Ferdinandea DIE ZEITUNG DES VEREINS TIROLER L ANDESMUSEUM FERDINANDEUM - ferdinandea Nr 51 Februar - April 2020
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ferdinandea DIE Z E I T UNG DE S V E R E IN S T IROL E R L A NDE SMUSE UM F E R DIN A NDE UM f er dina nde a Nr 51 Febr ua r – A pr il 202 0 Telefonapparat der Marke „Kapsch“ mit Wählscheibe, 1957. Foto: TLM
2 In t er v ie w f er dina nde a Nr 51 Febr uar – A pr il 2020 A k t ue l l e A u s s t e l l ungen 3 editorial Editorial Interview mit So fern – so nah Peter Assmann Eine Kulturgeschichte der Telekommunikation Claudia Sporer-Heis In seiner erst kurzen Amtszeit hat Direktor Peter Assmann schon große Meilensteine für die Tiroler L andesmuseen gesetzt. Geht es nach ihm, sollen Ein Griff zum Handy oder zum Smartphone – und schon sind wir mit der ganzen Welt verbunden. Wir können nicht nur überallhin telefo- noch viele weitere folgen. Ein Gespräch über Visi- nieren und chatten, sondern auch Bilder und Filme versenden. Digitale Telekommunikation ist heute zur Selbstverständlichkeit geworden. onen, Brücken und Begegnungen auf Augenhöhe. Die Ausstellung im Zeughaus begibt sich auf die Suche nach der Geschichte dieser inzwischen unverzichtbaren Alltagsnotwendigkeit und lädt Herr Direktor, in den kommenden Monaten und Jah- zur Interaktivität mit den Vorfahren heutiger technischer Geräte ein. ren möchten sie vieles bewegen. Stichworte: politisch punkten (Kunst aus dem Iran), Tracht hinterfragen (Volkskunstmuseum), Forum Stadt (Präsenz in ganz In nsbruck). Wie wollen Sie alles neben dem großen Pro- jekt „Umbau Ferdinandeum“ schaffen? Foto: Wolfgang Lackner Ein großes Museum braucht ein großes Programm. Und die Tiroler Landesmuseen sind vielfältig und gut aufgestellt. Das gilt für ihre Geschichte und ihre Liebe Vereinsmitglieder, liebe Leserinnen und Leser, Mitarbeiterstruktur genauso wie für ihre Ziele und das Jahr 2020 nimmt Fahrt auf und ich hoffe, dass die Möglichkeiten. Mir ist es ein Anliegen, meine Er- 20er-Jahre des 3. Jahrtausends zukunftsweisend und bewe- fahrungen dafür zu verwenden, in Innsbruck etwas gend für unser altehrwürdiges Landesmuseum sein werden. Neues zu machen und den Umbau des Ferdinande- ums zu nutzen, um nachzudenken und zu reflektie- Große Erwartungen werden an die neue Führung des Museums ren, was Museum am Ende des zweiten Jahrzehnts des geknüpft und wie Sie den Ankündigungen entnehmen können, 21. Jahrhunderts bedeutet. Und dabei nicht Modelle zu steht ein prallgefülltes Ausstellungsjahr mit faszinierenden übernehmen, sondern neu zu entwickeln, neu zu denken, Profile zu schärfen, neu zu positionieren – sowohl die Foto: Wolfgang Lackner Themen wie Goethes Italienische Reise, mit Künstlerper- Häuser und Sammlungen wie ihre Kommunikation. Die sönlichkeiten wie Franz von Defregger oder Anton Christian Europaregion Tirol setzt internationales Denken voraus. Wie lassen sich Kunst und Wirtschaft fruchtbringend bevor. Mit vielen Veranstaltungen wird das Ferdinandeum ein verbinden? lebendiges Forum für aktuelle Themen bieten. Unsere Samm- Wo sehen Sie die Aufgaben der Häuser und Sammlungen? Das Land Tirol leistet als Finanzier Großartiges. Aber lungen werden in den Tiroler Landesmuseen in vielfältiger Generell sollen sie keine strukturierten An-Sammlungen die gemeinsame Schatzkammer will gemeinsam gepflegt sein, sondern Kompetenzzentren. Darum sind ihre Leiter und erweitert werden. Darum werden wir offensiv und Weise ins Licht gerückt und in wunderbaren Konzerten zu keine Kustoden, also Wächter, sondern vielmehr Kura- kreativ an Einzelpersonen und Unternehmen herantreten. Gehör gebracht werden. Ich lade Sie herzlich ein, nutzen Sie toren – Menschen, die sich umfassend um ihre Samm- Das Projekt „Umbau Ferdinandeum“, das sich derzeit in das reiche Angebot! lungen sorgen und sie international vernetzen. der Detailschärfung befindet, bietet viel Spielraum für Aus den Diskussionen der letzten Jahre geht hervor, dass verantwortungs- und kulturbewusste Förderer. 2020 sollte aber auch definitiv der Start für die schon das Ferdinandeum als ein Haus der Kunst entwickelt seit Jahren gewünschten notwendigen Baumaßnahmen werden soll, das Zeughaus als ein Haus der Geschichte. Sie sind selbst künstlerisch tätig, sind Zeichner, Maler Morseapparat, um 1900/10. Foto: TLM Haustelefon, um 1900. Foto: TLM Das Volkskunstmuseum ist bereits ein kulturhistorisches und haben zwei Romane veröffentlicht. Dazu sind Sie am Museumsgebäude Ferdinandeum sein. Das Land Tirol Designmuseum, das die Volkskunde inspiriert. Das P rofil Wissenschaftler, Kunstkritiker, Ausstellungsmacher, Fa- Die Einführung ortsunabhängiger und schneller Kommu- Schreibtelegrafen von Samuel Morse 1840 in den USA rechtlich gleichgestellt und ebenfalls verstaatlicht. zeigt nun die grundsätzliche Bereitschaft, den Verein des Tirol Panoramas gilt es zu schärfen. Die Hofkirche milienvater. Hat Ihr Tag 48 Stunden? nikationsmittel wie Mobiltelefonie und E-Mail läuteten den Durchbruch zu erzielen. Mithilfe seiner Codeschrift, 1893 wurde die erste Telefonzentrale mit 30 Anschlüs- Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum als Eigentümer des ist ein Weltkunstereignis, das auch als solches kommu- Ich lebe die Kunst und bin in ihr zuhause. Ich arbei- in den 1990er-Jahren den Niedergang des traditionellen die aus Strichen und Punkten bestand, konnten Nach- sen in Innsbruck in Betrieb genommen, weitere größere Gebäudes bei seinem Vorhaben, die museale Nutzbarkeit zu niziert werden muss. Durch das Sammlung- und For- te viel und gerne und versuche, den Tag zu nützen und Telekommunikationsmediums „Brief“ bzw. „Postkarte“ richten über große Entfernungen versendet werden. Die Orte folgten diesem Beispiel. Den Teilnehmerinnen und schungszentrum lässt sich Museumsarbeit bestmöglich die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Die Kunst ist Teil ein. Schriftliche Nachrichten, die von Boten überbracht Telegrafie, die besonders auch für den Eisenbahnverkehr Teilnehmern an diesem kostspieligen Vergnügen standen optimieren, zu unterstützen. Der Direktor der Landesmuseen, abwickeln und dokumentieren. Alle diese Facetten bil- meiner Persönlichkeit und ich freue mich, diese ausleben wurden, sind bereits im Altertum und M ittelalter nach- eine wichtige Rolle spielte, wurde Mitte der 1840er-Jahre verschiedenartige Wand- oder Tischapparate zur Verfü- Peter Assmann, hat den Katalog der dringenden Erfordernisse den die Schatzkammer Tirol – unser gemeinsames Juwel. zu können. Ich bin meinem Vater sehr dankbar, der als weisbar. Maximilian I., der gegen Ende des 15. Jahr- in Österreich eingeführt und zunächst als Staatsmono- gung. Mit der Zeit wurden mit der Installierung eines exakt definiert: Erneuerung der Klimatechnik, Schaffung Wenn wir es polieren, denken wir immer auch an seine Volkskundler mir viel beigebracht hat. Und es freut mich hunderts die Familie Taxis mit der Einrichtung von pol installiert. Erst einige Jahre später war das Verschi- vollautomatisierten Wählbetriebes auch Ferngespräche klarer, durchgängiger Ausstellungsebenen, barrierefreier Strahlkraft nach Süden – denn gegründet wurden wir als sehr, wieder an den Ort meiner Kindheit zurückgekehrt „Postkursen“, also Postverbindungen, beauftragte, durch cken von Telegrammen für jedermann möglich, der sich möglich, bei dem keine manuelle Vermittlung mehr nö- Museum für Deutsch- und Welschtirol. zu sein. welche auch private Briefe transportiert werden konnten, den teuren Luxus auch leisten konnte. Hand in Hand mit tig war. Dies konnte erst nach dem Zweiten Weltkrieg Zugang, ein Veranstaltungsraum mit der Vision einer großen gilt als Begründer der neuzeitlichen Post, die bis weit der Verbreitung der Telegrafie ging die Verlegung von begonnen und Mitte der 1950-er Jahre abgeschlossen Öffnung des Museums nach außen. Was betrachten Sie als Hauptziel? Wo sehen Sie die Landesmuseen in zehn Jahren? ins 20. Jahrhundert als einfachste und kostengünstigste Kabeln und Drähten über die ganze Welt. Ab Anfang werden. Schlicht: Türen öffnen. Stolz sein. Wir haben eine sehr gute In allen Zielsetzungen weiterentwickelt. Sammeln: Dass Form der Telekommunikation galt. des 20. Jahrhunderts konnten Nachrichten auch über Dieses Vorhaben ist ein weiterer bedeutender Schritt in der fast Vermittlungsabteilung im Haus. Vieles, etwa das Format es gelungen ist, den Sammlungsschatz zu erweitern. elektromagnetische Wellen, also über Funk, übermittelt Funken 200-jährigen Geschichte des Ferdinandeums, der notwendig After Work, funktioniert bereits bestens. Aber es tut allen Bewahren: Dass dieser Schatz besser in die Zukunft ge- Visuelle Nachrichten werden. In den 1930er-Jahren lösten Fernschreiber, über Dass mit Hilfe von Funkwellen Nachrichten übertragen ist, um seine Bedeutung als Landesmuseum für Tirol und den gut, wenn man mehr miteinander redet und die höchst span- führt werden kann. Forschen: Dass wir für Tirol relevante Während mithilfe von Briefen auch ausführliche Nach- die Nachrichten mithilfe einer Schreibmaschinentastatur werden können, wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts nenden Positionen besser miteinander verknüpft. Inhalte entwickelt haben und vermitteln. Kommunizieren: richten versendet werden konnten, dienten etwa Kreid- übermittelt werden konnten, die Telegrafenapparate nach erkannt und im Bereich der Telegrafie genutzt. 1927 EUREGIO-Raum zu wahren und es noch attraktiver zu machen. Dass wir mit allen unseren Themen Brücken gebaut ha- feuer, die systematisch an vorgegebenen Stellen ent- und nach ab. Während der Telefax, der in den 1980er- wurden auf der internationalen Weltfunkkonferenz in Die besondere Situation, dass der Verein nicht nur Eigentümer Stichwort Museumsverein. Wie sehen Sie seine Rolle und ben, sodass sich mehr Menschen angesprochen fühlen zündet wurden, als Warnsignale. Eine Kombination aus Jahren seinen Siegeszug antrat, auch heute noch verwen- Washington u. a. Regelungen hinsichtlich der Verwen- des Hauses ist, sondern auch 40 Prozent der Museums- die seiner knapp 2.800 Mitglieder? und wesentliche Ereignisse umfassend diskutiert werden. beiden stellte der optische Telegraf dar, der in der Zeit det wird, werden seit 2005/06 keine Telegramme mehr dung von Wellenfrequenzen getroffen. Dabei wurden Betriebsgesellschaft hält und dass das Land Tirol den Betrieb Tragend, zentral und wichtig. Rückhaltlos positiv. der Französischen Revolution von Claude Chappé er- übermittelt, das E-Mail hat die Funktion der Telegrafie bestimmte Frequenzbereiche auch den seit 1925 orga- PPP, P rivate Public Partnership, das Zauberwort der In diesem Sinne: Auf zu neuen Ufern! funden und eingesetzt wurde. Mithilfe zweier schwenk- übernommen. nisierten Funkamateuren überlassen, die bis heute welt- finanziert, erfordert besondere Vereinbarungen für die Finan- 90er-Jahre wird in Tirol seit 1823 gelebt und das soll barer Querbalken, die an einem hohen Mast befestigt weit, ohne kommerziellen oder politischen Nutzen, nach zierung. Wir sind zuversichtlich, dass wir in Abstimmung mit auch so weitergehen. Dennoch wollen wir quantitativ Vielen Dank für das Gespräch. Die Fragen stellte waren, konnten mit Buchstaben, die durch einen Code Fernsprechen Ablegung einer Prüfung experimentellen Funk mit be- den Mitgliedern eine gute Lösung finden werden und ich bin und qualitativ optimieren. Wir werden alles tun, um neue Dr.in Maria Mayrl, Redakteurin der ferdinandea. verschlüsselt waren, Nachrichten rasch über weite Stre- Als Leopold Pfaundler 1877 in Innsbruck den ersten willigten Funkstationen betreiben. Es werden sowohl überzeugt, dass es im Sinne aller am Museum Interessierten Mitglieder anzuziehen, denn die Vereinsmitglieder sind cken hinweg an verschiedene Stationen gesendet werden. „Sprechtelegrafen“ vorführte, waren weltweite Ver- Sprache als auch Daten und Bilder in unterschiedlichen unsere Stakeholder. Viele Projekte lassen sich über die Dieses System, das in Österreich nicht eingeführt wurde, suche, Sprache zu übermitteln, zwar schon einige Jah- Verfahren übertragen. In Not- und Katastrophenfällen ist, unser Ferdinandeum runderneuert im Jubiläumsjahr 2023 Vereinsarbeit besser abwickeln – wir wollen das Mitar- Peter Assmann, geb. 1963, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte konnte vor allem in Frankreich, England und Preußen – re in Gang, das Patent für Alexander Bell in den USA sind Funkamateurinnen und Funkamateure in der Lage, erleben zu können. beiten und geistige Mittragen ebenso wie wirtschaftliche und Germanistik, Kunsthistoriker, Schriftsteller und bildender Künst- in erster Linie für staatliche und militärische Zwecke – allerdings erst ein Jahr alt. Das Telefonieren hatte den Hilfsorganisationen wesentlich zu unterstützen. Beziehungen ankurbeln. ler, ehem. Direktor der Oberösterreichischen Landesmuseen und erfolgreich eingesetzt werden, allerdings nur, wenn die Vorteil, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer di- Ich danke Ihnen sehr für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung. des M useums Angerlehner in Thalheim bei Wels, Präsident der Sicht gut war. rekt miteinander kommunizieren konnten ohne – wie Woran denken Sie da konkret? Sommerakademie Traunkirchen, Gründungsmitglied der Künstler- beim Telegrafieren – eine Person, die Codes in Schrift So fern – so nah Ihre Veranstaltungen. Offene Forumssituation. Einen Ort, gruppen „c/o: K – Institut für Kunstinitiativen“ und „Sinnenbrand“, In die Ferne schreiben umwandelte, zu benötigen. Die Gespräche wurden an- Eine Kulturgeschichte der Telekommunikation wo man sich gerne trifft. Dann entwickeln sich Dinge Künstlermitglied des Wiener Künstlerhauses, der Welser Künstlergilde Vom Wetter unabhängiger waren hingegen die elektro- fangs manuell über einen Klappenschrank weitervermit- Museum im Zeughaus ganz automatisch. Durchs Reden kommen d'Leut zam. und der IG Bildende Kunst, Präsident des Museumsbundes Österreich, magnetischen, durch elektrische Leitungen verbundenen telt. Diese Arbeiten übernahmen in erster Linie (unver 21. Februar bis 4. Oktober 2020 Dr.in Barbara Psenner, Vorsitzende des Vereins Das Vereinsmagazin, die ferdinandea, wird unser Haupt- Vorstandsmitglied S OS-Menschenrechte Österreich, bis 2019 Direktor Telegrafen, deren technische Entwicklung von mehreren heiratete) Frauen, die sogenannten „Fräuleins vom Amt“. Eröffnung: 20. Februar, 18 Uhr medium sein. des Museums Palazzo Ducale in Mantua. Erfindern vorangetrieben wurde, um schließlich mit dem Die Telefonie wurde in den 1880er-Jahren der Telegrafie
4 A k t ue l l e A us s t el l ungen f er dina nde a Nr 51 Febr uar – A pr il 2020 Ver ein 5 Wer fürchtet sich vorm Trachtenklaubauf? Dank an Martin Pfeiffenberger Reinhard Bodner Wolfgang Sölder Wurden in der Osttiroler Kindheit des Verfassers dieser Die Sonderausstellung „Tracht. Eine Neuerkundung“ Die Erweiterung von Sammlungsbeständen ist oft von Be- Zeilen die Klaubäufe – also: Krampusse – ins Elternhaus schreibt die vermeintlich selbstverständliche Identifizie- nevolenz geprägt: Geschenke aus dem Privatbesitz sind eingelassen, flüchtete er sich unter den Küchentisch. In die rung kultureller und regionaler Grenzen nicht fort, son- Ausdruck der Wertschätzung des Museumsvereins und des Furcht mischte sich aber auch Neugier auf die wilden Ge- dern erkundet sie neugierig-kritisch. Die Ausstellung geht Ferdinandeums als Ort des Bewahrens und der Präsentation stalten. Erinnerungen daran kamen 2016 auf, als der er- aus einem 2014–19 durchgeführten Forschungsprojekt der im großen kulturhistorischen Kontext von kulturellem Erbe fahrene Klaubaufmaskenschnitzer Martin Egger aus Ma- Tiroler Landesmuseen und der Universität Innsbruck Tiroler Provenienz oder mit Tirol-Bezug. Zwar ist seit Ende trei in Osttirol den Auftrag erhielt, für Gareth Kennedys hervor. Der Wissensdrang dabei galt der Biografie des Ersten Weltkrieges das Sammelgebiet der Archäolo- Körbchenohrring vom Typ Allach und Ohrring mit polyedrischem Abschluss, Ausstellung „Die unbequeme Wissenschaft“ am Volks- Pesendorfers und der Genese und anhaltenden Bedeu- gischen Sammlung auf T irol beschränkt, Neufunde lassen Bronze. Foto: TLM kunstmuseum eine Maske von Gertrud Pesendorfer tung ihrer „erneuerten Trachten“. Eggers Maske wird in sich jedoch mit dem Altbestand des 19. und frühen 20. Jahr- (1895–1982) zu gestalten. Nicht wenige BetrachterInnen der Ausstellung erneut zu sehen sein. Um Dämonisierung hunderts aus Südtirol–Trentino bestens verknüpfen. nicht nur eine wertvolle Bereicherung der Sammlung, son- hatten damals den Eindruck eines dämonischen Kram- geht es dabei jedoch nicht und freilich auch nicht um Ide- So ist die Donation durch Grundeigentümer Martin dern auch von entsprechender historischer Bedeutung: In pusses mit leeren Augenhöhlen und gleichzeitig ste- alisierung einer „volkskulturellen Säulenheiligen“. Die Pfeiffenberger von frühmittelalterlichem Trachtschmuck Verbindung u. a. mit dem frühchristlichen Vorgängerbau chendem Blick. Die Maske hatte etwas von der Debat- Ausstellung möchte besser verstehen helfen und genauer aus dem Gräberfeld des 5. bis 7. Jahrhunderts n. Chr. im auf römischem Substrat unter der Pfarrkirche Mariä Him- te in sich aufgenommen, die seit 2012 um Pesendorfer zurückschauen, nicht auf die NS-Zeit allein, sondern auf Bereich der Vigilgasse 14 in Thaur – ein Paar bronzene melfahrt, mit der Quartinus-Urkunde von 827 und der im als geschäftsführende Leiterin des Volkskunstmuseums die Geschichte der Trachtenforschung und -pflege in der Körbchenohrringe vom Typ Allach, eine Halskette aus ver- Kern romanischen Filialkirche Hl. U lrich beim Afrahof un- 1939–45 und NS-Reichstrachtenbeauftragte geführt wor- Region von ca. 1900 bis in die jüngste, scheinbar so ok- Geschenkgeber Martin und Martina Pfeiffenberger, Bodendenkmalpfleger schiedenfarbigen Glasperlen mit Hakenverschluss und eine terstreichen die Grabungsbefunde und Funde von 2009/10 den war. Neben dem Klaubauf war für Egger aber auch toberfestselige Vergangenheit. „Tracht“ wird als Gewirk Johannes Pöll (l.) und Wolfgang Sölder (r.) anlässlich der Übergabe im SFZ. bronzene S-Fibel aus Grab 7 sowie zwei Bronzeohrringe einmal mehr die Rolle von Thaur als romanischer, frühmit- eine Prozessionsfigur der Heiligen Notburga inspirie- von Stoffen, Funktionen, Lebens- und Vorstellungswelten, Foto: TLM mit jeweils polyedrischem Schlussknopf aus Grab 122 – telalterlicher Zentralort zwischen Innsbruck und Hall. rend, deren Schöpfer Virgil Rainer (1871–1948) auch die (Nicht-)Wissen und (Ohn-)Macht erkundet – als Teil un- Trachtenfigurinen im Volkskunstmuseum schnitzte. Seit seres Erbes mit seinen belastenden, aber auch lustvollen, 2008 ist Notburga – häufig im dirndlartigen Miederkittel kurzum ambivalenten Seiten. Ein Souvenir von der Weiherburg dargestellt – mit Segen der Bischofskonferenz Patronin der österreichischen Trachtenvereine. Der hiesige Lan- destrachtenverband wallfahrtet am Notburgasonntag gar Tracht. Eine Neuerkundung zu seiner Schutzheiligen an den Achensee, Motto: „Tirol Tiroler Volkskunstmuseum trägt Tracht“. 27. März bis 1. November 2020 Christina Zenz Eröffnung: 26. März, 18 Uhr Maske Gertrud Pesendorfer von Martin Egger. Foto: TVKM Ansichtentassen waren im 19. Jahrhundert beliebte Sam- Zeitraum gebraucht. Die Darstellung der Weiherburg melobjekte und Souvenirs. Sie zeigen wiedererkennbare in einem goldgerahmten Schild findet hier auf einer Orte und Sehenswürdigkeiten, wie hier die Weiherburg. sich kelchförmig weitenden Tasse mit leicht ausgezo- Flottenbesuch Der Ansitz am Stadtrand von Innsbruck bot zu der Zeit gener Mündung Platz. Der niedrige, auskragende Fuß vor allem wohlhabenden Reisenden aus England und ist durch ein Profil abgesetzt. Der Schlangenkopf des den USA eine Unterkunft. Ihr letzter privater Besitzer, zarten, goldenen Ohrenhenkels beißt in die Tassenlippe, die Familie von A ttlmayr, erweiterte den Ansitz mehr- während das untere Henkelende sich über einer Palmet- Die k. (u.) k. Marine im Kaiserjägermuseum mals und schuf so eine bei Touristen beliebte Pension tenkonsole leicht aufrollt. Tasse und Untertasse sind mit und bei Einheimischen populäre Ausflugsstätte. einem rosafarbenen Fond überzogen, im Gegensatz zu Josef Ammann Die Tasse, welche der Verein des Tiroler Landesmuse- dem goldenen Tasseninneren. Die Tassenwandung und ums 2019 erwarb, wurde in der 1747 gegründeten die Untertasse sind von Goldstreifen eingefasst. Solche Nymphenburger Porzellanmanufaktur in München ge- als Souvenirs angefertigten Landschaftsporträts wurden Weitgehend vergessen sind das Kaisertum Österreich internationale Entwicklungen. Die Erfindung des Tor- Bis heute tragen Vereine die Traditionspflege unserer Ma- fertigt. Sie zeigt die Weiherburg in Blickrichtung Osten, meist mit Ortsnennung bezeichnet, wie in diesem Fall an und die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn als See- pedos führte zum Bau schneller Torpedoboote und war rine, die mit Leihgaben und Schiffsmodellen in der Son- wie sie um 1820 aussah. der Unterseite der Tasse. mächte mit eigener Handels- und Kriegsmarine. Die eine Grundlage zum erfolgreichen Einsatz von U-Booten derausstellung vertreten sind. Für die Anfertigung solcher Landschaftsporträts wur- Dieser Ankauf ergänzt den Bestand von Objekten der Habsburgermonarchie erwarb im 14. Jh. bei Triest (Duino) im Ersten Weltkrieg. Die Kriegsmarine wirkte an inter- den Vorlagen verwendet, deren Beschaffung oft schwie- Nymphenburger Porzellanmanufaktur im Tiroler Lan- Porzellanmanufaktur Nymphenburg, Ansichtentasse mit Weiherburg, um 1820, einen Meereszugang. Bedeutung erlangte die Kriegsmari- nationalen Schutzmaßnahmen mit, so bei Kreta, beim rig war. Deswegen wurden sie über einen längeren desmuseum um einen weiteren Tassentypus. Porzellan mit Aufbrennvergoldung und Aufglasurmalerei. Foto: TLM ne aber erst im 19. Jh. mit der Übernahme des Kriegsha- Boxeraufstand in China und bei den Balkankriegen. Flottenbesuch. Die k. (u.) k. Marine fens Venedig. Die Aufgabe österreichischer Kriegsschiffe Österreichs Flotte gelang es, von 1915 bis 1918 die Adria TIROL PANORAMA mit Kaiserjägermuseum war der Schutz von Küsten und des Seehandels. Die wich- zu dominieren und die Nachschubrouten offen zu halten. 6. März 2020 bis 7. März 2021 Erfolgreiche Frauen im Ferdinandeum tigsten Marinestützpunkte Altösterreichs waren Venedig, Die aktive Geschichte der Österreichischen Marine endet Eröffnung: 5. März, 18 Uhr Triest, Pula/Pola (Istrien/Kroatien) und C attaro/Kotor wie jene der Tiroler Kaiserjäger mit dem Kriegsende 1918. (Montenegro). Die Entwicklung der Bauweise von Holzschiffen zu ge- panzerten Holzschiffen bis zu Schiffen mit Eisenrumpf Verena Sauermann und Stahlpanzerungen ging einher mit dem Wechsel von glatten Vorderladekanonen mit geringer Reichweite und Durchschlagskraft zu den Hinterladegeschützen mit Bereits 1946 leitete eine Frau eine Abteilung im lichen Sammlungen erhielten 1964 mit der Archäolo- Kalibern bis zu den 30,5 cm und Kampfdistanzen von Ferdinandeum, erst 1964 werden zwei Frauen Ku- gin Zemmer-Plank eine Frau als Kustodin (siehe auch über zehn Kilometern. Diese Geschütze standen zuletzt stodinnen: Olga Maurer (1907–1999) und Liselotte ferdinandea Nr. 34, S. 10). Z emmer-Plank studierte in drehbaren Drillingstürmen. Der Antrieb wechselte im Z emmer-Plank (1931–2015). „Frl. Olga Maurer“, so an der Universität Innsbruck Ur-, Frühgeschichte und 19. Jh. von windabhängigen Segelschiffen zu schrau- heißt es im Jahresbericht des Vereins 1964, wurde „zum Klassische Archäologie. 1956 wurde sie Assistentin bengetriebenen Dampfschiffen mit Hilfssegeln bis zu Kustos der Bibliothek“ ernannt. Maurer hatte keine aka- von Leonhard Franz, der von 1941 bis 1967 Professor den Kohle- oder Dieselgetriebenen Schiffen im Ersten demische Ausbildung. Sie war von 1928 bis 1936 wis- für Vorgeschichte der Uni Innsbruck war und zeitgleich Weltkrieg. senschaftliche Hilfskraft am Institut für geschichtliche die Stelle des Fachdirektors (es gab noch keinen Ku- Österreichs Flotte schlug 1864 unter Wilhelm Tegetthoff Volks- und Landeskunde der Universität I nnsbruck, da- stos für die Urgeschichte) innehatte. Z emmer-Plank in der Nordsee die letzte große Seeschlacht mit hölzernen nach Kanzlistin der Tiroler Landesbeamtenkammer und promovierte 1963 und wurde 1964 die erste Kustodin Schraubenfregatten erfolgreich gegen Dänemark, im Jahr bis 1945 Sachbearbeiterin der Hauptstelle Organisation der Vor- und Frühgeschichtlich en und Provinzialrö- 1866 auch siegreich die erste große Seeschlacht mit ei- des Reichsbundes der Deutschen Beamten in Innsbruck. mischen Sammlungen. Der V erein Ferdinandeum be- sernen Panzerschiffen gegen Italien (Lissa). Wissenschaft- Sie wechselte 1945 in die Bibliothek des Ferdinande- kam mit der Archäologin Elisabeth W alde-Psenner liche Forschungs- und Entdeckungsfahrten führten die ums, die sie ein Jahr später offiziell leitete. Erst 18 Jahre 2003 seine erste Vorsitzende, mit der Kulturmanage- Schiffe der österreichischen Marine um die Welt und auf später durfte sie sich Kustodin nennen, drei Jahre vor rin und Historikerin Barbara Psenner 2016 die zweite. Polarexpeditionen (Entdeckung des Franz-Josef-Landes). ihrer Pensionierung. Auch die Vor- und Frühgeschicht- Die Unternehmerin Elisabeth Gürtler-Mauthner ist seit Österreichische Erfinder wie Josef Ressel (Schiffs- Mai 2019 die erste Aufsichtsratsvorsitzende der T iroler schraube, 1827) und Ingenieur Robert Whitehead (erster Olga Maurer (1907–1999), Leiterin der Bibliothek des Ferdinandeum von 1946 L andesmuseen-Betriebsgesellschaft m.b.H. Eine Stelle selbstlaufender Torpedo in Fiume/Rijeka, 1866) prägten Sport an Bord eines Schlachtschiffes der Tegetthoff-Klasse (modernste ö.-u. Schlachtschiffe). Foto: Kaiserjägermuseum bis 1967. Foto: TLMF wurde noch nie von einer Frau besetzt: die Direktion.
6 A u s dem Fer dina ndeum f er dina nde a Nr 51 Febr uar – A pr il 2020 E r ö f f nungen 7 A U S S T E L L UNG S - UND V E R A N S TA LT UNG S K A L E NDE R Februar bis April Matterhorn-Bärenspinner ANDERSWO VEREIN ALBERTINA MODERN NEUE SAMMLUNGSPRÄSENTATION GESTERN – MORGEN. TIROL IM WANDEL Wiens neues Museum für moderne Kunst Peter Huemer MITGLIEDERVERSAMMLUNG Niederländische Kunst: Gemälde und Grafik, Tirols Hofrat DI Otmar Kronsteiner und Mag. Jakob Egg Ab 13.3., täglich 10–18 Uhr Bibliothek des Ferdinandeums Moderne und die aktuelle Artbox, Neupräsentation sprechen über „1809–2050. Von der Dorferneuerung www.albertina.at/albertina-modern Mo 17.2., 17 Uhr der „Münchner und Wiener Secession“ über den Autobahnbau bis zum Klimawandel“ Der vollkommen geschützte Matterhorn- Geschenk an das Ferdinandeum übergeben wurde. Karl Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum TIROL PANORAMA mit Kaiserjägermuseum MUSEUM DER MODERNE SALZBURG Bärenspinner ist eine der interessantesten Burmann war durch permanenten persönlichen Einsatz TIROLER LANDESMUSEEN Ab Do 23.1. Mi 19.2., 19 Uhr Bodies – Cities. Sammlungen und Exkurse Schmetterlingsarten der Alpen. Er konnte entscheidend am Aufbau der Naturwissenschaftlichen noch bis 8.3. wahrscheinlich die letzte(n) Eiszeit(en) auf Sammlungen des Tiroler Landesmuseums beteiligt, und WISSENSCHAFTLER*INNEN IM GESPRÄCH GESPRÄCH MIT KUNSTIMPULSEN THEMENFÜHRUNG www.museumdermoderne.at den unvergletscherten höchsten Gipfeln der seine Leistungen wurden u. a. 1976 mit der Franz-von- Disziplinen der Universität Innsbruck werden „Fasnacht und Fastenzeit aus der Perspektive von „Irreale Ängste und reale Gefahren. Inneralpen überdauern und ist auch heute aus- Wieser-Medaille des Ferdinandeums und 1988 mit dem gegenübergestellt: von Soziologie und Mikrobiologie Kunst und Religion", im Rahmen von „Heinrich Tilly. Ein etwas anderer Blick auf die Geschichte KUNSTMUSEUM BASEL schließlich an derartige, unwirtliche Lebens- Ehrendoktorat der Universität Innsbruck gewürdigt. bis zu Romanistik und Völkerrecht Telfer Fasnachtskrippe“ der Telekommunikation“ Circular Flow. Zur Ökonomie der Ungleichheit räume gebunden. Karl Burmann (1908–1995) Die Schmetterlingssammlung Karl Burmann umfasst Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Tiroler Volkskunstmuseum Museum im Zeughaus noch bis 3.5. hat sich dieser Art eingehend gewidmet und rund 80.000 Exemplare. Sie ist eine einmalige Landes- Do 6.2. und 20.2., 18 Uhr, Eintritt frei Di 18.2., 18.30 Uhr, Eintritt frei Fr 27.3., 15 Uhr www.kunstmuseumbasel.ch aus Tirol eine eigene Rasse beschrieben. Die dokumentation für Gesamttirol und stellt als Kernbe- abgebildeteten Typen bilden die Grundlage für reich der weltberühmten Schmetterlingssammlungen diese Namensgebung. des Ferdinandeums auch eine permanente Grundlage Die Erforschung der Schmetterlinge des Al- für die Erforschung der Veränderungen im sensiblen al- penraumes ist untrennbar mit dem Namen Karl pinen Naturraum dar. Burmann verknüpft. Der Naturliebhaber war ein herausragender Experte alpiner Falter und Holoarctia cervini teriolensis – Typenexemplare aus der Schmetterlings Autor von 174 wissenschaftlichen Publikati- sammlung Dr. h. c. Karl Burmann (Innsbruck 1908–1995 Innsbruck), Samm- onen. Beeindruckend ist seine fast vollständige lungskastenkompartiment mit Schmetterlingen, 11,5 x 9,5 cm. Foto: TLM/ Sammlung alpiner Großschmetterlinge, die als Andreas Eckelt Wie machtvoll ist Vergessen? Kurator Roland Sila (li.) bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Vergessen“ am 13.12.2019 im Ferdinandeum. Unter den Gästen (v.l.n.r.) Direktor Peter und Gertrud Assmann, Vizerektorin der Universität Innsbruck Ulrike Tanzer, TVBI-Obmann Karl Gostner, Aufsichtsratsvorsitzende Elisabeth Gürtler und Vorstandsvorsitzende des Vereins Barbara Psenner. Viele BesucherInnen nutzten die interaktiven Tools der Ausstellung (re.) Sarah Caliciotti Dieser Frage wird bei der gleichnamigen Podiumsdis- den? Mit jeder Entscheidung, etwas in den Mittelpunkt kussion im Rahmen der Ausstellung „Vergessen. Frag- zu rücken, wird automatisch auch entschieden, etwas mente der Erinnerung“ nachgegangen. Dabei soll die anderem diesen Raum nicht zu geben. Damit wird das Doppelbedeutung ins Zentrum gerückt werden: Auf potenzielle Vergessen von letzterem in Kauf genommen der einen Seite muss geklärt werden, welche Macht das und nicht nur maßgeblich mitbestimmt, worüber eine Vergessen ausübt, was der Akt des Vergessens bewirken Gesellschaft spricht, sondern vor allem auch, wie sie kann und ob es auch Bereiche gibt, in denen jenes als über Dinge denkt. positiv, wenn nicht sogar als unabdingbar gesehen wer- Da auch in einem Gespräch über Macht ebenjene eine den kann. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, was große Rolle spielt, soll die Diskussion aus drei unter- all dem zugrunde liegt: Wer hat die Macht, darüber zu schiedlichen Perspektiven erfolgen und damit mehrere bestimmen, was in Vergessenheit gerät? Alles, woran Zugänge ermöglichen. sich eine Gesellschaft erinnern kann, hängt ebenso vom Der Innsbrucker Künstler HNRX schafft aus der unschön besprühten Netzplane Künstlerin Carmen Brucic und Kuratorin Rosanna Dematté bei der Eröffnung von Direktor Peter Assmann bei seiner Antrittsrede, 4.11.2019 herrschenden Diskurs ab, wie das, was sie vergisst. Wer vor dem Ferdinandeum ein neues Kunstwerk, 14.11.2019 „Carmen Brucic. In den leeren Spiegeln …“ im Volkskunstmuseum, 24.10.2019 bestimmt, welche Bücher in der Schule gelesen werden, was in Ausstellungen und in Schauspielhäusern gezeigt Wie machtvoll ist Vergessen? wird, kurz: Welche Themen in der Gesellschaft Platz fin- Podiumsdiskussion mit Moderator Benedikt Sauer WERBEN ODER WERDEN SIE JETZT EIN MITGLIED Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Sebastián de Covarrubias y Orozco, Emblemas morales, 1610, Bl. 115. 4. März, 19 Uhr, Eintritt frei © ÖNB Wien: 74.G.106, Emblem 115 und GENIESSEN SIE folgende Vorteile: • freien Eintritt in die Tiroler Landesmuseen Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Museum im Zeughaus, Begehbare Gedanken aus der Moderne DAS TIROL PANORAMA mit Kaiserjägermuseum, Tiroler Volkskunstmuseum und Hofkirche • freien Eintritt in alle österreichischen Landesmuseen sowie Florian Waldvogel ermäßigten Eintritt in Partnermuseen • Ermäßigungen bei Konzerten und Vereinsfahrten • Rabatte auf TLM-Publikationen und -CDs im Museumsshop Die Präsentation #1 widmet sich einer semantischen Ge- der Moderne“ zwei Künstlern gewidmet, deren unterschied- • kostenlose Zusendung der ferdinandea und von Einladungen zu genüberstellung der Werke von Peter Kogler (*1959) und liche Medien und künstlerische Ansätze miteinander kom- Veranstaltungen und Eröffnungen Oswald Oberhuber (*1931–2020 ). Peter Koglers Amei- biniert, das Spannungsfeld von Formauflösung und Form- • kostenlose Begutachtungen sentapete „Documenta IX“ (1992) steht synonym sowohl werdung aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und Mitgliedsbeitrag 2020: für eine metaphernreiche Anspielung auf die musealischen gleichzeitig die Komplexität kultureller Produktion abbildet Einzelmitglieder: 35 Euro Sammlungen des Ferdinandeums als auch für die zuneh- und verdeutlicht. Studierende: 12 Euro mende Komplexität unserer Lebensrealität. Dass so eine Die Programmgestaltung der Ausstellungsreihe ist darauf Sammlungsgeschichte nicht frei von Konfliktlinien und ausgerichtet, Entwicklungen in der kulturellen Produktion Familie/Lebensgemeinschaft: 55 Euro Widersprüchen ist, davon zeugt die Arbeit „Röhrenpla- und des kulturellen Austauschs quer durch alle Disziplinen Gemeinde/Institution: 110 Euro stik“ (1969–1971) von Oswald Oberhuber. Im Auftrag der aufzunehmen, neue Ideen und Entwicklungen der Moder- Tiroler Landesregierung schuf er für die Innsbrucker Uni- nen Sammlung zu erkennen, Neuankäufe auszustellen und versitätsklinik (Chirurgie) diese Skulptur, die 1971 ange- Raum zu schaffen für die sich ständig ändernden Ideen der Jahresabschluss mit den Mitgliedern, Ferdinandeum, 15.12.2019 Fotos: TLM, Wolfgang Lackner, Renate Telser kauft wurde, aber bei der Bevölkerung auf breite Ableh- künstlerischen Produktion. nung stieß und deshalb wieder abgebaut werden musste. Impressum: Medieninhaber, Herausgeber, Verleger und Hersteller: Verein Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum: Museumstraße 15 · 6020 Innsbruck · verein@tiroler-landesmuseum.at · T +43 512 59 489-105; Redaktion: Barbara Psenner, Bernhard Platzer, Astrid Flögel, Josefine Justic, Maria Mayrl, Birgit Schönegger, Renate Telser. Die ferdinandea erscheint 4 x im Jahr; Vereinszweck: Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft in Tirol; Blattlinie: Informationsorgan der Mitglieder. Mit Peter Kogler und Oswald Oberhuber ist die erste Prä- Artbox: Oswald Oberhuber, Röhrenplastik, 1969–1971 und Peter Kogler, Organe: Vorstand (B. Psenner, B. Platzer, F. Pegger); Aufsichtsrat (J. Hörmann-Thurn und Taxis, V. Zingerle, S. Höller, L. Madersbacher); Grafik: büro54; Druck: Athesia-Tyrolia Druck · Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die persönliche Meinung der AutorInnen wieder. Im Sinne der besseren sentation der Ausstellungsreihe „Begehbare Gedanken aus Documenta IX (Ameisentapete), 1992. Foto: Johannes Plattner Lesbarkeit wird fallweise auf eine geschlechtergerechte Formulierung verzichtet. Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck und Vervielfältigung nur mit ausdrücklicher Genehmigung der AutorInnen.
8 Ver a ns t a l t ungen f er dina nde a Nr 51 Febr uar – A pr il 2020 W i s s en sc h a f t 9 Der Mozart des 19. Jahrhunderts Die Neubewertung einer Siegelkapsel aus dem Hause Sforza Klavierquartette von Felix Mendelssohn Bartholdy Forschung in der angewandten Kunst Franz Gratl Delia Scheffer „Er ist der Mozart des 19. Jahrhunderts, der tige Hammerflügel von Conrad Graf aus dem Ferdinande- hellste Musiker, der die Widersprüche der Zeit um, ein ideales Instrument für dieses Repertoire. Bis 5. Jänner 2020 befanden sich mehrere Objekte aus dem Ferdinandeum als Leihgaben im Metropolitan Museum of Art in New York, wo sie in der am klarsten durchschaut und zuerst versöhnt“, so Ulli Engel (Violine) Ausstellung „The Last Knight“ gezeigt wurden. Im Zuge der Vorbereitungen zu dieser Ausstellung ergab sich die Möglichkeit, ein besonders interessantes urteilte Robert Schumann über Felix Mendels- Firmian Lermer (Viola) Objekt nach vielen Jahrzehnten wieder genauer unter die Lupe zu nehmen. Die sogenannte „Siegelkapsel der Bianca Maria Sforza“ war zwar bereits sohn Bartholdy. Kaspar Singer (Violoncello) 1969 im Rahmen eines Aufsatzes von Franz-Heinz Hye untersucht worden, bei genauerer Betrachtung blieben jedoch damals einige Fragen offen, die eine Die Verbindung klassischer Formen mit ei- Michael Schöch (Hammeflügel Conrad Graf) ner romantischen Tonsprache ist auch typisch erneute Untersuchung erforderlich machten. für Mendelssohns Klavierkammermusik. Nach den Cellosonaten und den Klaviertrios widmen Der Mozart des 19. Jahrhunderts sich die MusikerInnen rund um den Tiroler Klavierquartette von Felix Mendelssohn Bartholdy Siegelkapseln waren ab dem Spätmittelalter Metallgefäße, Cellisten Kaspar Singer nun den Klavierquar- Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in die das Wachs für Siegel eingegossen wurde, die an of- tetten: Die Erkundungstour durch die Welt der 1. April, 19 Uhr fizielle Dokumente angehängt wurden. Durch die Metal- Mendelssohn’schen Kammermusik erhält durch lummantelung blieb das empfindliche Wachs vor Umwelt- die Verwendung von historischem Instrumenta- Preis: 19 Euro, erm. 16 Euro, 10 Euro für SchülerInnen & StudentInnen einflüssen geschützt. Diese Kapseln wurden in manchen rium einen besonderen klanglichen Reiz: Zum bis 27 Jahre, Konzert im Abonnement erhältlich Fällen verziert, häufig mit Wappen und/oder den Initialen Einsatz kommt unter anderem der klangpräch- Hammerflügel von Conrad Graf, Wien, um 1835. Foto: TLM des Siegelträgers. Die Innsbrucker Siegelkapsel, deren Wachssiegel heute verloren ist, wurde aus feuervergoldetem Kupfer gefertigt und mit ziselierten Motiven verziert. Sie stammt aus der Drei Jahre Europa Zeit um 1500, trägt das Wappen des Hauses Sforza und die Initialen MA SF auf dem Deckel, auf der Unterseite das Bild einer fliegenden Taube und auf der Deckelinnen- seite die Darstellung von drei ineinander verschlungenen Astrid Flögel Diamantringen. Das Wappen vorne ist zu beiden Seiten von drei brennenden Stangen mit daran hängenden Ei- mern flankiert und zeigt oben eine Herzogskrone mit zwei Italien, wohl Lombardei, Siegelkapsel des Massimiliano Sforza, Herzog Noch bis 1. März 2020 ist im Tiroler Landesmuseum Fer- Jahre Europa“. Moderiert von den WissenschaftlerInnen Zweigen. von Mailand, um 1512–1515, Kupferlegierung, feuervergoldet dinandeum die Ausstellung „Schönheit vor Weisheit. Das Univ. Prof. Dr. Erol Yildiz und PD Dr. Veronika Bernard Franz-Heinz Hye interpretierte das Wappen als das Wissen der Kunst. Die Kunst der Wissenschaft“, welche von (beide Universität Innsbruck), sprechen und diskutieren der Bianca Maria S forza, der zweiten Ehefrau Kaiser deten Motive stimmen mit der Innsbrucker Siegelkapsel der Universität Innsbruck und den Tiroler Landesmuseen zunächst vier ExpertInnen anhand von Ausschnitten aus Maximilians, weil einige Bestandteile – wie die Stangen überein. Eine weitere Kapsel für Massimiliano verwahrt gemeinsam organisiert wurde, zu bestaunen. Im Rahmen dem gleichnamigen Dokumentarfilm zu Schlüsselaspekten mit den Kübeln – mit Elementen an ihrem Wappen am das Mailänder Staatsarchiv. Diese ist in den Details der dieser Schau spannen am 27. Februar 2020 drei weitere der Fluchtbewegungen der Jahre 2015 bis 2018 in Hinblick Goldenen Dachl und am ehemaligen Innsbrucker Wap- Innsbrucker noch verwandter. Auch die Buchstaben MA Veranstaltungen den Bogen zwischen Wissenschaft, ge- auf jugendliche Geflüchtete. Traumatisierungen und ihre penturm übereinstimmen. Dass die Initialen ihres ersten und SF sind hier über den Ästen am Wappen eingefügt, sellschaftlicher Praxis und Kunst – unter dem Titel „Drei Folgen für Chancen und Herausforderungen in Ausbildung Vornamens, Bianca, nicht in die Kapsel geritzt waren, be- allerdings steht hier unterhalb der Äste links noch DV und und auf dem Arbeitsmarkt stehen hierbei im Zentrum. Im achtete er nicht, obwohl unwahrscheinlich ist, dass sie aus- rechts MLI. Die Beschriftung ist also zu lesen als MAs- Anschluss besteht die Möglichkeit zum Gespräch mit den gelassen worden wären. Um zu verstehen, wem die Kapsel similiano SForza DVx MedioLanI (Massimiliano Sforza, Panel „Drei Jahre Europa“ HerausgeberInnen (Veronika Bernard & Eugene Sensenig) tatsächlich gehörte, wurden daher alle Bildelemente noch Herzog von Mailand). Ein international besetztes Panel zu Schlüsselaspekten der und AutorInnen des zweisprachigen Sammelbandes „Drei einmal genau betrachtet. Weil die beiden mailändischen Stücke eindeutig Fluchtbewegungen 2015–2018, mit anschließender Buchpräsentation Jahre Europa“. Den Abschluss bildet die Kunst: Um 18 Uhr Massimiliano Sforza gehörten, muss aufgrund ihrer und Vorführung des Dokumentarfilms laden die VeranstalterInnen zur Premiere des 90-minütigen Repräsentation durch Symbolik Übereinstimmung auch die Innsbrucker Kapsel diesem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Dokumentarfilms „Drei Jahre Europa“, der in Interview- Das Wappen, ein viergeteilter Wappenschild mit dem Deut- Herrscher zugeordnet werden. Die Zuweisung wird be- 27. Februar, 14–19.30 Uhr, Eintritt frei form einen Einblick in das Leben von vier jugendlich Ge- schen Reichsadler und dem Biscione, einer gewundenen stätigt durch die Initialen MA SF neben dem Wappen, flüchteten in Österreich in den Jahren 2015 bis 2018 gibt. Schlange, übernahmen die Sforza 1450 nach ihrer Herr- die viel eher auf Massimiliano als auf Bianca Maria ver- schaftsübernahme in Mailand von den Visconti. Die wei- weisen. Da Massimiliano nur für den kurzen Zeitraum teren Attribute des Wappens, die brennenden Stangen mit von 1512 bis 1515 tatsächlich in Mailand regierte und Kübeln und die Krone mit den Zweigen, sind sogenannte sein Leben ansonsten im Exil fristete, sind alle drei Ob- Mitsinnen Impresen, ebenso wie die Motive auf der Innen- und Un- jekte in diese Dreijahresspanne zu datieren. terseite. Impresen sind persönliche Devisen, die durch eine Die Innsbrucker Siegelkapsel gehörte also nach neuestem Innenseite der Siegelkapsel des Massimiliano Sforza Verbindung von einer bildlichen Darstellung und (häufig) Informationsstand nicht Bianca Maria Sforza, sondern einem Motto eine Eigenschaft oder die Einstellungen und ihrem Cousin Massimiliano. Warum und wie sie in Ti- Für Menschen mit demenziellen Veränderungen Absichten ihres Trägers präsentierten. Das Haus Sforza roler Besitz und letztendlich in die Bestände des Landes- machte intensiven Gebrauch von dieser Bildsymbolik. Die museums gelangte, lässt sich heute nur vermuten, ebenso Angelika Schafferer Mailänder Fürsten ließen ihre repräsentativen Bauten und wie die Frage, an welchem Dokument sie ursprünglich Gegenstände mit einem umfassenden und immer wieder- hing. Sie ist jedoch auch heute noch ein faszinierendes kehrenden Programm von Impresen schmücken, das ho- Zeugnis für den intensiven Einsatz von Impresen durch 2018 startete in den Tiroler Landesmuseen das an Alltagsobjekten dient als haptische und emotionale agestherapiezentren geworden. Im Rahmen der Aus- T hen Wiedererkennungswert hatte. Die brennenden Kübel- die Sforza. Pilotprojekt „Mitsinnen“ für Menschen, deren ko- Brücke zu originalen Gemälden und Skulpturen, die zum stellung „Vergessen. Fragmente der Erinnerung“ werden stangen mit den daran hängenden Wassereimern stehen gnitive Prozesse beeinträchtigt sind, deren emoti- Austausch der unmittelbar am Werk gewonnenen Wahrneh- offene Workshops angeboten, die Menschen mit demen- beispielsweise als Allegorie für Krieg und Frieden oder Die ungekürzte Fassung ist im Wissenschaftlichen Jahr- onale Wahrnehmungen aber erhalten bleiben. mungen und Erinnerungen anregen. Die gewonnenen Ein- ziellen Veränderungen und ihre Angehörigen einladen, als Bild für Tugendhaftigkeit: Die Leidenschaft (das Feu- buch der Tiroler Landesmuseen 2019 erschienen. Wie können Menschen mit demenziellen Verän- drücke verarbeiten die TeilnehmerInnen im Atelier kreativ das Ferdinandeum zu besuchen. er) wird durch die Klugheit (das Wasser) gebändigt. derungen einen barrierefreien Zugang zur Kunst in Eitempera, Legebildern oder Frottagen. Dabei entste- Der Verwendungszeitraum der einzelnen Impresen auf der erleben? Wie kann soziale und kulturelle Teilhabe hen entsprechend den jeweiligen Möglichkeiten Werke, Siegelkapsel gibt leider keinen genauen Aufschluss darü- Wolfgang Meighörner, Tiroler Landesmuseen-Betriebsg.m.b.H. (Hg.), für diese Zielgruppe im Museum gelingen? die Erfolgserlebnisse schenken und das Selbstwertgefühl Workshop „Mitsinnen“ ber, welcher Person das Objekt zuzuordnen ist. Auch das Wissenschaftliches Jahrbuch der Tiroler Landesmuseen 2019, Mit solchen Fragestellungen beschäftigte sich stärken. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Bildprogramm als Ganzes lässt sich keiner einzelnen Per- StudienVerlag Innsbruck, ISBN 978-3-7065-5087-1 ein Forschungsprojekt des Lehmbruck Museums Voraussetzung ist das unvoreingenommene Mitgehen mit 22. Februar, 14–16 Uhr sönlichkeit zuweisen. In zwei M ailänder Sammlungen fan- AutorInnen: Wolfgang Auer, Siegfried Erlebach, Raimund Franz, Duisburg. Dafür wurde die Kunstvermittlung den Wahrnehmungen und Äußerungen der Menschen in der Ausstellung „Vergessen. Fragmente der Erinnerung“ den sich jedoch Siegelkapseln, die der Innsbrucker in ihrer Uwe Gast, Hubert Held, Peter Huemer, Konrad Pagitz, Hansjörg für Menschen mit Demenz unter Berücksichti- mit Demenz. Die innere Einstellung der Kulturvermitt Keine Vorkenntnisse erforderlich hochwertigen Ausführung und im Stil sehr ähnlich sind. Rabanser, Petra Schattanek, Delia Scheffer, Herbert Seelaus und gung von didaktischen Methoden, besonderen lerinnen, dass Menschen mit Demenz sich mitteilen wol- Max. 12 TeilnehmerInnen, kostenlos Im Castello Sforzesco befindet sich eine Kapsel, die zwar Benjamin Wiesmair Anforderungen in der Kommunikation, der Aus- len und können, ist entscheidend. keine Initialen eingraviert hat, aber durch das noch er- Erhältlich: unter shop.tiroler-landesmuseen.at oder wahl der Werke und ihrer Präsentation unter- „Mitsinnen“ ist dank der Kooperation mit VAGET – Anmeldung unter: haltene Wachssiegel als zu Massimiliano Sforza gehörig in Shops der Tiroler Landesmuseen sucht. Basierend auf diesen Erkenntnissen ent- Verbund außerstationärer gerontopsychiatrischer Ein- info@tiroler-landesmuseen.at oder 0512 59 489-111 identifiziert werden kann. Massimiliano war Bianca Maria Preis: 34,90 Euro stand das Konzept für „Mitsinnen“: Ein Fundus richtungen Tirols – ein fixes Angebot für Menschen aus Sforzas Cousin. Die präzise Ausführung und die verwen- Rückseite der Siegelkapsel des Massimiliano Sforza. Fotos: TLM
10 S pe z ia l s a mml ungen f er dina nde a Nr 51 Febr uar – A pr il 2020 Mu s eum s w er k s t ä t t en 11 Historische Fotografien bewahren Das neue Logo der Tiroler Landesmuseen Martin Kofler und Notburga Siller Michael Zechmann Wie gehe ich mit meinem eigenen Fotoarchiv sorgsam um? Wer hat Rechte an (historischen) Fotografien inne? Wie bewahre ich Fotooriginale Die Tiroler Landesmuseen haben seit Anfang November 2019 nicht nur einen neuen Geschäftsführer, sondern nach 13 Jahren auch ein neues richtig auf, wie digitalisiere und speichere ich für die Zukunft? Die Ergebnisse des Interreg-Projekts „Lichtbild. Kulturschatz Historische Logo. Ein Logo ist das wichtigste grafische Element, das ein Unternehmen nach außen hin repräsentiert. Es ist maßgeblich verantwortlich für Photographie“ bieten Hilfe und Anleitungen. Mehr dazu unter www.lichtbild-argentovivo.eu. die Markenrezeption. Aber auch nach innen hat es starke Kraft, denn es ist ein Identifizierungsmerkmal der MitarbeiterInnen. Somit ist das Logo eines der wichtigsten Elemente des Corporate Designs. Seine Entwicklung ist jedoch komplexer, als man sich das vorstellt. Logoentwerfen – eine schöne Sache a bgeschlossen ist und man das Logo stolz präsentiert, Siegerdesign der Tiroler Agentur stuffmakers.s t udio Ein Logo zu entwerfen, ist für DesignerInnen eine schöne wird es aber immer Unkenrufe geben. Man findet immer gekürt. Dieses wurde anschließend entsprechend der Sache. Man kann der eigenen Kreativität freien Lauf und Menschen, denen das Logo gar nicht gefällt oder denen Vorstellungen des Direktors verfeinert. verschiedene zuerst erhobene Parameter in die Gestal- das alte Logo viel besser gefallen hat. Kritik wird man, tung einfließen lassen. Vor allem im ersten Kreativpro- vor allem bei Logodesign, immer öfter hören als Lob. Ein Ein M für Museum und mehr zess gibt es keine Tabus. Alles ist möglich. Die Designe- Logo zu entwerfen, das allen gefällt, ist nicht möglich. Das neue Logo ähnelt einem Qualitätssiegel. Die Idee rInnen können das Logo als erlebbares Element in allen des „M“ für Museum, wie sie auch im alten Logo vor- Varianten und Anwendungsmöglichkeiten denken und so handen war, wurde beibehalten, jedoch vollkommen maßgeblich zum Markenbildungsprozess beitragen. „Das Logo ist nicht nur prägnant neu interpretiert und erlebbar gemacht. Durch die Aus- führung des Logos als Handletter wird zunächst das Logoentwerfen – eine schwierige Sache (Kunst-)Handwerk und Kunstschaffen, um welches es Ein Logo zu entwerfen, ist eine schwierige Sache. in seiner Erscheinungsform, es in den einzelnen Museen und Sammlungen geht, di- Es ist die Königsdisziplin der Grafik, hunderte Para- rekt im Logo zum Ausdruck gebracht. Die Form des Interreg-Arbeitsgruppensitzung in Innsbruck – das Team Lichtbild zu Besuch beim Projektpartner Tiroler Landesmuseen, 9. Mai 2017. Foto: TLM meter gibt es zu bedenken. Es geht nicht nur darum, dass ein Logo „cool“ oder „modern“ aussieht, es muss versteht sich auch als ein Qua- Letters spielt auch auf den alpin-urbanen Standort I nnsbruck an: bergig, schroff, kantig und dennoch „Lichtbild“ ist ein gemeinsames Projekt zur historischen lich der Auswahl des Standorts, der Ausstattung und zeitgleich zeitlos sein, keiner Modeströmung unter- liegen. Es muss großflächig funktionieren, aber auch litätssiegel unserer vielfältigen imposant, modern und gleichzeitig traditionell. Zu- dem durchbricht das „M“ den Kreis, wirkt dadurch Fotografie von Partnern in Tirol und Südtirol mit Lauf- zeit von Jänner 2017 bis Dezember 2019. Es kooperierten der Betreuung vor Ort in der Maria-Theresien-Straße (Platz da! Scesi in Piazza) bzw. im Zeughaus (Frauen- in kleinen Größen lesbar bleiben. Es muss – zum Bei- spiel auf einem Stempel – einfarbig funktionieren, musealen Arbeit.“ wie herausgestanzt aus dem Siegel und bietet damit im übertragenen Sinn eine Einsicht in das Museum – der Verein Tiroler Archiv für photographische Doku- bilder/Signora Fotograf(i)a). Roland Sila arbeitete auch aber auch bei bunten Sujets markant bleiben. Ein Logo Direktor Peter Assmann quasi ein erstes „Fenster“ mit Einblick in die Samm- mentation und Kunst (TAP) in Lienz, die Stadtgemeinde bei der mobilen Anwendung für Smartphones „Timetrip muss bei verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten lungen. Durch diese Transparenz wird aber auch die Bruneck, das Amt für Film und Medien/Abteilung Deut- Pics“ mit: Der Wandel zentraler Orte in Bozen, Brun- unverkennbar bleiben. Es muss einen hohen Wieder- Die politische Seite generelle Transparenz eines modernen Museums und sche Kultur und die Abteilung Museen der Autonomen eck, L ienz und Innsbruck lässt sich wie im Daumenkino erkennungswert haben, BetrachterInnen müssen das Wenn eine Institution wie die Tiroler Landesmuseen die Öffnung der Landesmuseen zu einem Museum Provinz Bozen – Südtirol mit den assoziierten Partnern oder mit in aktuelle Panoramaaufnahmen eingebauten Logo mit dem Unternehmen intuitiv in Verbindung ein Logo-Redesign vornimmt, sind einige politisch re- für alle verdeutlicht. Das Logo funktioniert auch, Tiroler Landesmuseen und Tiroler Bildungsforum in historischen Aufnahmen visuell nachvollziehen. bringen. Doch ein modernes Logo muss mehr können. levante Dinge zu beachten. Immerhin geht es um Steu- wenn man nur das Signet verwendet. Es kann zum Innsbruck, Südtiroler Landesarchiv in Bozen sowie die In den sozialen Medien muss seine Präsenz funktionie- ergeld. Aus diesem Grund wurde im Designprozess des Beispiel als Profilbild in sozialen Medien oder als Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Gefördert durch Das richtige Bewahren ren, es muss „responsive“ sein und in kleinsten Dateigrö- neuen TLM-Logos strikt auf eine wirtschaftsethische Ansteck-Pin für MitarbeiterInnen verwendet werden, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung Für die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit ßen vorliegen können, um Traffic im hausinternen Netz und ressourcenschonende Vorgehensweise wert gelegt. ohne an Kraft und Wiedererkennungswert einbüßen zu und Interreg V-A Italien-Österreich 2014–2020 wurde (historischen) Fotografien hat das Projekt vor allem für zu sparen. Dies sind einige Beispiele, die es zu bedenken So wurden mehrere Tiroler und norditalienische Fir- müssen. die Mission „Kompetent im Umgang, offen im Zugang. die Zielgruppe der Ehrenamtlichen und Interessierten gibt. Beim Logodesign muss man an extrem viele Para- men ausgesucht und angeschrieben. Vier davon beka- Photography goes Future“ in die Tat umgesetzt. Die Be- Weiterbildungsangebote ausgearbeitet. Die Basis bilden meter denken und darf sich dennoch nicht in der Kreati- men den Auftrag, einen konkreten Vorschlag für ein Logos müssen heutzutage außerdem auch erlebbar sein. schäftigung mit Fotografie war sehr vielfältig. fünf Workshops mit Fachleuten aus Österreich, Italien, vität einschränken lassen. potentielles TLM-Logo in einem Kreativprozess zu er- Daher war es ein Anliegen, das neue Logo vielfältig, D eutschland und der Schweiz zu den Themen „Geschich- arbeiten. Hierfür wurde ein Abschlagshonorar bezahlt, auch im urbanen Raum, einsetzen zu können. Ob als Präsentieren: Ausstellungen & App te der Fotografie in Tirol und Südtirol“, „Fotorecht und Logoentwerfen – eine unmögliche Sache da Kreativleistungen keine Gratisleistungen sind. Die Gravur, Schlüsselanhänger, Schnitzerei oder aus dem Historische Lichtbilder wurden in unterschiedlichen Creative Commons“, „Fotos richtig aufbewahren und Ein Logo zu entwerfen, ist eine unmögliche Sache. Die eingegangenen Entwürfe wurden, um eine Einfluss- 3D-Drucker bis hin zu einer Art Sitzmöbel direkt vor Medien gezeigt: Das Projekt präsentierte zwei vir- ordnen“, „Fotos digitalisieren und bearbeiten“ sowie Einblick in die App „Timetrip Pics“, hier Innsbruck, Maria-Theresien-Straße. AuftraggeberInnen wollen, dass das Logo ihnen selbst nahme auszuschließen, anonymisiert und dann einem dem Ferdinandeum. Das „M“ bietet eine haptische Er- tuelle Ausstellungen, d. h. online, und zwei Ausstel- „Fotografie und digitale Langzeitarchivierung“. Auch Screenshot: Bruno Mandolesi gefällt, aber zeitgleich auch allen KundInnen gefällt. internen Gremium unter Leitung von Direktor Peter lebbarkeit des Logos und damit eine soziale Bindung lungen im realen Raum. Auf der Plattform Lichtbild hier brachten sich Claudia Sporer-Heis und Roland Sila Die Schwierigkeit ist, ein Logo so zu gestalten, dass es A ssmann vorgelegt. Aus den insgesamt 30 Entwürfen der Museumsgäste und MitarbeiterInnen zu den Lan- w ww.lichtbild-argentovivo.eu sind Einblicke in die als Vortragende bzw. bei einer Schau von historischen die Hauptzielgruppe anspricht. Wenn der Designprozess wurde mittels Diskussion und Ausschlussverfahren das desmuseen. visuelle Geschichte der Familie Kneußl in Tirol-Süd- Originalen ein. Diese Veranstaltungen waren kostenlos tirol-Trentino 1887–1964 sowie eine Ausstellung mit und für alle offen, sie wurden simultan ins D eutsche Schlaglichtern auf den Wintersport in der Region im bzw. Italienische übersetzt; knapp 600 Interessierte 20. Jahrhundert zu sehen. Im Herbst 2018 präsentierte nahmen teil. Darauf aufbauend entstanden fünf praxis- das Team „Platz da! Scesi in Piazza“, eine Ausstellung nahe schriftliche Handreichungen für den Umgang mit in vier Kapiteln, gleichzeitig in Lienz, Bruneck, Inns- historischer Fotografie – in den drei Sprachen Deutsch, bruck und Bozen, und zwar im Freien, im öffentlichen Italienisch und Englisch zum kostenlosen Download. In Raum und 24 Stunden am Tag zugänglich. Anhand hi- einem E-Learning-Kurs werden die Inhalte didaktisch storischer Aufnahmen zeigte das Projektteam, welche und interaktiv aufbereitet vermittelt, ExpertInnen neh- Gruppen und Institutionen, Machthaber und Einzel- men in Videos Stellung. Der Kurs wird in deutscher und kämpfer wichtige Plätze der Städte im Laufe der Zeit in italienischer Sprache angeboten. für sich eingenommen haben. „Frauenbilder/Signora Fotograf(i)a“ wiederum, eine Ausstellung im Frühsom- Umfangreiche, frei zugängliche Foto-Datenbank mer 2019, setzte sich mit der Rolle der Fotografie als Neben der offenen Zugänglichkeit der Handreichungen, Zeugin des Wandels am Beispiel der Frauen vor und des Online-Kurses sowie der Ausstellungen steht un- hinter der Kamera auseinander: Die fünf Themen „Lauf ter dem Motto „Offen im Zugang“ außerdem eine Da- des Lebens“, „Arbeit“, „Atelier“, „Fotografinnen“ und tenbank mit 12.000 neu erschlossenen historischen „Freizeit“ wurden in Lienz, Bruneck, Bozen, Innsbruck Fotografien aus den Archiven der Projektpartner zur und Trient, das als Partner gewonnen werden konnte, Verfügung: Die Bilder werden in Druckqualität zum behandelt. Die begleitende gleichnamige Publikation kostenlosen Download angeboten – ohne Registrierung wurde von Katia Malatesta (Denkmalamt der Auto- und auch für die kommerzielle Nutzung, unter CC-BY- nomen Provinz Trient) und Martin Kofler (TAP) he- Lizenz, das heißt, einzig unter Nennung des jeweiligen rausgegeben. Archivs sowie der FotografInnen. Damit betreten wir Bei diesen beiden Ausstellungen haben sich Roland Neuland für das Projektgebiet Tirol–Südtirol! Die ge- Studioaufnahme. Porträt von Herrn Friedrich Held sen. (geb. 1876 in Sila und Claudia Sporer-Heis, Kustoden der Tiroler samte Datenbank ist ebenfalls als Open Data zugäng- Bozen, gest. 1963 in Innsbruck, dort als Kaufmann tätig) auf einem Rad. L andesmuseen, intensiv eingebracht – sowohl bei der lich; auch an einem Hackathon, einem Programmier- An der Seite ist ein Mitarbeiter des Fotostudios zu sehen, der den Rad- Das Logo der TLM in einer Visualisierung als erlebbares Stadtmöbel. Diskussion der Ausstellungskonzepte, der Recherche marathon, hat das Projektteam mit seinen historischen fahrer mit Drähten stabilisiert. Bozen, 1896. Foto: Hermann Waldmüller, Das neue Logo und seine „responsive“ Form, also eine für z. B. mobile Bild: Alexander Haiden, verändert von stuffmakers.studio, Staffagen von in ihren Archiven, der Fotoauswahl als auch hinsicht- Bilddatensätzen teilgenommen. Bestand Fotostudio Waldmüller, Amt für Film und Medien, Bozen, CC BY 4.0 Anwendungen optimierte Version Das neue Logo wurde auch für soziale Medien optimiert skalgubbar.se
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