DIALOG MIT BIBLIOTHEKEN - 2017/2 29. Jahrgang - Katalog der Deutschen ...

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DIALOG
MIT BIBLIOTHEKEN
2017/2   29. Jahrgang
         ISSN 0936-1138
BESUCHEN SIE UNS!
Auf der Frankfurter Buchmesse
vom 11. bis 15. Oktober 2017
in Halle 4.2 am Stand K83

Wir freuen uns auf das persönliche Gespräch mit Ihnen und erwarten Sie am Stand mit
Informationen zu den vielfältigen Angeboten der Deutschen Nationalbibliothek.

Für Fragen

       | zur Gemeinsamen Normdatei (GND),
       | zur Ablieferung von Netzpublikationen,
       | zu den bibliografischen Angeboten und Diensten,
       | zum Lizenzierungsservice Vergriffene Werke und
       | zu Resource Description and Access (RDA)

stehen Ihnen von Mittwoch bis Sonntag weitere Fachkolleginnen und Fachkollegen zur
Verfügung, Sprechzeiten unter www.dnb.de/veranstaltung.

Besuchen Sie auch die Führungen und Lesungen im Rahmen der Frankfurter
Buchmesse, zu denen wir Sie herzlich in die Räume der Deutschen Nationalbibliothek
an der Adickesallee 1 einladen.

Ihre Ansprechpartnerin: Frau Uta Ackermann, E-Mail: u.ackermann@dnb.de

www.dnb.de

                                                  Foto: DNB, Stephan Jockel
Inhalt
            Dr. Elisabeth Niggemann      3   EDITORIAL

                                             FORUM

          Ulrike Junger, Ute Schwens     4   Die inhaltliche Erschließung des schriftlichen kultu-
                                             rellen Erbes auf dem Weg in die Zukunft

                 Dr. Britta Woldering    8   Organisationsentwicklung: Das war der Auftakt –
                                             Wie geht es weiter?

                      Nadine Walger     14   Sammlung von Netzpublikationen erreicht
                                             nächste Stufe

           Dr. Katharina Schöneborn     17   Sorgfältig gesucht

                    Renate Behrens      20   Regelwerke als Motoren der Zusammenarbeit

               Dr. Sören Flachowsky     25   „Braune Flecken“ unter weißer Patina

                    Dr. Christian Rau   32   Im Auftrag der „Freundschaft“?

                    Dr. Sylvia Asmus    37   „Mut ist im Leben viel wichtiger als Schokolade“

                                             ZEITPUNKTE
                          Julia Rinck   40   „Brausepulver im Nachtgeschirr“ – 100 Jahre
                                             Humor in deutschen Zeitschriften

                   Dr. Jesko Bender     44   Zweifaches Exil, Flucht über das Meer, Echos
                                             auf Ovid und ein Chanson-Abend

                      Ulrike Merrem     47   Versteckte Orte – Verborgene Schätze

                           Vera Marz    49   Der nestor-Praktikertag 2017 in Kiel

                  Dr. André Wendler     51   Sound des Papiers

                   Annett Koschnick     54   Veranstaltungsvorschau

                     Barbara Fischer    58   Nachgelesen – Ein Veranstaltungsrückblick

                                             NOTIZEN

                      Kathrin Jockel    61   „Was macht ihr eigentlich?“ – Schulterblicke bei
                                             den Digitalen Diensten

Dora Carstensen, Anne-Sophie Goebel     63   Suchen und Finden – Freiwilligendienst
                                             im Kulturbereich

                                        65   Personelles

                                        66   In memoriam

                                        67   Neue Veröffentlichungen der Deutschen
                                             Nationalbibliothek

                                        68   Fachveranstaltungen

                                                                   Dialog mit Bibliotheken 2017/2    1
GESELLSCHAFT        Sie fühlen sich der Deutschen Nationalbibliothek verbunden?

FÜR DAS BUCH E.V.
                    Sie möchten die Deutsche Nationalbibliothek als ein Zentrum
                    der Wissenschaft und Kultur fördern?
                    Sie befinden sich gerne in anregender Gesellschaft und treffen
                    an Kultur interessierte Menschen?
                    Sie möchten exklusive Führungen durch die Deutsche National-
                    bibliothek und deren Ausstellungen erleben und persönliche
                    Einladungen zu den kulturellen Veranstaltungen erhalten?
                    Werden Sie Mitglied in der Gesellschaft für das Buch e. V.!
                    Ziel des Freundes- und Förderkreises ist es, die Deutsche
                    Nationalbibliothek in ihren vielfältigen Aufgaben und ihrem Kultur-
                    programm finanziell und ideell zu fördern. Mit Ihrem Engagement
                    unterstützen Sie die Bibliothek dabei, Ausstellungen, Lesungen,
                    Tagungen, Publikationen und pädagogische Angebote zu
                    realisieren. Weitere wichtige Aufgaben sind die Bewahrung der
                    Bestände und die Erweiterung von besonderen Sammlungen.
                    Wir freuen uns auf Sie und informieren Sie gerne über mögliche
                    Formen der Mitgliedschaft.
                    Gesellschaft für das Buch e. V.
                    c/o Deutsche Nationalbibliothek
                    Adickesallee 1
                    60322 Frankfurt am Main
                    Tel: 069 1525-1026
                    E-Mail: info-gfdb@dnb.de
                    www.dnb.de/foerderer
Editorial

                                   Die Frankfurter Buchmesse öffnet ihre Tore, und wir laden Sie zu Füh-
                                   rungen und literarischen Veranstaltungen herzlich in unser Frankfurter
                                   Haus ein. Mit dem Symposium „New Directions for Libraries, Scholars,
                                   and Partnerships“ haben wir eine große Fachveranstaltung zu Gast. Wie
                                   überhaupt im Herbst interessante Themen auf der Tagesordnung stehen.
                                   Gerne weise ich an dieser Stelle auf „Zugang gestalten! Mehr Verantwor-
                                   tung für das kulturelle Erbe“ hin. Diese Konferenz findet am 19. und
Foto: Deutsche Nationalbibliothek, 20. Oktober 2017 unter dem Motto „Zusammen Arbeiten“ bei uns in
Stephan Jockel
                                   Frankfurt am Main statt. Anfang November folgt mit „Lizenzangaben
                                   und Rechtedokumentationen im Dialog – Datenflüsse nachhaltig ge-
stalten“ eine eintägige Informationsveranstaltung. Wissenswertes zu diesen Konferenzen finden Sie auf
unseren Internetseiten.

Am Messestand (Halle 4.2 | Stand K83) bieten wir Informationen zu unseren Dienstleistungen und Projekten
ebenso wie Beratungen für Ablieferungspflichtige an. Wir freuen uns auf das persönliche Gespräch mit Ihnen!

Gesprächsthema könnte unsere Ankündigung sein, die Inhaltserschließung der Deutschen Nationalbiblio-
thek schrittweise auf automatisierte Verfahren umzustellen. Die verbale Erschließung unseres Zugangs kann
auf diesem Weg ausgeweitet werden, da wir mit maschinellen Verfahren Schlagworte für Schriften außerhalb
des Verlagsbuchhandels und für Hochschulschriften vergeben, die bisher nicht auf diese Weise erschlossen
wurden. Damit übertragen wir die in der Reihe O, den Onlinepublikationen, seit einiger Zeit angewandte
Erschließungspraxis auf die in den Reihen B und H der Deutschen Nationalbibliografie verzeichneten Ver-
öffentlichungen. Ulrike Junger und Ute Schwens stellen in ihrem Beitrag den Weg der verbalen inhaltlichen
Erschließung des schriftlichen kulturellen Erbes in die Zukunft dar.

„Was macht ihr eigentlich?“ Außerhalb des eigenen Teams sind Arbeitsinhalte oft nur in Ansätzen bekannt.
In der Deutschen Nationalbibliothek nutzen unsere Beschäftigten bei sogenannten Schulterblicken einzel-
ner Organisationseinheiten gerne die Gelegenheit, ihre Aufgaben zu präsentieren. Schöner Nebeneffekt: Zu
manchem Namen gibt es danach auch ein Gesicht. Kathrin Jockel über das Format „Schulterblick“ zur
internen Öffentlichkeitsarbeit und die Schulterblicke der „Digitalen Dienste“.

Seit fünf Jahren bieten wir in Leipzig Arbeitsmöglichkeiten im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes
Kultur an. Dora Carstensen und Anne-Sophie Goebel erzählen von Einblicken und Erfahrungen in Öffent-
lichkeitsarbeit und Museumspädagogik unserer Bibliothek und des Deutschen Buch- und Schriftmuseums
in den vergangenen 12 Monaten.

Aber sehen Sie selbst, was Sie interessiert. Wir freuen uns über Ihr Feedback!

Elisabeth Niggemann

                                                                                 Dialog mit Bibliotheken 2017/2   3
Forum

                    Ulrike Junger, Ute Schwens

                    Die inhaltliche Erschließung des schrift-
                    lichen kulturellen Erbes auf dem Weg
                    in die Zukunft
                    Automatische Vergabe von                                sowie mit europäischen Nationalbibliotheken, die
                    Schlagwörtern in der Deutschen                          ihrerseits Interesse an dem Thema und den Erfah-
                    Nationalbibliothek                                      rungen der DNB haben. Als Nationalbibliothek
                                                                            mit umfangreichen Beständen an digitalen Publi-
                    Hintergrund                                             kationen hat die DNB auch Expertise bei der di-
                                                                            gitalen Langzeitarchivierung aufgebaut und ist im
                    Wir leben im 21. Jahrhundert, und vieles, was vor       Netzwerk ihrer Partner als kompetente Gesprächs-
                    hundert und noch vor fünfzig Jahren als Science         partnerin geschätzt.
                    Fiction abgetan worden wäre, ist mittlerweile Rea-
                    lität. Raumsonden fliegen zum Mars, machen dort
                    Experimente und liefern Daten zur Erde zurück.          Funktion und Status der verbalen
                    Roboter werden für Routineaufgaben eingesetzt,          Inhaltserschließung in der Deut-
                    zum Beispiel in der Industrie oder in der Medizin.      schen Nationalbibliothek
                    Digitalisierung, künstliche Intelligenz und automa-
                    tisierte Verfahren sind kaum mehr aus unserem All-      Inhaltserschließung – ob verbal oder klassifikato-
                    tag wegzudenken. Grundlage vieler Prozesse sind         risch – ermöglicht es, umfangreiche heterogene
                    lernende Algorithmen.                                   Datenbestände zu strukturieren und erlaubt da-
  Neue Möglich-     Die fortschreitende digitale Transformation ist         durch sachliche und themenbezogene Recherchen.
   keiten durch
  Digitalisierung   global und umfasst alle Lebens- und Arbeitsbe-          Auch wenn sie angesichts der Möglichkeiten von
                    reiche: Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Sie       Volltextsuchen und Suchmaschinentechnologie
                    eröffnet neue Möglichkeiten, von denen auch Bib-        manchmal in Frage gestellt wird, leistet sie einen
                    liotheken profitieren. Der starke Anstieg digitaler      wichtigen Beitrag, wenn es darum geht, den Zugang
                    Publikationen, die einen wichtigen und prozentual       zu Medienwerken und dem in ihnen gespeicherten
                    immer größer werdenden Teil des Kulturerbes dar-        Wissen zu erlangen und zu verbessern. Das zeigen
                    stellen, sollte für Bibliotheken Anlass sein, diese     auch kommerzielle Verkaufsplattformen, wie zum
                    Möglichkeiten aktiv aufzugreifen und einzusetzen.       Beispiel Amazon oder eBay, die ganz selbstver-
                    Die Auswertbarkeit digitaler Inhalte, beispielswei-     ständlich thematische Suchen als Option anbieten.
                    se durch Text- and Data-Mining (TDM), und die           Bisher ist die intellektuelle verbale Inhaltserschlie-
                    Entwicklung technischer Verfahren, mittels derer        ßung in der DNB auf einen Teil des gesamten Neu-
                    Inhalte miteinander vernetzt und semantisch in          zugangs an Medienwerken beschränkt: Mit Schlag-
                    Beziehung gesetzt werden können, bieten Raum,           wörtern aus dem Vokabular der Gemeinsamen
                    auch bibliothekarische Erschließungsverfahren neu       Normdatei (GND) werden – mit einigen Einschrän-
                    zu denken.                                              kungen – gedruckte Bücher und Zeitschriftentitel
                    Daher beschäftigt sich die Deutsche Nationalbib-        der Reihe A der Deutschen Nationalbibliografie
Prozesse bei der
   Erschließung     liothek (DNB) seit einigen Jahren mit der Frage,        (Monografien und Periodika des Verlagsbuchhan-
     verbessern
                    wie sich die Prozesse bei der Erschließung von Me-      dels) erschlossen.3 2016 waren dies rund 74.000 Me-
                    dienwerken verbessern und maschinell unterstützen       dienwerke.4
                    lassen.1, 2 Sie steht dabei im regelmäßigen kollegia-   Netzpublikationen hingegen wurden seit 2010
                    len Austausch mit anderen Bibliotheken, die sich        zunächst nicht inhaltlich erschlossen. Stattdessen
                    ebenfalls aktiv mit dieser Fragestellung befassen,      nutzte die DNB für die Nachweise im Katalog die

     4              Dialog mit Bibliotheken 2017/2
Forum

                        Metadaten der Ablieferer nach und baute maschi-             Inhaltserschließung für alle
                        nelle Verfahren auf, um die Datensätze unter ande-          Publikationen
                        rem mit inhaltserschließenden Daten anzureichern.
                        Digitale Hochschulschriften und wissenschaftliche           Angesichts der enormen Flut an digitalen Publi-
                        Verlagspublikationen erhalten mittlerweile auf die-         kationen und des Wunsches der Nutzerinnen und
                        se Weise DDC-Sachgruppen und Schlagwörter.5, 6              Nutzer, alle Werke auch inhaltlich suchen und fin-
                        Die Verfahren werden laufend weiterentwickelt und           den zu können, ist es aus Sicht der DNB der einzig
   Weiterentwick-       optimiert sowie jetzt schrittweise auf andere, auch         gangbare Weg, Verfahren zu entwickeln und Prozess-
   lung erprobter
        Verfahren       gedruckte, Publikationen ausgeweitet.                       ketten aufzubauen, die möglichst vielen Publika-
                        Der Zugang an Netzpublikationen weist derzeit               tionen über maschinelle Verfahren gute, das heißt
                        enorme Steigerungsraten auf: So hat er sich 2016            im Sinne der Auffindbarkeit nützliche Inhaltser-
                                                                                                                                           Einheitlichkeit und
                        im Vergleich zum Vorjahr auf 1,3 Millionen ver-             schließungsdaten mitgeben. Dabei beabsichtigt          Kompatibilität
                        doppelt, für die kommenden fünf Jahre erwartet              sie, perspektivisch alle eingehenden Publikationen
                        die DNB eine Versechsfachung des heutigen Be-               einheitlich inhaltlich zu erschließen und mit the-
    Prozentual ge-      standes auf dann 26 Millionen Netzpublikationen.            matischen Zugriffspunkten auszustatten. Gleich-
  sehen nimmt der
 Anteil intellektuell   Andererseits bleibt der Zugang an gedruckten und            zeitig sollen die Ergebnisse im Hinblick auf das
erstellter Daten ab     anderen körperlichen Medienwerken relativ kon-              Retrieval maschineller und intellektueller Erschlie-
                        stant. Dies bedeutet, dass der Anteil intellektuell er-     ßungsdaten miteinander kompatibel sein. Deshalb
                        stellter Inhaltserschließung in Relation zu maschi-         werden maschinelle Verfahren zur Optimierung der
                        nell erstellten Daten perspektivisch immer kleiner          Erschließungsprozesse und zur Erzeugung inhalts-
                        werden wird.                                                erschließender Daten auch für körperliche Medien-

                        Entwicklung des Zugangs in der DNB (in Tausend) seit 2006

                        Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Ge-               werke weiterentwickelt und auf diese ausgeweitet.
                        samtheit der maschinenlesbar vorliegenden Katalog-          Die DNB ist davon überzeugt, dass die umfassende
                        daten, so zeigt sich, dass der Anteil der bibliografi-       Erfüllung des gesetzlichen Auftrags zur national-
                        schen Nachweise mit verbaler Inhaltserschließung            bibliografischen Verzeichnung nur mit Hilfe sol-
                        derzeit nur bei rund 20 Prozent liegt.                      cher Verfahren gelingen kann.

                                                                                                         Dialog mit Bibliotheken 2017/2              5
Forum

                  Durch den Einsatz maschineller Inhaltserschlie-         Die Gemeinsame Normdatei als
                  ßungsverfahren als ein Anwendungsfall von TDM           Grundpfeiler der verbalen Inhalts-
                  soll künftig eine qualitativ gute Inhaltserschließung   erschließung
                  aller Publikationen erfolgen. Dabei sollen die Ver-
                  fahren erst dann und nur in den Fachgebieten ein-       Sowohl die intellektuelle als auch die maschinelle
 Qualitätsmana-   gesetzt werden, in denen gute Ergebnisse erzielt wer-   Inhaltserschließung erfolgen mit dem Vokabular
   gement und
   Transparenz    den können, und wenn die DNB davon überzeugt            der Gemeinsamen Normdatei (GND). Eine intellek-
                  ist, dass die so erzeugten Daten ein entsprechendes     tuelle Erschließung wird künftig weiterhin für Pu-
                  Qualitätsniveau erreicht haben und die Fehlerquo-       blikationen derjenigen Fachgebiete vorgenommen,
                  te gering ist. Die DNB baut daher ein Qualitätsma-      für die automatische Verfahren (noch) keine zufrie-
                  nagement auf, das auch die intellektuelle Kontrolle     denstellenden Ergebnisse liefern. Eine wichtige Vo-
                  von Verfahren und Ergebnissen beinhaltet, und           raussetzung für gute Ergebnisse bei der maschinel-
                  wird das Vorgehen für Datenbezieher sowie Nutze-        len Erschließung ist die Aktualität des eingesetzten
                  rinnen und Nutzer transparent machen.                   Vokabulars. Deshalb wird ein GND-Pflegetool ent-
  Thematische     Selbst wenn eine intellektuelle Erschließung im         wickelt, das im Laufe des Prozesses der maschinellen
Suche über alle
  Publikationen   Einzelfall ein besseres Ergebnis liefern könnte als     Erschließung Schlagwortkandidaten für die GND
       möglich    die automatische, so stellt doch die Inhaltserschlie-   vorschlägt, die dann in die GND eingearbeitet wer-
                  ßung aller Medienwerke einen Gewinn für die             den. Dafür ist die Expertise der Bibliothekarinnen
                  Recherche der Nutzerinnen und Nutzer dar. The-          und Bibliothekare auch weiterhin unerlässlich. Die
                  matische Recherchen werden insgesamt verbessert,        intellektuelle Erschließungsarbeit wird sich künftig
                  weil ein viel größerer Anteil an Publikationen er-      aber je nach fachlicher Anforderung und der Ver-
                  schlossen werden kann. Es wird möglich sein, ein        fügbarkeit geeigneter maschineller Verfahren verän-    Neue Schwer-
                                                                                                                                 punkte bei der
                  Desiderat vieler wissenschaftlich und insbesondere      dern. Tätigkeitsschwerpunkte werden sich von der       intellektuellen
                                                                                                                                 Erschließung
                  naturwissenschaftlich arbeitender Benutzerinnen         Einzelfallbearbeitung perspektivisch in Richtung
                  und Benutzer zu erfüllen, nämlich die thematische       einer verstärkten Normdatenpflege und zum Quali-
                  Suche auch nach Zeitschriftenartikeln und Confe-        täts- und Datenmanagement verschieben.
                  rence-Proceedings.
   Erschließung   Ein weiterer zentraler Vorteil der Anwendung ma-
als dynamischer
        Vorgang   schineller Verfahren besteht darin, dass man Er-        Nächste Schritte der Umsetzung
                  schließungsvorgänge als dynamische Prozesse be-
                  trachten kann, bei denen die Daten immer wieder         Da die Methoden und Verfahren der maschinellen
                  verändert und verbessert werden, und sie nicht mehr     Inhaltserschließung heute weiter entwickelt sind
                  als einmalig und abgeschlossen angesehen werden         als zu Beginn ihrer Überlegungen dazu, macht die
                  müssen. Es ist also möglich, einen bereits bearbei-     DNB nun einen nächsten Schritt in deren Anwen-
                  teten Bestand nach einer Optimierung der maschi-        dung und erschließt seit dem 1. September 2017
                  nellen Verfahren erneut zu erschließen und damit        auch gedruckte Medienwerke maschinell. Die
                  besser zugänglich zu machen. Alle Daten werden          deutsch- und englischsprachigen Publikationen der
                  den anderen Bibliotheken und weiteren Daten-Nut-        Reihen B und H werden mit DDC-Sachgruppen er-
                  zern frei und kostenlos zur Verfügung gestellt. Die     schlossen, darüber hinaus mit maschinell erzeugten
                  technischen Voraussetzungen für die Verarbeitung        Schlagwörtern aus der GND. Die entsprechenden
                  der Datenströme bei einem dynamischen Verfahren         Daten werden voraussichtlich ab Mitte September
                  müssen in Zusammenarbeit mit den Daten-Nut-             2017 bereitgestellt und sind mit einem Herkunfts-
                  zern erarbeitet werden. Notwendige Anpassungen          kennzeichen codiert.7
                  der Schnittstellen und der Infrastruktur wird die       Damit setzt die DNB den Weg zu einer – perspek-
                  DNB wie bisher mit den Bibliotheksverbünden in          tivisch – alle Publikationen umfassenden inhaltli-
                  den gemeinsamen Gremien besprechen.                     chen Erschließung ihres Zugangs fort, unabhängig

    6             Dialog mit Bibliotheken 2017/2
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davon, ob ein Werk digital oder gedruckt vorliegt.                 und Steuerung intensiv begleiten, um für möglichst
Sie wird die maschinellen Erschließungsverfahren                   alle Publikationen eine gute, das bedeutet, für
dem technischen Fortschritt folgend ständig anpas-                 Search and Retrieval nützliche, Inhaltserschließung
sen und sie durch intellektuelle Qualitätskontrollen               zu ermöglichen.

Anmerkungen

1 Dazu wurde von 2009 bis 2011 das Projekt PETRUS (Prozessunterstützende Software für die digitale Deutsche Nationalbiblio-
  thek) als Einstieg in die Nutzung maschineller Erschließungsverfahren durchgeführt:
   (zuletzt besucht am 15. August 2017)
2 Renate Gömpel, Ulrike Junger, Elisabeth Niggemann: Veränderungen im Erschließungskonzept der Deutschen Nationalbiblio-
  thek. In: Dialog mit Bibliotheken, 22 (2010) 1, S. 20 – 22;
  online unter: 
3 Die Medienwerke der Reihen A werden außerdem klassifikatorisch mit Notationen der Dewey Dezimalklassifikation (DDC), die
  Medienwerke der Reihen B (Monografien und Periodika außerhalb des Verlagsbuchhandels) und H (Hochschulschriften) aus-
  schließlich klassifikatorisch erschlossen. Darüber hinaus werden alle Publikationen mit DDC-Sachgruppen versehen; diese dienen
  zur fachlichen Gliederung der Deutschen Nationalbibliografie.
4 Deutsche Nationalbibliothek. Jahresbericht 2016, S. 27; online unter: 
5 Für rund 37.000 Netzpublikationen mit Erscheinungsjahr 2016 wurden maschinell Schlagwörter vergeben.
6 Ausführlich beschrieben sind die Ausgangslage und das Erschließungskonzept der Deutschen Nationalbibliothek zum Beispiel in
  Ulrike Junger: Quo vadis Inhaltserschließung der Deutschen Nationalbibliothek. Herausforderungen und Perspektiven. o-bib
  2015/1; online unter: 
7 Die bisherige klassifikatorische Tiefenerschließung mit der Dewey-Dezimalklassifikation (DDC) wird für die Reihen B und H ab
  1. September 2017 eingestellt. Sie soll durch DDC-Kurznotationen ersetzt werden.

                                                                                             Dialog mit Bibliotheken 2017/2        7
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                     Britta Woldering

                     Organisationsentwicklung: Das war der
                     Auftakt – Wie geht es weiter?
                     Im März 2017 schloss die Deutsche Nationalbiblio-
                     thek erfolgreich ihr durch externe systemische Bera-
                     tung begleitetes Organisationsentwicklungsprojekt
                     „Auftakt“1 ab und überführte die dort entwickelten
                     Elemente und Instrumente in die Linienaufgaben.
                     In der Rückschau auf die Projektphase und den
                     Ausblick auf die Organisationsentwicklung im
                     Normalbetrieb soll das Erreichte gewürdigt und die
                     Pläne skizziert werden.
Grundelemente der    Ausgangspunkt für den Organisationsentwicklungs-
 Organisationsent-
         wicklung    prozess war die Erkenntnis, dass es nicht ausreicht,
                     nur Strategische Prioritäten2 zu formulieren und
                     schriftlich zu fassen, sodass sie nachgelesen und
                     überprüft werden können. Vielmehr braucht es zur
                     erfolgreichen Umsetzung der Prioritäten auch
                     strukturelle und kulturelle Veränderungen in der
                     Organisation.
                     Der Ansatz für die Organisationsentwicklung in
                     der Deutschen Nationalbibliothek geht von drei
                     Grundelementen aus, die im Zusammenspiel für das
                     Erreichen der Strategischen Prioritäten notwendig       Der „Auftakt“-Baum: Grundelemente und Interventionen der
                                                                             Organisationsentwicklung, die die strategischen Ziele der
                     sind: der gesetzliche Auftrag, die Mitarbeiterinnen     Deutschen Nationalbibliothek zur Entfaltung bringen.
                                                                             Abbildung: Deutsche Nationalbibliothek, Jürgen Bley,
                     und Mitarbeiter sowie die Organisationsstruktur         Britta Woldering
                     und Prozesse der Deutschen Nationalbibliothek.
                     Alle drei Grundelemente nahm die Organisati-
                     onsentwicklung in den Blick und wirkte in mehre-        mit immer schnelleren Entwicklungsschritten Ein-
                     ren Teilprojekten mit verschiedenen Interventionen      fluss auf das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer
                     auf sie ein.                                            von Bibliotheken. Zur Erfüllung ihres gesetzlichen
                                                                             Auftrags muss sich die Deutsche Nationalbiblio-
                                                                             thek diesen Veränderungen immer wieder neu stel-
                     Was: Gesetzlicher Auftrag                               len. Um angemessen reagieren zu können, muss sie
                                                                             ihre Ziele überprüfen, Prioritäten setzen und einen
                     Der gesetzliche Auftrag ist die Basis und die Legiti-   Fahrplan zum Erreichen ihrer Ziele entwickeln,
                     mation für die Arbeit der Deutschen Nationalbi-         der ihre finanziellen Möglichkeiten berücksichtigt.
                     bliothek. Die konkrete Ausgestaltung der Arbeit zur     Als ersten Schritt dahin hatte sie die Strategischen
                     Erfüllung des Auftrags muss jedoch immer wieder         Prioritäten 2013 – 2016 erarbeitet (…). Unmittelbar
                     neu definiert werden. „Im Laufe ihrer [die Deutsche      danach begann der Klärungsprozess zur Festsetzung
                     Nationalbibliothek, Anm. d. Verf.] mehr als hun-        der langfristigen Ziele.“3
                     dertjährigen Geschichte sind viele neue Medien und      Die Zeitplanung und die Planung der Vorgehens-              Strategieprozess
                     Publikationsformen entstanden. Gleichzeitig hat der     weise für das Erarbeiten der langfristigen Ziele der
                     Fortschritt im Bereich der Informationstechnologie      Deutschen Nationalbibliothek war ein Teilprojekt

       8             Dialog mit Bibliotheken 2017/2
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                  von „Auftakt“. Der eigentliche Strategieprozess        und geschärft, Besprechungsrunden, Informations-
                  fand dann parallel zur Organisationsentwicklung        und Kommunikationswege neu strukturiert, aber
                  außerhalb der Projektstruktur statt und mündete in     auch der Klärungsbedarf zu anderen Bereichen und
                  die Publikation des Strategischen Kompass 20254.       Abteilungen definiert. Nicht zuletzt dienten die
                  Dieser wiederum bildete die Basis für den zweiten      Workshops auch der Teambildung. Die Workshops
                  Strategiezyklus, die Strategischen Prioritäten 2017    waren zeitintensiv, doch die Investition wurde als
                  bis 20205. Damit ist eine Grundlage geschaffen,        ausgesprochen lohnenswert empfunden: Alle Berei-
                  WAS getan werden soll.                                 che beschlossen, dieses Format jährlich zu wieder-
                                                                         holen.
                                                                         Die Schnittstellen-Workshops förderten auch be-
                  Wie: Organisationsstruktur und                         reichsübergreifende Themen zutage, die für die
                  Prozesse                                               gesamte Deutsche Nationalbibliothek bearbeitet
                                                                         werden müssen, beispielsweise Regeln für den Um-
                  Die Frage, WIE die Aufgaben der Deutschen Na-          gang mit E-Mails oder die Überarbeitung der fast
                  tionalbibliothek erledigt werden sollen, beantwor-     80 Formulare für interne Anträge und Genehmi-
                  tet unter anderem die Organisationsstruktur, die       gungsprozesse.
                  Zuständigkeiten und Prozesse festlegt. Das ist das     Mit der neuen Organisationsstruktur wurde das
                  zweite Grundelement der Organisationsentwick-          standortübergreifende Arbeiten und Führen ver-
                  lung.                                                  stärkt. In der Evaluation 2015 wurde hierfür ein
                  Das erste und umfassendste Teilprojekt von „Auf-       Desiderat deutlich formuliert: Investition in
                  takt“ war die Weiterentwicklung der Organisa-          technische Unterstützung für Video- und Tele-
                  tionsstruktur unter dem Motto „ein Thema – eine        fonkonferenzen. Auch hier ist seitdem investiert
                  Verantwortung“, in welchem standortübergreifen-        worden: Die Deutsche Nationalbibliothek verfügt
                  de Leitungen der Kern- und Querschnittsaufgaben        inzwischen an beiden Standorten über je zwei Vi-
                  etabliert wurden. Ziel dieses Leitprinzips war es,     deokonferenzräume, hat eine Vielzahl von Einzel-
                  zusammengehörende Themenfelder gemeinsam               arbeitsplätzen mit Kameras und Mikrofonen für
                  weiterzuentwickeln, Ziele und – wo sinnvoll – Ge-      individuelle Videokonferenzen ausgestattet und
                  schäftsgänge zu vereinheitlichen sowie durch klare     mobile Videokonferenzanlagen beschafft, die
                  Zuständigkeit und Verantwortung Entscheidungs-         in allen Besprechungsräumen eingesetzt werden
                  wege zu verkürzen und damit eine höhere Reakti-        können. Neben der technischen Ausstattung sind
                  onsgeschwindigkeit zu erreichen. Dieses Teilprojekt    auch Räumlichkeiten für die standortübergreifend
                  wurde nach gut einem Jahr evaluiert6 und war Teil      Führenden und Arbeitenden wichtig. Nicht alles
                  des Fragenkatalogs der dritten Mitarbeiterbefra-       lässt sich per Video und Telefon erledigen, gerade
                  gung 2017. Aus der Evaluation wurde deutlich, dass     persönliche Treffen sind für die gute Zusammen-
                  das Leitprinzip gut ist, jedoch die Umsetzung einer    arbeit essenziell. So hat die Deutsche Nationalbib-
                  neuen Struktur mit allen Details im Alltag sehr viel   liothek feste Büros für die standortübergreifend
                  mehr Zeit braucht als erwartet.                        Führenden am jeweils anderen Standort und fle-
Schnittstellen-   Das Thema Entscheidungswege und Entschei-              xibel buchbare Büros für Tagesgäste des anderen
  Workshops
                  dungskompetenz kristallisierte sich als Schwer-        Standorts eingerichtet.
                  punkt heraus, der intensiver bearbeitet werden
                  muss. Hierfür führten die zum Teil neu gebildeten
                  Bereiche7 interne Schnittstellen-Workshops mit ih-     Wer: Mitarbeiterinnen und
                  ren Führungskräften durch. Die Workshops bestan-       Mitarbeiter, Schwerpunkt
                  den aus drei Teilen und umfassten auch einen Vor-      Führungskräfte
                  bereitungs-Workshop und einen Reflexions-Work-
                  shop nach einigen Wochen. Je nach Anforderung          Stark verbunden mit der Frage, WIE die Aufga-
                  der Bereiche wurden in diesen Workshops Zustän-        ben erledigt werden, ist die Frage, WER sie WIE
                  digkeiten und Entscheidungskompetenzen geklärt         festlegt, organisiert, steuert und erledigt. Damit

                                                                                              Dialog mit Bibliotheken 2017/2   9
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               kommen wir zum dritten Grundelement der Or-                kompetent erledigen zu können, braucht es mehr
               ganisationsentwicklung, den Menschen, die in der           als einen Hammer. Deshalb hat sich ein Teilpro-
               Organisation arbeiten.                                     jekt von „Auftakt“ damit befasst, den vorhande-
 Beteiligung   In „Auftakt“ wurden Begleitgruppen als Beteili-            nen Schatz an Methodenwissen und -kenntnissen
               gungsformate genutzt, allerdings in geringerem             der Führungskräfte für die Deutsche Nationalbi-
               Maße als zunächst gedacht, da sich die Themen der          bliothek zu heben, das Repertoire an verfügbaren
               Teilprojekte im Projektverlauf stark auf die Füh-          Methoden zu erweitern und allen in Form eines
               rungskräfte konzentrierten. Beteiligung wird oft als       „Methodenkoffers“ zugänglich zu machen.
               Demokratisierung missverstanden, dabei liegen die          Strukturgebendes Element für den Methodenkof-
               endgültigen Entscheidungen einer Angelegenheit             fer sind die vier Phasen des Steuerungskreislaufs:
               stets in der Hand der verantwortlichen Führungs-           Planen – Umsetzen – Kontrollieren – Anpassen.
               kraft. Sie kann sich über Beteiligung von Mitarbei-        Die in der Teilprojektgruppe bekannten Methoden
               terinnen und Mitarbeitern aber Informationen und           wurden zusammengetragen, in eine systematische
               Beratung verschaffen, die sie zur Entscheidung be-         Kurzbeschreibung gebracht, mit Beispielen angerei-
               nötigt. Übersicht 18 macht die verschiedenen Grade         chert und Ansprechpersonen benannt, die zu der
               von Beteiligungsgrundsätzen deutlich.                      jeweiligen Methode Auskunft geben können. Darü-
               Im Projekt „Auftakt“ lag der Schwerpunkt auf der           ber hinaus stellten Berater von der Prognos AG, die
               Entwicklung der rund 80 Führungskräfte, sind die-          das Organisationsentwicklungsprojekt begleiteten,
               se doch dafür verantwortlich, dass die Aufgaben            eine ganze Reihe weiterer Methoden vor. Daraus
               der Deutschen Nationalbibliothek erfüllt und die           wählte die Gruppe diejenigen aus, die geeignet er-
               Ziele erreicht werden. In der ersten Projekthälfte         schienen, um in den Methodenkoffer aufgenom-
               entwickelte die Deutsche Nationalbibliothek mit            men zu werden. Der Methodenkoffer umfasst 24
               breiter Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mit-          Methoden der Steuerung, die den vier Phasen des
               arbeiter ihre Führungsgrundsätze9. Auf dieser Basis        Steuerungskreislaufs zugeordnet beziehungsweise
               wurden mit allen Führungskräften mehrtägige Se-            für alle Phasen geeignet sind. Sie werden in unter-
               minare zu den Themen „Führungskraft als Coach“             schiedlicher Ausführlichkeit vorgestellt und sollen
               und „Führungskraft als Entscheider“ durchgeführt.          in erster Linie eine Anregung sein, sich mit mögli-
               Jede Führungskraft braucht eine passende Füh-              chen Methoden auseinanderzusetzen und neugie-
               rungsstruktur, ein Bewusstsein für ihre Führungs-          rig zu machen.
               rolle, regelmäßige Reflexion ihres Führungsverhal-          Der Methodenkoffer wurde auf der Führungskräf-        Vermittlung des
                                                                                                                                Methodenkoffers
               tens und Handwerkszeug. „Wer als Werkzeug nur              te-Konferenz der Deutschen Nationalbibliothek
               einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen             im Januar 2017 allen Führungskräften vorgestellt
               Nagel“: Um die Führungs- und Steuerungsaufgaben            und einzelne Methoden in einer Poster-Session nä-

                Wir haben entschieden …                                  und haben Sie eingeladen, um …

                nichts                                                   zu klären, ob etwas gemacht werden soll

                dass etwas gemacht werden soll                           zu klären, was gemacht werden soll

                was gemacht werden soll                                  zu klären, wer es wie, wann und wo machen soll

                wer es wie, wann und wo machen soll                      die Konsequenzen zu klären, die damit verbunden sind

                alles                                                    Sie zu informieren

               Übersicht 1: Beteiligungsgrundsätze, Quelle: Prognos AG

10             Dialog mit Bibliotheken 2017/2
Forum

               her erläutert. Da sich die Notwendigkeit von Steu-       Die Führungskräfte-Konferenz fand an zwei ganzen
               erungsmethoden nicht auf Führungskräfte be-              Tagen in einem Tagungshaus außerhalb der Deut-
               schränkt, sondern auch andere Kolleginnen und            schen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main
               Kollegen Aufgaben planen, umsetzen, kontrollie-          statt. Alle rund 80 Führungskräfte nahmen daran
               ren und anpassen müssen, wurde der Methoden-             teil. Das Programm war eine Mischung aus Vorträ-
               koffer nach der Führungskräfte-Konferenz in zwei         gen, Workshops, Gruppenarbeit und Fortbildungsan-
               Poster-Sessions an beiden Standorten allen Interes-      geboten und sollte eine Balance zwischen Zuhören
               sierten vorgestellt. Die Vertiefung und Einübung         und Selbermachen sein. Zum Abschluss von „Auf-
               einzelner Methoden wird künftig über das Fortbil-        takt“ lag ein Schwerpunkt auf dem Thema Metho-
               dungsprogramm der Deutschen Nationalbiblio-              den. Die Teilprojektgruppe präsentierte den Metho-
               thek angeboten.                                          denkoffer, ein Workshop-Block befasste sich mit der

               Steuerungskreislauf und Methoden der Steuerung

  Erste Füh-   Als Abschluss des Organisationsentwicklungspro-          Umsetzungsplanung für die gerade frisch erarbeite-
rungskräfte-
  Konferenz    jekts „Auftakt“ fand im Januar 2017 die erste Füh-       ten Strategischen Prioritäten 2017 bis 2020 und der
               rungskräfte-Konferenz der Deutschen Nationalbib-         Vormittag des zweiten Tages war dem Ausprobieren
               liothek statt. Diese Konferenz war aus den vielfälti-    des agilen Arbeitens gewidmet: Die Führungskräfte
               gen positiven Erlebnissen der Führungskräfte im          erlebten durch das Ubongo Flow Game, dass die Art,
               Zuge der mehr als zweijährigen Führungskräfte-Ent-       wie man zusammenarbeitet, viel mehr Einfluss auf
               wicklung im Rahmen von „Auftakt“ entstanden:             das Ergebnis hat als die individuelle Kompetenz oder
               Zum einen wurde der bereichs- und abteilungsüber-        Motivation der Spielerinnen und Spieler. Dieses Spiel
               greifende Austausch über Führungsrolle und Füh-          simuliert Projektarbeit mit verschiedenen Rollen in
               rungsverhalten, über konkrete „Fälle“ des Führungs-      sechs Minuten. Das Spiel hat insgesamt drei Runden,
               alltags von vielen Führungskräften als sehr unterstüt-   in welchen das Team Arbeitspakete fertigstellt. Ge-
               zend und bereichernd empfunden, zum anderen ist          messen wird, wie viele Wertpunkte ein Team in einer
               das Interesse an Fortbildung zu Themen aus dem           Runde schafft. In jeder Runde wird etwas am Prozess
               Führungsalltag groß und vielfältig.                      geändert (Wasserfall, Kanban, Scrum).10

                                                                                              Dialog mit Bibliotheken 2017/2    11
Forum

                     Der Nachmittag des zweiten Tages bot kurze, zwei-     Das war der Auftakt …
                     stündige „Appetithappen“ zu Führungsthemen wie
                     „Führen in der Sandwich-Position“, „Selbstfürsor-     Organisationsentwicklung ist kein Lichtschalter,
                     ge als Führungskraft“, „Stress und Burnout“ oder      der beliebig an- und ausgeknipst werden kann,
                     „Führen auf Distanz“, und bot mit einem Bericht       sondern ein kontinuierlicher Prozess, dessen Ele-
                     aus der Praxis des Kontinuierlichen Verbesserungs-    mente und Instrumente angewendet, fortgeführt
                     prozesses (KVP) noch einmal einen Methoden-In-        und weiterentwickelt werden müssen, um sich wei-
                     put. Bewusst war eine große Bandbreite an Ange-       ter zu entfalten und zu wirken. Durch „Auftakt“
                     boten gemacht worden, die Themen anreißen, aber       sollten die Strategischen Prioritäten 2013 bis 2016
                     nicht vertiefen sollten.                              erreicht, Führungsgrundsätze erarbeitet und das
                                                                           Führen mit Zielen initiiert werden, die Führungs-
                                                                           kräfte im Veränderungsmanagement gestärkt und
                                                                           die Beschäftigten aktiv eingebunden und schließ-
                                                                           lich hausübergreifende Leitungen der Kern- und
                                                                           Querschnittsaufgaben etabliert werden. Durch die
                                                                           externe systemische Beratung sollte die Deutsche
                                                                           Nationalbibliothek befähigt werden, ihre eigenen
                                                                           Lösungswege zu entwickeln statt vorgefertigte Re-
                                                                           zepte von Beratern zu implementieren: Hilfe zur
                                                                           Selbsthilfe.
                                                                           Das ist gelungen: Mit dem ersten Strategiezyklus       Eigene Lösungs-
                                                                                                                                  wege entwickeln
                                                                           und der Ausrichtung der Arbeit danach fand eine
                                                                           bewusstere Auseinandersetzung mit Zielen, mit ih-
Führungskräfte der Deutschen Nationalbibliothek beim Ubongo Flow Game      rer Formulierung und auch damit statt, was tat-
Foto: Deutsche Nationalbibliothek, Britta Woldering
                                                                           sächlich erreichbar ist. Die Entwicklung des zwei-
                                                                           ten Strategiezyklus’ und des Strategischen Kompass
                                                                           2025 lief parallel zu „Auftakt“ und wurde zum Teil
Nächste Führungs-    Die Führungskräfte-Konferenz wurde insgesamt po-      durch „Auftakt“ begleitet. Die Herangehensweise
  kräfte-Konferenz
           geplant   sitiv aufgenommen. Der Themen- und Methoden-          in dieser zweiten Runde war eine deutlich andere:
                     Mix hat sich für die erste Konferenz bewährt. Im      Expertinnen und Experten in den Bereichen und
                     Feedback zur Konferenz äußerten die Kolleginnen       Abteilungen wurden über Zukunftswerkstätten sehr
                     und Kollegen häufig den Wunsch nach Vertiefung         viel stärker in die Formulierung der Ziele eingebun-
                     der dieses Mal nur als Schnupperangebote präsen-      den und interessierte Beschäftigte über Begleitgrup-
                     tierten Themen. Die informelle Begegnung der          pen beteiligt.
                     Führungskräfte aller Hierarchieebenen und beider      Die Sensibilisierung für das Thema „Führung“ ist
                     Standorte wurde als gute Chance sich kennenzuler-     gelungen und die Auseinandersetzung mit Füh-
                     nen und miteinander ins Gespräch zu kommen            rungsrolle und -verhalten ist über die Führungs-
                     wahrgenommen. Deshalb gab es viele Rückmel-           grundsätze, eine sehr viel stärkere Vernetzung der
                     dungen, dass die Pausen großzügiger hätten aus-       Führungskräfte untereinander und den Austausch
                     fallen dürfen, um diesen Austausch untereinander      zu Führungsthemen im Alltag verankert.
                     noch mehr zu fördern. Aufgrund der Rückmel-           Die aktive Einbindung der Beschäftigten hat in
                     dungen beschloss die Lenkungsgruppe des Projekts      geringerem Maße stattgefunden als ursprünglich
                     „Auftakt“ in ihrer letzten Sitzung, dass es in etwa   gedacht, da sich die Themen der Teilprojekte
                     zwei Jahren eine nächste Führungskräfte-Konferenz     schließlich stark auf Führungskräfte-Entwicklung
                     geben soll.                                           konzentriert haben. Dennoch: Das Format der

    12               Dialog mit Bibliotheken 2017/2
Forum

Begleitgruppen als Möglichkeit zur Rückkopplung                    nommen. Dazu gehören unter anderem die Pflege
von Zwischenergebnissen findet Eingang in Projek-                   und Fortführung des Methodenkoffers, der Aufbau
te, und das Bewusstsein für gute Kommunikation                     eines Coaching-Angebots und die Integration von
und die Vorteile einer breiteren Beteiligung bei ge-               Fortbildungsangeboten für Führungskräfte in das
eigneten Themen ist geschärft – auch das Bewusst-                  Fortbildungsprogramm der Deutschen Nationalbib-
sein dafür, dass Beteiligung nicht gleichbedeutend                 liothek. Aktivitäten auf der Schnittstelle von Orga-
ist mit Demokratisierung.                                          nisation und Kommunikation werden in Koopera-
Die neue Organisationsstruktur, in der hausüber-                   tion von „Organisation und Controlling“ und der
greifende Leitungen der Kern- und Querschnitts-                    Stabsstelle Marketing und Kommunikation fortge-
aufgaben etabliert wurden, ist ein langer Prozess,                 führt; das ist beispielsweise die Organisation und
der aber langsam Früchte trägt. Das verstärkte                     Durchführung der nächsten Führungskräfte-Konfe-
standortübergreifende Führen und Arbeiten macht                    renz oder die Begleitung der dritten Befragung der
sehr gute Fortschritte und die Bereiche und Abtei-                 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der daraus
lungen wachsen zusammen.                                           entstehenden bereichsübergreifenden Aktivitäten.
                                                                   Bewährte Instrumente und Elemente von „Auftakt“
                                                                   werden aber auch in den Bereichen und Abteilun-
… wie geht es weiter?                                              gen aufgegriffen und weiter gepflegt, beispielsweise
                                                                   jährliche interne Schnittstellen-Workshops oder Be-
Es bleibt viel zu tun: das Erreichte zu stärken und                teiligungsformate wie Begleitgruppen.
das Begonnene fortzuführen. Das Thema Organi-                      Die Strategischen Prioritäten bis 2020 sind festge-
sationsentwicklung ging nach der Projektphase in                   legt und der Strategische Kompass weist bis 2025
die Verantwortung des Referats „Organisation und                   den Weg. Um im Bild des „Auftakt“-Baums zu blei-
Controlling“ über. Dort wird die Weiterentwick-                    ben: Die Deutsche Nationalbibliothek wird fort-
lung der Organisationsstruktur im Kleinen wie im                   fahren, mit den erprobten Instrumentarien ihre
Großen begleitet. Die Führungskräfte-Entwicklung                   Basis zu gießen, zu düngen und von Zeit zu Zeit
wird als neues Thema kooperativ von den Refera-                    Bodenproben zu nehmen, um die mittel- und lang-
ten „Organisation und Controlling“ und „Perso-                     fristigen Ziele zum Blühen zu bringen.
nalangelegenheiten, Aus- und Fortbildung“ über-

Anmerkungen

1 Zum Start und zur Zwischenbilanz des Organisationsentwicklungsprojekts „Auftakt“ siehe auch Dialog mit Bibliotheken 26
   (2014) 2:  und 28 (2016) 1: 
2 Strategische Prioritäten 2013 bis 2016: 
3 Aus: Strategischer Kompass 2025, Vorwort
4 Strategischer Kompass 2025: 
5 Strategische Prioritäten 2017 bis 2020: 
6 Zu den Evaluationsergebnissen siehe Beitrag im Dialog für Bibliotheken 28 (2016) 1: 
7 Bereiche der Deutschen Nationalbibliothek als oberstes Strukturprinzip: Zentralbereich Verwaltung, Fachbereiche Erwerbung
   und Erschließung, Benutzung und Bestandsverwaltung, Informationsinfrastruktur
8 Quelle: Prognos AG
9 Führ ungsgrundsätze der Deutschen Nationalbibliothek:
   
10 Ubongo Flow Game, entwickelt von Jan Fischbach vom Common Sense Team in Karlsruhe, hier beschrieben nach:
   
                                                                                           Dialog mit Bibliotheken 2017/2        13
Forum

             Nadine Walger

             Sammlung von Netzpublikationen
             erreicht nächste Stufe
             Die Deutsche Nationalbibliothek                        schätzt den Bestand an archivierten Netzpublika-
             erweitert ihre Sammelaktivitäten                       tionen für das Jahr 2021 auf insgesamt etwa 26 Mil-
             um wissenschaftliche Open-                             lionen.2
             Access-Publikationen                                   Um dieses strategische Ziel zu erreichen, verstärkt   Erfolgsfaktor
                                                                                                                          Kooperation
                                                                    die DNB ihre Sammelaktivitäten im Verlags- und
             Das am 22. Juni 2006 erweiterte Gesetz über die        Wissenschaftsbereich.3 Der Fokus der zweiten Sam-
             Deutsche Nationalbibliothek (DNBG) verpflich-           melstufe liegt unter anderem auf wissenschaftlichen
             tet die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) zur          Open-Access-Publikationen, die nach Maßgabe des
             Sammlung, Erschließung, Verzeichnung und Lang-         DNBG an die DNB abzuliefern sind.
             zeitarchivierung von unkörperlichen Medienwer-         In der Vergangenheit hat es sich bewährt, bei grö-
             ken (Netzpublikationen). Dieser Sammelauftrag          ßeren Sammlungsvorhaben mit verschiedenen Ko-
             ist angesichts der stetig ansteigenden Zahl an Pu-     operationspartnern zusammenzuarbeiten, so zum
             blikationen, die in Deutschland in öffentlichen        Beispiel im E-Book-Bereich mit Vertriebsplattfor-
             Netzen publiziert werden, kein leichtes Unter-         men sowie mit der Marketing- und Verlagsservice
             fangen und wäre ohne automatisierte Ablieferungs-      des Buchhandels GmbH (MVB), im Zeitschrif-
             verfahren, Standardisierungsbemühungen sowie           tensektor mit Software- und Verlagsdienstleistern.
             eine leistungsfähige technische Infrastruktur nicht    Um die komplexe Aufgabe der Sammlung von
             möglich.                                               Open-Access-Publikationen zu bewältigen, hat die
                                                                    DNB im Jahr 2015 Kontakt zu den Betreibern der
                                                                    wissenschaftlichen Spezialsuchmaschine Bielefeld
             Pragmatisches Vorgehen                                 Academic Search Engine (BASE) der Universitäts-
                                                                    bibliothek Bielefeld aufgenommen und konnte den
Sammeln in   Um die Massen an sammelpflichtigen Netzpublika-         bereits seit zehn Jahren international agierenden
   Stufen
             tionen zu bewältigen, hat sich die DNB von An-         Metadaten-Aggregator für eine Zusammenarbeit
             beginn für ein Sammeln in mehreren Stufen ent-         gewinnen.
             schieden.1 In einer ersten Stufe konzentrierten sich
             die Aktivitäten vornehmlich auf elektronische
             monografische Verlagspublikationen und Hoch-            Neue Verfahren, Workflows
             schulschriften, meist Dissertationen. Parallel dazu    und Prozesse
             wurden automatische Prozesse und Workflows ent-
             wickelt, mit deren Hilfe online erschienene Hör-       Angesichts der ablieferungspflichtigen Massen,
             bücher und Noten, E-Paper-Ausgaben, Zeitschnitte       die die DNB bereits heute bewältigen muss, wird
             von Webseiten sowie nach und nach auch Ar-             es unumgänglich sein, die Speicherkapazitäten
             tikel aus elektronischen Zeitschriften aus dem Ver-    weiter auszubauen. Eine erste Anpassung erfolgte
             lags- und Wissenschaftssektor importiert werden        im Jahr 2016 „entsprechend des prognostizierten
             konnten.                                               Wachstums im Bereich der elektronischen Publi-
             Aktuell sind über vier Millionen Netzpublikatio-       kationen“.4 Daneben gilt es, die technische Infra-
             nen archiviert; weitere Millionen von digitalen Me-    struktur sowie automatische Geschäftsprozesse und
             dienwerken, die in den gesetzlichen Sammelauftrag      Workflows für einen modularisierten und parallel
             gehören, stehen noch aus. Die DNB wagt in ihrem        verarbeitenden Import von Netzpublikationen an-
             Jahresbericht 2016 einen Blick in die Zukunft und      zupassen.

14           Dialog mit Bibliotheken 2017/2
Forum

                     Unbestritten ist in diesem Zusammenhang, dass für       Der zweite Projektschritt beinhaltet die Übernahme
                     die zweite Sammelstufe erweiterte Anforderungen         der digitalen Objekte in die Speichersysteme der
                     an die bisherigen automatischen Ablieferungsver-        DNB. Der Objektimport erweist sich hier als Spe-
                     fahren gestellt werden, für deren Umsetzung techni-     zialfall, da die Objekte von BASE selbst nicht lokal
                     sche Lösungen entwickelt werden müssen. Das im          gespeichert werden, sondern auf den jeweiligen Re-
           Projekt   März 2016 gestartete Projekt SamOA – Sammlung           positorien und Plattformen vorgehalten sind. Das
          SamOA
                     von Open-Access-Publikationen5 unterstützt dieses       derzeit technische Konzept der DNB sieht daher
                     Vorhaben. Es ist im Fachbereich Informationsinfra-      vor, den Objektimport über die Hyperlinks in den
                     struktur der DNB angesiedelt und auf eine Laufzeit      BASE-Metadaten zu realisieren. Im Idealfall sind
                     von zunächst drei Jahren angelegt.                      diese Hyperlinks volltextverbunden und die DNB
                     Ziel des Projekts ist die Anpassung des Workflows        kann nach Maßgabe des DNBG auf das jeweilige
                     für die automatische Pflichtablieferung von wis-         unkörperliche Pflichtexemplar zugreifen und des-
                     senschaftlichen Open-Access-Publikationen von           sen Langzeitarchivierung sowie Langzeitverfügbar-
                     in Deutschland betriebenen Repositorien und Pu-         keit sicherstellen.
                     blikationsdiensten mit Hilfe der aggregierten Da-
                     tensammlung der Suchmaschine BASE. Die DNB
                     sieht sich bei diesem Vorhaben explizit als nach-
                     weisende Institution und Langzeitarchiv, jedoch
                     nicht als Betreiberin einer Publikationsplattform       Workflow Schritt 2
                     für Zweitveröffentlichungen.
          DNB als    Im Projekt SamOA kommt erstmals ein für die
   nachweisende
   Institution und   Übernahme von Netzpublikationen ergänztes
   Langzeitarchiv
                     zweistufiges Verfahren zur Anwendung: Beschrei-          Herausforderungen und
                     bende Metadaten zur Publikation werden nicht,           Perspektiven
                     wie bisher, zusammen mit dem digitalen Objekt
                     abgeliefert, sondern getrennt voneinander. In ei-       Neben der Anpassung der technischen Workflows
                     nem ersten Schritt werden die von BASE aggregier-       und Prozesse ergeben sich aus dem Projekt weitere
                     ten und normalisierten bibliografischen Metadaten        Herausforderungen für die Pflichtablieferungsver-
                     über das OAI-Protocol for Metadata Harvesting           fahren insgesamt, so zum Beispiel für eine automa-
                     (OAI-PMH) in den Katalog der DNB übernom-               tisierte Verwaltung von Dubletten, Embargofristen
                     men. Ein Mehrwert für Nutzerinnen und Nutzer            oder verschiedenen Versionen von Publikationen,
                     besteht darin, dass viele Volltexte über einen exter-   wie Preprint, Postprint, Verlags-PDF und Ähnli-
                     nen Hyperlink in den BASE-Metadaten direkt und          chem.
                     frei genutzt werden können.                             Eine Besonderheit der BASE-Metadaten ist, dass sie     Lizenzangaben
                                                                                                                                    und Rechte-
                                                                             Lizenzinformationen zur Nachnutzung der Publi-         dokumentationen
                                                                             kationen über das Urheberrecht hinaus enthalten.
                                                                             Die Angabe von Nachnutzungslizenzen und
                                                                             Rechtshinweisen ist für die DNB insbesondere zum
                                                                             Zweck der Sammlung und Langzeitarchivierung
                                                                             wichtig. Die DNB entwickelt derzeit Lösungen für
                                                                             die Übernahme und Bereitstellung dieser Angaben
                                                                             in den Katalog. Die hierbei gesammelten Erfahrun-
                                                                             gen und Projektergebnisse sind sicher auch für die
                                                                             Weiterentwicklung der Metadatenformate (bei-
                                                                             spielsweise MARC 21 oder NISO JATS) zur Pflicht-
                                                                             ablieferung nachnutzbar.
                                                                             Ein positiver Nebeneffekt des Kooperationspro-
                                                                             jekts mit BASE ist, dass die Nachweissituation und
Workflow Schritt 1

                                                                                                  Dialog mit Bibliotheken 2017/2            15
Forum

     damit die Sichtbarkeit von häufig stark verteilt vor-               einbarung zwischen der DNB und BASE im April
     liegenden Open-Access-Publikationen verbessert                     2017 hat das Projekt SamOA einen wichtigen ersten
     wird. Mit Unterzeichnung der Kooperationsver-                      Meilenstein erreicht.

     Anmerkungen

     1 Vgl. Diebel, Cornelia: Netzpublikationen – Sammlung, Archivierung und Bereitstellung in der Deutschen Nationalbibliothek.
       In: Dialog mit Bibliotheken 27 (2015) 1, S. 25. 
     2 Vgl. Deutsche Nationalbibliothek (Hrsg.) Zwei Null Eins Sechs – Jahresbericht 2016. Frankfurt am Main, 2016, S. 5.
       
     3 Vgl. ebenda.
     4 Vgl. ebenda, S. 35.
     5 

16   Dialog mit Bibliotheken 2017/2
Forum

                      Katharina Schöneborn

                      Sorgfältig gesucht
                      Ein Erfahrungsbericht über den                          Wo anfangen? Theorie und Praxis
                      Umgang mit verwaisten Werken
                      in Büchern                                              Die gesetzlich vorgeschriebenen „Quellen einer
                                                                              sorgfältigen Suche“ im Anhang zu § 61a UrhG5
                      Im Mai 2010 veröffentlichte die EU-Kommission           machen schnell deutlich, dass hier kein massen-
                      einen Bericht zu den verwaisten Werken sowie die        tauglicher Weg beschrieben ist. Jedoch eröffnet das
                      Kosten ihrer Rechteklärung1, in dem bei konser-         Gesetz Möglichkeiten für Einzelobjekte. Um den
                      vativer Schätzung von insgesamt drei Millionen          tatsächlichen Aufwand und die Erfolgsaussichten
                      verwaisten Büchern in Europa ausgegangen wurde.         der Rechteklärung anhand § 61 UrhG nachzuvoll-
       Definition      Was ist damit gemeint? Als verwaist werden Werke        ziehen, wurde der Prozess der sorgfältigen Suche
verwaistes Werk
                      bezeichnet, deren Rechteinhaber entweder nament-        von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) an
                      lich unbekannt oder trotz sorgfältiger Suche nicht      einer kleinen Auswahl von Werken getestet.
                      auffindbar sind. Grund dafür kann sein, dass ein         Hierfür wurden zunächst elf Bücher ausgewählt,          Praxistest
                      Werk ohne Urheberangabe veröffentlich wurde             bei denen schon die Metadaten erfolgversprechend
                      oder dass zwar der Name des Urhebers bekannt ist,       aussahen: Es handelte sich um Werke, deren Haupt-
                      aber keine weiteren Informationen über ihn oder         verfasserin oder Hauptverfasser schon über 70 Jah-
                      seine Erben zu ermitteln sind. Viele Werke, auf die     re verstorben und ihre Texte somit gemeinfrei wa-
                      dies zutrifft, werden auf lange Sicht nicht gemein-     ren. Eine weltweite digitale Bereitstellung dieser
                      frei sein, denn die Feststellung der Gemeinfreiheit     Bücher scheiterte jedoch an granularen Werkteilen,
                      basiert in erster Linie auf den Sterbedaten der Urhe-   so genannten „embedded works“, wie Fotografien
                      ber, die in vielen Fällen nicht feststellbar sind.      oder Karten, deren urheberrechtlicher Status nicht
     Richtlinie zur   Zweieinhalb Jahre nach dem eingangs genannten           zu ermitteln war, weil beispielsweise eine Urheber-
digitalen Nutzung
                      Bericht verabschiedeten EU-Parlament und EU-Rat         angabe fehlte. Die Wahrscheinlichkeit eines negati-
                      die Richtlinie 2012/28/EU über bestimmte zulässi-       ven Suchergebnisses, das den Status „verwaist“ für
                      ge Formen der Nutzung verwaister Werke2, die es         diese Werkteile bestätigt, war folglich als sehr hoch
                      europäischen Gedächtnisorganisationen ermögli-          anzusehen. Alle Bücher waren in Deutschland im
                      chen sollte, eben solche Werke in ihren digitalen       Jahr 1913 erschienen, dem Beginn der Sammlung
                      Sammlungen zugänglich zu machen. Am 1. Januar           der DNB.
                      2014 trat die Richtlinie in Deutschland mit dem         Nach der ersten Sichtung der Objekte zeigte sich
                      Gesetz zur Nutzung verwaister und vergriffener          folgendes Bild: Die elf Bücher enthielten insgesamt
                      Werke […]3 in Kraft.                                    21 verwaiste Werkteile. In 19 von 21 Fällen war der
      „Sorgfältige    In § 61 UrhG ist seitdem geregelt, unter welchen        Name der Urheberin oder des Urhebers nicht be-
          Suche“
                      Voraussetzungen Bibliotheken und andere Ge-             kannt, nur in zwei Fällen wurde der Urheber im
                      dächtnisinstitutionen verwaiste Werke online zei-       Werk benannt. Bei den 21 Werkteilen handelte es
                      gen dürfen: Eine so genannte „sorgfältige Suche“        sich um Fotografien (zwölf), Karten (sechs) und Il-
                      nach den Rechteinhabern muss erfolglos geblieben        lustrationen (drei). Bei zwei von elf Büchern musste
                      und dokumentiert sein. Trifft dies zu, ist das Werk     eine sorgfältige Suche Quellen anderer EU-Staaten
                      in der Orphan Works Database4 des Amtes der Eu-         umfassen, weil sie Werke ausländischer Urheberin-
                      ropäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)         nen und Urheber enthielten. Insgesamt 15 Verlage
                      einzutragen. Von diesem Zeitpunkt an kann die           waren an den elf Büchern beziehungsweise ihren
                      Gedächtnisorganisation das registrierte Werk in ih-     granularen Bestandteilen beteiligt; so enthielt bei-
                      rer digitalen Sammlung weltweit anzeigen.               spielsweise ein Buch eines deutschen Verlags die

                                                                                                    Dialog mit Bibliotheken 2017/2             17
Forum

                  Landkarte eines unbekannten Urhebers, welche           deren bekannten Buchhandelsplattformen. Sie
                  erstmals bei einem französischen Zeitschriftenver-     blieben ebenso wie Recherchen auf Wikipedia und
                  lag erschienen war.                                    Google nach Buch, Grundriss sowie der Buch-
Vier Testbücher   Zum eigentlichen Test der sorgfältigen Suche wur-      druckerei ohne weiterführende Ergebnisse.
                  den vier Bücher ausgewählt, jeweils zwei mit na-       Im Zuge der Recherche wurden zwei Verlegerver-
                  mentlich bekannten und zwei mit namentlich un-         bände kontaktiert. Zwei Anfragen beim Verband
                  bekannten Beitragenden, darin enthalten jeweils        kartografischer Verlage in Deutschland (VKViD)
                  zwei Landkarten, Illustrationen und Fotografien.        blieben ohne Ergebnis. Die Suche im Archiv des
                  Mit dieser Auswahl waren verschiedene Vorgaben         Börsenvereins des deutschen Buchhandels nach
                  des Anhangs zu § 61a UrhG relevant: neben Ab-          dem Namen der Druckerei ergab, dass die Firma A.
                  schnitt 1 (Bücher) auch Abschnitt 3 (visuelle Werke    S. Weil zugleich Verlag war, womit die fehlende Ver-
                  in Büchern). Zudem war klar, dass beispielsweise       lagsangabe ermittelt war. Die „Verlagsveränderun-
                  im Fall der Karten anstelle von Verleger- oder Auto-   gen des deutschsprachigen Buchhandels“8 gaben
                  renverbänden auch Verbände von Kartografen in          Auskunft darüber, dass der Verlagsteil der Firma A.
                  die Suche einzubeziehen waren.                         S. Weil im Jahr 1919 an den Verlag Kohlhammer
                                                                         Stuttgart überging. Eine Anfrage bei dessen Rechts-
                                                                         abteilung ergab, dass dem Verlag keine Informatio-
                  Ein Beispielfall                                       nen über die Rechteinhaber vorlagen.
                                                                         Die Unterschrift unter der Abbildung „Gez. Tübin-
                  „Die Neueinrichtung des Tübinger Schlosses“6 ist       gen, den 2. Mai 1911, K. Bezirksbauamt“ legte die
                  ein 24-seitiger Sachtext mit einem einseitigen An-     Vermutung nahe, dass die Stadt Tübingen bezie-
                  hang, auf dem zwei Grundrisse des Schlosses Ho-        hungsweise das heutige Bauamt in seinem Archiv
                  hentübingen abgebildet sind. Verfasser des Texts ist   weiterführende Informationen halten könnte. Je
                  der laut Gemeinsamer Normdatei (GND) 1921 ver-         nach urheberrechtlicher Situation oder arbeitsver-
                  storbene Prof. Dr. Konrad Lange.7 Die Grundrisse       traglicher Regelung im Jahr 1911 war auch nicht
                  geben keinen Hinweis auf einen persönlichen Ur-        auszuschließen, dass die Rechte an den Abbildun-
                  heber oder eine persönliche Urheberin, enthalten       gen, die eventuell als Auftragsarbeit entstanden wa-
                  jedoch den Vermerk „Gez. Tübingen, den 2. Mai          ren, bei einer Tübinger Behörde liegen. Auf Anfrage
                  1911, K. Bezirksbauamt“. Das Werk erschien 1913,       per E-Mail erfolgte die telefonische Auskunft durch
                  es enthält keinen eindeutigen Hinweis auf den Ver-     das Tübinger Service-Center Bauen, dass im Archiv
                  lag. Auf der Titelseite ist die Buchdruckerei A. S.    des Fachbereichs Bauen und Vermessen der Stadt
                  Weil genannt.                                          keine Informationen über die Rechteinhaber vor-
                  Im Katalog der DNB, im Karlsruher Virtuellen           lagen, zugleich wurde auf das Tübinger Stadtarchiv
                  Katalog KVK und in der Digitalen Sammlung des          verwiesen. Mit Hilfe des Stadtarchivars war schnell
                  Bundesarchivs wurden keine weiterführenden Hin-        ermittelt, dass der Rechtsnachfolger des Kaiserli-
                  weise gefunden. Wegen des unbekannten Urhebers         chen Bezirksbauamtes das Land Baden-Württem-
                  entfiel eine Suche in Personendatenbanken. Anfra-       berg ist und die Anfrage somit an das Staatsarchiv
                  gen bei den Verwertungsgesellschaften WORT und         Baden-Württemberg in Sigmaringen zu richten sei.
                  Bild|Kunst brachten keine weiteren Erkenntnisse.       Auch hier lagen keine weiteren Informationen vor,
                  Auf den Webseiten mehrerer Bildagenturen (Arkivi,      zugleich wurde auf das Amt Vermögen und Bau
                  Getty Images, Inmagine, Picture Alliance) wurden       Baden-Württemberg, Amt Tübingen verwiesen. Es
                  Suchen durchgeführt, ebenso auf der Webseite           lagen jedoch auch hier keine Informationen zu den
                  buchhandel.de (VLB) der Marketing- und Verlags-        Rechteinhabern des Grundrisses vor.
                  service des Buchhandels GmbH (MVB) und an-

  18              Dialog mit Bibliotheken 2017/2
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