiert, darunter auch die erstmalige Ausschrei-           ser Patientinnen und Patienten. Und sie werden häufiger in statio-
bung des ­DGN-​Pflegepreises. Perspektivisch wird die ­DGN zertifi-        näre Pflegeeinrichtungen entlassen als jene, die nach Schlaganfall
zierte Curricula und standardisierte Fortbildungsveranstaltungen           kein Delir erleiden. Darüber hinaus haben Patientinnen und Patien-
auflegen und so interessante Karriereperspektiven für Pflegende            ten mit Schlaganfall-assoziiertem Delir eine deutlich erhöhte Wahr-
schaffen. Pflegende und Angehörige anderer Gesundheitsberufe               scheinlichkeit, innerhalb eines Jahres zu versterben. Aufgrund der
können in der D  ­ GN außerordentliches Mitglied werden.                   akuten, organisch bedingten Beeinträchtigung des Gehirns erle-
    Mit dem D  ­ GN-​Pflegepreis sollen die Leistungen all derjenigen      ben Pflegende die Versorgung von Patientinnen und Patienten im
anerkannt werden, die bei der Versorgung neurologischer Patien-            Delir und nach einer deliranten Episode als belastender und zeit-
tinnen und Patienten täglich unter z. T. schwierigsten Bedingungen         aufwendiger. Dies kann zulasten anderer Patientinnen und Patien-
bei schwerkranken Menschen ihr Bestes geben. „Dabei geht es da-            ten gehen und soll vermieden werden, heißt es in der Beschrei-
rum, den Blick auf die in der Neurologie bei der Akutbehandlung            bung der Ausgangslage im Projektantrag.
und in der Reha unentbehrliche, hochqualifizierte Pflege zu richten            Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass eine systematische Er-
und dieser Arbeit die oft fehlende Wertschätzung entgegenzubrin-           kennung eines Delirs und die Umsetzung von Multikomponenten-
gen“, betont Prof. Berlit.                                                 Interventionen sowohl die Inzidenz als auch die Dauer des Delirs
    Bewerben konnten sich Stations- oder Ambulanz-Teams, wo-               sowie die Mortalität reduzieren und entsprechend das langfristige
bei geeignete Projekte auch von Ärztlichen Leitungen oder Pfle-            individuelle Outcome der Patienten positiv beeinflussen. Allerdings,
gedienstleitungen zur Preisverleihung vorgeschlagen werden                 so konstatieren die Initiatoren des Projekts in der Begründung des
konnten. Die vom Preiskomitee, bestehend aus Prof. Waltraud Pfeil-         Bedarfs eines systematischen Delirscreenings: „Aktuell werden auf
schifter, neurologische Chefärztin am Klinikum Lüneburg, Prof. Dr.         der Stroke Unit am Klinikum Stuttgart keine Instrumente zur syste-
Anne Christin Rahn, Professorin am Institut für Forschung und Leh-         matischen Erkennung von Delirien angewendet. Daher ist davon
re in der Pflege an der Universität zu Lübeck, Prof. Dr. Anne-Kathrin      auszugehen, dass hierbei Delirien übersehen oder erst spät erkannt
Cassier-Woidasky, Professorin für Pflegewissenschaft an der Hoch-          werden. Die Erkennung eines Delirs und damit auch die Einleitung
schule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes in Saarbrücken,           entsprechender Maßnahmen sind aktuell unter anderem vom in-
Prof. Dr. Jürgen Faiss, Geschäftsführer der Deutschen Schlaganfall-        dividuellen Kenntnisstand und von der Sensibilisierung der einzel-
Gesellschaft, und D   ­ GN-​Generalsekretär Prof. Peter Berlit, ausge-     nen Pflegefachkraft abhängig.“ Das will das Team in der Stuttgarter
wählten Preisträger-Projekte werden auf dem Pflegesymposium                Klinik jetzt ändern. Mittels eines Algorithmus zur Erkennung eines
des D­ GN-​Kongresses 2021 vorgestellt.                                    Delirs auf der Stoke Unit soll nun ein systematisches Screening er-
                                                                           folgen, damit die Pflegefachkräfte adäquat und rechtzeitig mit der

Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
© T. Grosser

               8 Das Gewinnerteam aus Stuttgart

               Durchführung einer Multikomponenten-Intervention starten kön-            Das Konzept enthält alle erforderlichen Maßnahmen, um das
               nen, um das Delir zu verhindern oder zu lindern.                      Pflegepersonal auf der Stroke Unit für die frühzeitige Erkennung
                   Um das Pflegepersonal für das Thema Delir und kognitive Auf-      eines Delir-Risikos zu schulen. So werden die Patienten direkt nach
               fälligkeiten zu sensibilisieren, die systematische Erfassung zu im-   der Aufnahme auf die Stroke Unit gescreent und Delir-Präventions-
               plementieren und das Personal zu befähigen, individuell ange-         maßnahmen eingeleitet. Durch die kompetente Betreuung kann
               passte nicht pharmakologische Maßnahmen einzuleiten, wurde            nicht nur Schaden vom Patienten abgewendet werden, es können
               eine Pflegefachkraft der Station als Delir-Experte/Delir-Expertin     auch Pflegende entlastet und Kosten gesenkt werden – ein Projekt,
               und Ansprechpartner/Ansprechpartnerin mit einer spezifischen          das nach Ansicht der Jury deutschlandweit Schule machen sollte!
               Fachexpertise benannt. Des Weiteren wurde ein Expertenteam
               aus Pflege- und ärztlichem Personal zur Beratung und Unterstüt-       2. Platz: „Entwicklung des Innovationsraums Pflege“
               zung zusammengestellt sowie auf Basis von Literatur- und Leitli-      auf der Station Neurologie 6 der Kopfklinik des
               nienauswertungen und den Erfahrungen des hausinternen Delir-          Universitätsklinikums Heidelberg
               Teams Screening-Instrumente eingeführt. Darüber hinaus werden
               regelmäßig Fortbildungen und Schulungen zur Festigung und             Team: Robin Krüger, Gesundheits- und Krankenpfleger, David
               Erweiterung des Fachwissens zu den Themen Delir, Schlaganfall         Eichstädter, stellvertretende Stations-Pflegeleitung Intensivstation,
               und einzuleitende nicht pharmakologische Maßnahmen sowie zur          Jan-Hendrik Träger, Fachkrankenpfleger für Anästhesie- und Intensiv­
               Handhabung des neu eingeführten Delir-Screening-Instruments           pflege
               Delirium Observation Screening Scale (­DOSS) angeboten. Zusätz-           Wie können wir Arbeitsprozesse auf der Station stärker an Pa-
               lich wurde umfangreiches, jederzeit griffbereites Infomaterial er-    tienten und Patientinnen ausrichten, neue Ideen und intelligente
               arbeitet, wie beispielsweise eine „Pocket-Card“ (siehe Abbildung).    Lösungen schneller in die Praxis umsetzen, flexible Arbeitszeitmo-
                   Von 35 Pflegefachkräften auf der Stroke Unit wurden bislang       delle in der Pflege anbieten und gleichzeitig die Patienten- und
               mehr als 65 % zum Thema Delir und Screening in zwei Schulungs-        Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, fragten sich Pflegekräfte der
               sitzungen geschult. Diese Schulungen wurden für das multipro-         Neurologischen Universitätsklinik in Heidelberg und begannen
               fessionelle Team der Stroke Unit angeboten. Zusätzlich erfolgten      auf eigene Initiative, Veränderungen zu planen. Eine Arbeitsgrup-
               im Rahmen der regelmäßigen Stationsbesprechungen Kurzunter-           pe sammelte Ideen, arbeitete nach Feierabend an Lösungsvor-
               weisungen.                                                            schlägen und goss das Ganze in ein praktikables Konzept. 2020

                                                                                                                                            Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
Mitteilungen der DGN

 wurde dann ein Pilotprojekt gestartet, um in einer eigens dafür           3. Platz: Kombinierte Pflege- und interprofessionelle
 eingerichteten Station „Innovationsraum Pflege“ kreative Lösun-           Visite für Parkinson-Patienten für das Team der Klinik für
 gen für häufig auftretende Probleme in der pflegerischen Praxis           Neurologie am Uniklinikum Münster
 zu finden und in die Routine einzuführen, insbesondere bei Patien-
 tinnen und Patienten mit hohem Versorgungsbedarf, wie z. B. mit           Team: Jan Röttgers, M. Sc., A  ­ PN Neurologie, Viktoria Brening, Parkin-
 einer Parkinson-Erkrankung, amyotropher Lateralsklerose, neuro-           son Nurse, Franziska Tigges, B. Sc., Stationsleitung, Lena-Katharina
 logischen Erkrankungen mit demenzieller Entwicklung oder spi-             Grisar, B. Sc., stellv. Stationsleitung, Fiona Wenniger, Assistenzärztin,
 naler Muskelatrophie.                                                     Nina Kolbe, M. Sc., Stabsstelle Pflegewissenschaft, Katja Mülder, Dipl.-
     Mittlerweile hat die Station unter dualer pflegerischer Leitung       Pflegewirtin, Pflegedienstleitung
 zwölf Pflegende mit z. T. akademischen Abschlüssen, zwei Stations-            Auch an der Klinik für Neurologie mit Institut für Translationa-
 und zwei Oberärztinnen/-ärzte, die unter flachen Hierarchien zusam-       le Neurologie am Uniklinikum in Münster macht man sich schon
 menarbeiten. Alle sind durch verschiedenste Fort- und Weiterbildun-       seit Längerem Gedanken, um dem Fachkräftemangel zu begeg-
 gen, wie z. B. zu Wundbehandlung, zu außerklinischer Beatmung,            nen, die Arbeitszufriedenheit der Pflegenden und die Qualität der
 zum Zytostatika-Management, zu Safewards-Modellen hochqualifi-            Patientenversorgung zu verbessern. Wichtige Hebel sind hier Füh-
 ziert, viele haben sich zur Palliative Care Nurse oder Hygienefachkraft   rungskultur und Interprofessionalität. Das ­UKM setzt dabei u. a.
 ausbilden lassen. Das interprofessionelle Team wird durch Fachkräfte      auf einzelne sogenannte Magnet-Stationen, auf denen die Zu-
 aus den Bereichen Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie und Psy-        sammenarbeit auf Augenhöhe von Pflegenden, ärztlichem Perso-
 chologie komplettiert. Auch Seelsorgerinnen/Seelsorger und Sozial-        nal und weiteren Berufsgruppen im Fokus steht. Davon profitieren
 arbeiterinnen/Sozialarbeiter sind im Team vertreten.                      zum Beispiel Patientinnen und Patienten mit Morbus Parkinson.
     Die Verantwortung und Planung der nötigen Therapien liegen            Die enormen Herausforderungen, die das Leben mit dieser Erkran-
gleichberechtigt bei den pflegerischen, therapeutischen und ärzt-          kung an Betroffene, aber auch an Angehörige, Pflegende und The-
 lichen Teams. Verantwortlich für die Organisation der Station inner-      rapierende stellt, bewogen das Bewerbungsteam, die Schnittstelle
 halb der Neurologischen Klinik ist das Pflegeteam. „Es ist uns wich-      zwischen intra- und interprofessioneller Parkinson-Versorgung zu
 tig, bei allen Entscheidungen das gesamte Team mitzunehmen und            optimieren. Sie konzipierten das Projekt „Kombinierte Visite: Die
 damit die Motivation zu erhalten. Jeder hat bei uns die Chance, sei-      Pflege- und interprofessionelle Visite für Parkinson-Patienten“.
 nen Arbeitsplatz kreativ mitzugestalten“, betont einer der Mitiniti-          Nach den Erfahrungen am Universitätsklinikum Münster (­UKM)
 atoren, Stationsleiter Robin Krüger. Die mit dem Innovationsraum          haben sich bei der Versorgung von Patientinnen/Patienten mit M.
 geschaffenen Bedingungen schaffen die Voraussetzung, Innovatio-           Parkinson bewährte Praktiken wie die Pflegevisite und die interpro-
 nen unkompliziert in den Pflegealltag zu integrieren, zu testen und       fessionelle Visite als besonders gut geeignet erwiesen, effektive Me-
 durch Pflegende mit akademischem Abschluss wissenschaftlich aus-          thoden und Expertisen aller Beteiligten zu bündeln. Deshalb wurden
 werten zu lassen.                                                         diese beiden Visitenformen hier moduliert und miteinander kom-
     Der Ärztliche Direktor der Neurologischen Universitätsklinik          biniert. Seit der Implementierung der Kombivisiten im Jahr 2020
 und die Pflegedienstleitung der Kopfklinik am Universitätsklini-          entstand damit eine neue optimierte Form des interprofessionellen
 kum Heidelberg erkannten das Potenzial der neuen Station und              Austausches für Pflegende und Ärzte. Im Fokus der neuen Visite ste-
 unterstützten die Idee, indem sie die Räumlichkeiten durch Um-            hen Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Versorgungsbedarf.
 strukturierung der bestehenden Stationen zur Verfügung stellten.          Aus diesem Grund wurden genaue, evidenzbasierte Einschlusskrite-
     In Teamarbeit entstehen vielschichtige Projekte, die sowohl die       rien für die kombinierte Visite entwickelt. Damit kann eine exaktere
 allgemeine Organisation und die Kommunikation als auch die inter-         Risikoabschätzung für die Hospitalisierungsdauer, den Versorgungs-
 professionelle Teamarbeit und die Patientenversorgung betreffen.          aufwand und spezifische therapeutische Bedarfe erfolgen.
     Um alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu allen Projekten auf           Die Visitenkombination hat auch wegen der Einbindung einer
dem Laufenden zu halten, gibt es ein Ideenboard auf dem Flur der           Parkinson Nurse und des Pflegeexperten ­APN ein Alleinstellungs-
Station. Jedes Teammitglied kann sich dort im Vorbeigehen infor-           merkmal in Deutschland. Die Parkinson Nurse ist primäre Ansprech-
 mieren, Ideen kommentieren oder selbst Vorschläge einbringen.             partnerin/Ansprechpartner für diese Patientengruppe und verfügt
 Gleichzeitig dient das Ideenboard der Transparenz gegenüber den           über besondere Fachkenntnisse der visitenrelevanten Lebensberei-
 Patientinnen und Patienten. Für die Arbeiten an den Projekten wird        che. Der Pflegeexperte bzw. die -expertin ­APN (Advanced Practice
 den Projektbeteiligten zusätzliche Zeit neben der Arbeit am Patien-       Nurse) der Neurologie übernimmt eine zusätzliche Schnittstellen-
 tenbett zur Verfügung gestellt. Regelmäßig werden alle laufenden          aufgabe in der Visitendurchführung. Er/sie fokussiert die methodi-
 Projekte im Team vorgestellt und Meilensteine diskutiert.                 sche Begleitung der Besprechungen in der Rolle des Moderators.
     Das übergeordnete Ziel des Projektteams ist es, durch effizienter     Das Rollenprofil ist gekennzeichnet durch „Spezialisierung“, hier für
 und transparenter gestaltete Prozesse die Arbeitsumgebung und
 -bedingungen so zu gestalten, dass eine optimale Personalgewin-
                                                                            Programmhinweis
 nung und -bindung entstehen kann, so die Antragsteller. Dieses
 Vorhaben, durch praktikable Lösungen Innovationen zu ermögli-              Freitag, 5. November 2021
 chen und mit der kontinuierlichen Auffüllung des Thinktanks ein            10.30–12.00 Uhr
                                                                            Kanal 1
 Umdenken und Handeln in der Pflege zu fördern, wird nun mit dem            Pflege in der Neurologie
­DGN-​Pflegepreis gewürdigt.

Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
den Fachbereich Neurologie, und „Erweiterung“, vorwiegend auf              Auch nach seiner Promotion erforscht Dr. Löhrer die Verände-
           den Bereich der Patienten- und Angehörigenberatung.                     rungen von Oszillationen und Konnektivität im Cortex cerebri, wel-
              Erste Feedback-Runden unter den Bereichspflegenden zeigten           che im Rahmen des Alterungsprozesses sowie beim idiopathischen
           eine Zunahme an Wissen über die ausgewählten Patientinnen und           Parkinson-Syndrom (­IPS) auftreten. Im Fokus seiner Forschungs-
           Patienten. Bestimmte Problemstellungen, vor allem im Bereich Er-        vorhaben stehen die Konnektivität zwischen motorischen, prä-
           nährung und Mobilität, konnten frühzeitiger erkannt und entspre-        motorischen und frontalen Arealen sowie deren Veränderungen
           chende Maßnahmen eher ergriffen werden als bisher. Durch die            durch die dopaminerge Depletion beim I­ PS. Zur Analyse der dyna-
           gemeinsamen Visiten haben sich der Austausch und die Kommu-             mischen Veränderung der Konnektivität nutzt er das zeitlich hoch-
           nikation zwischen den Berufsgruppen deutlich verbessert.                auflösende Verfahren der Elektroenzephalographie, welches er mit
              Das Potenzial der „Kombinierten Visiten“, um gemeinsam Pflege-       den Analysemethoden des „Dynamic Causal Modellings“ sowie der
           probleme zu eruieren und zu benennen, Ressourcen und Interven-          Phasen-Amplituden-Kopplung kombiniert. Darüber hinaus setzt er
           tionen zu generieren sowie Ziele zu vereinbaren und die Wirksam-        die „Diffusion Tensor Imaging“-Technik ein, um Veränderungen der
           keit von Maßnahmen zu evaluieren, erkennt die Jury als preiswürdig      anatomischen (strukturellen) Konnektivität zu erfassen.
           an und zeichnet das Team der Klinik für Neurologie mit Institut für
           Translationale Neurologie am Uniklinikum in Münster, das sich die-
           ses Projekts angenommen hat, mit dem D  ­ GN-​Pflegepreis 2021 aus.              ­Laudatio ­zum ­Felgenhauer-​Forschungspreis 2020

                                                                                                                                    von Prof. Andreas Meisel,
                                                                                                                                    1. Vorsitzender des Vorstands
                                                                                                                                    der Stiftung zur Förderung

           Felgenhauer-Forschungspreis                                                                                              junger Neurowissenschaftler
                                                                                                                                    Mit dem Felgenhauer-
                                                                                                                                    Forschungspreis ehrte die
           zur Förderung junger                                                                                                     Stiftung zur Förderung junger
                                                                                                                                    Neurowissenschaftler im Jahre
           Neurowissenschaftler 2020:                                                                                               2020 Herrn Dr. Philipp Löhrer
                                                                                                                                    aus der Klinik für Neurologie
           Dr. Philipp Alexander Löhrer                                                                                             des Universitätsklinikums
                                                                                                                                    Marburg. Herrn Löhrer ist es
                                                                                                                                    gelungen, Hirnfunktionsstö-
           Dr. Philipp Alexander Löhrer, Assistenzarzt an der Klinik für Neu-                                                       rungen beim idiopathischen
                                                                                                                                    Parkinson-Syndrom im
           rologie am Universitätsklinikum Marburg, wird mit dem For-                                                               Vergleich zum normalen
                                                                                 © privat

           schungspreis 2020 der von Klaus Felgenhauer (1933–2002) er-                                                              physiologischen Altern
           richteten Stiftung zur Förderung junger Neurowissenschaftler                                                             genauer zu charakterisieren.
           ausgezeichnet. Dr. Löhrer überzeugte mit seinen Arbeiten zur                     8 Laudator Prof. Andreas Meisel         Dr. Löhrer wurde am 22. Juli
           Erforschung der dynamischen Veränderung der Konnektivität,                                                               1989 geboren und hat von
                                                                                                                                    2010 bis 2017 Humanmedizin
           die perspektivisch zur Optimierung der tiefen Hirnstimulation                    an der Universität zu Köln studiert. Die mit dem Preis gewürdigte
           beitragen kann.                                                                  Arbeit basiert auf seiner Promotion, in der er sich mit der Charak-
                                                                                            terisierung der effektiven Konnektivität innerhalb des kortikalen
                                              Dr. Philipp Alexander Löhrer                  Motornetzwerkes während bimanueller Handlungskoordination
                                              studierte an der Universität zu               beim idiopathischen Parkinson-Syndrom beschäftigte. Diese hatte er
                                                                                            studienbegleitend im Jahr 2014 im Labor von Prof. Lars Timmermann
                                              Köln, am Gettysburg College,                  an der Universität zu Köln begonnen und im März 2020 mit summa
                                              Pennsylvania, ­ USA, und am                   cum laude abgeschlossen. Finanziell unterstützt wurde die Arbeit
                                              King’s College, London. Seine                 von Herrn Löhrer durch das Köln Fortune Promotionsprogramm,
                                              Promotionsarbeit mit dem Titel                den Nachwuchsförderungs-Fonds der Deutschen Gesellschaft für
                                              „Charakterisierung der effek-                 Neurologie, Reisestipendien der International Parkinson and Mo-
                                                                                            vement Disorder Society und den hoch dotierten Excellence Award
                                              tiven Konnektivität innerhalb                 der Parkinson’s Foundation. Bereits nach Abschluss seines Studiums
                                              des kortikalen Motornetz-                     im Jahr 2017 war Herr Löhrer seinem Mentor Prof. Timmermann an
                                              werkes während bimanueller                    die Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Marburg gefolgt.
                                              Handlungskoordination beim                    Neben seiner Facharztausbildung verfolgt er dort sehr erfolgreich
                                              idiopathischen Parkinson-Syn-                 seine weitere wissenschaftliche Tätigkeit, sodass er in das ­SUCCESS
                                                                                            Clinician Scientist-Programm der Medizinischen Fakultät Marburg
                                              drom: eine 128-Kanal-­EEG-​Stu-               aufgenommen wurde.
© privat

                                              die“ verfasste der junge Neuro-               Mit seinen Arbeiten trägt Herr Dr. Löhrer zum besseren pathophysio-
                                              loge in der Arbeitsgruppe von                 logischen Verständnis des idiopathischen Parkinson-Syndroms bei.
           8 Dr. Philipp Alexander Löhrer,    Universitätsprofessor Dr. Lars                Das mit dem Felgenhauer-Forschungspreis verbundene Preisgeld in
           Marburg, erhält den Felgenhauer-                                                 Höhe von 10.000 Euro fördert seine grundlagenwissenschaftlichen
                                              Timmermann und schloss sie
           Forschungspreis 2020                                                             Arbeiten, die dazu beitragen können, die tiefe Hirnstimulation als
                                              mit summa cum laude ab.                       individualisierte Therapie weiter zu optimieren.

                                                                                                                                                     Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
Mitteilungen der DGN

             „Mein Ziel ist, zum besseren Verständnis der Pathophysiologie         Dr. Oertel forscht derzeit als Postdoktorandin am Weill Insti-
         des idiopathischen Parkinson-Syndroms und zur Entwicklung einer      tute for Neurosciences an der University of California San Francis-
         individualisierten Therapie beizutragen. Idealerweise mündet mei-    co (­UCSF) und als Gastwissenschaftlerin an der Charité – Universi-
         ne grundlagenwissenschaftliche elektrophysiologische Forschung       tätsmedizin Berlin. Ihr wissenschaftliches Interesse gilt erstens der
         in optimierten Parametern der tiefen Hirnstimulation (­THS). So      Beteiligung des afferenten visuellen Systems bei Multipler Sklero-
         könnte ein pathologisches Signalmuster durch eine im Rahmen          se und anderen neuroimmunologischen Erkrankungen, zweitens
         der ­THS implantierte Elektrode erkannt werden und die Elektrode     der Verwendung des afferenten visuellen Systems als Modell zur
         gezielt elektrische Impulse zur Unterdrückung des pathologischen     Untersuchung verschiedener Krankheitskomponenten und deren
         Signals abgeben“, erklärt der Preisträger.                           funktioneller Relevanz sowie drittens der Entwicklung neuropro-
             Löhrers zweiter wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt in der      tektiver und regenerativer Therapien. Langfristig möchte Dr. Oer-
         Erforschung der Effekte der ­THS auf die nicht motorischen Symp-     tel durch translationale Forschung zu einer schnelleren Diagnose
         tome des idiopathischen Parkinson-Syndroms. Im Rahmen einer          und besseren Therapie für Patienten mit neuroimmunologischen
         multizentrischen Studiengruppe der Movement Disorders Society        Erkrankungen beitragen.
         wird versucht, diese Effekte zu charakterisieren und den Einfluss         Aktuelle Studien zur Entwicklung regenerativer Therapien, an
         von Elektrodenlokalisation sowie Stimulationsparametern auf die      denen die 27-Jährige an der ­UCSF mitwirkt, führen endlich in ein
         nicht motorischen Symptome zu definieren. Ziel des Studienkon-        neues Therapie-Zeitalter für neuroimmunologische Erkrankungen
         sortiums ist es, Patientengruppen anhand von klinischen und bild-     wie Multiple Sklerose. Unter Leitung von Prof. Green an der U   ­ CSF
         gebenden Parametern zu definieren und eine individualisierte The-    widmet sich Frederike Oertel translationaler Forschung inklusive
         rapieempfehlung zu ermöglichen.                                       Studien in Tiermodellen und Patienten. Ihre Gastwissenschaftler-
             Der mit 10.000 Euro dotierte Felgenhauer-Forschungspreis          Stelle an der Charité – Universitätsmedizin Berlin gibt ihr die Gele-
         wird an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem        genheit, federführend die Daten der C ­ ROCTINO-​Studie (Collabora-
         Gebiet der klinischen, neurobiologisch orientierten Forschung ver-    tive multicentre study of retinal O
                                                                                                                 ­ CT in ­NMOSD) auszuwerten. Die
         geben. Die Auszeichnung soll dazu dienen, die Forschungsmög-         ­CROCTINO-​Studie inkludiert Originaldaten des afferenten visuel-
         lichkeiten der Preisträgerinnen und Preisträger in bereits laufen-    len Systems sowie klinische Metadaten von mehr als 500 Patienten
         den Projekten zu erweitern oder neue Forschungsinitiativen zu         mit Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (­NMOSD) von
         starten.                                                             20 Forschungszentren weltweit und ist damit der größte bestehen-
                                                                              de N­ MOSD-​Bildgebungsdatensatz. Anhand dieses Datensatzes will
                                                                               Dr. Oertel bisher umstrittene Fragestellungen aus kleineren Studi-
                                                                               en klären sowie Outcome-Parameter und Hypothesen für zukünfti-
                                                                               ge prospektive Studien des bestehenden internationalen N    ­ MOSD-
         Felgenhauer-Forschungspreis                                           Netzwerks etablieren. Im Anschluss an ihre Postdoktorandenzeit
                                                                               plant Dr. Oertel den Aufbau einer Juniorarbeitsgruppe in Deutsch-
         zur Förderung junger                                                  land. „Der Felgenhauer-Forschungspreis unterstützt mich dabei,
                                                                               meinen N ­ MOSD-​Forschungsschwerpunkt in Zeiten einer globalen
         Neurowissenschaftler 2021:                                            Pandemie und trotz der großen Entfernung der Forschungsstand-

         Dr. Frederike Cosima Oertel                                           orte Berlin und San Francisco parallel zum Aufbau meiner transla-
                                                                               tionalen Wissenschaftsfertigkeiten zu erhalten und auszubauen“,
                                                                               so Dr. Frederike Oertel.
                                           Dr. Frederike Cosima Oertel ist         Der Felgenhauer-Forschungspreis wird von der Stiftung zur För-
                                           von der Kommission zur För-         derung junger Neurowissenschaftler an Wissenschaftlerinnen und
                                           derung junger Neurowissen-          Wissenschaftler auf dem Gebiet der klinischen, neurobiologisch
                                           schaftler als Preisträgerin des     orientieren Forschung vergeben. Die Auszeichnung soll dazu die-
                                           Felgenhauer-Forschungsprei-         nen, die Forschungsmöglichkeiten der Preisträgerinnen und Preis-
                                           ses 2021 ausgewählt wor-            träger in bereits laufenden Projekten zu erweitern oder neue For-
                                           den. „Ich freue mich sehr über      schungsinitiativen zu starten.
                                           die Unterstützung und Aner-
                                           kennung meiner Arbeit. Das
                                           Preisgeld werde ich für die
                                           Durchführung meines For-
                                           schungsprojekts, Veränderun-
                                           gen des afferenten visuellen
                                           Systems bei Neuromyelitis-op-
© ­DGN

                                           tica-Spektrum-Erkrankungen
         8 Dr. Frederike Cosima Oertel      NMOSD): eine kollaborative
                                           (­
                                           multizentrische Studie verwen-
                                           den“, sagt die Preisträgerin.

         Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
­Laudatio ­zum ­Felgenhauer-​Forschungspreis 2021

                                         von Prof. Heinz Wiendl, Münster       Aktuell ist die erst 27-Jährige gleichzeitig als Gastwissenschaftlerin an
                                         Erfolg besteht aus drei Kom-          der Charité-Universitätsmedizin Berlin und als Postdoktorandin am Weill
                                         ponenten: Leidenschaft, harter        Institute für Neurosciences in San Francisco tätig. Schon in normalen Zei-
                                         Arbeit und dem unbeirrbaren           ten wäre das ein Kennzeichen ihres bemerkenswerten Arbeitspensums.
                                         Glauben an das gesetzte Ziel.         Doch während einer weltweiten Pandemie beweist es eine geradezu
                                         Dr. Frederike Oertel vereint all      enorme Effizienz. An der University of California begleitet Frau Oertel die
                                         diese Qualitäten. Auch deshalb        Entwicklung neuroregenerativer Therapien von der Zellkultur über das
                                         ist es mir eine große Freude, ihr     Tiermodell bis zur Therapiestudie. Die Neuroregeneration ist derzeit wohl
                                         als Anerkennung dieses Erfolgs        einer der spannendsten Ansätze für die Therapie nicht nur von ­NMOSD,
                                         den diesjährigen Felgenhauer-         sondern von zahlreichen neuroimmunologischen Erkrankungen. Es steht
                                         Forschungspreis zu überreichen.       zu erwarten, dass Frederike Oertel auch für diese Arbeit die ihr übliche
                                         In ihrer Promotion bewies Frede-      Mischung aus Enthusiasmus und Engagement mitbringt.
                                         rike Oertel erstmals: Neurodege-      Der verliehene Forschungspreis der Felgenhauer-Stiftung soll sie darin
                                    © Peter Wattendorf

                                         neration bei der ­NMOSD findet        unterstützen, ihre vielversprechende Karriere als Clinician Scientist
                                         auch unabhängig von Schüben           fortzuführen. An zukunftsweisenden Ideen mangelt es ihr nicht: Mit
                                         statt. Sie zeigte Veränderungen       der C
                                                                                   ­ ROCTINO-​Studie setzt sie erstmals die gewonnenen Originaldaten
                                         des afferenten visuellen Systems      des afferenten visuellen Systems in Beziehung zu den Metadaten von
                                         im Rahmen einer Astrozytopathie       mehr als 500 Patienten mit N  ­ MOSD. Sie bearbeitet also den größten
8 Laudator Prof. Heinz Wiendl            bei Aquaporin-4-Antikörper-           bestehenden Datensatz zu diesem Krankheitsbild. Damit hat die heute
                                         seropositiver N ­ MOSD. Mit ihrer     Prämierte die einmalige Gelegenheit, Hypothesen aus gut kuratierten
                                         Arbeit trug sie dazu bei, dieses      kleineren Untersuchungen sowie Erkenntnisse aus ihrer Forschung
Krankheitsbild von einer N  ­ MOSD zu unterscheiden, die mit ­MOG-​Anti-       in San Francisco auf große Kohorten zu übertragen. Ihr bisheriger
körpern einhergeht. Damit half sie, eine Art Paradigmenwechsel in der          wissenschaftlicher Werdegang lässt keinen Zweifel: Wir können auch hier
Erforschung der ­NMOSD einzuleiten.                                            herausragende Ergebnisse erwarten. Es ist mir daher eine Ehre, ihr den
Von 2015 bis 2019 arbeitete Frederike Oertel als Doktorandin in der ­AG        Preis zu übergeben, der zu diesen weiteren Erkenntnissen beitragen soll.
von Prof. Friedemann Paul am NeuroCure Clinical Research Center. Nur
                                                                               Weiterführende Literatur
sechs Monate davon konnte sie sich – unterstützt durch ein Stipendium
                                                                               – Papadopoulou A, Oertel ­FC, Chien C, Brandt ­AU et al. Lateral
des Berlin Institute of Health – allein auf die Forschung konzentrieren.
                                                                                 geniculate nucleus volume changes after optic neuritis in neuromy-
Ansonsten musste sie ihre Arbeit neben dem Medizinstudium
                                                                                 elitis optica: A longitudinal study. Neuroimage Clin. 2021;30:102608.
bewerkstelligen. Was sie dennoch in der ­AG Klinische Neuroimmuno-
                                                                                 https://doi.org/10.1016/j.nicl.2021.102608. Epub 2021 Mar 4.
logie leistete, ist herausragend: Frau Dr. Oertel überführte zahlreiche
                                                                               – Roca-Fernández A, Oertel F­ C, Yeo et al. Foveal changes in AQP4-Ab
erfolgreiche Förderanträge in klar konzipierte innovative Projekte. Diese
                                                                                 seropositive N ­ MOSD are independent of optic neuritis and not overtly
setzte sie zügig um und war dabei oft schneller als die selbst gesetzte
                                                                                 progressive. Eur J Neurol. 28(7):2280–2293.
Frist. Zwischen 2012 und heute erhielt sie zehn Auszeichnungen und
                                                                               – Oertel F, Outteryck O, Knier B et al. Optical coherence tomography
Forschungsstipendien, darunter aktuell ein Postdoctoral Fellowship
                                                                                 in myelinoligodendrocyte-glycoprotein antibody-seropositive
Grant der ­US-​amerikanischen National Multiple Sclerosis Society. Zudem
                                                                                 patients: a longitudinal study. Journal of Neuroinflammation. 2019
absolvierte sie Aufenthalte als Gastwissenschaftlerin in Oxford, London
                                                                                 Jul;16(1):154.
und Sydney, bei denen sie mehrere Kooperationsprojekte aufbaute und
                                                                               – Specovius S, Zimmermann H, Oertel F­ C et al. ­GJCF International
Techniken wie die probabilistische Traktographie erlernte – eine Metho-
                                                                                 Clinical Consortium for ­NMOSD. Cohort profile: a collaborative
de, die sie später auch in Berlin etablierte. Parallel dazu dehnte die heute
                                                                                 multicentre study of retinal optical coherence tomography in 539
Ausgezeichnete ihr Engagement auch über die Grenzen des eigenen
                                                                                 patients with neuromyelitis optica spectrum disorders (­CROCTINO).
Labors hinaus aus und engagierte sich in zahlreichen Initiativen, wie
                                                                                 ­BMJ Open. 2020 Oct;10:e035397.
dem Hochschulnetzwerk der Jungen Neurologen und der Kommission
                                                                               – Motamedi S, Oertel ­FC, Yadav ­SK et al. Altered fovea in AQP4-­IgG-​
für Neuroimmunologie der ­DGN. Bei derart vielen Aufgaben wundert
                                                                                  seropositive neuromyelitis optica spectrum disorders. Neurol
es wenig, dass Kooperationspartner berichten, sie scheue auch eine
                                                                                  – Neuroimmunol Neuroinflammation. 2020 Sep;7:e805.
Nachtschicht nicht, um ein Projekt rechtzeitig abzuschließen.
                                                                               – Chien C, Oertel F­ C, Siebert N et al. Imaging markers of disability in
                                                                                  aquaporin-4 ­IgG seropositive neuromyelitis optica: a graph theory
                                                                                 study. Brain Comm. 1(1):fcz026.
                                                                               – Zimmermann ­HG, Oertel ­FC: Understanding neurodegenerative
                                                                                  changes of the afferent visual pathway in ­MS. Neurol Neuroimmunol
                                                                                  Neuroinflamm. 2020 May;7:e667.

                                                                                                                                             Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
Mitteilungen der DGN

                      Parkinson-Preis                                                              Der Parkinson-Preis der Dr. Friedrich-Wilhelm und Dr. Isolde Din-
                                                                                                gebauer-Stiftung ist mit 10.000 Euro dotiert. Er soll junge Forscher
                      der Dr. Friedrich-Wilhelm                                                 und Forscherinnen in ihrem wissenschaftlichen Streben fördern
                                                                                                und in die Lage versetzen, auf dem Gebiet der Parkinson-Erkran-
                      und Dr. Isolde Dingebauer-                                                kung oder auch anderer neurodegenerativer Erkrankungen ihre
                                                                                                Forschungsaktivitäten weiter auszubauen.
                      Stiftung 2021: Privatdozentin
                      Dr. Franziska Hopfner                                                              Laudatio zum Parkinson-Preis der Dr. Friedrich-Wilhelm und
                                                                                                         Dr. Isolde Dingebauer-Stiftung 2021

                                                          Der Dingebauer-Preis für her-                                                           von Prof. Günther Deuschl,
                                                          ausragende wissenschaftliche                                                            Kiel
                                                          Leistungen in der Erforschung                                                           Frau Privatdozentin Dr.
                                                          der Parkinson-Krankheit und                                                             Franziska Hopfner ist in
                                                                                                                                                  München aufgewachsen
                                                          anderer degenerativer Erkran-                                                           und hat an der ­LMU studiert.
                                                          kungen des Nervensystems der                                                            Aus einem Elternhaus mit
                                                          Dr. Friedrich-Wilhelm und Dr.                                                           vielen intellektuellen
                                                          Isolde Dingebauer-Stiftung wird                                                         Anregungen kommend, hat
                                                          an Privatdozentin Dr. Franziska                                                         sie früh genuines Interesse an
                                                                                                                                                  wissenschaftlichen Fragestel-
                                                          Hopfner verliehen. „Franziska                                                           lungen entwickelt.
                                                          Hopfner ist eine exzellente und                                                         Profs. Juliane Winkelmann und
© Fotostudio Naglik

                                                          herausragende Nachwuchswis-                                                             Claudia Trenkwalder waren
                                                          senschaftlerin mit Pioniergeist“,                                                       erste Mentorinnen und so hat
                                                          urteilt die Jury.                                                                       sie früh eine solide klinische
                                                                                              © privat

                                                                                                                                                  Genetik-Ausbildung erhalten,
                                                              Dr. Franziska Hopfner arbei-                                                        Interesse an klinischen
                       8 Privatdozentin Dr. Franziska     tet als Oberärztin an der Klinik                8 Laudator Prof. Günther Deuschl        Fragestellungen entwickelt
                       Hopfner                            für Neurologie mit Klinischer                                                           und zu einer neuen SCARB2-
                                                          Neurophysiologie der Medizi-                   Mutation mit summa cum laude promoviert. Nach dem Studium
                      nischen Hochschule Hannover. Im Zentrum ihrer Arbeiten steht                       hat sie sich auf der Suche nach neuen Herausforderungen nach Kiel
                                                                                                         gewandt. Ich habe sie als hochtalentierte junge Assistentin erlebt,
                      die Erforschung von Bewegungsstörungen (Parkinson-Krankheit,                       die sowohl die klinische Ausbildung als auch die Forschung mit
                      Tremor und atypische Parkinson-Syndrome) mit dem Schwerpunkt                       großer Begeisterung und Standhaftigkeit gemeistert hat. Sie hat in
                      Genetik und Epigenetik. Dabei untersucht sie molekulare Mecha-                     der Kieler Genetik-Arbeitsgruppe gearbeitet und mehrere genetische
                      nismen, die zu diesen Krankheiten beitragen. „Angesichts der star-                 Bewegungsstörungen mit initialer Tremorpräsentation im Labor
                      ken Dynamik in diesem Forschungsbereich ist es mein Ziel, eine                     aufgeklärt. Sie hat eine der größten ­GWAS-​Studien zum essenziellen
                                                                                                         Tremor durchgeführt.
                      sichtbare Forscherin zu werden, die diese Entwicklung aktiv vor-                   Ein zweiter Schwerpunkt waren lysosomale Störungen bei der
                      antreibt und mitgestaltet“, sagt die Preisträgerin.                                Parkinson-Krankheit, den sie mit zahlreichen eingeworbenen
                           Die Erkenntnis eines Paradigmenwechsels von klinischen zu                     ­DFG-​Sachbeihilfen und vielen internationalen Kooperationen
                      molekularen Krankheitsdefinitionen spiegelt sich bei Franziska                      ungewöhnlich erfolgreich verfolgt hat. Ihre Genetik-Ausbildung
                      Hopfner in einer klar strukturierten Forschungsagenda wider, die                    hat sie mit einer Gerok-Stelle der ­CAU am Institut für medizinische
                                                                                                          Genetik in Kiel und mit einer Thiemann Fellowship am Nuffield
                      von epidemiologischen über genetische und epigenetische bis zu                      Department in Oxford komplettiert. Sie ist aber auch klinische
                      zellulären und molekularbiologischen Studien reicht. Die aus die-                   Genetikerin und hat ihre Patienten und Patientinnen zugewandt
                      sen Studien resultierenden Ergebnisse sind mit 27 Erst- oder Letzt-                 betreut, nicht selten an freien Wochenenden noch Patientenbesuche
                      autorenschaften und 16 Koautorenschaften sehr gut publiziert.                       gemacht und dabei Blutproben einer Tremorfamilie eingesammelt.
                      Eine Reihe von Förderungen belegt die positive Bewertung ihrer                      Trotz hohen wissenschaftlichen Engagements hat sie aber auch ihre
                                                                                                          Neurologenausbildung einschließlich neurologischer Intensivmedizin
                      Forschungsaktivitäten.                                                              mit großem Einsatz durchlaufen. Nach der Habilitation in Kiel
                           Mit ihrer Forschungsgruppe führt Dr. Hopfner derzeit eine epi-                 konvergierten dann ab 2019 berufliche und private Perspektiven in
                      genetische genomweite Analyse bei dem atypischen Parkinson-                         Hannover, wo sie heute als Oberärztin tätig ist. Frau Hopfner fährt
                      Syndrom Multisystematrophie (­MSA) auf der Ebene der ­DNA-​Me-                      nicht mit halber Kraft und absolviert alles mit großem Erfolg, der
                       thylierung und -Hydroxymethylierung durch, finanziert durch                        auch anerkannt wird: Schon in der Schule wurde ihre Studie zu den
                                                                                                          bayerischen Bierkriegen mit einem Preis der Körber-Stiftung und früh
                      ­EASI-​Genomics (Horizon 2020). In diesem Projekt untersucht sie                    im Studium eine Arbeit zu Patientenverfügungen mit einem Preis
                       krankheitsrelevante Zellen aus Hirngewebe von autopsiebestä-                       des Bundespräsidenten ausgezeichnet. Sie hat neben den schon ge-
                       tigten Patienten und Patientinnen mit M  ­ SA, die keine signifikan-               nannten Grants den Young Talent Award der Parkinson-Gesellschaft,
                      te Co-Pathologie aufweisen. In einem weiteren Projekt untersucht                    den Mähler-Linke-Preis sowie ein Else-Kröner Exzellenzstipendium
                      Franziska Hopfner mit ihrem Team im Blut von Patienten und Pati-                    erhalten und nun den Dingebauer-Parkinson-Preis der ­DGN. Dazu
                                                                                                          gratuliere ich herzlich und weiß, dass sie diese Ehrung hart erarbeitet
                      entinnen mit Parkinson-Syndromen zellspezifische Marker, die den                    und hochverdient hat.
                      molekularen Subtyp der Neurodegeneration widerspiegeln.

                      Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
Schlaganfall-Preis der ­DGN                                                                                                           verbunden sind und besonders
                                                                                                                                        bei rechts-insulärer Infarktloka-
  und ­DSG 2021: Prof. Dr. Jan F.                                                                                                       lisation beobachtet werden. Sie
                                                                                                                                        sind prädiktiv für die Erstdiag-
  Scheitz                                                                                                                               nose eines paroxysmalen Vor-
                                                                                                                                        hofflimmerns und korrelieren
                                                                                                                                        mit dem Ausmaß der zerebralen
  Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Deutsche Schlag-                                                                     Mikroangiopathie und der Ent-
  anfall-Gesellschaft verleihen Prof. Dr. Jan F. Scheitz den Schlagan-                                                                  wicklung kognitiver Störungen.
  fall-Preis für seine wegweisenden klinischen Arbeiten zur Herz-                                                                           Prof. Scheitz‘ Arbeiten mün-
  Hirn-Interaktion beim Schlaganfall. Jan Scheitz ist als Oberarzt und                                                                  deten in der Formulierung des
  als W2-Professor für Klinische Schlaganfallforschung an der Klinik                                                                    pathophysiologischen Kon-
  für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité Berlin                                                                      zeptes des „Stroke-Heart-Syn-

                                                                                          © privat
  tätig und leitet dort am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin                                                                     droms“ als klinischer Phänotyp
  die von der Corona-Stiftung im Stifterverband geförderte Nach-                                                                        Schlaganfall-induzierter kar-
                                                                                                     8 Professor Dr. Jan F. Scheitz
  wuchsforschungsgruppe „Integrative Kardio-Neurologie“.                                                                                dialer Störungen. Sein Ansatz
      Prof. Scheitz hat mit seinen Arbeiten [1–8] wesentlich zum                                                                        schließt eine Lücke zwischen
  Verständnis der Entstehung und prognostischen Bedeutung von                                        der neurovaskulären und der kardiovaskulären Medizin und be-
  kardialen Komplikationen in der Akutphase nach ischämischen                                        gründet die Hoffnung auf Therapien zur Senkung auch der kardio-
  Schlaganfällen beigetragen. So konnten er und seine Arbeitsgrup-                                   vaskulären Morbidität und Mortalität nach Schlaganfällen.
  pe zeigen, dass myokardiale Schädigungen nach Hirninfarkten bei                                       In seiner jüngsten Veröffentlichung im „Journal of the American
  mehr als 50 % aller Betroffenen auftreten. Belegt werden konnte                                    Heart Association“ konnte Prof. Scheitz anhand einer prospektiv
  auch, dass solche Schädigungen mit einer schlechteren Prognose                                     an der Charité durchgeführten Studie zeigen, dass der kardiale

           ­Laudatio ­zum ­Schlaganfall-​Preis ­der DGN ­und DSG 2021

                                                    von Prof. Helmuth Steinmetz,               Die Ehrung mit dem diesjährigen Schlaganfall-Preis der ­DSG und der
                                                    1. Vors. ­DSG                              ­ GN soll Herrn Prof. Jan Scheitz auch dafür auszeichnen, dass es ihm
                                                                                               D
                                                    Mit dem Schlaganfall-Preis                 in hervorragender Weise gelungen ist, seine klinische Ausbildung zum
                                                    2021 (bisher „Adolf Wallenberg-            Neurologen mit der Entwicklung eines eigenen zukunftsweisenden
                                                    Preis“) ehren die Deutsche                 translationalen Forschungsprojekts zu verbinden.
                                                    Schlaganfall-Gesellschaft (­DSG)           Weiterführende Literatur
                                                    und die Deutsche Gesellschaft              – Scheitz ­JF, Mochmann ­HC, Nolte ­CH et al. Troponin elevation in acute
                                                    für Neurologie (­DGN) im Jahre                ischemic stroke (­TRELAS) – protocol of a prospective observational
                                                    2021 Herrn Prof. Jan F. Scheitz               trial. ­BMC Neurol. 2011 Aug 8;11:98.
                                                    aus der Klinik für Neurologie              – Scheitz ­JF, Mochmann ­HC, Erdur H et al. Prognostic relevance of
                                                    der Charité Berlin. Er hat mit                cardiac troponin T levels and their dynamic changes measured with
                                                    seinen Arbeiten wesentlich zum                a high-sensitivity assay in acute ischaemic stroke: analyses from the
                                                    Verständnis der Entstehung und               ­TRELAS cohort. Int J Cardiol. 2014;177:886–893.
                                                    prognostischen Bedeutung von               – Scheitz ­JF, Erdur H, Haeusler ­KG et al. Insular cortex lesions, cardiac
                                                    kardialen Komplikationen in der               troponin, and detection of previously unknown atrial fibrillation in
                                                    Akutphase nach ischämischen
© privat

                                                                                                  acute ischemic stroke: insights from the troponin elevation in acute
                                                    Schlaganfällen beigetragen.                   ischemic stroke study. Stroke. 2015;46:1196–1201.
                                                    Prof. Scheitz ist 38 Jahre alt, hat        – Mochmann ­HC, Scheitz ­JF, Petzold ­GC et al. Coronary angiographic
           8 Laudator Prof. Helmuth                 an der Ernst-Moritz-Arndt-Univer-
           Steinmetz                                                                              findings in acute ischemic stroke patients with elevated cardiac
                                                    sität Greifswald Humanmedizin                 troponin: The Troponin Elevation in Acute ischemic Stroke (­TRELAS)
                                                    studiert und dort zur Expression              study. Circulation 2016;133(13):1264–1271.
           und Funktion von Transportproteinen in der Hämatopoese und                          – Von Rennenberg R, Siegerink B, Ganeshan R et al. High-sensitivity
           Behandlung der akuten myeloischen Leukämie bei Prof. H. K. Kroemer                     cardiac troponin T and severity of cerebral white matter lesions in
           promoviert. Seit 2010 arbeitet er an der Klinik für Neurologie der Charité             patients with acute ischemic stroke. J Neurol 2019;266(1):37–45.
           und dem Center for Stroke Research Berlin unter der Leitung von Prof. M.            – Scheitz ­JF, Pare G, Pearce ­LA et al. ­NAVIGATE-​ESUS Biomarker Working
           Endres. Er wurde und wird im Rahmen des dortigen Clinician Scientist-                  Group. High-Sensitivity Cardiac Troponin T for Risk Stratification in
           und Advanced Clinician Scientist-Programms gefördert, absolvierte                      Patients With Embolic Stroke of Undetermined Source. Stroke 2020;
           2015 ein Research Fellowship am Institute of Cardiovascular & Medical                  51:2386–2394.
           Sciences in Glasgow und wurde 2017 zunächst für Experimentelle                      – Broersen ­LHA, Stengl H, Nolte ­CH et al. Association between high-
           Neurologie, nach dem Facharzterwerb 2019 für Neurologie habilitiert.                   sensitivity cardiac troponin and risk of stroke in 96,702 individuals: a
           Prof. Scheitz leitet seit 2018 eine Nachwuchsforschungsgruppe der                      meta-analysis. Stroke 2020;51:1085–1093.
           Corona-Stiftung im Stifterverband zur „Herz- und Hirn-Interaktion beim              – Scheitz ­JF, Lim J, Broersen ­LHA et al. High-sensitivity cardiac troponin
           Schlaganfall“, ist an der Charité seit 2019 als Oberarzt sowie seit dem                T and recurrent vascular events after first ischemic stroke. Journal of
           01.07.2021 dort auch als W2-Professor für Klinische Schlaganfallfor-                   the American Heart Association 2021;10:e018326.
           schung tätig.

                                                                                                                                                              Der Nervenarzt
DGN-Pflegepreis 2021: Prämiert werden innovative Projekte neurologischer Pflegeteams
Mitteilungen der DGN

Schädigungsmarker Troponin mit einem erhöhten Risiko für vasku-                  etablierten Preis, allerdings unter einem neuen Namen: die „Parkin-
läre Rezidivereignisse in den ersten drei Jahren nach einem ischä­               son Fellowship der Thiemann Stiftung“. Das mit 60.000 Euro ver-
mischen Schlaganfall verbunden ist. Weitere Studien sollen nun                   gleichsweise hoch dotierte Stipendium zur Förderung neurologi-
klären, ob eine Bestimmung des Troponinspiegels zur individuel-                  scher Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit
len Risikostratifizierung nach ischämischem Schlaganfall im klini-               dem Schwerpunkt Parkinson-Forschung war in diesem Jahr der-
schen Alltag behilflich sein könnte.                                             art begehrt, dass sich eine beachtliche Reihe an gleichermaßen
    „Prof. Scheitz ist es in herausragender Weise gelungen, seine                herausragend qualifizierten jungen Forscherinnen und Forschern
klinische Ausbildung zum Neurologen mit der Entwicklung eines                    darum beworben hat. Aufgrund dieses Zuspruchs und der hohen
eigenen zukunftsweisenden translationalen Forschungsprojekts zu                  Qualität der Einreichungen hat sich das wissenschaftliche Gremium
verbinden. Auch für diese Leistung erhält er den Schlaganfall-Preis              der Stiftung dazu entschlossen, für 2021 Mittel bereitzustellen, um
2021“, so die Jury.                                                              insgesamt drei der ausgezeichneten und vielversprechenden For-
    „Für mich ist dieser renommierte Preis eine ganz besondere                   schungsanträge zu fördern. So freuen wir uns, mit Frau Dr. Diana F.
Ehre und große Motivation, mein Forschungsthema der Herz- und                    Lázaro, Hannover, Herrn Dr. Jonas Bendig, Dresden, und Herrn Dr.
Hirn-Interaktion auch in Zukunft weiterzuverfolgen“, freut sich Jan              Dr. Sebastian Schreglmann, Würzburg, die diesjährigen Preisträger
Scheitz.                                                                         bekannt zu geben.
    Der Schlaganfall-Preis wird von der ­DGN zusammen mit der ­DSG                   „Durch die umfangreichen Mittel, über die die Thiemann Stif-
für hervorragende Forschungsleistungen auf dem Gebiet der zere-                  tung verfügt, sind wir erfreulicherweise in der Lage, in diesem Jahr
brovaskulären Erkrankungen, der Hirndurchblutung oder des Hirn-                  gleich drei Projekte auszeichnen zu können. Darin erfüllt sich unser
stoffwechsels ausgeschrieben. Bewerben können sich junge deut-                   Stiftungszweck, besonders qualifizierte junge Nachwuchswissen-
sche und ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler                   schaftlerinnen und -wissenschaftler in ihren Forschungsvorhaben
unter 40 Jahren. Der Preis wird in Form einer Urkunde überreicht                 zu unterstützen und durch die Vielfalt der interessanten wissen-
und ist mit einer Geldprämie von 5000 Euro verbunden. Bis 2019                   schaftlichen Ansätze nachhaltig zur Parkinson-Forschung beizutra-
firmierte er als „Adolf Wallenberg-Preis“ und bis 1996 als „Hugo                 gen“, begründet Prof. Dr. Martin Südmeyer, Vorstandsvorsitzender
Spatz-Preis“.                                                                    der Thiemann Stiftung, das in diesem Jahr außerordentliche För-
                                                                                 dervolumen.

                                                                                 Entschlüsselung des strukturellen Aufbaus von
                                                                                 Alpha-Synuclein in Lewy-Körperchen und in glialen
Parkinson Fellowship                                                             zytoplasmatischen Einschlüssen im menschlichen
                                                                                 Gehirn
der Thiemann Stiftung –
                                                                                 Die intrazelluläre Akkumulation und Aggregation des Proteins Al-
in diesem Jahr konnten                                                           pha-Synuklein (aSyn) in Neuronen oder Gliazellen stellt das patho-

drei Forschungsstipendien                                                                                          gnomonische Charakteristikum
                                                                                                                   von Synukleinopathien dar.
vergeben werden!                                                                                                   ASyn ist genetisch mit der Par-
                                                                                                                   kinson-Krankheit (­PD) assoziiert
                                                                                                                   und ein Hauptbestandteil der
2021 vergibt die Thiemann Stiftung gleich drei hoch dotierte Sti-                                                  Lewy-Körperchen (LBs), wel-
pendien für Projekte von Nachwuchswissenschaftlerinnen und                                                         che in Hirnen von Parkinson-
-wissenschaftlern mit dem Schwerpunkt Parkinson-Forschung.                                                         Patientinnen/-Patienten his-
Alle drei prämierten Projekte sind hochinnovativ und könnten                                                       topathologisch nachgewiesen
wesentlich dazu beitragen, das Leben von Parkinson-Patien-                                                         werden können. Ursprünglich
tinnen und -Patienten zu verbessern. Dr. Diana F. Lázaro wird                                                      wurde angenommen, dass die
den molekularen Aufbau von Alpha-Synuklein untersuchen,                                                            LBs unmittelbar die Parkinson-
um so die Grundlage für die Entwicklung zielgerichteter Thera-                                                     Erkrankung auslösen. Mehrere
pien gegen pathogene aSyn-Aggregate zu schaffen. Dr. Jonas                                                         Studien zeigten jedoch, dass
Bendig wird untersuchen, ob mit fokussiertem Ultraschall die                                                       LBs in lebenden Neuronen vor-
                                                                      © privat

Wirkung bestehender antiaggregatorischer Therapien gegen                                                           handen sind und auch bei nicht
α-Synukleine verbessert werden kann. Und Dr. Dr. Sebastian                       8 Prof. Dr. Martin Südmeyer, Vor- betroffenen Personen in großer
Robert Schreglmann, Würzburg, wird einen neuen, nicht inva-                      standsvorsitzender der Thiemann   Zahl vorkommen können. Das
siven Ansatz der Hirnstimulation zur Therapie des Parkinson-                     Stiftung, freute sich über die    deutet darauf hin, dass womög-
Tremors erforschen.                                                              zahlreichen Bewerbungen um das    lich nicht die Lewy-Körperchen
                                                                                 Stipendium und die Möglichkeit,
                                                                                 gleich drei Forschungsprojekte    per se, sondern kleinere, oligo-
Auch in diesem Herbst verleiht die Thiemann Stiftung im Rahmen                   durch das Stipendium zu           mere Formen von aSyn proteo-
des diesjährigen ­DGN-​Kongresses ihren seit nunmehr vielen Jahren               unterstützen                      toxisch wirken.

Der Nervenarzt
Auch die Multiple System­                                                     ell das Risiko für Nebenwirkun-
                                                atrophie (­MSA) ist durch die                                                     gen steigt und die Konzentra-
                                                Akkumulation von aSyn-Aggre-                                                      tion im Zielgewebe verringert
                                                gaten gekennzeichnet. Bei der                                                     wird. Bisherige medikamentöse
                                                ­MSA zeigt sich die Akkumula-                                                     Ansätze zur Überwindung der
                                                tion von aSyn jedoch überwie-                                                     Blut-Hirn-Schranke sind mit Ne-
                                                gend in Oligodendrozyten, in                                                      benwirkungen, potenzieller To-
                                                Form glialer zytoplasmatischer                                                    xizität und einer geringen, aber
                                                Einschlüsse („glial cytoplasmic                                                   unspezifischen Permeabilitäts-
                                                inclusions“ = GCIs).                                                              steigerung verbunden.
                                                    Die Arbeitshypothese von                                                          Vor diesem Hintergrund
                                                Dr. Diana F. Lázaro lautet, dass                                                  stellt der fokussierte Ultraschall
                                                die Aufklärung des molekula-                                                      eine neue vielversprechende
© privat

                                                                                   © privat
                                                ren Aufbaus von aSyn in ver-                                                      Möglichkeit zur Öffnung der
                                                schiedenen pathologischen                                                         Blut-Hirn-Schranke dar. Das
           8 Dr. Diana F. Lázaro wird den                                                     8 Dr. Jonas Bendig, Dresden,
                                                Einschlüssen sowie die relative                                                   Prinzip beruht auf der mecha-
           molekularen Aufbau von Alpha-                                                      will den fokussierten Ultraschall
           Synuklein untersuchen                Lokalisierung von aSyn-Inter-                 nutzen, um die Wirkung antiaggre- nischen Anregung intravenös
                                                aktionspartnern in aSyn-Ein-                  gatorischer Therapien gegen         applizierter Mikrobläschen, was
           schlusskörperchen verschiedener Synukleinopathien aufschluss-                      α-Synuklein zu verbessern           zu einer reversiblen Öffnung
           reiche Erkenntnisse über den Prozess der LBs/­GCI-​Bildung liefern                                                     von Tight-Junctions führt. Im
           kann. Die Entschlüsselung des zugrunde liegenden Pathomecha-                       vorgeschlagenen Projekt soll die Blut-Hirn-Schranke in einem de-
           nismus könne zur Klassifizierung weiterer Synukleinopathie-Sub-                    finierten Areal eröffnet und dadurch die Wirkung antiaggregatori-
           typen beitragen und grundlegend für die Entwicklung zukünftiger,                   scher Therapien gegen α-Synuklein im murinen Modell verbessert
           kausaler Therapien sein, um Zellen vor dem Untergang durch ag-                     werden. Ob die Effizienz von systemisch verabreichten Therapien
           gregiertes Alpha-Synuklein zu schützen.                                            gegen α-Synuklein-Aggregate in zerebralen Neuronen durch die-
               Die Preisträgerin hat bereits wertvolle Vorarbeiten geleistet                  ses Novum gesteigert werden kann, soll sowohl anhand behavio-
           und systematisch aSyn-Aggregationsformen und den Effekt ver-                       raler als auch anhand histologischer Endpunkte erhoben werden.
           schiedener Mutationen auf den strukturellen Aufbau der aSyn-Ein-                   Es handelt sich damit nicht nur um einen vielversprechenden For-
           schlüsse analysiert, diese Arbeiten wurden jedoch mit Auflösungen                  schungsansatz, sondern dies etabliert gleichzeitig den ersten deut-
           unter ~50 nm durchgeführt. Im Rahmen des Stipendiums wird sie                      schen Forschungsstandort für diese junge Technologie.
           für ihre Untersuchungen modernste Techniken wie die X10-Expan-                         Der Preisträger, Dr. Jonas Bendig, ist derzeit Arzt in Weiterbil-
           sionsmikroskopie und ­STED-​Nanoskopie nutzen.                                     dung an der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitäts-
               Dr. Diana F. Lázaro ist derzeit Mitarbeiterin im Projekt „Moleku-              klinikum Carl Gustav Carus Dresden und wissenschaftlicher Mitar-
           lare Therapieentwicklung“ (Leitung: Dr. Matthias Höllerhage/Prof.                  beiter im Projekt „TelePark“ zur Entwicklung und Etablierung eines
           Dr. Günter Höglinger) an der Medizinischen Hochschule Hannover.                    telemedizinischen Behandlungskonzepts für Parkinson-Patienten.
           Im Rahmen der Parkinson Fellowship der Thiemann Stiftung plant                     Im Rahmen der Parkinson Fellowship der Thiemann Stiftung plant
           sie Forschungsaufenthalte in den Laboren von Prof. Dr. Tiago Fle-                  Dr. Bendig einen Forschungsaufenthalt an der Columbia University
           ming Outeiro (Abt. für Experimentelle Neurodegeneration, Univer-                   Medical Campus in New York.
           sitätsmedizin Göttingen) und von Dr. Trojanowski und Dr. Lee (Pe-
           relman School of Medicine, Center for Neurodegenerative Disease                    Phasenspezifische, nicht invasive Neurostimulation
           Research in Philadelphia).                                                         zur Therapie des Parkinson-Tremors

           Fokussierter Ultraschall, um durch die Öffnung der                                 Angesichts der bislang unbefriedigenden therapeutischen Effizi-
           Blut-Hirn-Schranke die Wirkung antiaggregatorischer                                enz oraler Medikation und der Invasivität und Kostenintensivität
           Therapien gegen α-Synuklein zu verbessern                                          der tiefen Hirnstimulation birgt die Entwicklung nicht invasiver Sti-
                                                                                              mulationsmethoden relevantes translationales Potenzial für eine
           Die Beseitigung von pathologischen α-Synuklein-Aggregaten ist                      mittelfristige, klinische Anwendung. Die „Transcranial Alternating
           aktuell einer der aussichtsreichsten kausalen Therapieansätze für                  Current Stimulation“ (tACS) nutzt im Gegensatz zu anderen Tech-
           das idiopathische Parkinson-Syndrom. Ein vielversprechendes The-                   niken schwache, exogene, periodische elektrische Felder, die die
           rapiekonzept stellt beispielsweise die passive Immunisierung mit                   neuronale Aktivität durch Veränderungen der Membranpotenziale
           monoklonalen Antikörpern gegen α-Synuklein dar, allerdings müs-                    beeinflussen. Ein Vorteil im Vergleich zur transkraniellen Magnet-
           sen auch sie, wie andere Substanzen, die Blut-Hirn-Schranke über-                  stimulation (­TMS) ist, dass tACS-Systeme nur einen Bruchteil der
           winden oder direkt intrathekal appliziert werden, um einen Thera-                  elektrischen Energie benötigen und prinzipiell tragbar sind.
           pieeffekt in den gewünschten Regionen zu erzielen. Auch führen                         Der Preisträger, Dr. Dr. Sebastian Robert Schreglmann, Würz-
           diese Applikationsformen zu einer unspezifischen Verteilung im                     burg, hat bereits erfolgreiche Vorarbeiten zur tACS beim essenzi-
           gesamten Nervensystem und anderen Organen, wodurch potenzi-                        ellen Tremor (­ET) vorgelegt und plant nun, Stimulationstechnik,

                                                                                                                                                      Der Nervenarzt
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