Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH

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Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Impulse | Anhang

      Digital.Trend.Studie
      Digital Twin – Zwischen den Welten

                                                                                        Foto: kentoh – adobestock
      Potential, Reifegrad und Einsatzgebiete Digitaler Zwillinge für die DB

DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020                                 1
      DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020
Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Inhalt

Einführung                                                                                         Firmenportraits
Mit Digital Twins zum hyperrealistischen Innovationslabor ................ 4                       Firmenporträts ................................................................................. 28
Herzlich Willkommen, … .................................................................... 6      Auswahl etablierter Softwarehersteller ............................................. 29
                                                                                                   Auswahl Start-ups ............................................................................. 32

Zusammenfassung
Was ist der Digital Twin? .................................................................... 8
                                                                                                   Impulse
Der Trendmikrokosmos Digital Twin ................................................. 10             Intelligente Anlagen und Systeme .................................................... 35
Trendbewertung Digital Twin ........................................................... 11         Urbane Mobilität und Smart Cities ................................................... 36
Business Value: Medium ................................................................... 11      Vorausschauende Instandhaltung ..................................................... 37
Maturity (Reifegrad): Volatile ........................................................... 13      Weitere Innovationen ....................................................................... 38
Kernergebnisse und Empfehlungen ................................................... 15             Laufende Aktivitäten in der DB ........................................................ 39
Chancen und Risiken ........................................................................ 17

                                                                                                   Anhang
Digital Twin 2030                                                                                  Glossar und Abkürzungen ................................................................. 43
Digital Twin Evolution ...................................................................... 19   Vorgehensweise & Methodik ............................................................ 44
Zukunftsvision Digital Twins............................................................. 20       Trendbewertung ............................................................................... 45
                                                                                                   Ansprechpartner............................................................................... 46

Marktumfeld
Marktentwicklung für Digital Twin.................................................... 25

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Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

    Einführung
    Mit Digital Twins zum hyperrealistischen Innovationslabor .................................................................. 4
    Herzlich Willkommen, … ....................................................................................................................... 6

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Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Mit Digital Twins zum hyperrealistischen Innovationslabor
Zu jedem Zeitpunkt unserer Geschichte wurde die Gesellschaft durch soge-
nannte „Metatrends“ transformiert. Mit dem demografischen Wandel, dem
Klimawandel, der Veränderung von Mobilität und der neuen Herausforderung
durch die Pandemie Covid-19 treffen derzeit mehrere eher disruptiv einzuschät-
zende Herausforderungen aufeinander. Daneben führt ein weiterer Megatrend,
die Digitalisierung, ebenfalls zu radikalen Veränderungen und muss zeitgleich
gesteuert und bewältigt werden. Allerdings bringt die Digitalisierung neben
großen Herausforderungen eben auch große Chancen mit sich – etwa durch das
Konzept von „Digital Twins“: Physikalisch korrekte Abbildungen von Ausschnitten
der Realität, mit denen neuartige Experimentalumgebungen möglich werden.
Oft sehen wir Digitale Zwillinge noch primär als Weiterentwicklung von Model-
lierungen und Visualisierungstechnologien. Doch hinter der digitalen Repräsen-
tanz eines materiellen oder immateriellen Objekts oder Prozesses aus der rea-
len Welt verbirgt sich ein noch viel größeres Potential: Die Möglichkeit zum
Experiment mit Gegenständen oder Prozessen, das in der realen Welt – etwa
aus Sicherheitsgründen oder aus Zugänglichkeitsgründen - gar nicht möglich ist.
                                                                                                                                 Prof. Dr. Sabina Jeschke
Bei diesen Simulationen handelt es sich nicht um „fiktive Szenarien“ mit „künstli-
chen Objekten“: Der immer breitere Einsatz von Sensorik und deren Vernetzung
im Konzept des Internet of Things erwecken die stillen Modelle zum Leben und geben ihnen sogar die Fähigkeit, ihre Wahrnehmung mit uns zu
kommunizieren. Mit 5G und seiner extrem kurzen Latenz geschieht dies perspektivisch sogar in Echtzeit. Und der sich gleichzeitig vollziehende
Leistungsschub in der Algorithmik der Künstlichen Intelligenz hilft uns, die Wahrnehmungen der „Zwillinge“ zu verstehen und die Objekte in der
Realwelt intelligent zu steuern.
Ich habe ein klares Ziel, eine Vision (und ich werde damit NICHT zum Arzt gehen ) ‒ ich will unsere gesamte Bahnwelt, mit der Abbildung aller
Komponenten, Akteuren, Einflussfaktoren und Beziehungen, in einer Art „physikalisch korrektem Computerspiel“ nachbilden. Ich will einen Digital
Twin nicht von einzelnen Komponenten oder einem einzelnen ICE4, sondern von dem gesamten vernetzten und vermaschten System. Echtzeitfähig.
Denn dann wäre ich in der Lage, völlig ohne Risiko, mit unseren Systemen zu experimentieren, Extremsituationen und völlig neue Prozesse zu
simulieren – basierend auf den Daten der „realen Welt“.
Supervised und unsupervised learning – die beiden großen Stränge der datengetriebenen KI - spielen hier eine Rolle, aber noch relevanter ist der
„Trial-and-Error“ Ansatz, der meist durch reinforcement learning umgesetzt wird. Damit kann ich Experimente fahren und neue Ideen testen, die
teils sogar von künstlichen Intelligenzen selbst kreiert werden, - und die am Anfang möglicherweise „absurd“ klingen, aber eventuell zu einer
enormen Verbesserung ausgewählter Prozesse führen können.

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Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Eine solche Vision braucht vier zentrale Komponenten: die vollständige Simulation des Systems, den durchgängigen Datenzugriff mit minimalen
Latenzzeiten, die KI zur Berechnung und Durchführung, und – einen neuen Ansatz im HPC, im High Performance Computing also. Und hier besteht
noch eine offene Flanke, denn zeitgleich kommt das Moore’sche Gesetz an seine Grenzen, die vor allem aus der Miniaturisierung der Chips resul-
tieren. Im Bereich klassischer Chipentwicklung sind bald keine radikalen Verbesserungen mehr zu erwarten. Zeitgleich aber bricht eine neue Tech-
nologie durch, die seit mehreren Jahrzehnten intensiv beforscht wird: Quantum Computing, ein völlig anderer Hardwareansatz, der voraussichtlich
in den kommenden Jahren zu einer völlig neuen Leistungsklasse im HPC führen wird, mit einer neuartigen „intrinsischen“ Fähigkeit zur Parallelisie-
rung von Algorithmen.
Wir befinden uns in der vierten industriellen Revolution, die von KI getrieben wird, und die durch eine starke Vernetzung gekennzeichnet ist ‒ sowohl
in der vertikalen Wertschöpfungskette als auch in den multimodalen Mobilitäten. Wir brauchen also auch ein „interconnected“ Ökosystem der
Digital Twins, in dem wir die Daten von der Deutschen Bahn mit Daten von Herstellern, Instandhaltern und anderen Mobilitätsanbietern fusionieren,
vernetzen und austauschen. Wir brauchen eine völlig neue Offenheit und Vertrauen im gesamten Sektor, um die Vision Wirklichkeit werden zu
lassen.
Ich bin den Autoren dieser Trendstudie sehr dankbar, weil wir dadurch unsere Erkenntnisse teilen, unseren Horizont weiten und gleichzeitig von
anderen lernen. Großartige Initiative, herzlichen Dank und weiter so!

Prof. Dr. Sabina Jeschke
Vorstand Digitalisierung und Technik (T) | Deutsche Bahn AG

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Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Herzlich Willkommen, …
…zu unserer Digital.Trend.Studie „Digital Twin – Zwischen den Welten“!
Die Grenzen zwischen Online- und Offlinewelt verschwimmen mehr und mehr. Die zunehmende Verbreitung des Internet-of-Things sowie
fortschreitende Entwicklungen in den Bereichen Sensorik, 5G, Mixed Reality und Künstlicher Intelligenz erlauben die digitale Abbildung und
Überwachung realer Objekte, Prozesse oder gar Personen.
Laut Gartner 1 werden schon bis zum nächsten Jahr die Hälfte aller Industrieunternehmen Digital Twins einsetzen. Der Begriff „Digital Twin“ be-
zeichnet dabei keine neue Innovation, sondern vielmehr die intelligente Kombination der oben genannten Treibertechnologien mit großen Infor-
mationsmengen aus internen und externen Datenquellen. Die Anwendungsfälle sind vielfältig. Insbesondere bei der Überwachung von Anlagen und
Systemen und der vorausschauenden Wartung verspricht sich die Industrie eine erhebliche Senkung von Wartungskosten und der Erhöhung der
Verfügbarkeit von Anlagen und kritischer Infrastruktur. Nicht nur die Abbildung physischer Objekte, sondern auch die Modellierung und Simulation
vielfältiger Betriebsprozesse bergen erhebliches Potential. Elektronische Patientenakten, die Gesundheitsüberwachung durch Fitness-Tracker und
Ansätze wie dem „360-Degree-Customer“ bilden erste Beispiele der so genannten Digital Twins of People, die vor allem auch als Reaktion auf die
COVID-19-Pandemie zunehmend Bekanntheit gewinnen. Doch was bedeuten diese Entwicklungen für uns?
Im ersten Teil dieser Digital.Trend.Studie möchten wir Ihnen ein umfangreiches Verständnis über die wichtigsten Merkmale Digitaler Zwillinge,
sowie deren Relevanz und Reifegrad für die Bahn von morgen vermitteln. Im zweiten Teil nehmen wir Sie mit auf eine Reise in die Zukunft und
stellen Ihnen anschließend wie gewohnt relevante Marktimpulse vor. Abschließend geben wir Ihnen Einblicke in die laufenden Digital Twin
Aktivitäten bei der Deutschen Bahn. Die Digital.Trend. Studie ist das Ergebnis der Zusammenarbeit mit vielen Expert*innen im DB Konzern aber
auch außerhalb unserer Organisation. Erstmals haben wir uns in einem interdisziplinären Team, bestehend aus Mitarbeiter*innen vom Think Tank
Digitalisierung & Technik, dem Konzern CTO Bereich für Strategie, Innovation und neue Technologien und dem Team Digital Foresight zusammen-
gefunden, um gemeinsam das Potential Digitaler Zwillinge für den DB Konzern zu bewerten und Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Wir möchten uns an dieser Stelle besonders bei allen Mitwirkenden bedanken, die uns bei der Erstellung der Studie, aber auch darüber hinaus bei
der Etablierung dieses wichtigen Themas im Konzern unterstützt haben. Besonders vor dem Hintergrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie und
Home-Office-Situation lässt sich dieser Einsatz nicht hoch genug würdigen.
Wir wünschen Ihnen eine spannende und inspirierende Lektüre und freuen uns auf Ihr Feedback.

Christine Mohn
Team Digital Foresight | DB Systel GmbH

1   Gartner, Inc. (März 2019): Top 10 Strategic Technology Trends for 2019; ID G00377678

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Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

    Zusammenfassung
    Was ist der Digital Twin? ....................................................................................................................... 8
    Der Trendmikrokosmos Digital Twin ................................................................................................... 10
    Trendbewertung Digital Twin .............................................................................................................. 11
    Business Value: Medium ..................................................................................................................... 11
    Maturity (Reifegrad): Volatile ............................................................................................................. 13
    Kernergebnisse und Empfehlungen ..................................................................................................... 15
    Chancen
DB Systel        und Foresight
          GmbH | Digital Risiken| September
                                   ...........................................................................................................................
                                              2020                                                                                                             17   7
Digital.Trend.Studie Digital Twin - Zwischen den Welten - DB Systel GmbH
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Was ist der Digital Twin?
„Den“ Digital Twin gibt es nicht. Bis heute existiert noch keine einheitliche Definition Digitaler Zwillinge. Dies liegt vor allem in den unterschiedli-
chen Schwerpunkten und Zielsetzungen begründet, die sich je nach Branche und Anwendungsfeld stark unterscheiden. Im Folgenden werden Defi-
nitionen bekannter Marktforschungsinstitute und Digitalisierungsunternehmen vorgestellt, auf die wir im Rahmen unserer Recherchen gestoßen
sind und die für uns ein schlüssiges Bild ergeben. Danach präsentieren wir Ihnen die „Digital Twin Philosophie“ der Deutschen Bahn.

Definitionen am Markt
 Gartner definiert „Digital Twins“ als die digitale 1:1-Abbildung von Objekten, Personen und Prozessen.  IBM ergänzt diese Definition um
eine zeitliche Komponente. Demnach sind Digital Twins dynamische, virtuelle Darstellungen eines physischen Objekts oder Systems über mehrere
Phasen seines Lebenszyklus hinweg. Aus der Verwendung und Komposition von Echtzeitdaten aus IoT-Sensoren, sowie weiteren betrieblichen
und externen Informationsquellen entsteht ein virtuelles Spiegelbild, dessen Zustand sich mittels Data Analytics und Machine Learning in Echt-
zeit überwachen und optimieren lässt. Durch Simulationsmodelle können darüber hinaus Erkenntnisse zur Beantwortung von „Was-wäre-wenn-
Fragen“ gewonnen werden. Eine Besonderheit besteht zudem in der intuitiven Darstellung der Daten mittels Augmented oder Virtual Reality.
Auch wenn eindrucksvolle, interaktive 3D-Visualisierungen schnell den Anschein erwecken, Digital Twins zu sein, so weist  Forrester explizit
darauf hin, dass zwar Animationen und grafische Simulationen eine Möglichkeit sind, Einblicke in Daten zu gewinnen – nicht aber den Digital Twin
selbst darstellen. Darüber hinaus ist nicht nur die digitale Abbildung des Verhaltens des physischen Objektes von großem Mehrwert, sondern auch
die Darstellung der Beziehungen der einzelnen Zwillinge mit ihrem Umfeld. So können die Daten von mehreren Digitalen Zwillingen zu neuen Digi-
tal Twins zusammengefügt werden, sodass ein ganzes Netzwerk entsteht („Twin of Twins“).

Gartner 2 unterscheidet drei Evolutionsstufen:
 Discrete Digital Twins dienen der Optimierung einzelner
  Vermögenswerte, Personen und anderer physischer Ressourcen.
 Composite Digital Twins werden auf Vorgänge angewendet, bei
  denen diskrete Digitale Zwillinge und weitere Ressourcen wie
  bspw. externe Datenquellen kombiniert werden.
 Digital Twins of Organisations (DTO) dienen der Maximierung
  des Geschäftswerts gesamter unternehmerischer Prozesse und
  ergeben sich aus der Interaktion vieler diskreter und kombinierter
  Digital Twins.

                                                                                       Abbildung 1: Darstellung der Evolutionsstufen von Digital Twins nach Gartner (2020)

2   Gartner, Inc. (Juli 2020): What to Expect When You’re Expecting Digital Twins; ID G00381153

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Die Art der Kommunikation zwischen dem Digital Twin und seinem physischen Spiegelbild sowie den Grad der Standardisierung der Datenmo-
delle und -quellen bilden die beiden Dimensionen des  Digital Twin Maturity Model der Unternehmensberatung Detecon. Herrschen zwischen
physischem Objekt und Digital Twin keinerlei Kommunikation in Form eines Daten- und Informationsflusses statt, so sprechen Detecon nur von
einem Repräsentanten, wie bspw. einem virtuellen Bauplan eines zukünftigen Bahnhofs. Ein „echter“ Digital Twin liegt demnach nur dann vor,
wenn zwischen den beiden Entitäten eine bi-direktionale Kommunikation stattfindet und die Interaktion mit dem virtuellen Modell direkte
Auswirkungen auf das physische Objekt hat und umgekehrt.
Der Grad der Standardisierung referenziert die Art der Interoperabilität der Datenmodelle und Datenquellen. Liegt keinerlei Standardisierung vor,
so interagiert der Digital Twin nicht mit anderen Systemen. Erst die Fähigkeit des Datenaustauschs mit internen und externen Systemen ermög-
licht die Integration des Digital Twins in ein multilaterales Ökosystem.

Digital Twin Philosophie der Deutschen Bahn
Aus der Vielzahl an Perspektiven und Dimensionen von Digital Twins ergibt sich eine Digital Twin Philosophie, die vom CTO Bereich für Strategie,
Innovation und neue Technologien gemeinsam mit dem „IoT-Authority“-Gremium erarbeitet wurde:

Digital Twins…
 …beschreiben ein Objekt, eine Person oder einen Prozess
 …sind digitale Repräsentationen von Dingen in der realen Welt
  (Existenz des Dings ist unerheblich)
 …bieten verschiedene Informationen in einem intuitiven Format
  und ermöglichen so einen übergreifenden Informationsaustausch
 …können Algorithmen, Simulationen und Services enthalten, die
  vergangene, jetzige oder zukünftige Eigenschaften und Verhalten
  des repräsentierten Objekts beschreiben oder beeinflussen
 …haben das Ziel „Business Outcome“ zu optimieren

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Der Trendmikrokosmos 3 Digital Twin
Der Trendmikrokosmos strukturiert die recherchierten Trendinformationen nach ihren Wirkmechanismen und führt zu einer ganzheitlichen
Betrachtung des Trends. Über das gewonnene Verständnis der Wechselwirkungen kann der Trend analytisch in die Zukunft weitergedacht werden.

Abbildung 2: Darstellung der wesentlichen Einflussfaktoren und Abhängigkeiten des Digitaltrends „Digital Twin“ anhand des Trendmikrokosmos

3   Blechschmidt, Jörg (im Druck, erscheint 2021): Quick Guide Trendmanagement. Wie Sie Trendwissen in Ihrem Unternehmen wirksam nutzen. Berlin/Heidelberg: Springer Gabler.

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Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Trendbewertung Digital Twin
Im Folgenden geben wir Ihnen unsere Einschätzung hinsichtlich der Relevanz, der Maturity (Reifegrad) und des Business Value (Mehrwert für die
DB) zur Hand. Die Trendbewertungen basieren auf systematischen Ableitungen anhand eines objektiven Kriterienkatalogs. Im Anhang finden Sie
weitere Erläuterungen zu unserer Methodik und Vorgehensweise. Die Abbildung zeigt die Einordnung des Trends „Digital Twin“ auf Grundlage der
oben beschriebenen Philosophie im Bezug zu den relevanten Digitaltrends des  Digital.Trend.Radars.

                                                                                       Business Value: Medium
                                                                                       Der DB Business Value ist ein Maß für die Relevanz eines Trends für den
                                                                                       DB Konzern auf Sicht von zehn Jahren. Dazu werden Chancen und Risiken
                                                                                       zukünftiger Anwendungsszenarien bewertet. Der DB Business Value be-
                                                                                       antwortet die Frage: Wie wichtig ist es für die Deutsche Bahn, sich mit
                                                                                       dem Trend auseinanderzusetzen?
                                                                                       Auf Grundlage unserer Ergebnisse ist der größte Hebel aufgrund des Einsatzes
                                                                                       Digitaler Zwillinge in der Steigerung der konzernweiten Leistungsfähigkeit
                                                                                       der heutigen Infrastruktur zu erwarten (Kapitaleffizienz). Die Analysten von
                                                                                       Gartner 4 gehen bspw. davon aus, dass schon bis zum nächsten Jahr etwa die
                                                                                       Hälfte der großen Industrieunternehmen Digitale Zwillinge einsetzen und
                                                                                       hierdurch eine 10% Steigerung ihrer Effizienz verwirklichen werden.
                                                                                       Die 1:1-Beziehung zwischen dem realen Objekt und seinem Zwilling über des-
                                                                                       sen gesamten Lebenszyklus hinweg ermöglicht die konstante Steuerung und
                                                                                       Optimierung komplexer Anlagen, Maschinen, Systeme bis hin zu Unterneh-
                                                                                       mensprozessen. Diese Eigenschaft machen den digital Twin zu einem kriti-
                                                                                       schen Erfolgsfaktor für die Wartung und Instandhaltung. Die Abbildung von
                                                                                       Infrastruktur, Zügen oder Gebäuden mit Hilfe von Digitalen Zwillingen ermög-
                                                                                       licht die Echtzeit-Überwachung und frühzeitige Identifikation von Störungen
                                                                                       einzelner Komponenten. Hierdurch ergeben sich Zeit- und Kostenersparnisse.
Abbildung 3: Einordnung des Digitaltrends "Digital Twin" im Digital.Trend.Radar 2020
                                                                       Unter der Voraussetzung, dass ein physisches Objekt mittels exakter Echtzeit-
                                                                       daten modelliert wird, können Simulationen durchgeführt werden, ohne dass
kritische Ressourcen verbraucht, in den Realbetrieb eingegriffen oder lange auf Ergebnisse gewartet werden muss. Es können vielmehr unter-
schiedliche Konstellationen „im Zeitraffer“ parallel verprobt werden. Lieferketten, Ressourcennutzung oder die Durchlaufzeit von Geschäftsprozessen
lassen sich auf diese Weise störungsfrei und materialschonend optimieren. So könnte bspw. das Verhalten bestimmter Baumaterialien bei
Extremwetter oder aber ein neuer Fahrplan in der virtuellen Testumgebung untersucht werden, bevor er in der Realität zum Einsatz kommt.

4   Gartner, Inc. (März 2019): Top 10 Strategic Technology Trends for 2019; ID G00377678

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Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Darüber hinaus lassen sich über die Modifikation verschiedener Parameter des Digital Twin unterschiedliche Lösungswege für bestimmte
Zielfunktionen simulieren.
Nicht nur die Optimierung von Vermögenswerten bergen ein großes Effizienzpotential. Unterstützt
durch intuitive Human Machine Interfaces und Künstliche Intelligenz erwarten wir eine Erhöhung der
Produktivität des Personals (Nutzereffizienz) von bis zu 5% in den nächsten 10 Jahren durch den Ein-
satz Digitaler Zwillinge. Dies wird vor allem durch die Teil- oder Vollautomatisierung von Unternehmens-
prozessen, intelligenter Entscheidungsunterstützungssysteme wie bspw. digitale Assistenten und einer
Reduktion der Fehleranfälligkeit erreicht.
Eine Verdopplung der Passagierzahlen im Schienenpersonenfernverkehr sowie ein Wachstum des Markt-
anteils des Schienengüterverkehrs auf 25% sind zentrale Bestandteile der  Dachstrategie „Starke
Schiene“. Ein physikalisch korrekte Live-Simulation unseres Bahnsystems würde uns mit Hilfe von künst-
licher Intelligenz bspw. befähigen, den bestmöglichen Fahrplan für den Personen- und Güterverkehr zu
berechnen oder in Störfällen die optimalen Umleitungsmöglichkeiten zu identifizieren. Dies macht den
Digitalen Zwilling zu einem entscheidenden Faktor für die Erhöhung der Kapazität auf der Schiene. Dies
wird sich perspektivisch auch in einer Umsatzerhöhung niederschlagen (Umsatzpotential).
Darüber hinaus wird sich durch den Einsatz Digitaler Zwillinge das Kundenerlebnis entscheidend verbes-
sern. Folgen davon sind eine höhere Kundenzufriedenheit durch weniger Störungen und Verspätungen
im betrieblichen Ablauf sowie einer Erweiterung des Leistungs- und Streckenangebots. Die Versorgung
mit Echtzeitdaten aus unterschiedlichsten Quellen in Kombination mit Augmented Reality wird die Fahr-        Abbildung 4:
gastinformation entscheidend verbessern.                                                                     Bewertungskriterien des DB Business Value

Nicht zuletzt werden sich durch den organisationsübergreifenden Einsatz Digitaler Zwillinge neue Geschäftsmodelle ergeben. Ein erstes Beispiel
zeigt Hitachi Rail mit dem  Trains-as-a-Service.
Neben den hohen Wertversprechen existieren zum jetzigen Zeitpunkt jedoch entscheidende regulatorische Hürden (Regulatorisches). So bergen
die teil- oder vollautomatisierte Wartung und Steuerung kritischer Infrastruktur durch Digital Twins hohes regulatorisches Konfliktpotential. Dar-
über hinaus ergeben sich speziell in Deutschland und Europa durch die Nutzung personenbezogener Daten bei der Entwicklung von Digital Twins
of People (DToP) Datenschutzrechtliche und ethische Fragestellungen.
Auch wenn das Potential Digitaler Zwillinge heute noch nicht voll ausgeschöpft werden kann, sehen wir ein relativ hohes strategisches Risiko,
sollten wir uns nicht jetzt mit diesem Digitaltrend systematisch auseinandersetzen (Disruptionspotential). Ohne eine konsequente Digitalisierung
des Bahnbetriebs werden wir die hoch gesteckten Ziele der Starken Schiene nicht erreichen. Digital Twins spielen hier eine wesentliche Rolle, da
sie entscheidende Treibertechnologien der Industrie 4.0 (Künstliche Intelligenz, 5G, Blockchain, Quantencomputing, etc.) miteinander zu einem
Digitalisierungskonzept vereinen. Vor diesem Hintergrund gehen wir von wirtschaftlichen Einbußen aus, sollten wir die Nutzung von Digital Twins
„verschlafen“. Insbesondere der Aspekt, dass Digital Twins einen wesentlichen Treiber für das Autonome Fahren darstellen, sowie die Möglichkeit
durch Modellierung und Simulationen einen kraftvollen Hebel für individuelle und nahtlose Reiseketten zu ermöglichen, sollten diesen Digitaltrend
in unseren strategischen Fokus rücken. Andernfalls riskieren wir den Verlust wertvoller Marktanteile an andere Mobilitätsdienstleister.

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Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Maturity (Reifegrad): Volatile
Die Maturity beschreibt die heutige Reife eines Trends. Neben dem technischen Entwicklungsstand spielt die dazugehörige Markt­ und
Leistungsinfrastruktur eine wesentliche Rolle. Die Maturity beantwortet die Frage: Wie leicht ist es heute bereits, die aus dem Trend
resultierenden Potentiale zu nutzen?
Während am Markt ein klarer Trend hin zur organisationsüberreifenden Nutzung von Digital Twins und deren Vernetzung zu intelligenten Wert-
schöpfungsnetzwerken zu beobachten ist, so fehlt es noch an einer übergreifenden Roadmap zur Erreichung dieser Vision (Marktstrategie).
So sind entscheidende strategische Fragen, wie bspw. nach den Eigentumsverhältnissen oder der Gover-
nance nicht geklärt. Stellen wir uns vor, wir beziehen ein neues Bauteil für den ICE, so geht das physi-
sche Objekt in unseren Besitz über. Wir können es einlagern, verbauen, modifizieren, betreiben und ent-
sorgen. Wie verhält es sich jedoch mit dem Digital Twin eines solchen Objektes? Erstellen wir einen ei-
genen Digital Twin oder sollte nicht vielmehr der Twin genauso wie das reale Gegenstück nur einmal
existieren? Werden wir künftig vom Hersteller auch den Digital Twin erhalten oder werden uns Wartung,
Instandhaltung und Überwachung in Zukunft „as a Service“ zur Verfügung gestellt?
Weiterhin ist noch unklar, wie Betrieb und Governance von Digital Twins über den gesamten Produktle-
benszyklus hinweg und unternehmensübergreifend organisiert werden können. Wenn wir an einen „Digi-
tal Train Twin“ denken, der womöglich wie sein physisches Ebenbild 30 Jahre in Betrieb bleiben wird,
bekommen wir ein Gefühl für diese Herausforderungen. Ähnlich verhält es sich mit dem Management
der Daten, die der Digital Twin über den Lebenszyklus hinweg anhäuft. Laut Gartner 5 steht der Markt
hier erst am Anfang.
Eine breite Marktverfügbarkeit von schlüsselfertigen Lösungen ist heute noch nicht gegeben. Zwar gibt
es eine wachsende Zahl an Anbietern und Beratungsunternehmen, die Digital Twins in ihrem Portfolio
anführen, darunter die großen Industrieunternehmen wie bspw. Siemens, Bosch und SAP oder Digitali-
sierungskonzerne wie Microsoft und IBM. Der Großteil der angebotenen Lösungen bewegt sich jedoch          Abbildung 5:
im Bereich der „Enabling Technology“ bspw. in Form von cloud-basierten Iot-Plattformen oder Infrastruk-   Bewertungskriterien der Maturity (Reifegrad)
turkomponenten. Darüber hinaus konzentrieren sich die identifizierten Anwendungsfelder sich auf die In-
dustrie 4.0, insbesondere Predictive Maintenance, Condition Based Monitoring sowie Gebäude- und Asset Management. Lösungsansätze für
„Digital Twins of People“ oder gar der oben beschriebene „Digital Twin of Organisations (DTO)“ wurden bisher noch nicht realisiert.
Auch wenn erste Angebote unterschiedlicher Hersteller existieren, gibt es bisher keine umfassenden Lösungen, welche die für Digital Twins benöti-
gen Technologien, wie z.B. Sensorik, KI, Big Data Analytics und Plattformen umfassend integrieren. Der Digital Twin Markt zeichnet sich vielmehr
durch eine hohe Beratungsintensität aus. Dies liegt auch darin begründet, dass die Hersteller eigene proprietäre Strategien verfolgen. Von einem
Marktstandard, der Produkte unterschiedlicher Hersteller verbindet, ist man aktuell noch weit entfernt.

5
    Gartner, Inc. (Juli 2020): Hype Cycle for the Internet of Things 2020; ID G00441743

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Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Interoperabilität. Auch wenn bereits einige vielversprechende Beispiele für den Einsatz Digitaler Zwillinge
existieren, so handelt es sich fast ausschließlich um „Insellösungen“ ohne übergreifenden Industriestandard. Dies bestätigen auch die Studiener-
gebnissen von  Detecon (2019) laut derer die überwiegenden Digital Twin Aktivitäten unternehmensintern stattfinden. Die Lösungen verschiede-
ner Anbieter sprechen nicht miteinander. Standards bilden sich auf Komponentenebene, nicht aber auf Ebene der Ökosysteme.
Der oben beschriebene Fall der Interaktion verschiedener Digitaler Zwillinge innerhalb ganzer Ökosysteme ist noch weit entfernt.
Ein breiter Einsatz in unserer sowie in weiteren Branchen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststellbar (Ökosystem). Laut einer globalen
Gartner-Umfrage unter CIOs in diesem Jahr, haben nur 6% der antwortenden Unternehmen Digital Twins, in welcher Form auch immer, umgesetzt.
Bei diesen Unternehmen sind bisher weniger als 1% der Assets über DT repräsentiert. Aus der Umfrage folgern die Gartner-Analysten, dass mit
einer Marktreife erst im Zeitfenster 3 bis 5 Jahre zu rechnen ist.
Auch unter den Digital Twin Providern sind bisher nur wenige strategische Partnerschaften zu erkennen. Ein im Mai 2020 von Ansys, Microsoft,
Dell und Lendlease gegründetes  Digital Twin Consortium soll ein erster Schritt zur Schaffung industrieller Standards sein. Ein weiteres Beispiel
einer strategischen Kooperation bildet die langjährige Zusammenarbeit zwischen dem Industriekonzern SIEMENS und dem IT-Dienstleister Atoss.
Während Digital Twins im industriellen Umfeld bereits in der Fertigung, Instandhaltung oder im digitalen Baumanagement ihr Potential unter Be-
weis stellen, so befinden sich die Aktivitäten im Eisenbahn- und Schienenverkehr größtenteils noch im Pilotstatus (Peer Group). Dies mag unter-
schiedliche Gründe haben. Insbesondere für Großkonzerne wie die Deutsche Bahn sind die über Jahrzehnte gewachsenen IT-Infrastrukturen und
Silo-Architekturen mit systemspezifischen, unstrukturierten Daten verschiedenster Quellen ein Hindernis. Die Implementierung von Standards für
einen übergreifenden Daten- und Informationsaustausch und damit der erfolgreiche Einsatz von Digital Twins werden zur komplexen Herausforde-
rung. Im Bereich Mobilität sind vor allem Ansätze wie „Connected Car“ und „Autonomes Fahren“ genauer zu beobachten. Hier fungieren Digitale
Zwillinge als wesentliche Treiber nahtloser Reiseketten und individueller Mobilitätsangebote.

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Kernergebnisse und Empfehlungen

            Es gibt nie nur den einen richtigen Weg. Es lohnt sich aber darüber nachzudenken, ob man sich treiben lassen will oder proaktiv
            die Initiative ergreift. Dafür möchten wir Ihnen an dieser Stelle einige Empfehlungen geben.

Kernergebnis 1: Digital Twin als Basis der Industrie 4.0
Die Möglichkeit der physikalisch korrekten digitalen Abbildung von Objekten, Prozessen oder gar Personen machen Digital Twins zu einem
wesentlichen Treiber der Industrie 4.0. Ohne die Grundlage eines digitalen Modells lassen sich Konzepte wie automatisierte Instandhal-
tung oder autonome Werkstätten nicht realisieren.
Empfehlung:
Erhöhung der konzernweiten Bekanntheit des Konzepts von Digital Twins und ihrem Potential für die Deutsche Bahn. Durch das sukzessive Voran-
treiben von Leuchtturmprojekten und der Entwicklung digitaler Modelle, bspw. durch den Einsatz der BIM-Methodik im digitalen Baumanagement,
entstehen erste positive Anwendungsbeispiele und schaffen die Grundlagen für zukünftige Use Cases. Hierzu kann auch die Beteiligung an zentralen
Forschungsprojekten zählen, besonders im Bereich der Kommunikation und Interaktion von Digital Twins untereinander.

Kernergebnis 2: Hohe Anforderungen an Datenarchitektur und Governance
Durch die Speicherung aller Informationen, Aktivitäten und Beziehungen über den kompletten Lebenszyklus hinweg fungiert der Digital
Twin als „Blackbox“ unserer Vermögenswerte und Unternehmensprozesse. Dabei entfaltet er erst dann sein volles Potential, wenn er in
Echtzeit die Realität widerspiegelt.
Empfehlung:
Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und hochverfügbaren Datenbasis über den gesamten Lebenszyklus ist angesichts der komplexen
Unternehmensprozesse und extrem langlebigen Vermögenswerte der Deutschen Bahn keine triviale Aufgabe. Hierzu wird die Etablierung einer
konzernübergreifenden und durchsetzungsfähigen Data Governance erforderlich, die keinen Partialinteressen unterliegt und die Aktivitäten in
Fach- und Geschäftsbereichen bündelt. Ziel dieser zentralen Governance muss es sein, eine übergreifende Datenarchitektur und -standards für die
Entwicklung und den Betrieb Digitaler Zwillinge zu etablieren und sowie die Datenqualität, Verfügbarkeit und Revisionssicherheit (bspw. durch die
Verwendung von Blockchain-Technologie) sicherzustellen.

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Kernergebnis 3: Vernetzte Ökosysteme als kritischer Erfolgsfaktor
Der Mehrwert der Nutzung Digitaler Zwillinge liegt vor allem in offenen und organisationsübergreifenden Wertschöpfungsnetzwerken.
Unternehmensübergreifende „Network of Twins“ bilden die Grundlage für neue digitale Geschäftsmodelle in intelligenten Ökosystemen.
Empfehlung:
Ziel darf nicht die "Einzeloptimierung" getrennt agierender Digital Twins sein, sondern die Schaffung interdisziplinärer Netzwerke unterschiedli-
cher Digitaler Zwillinge über Unternehmensgrenzen hinweg. Dies erfordert eine übergreifende Vision für den Einsatz Digitaler Zwillinge in vernetz-
ten Ökosystemen. Zur Entwicklung übergreifender Strategien und Standards sollten hierzu permanent Marktstandards verfolgt werden, sowie die
aktive Mitgestaltung in entsprechenden Gremien und Konsortien erörtert werden. So klar wie der Vorteil des Network of Twins in der Zukunft ist,
so herausfordernd ist deren Realisierung. Eine zielgerichtete Forschung, die neueste Marktentwicklungen berücksichtigt, legt die Grundlage für
wegweisende Zukunftsentscheidungen.

Kernergebnis 4: Digital Twins sind genauso komplex wie die reale Welt
Die physikalisch korrekte digitale Abbildung der realen Welt ist hochkomplex und darf nicht unterschätzt werden. Selbst die Abbildung
und Simulation einzelner kleiner Komponenten bringen heutige Rechenkapazitäten schnell ans Limit.
Empfehlung:
Damit die Komplexität überschaubar bleibt, sollten Twins in Komponenten zerlegt werden. So kann bspw. ein Fahrzeug in seine Komponenten wie
Türen, Radsätze usw. aufgeteilt werden. Wir sollten klein anfangen und nicht vor der Komplexität zurückschrecken, aber dabei auch das große
Ganze nicht aus den Augen verlieren. Auch wenn heutige Rechenleistungen noch nicht die große Vision erfüllen können, Entwicklungen aus der
Welt des High Performance Computing und Quantencomputing versprechen zukünftige Lösungen.

Kernergebnis 5: Vielzahl an Treibertechnologien mit unterschiedlichem Reifegrad
Digital Twins sind keine isolierte Technologie, sondern vielmehr die intelligente Verknüpfung von mächtigen Digitaltrends, wie z.B. KI, IoT
oder 5G. Während die einen sukzessive den Markt erobern, lässt sich der kommerzielle Einsatz anderer wiederum nur schwer abschätzen.
Empfehlung:
Die strategische Ausgestaltung des Einsatzes Digitaler Zwillinge erfordert einen holistischen Ansatz im Hinblick auf die zentralen Treibertechnolo-
gien. Gleichzeitig empfiehlt sich die Identifizierung der einzelnen Technologieverfügbarkeiten, um nicht zu früh auf unreife Technologien zu setzen.

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Chancen und Risiken

            Yin oder Yang? Trends und damit einhergehende Entwicklungen sind objektiv betrachtet neutrale Veränderungen. In jedem Trend
            stecken sowohl Chancen als auch Risiken. Welche Seite der Medaille überwiegt, entscheidet oft das eigene Handeln.

Chancen [wenn wir richtig handeln]:
 Die physikalisch korrekte digitale Abbildung und Überwachung realer Vermögenswerte ermöglicht die Optimierung im virtuellen Raum, ohne
  kritische Ressourcen zu verschwenden.
 Insbesondere bei der wartungsintensiven kritischen Infrastruktur der Deutschen Bahn bietet der Einsatz von Digital Twins als Basis für die
  prädiktive Instandhaltung ein immenses Potential.
 Die exakte digitale Abbildung realer Objekte in einem Digital Twin erlaubt die Durchführung von Simulationen und Experimenten, die in der
  Realität gar nicht möglich sind, wie bspw. die Auswirkungen von Extremwetter auf die Infrastruktur, der Test eines neuen Fahrplans oder die
  Reaktionen von Bürger*innen auf neue Bauvorhaben.
 Die digitale Abbildung der gesamten unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette ermöglichen die Optimierung der gesamten
  Organisationsprozesse (Supply Chains, Customer Journey, etc.)
 Die Teil- bzw. Vollautomatisierung verschiedener Arbeitsschritte wie bspw. Instandhaltungs- oder Wartungsprozesse reduziert den manuellen
  Arbeitsaufwand. Dies ist auch im Hinblick auf den andauernden Fachkräftemangel eine Chance.

Risiken [wenn wir nicht die richtigen Dinge tun]:
 Nur wenn bestehende Datenstrukturen aufgebrochen und Grenzen geöffnet werden, können aus einzelnen Digital Twins vernetzte Ökosysteme
  werden. Geschlossene Ansätze und Datensilos werden nicht überleben.
 Die Verknüpfung der realen Welt mit der digitalen Welt erfordert hohe Sicherheitsmaßnahmen bspw. im Hinblick auf Cyber-Angriffe.
 So nahe der Digital Twin seinem realen Abbild auch kommt – er bleibt ein Modell. Blindes Vertrauen auf die Daten kann zu falschen
  Rückschlüssen und mitunter schwerwiegenden Fehlern führen.
 Einerseits kann aus einem offenen Datenaustausch über die gesamte Wertschöpfungskette erheblicher Nutzen für alle beteiligte Unternehmen
  entstehen. Andererseits könnte erfolgreiches Bestandsgeschäft in Gefahr geraten, indem sich durch neue datenbasierte Geschäftsmodelle die
  Rollen innerhalb der Ökosysteme und damit Marktanteile verschieben.
 Prozesse und Arbeitsweisen werden sich durch den Einsatz Digitaler Zwillinge verändern und erfordern neue Kompetenzen und Vertrauen in
  die Digitalisierung.

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Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

    Digital Twin 2030
    Digital Twin Evolution ......................................................................................................................... 19
    Zukunftsvision Digital Twins ............................................................................................................... 20

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Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Digital Twin 2030
Wie könnte die Zukunft der Bahn mit Digital Twins aussehen? Nach einem kurzen Einblick in die Historie Digitaler Zwillinge nehmen wir Sie auf
den nachfolgenden Seiten mit auf eine Zeitreise in das Jahr 2030. Anhand von vier Zukunftsbildern zeigen wir Ihnen, wie Digital Twins die Mobili-
tät und Logistik von morgen verändern könnten.

Digital Twin Evolution
Eine neue, unvorhergesehene Hype-Technologie? Keinesfalls. Bereits 1970 nutzten die NASA-Ingenieure einen physischen Zwilling der Apollo 13
Weltraumkapsel. Seitdem haben die fortschreitende Entwicklung des Internets der Dinge, von Cloud Computing und schließlich der künstlichen
Intelligenz die Evolution Digitaler Zwillinge vorangetrieben und völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Wohin geht die Reise?

Abbildung 6: Abbildung der Digital Twin Evolution in Anlehnung an Willow Inc. (2019)

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Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

Zukunftsvision Digital Twins
Um die Digitaltrends von heute und deren Auswirkungen auf unsere Welt richtig einordnen zu können, wagen wir eine Zeitreise und nehmen Sie
mit in das Jahr 2030. Wie wir der Einsatz von Digital Twins unsere Mobilität, unsere Prozesse und unser Leben beeinflussen? In vier spannenden
Zukunftsvisionen möchten wir die Bahn von morgen erlebbar machen.
...Logistik & Verbundprozesse
                                                                                 Der Digital Twin wird die Welt der Logistik entscheidend verän-
                                                                                 dern und verbessern. Bereits heute können wir den Zustand ei-
                                                                                 ner Lieferung nahezu in Echtzeit verfolgen. Wenn ich Güter ver-
                                                                                 sende kann ich über Apps jederzeit abfragen, an welcher Stelle
                                                                                 der Lieferkette sich die Güter befinden. Wurden die Produkte in
                                                                                 einen Container verladen? Wo befindet sich der Container? Noch
                                                                                 im Seehafen oder befindet er sich bereits auf einem Flachwagen
                                                                                 auf der Schiene? Ist die Temperatur im kritischen Bereich oder
                                                                                 ist alles im Plan? Über die Vernetzung im Internet der Dinge, ist
                                                                                 dies bereits heute Realität. Mit der zunehmenden Verbreitung
                                                                                 von neuen Technologien wie KI oder Blockchain wird die Logis-
                                                                                 tik auf eine neue Stufe gehoben. In 10 Jahren hat das Paket und
                                                                                 sein Digitaler Zwilling eine eigene digitale Identität. Der Digitale
                                                                                 Zwilling prüft verfügbare Transportkapazitäten und fragt die be-
                                                                                 reitgestellt Qualität, den Preis und die mögliche Dauer bis zu ei-
ner Zustellung ab. Nach Abgleich der unterschiedlichen Optionen bucht der Digitale Zwilling den intermodalen Transport selbst. Im Bedarfsfall
kann selbstverständlich ein Disponent noch eingreifen und sich die unterschiedlichen Angebote durch den Digitalen Zwilling vorstellen lassen.
Diese Konzepte lassen sich natürlich bis in die Fertigung von komplexen Gütern übertragen. So weiß bspw. ein komplexes Produkt, das gerade
produziert wird, selbst, welche Komponenten im Fertigungsprozess zu welchem Zeitpunkt bereitstehen müssen, damit der Produktionsprozess
nicht verzögert oder gar unterbrochen wird. Rechtzeitig bevor eine spezielle Schraube im Fertigungsprozess benötigt wird, wird sie an das be-
troffene Produktionsband angefordert. Auch bestellt das Regal im Lager Material selbstständig nach, sobald ein kritischer Bestand erreicht wurde.
Durch die Analyse komplexer Fertigungsketten können Engpässe transparent gemacht und damit unnötige Verzögerungen oder zu hohe Lagerbe-
stände vermieden werden. Der Digitale Zwilling des Fertigungsprozesses optimiert sich selbst und überträgt die daraus resultierenden Abhängig-
keiten an alle am Fertigungsprozess beteiligten Komponenten.
Nicht nur in der Produktion, in allen anderen Prozessbereichen wird die Abbildung in Digitalen Zwillingen, die miteinander bereichsübergrei-
fend interagieren zu Effizienzen und Synergien führen. Alle an einem Prozess Beteiligten können nahtlos zusammenarbeiten und erhalten die von
ihnen benötigten Informationen in Echtzeit, dann wenn sie benötigt werden. Das lästige Suchen nach begleitenden Dokumenten wie bspw. Richt-
linien entfällt genauso wie Ineffizienzen durch das Warten auf Freigaben, da der Digitale Zwilling diese auf Basis der vorliegenden Informationen
direkt erteilt und damit die nächsten Prozessschritte unmittelbar einleiten kann. Wie in der Fertigung auch werden sich auch administrative Pro-
zesse mittels ihres Digitalen Zwillings selbst optimieren und gestalten.

DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020                                                                                                20
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

...Reisendenerlebnis
                                                                                 Die Zukunft der Mobilität wird intelligent, multimodal und
                                                                                 traveller-centric. Vor, während und nach der Reise wird unser
                                                                                 Digitaler Zwilling durch die Abbildung unserer Vorlieben, unserer
                                                                                 Bedürfnisse und unseres aktuellen Zustands für ein ungetrübtes
                                                                                 Reiseerlebnis sorgen. Er wird aus den Daten der uns begleiten-
                                                                                 den technischen Geräte und Systeme wie Smartwatches, Fit-
                                                                                 ness Tracker sowie dem aktuellen Geschehen auf den von uns
                                                                                 genutzten Social Media Plattformen gefüttert. Dabei wird Daten-
                                                                                 schutz großgeschrieben. All das geschieht natürlich in einem von
                                                                                 uns kontrollierten und geschützten Raum, wenn auch die Bereit-
                                                                                 schaft zum Teilen von Daten gegenüber heute gewachsen ist.
                                                                                 Diese Bereitschaft lässt sich bereits heute u.a. in einer Studie
                                                                                 von  Adobe erkennen.
                                                                                   Verknüpft mit anderen Daten wie bspw. dem aktuellen Wetter,
der Verkehrssituation auf der Straße, der Schiene oder auch in der Luft plant mein Digitaler Zwilling auf Basis der aktuellen Stimmung die Dienst-
reise, die heute ansteht. Mir ist eher nach Gesellschaft zumute? Dann wird die Buchung im Großraumwagen eines autonomen Fahrzeugs vorgezo-
gen. Die Prädiktionsmodelle sehen Staus und überfüllte Züge aufgrund einer Großveranstaltung am Zielort voraus? Die etwas teurere autonome
Flugdrohne wird attraktiv, um den Termin pünktlich einhalten zu können. Vor der Buchung fragt mein Digitaler Zwilling kurz nach, ob die Bu-
chung durchgeführt werden soll. Nach kurzem Abwägen der höheren Kosten und einer alternativ längeren Reisezeit, gebe ich die Buchung frei.
Außer der kurzen Bestätigung, dass die Ticketkäufe und Buchungen erfolgreich waren, lenkt mich nichts von meinen anderen Tätigkeiten ab.
Selbstverständlich hat mein Digitaler Zwilling alle Buchungen gespeichert. Dass er mir den richtigen Weg im Bahnhof und dann zur Flugplattform
weist, versteht sich von selbst. Da nicht nur ich von der Großveranstaltung betroffen bin und auch andere Digitale Zwillinge Drohnen gebucht
haben, wurde die Flugkapazität am Zielort vom Anbieter automatisch erhöht. Dass ich in der Drohne leichte Flugangst verspüre, registriert mein
Digitaler Zwilling, bietet mir ein Ablenkungsprogramm und wird es beim nächsten Mal berücksichtigen.
Nicht nur bei Geschäftsreisenden, vielmehr auch bei mobilitätseingeschränkten Personen wird der Digitale Zwilling seine Vorteile ausspielen.
Durch die Verknüpfung mit anderen Digitalen Zwillingen entlang der Reisekette wird das Reiseerlebnis barrierefrei. Digitale Zwillinge des Bahn-
hofs unterstützen den Blinden bei der Navigation zum richtigen Gleis. Ein gehbehinderter Reisender verständigt über seinen Digitalen Zwilling
rechtzeitig den ICE Zwilling über seinen Ausstiegswunsch, so dass der Hilfsroboter rechtzeitig bei ihm ist und beim Ausstieg hilft.
Selbstverständlich verbessern Digitale Zwillinge auch das Reisendenerlebnis an den Mobilitätshubs der Zukunft, den heutigen Bahnhöfen. Die
digitalen Abbilder von Rolltreppen oder Aufzügen ermöglichen ein prädiktives Facility Management. Darüber hinaus werden Reisendenströme
besser gelenkt. Die allein reisende Mutter mit Kinderwagen wird von ihrem Digitalen Zwilling mit Abstand an einer Gruppe von Fußballfans vorbei
navigiert. Letztere werden übrigens schon längst vom ansässigen Schnellrestaurant erwartet. Das Restaurant wusste schon vor Eintreffen des
Zuges, dass eine hungrige und durstige Gruppe bald den Bahnhof durchqueren würde und konnte schon ein paar Burger mehr braten.

DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020                                                                                               21
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

...Betrieb & Instandhaltung
                                                                                 Die Betriebs- und Instandhaltungsprozesse der Zukunft sind
                                                                                 vollumfänglich vernetzt, prädiktiv und automatisiert.

                                                                                 Im Jahr 2030 wird ein Großteil der Schäden an Zügen und Infra-
                                                                                 struktur behoben, bevor sie überhaupt eintreten! Schäden wer-
                                                                                 den nicht erst vom Zugpersonal nach Schadenseintritt dezentral
                                                                                 am beschädigten Objekt erkannt. Vielmehr werden die Züge,
                                                                                 Fahrzeugkomponenten und Infrastruktur zentral anhand ihrer
                                                                                 Digitalen Zwillinge überwacht. Die Assets sind mit Sensoren
                                                                                 ausgestattet, die eine Vielzahl von Daten generieren und rele-
                                                                                 vante Informationen an ihren Digitalen Zwilling übermitteln
                                                                                 (Condition Based Monitoring).
                                                                                 Auffälligkeiten, wie Materialermüdung, zeitliches Verhalten o.ä.
                                                                                 werden herangezogen, um anhand von Erfahrungswerten und
                                                                                 rechnergestützten Simulationen die Wahrscheinlichkeit eines
Schadenseintritts zu berechnen und den möglichen Schadenszeitpunkt vorherzusagen (Predictive Maintenance). Big Data Analytics und maschi-
nelles Lernen bilden dafür die technologische Grundlage. Ein idealer Reparaturtermin wird vom Digitalen Zwilling vorgeschlagen, der Werkstatt-
termin im Instandhaltungswerks automatisch gebucht und das benötigte Reparaturmaterial vom Digitalen Zwilling selbstständig bestellt. Da alle
Assets ihren Digitalen Zwilling haben, kann durch die Vorhersage der Störungen die Auslastung der Instandhaltungswerke proaktiv gesteuert wer-
den. Die Lagerhaltung wird durch automatisierte Bestellprozesse optimiert. Lange Wartezeiten und damit möglicherweise einhergehende Still-
stände werden vermieden.
Das exakte digitale Abbild des Zuges erleichtert den Mechanikern im Werk die Reparatur. Der Aufbau neuer Komponenten kann am Digitalen Zwil-
ling in der Virtual Reality trainiert werden. Kommt eine schadhafte Komponente in die Werkstatt, wird der Techniker mittels Augmented Reality
während der Instandsetzung angeleitet und begleitet. Die erweiterten Informationen werden in sein Sichtfeld dank einer neuen Visualisierungs-
technik in der Schutzbrille eingespielt.
Selbstverständlich endet die Zusammenarbeit der Digitalen Zwillinge nicht an den Unternehmensgrenzen. Kritische und relevante Daten werden
entlang einer integrierten Wertschöpfungskette ausgetauscht. Hersteller, Betreiber und Instandhalter profitieren von einem stets aktuellen
Zwilling, der Daten ohne die Einschränkung protektionistischer Datensilos erhält. Hersteller optimieren ihre Komponenten anhand von echten Be-
triebsdaten, Instandhaltungswerke können besser planen und disponieren, und die Betreiber müssen weniger unvorhergesehene Ausfälle verkraften.
Die Digitalen Zwillinge sind sich nicht nur des Zustands ihrer Komponenten bewusst, sondern teilen ihre Fahrt- und Zustandsdaten in der Zukunft
auch mit einem digitalen Abbild des gesamten Bahnsystems. Dadurch wird eine zentrale und automatische Steuerung der Fahrzeuge auf den
Schienen möglich. Die Digitalen Zwillinge automatisiert fahrender Züge werden auf einer zentralen Plattform betriebsoptimal disponiert, gesteuert
und überwacht. Auch können die Einflüsse neuer Determinanten simuliert werden. Was wäre, wenn mehr Fahrzeuge eingesetzt werden? Wie
verhalten sich die Kapazitäten auf der Schiene? Welche Umwelteinflüsse entstehen? Eine ganzheitliche Total Cost Betrachtung wird Realität.

DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020                                                                                            22
Einführung | Zusammenfassung | Digital Twin 2030 | Marktumfeld | Firmenportraits | Impulse | Anhang

...Veränderung & Nachhaltigkeit
                                                                                Die Zukunft ist getrieben durch individualisierte, grüne Mobili-
                                                                                täts- und Logistikkonzepte. Nachhaltiges Denken und Handeln
                                                                                ist in sämtlichen Prozessen und Verhaltensweisen von Kunden
                                                                                und Unternehmen fest verankert.
                                                                                Neben der vorausschauenden Steuerung im automatisierten
                                                                                Bahnbetrieb, ermöglicht ein ganzheitliches digitales Abbild die
                                                                                Überwachung von weiteren Kenngrößen. Die Auswirkungen von
                                                                                neuen Trassenführungen, Umleitungen von Verkehrsströmen,
                                                                                des Einsatzes von mehr Fahrzeugen oder regionale Änderungen
                                                                                von Ticketnachfrage können in einem digitalen Modell simuliert
                                                                                werden. Wie verhalten sich Umweltdaten, wie CO2- oder Ge-
                                                                                räuschemissionen? Welche Auswirkungen ergeben sich für den
                                                                                Energieverbrauch? Optimale Betriebs- und Planungsparameter
                                                                                lassen sich ableiten, ohne natürliche Ressourcen zu verbrauchen,
da Simulationen im Modell in einer virtuellen Welt stattfinden.
Die Auswirkung einer geänderten Streckenführung oder der Schaffung neuer Bahnkorridore wird im Modell simuliert und zeigt auf, wie sich Emis-
sionswerte entwickeln. Auch wenn niemand gerne einen Güterverkehrskorridor im Vorgarten hat, so lassen sich doch Planungen mit den gerings-
ten Belastungen für die Allgemeinheit finden und sich auf diese Weise eine Diskussion weit möglichst versachlichen. Eine Total Emission Simula-
tion beantwortet die Frage in welchen Regionen, bei bestimmten Verkehrs- und Wettersituationen, die meisten Beeinträchtigungen entstehen.
Daraus können Änderungen abgeleitet werden, die unmittelbar zu Einsparungen führen und damit zum Umweltschutz beitragen. Im Falle einer
anstehenden Neuanschaffung von Fahrzeugen wird am Modell abgelesen, wie sich u.a. de Energiebedarf, CO2-Ausstoß, Verkehrslärm oder andere
Umwelteinflüsse ändern würden.
Der Digitale Zwilling wird nicht nur zur Simulation eingesetzt, sondern hilft auch, den laufenden Betrieb zu überwachen und auszuwerten. Wie
groß ist der Schadstoffausstoß? Wie laut ist es an der Strecke? Welchen Einfluss auf die Messwerte hat eine bestimmte Baustelle? Diese Daten
lassen sich neben der Optimierung des Betriebs unter Umständen auch für die Öffentlichkeitsarbeit verwenden. In der intermodalen Reisekette
wird deutlich, welche Verkehrsträger auch unter Energiegesichtspunkten Vorteile bieten. Durch die gesteigerte Transparenz der Umweltverträg-
lichkeit von verschiedenen Verkehrsmitteln können sich Kunden bewusst für ihr individuelles Mobilitätskonzept entscheiden und erhalten hierbei
die Möglichkeit, ihren individuellen CO2-Fußabdruck in der Natur nachzuverfolgen.
Das ganzheitliche digitale Abbild der „Bahn-Welt“ schafft Bewusstsein für die bi-direktionalen Beziehungen zwischen Mensch, Schiene und Natur.
Durch die Vernetzung externer Datenquellen, wie beispielsweise von Seismografen und Wettersensoren, lassen sich Rückschlüsse auf mögliche
Umwelteinwirkungen wie Erdrutsche oder Hochwasser treffen, welche zu Betriebsbeeinträchtigungen des Bahnbetriebs führen könnten.

DB Systel GmbH | Digital Foresight | September 2020                                                                                                23
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