Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF

 
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Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Digitalisierungsagenda 2020
       Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im
       Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Informationstechnologie
Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Inhalt

 Vorwort5

 Die Digitalisierungsagenda 2020                                                       6

 Digitale Initiativen – aktuelle Erfolgsgeschichten                                   10

 Neue digitale Arbeitsweisen                                                          18

 IT­-Architektur und techno­logische Grundlagen – Highlights aus neuen Technologien   22

 Organisatorische Grundlagen – digitale Kultur des BAMF                               27

 Die Prioritäten in nächster Zeit                                                     29

 Auszeichnungen und internationale Zusammenarbeit                                     32

 Überblick über die Digitalisierungsinitiativen                                       35

 Glossar56

 Impressum59

                                                                                        3
Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Vorwort

    Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

    in bewegenden Zeiten kommt es darauf an, flexibel und zeitnah auf Veränderungen zu reagieren.
    Wir als Bundesbehörde müssen uns daher als „digitale, atmende Behörde“ aufstellen, die in allen
    Dimensionen auf Änderungen bei Anforderungen und Rahmen­bedingungen reagieren kann.
    Hierzu kann und muss Informationstechnik einen wesent­lichen Beitrag leisten und die technischen
    Voraussetzungen schaffen. Gleichzeitig soll Informationstechnik Gestalter und Förderer einer
    zeitgemäßen Organisation sein.

    Aus diesem Grund entwickelte das BAMF im Sommer 2016 die Digitalisierungsagenda 2020 mit
    zahlreichen IT­-Initiativen. In dieser Broschüre möchten wir Sie über den aktuellen Stand der
    Initiativen informieren und die Agenda fortschreiben.

    In den vergangenen zwei Jahren konnten wir bereits Enormes erreichen. Die hier vorgestellten
    Erfolgsgeschichten, ergänzt um Erfahrungsberichte unserer Mitarbeitenden, zeigen, dass wir mit
    unseren Vorhaben und Maßnahmen auf dem richtigen Weg sind: Mit seinen Initiativen nimmt das
    Bundesamt mittlerweile eine Vorreiterrolle im Bereich Digitalisierung ein.

    Bei der Umsetzung der Initiativen geht das BAMF neue Wege und nutzt als eine der ersten
    deutschen Bundesbehörden inno­vative Methoden in der Softwareentwicklung, die wir Ihnen
    in dieser Broschüre vorstellen. Darüber hinaus erproben wir mit dem IT­-Labor zeitgemäße
    Zusammenarbeitsmodelle, wie z. B. Design Thinking. Ziel des Bundesamts ist es, Prozesse langfristig
    vollständig (von Ende­-zu-Ende) zu digitalisieren und dabei nutzerorientiert vorzugehen, also
    gemeinschaftlich mit unseren Mitarbeitenden, die die Informationstechnologie nutzen. ​Dafür haben
    wir Räume im BAMF völlig neu gestaltet, um Zusammenarbeit, Diskussionen und Ideenentwicklung
    zu fördern.

    Mit der Digitalisierungsagenda 2020 und dem Engagement unserer Mitarbeitenden wird ein
    wegweisender Beitrag für die Gestaltung effizienter und qualitativ hochwertiger Prozesse bei der
    Bearbeitung der Asylverfahren, im Flüchtlingsschutz und in der Integrationsarbeit geleistet.

    Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen

    Dr. Markus Richter
    Vizepräsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

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                                                                                                          5
Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Digitalisierungsagenda 2020 – Halbzeit auf dem Weg zu der „digitalen, atmenden“ Behörde

Die Digitalisierungsagenda 2020
Halbzeit auf dem Weg zur „digitalen, atmenden Behörde“

Digitalisierung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für                  Obwohl 2017 nur noch 220.000 Anträge gegen-         Die Digitalisierung ist mehr als nur die Einführung      Klassische, monolithische Archi­tekturen der Anwen-
das BAMF. Die hohe Varianz der Antragstellungen,                        über 750.000 im Jahr 2016 gestellt wurden, bleibt   neuer Technologien – sie ist essenzieller Bestandteil    dungen müssen aufgebrochen und in eine moderne,
die durch die Mitarbeitenden des BAMF bearbei-                          die Zahl der Anträge nach wie vor sehr hoch.        des fachlichen Erfolgs des BAMF.                         modulare IT­-Architektur überführt werden. Zu-
tet werden – bei gleichzeitig hohem Anspruch an                         Hinzu kommt seit 2017 ein erneuter Anstieg von      Aus diesem Grund verfolgte das BAMF zunächst             sätzlich soll die IT-­Infrastruktur Abweichungen in
die Qualität der Asyl­entscheidungen – stellt alle                      Wiederauf­nahme-­, Klage-­ und Familiennachzugs-    das Ziel, die IT-­Systeme aufzurüsten und zu             der Auslastung abfangen und verarbeiten können.
Betroffenen und Beteiligten vor besondere Heraus-                       verfahren. Dadurch steigen auch die Anforderungen   stabilisieren, um die große Zahl der Anträge zu          Neben die­sen technischen Fähigkeiten müssen neue
forderungen.                                                            an die Informationstech­nologie (IT) des BAMF:      bewältigen und Systemausfälle deutlich zu redu-          Arbeitsweisen wie die agile Entwicklung in der Ge-
                                                                                                                            zieren. Dies wurde durch die Modernisie­rung der         samtorganisation der Behörde eingeführt werden.
                                                                                                                            IT­-Infrastruktur und des Asylverfahrens realisiert.
                                                                                                                            Nachdem diese Herausforderung gemeistert war,
                                                                                                                            setzte sich das BAMF das ambitionierte Ziel, eine        Welche Meilensteine auf dem
                                                                                                                            „digitale, atmende Behörde“ bis 2020 zu werden.
                                                                                                                                                                                     Weg zur „digitalen, atmenden
                                                                                                                            Dies bedeutet im Wesentlichen:                           Behörde“ erzielt wurden
                                                                                                                            •   Die technische Skalierbarkeit bei sehr stark         Ausfallzeiten der Systeme konnten durch die Stabi-
                                                                                                                                schwanken­den technischen und/oder organisa-         lisierung und Modernisierung der IT-­Infrastruktur
                                                                                                                                torischen Lastspitzen zu garantieren und             seit 2018 auf nahezu null reduziert werden. Der
                                                                                                                            •   die fachliche Flexibilität von Prozessen bei sich    Zugang zu Integrations­- und Sprachkursen wurde
                                                                                                                                ändernden Rahmenbedingungen und Anforde-             wesentlich verbessert, indem digitale Anbindungen
                                                                                                                                rungen zu gewährleisten.                             zu den beteiligten Institutionen geschaffen wurden
                                                                                                                                                                                     und somit jederzeit Transparenz über aktuelle Kurs-
                                                                                                                                                                                     angebote besteht. Des Weiteren wurden und wer-
                                                                                                                            Wie das Bundesamt vorgeht                                den für das Bundesamt neue digitale Technologien
                                                                                                                                                                                     erprobt (z. B. Block­chain und künstliche Intelligenz),
                                                                                                                            Das BAMF ist der Überzeugung: Wenn es darum              um interne Prozesse zu optimieren und auf zukünf-
                                                                                                                            geht, die Mitarbeitenden bei ihren Aufgaben optimal      tige Anforderungen zeitnah reagieren zu können.
                                                                                                                            zu unter­stützen, ist Digitalisierung ein zentraler
                                                                                                                            Bestandteil. So ist es notwendig, Prozesse Ende-­
                                                                                                                            zu-Ende zu digitalisieren (Stichwort: Eliminierung
                                                                                                                            von Medienbrüchen) und Ent­scheidungsprozesse
                                                                                                                            systemisch zu unterstützen (z. B. durch künstliche
                                                                                                                            Intelligenz).

Digitalisierung betrifft alle Bereiche des BAMF sowie die Schnittstellen zu anderen Behörden

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                                                                                                                                                                                                                                           7
Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Digitalisierungsagenda 2020 – Halbzeit auf dem Weg zu der „digitalen, atmenden“ Behörde

Konkrete Anwendungsfelder finden sich z. B. beim          wie z. B. die Identitätsfeststellung von Asylantrag-      Einzelne Maßnahmen der Agenda beziehen sich                            „Neue digitale Arbeitsweisen“ nur erfolgreich ein-
Assistenzsystem für Anhörungen (ASA) sowie bei            stellenden. Außerdem soll das Schriftgut digitalisiert    immer auf eine oder mehrere Ebenen bzw. sind von                       geführt werden, wenn zuvor die organisatorischen
der behördenübergreifenden Kommunikation und              werden. Eine Oberflächengestaltung und ein funkti-        guten Voraussetzungen in einer Ebene, sozusagen                        Grundlagen geschaffen wurden und eine ausrei-
Zusam­menarbeit. Zusätzlich wurde ein IT-­Labor           onaler Umfang, die die Bedürfnisse der internen und       als Fundament, abhängig. Zum Beispiel können                           chende Qualifikation der Mitarbeitenden erfolgt ist.
eingerichtet und im Bundesamt verankert, um Digi-         externen Anwender im Blick haben (User­-Centric
talthemen durch agile Methoden zügig und partner-         Design), sind uns dabei wichtig. Darüber hinaus er-
schaftlich zwischen Fach-­und IT­-Seite erarbeiten zu     möglicht die konsequente Digitalisierung finanzielle
können. Die moderne, modulare IT­-Architektur (ba-        und zeitliche Einsparungen, die wiederum neuen
sierend auf Microservices) ermöglicht es, fachliche       Digitalisie­rungsinitiativen zugute kommen – die
Anforderungen flexibel umzusetzen. Darüber hinaus         Digitalisierung kann sich bei einer positiven Digitali-
durchlief das BAMF auch einen organisatorischen           sierungsrendite gewissermaßen selbst finanzieren.
Wandel: Projektmanagementprozesse wurden kom-
plett revidiert und eine Multiprojektmanagement­-
Kultur etabliert. Projekte werden nun mit Standard-       Prioritäten, die das BAMF
methoden und -­werkzeugen verwaltet, die allen
Beteiligten die erforderliche Sicherheit bei der Um-      konkret bis 2020 setzen wird
setzung der Vielzahl an Digitalthemen bieten. Diese
Erfolge zeigen, dass die systemische Unterstützung        Das Bestreben der Ende­-zu­-Ende­-Digitalisierung ist
durch IT essenziell für die Zukunft des Bundesamts        eine vielschichtige Aufgabe: Neben den rein fach-
ist – ohne IT könnten die hohen Anforderungen an          lichen Anforderungen an die Digitalisierung müssen
Qualität, Skalierbarkeit und Flexibilität nicht erfüllt   die tech­nologischen und organisatorischen Voraus-
werden. Nur durch die enge Zusammenarbeit aller           setzungen geschaffen werden. Aus diesem Grund
Beteiligten – sowohl auf der operativen als auch der      hat das BAMF seine Digitalisierungsagenda 2020 in
Managementebene – konnten wir unseren heutigen            vier Ebenen unterteilt, die zusammen eine Pyramide
Zwischenstand erreichen.                                  ergeben.

Wie es weitergeht
Das BAMF sieht sich mit seiner Digitalisierungs-
agenda 2020 auch langfristig in einer Vorreiterrolle.
Es geht darum, die „Digitalisierungsrendite“ in den
Vordergrund zu stellen, und nicht darum, Prozesse
um der Digitalisierung Willen zu digi­talisieren. Es
sollen diejenigen Prozesse digitalisiert werden, die
den höchsten fachlichen Nutzen mit sich bringen,
                                                                                                                    Die Digitalisierungspyramide besteht aus vier Ebenen, organisatorische Grundlagen sind ihr Fundament

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                                                                                                                                                                                                                                              9
Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Digitale Initiativen – aktuelle Erfolgsgeschichten

Digitale Initiativen –
aktuelle Erfolgsgeschichten
Produktiv                     Das Initiativenportfolio                                möglicht. Der elektronische Versand von Dokumen-
                                                                                      ten (siehe Initiative 11: Elektronisches Gerichts-­und
                              Das Portfolio setzt sich (Stand Oktober 2018) aus       Verwaltungspostfach (EGVP)) verbessert außerdem
                              115 ver­schiedenen Vorhaben, Projekten und Ver-         die Verwaltungsprozesse, da Bearbeitungsfehler
                              fahren zusammen.                                        (z. B. von Antragstellungen) signifikant reduziert
                              2018 wurden von der Informationstechnologie des         werden.
                              BAMF 19 Digitalisierungsinitiativen parallel bearbei-
                              tet. Größere Initiativen wie InGe oder MARiS setzen     Die Digitalisierungsinitiativen im Portfolio des
                              sich aus unter­schiedlichen, kleineren Projekten zu-    Bundes­amts sind in drei Reifegrade unterteilt.
                              sammen, die aufein­ander aufbauen. Darüber hinaus
                              gibt es verschiedene kleinere IT-­Projekte, die neben   Die Initiativen des Reifegrads I erfüllen die tech-
                              der Digitalisierungsagenda umgesetzt wurden.            nischen Voraussetzungen für die Digitalisierung
                                                                                      durch eine elektronische Datenhaltung. Ziel dieser
In Entwicklung                Die Inhalte und Ziele der 19 Initiativen werden in      Initiativen ist es, Dokumente wie z. B. Asylakten
                              Steck­briefen ab Seite 35 vorgestellt.                  elektronisch zu speichern und zu übermitteln.
                                                                                      Darauf aufbauend werden durch Initiativen des
                              Seit der ersten Auflage der Digitalisierungsagenda      Reifegrads II Prozesse im BAMF Ende­-zu­-Ende
                              im Oktober 2016 hat das BAMF zur Erreichung             digitalisiert. Hiermit werden digitale Workflows ge-
                              seiner Vision der „digitalen, atmenden Behörde“ das     schaffen, die manuelle Ein­gaben durch die Mitarbei-
                              Initiativenportfolio erweitert. Beim Portfolio von      tenden reduzieren und somit die Bearbeitungszeiten
                              2016 lag der Fokus auf der Bewältigung der hohen        verkürzen und die Bearbeitungsqualität erhöhen.
                              Zahl der Antragstellungen durch Stabilisierung          Mittels solch vollständig digitalisierter Prozesse
                              und Modernisierung der IT­-Systeme. Nun steht die       können dann Initiativen des Reifegrads III (syste-
                              Ende-­zu-­Ende­-Digitalisierung von Dokumenten­         mische Entscheidungsunterstützung) umgesetzt
                              services im Fokus, also die Unterstützung der           werden. Dazu kommen digitale Technologien wie
                              Mitarbei­tenden des Bundesamts beim Verwalten,          Datenanalytik oder künstliche Intelligenz zum Ein-
                              Bearbeiten und Versenden von Dokumenten.                satz, die die Mitarbeitenden bei der Bearbeitung und
                                                                                      Entscheidungsfindung gezielt unterstützen.
                              Dies bedeutet im ersten Schritt eine Digitalisierung
                              des Schriftguts (siehe Initiative 14: Zentraler Post-   Im Folgenden stellen wir Ihnen aktuelle Erfolgs-
                              eingang (ZPE)). Der Bearbeitungsprozess wird opti-      geschichten von Initiativen aus den Jahren 2017/18
                              miert, indem z. B. Medien­brüche auf eine „Clearing-    vor.
In Planung                    stelle“ reduziert werden. Darüber hinaus wird die
                              gegenwärtige papierbasierte Dokumenten­haltung
                              mit digitalem Schriftgut langfristig verringert und
                              eine digitale Ende­-zu­-Ende­-Aktenbearbeitung er-

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Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Digitale Initiativen – aktuelle Erfolgsgeschichten

                                                                                                                             Einrichtun­gen und Verfahren der Deutschen Post       Durch die Digitalisierung wird auch die Verwaltung
                                                                                                                             AG haben gezeigt, dass durch die Flexibilität und     der berufsbezogenen Deutschsprachförderung
                                                                                                                             Skalierbarkeit der Anbin­dung weiterer Mandanten      effizienter: Die Mitarbeitenden können Kurse digital
                                                                                                                             (z. B. weitere BAMF-­interne Verfahren und Behör-     verwalten, organi­sieren und abrechnen.
                                                                                                                             den) kaum Grenzen gesetzt werden.                     Die manuelle Datenerfassung bzw. mündliche Aus-
                                                                                                                             Mit der im Rahmen von ZPE erarbeiteten Lösung         kunftserteilung kann zukünftig durch eine digitale
                                                                                                                             werden die Dokumentenverwaltungsprozesse stark        Lösung ersetzt werden – somit werden Angebot und
                                                                                                                             minimiert. Damit entfällt der Zeitdruck, und die      Nachfrage schneller und zuverlässiger zusammen­
                                                                                                                             Qualität wird trotz täglich etwa 20.000 zu scannen-   gebracht. Nicht zuletzt erfüllt die digitale Platt-
                                                                                                                             der Dokumente signifikant erhöht. Da durch die        form den gesetzlichen Auftrag zum Monitoring von
                                                                                                                             Digitalisierung des Posteingangs auch logistische     Ergebnissen und Erfolgen, indem sie die Ermittlung
                                                                                                                             Prozesse vereinfacht werden, werden das Verkehrs-     und Auswertung relevanter Kennzahlen auf Knopf-
                                                                                                                             und Trans­portaufkommen verringert.                   druck möglich macht.

                                                                                                                             Initiative 15: Berufsbezogene                         Initiative 7: Integriertes Identitätsmanage-
                                                                                                                             Deutschsprach­förderung (BerD) – auf dem              ment: Plausibilisierung, Datenqualität und
                                                                                                                             Weg zum Gesamt­programm Sprache im                    Sicherheits­aspekte (IDM­-S) – intelligente
Die Digitalisierungsinitiativen sind in drei Reifegrade eingeteilt
                                                                                                                             digitalen Zeitalter                                   Systeme zur Ent­scheidungsunterstützung

Initiative 14: Zentraler Posteingang (ZPE) –                         BAMF-­Standorte können sich somit auf ihre Kerntä-      Das BAMF ist für die bundesweite arbeitsmarkt-        Die Herkunft von Asylsuchenden ist wichtig bei der
Digitalisie­rung von Dokumenten und ​exter-                          tigkeiten fokussieren, anstatt Zeit für das Dokumen-    bezogene Deutschsprachförderung zuständig.            Asyl­entscheidung. Neuartige, digitale Werkzeuge
ner Kommunikation                                                    tenmanagement aufwenden zu müssen.                      Gemeinsam mit den Integrationskursen bildet sie       können die in Anhörung und Entscheidung einge-
                                                                     Mit ZPE werden in Scanzentren der Deutschen             das Gesamtprogramm Sprache für alle Neu­- und         bundenen BAMF­-Mitar­beitenden bei der Validie-
Die Initiative Zentraler Posteingang (ZPE) des BAMF                  Post AG Bestandsakten, Eingangspost und intern          Altzuwanderer und ist ein Kernelement der staat-      rung zusätzlich unterstützen.
hat zum Ziel, eingehendes Papierschriftgut durch                     erstellte Dokumente zentral digitalisiert. In den       lichen Integrationsmaßnahmen. Zur Verwaltung,
Einscannen zu digitalisieren. Hierzu ist es erforder-                Poststellen der BAMF­-Standorte treffen die Mitar-      Koordination und Abrechnung der berufsbezogenen       Durch die bundesweite Einführung des „Integrierten
lich, die heute noch heterogenen Scanprozesse                        beitenden eine Ein­schätzung zur Digitalisierbarkeit    Deutschsprachförderung (BerD) wird derzeit eine       Iden­titätsmanagements“ (IDM) wurde eine flächen-
und -­vorgänge zu standardi­sieren, zu vereinheit-                   der eingehenden Post. Im nächsten Schritt wird das      zentrale digitale Plattform mit breit gefächerten     deckende Infrastruktur zur frühzeitigen, einheitli-
lichen und zu zertifizieren, um eine effizientere,                   Schriftgut mittels der zu diesem Zweck geschaffe-       Nutzungsmög­lichkeiten eingerichtet. Hierzu werden    chen Registrierung von Schutzsuchenden sowie zur
papierlose und rechtssichere Postbearbeitung zu                      nen Logistik transportiert. Unter Berücksichtigung      Arbeitsagenturen, Jobcenter, Optionskommunen          Ausstellung des Ankunfts­nachweises geschaffen.
gewährleisten. Mit der Realisierung eines einheitli-                 der mandantenspezifischen Bedürfnisse werden Do-        und Kursträger an die Platt­form angebunden.          Die Registrierungsdaten werden nun im Kern-
chen Digitalisierungsverfahrens und einer zentralen                  kumente mit Hilfe modernster Hochtechnolo­gie ge-       Das bisherige Papierverfahren bei der berufsbezoge-   datensystem gespeichert und stehen den abrufbe-
Bereitstel­lung der Dokumente im Fachverfahren                       scannt, qualitätsgesichert, qualifiziert elektronisch   nen Sprachförderung wird durch die neue, digitale     rechtigten Behörden sofort zur Verfügung, sodass
MARiS können Dokumente elektronisch übermittelt                      signiert und automatisch an den richtigen Empfän-       Lösung vollständig ersetzt.                           Personen sowohl anhand des Ankunftsnachweises
und verarbeitet wer­den. Die Mitarbeitenden der                      ger im Fachverfahren MARiS geleitet. Die genutzten                                                            als auch anhand der Fingerabdruckdatei eindeutig

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Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Digitale Initiativen – aktuelle Erfolgsgeschichten

identifiziert werden können. Mit der Weiterent-        Bildbiometrie ist somit neben den Finger­abdrücken     werden die in Anhörung und Entscheidung einge-          Initiative 11: Elektronisches Gerichts-­und
wicklung im Rahmen des Programms „Integriertes         eine zusätzliche Identifikationsmöglichkeit. Die       bundenen BAMF­-Mitarbeitenden entlastet; zugleich       Verwal­tungspostfach (EGVP) – KI-gestützter
Identitätsmanagement – Plausi­bilisierung, Daten-      Datenqualität wird gesteigert und die Feststellung     verbessern sich die Datenqualität und die behör-        Sortierpro­zess des Postverkehrs mit Verwal-
qualität und Sicherheitsaspekte (IDM-S)“ verfolgt      von Mehrfachidentitäten erleichtert.                   denübergreifende Möglichkeit zur Identifikation         tungsrichtlinien
das Bundesamt das Ziel, gemachte Angaben im                                                                   von Personen. Da bestimmte Schreibweisen teil-
Asylprozess zu verifizieren und zu plausibilisieren,                   2. Automatische Dialekterken-          weise Rückschlüsse auf das Herkunftsland zulassen,      Das „Elektronische Gerichts-­und Verwaltungs-
um die behördenübergreifende Effizienz und Trans-                      nung                                   können diese zur Unterstützung bei der Plausibili­      postfach“ (EGVP) ermöglicht den elektronischen,
parenz weiter zu steigern sowie die Sicherheit im                      Mittels einer Software für Stimm-      sierung der Herkunft herangezogen werden.               rechtssicheren sowie verschlüsselten Informa-
Asylverfahren zu erhöhen.                                              biometrie kann für ara­bische                                                                  tionsaustausch zwischen dem BAMF und anderen
                                                                       Großdialekte die Angabe der An-                   4. Auswertung mobiler Datenträger            Behörden, insbesondere den Verwal­tungsgerichten.
Die Mitarbeitenden des BAMF müssen während             tragstellenden zu ihrem Herkunftsland geprüft                     Die Auswertung mobiler Datenträger           Bisher erfolgten die Kommunikation und der Trans-
des Asyl­verfahrens die von den Antragstellenden       werden. Anhand biometrischer Merkmale wird der                    unterstützt ebenfalls die Feststellung der   fer von Akten und Schriftstücken hauptsächlich
gemachten Angaben prüfen und verifizieren. Dies ist    gesprochene Dialekt grob geografisch verortet, um                 Identität und des Herkunftslandes. Im        physisch per Post oder Fax. Die Verwendung unter-
ein aufwendiger, weitestgehend manueller Prozess,      auf die Herkunftsregion zu schließen. Konkrete                    Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens           schiedlicher Medien führte zu Ineffizienzen sowie
der sich wesentlich auf die Angaben der Asylsu-        Rückschlüsse auf Herkunftsländer sind zum jetzigen     zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht wird      Qualitätsdefiziten innerhalb des Prozesses. Mit der
chenden stützt. In mehreren Pilotprojekten erprobt     Zeit­punkt allerdings nur eingeschränkt möglich. Die   vorgesehen, dass das BAMF mobile Datenträger zu         Initiative konnte innerhalb nur eines Jahres nahezu
das BAMF nun innovative Verfah­ren mit dem Ziel,       Sprach­aufnahmen der Antragstellenden müssen           diesen Zwecken auslesen darf. Das Ziel ist, in be-      der gesamte Schriftverkehr mit den Verwaltungsge-
den erfahrenen Entscheidenden Assistenzsyste-          deutlich und ausreichend lang sein, um aufschluss-     stimmten Fallkonstellationen Aussagen zur Identität     richten digitalisiert werden, ohne dass signifikante
me zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die im      reiche Ergebnisse zu erzielen. Die IT­-gestützte       von Asylsuchenden anhand der z. B. auf dem Smart-       Änderungen an der bestehenden IT­-Architektur
Rahmen des Asylprozesses erhobe­nen Informa-           stimmbiometrische Analyse ist unabhängig, objektiv     phone gespeicherten Metadaten (unter anderem            oder dem Kernsystem vorgenommen werden
tionen validieren und plausibilisieren können, z. B.   und massentauglich. Sie ermöglicht eine erste Ein-     von hinterlegten Geodaten) auf ihre Richtigkeit zu      mussten. Analoge Prozesse werden kontinuierlich
die automatische Gesichts-­bzw. Dialekterkennung,      schätzung, ersetzt jedoch nicht die Beurteilung der    prüfen. Beim Auslesen der Daten wird nur auf die        optimiert und weiter automatisiert, um die Effizienz
Namenstransliteration und ­-analyse oder die Aus-      Mitarbeitenden des Bundesamts.                         Metadaten zugegriffen, nicht auf die Inhalte. Aus-      in der Bearbeitung stetig zu erhöhen.
wertung mobiler Datenträger.                                                                                  gelesen wird z. B. die Sprache, in der kommuniziert
                                                                    3. Namenstransliteration und              wird, aber nicht der Inhalt von Nachrichten. Genau-     Seit Beginn der digitalen Kommunikation via EGVP
                1. Automatische Gesichtserken-                      ­-analyse                                 so wird nur auf die Geodaten von Bildern, aber nicht    werden derzeit pro Tag (Stand August 2018) vom
                nung                                                Bisher spielen bei der Namensaufnahme     auf die Bildinhalte zugegriffen. Die Analyse mobiler    Bundesamt durch­schnittlich rund 1.800 Akten und
                Die Speicherung eines biometrischen                 während der Registrierung Faktoren        Datenträger wird als ein letztes mögliches Instru-      Schriftstücke elektronisch an die Gerichte geschickt
                Bildes ist bereits Bestandteil der                  wie Phonetik und Erfahrungs­werte         ment (Ultima Ratio) betrachtet und nur in Einzelfäl-    und mehr als 7.000 Dokumente täglich über das
                Registrierung von Asylsuchenden.       des BAMF-­Mitarbeitenden eine wesentliche Rolle.       len in einem engen gesetzlichen Rahmen angewen-         EGVP empfangen. Durch den digitalen Austausch
Ein Abgleich der biometrischen Merkmale mit der        Namenstransliteration und ­-analyse ermöglichen        det, z. B. bei Personen ohne gültigen Ausweis, bei      profitieren die Verwaltungsgerichte von einer
Datenbank kann den Registrierungsprozess somit         aktuell für arabische Großdialekte, dass die An-       denen das Herkunfts­land oder die Identität nicht       schnelleren Zustellung der Asylakten, den neuen
verbessern. Eine spezielle Software unterstützt den    tragstellenden selbst über Tastaturen mit sprach-      hinreichend plausibilisiert werden können.              Möglich­keiten der automatisierten Abwicklung der
Abgleich, indem sie die aufgenommenen Fotos            spezifischen Zeichensätzen ihre Namen eingeben;                                                                eintreffenden Post sowie von den signifikant gesun-
anhand biometrischer Merk­male mit denen bereits       der Transliterationsassistent überträgt die Eingabe                                                            kenen Kosten für Zustellung und Verarbeitung der
registrierter Asylantragstellender vergleicht. Die     anschließend in lateinische Schriftzeichen. Dadurch                                                            Unterlagen. Das Bundes­amt und seine Außenstand-

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                                                                                                                                                                                                                           15
Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Erfahrungsberichte: Wie gelingt das Umdenken von analog zu digital?

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                                                                                                                                                    Mitarbeiterin im Programm                                  Verfahrensreferent
                                                                                                                                                    Dokumentenservices                                         Berufssprachkurse

orte wiederum werden durch den wegfallenden                        Mit Einführung von EGVP 2.0 werden die Arbeits-         >> Welche Ziele verfolgt das Bundesamt mit der         >> Welche Erfolge konnten Sie mit der
Papierversand deutlich entlastet. Dadurch haben                    abläufe von Bundesamt und Verwaltungsgerichten          Digitalisie­rung von Dokumentenservices?               Deutschsprach­förderung bereits verzeichnen?
sich Verarbeitungszeiten und logistischer Aufwand                  durch die Übermittlung maschinenlesbarer, stan-         Durch die Digitalisierung von Dokumentenser-           Wir haben in kürzester Zeit ein riesiges
verringert, manuelle Prozessschritte standardi­siert               dardisierter Daten vereinfacht. Dies ermöglicht eine    vices können wir vielfältige Vorteile erzielen. Wir    Sprachförderpro­gramm mit einem Volumen von
oder schrittweise automatisiert.                                   schnellere Erfassung und Integration von Informati-     erwarten Zeit­- und Kosteneinsparungen bei der         über 400 Mio. Euro im Jahr bundesweit gestartet.
                                                                   onen in die jeweiligen IT­-Systeme bei gleichzeitiger   Verfahrensbearbei­tung, da Dokumente quasi in          Der Erfolg ist überwältigend: Binnen zwei Jahren
Mit der nun geplanten Erweiterung zu EGVP 2.0                      Reduktion von Fehlern. Darüber hinaus können Pro-       Echtzeit ausgetauscht und bearbeitet werden            wurden rund 330.000 Berechtigungen erfasst und
wird eine weitere Automatisierung der Prozess-                     zesse beschleunigt werden, indem Medien­brüche          können. Darüber hinaus gehen wir von signifikanten     mehr als 10.000 Kurse gestartet. Ohne die Bereit-
schritte durch vollstän­dige Integration in die                    minimiert werden: Mitarbeitende des BAMF können         Qualitätsverbesserungen aus, weil wir viele Pro-       stellung einer Datenbank mit den Daten der Teil­
Kernanwendung MARiS angestrebt. Die über EGVP                      eingehende Nachrichten innerhalb weniger Sekun-         zessschritte automatisieren und damit potenzielle      nehmenden wäre dies unmöglich gewesen. Am
eingehenden Schriftstücke sollen automa­tisch zu den               den erhalten und anschließend bearbeiten. Durch         Fehler vermeiden können.                               19.03.2018 wurde mit der direkten Übertragung der
entsprechenden Mitarbeitenden geleitet und sukzes-                 die Migration des Systems hin zu einer nachhaltigen,                                                           personenbezoge­nen Berechtigungsdaten in BerD
sive für die weitere Verarbeitung aufbereitet werden.              skalierbaren Platt­form wird sichergestellt, dass das   >> Wie wird sich damit die Arbeitsweise der Mit-       ein zentraler Meilenstein erreicht.
Der EGVP-­Versand wird durch die Integration mit                   BAMF auch zukünftig flexibel auf sich ändernde          arbeitenden ändern?
MARiS weiter vereinfacht, im Funktionsumfang                       Anforderungen und Rahmen­bedingungen reagieren          Selbstverständlich bedarf der gesteigerte Anteil an    >> Gab es Anlaufschwierigkeiten?
ausgebaut und auf eine neue, skalierbare technische                kann. Dies ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur     Digi­talisierung einiges an Umdenken bei unseren       Im Moment ist die Menge an eingehenden Unter-
Plattform migriert. Gleich­zeitig werden weitere Kom-              „digitalen, atmenden Behörde“.                          Mitarbeiten­den. Während bisher viele Dokumente        lagen ohne den schnelleren weiteren Ausbau des
munikationspartner angebunden (derzeit die Auslän-                                                                         schriftlich bear­beitet wurden, wird nun an vielen     IT-­Systems kaum zu bewältigen. Das bedeutet, dass
derbehörden in mehreren Bundesländern).                                                                                    Stellen neue Software eingesetzt. Um dieses Um-        wir kontinuierlich neue Verfahren bzw. komplett
                                                                                                                           denken zu erreichen, werden wir entsprechende          neue Softwareelemente aufneh­men oder parallel
                                                                                                                           Schulungen und Trainings anbieten, um unsere           betreiben müssen. Der schnelle Wandel erfordert
                                                                                                                           Kolleginnen und Kollegen an die neue Arbeitsweise      immense Flexibilität und bringt einen hohen Infor­
                                                                                                                           heranzuführen.                                         mationsbedarf und Schulungsaufwand mit sich.

                                                                                                                           >> Welche Erfolge konnten Sie schon verzeich-          >> Welche weiteren digitalen Innovationen ver-
                                                                                                                           nen? Welche Herausforderungen mussten Sie              folgen Sie für das kommende Jahr?
                                                                                                                           bewältigen?                                            Wir haben höchste Erwartungen für 2019. Wir
                                                                                                                           Mit ZPE und EGVP konnten wir bereits erste Erfolge     müssen dutzende Excel­-Listen und die aktuell zwei
                                                                                                                           bei der Digitalisierung von Dokumenten sowie beim      produktiven IT-­Anwendungen von BerD zu einer
                                                                                                                           digitalen Austausch mit anderen Behörden ver-          Anwendung im Live­-Betrieb zusammenführen. Ende
                                                                                                                           zeichnen. Die große Herausforderung ist die Vielzahl   2019 ist unser Ziel, den Mitarbeitenden alle relevan-
                                                                                                                           der Beteiligten im über­greifenden Programm – dies     ten Informationen in einem Dashboard so schnell
                                                                                                                           stellt neue Anforderungen an das Projektmanage-        und übersichtlich wie möglich bereitzustellen, so-
                                                                                                                           ment des Bundesamts.                                   dass sie vor Ort gute Entscheidungen für die Durch-
                                                                                                                                                                                  führung der Berufssprachkurse treffen können.

Das EGVP erleichtert die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt und Verwaltungsgerichten

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                                                                                                                                                                                                                                    17
Digitalisierungsagenda 2020 - Bisherige Erfolge und Ausblicke auf weitere digitale Projekte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF
Neue digitale Arbeitsweisen

Neue digitale Arbeitsweisen

Mit der Digitalisierungsagenda hat sich das BAMF       Um Scrum im Bundesamt bei Softwareentwicklungs­            Bereits zu Beginn der Pilotierungsphase erwies sich       sungsnotwendigkeiten gemeinsam mit der Fachseite
ein sehr ambitioniertes Programm vorgenommen.          projekten erfolgreich anwenden zu können, wurden           Scrum als besonders hilfreich. Zum einen sind erste Er-   zu identifizieren und Änderungen einfach umzusetzen,
Um die vielen Initiativen, die Teil dieses Programms   drei neue Räume zu einem IT­-Labor umgebaut (ein           gebnisse unmittelbar nach den Sprints verfügbar. Zum      ohne dass bis dahin erbrachte Arbeitsergeb­nisse ob-
sind, zeitnah abschließen zu können, beschreitet das   Arbeitsraum, ein Kommunikationsraum sowie ein              anderen ermöglichen die regelmäßigen Absprachen           solet sind. Bei traditionellen Vorgehensweisen wären
Bundesamt auch bei der Um­setzung neue Wege.           Präsentations-­bzw. Besprechungsraum). Der Arbeits-        zwischen Fach­seite und IT eine enge, partnerschaft-      solche Korrekturen erst nach Abschluss der Ent­
Zum einen nutzt es als erste deutsche Behörde ein      raum bietet Arbeitsplätze mit neuester technischer         liche Zusammenarbeit. Durch die frühzeitige Demons-       wicklungsphase aufgefallen und hätten einen erheb-
IT­-Labor, um in der Softwareentwicklung struk-        Ausstattung und ermöglicht die enge Zusammenar-            tration der Arbeitsergebnisse ist es möglich, Anpas-      lich größeren Mehraufwand bedeutet.
turiert agile Entwicklungsmethoden einzusetzen.        beit von Fachseite und IT. Der Kommunikati­onsraum
Zum anderen ist die Pilotierung mittels minimal        kann für Diskussionen und das gemeinschaftliche
funktions­fähiger Produkte (Minimum Viable Pro-        Entwickeln neuer Ideen genutzt werden. Diverse
ducts/MVPs) ein wesentliches Werkzeug, um Ideen        Sitz­gelegenheiten fördern den informellen Aus-            Das IT-Labor ist ein wichtiger Beitrag zur
zügig zu erproben und in den Produktivbetrieb zu       tausch. Im Prä­sentations-­und Besprechungsraum            erfolgreichen Digitalisierung im BAMF
überführen.                                            können Ergebnisse vorgestellt werden und Vorfüh-
                                                       rungen oder Besprechungen stattfinden.                     Eigens für die engere Zusammenarbeit
                                                                                                                  zwischen Entwicklerinnen und Entwicklern
Das IT­-Labor – Design Thinking                        Nachdem in der Pilotierungsphase vereinzelt Pilot-         wurde das aus drei Räumen bestehende
                                                       teams nach dem Scrum­-Modell gearbeitet haben, ist         IT-Labor geschaffen.
im Bundesamt                                           nun ein permanentes und leistungsstarkes Scrum-​
                                                       Team in das IT­-Labor eingezogen, das sukzessive
Ziel des IT­-Labors ist es, die Zusammenarbeit         weitere Projekte umsetzt. Somit hat das BAMF sein
mittels agiler Softwareentwicklungsmethoden zu         IT-Labor in den Tagesbetrieb integriert. Das Scrum­-
fördern. Zum Einsatz kommt dabei insbesondere          -Vorgehen wird damit Stück für Stück auch bei
Scrum (engl. „Gedränge“, „viel auf einmal“) – ein      anderen IT­-Projekten innerhalb der Organisation
iteratives und inkrementelles Vorgehens­modell. Im     eingeführt.
Scrum-­Prozess wird neue Software in Sprints entwi-
ckelt – das heißt in wiederkehrenden Entwicklungs­     Die Resonanz auf die neu etablierte Arbeitsweise ist
zeiträumen von in der Regel zwei Wochen, die zu        sehr positiv – bisher konnten im IT-­Labor vier P
                                                                                                       ​ rojek-
Beginn gemeinsam vom Team geplant werden. Das          te abge­schlossen und bereits mehrere Mitarbeitende
Ergebnis jedes Sprints ist ein MVP bzw. Produktin-     als Scrum-Master geschult werden.
krement, das unbedingt erforderliche Basisfunktio-     Darüber hinaus kooperiert das Bundesamt mit drei
nen umfasst.                                           deutschen Universitäten, um im Rahmen von ​Vorträ-
                                                       gen und Vorlesungen seine Erfahrungen im B   ​ ereich
Das Besondere bei Scrum ist, dass die Fachseite sehr   der agilen Zusammenarbeit zu teilen. Langfristig
eng mit dem Entwicklungsteam zusammenarbeitet          plant das Bundesamt, an diese Erfolge anzuknüpfen
und das jeweilige Projekt somit bei Veränderungen      und einen Großteil seiner digitalen Lösungen agil zu
(z. B. infolge fachseitig wechselnder Anforderungen)   entwickeln.
einfach angepasst werden kann.

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                                                                                                                                                                                                                              19
Neue digitale Arbeitsweisen

                                                                                                                                  welche die digitale Lösung anwenden werden) wer-                      auszufinden, wie er sich im späteren Projekt reali-
                                                                                                                                  den von Beginn an in den Lösungsfindungsprozess                       sieren lässt. Im Falle eines positiv verlaufenden PoC
                                                                                                                                  eingebunden und sind Bestandteil des Kernteams.                       wird das Projekt gestartet. PoCs können z. B. darauf
                                                                                                                                  Das Bundesamt plant somit, eine Ende­-zu-­Ende­                       abzielen, die zu Grunde liegenden Algorithmen, die
                                                                                                                                  Digitalisierung von Prozessen zu ermöglichen.                         technische Umsetzung oder auch einen Prozess
                                                                                                                                                                                                        zu testen. Das Vorgehen hat sich bereits in vielen
                                                                                                                                                                                                        Szenarien bewährt, z. B. bei Blockchain (Initiative 10)
                                                                                                                                  Proof of Concepts – schnell zu                                        sowie dem IDM­-S­-Tool Intelligente Systeme zur
                                                                                                                                                                                                        Entscheidungs­unterstützung (Initiative 7).
                                                                                                                                  funktionsfähigen Lösungen
Mit der Einführung integrierter Teams sind von Beginn an sowohl die Fachseite als auch die IT eingebunden                         gelangen
                                                                                                                                                                                                        Minimum Viable Products (MVPs) – Basis,
Umbau des IT­-Labors zum Prozesslabor –                                 sammelt, können erste Hypothesen erarbeitet werden.                                                                             um zügig Feedback zu erhalten
Design Thinking                                                         Auf dieser Basis können während der Phase der Ideen-      Pilotierung vor Projektstart
                                                                        findung möglichst viele Ansätze erarbeitet werden, um                                                                           Im Rahmen solcher PoCs werden keine finalen,
Gerade wegen der Erfolge durch agile Softwareent-                       die Aufgabe zu lösen. Zum Design Thinking gehört,         Als wesentlicher Grundbaustein, um frühzeitig über                    digitalen Lösungen angestrebt, sondern vielmehr
wicklung strebt das BAMF einen weiteren Schritt an                      dass Teammitglieder in einem Brainstorming ihren          Ideen sprechen zu können, sind Piloten zu sehen.                      ein MVP, das sich ausschließlich auf die unbedingt
– hin zur Etablierung eines „Prozesslabors“ im Sinne                    Ideen freien Lauf lassen. Wenn alle Ideen bewertet        Das Bundesamt ist folglich dazu übergegangen,                         erforderlichen Basisfunk­tionen konzentriert. Mittels
von Design Thinking. Beim Design Thinking geht es                       und möglichst detailliert beschrieben sind, werden für    viele neue Projekte, vor allem innovative Konzepte,                   dieses minimalen Funktions­umfangs können zügig
darum, Personen verschiedener Disziplinen in einem                      Erfolg versprechende Ideen Prototypen entwickelt.         vor ihrer Durchführung in einem Proof of Concept                      Nutzungstests durchgeführt werden, um Feedback
die Kreativität fördernden Umfeld zusammenzubrin-                       Diese müssen zunächst keine fertigen Produkte sein –      (PoC) zu testen. Diese Vorprojekte dienen dazu, den                   einzuholen und Iterationen der digitalen Lösung
gen. Gemeinschaftlich bearbeiten sie Fragestellun-                      vielmehr werden mittels der Prototypen Ideen auf ihre     jeweils herausforderndsten Teil des Vorhabens im                      voranzutreiben.
gen zur Maximierung des Nutzens für Endan­wender                        Umsetzbarkeit getestet, um schnellstmöglich Feed-         Vor­feld einer Praxisprüfung zu unterziehen, um her-
(User­-Centric Design) unter gleichzeitiger Einhaltung                  back zu erhalten.
der Wirtschaftlichkeit und geltenden Architekturprin-                   Diese Stadien des Design Thinking müssen nicht
zipien. Die Lösungsentwicklung beim Design Thinking                     chronolo­gisch durchlaufen werden. Vielmehr ist es Teil
orientiert sich dabei an den typischen Stadien des De-                  des kreativen Design­-Thinking-­Prozesses, je nach Be-
signs: verstehen, beobachten, Standpunkt definieren,                    darf zwischen den verschiedenen Stadien zu wechseln.
Prototypen entwickeln und testen.                                       Es ist natürlich, dabei Fehler zu machen, um daraus zu
                                                                        lernen und neue Lösungs­möglichkeiten zu finden.
Zunächst geht es darum, im Team ein gemeinsames
Ver­ständnis der Aufgabe zu entwickeln. In der nächs-                   Welchen Mehrwert hat die Design­-Thinking-
ten Phase steht das Beobachten im Fokus. Dabei sollen                   Methode für das Bundesamt? Im Wesentlichen
möglichst viele Fakten zusammengetragen werden,                         profitiert das Bundesamt von einem vollständig nut-
um ein über­greifendes Verständnis der Problemlage zu                   zerzentrierten Entwicklungsprozess. Nutzerinnen
entwickeln. Sind alle erforderlichen Informationen ge-                  und Nutzer digitaler Lösungen (z. B. Mitarbei­tende,
                                                                                                                                  Ein MVP wird mit der minimalen Anzahl benötigter Features gestartet, um schnelle Erkenntnisse über das Nutzungsverhalten zu gewinnen

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                                                                                                                                                                                                                                                                     21
IT­-Architektur und techno­logische Grundlagen – Highlights aus neuen Technologien

IT­-Architektur und techno­logische
Grundlagen – Highlights aus neuen
Technologien
                                                                                                                   Funktionalitäten steht den Anwenderinnen und
                                                                                                                   Anwendern somit schnell neue Software zur Verfü-
                                                                                                                   gung. Darüber hinaus bekommen die Entwicklerin-
                                                                                                                   nen und Entwickler schneller Rückmeldung, ob eine
Auf dem Weg zur „digitalen, atmenden Behörde“ hat         füllen, müssen auch einige technische Anforderungen
                                                                                                                   Funktionalität noch Verbesserungsbedarf besitzt,
das BAMF ein klares Zielbild für seine IT­-Architektur    erfüllt werden, wie z. B. die Anmeldung einer Nutzerin
                                                                                                                   und können zügig darauf reagieren. Die Grundla-
definiert, das aus vier zentralen Bausteinen besteht:     bzw. eines Nutzers (Identity and Access Management
                                                                                                                   ge für den Erfolg dieses Vorgehens ist Continuous
1. den Applikationen und Services, aus denen sich         (IAM)). In klassischen, monolithischen Softwarearchi-
                                                                                                                   Delivery (CD). Durch die Etablierung von CD in der
    digitale Lösungen zusammensetzen,                     tekturen werden solche Funktionen oftmals redundant
                                                                                                                   Softwareentwicklung ist die kontinuierliche Bereit-
2. der Plattform, die den flexi­blen Zusammenbau          realisiert, das heißt, jede Anwendung beinhaltet ihr
                                                                                                                   stellung neuer Funktionalitäten möglich.
    digitaler Lösungen ermöglicht,                        eigenes IAM.
3. der Infrastruktur, die den „Motor“ (die Rechenka-      Mit der modernen Architektur des Bundesamts wer-
    pazität) der digitalen Applikationen bildet, sowie    den Funktionalitäten wiederverwendbar in Microser-
4. dem Zugang zu den Applikationen durch die              vices gekapselt: Anwendungen, die ein IAM benötigen,     Infrastruktur – Skalierbarkeit
    Nutzerinnen und Nutzer.                               können diesen Microservice nutzen. Stehen Ände-          mittels Cloud
                                                          rungen in den Anforderungen an das IAM an, müssen
                                                          diese einmal auf der Plattform durchgeführt werden
Applikationen und Services –                              und nicht mehr in den einzelnen Fachanwendungen.

Effizienz in der Entwicklung
durch Wiederverwendung                                    Plattformabstraktion –
Historisch bedingt sind Softwaresysteme in vielen         Flexibilität durch Kapselung
öffent­lichen Institutionen und Unternehmen oftmals
unflexibel, da sie über Jahre hinweg entwickelt wurden    In der Regel wird neu entwickelte Software den
und damit gewachsen sind. Diese Softwaremonolithen        Anwen­denden in einem neuen Release bereitge­
löst das BAMF in seinem Zielbild durch eine flexible      stellt. In diesem Release sind alle Funktionalitäten
Softwarearchitektur auf, die auf Microservices (leicht-   enthal­ten, die seit dem letzten Softwarerelease
gewichtige, feingranulare IT­-Komponenten) aufbaut.       (oder seit Beginn der Entwicklung) nicht enthalten
Diese Microservices können zu größeren Applikationen      waren (z.B. neue Elemente in der grafischen Ober-
zusammengesetzt werden, um die fachlichen Anforde-        fläche). Die übliche Dauer zwischen den Releases im
rungen zu erfüllen. Applikationen können somit flexibel   Bundesamt beträgt mehrere Monate, da gewartet
kombiniert werden, ohne massiven Entwicklungsauf-         wird, bis alle für den Release geplanten Funktio­
wand bei Erweiterungen der Funktionalität zu betreiben.   nalitäten programmiertechnisch umgesetzt wurden.

Die Microservice-­Architektur hat darüber hinaus einen    In seinem Zielbild sieht das Bundesamt vor,
weiteren Vorteil: Um die fachliche Anforderung zu er-     Software­funktionalitäten direkt nach ihrer Fertig-
                                                                                                                   Das Zielbild der technischen Architektur des BAMF besteht aus vier Bausteinen
                                                          stellung bereit­zustellen. Durch die Kapselung der

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                                                                                                                                                                                                                                      23
Interview: Wie sieht das Zielbild der technischen Architektur des BAMF aus?

                                                                                                                                               Markus Ziegelmeier
                                                                                                                                               Referent
                                                                                                                                               Softwareentwicklung

Im Status quo laufen die verschiedenen Fachanwen-        greifen. Deshalb ist es unerlässlich, einen sicheren,   >> Welchen Mehrwert zieht das BAMF aus der               muss weiterver­mittelt werden, denn gerade durch
dungen des Bundesamts auf zugeordneten Servern.          durchgängigen und einfachen Zugriff auf bestimmte       neu einge­führten Middleware (Initiative 9)?             die vielen kleinen und verteilten Funktionen ist der
Ein solcher Server ist in der Regel ein physischer,      Systeme des BAMF bereitzustellen.                       Die zentrale Serviceplattform (Middleware) bietet        Test des Zusammenspiels im großen System umso
leistungsfähiger Computer. Werden auf Grund stei-                                                                übergrei­fende Querschnittsdienste an, die sowohl        wichtiger.
gender Lasten (z. B. steigende Anzahl an Registrie-      Um dies zu erreichen, strebt das BAMF einen             der Bereitstellung und dem Austausch von Daten
rungsprozessen oder Wieder­aufnahmeverfahren) die        einheitlichen Zugang an, der über mehrere Geräte        dienen als auch die Basis für weitere Initiativen        >> Wie würden Sie rückblickend den Erfolg des
Anwendungen des Bundesamts stark beansprucht,            (z. B. Smartphone, Tablet und Computer) und             bilden. Die Middleware basiert dabei auf einer           Vorhabens bewerten? Was würden Sie anders
können Server an die Grenzen ihrer Rechenkapazität       Kanäle (z. B. Website, App oder Spracherkennung)        Microservice­-Architektur, die bereits jetzt künftigen   machen?
gelangen. In einer klassischen IT-­Infra­struktur müs-   möglich ist. So können interne und externe Nut-         Anforderungen wie Skalierbarkeit und Cloudfähig-         Das Projekt ist ein voller Erfolg und die hohe
sen neue Rechenkapazitäten beschafft werden, um          zerinnen und Nutzer jederzeit sicher auf Infor-         keit Rechnung trägt und damit auch die Wieder-           Wiederver­wendung einzelner Services bestätigt
diese Lastspitzen zu kompensieren. Dies ist oftmals      mationen zurückgreifen (z. B. den Status eines          verwendbarkeit einzelner Komponenten ermög-              dies. Was unterschätzt wurde, ist der anfängliche
ein langwieriger Prozess – eine flexible Skalierung      Wieder­aufnahmeverfahrens).                             licht. Neue Projekte müssen die Dienste nur noch         Betreuungs- und Beratungsaufwand für einzelne
der verfügbaren Rechenkapazität ist mit dieser                                                                   einbinden und nicht mehr selbst imple­mentieren.         Projekte, welche die Middleware verwen­den wollen
Infrastruk­tur kaum möglich.                                                                                     Ändert sich ein Service, erfolgt dies nur zentral an     und auch sollen. Hinzu kam, dass die Middleware
                                                                                                                 einer Stelle, so dass im Idealfall keine angebundene     nur parallel zu den ersten Projekten (Initiative 11:
Aus diesem Grund strebt das BAMF in seinem Ziel-                                                                 Anwendung angefasst werden muss. Mit der Ein-            Elektroni­sches Gerichts-­ und Verwaltungspostfach
bild eine Private­-Cloud-­Infrastruktur an, welche die                                                           führung von Microservices wurde ebenfalls darauf         (EGVP), Initiative 14: Zentraler Posteingang (ZPE)
Einschränkung durch zugeordnete Server auflöst.                                                                  geachtet, flexiblere Deployment-­Mechanismen zu          und Teilprojekt Initiative 12: eArchiv) umgesetzt
Auf Lastspitzen kann die IT schnell und angemessen                                                               realisieren und das Konfigura­tionsmanagement            werden konnte und nicht schon als Basis vorhanden
reagieren – durch eine hoch­skalierbare und effizient                                                            handhabbarer zu machen.                                  war. Dies erhöhte den Druck auf die eigene Imple-
die Last verteilende Cloud. Durch die selbstständige                                                                                                                      mentierung und trieb den Abstimmungsaufwand
Verwaltung der Infrastruktur (Self­Management)                                                                   >> Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den            erheblich in die Höhe. Auf Grund des hohen Zeit-
skaliert die Infrastruktur erforderliche Kapazitäten                                                             vielzähligen Schnittstellen?                             drucks entschied man sich zudem, das Projekt agil
hoch bzw. herunter und passt sich somit dynamisch                                                                Je mehr Systeme eine Schnittstelle verwenden,            umzusetzen, was sowohl im BAMF als auch für viele
an die Lasten an.                                                                                                umso wich­tiger ist eine gute Planung und detail-        Beteiligte ebenfalls ein Novum darstellte – anders
                                                                                                                 lierte Beschreibung der Funktion und der auszutau-       wäre es aber vermutlich nicht in der gleichen Zeit
                                                                                                                 schenden Daten. Gerade bei neuen Schnittstellen ist      umsetzbar gewesen.
Zugang – sicherer, durchgängi-                                                                                   eine möglichst frühe Spezifikation ausschlaggebend
                                                                                                                                                                          >> Auf welche Innovationen dürfen wir uns in
                                                                                                                 dafür, wie hoch das Risiko für Verzöge­rungen durch
ger und vereinfachter Zugriff                                                                                    Fehlentwicklungen ist.                                   Zukunft freuen?
                                                                                                                 Besonders wichtig ist dabei, dass für jedes Projekt      Bei jedem Projektvorhaben wird sowohl die Archi-
Die IT­-Funktionalitäten der Fachanwendungen des                                                                                                                          tektur als auch die Verwendung der Middleware
                                                                                                                 genau dokumentiert wird, wel­che Daten es in wel-
Bun­desamts werden von einer Vielzahl an Perso-                                                                                                                           analysiert. Dabei wird geprüft, ob bereits vorhan-
                                                                                                                 chem Format liefert und erwartet. Ebenso wichtig
nen genutzt. Neben den Mitarbeitenden des BAMF                                                                                                                            dene Services verwendet werden können und ob
                                                                                                                 ist, ein valides Verhalten im Fehlerfall zu bedenken,
(sowohl in der Zentrale in Nürnberg als auch in den                                                                                                                       neue Funktionen über das Projektvorhaben hinaus
                                                                                                                 was, wie die Erfahrung zeigt, leider oft vernachläs-
Außenstandorten) können auch andere Behörden-                                                                                                                             für andere Projekte von Interesse sein könnten. Im
                                                                                                                 sigt wird. Auch die Bedeutung von Integrationstests
mitarbeitende auf bestimmte Informationen zu-

24
                                                                                                                                                                                                                             25
Organisatorische Grundlagen –
                                                       digitale Kultur des BAMF
letzteren Fall wird im Nachgang entschieden, ob                                                               voranzutreiben. Die beteiligten Expertinnen und
eventuell neue Middleware­-Dienste zentral umge-                                                              Experten verstehen sich als Treiber und Vorreiter
setzt werden sollen.                                                                                          digitaler Innovationen und Methoden. Am Netzwerk
                                                                                    Antje Kiss
                                                                                                              beteiligt sind Akteure aus rund 20 verschiedenen
Aktuell ist ein zentraler generischer Taskmanager in                                Abteilungsleiterin        Behörden, unter anderem aus dem Innen­-, Bundes-
Planung, der z. B. nach einer bestimmten Frist einen                                Informationstechnik,      finanz­- und Verteidigungsressort sowie dem Aus-
                                                                                    Controlling, Statistik,
bestimmten Task ausführt, ein Event auslöst, eine                                   Risikomanagement
                                                                                                              wärtigen Amt. Das Themenspektrum der insgesamt
Schnittstelle aufruft oder eine Mail verschickt.                                                              sechs thematischen Werkstätten reicht von neuen
                                                                                                              Techno­logien bis hin zu neuen Arbeitsweisen und
                                                       Um die digitale Transformation zu ermöglichen, ist
Künftig soll es nur noch eine zentrale Schnittstelle                                                          Kommunikation entlang der Digitalisierungspyrami-
                                                       ein außerordentliches Engagement der Mitarbeiten-
geben, um digitalisierte Dokumente zu verwalten,                                                              de. Innerhalb der Werk­stätten werden darüber hin-
                                                       den erfor­derlich. Nur durch ein solches Engagement
das heißt, um sie zwischen Anwendungen auszu-                                                                 aus neue Ideen und Initiativen entwickelt, die später
                                                       konnte das Bun­desamt in den vergangenen Jahren
tauschen oder sie langfristig im Archiv zu speichern                                                          Prozesse und Abläufe in Behörden optimieren.
                                                       wesentliche Erfolge bei seiner Digitalisierung er-
(Teilprojekt der Initiative 12). Für die Anwendungen
                                                       reichen. Darüber hinaus mussten prozessuale und
selbst ist ein Dokument dann dauerhaft und trans-                                                             Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Kulturwan-
                                                       organisatorische Grundlagen geschaffen werden,
parent über eine eindeutige ID verfügbar, egal ob es                                                          dels im BAMF ist die enge Zusammenarbeit zwischen
                                                       die essenziell für die Erreichung der ambitionierten
nur zum Austausch zwischengespeichert oder aber                                                               verschie­denen Disziplinen. Nur die Arbeit in interdis-
                                                       Ziele der Digitalisierungsinitiativen sind.
im Langzeit­archiv abgelegt wurde.                                                                            ziplinären, integrierten Teams (etwa mit fachlichen
                                                                                                              und technischen Expertinnen und Experten) ermög-
Weitere Innovationen sind unter anderem die                                                                   licht eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Prozesse.
BAMF­-Coding­-Guidelines, die ebenfalls zu homo-       Kulturwandel im BAMF
generen Systemen und besserer Wartbarkeit führen
                                                       Ein wesentlicher Schritt zur Erreichung der Ziele
sollen. Es bleibt spannend und mit jedem neuen
                                                       war der Kulturwandel, der sich durch alle Ebenen
                                                                                                              Erhöhte Wichtigkeit
Projektvorhaben kommen neue Herausforderungen.
                                                       des BAMF zog. Die Erfolge der vergangenen Jahre        von Projekt­- und
                                                       konnten nur durch die gute Zusammenarbeit aller        Qualitätsmanagement
                                                       Mitarbeitenden des BAMF – sowohl auf Leitungs­-
                                                       als auch auf operativer Ebene erreicht werden.         Mit seiner Digitalisierungsagenda hat sich das Bun-
                                                                                                              desamt eine Vielzahl an Einzelmaßnahmen vorge-
                                                       Fester Bestandteil der Innovationskultur im BAMF       nommen, von denen bereits mehrere umgesetzt wur-
                                                       ist darü­ber hinaus der regelmäßige Austausch mit      den. Um die ambiti­onierten Ziele dieser Maßnahmen
                                                       anderen Institu­tionen – sowohl Behörden als auch      voranzutreiben, mussten auch organisatorisch und
                                                       wissenschaftlichen Ins­tituten. So unterstützte das    prozessual geeignete Grundlagen geschaffen werden.
                                                       Bundesamt z. B. die Einrichtung von „Netzwerk –        Aus diesem Grund wurde im Juni 2017 ein Projekt zur
                                                       Experten digitale Transformation der Verwaltung“       Weiterentwicklung des Projektportfolio­und Multi-
                                                       (NExT). Dieses Innovationsnetzwerk hat zum Ziel,       projektmanagements in der IT des BAMF begonnen
                                                       die Digitalisierung des öffentlichen Sektors aktiv     und im August 2018 abgeschlossen. Es verfolgt die

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                                                                                                                                                                  27
Die Prioritäten in nächster Zeit

Vision, alle IT­-Projekte nach einem einheitlichen,        dynamische Gesamtorganisation im Blick behalten          Im Bereich Digitalisierung setzt das BAMF in                                       1. Digitalisierung des Schrift-
nutzenorientierten und transparenten Methoden­-            werden, da das Vorhaben bei laufendem Betrieb im-        nächster Zeit – neben den bereits beschriebenen                                    guts: Mit der Initiative ZPE
und Werkzeugkasten umzusetzen. Im Rahmen des               plementiert wurde. Übergeordnetes Ziel der Metho-        Vorhaben und Initiativen – auf drei Schwerpunk-                                    wurde eine Lösung zur Digita-
Rollouts des einheitlichen Projektmanagement­-             dik ist es, die Kompetenzen aller Akteure zu steigern,   te: Aus fachlicher Sicht werden weiter­hin digitale         lisierung von Schriftgut etabliert, die zukünftig suk-
-Vorgehensmodells wur­den Projektleiterinnen und           die an IT-­Projekten des BAMF beteiligt sind. Die        Dokumentenservices etabliert und intelli­gente              zessive für alle Bereiche des BAMF ausgebaut wird.
Projektleiter sowie wesentliche Interessenvertrete-        Betroffenen werden mit verbesserten Methoden und         Assistenzsysteme in allen Kernbereichen des Bun­
rinnen und ­-vertreter (Stakeholder) hausintern um-        Werkzeugen ausgestattet und in die Lage versetzt,        desamts umgesetzt. Aus technischer Sicht wird das                 2. Papierlose Dokumentenhaltung: Durch
fangreich geschult.                                        effektiver zu arbeiten. So trägt die Schaffung einer     Zielbild der IT­-Architektur weiter verfolgt, insbe-              die papierlose Dokumentenhaltung strebt das
                                                           Projekt­- bzw. Projektmanagementkultur im Haus           sondere unter Anwendung neuer Technologien wie                    BAMF die Reduktion von Personal­und Lager-
Bei der Einführung der neuen Methodik stand ins-           zu einer erfolgreichen Umsetzung der Digitalisie­        Blockchain und Cloud. Zuletzt geht das BAMF auch            kosten an, indem der Doku­mentenbestand durch
besondere die Weiterentwicklung im Fokus der Mit-          rungsagenda bei. Für die Jahre 2018/2019 steht daher     aus organisatorischer und pro­zessualer Sicht neue          vereinfachtes Suchen, Lagern und Archivieren weiter
arbeitenden, nicht die Definition von starren Prozes-      die praktische Nutzung und Weiterentwicklung der         Wege: Neben der breiteren Etablierung innovativer           an Effizienz gewinnen kann.
sen und Werkzeugen. Gleichzeitig musste stets die          Methoden und Werkzeuge im Fokus.                         Zusammenarbeitsmodelle wird auch das Thema
                                                                                                                    Innovationsmanagement ein wesentlicher Schritt                         3. Digitale Dokumentenbearbeitung:
                                                                                                                    hin zur „digitalen, atmenden Behörde“ sein.                            Langfristig strebt das Bundesamt an, Doku-
                                                                                                                                                                                           mente (die in elektronischer Form vorlie-
                                                                                                                                                                                gen) möglichst automatisiert zu verarbeiten. So kann
                                                                                                                    Ende­-zu-­Ende­-Digitalisierung                             es flexibel auf zukünftige Lastspitzen reagieren und
                                                                                                                                                                                die Anzahl der zu bearbeitenden Anträge verringern.
                                                                                                                    digitaler Dokumentenservices
                                                                                                                                                                                         4. Echtzeitbearbeitung: Eine vollständig
                                                                                                                    Die fortlaufende Ende-zu-Ende-Digitalisierung                        elektronische Vorgangsbearbeitung er-
                                                                                                                    der gesamten Dokumentenverwaltung im BAMF                            möglicht es, langfristig Anträge in Echtzeit
                                                                                                                    schafft wesentliche Effizienzen, z. B. durch Auto-          zu erfassen und zu recherchieren. Somit können
                                                                                                                    matisierung von heute manuellen Aufgaben. Hierzu            Informationen, z. B. der Bearbeitungsstatus von An-
                                                                                                                    hat das BAMF sechs Handlungsfelder und -­bedarfe            trägen, immer aktuell abgerufen werden.
                                                                                                                    identifiziert, die in Teilen bereits heute in Initiativen
                                                                                                                    bearbeitet und auch in Zukunft im Fokus stehen                         5. Elektronischer Versand: Mit Hilfe der
                                                                                                                    werden:                                                                Digitalisierung von Dokumenten können
                                                                                                                                                                                           diese elektronisch ausgetauscht werden.
                                                                                                                                                                                Damit ist davon auszugehen, dass die Zusam­
                                                                                                                                                                                menarbeit innerhalb des BAMF und mit externen
                                                                                                                                                                                Ein­heiten (Außenstandorten sowie andere Behörden)
                                                                                                                                                                                durch eine Beschleunigung des Dokumentenaus-
                                                                                                                                                                                tauschs und eine höhere Qualität der übergreifenden
                                                                                                                                                                                Verwaltungs­prozesse deutlich verbessert wird.
Im NExT-Innovationsnetzwerk stehen sechs Themen im Fokus

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                                                                                                                                                                                                                                    29
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