Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
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Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Impulse | Anhang Digital.Trend.Studie Digital Twin – Zwischen den Welten Foto: kentoh – adobestock Potential, Reifegrad und Einsatzgebiete Digitaler Zwillinge für die DB DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 1 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020
Inhalt Einführung Firmenportraits Mit Digital Twins zum hyperrealistischen Innovationslabor ................ 4 Firmenporträts ................................................................................. 28 Herzlich Willkommen, … .................................................................... 6 Auswahl etablierter Softwarehersteller ............................................. 29 Auswahl Start-ups ............................................................................. 32 Zusammenfassung Was ist der Digital Twin? .................................................................... 8 Impulse Der Trendmikrokosmos Digital Twin ................................................. 10 Intelligente Anlagen und Systeme .................................................... 35 Trendbewertung Digital Twin ........................................................... 11 Urbane Mobilität und Smart Cities ................................................... 36 Business Value: Medium ................................................................... 11 Vorausschauende Instandhaltung ..................................................... 37 Maturity (Reifegrad): Volatile ........................................................... 13 Weitere Innovationen ....................................................................... 38 Kernergebnisse und Empfehlungen ................................................... 15 Laufende Aktivitäten in der DB ........................................................ 39 Chancen und Risiken ........................................................................ 17 Anhang Digital Twin 2030 Glossar und Abkürzungen ................................................................. 43 Digital Twin Evolution ...................................................................... 19 Vorgehensweise & Methodik ............................................................ 44 Zukunftsvision Digital Twins............................................................. 20 Trendbewertung ............................................................................... 45 Ansprechpartner............................................................................... 46 Marktumfeld Marktentwicklung für Digital Twin.................................................... 25 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 2
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Einführung Mit Digital Twins zum hyperrealistischen Innovationslabor .................................................................. 4 Herzlich Willkommen, … ....................................................................................................................... 6 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 3
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Mit Digital Twins zum hyperrealistischen Innovationslabor Zu jedem Zeitpunkt unserer Geschichte wurde die Gesellschaft durch soge- nannte „Metatrends“ transformiert. Mit dem demografischen Wandel, dem Klimawandel, der Veränderung von Mobilität und der neuen Herausforderung durch die Pandemie Covid-19 treffen derzeit mehrere eher disruptiv einzuschät- zende Herausforderungen aufeinander. Daneben führt ein weiterer Megatrend, die Digitalisierung, ebenfalls zu radikalen Veränderungen und muss zeitgleich gesteuert und bewältigt werden. Allerdings bringt die Digitalisierung neben großen Herausforderungen eben auch große Chancen mit sich – etwa durch das Konzept von „Digital Twins“: Physikalisch korrekte Abbildungen von Ausschnitten der Realität, mit denen neuartige Experimentalumgebungen möglich werden. Oft sehen wir Digitale Zwillinge noch primär als Weiterentwicklung von Model- lierungen und Visualisierungstechnologien. Doch hinter der digitalen Repräsen- tanz eines materiellen oder immateriellen Objekts oder Prozesses aus der rea- len Welt verbirgt sich ein noch viel größeres Potential: Die Möglichkeit zum Experiment mit Gegenständen oder Prozessen, das in der realen Welt – etwa aus Sicherheitsgründen oder aus Zugänglichkeitsgründen - gar nicht möglich ist. Prof. Dr. Sabina Jeschke Bei diesen Simulationen handelt es sich nicht um „fiktive Szenarien“ mit „künstli- chen Objekten“: Der immer breitere Einsatz von Sensorik und deren Vernetzung im Konzept des Internet of Things erwecken die stillen Modelle zum Leben und geben ihnen sogar die Fähigkeit, ihre Wahrnehmung mit uns zu kommunizieren. Mit 5G und seiner extrem kurzen Latenz geschieht dies perspektivisch sogar in Echtzeit. Und der sich gleichzeitig vollziehende Leistungsschub in der Algorithmik der Künstlichen Intelligenz hilft uns, die Wahrnehmungen der „Zwillinge“ zu verstehen und die Objekte in der Realwelt intelligent zu steuern. Ich habe ein klares Ziel, eine Vision (und ich werde damit NICHT zum Arzt gehen ) ‒ ich will unsere gesamte Bahnwelt, mit der Abbildung aller Komponenten, Akteuren, Einflussfaktoren und Beziehungen, in einer Art „physikalisch korrektem Computerspiel“ nachbilden. Ich will einen Digital Twin nicht von einzelnen Komponenten oder einem einzelnen ICE4, sondern von dem gesamten vernetzten und vermaschten System. Echtzeitfähig. Denn dann wäre ich in der Lage, völlig ohne Risiko, mit unseren Systemen zu experimentieren, Extremsituationen und völlig neue Prozesse zu simulieren – basierend auf den Daten der „realen Welt“. Supervised und unsupervised learning – die beiden großen Stränge der datengetriebenen KI - spielen hier eine Rolle, aber noch relevanter ist der „Trial-and-Error“ Ansatz, der meist durch reinforcement learning umgesetzt wird. Damit kann ich Experimente fahren und neue Ideen testen, die teils sogar von künstlichen Intelligenzen selbst kreiert werden, - und die am Anfang möglicherweise „absurd“ klingen, aber eventuell zu einer enormen Verbesserung ausgewählter Prozesse führen können. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 4
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Eine solche Vision braucht vier zentrale Komponenten: die vollständige Simulation des Systems, den durchgängigen Datenzugriff mit minimalen Latenzzeiten, die KI zur Berechnung und Durchführung, und – einen neuen Ansatz im HPC, im High Performance Computing also. Und hier besteht noch eine offene Flanke, denn zeitgleich kommt das Moore’sche Gesetz an seine Grenzen, die vor allem aus der Miniaturisierung der Chips resul- tieren. Im Bereich klassischer Chipentwicklung sind bald keine radikalen Verbesserungen mehr zu erwarten. Zeitgleich aber bricht eine neue Tech- nologie durch, die seit mehreren Jahrzehnten intensiv beforscht wird: Quantum Computing, ein völlig anderer Hardwareansatz, der voraussichtlich in den kommenden Jahren zu einer völlig neuen Leistungsklasse im HPC führen wird, mit einer neuartigen „intrinsischen“ Fähigkeit zur Parallelisie- rung von Algorithmen. Wir befinden uns in der vierten industriellen Revolution, die von KI getrieben wird, und die durch eine starke Vernetzung gekennzeichnet ist ‒ sowohl in der vertikalen Wertschöpfungskette als auch in den multimodalen Mobilitäten. Wir brauchen also auch ein „interconnected“ Ökosystem der Digital Twins, in dem wir die Daten von der Deutschen Bahn mit Daten von Herstellern, Instandhaltern und anderen Mobilitätsanbietern fusionieren, vernetzen und austauschen. Wir brauchen eine völlig neue Offenheit und Vertrauen im gesamten Sektor, um die Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Ich bin den Autoren dieser Trendstudie sehr dankbar, weil wir dadurch unsere Erkenntnisse teilen, unseren Horizont weiten und gleichzeitig von anderen lernen. Großartige Initiative, herzlichen Dank und weiter so! Prof. Dr. Sabina Jeschke Vorstand Digitalisierung und Technik (T) | Deutsche Bahn AG DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 5
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Herzlich Willkommen, … …zu unserer Digital.Trend.Studie „Digital Twin – Zwischen den Welten“! Die Grenzen zwischen Online- und Offlinewelt verschwimmen mehr und mehr. Die zunehmende Verbreitung des Internet-of-Things sowie fortschreitende Entwicklungen in den Bereichen Sensorik, 5G, Mixed Reality und Künstlicher Intelligenz erlauben die digitale Abbildung und Überwachung realer Objekte, Prozesse oder gar Personen. Laut Gartner 1 werden schon bis zum nächsten Jahr die Hälfte aller Industrieunternehmen Digital Twins einsetzen. Der Begriff „Digital Twin“ be- zeichnet dabei keine neue Innovation, sondern vielmehr die intelligente Kombination der oben genannten Treibertechnologien mit großen Infor- mationsmengen aus internen und externen Datenquellen. Die Anwendungsfälle sind vielfältig. Insbesondere bei der Überwachung von Anlagen und Systemen und der vorausschauenden Wartung verspricht sich die Industrie eine erhebliche Senkung von Wartungskosten und der Erhöhung der Verfügbarkeit von Anlagen und kritischer Infrastruktur. Nicht nur die Abbildung physischer Objekte, sondern auch die Modellierung und Simulation vielfältiger Betriebsprozesse bergen erhebliches Potential. Elektronische Patientenakten, die Gesundheitsüberwachung durch Fitness-Tracker und Ansätze wie dem „360-Degree-Customer“ bilden erste Beispiele der so genannten Digital Twins of People, die vor allem auch als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie zunehmend Bekanntheit gewinnen. Doch was bedeuten diese Entwicklungen für uns? Im ersten Teil dieser Digital.Trend.Studie möchten wir Ihnen ein umfangreiches Verständnis über die wichtigsten Merkmale Digitaler Zwillinge, sowie deren Relevanz und Reifegrad für die Bahn von morgen vermitteln. Im zweiten Teil nehmen wir Sie mit auf eine Reise in die Zukunft und stellen Ihnen anschließend wie gewohnt relevante Marktimpulse vor. Abschließend geben wir Ihnen Einblicke in die laufenden Digital Twin Aktivitäten bei der Deutschen Bahn. Die Digital.Trend. Studie ist das Ergebnis der Zusammenarbeit mit vielen Expert*innen im DB Konzern aber auch außerhalb unserer Organisation. Erstmals haben wir uns in einem interdisziplinären Team, bestehend aus Mitarbeiter*innen vom Think Tank Digitalisierung & Technik, dem Konzern CTO Bereich für Strategie, Innovation und neue Technologien und dem Team Digital Foresight zusammen- gefunden, um gemeinsam das Potential Digitaler Zwillinge für den DB Konzern zu bewerten und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Wir möchten uns an dieser Stelle besonders bei allen Mitwirkenden bedanken, die uns bei der Erstellung der Studie, aber auch darüber hinaus bei der Etablierung dieses wichtigen Themas im Konzern unterstützt haben. Besonders vor dem Hintergrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie und Home-Office-Situation lässt sich dieser Einsatz nicht hoch genug würdigen. Wir wünschen Ihnen eine spannende und inspirierende Lektüre und freuen uns auf Ihr Feedback. Christine Mohn Team Digital Foresight | DB Systel GmbH 1 Gartner, Inc. (März 2019): Top 10 Strategic Technology Trends for 2019; ID G00377678 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 6
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Zusammenfassung Was ist der Digital Twin? ....................................................................................................................... 8 Der Trendmikrokosmos Digital Twin ................................................................................................... 10 Trendbewertung Digital Twin .............................................................................................................. 11 Business Value: Medium ..................................................................................................................... 11 Maturity (Reifegrad): Volatile ............................................................................................................. 13 Kernergebnisse und Empfehlungen ..................................................................................................... 15 Chancen DB Systel und Foresight GmbH | Digital Risiken| September ........................................................................................................................... 2020 17 7
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Was ist der Digital Twin? „Den“ Digital Twin gibt es nicht. Bis heute existiert noch keine einheitliche Definition Digitaler Zwillinge. Dies liegt vor allem in den unterschiedli- chen Schwerpunkten und Zielsetzungen begründet, die sich je nach Branche und Anwendungsfeld stark unterscheiden. Im Folgenden werden Defi- nitionen bekannter Marktforschungsinstitute und Digitalisierungsunternehmen vorgestellt, auf die wir im Rahmen unserer Recherchen gestoßen sind und die für uns ein schlüssiges Bild ergeben. Danach präsentieren wir Ihnen die „Digital Twin Philosophie“ der Deutschen Bahn. Definitionen am Markt Gartner definiert „Digital Twins“ als die digitale 1:1-Abbildung von Objekten, Personen und Prozessen. IBM ergänzt diese Definition um eine zeitliche Komponente. Demnach sind Digital Twins dynamische, virtuelle Darstellungen eines physischen Objekts oder Systems über mehrere Phasen seines Lebenszyklus hinweg. Aus der Verwendung und Komposition von Echtzeitdaten aus IoT-Sensoren, sowie weiteren betrieblichen und externen Informationsquellen entsteht ein virtuelles Spiegelbild, dessen Zustand sich mittels Data Analytics und Machine Learning in Echt- zeit überwachen und optimieren lässt. Durch Simulationsmodelle können darüber hinaus Erkenntnisse zur Beantwortung von „Was-wäre-wenn- Fragen“ gewonnen werden. Eine Besonderheit besteht zudem in der intuitiven Darstellung der Daten mittels Augmented oder Virtual Reality. Auch wenn eindrucksvolle, interaktive 3D-Visualisierungen schnell den Anschein erwecken, Digital Twins zu sein, so weist Forrester explizit darauf hin, dass zwar Animationen und grafische Simulationen eine Möglichkeit sind, Einblicke in Daten zu gewinnen – nicht aber den Digital Twin selbst darstellen. Darüber hinaus ist nicht nur die digitale Abbildung des Verhaltens des physischen Objektes von großem Mehrwert, sondern auch die Darstellung der Beziehungen der einzelnen Zwillinge mit ihrem Umfeld. So können die Daten von mehreren Digitalen Zwillingen zu neuen Digi- tal Twins zusammengefügt werden, sodass ein ganzes Netzwerk entsteht („Twin of Twins“). Gartner 2 unterscheidet drei Evolutionsstufen: Discrete Digital Twins dienen der Optimierung einzelner Vermögenswerte, Personen und anderer physischer Ressourcen. Composite Digital Twins werden auf Vorgänge angewendet, bei denen diskrete Digitale Zwillinge und weitere Ressourcen wie bspw. externe Datenquellen kombiniert werden. Digital Twins of Organisations (DTO) dienen der Maximierung des Geschäftswerts gesamter unternehmerischer Prozesse und ergeben sich aus der Interaktion vieler diskreter und kombinierter Digital Twins. Abbildung 1: Darstellung der Evolutionsstufen von Digital Twins nach Gartner (2020) 2 Gartner, Inc. (Juli 2020): What to Expect When You’re Expecting Digital Twins; ID G00381153 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 8
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Die Art der Kommunikation zwischen dem Digital Twin und seinem physischen Spiegelbild sowie den Grad der Standardisierung der Datenmo- delle und -quellen bilden die beiden Dimensionen des Digital Twin Maturity Model der Unternehmensberatung Detecon. Herrschen zwischen physischem Objekt und Digital Twin keinerlei Kommunikation in Form eines Daten- und Informationsflusses statt, so sprechen Detecon nur von einem Repräsentanten, wie bspw. einem virtuellen Bauplan eines zukünftigen Bahnhofs. Ein „echter“ Digital Twin liegt demnach nur dann vor, wenn zwischen den beiden Entitäten eine bi-direktionale Kommunikation stattfindet und die Interaktion mit dem virtuellen Modell direkte Auswirkungen auf das physische Objekt hat und umgekehrt. Der Grad der Standardisierung referenziert die Art der Interoperabilität der Datenmodelle und Datenquellen. Liegt keinerlei Standardisierung vor, so interagiert der Digital Twin nicht mit anderen Systemen. Erst die Fähigkeit des Datenaustauschs mit internen und externen Systemen ermög- licht die Integration des Digital Twins in ein multilaterales Ökosystem. Digital Twin Philosophie der Deutschen Bahn Aus der Vielzahl an Perspektiven und Dimensionen von Digital Twins ergibt sich eine Digital Twin Philosophie, die vom CTO Bereich für Strategie, Innovation und neue Technologien gemeinsam mit dem „IoT-Authority“-Gremium erarbeitet wurde: Digital Twins… …beschreiben ein Objekt, eine Person oder einen Prozess …sind digitale Repräsentationen von Dingen in der realen Welt (Existenz des Dings ist unerheblich) …bieten verschiedene Informationen in einem intuitiven Format und ermöglichen so einen übergreifenden Informationsaustausch …können Algorithmen, Simulationen und Services enthalten, die vergangene, jetzige oder zukünftige Eigenschaften und Verhalten des repräsentierten Objekts beschreiben oder beeinflussen …haben das Ziel „Business Outcome“ zu optimieren DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 9
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Der Trendmikrokosmos 3 Digital Twin Der Trendmikrokosmos strukturiert die recherchierten Trendinformationen nach ihren Wirkmechanismen und führt zu einer ganzheitlichen Betrachtung des Trends. Über das gewonnene Verständnis der Wechselwirkungen kann der Trend analytisch in die Zukunft weitergedacht werden. Abbildung 2: Darstellung der wesentlichen Einflussfaktoren und Abhängigkeiten des Digitaltrends „Digital Twin“ anhand des Trendmikrokosmos 3 Blechschmidt, Jörg (im Druck, erscheint 2021): Quick Guide Trendmanagement. Wie Sie Trendwissen in Ihrem Unternehmen wirksam nutzen. Berlin/Heidelberg: Springer Gabler. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 10
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Trendbewertung Digital Twin Im Folgenden geben wir Ihnen unsere Einschätzung hinsichtlich der Relevanz, der Maturity (Reifegrad) und des Business Value (Mehrwert für die DB) zur Hand. Die Trendbewertungen basieren auf systematischen Ableitungen anhand eines objektiven Kriterienkatalogs. Im Anhang finden Sie weitere Erläuterungen zu unserer Methodik und Vorgehensweise. Die Abbildung zeigt die Einordnung des Trends „Digital Twin“ auf Grundlage der oben beschriebenen Philosophie im Bezug zu den relevanten Digitaltrends des Digital.Trend.Radars. Business Value: Medium Der DB Business Value ist ein Maß für die Relevanz eines Trends für den DB Konzern auf Sicht von zehn Jahren. Dazu werden Chancen und Risiken zukünftiger Anwendungsszenarien bewertet. Der DB Business Value be- antwortet die Frage: Wie wichtig ist es für die Deutsche Bahn, sich mit dem Trend auseinanderzusetzen? Auf Grundlage unserer Ergebnisse ist der größte Hebel aufgrund des Einsatzes Digitaler Zwillinge in der Steigerung der konzernweiten Leistungsfähigkeit der heutigen Infrastruktur zu erwarten (Kapitaleffizienz). Die Analysten von Gartner 4 gehen bspw. davon aus, dass schon bis zum nächsten Jahr etwa die Hälfte der großen Industrieunternehmen Digitale Zwillinge einsetzen und hierdurch eine 10% Steigerung ihrer Effizienz verwirklichen werden. Die 1:1-Beziehung zwischen dem realen Objekt und seinem Zwilling über des- sen gesamten Lebenszyklus hinweg ermöglicht die konstante Steuerung und Optimierung komplexer Anlagen, Maschinen, Systeme bis hin zu Unterneh- mensprozessen. Diese Eigenschaft machen den digital Twin zu einem kriti- schen Erfolgsfaktor für die Wartung und Instandhaltung. Die Abbildung von Infrastruktur, Zügen oder Gebäuden mit Hilfe von Digitalen Zwillingen ermög- licht die Echtzeit-Überwachung und frühzeitige Identifikation von Störungen einzelner Komponenten. Hierdurch ergeben sich Zeit- und Kostenersparnisse. Abbildung 3: Einordnung des Digitaltrends "Digital Twin" im Digital.Trend.Radar 2020 Unter der Voraussetzung, dass ein physisches Objekt mittels exakter Echtzeit- daten modelliert wird, können Simulationen durchgeführt werden, ohne dass kritische Ressourcen verbraucht, in den Realbetrieb eingegriffen oder lange auf Ergebnisse gewartet werden muss. Es können vielmehr unter- schiedliche Konstellationen „im Zeitraffer“ parallel verprobt werden. Lieferketten, Ressourcennutzung oder die Durchlaufzeit von Geschäftsprozessen lassen sich auf diese Weise störungsfrei und materialschonend optimieren. So könnte bspw. das Verhalten bestimmter Baumaterialien bei Extremwetter oder aber ein neuer Fahrplan in der virtuellen Testumgebung untersucht werden, bevor er in der Realität zum Einsatz kommt. 4 Gartner, Inc. (März 2019): Top 10 Strategic Technology Trends for 2019; ID G00377678 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 11
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Darüber hinaus lassen sich über die Modifikation verschiedener Parameter des Digital Twin unterschiedliche Lösungswege für bestimmte Zielfunktionen simulieren. Nicht nur die Optimierung von Vermögenswerten bergen ein großes Effizienzpotential. Unterstützt durch intuitive Human Machine Interfaces und Künstliche Intelligenz erwarten wir eine Erhöhung der Produktivität des Personals (Nutzereffizienz) von bis zu 5% in den nächsten 10 Jahren durch den Ein- satz Digitaler Zwillinge. Dies wird vor allem durch die Teil- oder Vollautomatisierung von Unternehmens- prozessen, intelligenter Entscheidungsunterstützungssysteme wie bspw. digitale Assistenten und einer Reduktion der Fehleranfälligkeit erreicht. Eine Verdopplung der Passagierzahlen im Schienenpersonenfernverkehr sowie ein Wachstum des Markt- anteils des Schienengüterverkehrs auf 25% sind zentrale Bestandteile der Dachstrategie „Starke Schiene“. Ein physikalisch korrekte Live-Simulation unseres Bahnsystems würde uns mit Hilfe von künst- licher Intelligenz bspw. befähigen, den bestmöglichen Fahrplan für den Personen- und Güterverkehr zu berechnen oder in Störfällen die optimalen Umleitungsmöglichkeiten zu identifizieren. Dies macht den Digitalen Zwilling zu einem entscheidenden Faktor für die Erhöhung der Kapazität auf der Schiene. Dies wird sich perspektivisch auch in einer Umsatzerhöhung niederschlagen (Umsatzpotential). Darüber hinaus wird sich durch den Einsatz Digitaler Zwillinge das Kundenerlebnis entscheidend verbes- sern. Folgen davon sind eine höhere Kundenzufriedenheit durch weniger Störungen und Verspätungen im betrieblichen Ablauf sowie einer Erweiterung des Leistungs- und Streckenangebots. Die Versorgung mit Echtzeitdaten aus unterschiedlichsten Quellen in Kombination mit Augmented Reality wird die Fahr- Abbildung 4: gastinformation entscheidend verbessern. Bewertungskriterien des DB Business Value Nicht zuletzt werden sich durch den organisationsübergreifenden Einsatz Digitaler Zwillinge neue Geschäftsmodelle ergeben. Ein erstes Beispiel zeigt Hitachi Rail mit dem Trains-as-a-Service. Neben den hohen Wertversprechen existieren zum jetzigen Zeitpunkt jedoch entscheidende regulatorische Hürden (Regulatorisches). So bergen die teil- oder vollautomatisierte Wartung und Steuerung kritischer Infrastruktur durch Digital Twins hohes regulatorisches Konfliktpotential. Dar- über hinaus ergeben sich speziell in Deutschland und Europa durch die Nutzung personenbezogener Daten bei der Entwicklung von Digital Twins of People (DToP) Datenschutzrechtliche und ethische Fragestellungen. Auch wenn das Potential Digitaler Zwillinge heute noch nicht voll ausgeschöpft werden kann, sehen wir ein relativ hohes strategisches Risiko, sollten wir uns nicht jetzt mit diesem Digitaltrend systematisch auseinandersetzen (Disruptionspotential). Ohne eine konsequente Digitalisierung des Bahnbetriebs werden wir die hoch gesteckten Ziele der Starken Schiene nicht erreichen. Digital Twins spielen hier eine wesentliche Rolle, da sie entscheidende Treibertechnologien der Industrie 4.0 (Künstliche Intelligenz, 5G, Blockchain, Quantencomputing, etc.) miteinander zu einem Digitalisierungskonzept vereinen. Vor diesem Hintergrund gehen wir von wirtschaftlichen Einbußen aus, sollten wir die Nutzung von Digital Twins „verschlafen“. Insbesondere der Aspekt, dass Digital Twins einen wesentlichen Treiber für das Autonome Fahren darstellen, sowie die Möglichkeit durch Modellierung und Simulationen einen kraftvollen Hebel für individuelle und nahtlose Reiseketten zu ermöglichen, sollten diesen Digitaltrend in unseren strategischen Fokus rücken. Andernfalls riskieren wir den Verlust wertvoller Marktanteile an andere Mobilitätsdienstleister. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 12
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Maturity (Reifegrad): Volatile Die Maturity beschreibt die heutige Reife eines Trends. Neben dem technischen Entwicklungsstand spielt die dazugehörige Markt und Leistungsinfrastruktur eine wesentliche Rolle. Die Maturity beantwortet die Frage: Wie leicht ist es heute bereits, die aus dem Trend resultierenden Potentiale zu nutzen? Während am Markt ein klarer Trend hin zur organisationsüberreifenden Nutzung von Digital Twins und deren Vernetzung zu intelligenten Wert- schöpfungsnetzwerken zu beobachten ist, so fehlt es noch an einer übergreifenden Roadmap zur Erreichung dieser Vision (Marktstrategie). So sind entscheidende strategische Fragen, wie bspw. nach den Eigentumsverhältnissen oder der Gover- nance nicht geklärt. Stellen wir uns vor, wir beziehen ein neues Bauteil für den ICE, so geht das physi- sche Objekt in unseren Besitz über. Wir können es einlagern, verbauen, modifizieren, betreiben und ent- sorgen. Wie verhält es sich jedoch mit dem Digital Twin eines solchen Objektes? Erstellen wir einen ei- genen Digital Twin oder sollte nicht vielmehr der Twin genauso wie das reale Gegenstück nur einmal existieren? Werden wir künftig vom Hersteller auch den Digital Twin erhalten oder werden uns Wartung, Instandhaltung und Überwachung in Zukunft „as a Service“ zur Verfügung gestellt? Weiterhin ist noch unklar, wie Betrieb und Governance von Digital Twins über den gesamten Produktle- benszyklus hinweg und unternehmensübergreifend organisiert werden können. Wenn wir an einen „Digi- tal Train Twin“ denken, der womöglich wie sein physisches Ebenbild 30 Jahre in Betrieb bleiben wird, bekommen wir ein Gefühl für diese Herausforderungen. Ähnlich verhält es sich mit dem Management der Daten, die der Digital Twin über den Lebenszyklus hinweg anhäuft. Laut Gartner 5 steht der Markt hier erst am Anfang. Eine breite Marktverfügbarkeit von schlüsselfertigen Lösungen ist heute noch nicht gegeben. Zwar gibt es eine wachsende Zahl an Anbietern und Beratungsunternehmen, die Digital Twins in ihrem Portfolio anführen, darunter die großen Industrieunternehmen wie bspw. Siemens, Bosch und SAP oder Digitali- sierungskonzerne wie Microsoft und IBM. Der Großteil der angebotenen Lösungen bewegt sich jedoch Abbildung 5: im Bereich der „Enabling Technology“ bspw. in Form von cloud-basierten Iot-Plattformen oder Infrastruk- Bewertungskriterien der Maturity (Reifegrad) turkomponenten. Darüber hinaus konzentrieren sich die identifizierten Anwendungsfelder sich auf die In- dustrie 4.0, insbesondere Predictive Maintenance, Condition Based Monitoring sowie Gebäude- und Asset Management. Lösungsansätze für „Digital Twins of People“ oder gar der oben beschriebene „Digital Twin of Organisations (DTO)“ wurden bisher noch nicht realisiert. Auch wenn erste Angebote unterschiedlicher Hersteller existieren, gibt es bisher keine umfassenden Lösungen, welche die für Digital Twins benöti- gen Technologien, wie z.B. Sensorik, KI, Big Data Analytics und Plattformen umfassend integrieren. Der Digital Twin Markt zeichnet sich vielmehr durch eine hohe Beratungsintensität aus. Dies liegt auch darin begründet, dass die Hersteller eigene proprietäre Strategien verfolgen. Von einem Marktstandard, der Produkte unterschiedlicher Hersteller verbindet, ist man aktuell noch weit entfernt. 5 Gartner, Inc. (Juli 2020): Hype Cycle for the Internet of Things 2020; ID G00441743 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 13
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Interoperabilität. Auch wenn bereits einige vielversprechende Beispiele für den Einsatz Digitaler Zwillinge existieren, so handelt es sich fast ausschließlich um „Insellösungen“ ohne übergreifenden Industriestandard. Dies bestätigen auch die Studiener- gebnissen von Detecon (2019) laut derer die überwiegenden Digital Twin Aktivitäten unternehmensintern stattfinden. Die Lösungen verschiede- ner Anbieter sprechen nicht miteinander. Standards bilden sich auf Komponentenebene, nicht aber auf Ebene der Ökosysteme. Der oben beschriebene Fall der Interaktion verschiedener Digitaler Zwillinge innerhalb ganzer Ökosysteme ist noch weit entfernt. Ein breiter Einsatz in unserer sowie in weiteren Branchen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststellbar (Ökosystem). Laut einer globalen Gartner-Umfrage unter CIOs in diesem Jahr, haben nur 6% der antwortenden Unternehmen Digital Twins, in welcher Form auch immer, umgesetzt. Bei diesen Unternehmen sind bisher weniger als 1% der Assets über DT repräsentiert. Aus der Umfrage folgern die Gartner-Analysten, dass mit einer Marktreife erst im Zeitfenster 3 bis 5 Jahre zu rechnen ist. Auch unter den Digital Twin Providern sind bisher nur wenige strategische Partnerschaften zu erkennen. Ein im Mai 2020 von Ansys, Microsoft, Dell und Lendlease gegründetes Digital Twin Consortium soll ein erster Schritt zur Schaffung industrieller Standards sein. Ein weiteres Beispiel einer strategischen Kooperation bildet die langjährige Zusammenarbeit zwischen dem Industriekonzern SIEMENS und dem IT-Dienstleister Atoss. Während Digital Twins im industriellen Umfeld bereits in der Fertigung, Instandhaltung oder im digitalen Baumanagement ihr Potential unter Be- weis stellen, so befinden sich die Aktivitäten im Eisenbahn- und Schienenverkehr größtenteils noch im Pilotstatus (Peer Group). Dies mag unter- schiedliche Gründe haben. Insbesondere für Großkonzerne wie die Deutsche Bahn sind die über Jahrzehnte gewachsenen IT-Infrastrukturen und Silo-Architekturen mit systemspezifischen, unstrukturierten Daten verschiedenster Quellen ein Hindernis. Die Implementierung von Standards für einen übergreifenden Daten- und Informationsaustausch und damit der erfolgreiche Einsatz von Digital Twins werden zur komplexen Herausforde- rung. Im Bereich Mobilität sind vor allem Ansätze wie „Connected Car“ und „Autonomes Fahren“ genauer zu beobachten. Hier fungieren Digitale Zwillinge als wesentliche Treiber nahtloser Reiseketten und individueller Mobilitätsangebote. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 14
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Kernergebnisse und Empfehlungen Es gibt nie nur den einen richtigen Weg. Es lohnt sich aber darüber nachzudenken, ob man sich treiben lassen will oder proaktiv die Initiative ergreift. Dafür möchten wir Ihnen an dieser Stelle einige Empfehlungen geben. Kernergebnis 1: Digital Twin als Basis der Industrie 4.0 Die Möglichkeit der physikalisch korrekten digitalen Abbildung von Objekten, Prozessen oder gar Personen machen Digital Twins zu einem wesentlichen Treiber der Industrie 4.0. Ohne die Grundlage eines digitalen Modells lassen sich Konzepte wie automatisierte Instandhal- tung oder autonome Werkstätten nicht realisieren. Empfehlung: Erhöhung der konzernweiten Bekanntheit des Konzepts von Digital Twins und ihrem Potential für die Deutsche Bahn. Durch das sukzessive Voran- treiben von Leuchtturmprojekten und der Entwicklung digitaler Modelle, bspw. durch den Einsatz der BIM-Methodik im digitalen Baumanagement, entstehen erste positive Anwendungsbeispiele und schaffen die Grundlagen für zukünftige Use Cases. Hierzu kann auch die Beteiligung an zentralen Forschungsprojekten zählen, besonders im Bereich der Kommunikation und Interaktion von Digital Twins untereinander. Kernergebnis 2: Hohe Anforderungen an Datenarchitektur und Governance Durch die Speicherung aller Informationen, Aktivitäten und Beziehungen über den kompletten Lebenszyklus hinweg fungiert der Digital Twin als „Blackbox“ unserer Vermögenswerte und Unternehmensprozesse. Dabei entfaltet er erst dann sein volles Potential, wenn er in Echtzeit die Realität widerspiegelt. Empfehlung: Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und hochverfügbaren Datenbasis über den gesamten Lebenszyklus ist angesichts der komplexen Unternehmensprozesse und extrem langlebigen Vermögenswerte der Deutschen Bahn keine triviale Aufgabe. Hierzu wird die Etablierung einer konzernübergreifenden und durchsetzungsfähigen Data Governance erforderlich, die keinen Partialinteressen unterliegt und die Aktivitäten in Fach- und Geschäftsbereichen bündelt. Ziel dieser zentralen Governance muss es sein, eine übergreifende Datenarchitektur und -standards für die Entwicklung und den Betrieb Digitaler Zwillinge zu etablieren und sowie die Datenqualität, Verfügbarkeit und Revisionssicherheit (bspw. durch die Verwendung von Blockchain-Technologie) sicherzustellen. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 15
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Kernergebnis 3: Vernetzte Ökosysteme als kritischer Erfolgsfaktor Der Mehrwert der Nutzung Digitaler Zwillinge liegt vor allem in offenen und organisationsübergreifenden Wertschöpfungsnetzwerken. Unternehmensübergreifende „Network of Twins“ bilden die Grundlage für neue digitale Geschäftsmodelle in intelligenten Ökosystemen. Empfehlung: Ziel darf nicht die "Einzeloptimierung" getrennt agierender Digital Twins sein, sondern die Schaffung interdisziplinärer Netzwerke unterschiedli- cher Digitaler Zwillinge über Unternehmensgrenzen hinweg. Dies erfordert eine übergreifende Vision für den Einsatz Digitaler Zwillinge in vernetz- ten Ökosystemen. Zur Entwicklung übergreifender Strategien und Standards sollten hierzu permanent Marktstandards verfolgt werden, sowie die aktive Mitgestaltung in entsprechenden Gremien und Konsortien erörtert werden. So klar wie der Vorteil des Network of Twins in der Zukunft ist, so herausfordernd ist deren Realisierung. Eine zielgerichtete Forschung, die neueste Marktentwicklungen berücksichtigt, legt die Grundlage für wegweisende Zukunftsentscheidungen. Kernergebnis 4: Digital Twins sind genauso komplex wie die reale Welt Die physikalisch korrekte digitale Abbildung der realen Welt ist hochkomplex und darf nicht unterschätzt werden. Selbst die Abbildung und Simulation einzelner kleiner Komponenten bringen heutige Rechenkapazitäten schnell ans Limit. Empfehlung: Damit die Komplexität überschaubar bleibt, sollten Twins in Komponenten zerlegt werden. So kann bspw. ein Fahrzeug in seine Komponenten wie Türen, Radsätze usw. aufgeteilt werden. Wir sollten klein anfangen und nicht vor der Komplexität zurückschrecken, aber dabei auch das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Auch wenn heutige Rechenleistungen noch nicht die große Vision erfüllen können, Entwicklungen aus der Welt des High Performance Computing und Quantencomputing versprechen zukünftige Lösungen. Kernergebnis 5: Vielzahl an Treibertechnologien mit unterschiedlichem Reifegrad Digital Twins sind keine isolierte Technologie, sondern vielmehr die intelligente Verknüpfung von mächtigen Digitaltrends, wie z.B. KI, IoT oder 5G. Während die einen sukzessive den Markt erobern, lässt sich der kommerzielle Einsatz anderer wiederum nur schwer abschätzen. Empfehlung: Die strategische Ausgestaltung des Einsatzes Digitaler Zwillinge erfordert einen holistischen Ansatz im Hinblick auf die zentralen Treibertechnolo- gien. Gleichzeitig empfiehlt sich die Identifizierung der einzelnen Technologieverfügbarkeiten, um nicht zu früh auf unreife Technologien zu setzen. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 16
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Chancen und Risiken Yin oder Yang? Trends und damit einhergehende Entwicklungen sind objektiv betrachtet neutrale Veränderungen. In jedem Trend stecken sowohl Chancen als auch Risiken. Welche Seite der Medaille überwiegt, entscheidet oft das eigene Handeln. Chancen [wenn wir richtig handeln]: Die physikalisch korrekte digitale Abbildung und Überwachung realer Vermögenswerte ermöglicht die Optimierung im virtuellen Raum, ohne kritische Ressourcen zu verschwenden. Insbesondere bei der wartungsintensiven kritischen Infrastruktur der Deutschen Bahn bietet der Einsatz von Digital Twins als Basis für die prädiktive Instandhaltung ein immenses Potential. Die exakte digitale Abbildung realer Objekte in einem Digital Twin erlaubt die Durchführung von Simulationen und Experimenten, die in der Realität gar nicht möglich sind, wie bspw. die Auswirkungen von Extremwetter auf die Infrastruktur, der Test eines neuen Fahrplans oder die Reaktionen von Bürger*innen auf neue Bauvorhaben. Die digitale Abbildung der gesamten unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette ermöglichen die Optimierung der gesamten Organisationsprozesse (Supply Chains, Customer Journey, etc.) Die Teil- bzw. Vollautomatisierung verschiedener Arbeitsschritte wie bspw. Instandhaltungs- oder Wartungsprozesse reduziert den manuellen Arbeitsaufwand. Dies ist auch im Hinblick auf den andauernden Fachkräftemangel eine Chance. Risiken [wenn wir nicht die richtigen Dinge tun]: Nur wenn bestehende Datenstrukturen aufgebrochen und Grenzen geöffnet werden, können aus einzelnen Digital Twins vernetzte Ökosysteme werden. Geschlossene Ansätze und Datensilos werden nicht überleben. Die Verknüpfung der realen Welt mit der digitalen Welt erfordert hohe Sicherheitsmaßnahmen bspw. im Hinblick auf Cyber-Angriffe. So nahe der Digital Twin seinem realen Abbild auch kommt – er bleibt ein Modell. Blindes Vertrauen auf die Daten kann zu falschen Rückschlüssen und mitunter schwerwiegenden Fehlern führen. Einerseits kann aus einem offenen Datenaustausch über die gesamte Wertschöpfungskette erheblicher Nutzen für alle beteiligte Unternehmen entstehen. Andererseits könnte erfolgreiches Bestandsgeschäft in Gefahr geraten, indem sich durch neue datenbasierte Geschäftsmodelle die Rollen innerhalb der Ökosysteme und damit Marktanteile verschieben. Prozesse und Arbeitsweisen werden sich durch den Einsatz Digitaler Zwillinge verändern und erfordern neue Kompetenzen und Vertrauen in die Digitalisierung. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 17
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Digital Twin 2030 Digital Twin Evolution ......................................................................................................................... 19 Zukunftsvision Digital Twins ............................................................................................................... 20 DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 18
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Digital Twin 2030 Wie könnte die Zukunft der Bahn mit Digital Twins aussehen? Nach einem kurzen Einblick in die Historie Digitaler Zwillinge nehmen wir Sie auf den nachfolgenden Seiten mit auf eine Zeitreise in das Jahr 2030. Anhand von vier Zukunftsbildern zeigen wir Ihnen, wie Digital Twins die Mobili- tät und Logistik von morgen verändern könnten. Digital Twin Evolution Eine neue, unvorhergesehene Hype-Technologie? Keinesfalls. Bereits 1970 nutzten die NASA-Ingenieure einen physischen Zwilling der Apollo 13 Weltraumkapsel. Seitdem haben die fortschreitende Entwicklung des Internets der Dinge, von Cloud Computing und schließlich der künstlichen Intelligenz die Evolution Digitaler Zwillinge vorangetrieben und völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Wohin geht die Reise? Abbildung 6: Abbildung der Digital Twin Evolution in Anlehnung an Willow Inc. (2019) DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 19
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang Zukunftsvision Digital Twins Um die Digitaltrends von heute und deren Auswirkungen auf unsere Welt richtig einordnen zu können, wagen wir eine Zeitreise und nehmen Sie mit in das Jahr 2030. Wie wir der Einsatz von Digital Twins unsere Mobilität, unsere Prozesse und unser Leben beeinflussen? In vier spannenden Zukunftsvisionen möchten wir die Bahn von morgen erlebbar machen. ...Logistik & Verbundprozesse Der Digital Twin wird die Welt der Logistik entscheidend verän- dern und verbessern. Bereits heute können wir den Zustand ei- ner Lieferung nahezu in Echtzeit verfolgen. Wenn ich Güter ver- sende kann ich über Apps jederzeit abfragen, an welcher Stelle der Lieferkette sich die Güter befinden. Wurden die Produkte in einen Container verladen? Wo befindet sich der Container? Noch im Seehafen oder befindet er sich bereits auf einem Flachwagen auf der Schiene? Ist die Temperatur im kritischen Bereich oder ist alles im Plan? Über die Vernetzung im Internet der Dinge, ist dies bereits heute Realität. Mit der zunehmenden Verbreitung von neuen Technologien wie KI oder Blockchain wird die Logis- tik auf eine neue Stufe gehoben. In 10 Jahren hat das Paket und sein Digitaler Zwilling eine eigene digitale Identität. Der Digitale Zwilling prüft verfügbare Transportkapazitäten und fragt die be- reitgestellt Qualität, den Preis und die mögliche Dauer bis zu ei- ner Zustellung ab. Nach Abgleich der unterschiedlichen Optionen bucht der Digitale Zwilling den intermodalen Transport selbst. Im Bedarfsfall kann selbstverständlich ein Disponent noch eingreifen und sich die unterschiedlichen Angebote durch den Digitalen Zwilling vorstellen lassen. Diese Konzepte lassen sich natürlich bis in die Fertigung von komplexen Gütern übertragen. So weiß bspw. ein komplexes Produkt, das gerade produziert wird, selbst, welche Komponenten im Fertigungsprozess zu welchem Zeitpunkt bereitstehen müssen, damit der Produktionsprozess nicht verzögert oder gar unterbrochen wird. Rechtzeitig bevor eine spezielle Schraube im Fertigungsprozess benötigt wird, wird sie an das be- troffene Produktionsband angefordert. Auch bestellt das Regal im Lager Material selbstständig nach, sobald ein kritischer Bestand erreicht wurde. Durch die Analyse komplexer Fertigungsketten können Engpässe transparent gemacht und damit unnötige Verzögerungen oder zu hohe Lagerbe- stände vermieden werden. Der Digitale Zwilling des Fertigungsprozesses optimiert sich selbst und überträgt die daraus resultierenden Abhängig- keiten an alle am Fertigungsprozess beteiligten Komponenten. Nicht nur in der Produktion, in allen anderen Prozessbereichen wird die Abbildung in Digitalen Zwillingen, die miteinander bereichsübergrei- fend interagieren zu Effizienzen und Synergien führen. Alle an einem Prozess Beteiligten können nahtlos zusammenarbeiten und erhalten die von ihnen benötigten Informationen in Echtzeit, dann wenn sie benötigt werden. Das lästige Suchen nach begleitenden Dokumenten wie bspw. Richt- linien entfällt genauso wie Ineffizienzen durch das Warten auf Freigaben, da der Digitale Zwilling diese auf Basis der vorliegenden Informationen direkt erteilt und damit die nächsten Prozessschritte unmittelbar einleiten kann. Wie in der Fertigung auch werden sich auch administrative Pro- zesse mittels ihres Digitalen Zwillings selbst optimieren und gestalten. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 20
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang ...Reisendenerlebnis Die Zukunft der Mobilität wird intelligent, multimodal und traveller-centric. Vor, während und nach der Reise wird unser Digitaler Zwilling durch die Abbildung unserer Vorlieben, unserer Bedürfnisse und unseres aktuellen Zustands für ein ungetrübtes Reiseerlebnis sorgen. Er wird aus den Daten der uns begleiten- den technischen Geräte und Systeme wie Smartwatches, Fit- ness Tracker sowie dem aktuellen Geschehen auf den von uns genutzten Social Media Plattformen gefüttert. Dabei wird Daten- schutz großgeschrieben. All das geschieht natürlich in einem von uns kontrollierten und geschützten Raum, wenn auch die Bereit- schaft zum Teilen von Daten gegenüber heute gewachsen ist. Diese Bereitschaft lässt sich bereits heute u.a. in einer Studie von Adobe erkennen. Verknüpft mit anderen Daten wie bspw. dem aktuellen Wetter, der Verkehrssituation auf der Straße, der Schiene oder auch in der Luft plant mein Digitaler Zwilling auf Basis der aktuellen Stimmung die Dienst- reise, die heute ansteht. Mir ist eher nach Gesellschaft zumute? Dann wird die Buchung im Großraumwagen eines autonomen Fahrzeugs vorgezo- gen. Die Prädiktionsmodelle sehen Staus und überfüllte Züge aufgrund einer Großveranstaltung am Zielort voraus? Die etwas teurere autonome Flugdrohne wird attraktiv, um den Termin pünktlich einhalten zu können. Vor der Buchung fragt mein Digitaler Zwilling kurz nach, ob die Bu- chung durchgeführt werden soll. Nach kurzem Abwägen der höheren Kosten und einer alternativ längeren Reisezeit, gebe ich die Buchung frei. Außer der kurzen Bestätigung, dass die Ticketkäufe und Buchungen erfolgreich waren, lenkt mich nichts von meinen anderen Tätigkeiten ab. Selbstverständlich hat mein Digitaler Zwilling alle Buchungen gespeichert. Dass er mir den richtigen Weg im Bahnhof und dann zur Flugplattform weist, versteht sich von selbst. Da nicht nur ich von der Großveranstaltung betroffen bin und auch andere Digitale Zwillinge Drohnen gebucht haben, wurde die Flugkapazität am Zielort vom Anbieter automatisch erhöht. Dass ich in der Drohne leichte Flugangst verspüre, registriert mein Digitaler Zwilling, bietet mir ein Ablenkungsprogramm und wird es beim nächsten Mal berücksichtigen. Nicht nur bei Geschäftsreisenden, vielmehr auch bei mobilitätseingeschränkten Personen wird der Digitale Zwilling seine Vorteile ausspielen. Durch die Verknüpfung mit anderen Digitalen Zwillingen entlang der Reisekette wird das Reiseerlebnis barrierefrei. Digitale Zwillinge des Bahn- hofs unterstützen den Blinden bei der Navigation zum richtigen Gleis. Ein gehbehinderter Reisender verständigt über seinen Digitalen Zwilling rechtzeitig den ICE Zwilling über seinen Ausstiegswunsch, so dass der Hilfsroboter rechtzeitig bei ihm ist und beim Ausstieg hilft. Selbstverständlich verbessern Digitale Zwillinge auch das Reisendenerlebnis an den Mobilitätshubs der Zukunft, den heutigen Bahnhöfen. Die digitalen Abbilder von Rolltreppen oder Aufzügen ermöglichen ein prädiktives Facility Management. Darüber hinaus werden Reisendenströme besser gelenkt. Die allein reisende Mutter mit Kinderwagen wird von ihrem Digitalen Zwilling mit Abstand an einer Gruppe von Fußballfans vorbei navigiert. Letztere werden übrigens schon längst vom ansässigen Schnellrestaurant erwartet. Das Restaurant wusste schon vor Eintreffen des Zuges, dass eine hungrige und durstige Gruppe bald den Bahnhof durchqueren würde und konnte schon ein paar Burger mehr braten. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 21
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang ...Betrieb & Instandhaltung Die Betriebs- und Instandhaltungsprozesse der Zukunft sind vollumfänglich vernetzt, prädiktiv und automatisiert. Im Jahr 2030 wird ein Großteil der Schäden an Zügen und Infra- struktur behoben, bevor sie überhaupt eintreten! Schäden wer- den nicht erst vom Zugpersonal nach Schadenseintritt dezentral am beschädigten Objekt erkannt. Vielmehr werden die Züge, Fahrzeugkomponenten und Infrastruktur zentral anhand ihrer Digitalen Zwillinge überwacht. Die Assets sind mit Sensoren ausgestattet, die eine Vielzahl von Daten generieren und rele- vante Informationen an ihren Digitalen Zwilling übermitteln (Condition Based Monitoring). Auffälligkeiten, wie Materialermüdung, zeitliches Verhalten o.ä. werden herangezogen, um anhand von Erfahrungswerten und rechnergestützten Simulationen die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu berechnen und den möglichen Schadenszeitpunkt vorherzusagen (Predictive Maintenance). Big Data Analytics und maschi- nelles Lernen bilden dafür die technologische Grundlage. Ein idealer Reparaturtermin wird vom Digitalen Zwilling vorgeschlagen, der Werkstatt- termin im Instandhaltungswerks automatisch gebucht und das benötigte Reparaturmaterial vom Digitalen Zwilling selbstständig bestellt. Da alle Assets ihren Digitalen Zwilling haben, kann durch die Vorhersage der Störungen die Auslastung der Instandhaltungswerke proaktiv gesteuert wer- den. Die Lagerhaltung wird durch automatisierte Bestellprozesse optimiert. Lange Wartezeiten und damit möglicherweise einhergehende Still- stände werden vermieden. Das exakte digitale Abbild des Zuges erleichtert den Mechanikern im Werk die Reparatur. Der Aufbau neuer Komponenten kann am Digitalen Zwil- ling in der Virtual Reality trainiert werden. Kommt eine schadhafte Komponente in die Werkstatt, wird der Techniker mittels Augmented Reality während der Instandsetzung angeleitet und begleitet. Die erweiterten Informationen werden in sein Sichtfeld dank einer neuen Visualisierungs- technik in der Schutzbrille eingespielt. Selbstverständlich endet die Zusammenarbeit der Digitalen Zwillinge nicht an den Unternehmensgrenzen. Kritische und relevante Daten werden entlang einer integrierten Wertschöpfungskette ausgetauscht. Hersteller, Betreiber und Instandhalter profitieren von einem stets aktuellen Zwilling, der Daten ohne die Einschränkung protektionistischer Datensilos erhält. Hersteller optimieren ihre Komponenten anhand von echten Be- triebsdaten, Instandhaltungswerke können besser planen und disponieren, und die Betreiber müssen weniger unvorhergesehene Ausfälle verkraften. Die Digitalen Zwillinge sind sich nicht nur des Zustands ihrer Komponenten bewusst, sondern teilen ihre Fahrt- und Zustandsdaten in der Zukunft auch mit einem digitalen Abbild des gesamten Bahnsystems. Dadurch wird eine zentrale und automatische Steuerung der Fahrzeuge auf den Schienen möglich. Die Digitalen Zwillinge automatisiert fahrender Züge werden auf einer zentralen Plattform betriebsoptimal disponiert, gesteuert und überwacht. Auch können die Einflüsse neuer Determinanten simuliert werden. Was wäre, wenn mehr Fahrzeuge eingesetzt werden? Wie verhalten sich die Kapazitäten auf der Schiene? Welche Umwelteinflüsse entstehen? Eine ganzheitliche Total Cost Betrachtung wird Realität. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 22
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang ...Veränderung & Nachhaltigkeit Die Zukunft ist getrieben durch individualisierte, grüne Mobili- täts- und Logistikkonzepte. Nachhaltiges Denken und Handeln ist in sämtlichen Prozessen und Verhaltensweisen von Kunden und Unternehmen fest verankert. Neben der vorausschauenden Steuerung im automatisierten Bahnbetrieb, ermöglicht ein ganzheitliches digitales Abbild die Überwachung von weiteren Kenngrößen. Die Auswirkungen von neuen Trassenführungen, Umleitungen von Verkehrsströmen, des Einsatzes von mehr Fahrzeugen oder regionale Änderungen von Ticketnachfrage können in einem digitalen Modell simuliert werden. Wie verhalten sich Umweltdaten, wie CO2- oder Ge- räuschemissionen? Welche Auswirkungen ergeben sich für den Energieverbrauch? Optimale Betriebs- und Planungsparameter lassen sich ableiten, ohne natürliche Ressourcen zu verbrauchen, da Simulationen im Modell in einer virtuellen Welt stattfinden. Die Auswirkung einer geänderten Streckenführung oder der Schaffung neuer Bahnkorridore wird im Modell simuliert und zeigt auf, wie sich Emis- sionswerte entwickeln. Auch wenn niemand gerne einen Güterverkehrskorridor im Vorgarten hat, so lassen sich doch Planungen mit den gerings- ten Belastungen für die Allgemeinheit finden und sich auf diese Weise eine Diskussion weit möglichst versachlichen. Eine Total Emission Simula- tion beantwortet die Frage in welchen Regionen, bei bestimmten Verkehrs- und Wettersituationen, die meisten Beeinträchtigungen entstehen. Daraus können Änderungen abgeleitet werden, die unmittelbar zu Einsparungen führen und damit zum Umweltschutz beitragen. Im Falle einer anstehenden Neuanschaffung von Fahrzeugen wird am Modell abgelesen, wie sich u.a. de Energiebedarf, CO2-Ausstoß, Verkehrslärm oder andere Umwelteinflüsse ändern würden. Der Digitale Zwilling wird nicht nur zur Simulation eingesetzt, sondern hilft auch, den laufenden Betrieb zu überwachen und auszuwerten. Wie groß ist der Schadstoffausstoß? Wie laut ist es an der Strecke? Welchen Einfluss auf die Messwerte hat eine bestimmte Baustelle? Diese Daten lassen sich neben der Optimierung des Betriebs unter Umständen auch für die Öffentlichkeitsarbeit verwenden. In der intermodalen Reisekette wird deutlich, welche Verkehrsträger auch unter Energiegesichtspunkten Vorteile bieten. Durch die gesteigerte Transparenz der Umweltverträg- lichkeit von verschiedenen Verkehrsmitteln können sich Kunden bewusst für ihr individuelles Mobilitätskonzept entscheiden und erhalten hierbei die Möglichkeit, ihren individuellen CO2-Fußabdruck in der Natur nachzuverfolgen. Das ganzheitliche digitale Abbild der „Bahn-Welt“ schafft Bewusstsein für die bi-direktionalen Beziehungen zwischen Mensch, Schiene und Natur. Durch die Vernetzung externer Datenquellen, wie beispielsweise von Seismografen und Wettersensoren, lassen sich Rückschlüsse auf mögliche Umwelteinwirkungen wie Erdrutsche oder Hochwasser treffen, welche zu Betriebsbeeinträchtigungen des Bahnbetriebs führen könnten. DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020 23
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