DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY

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DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
Titelbild: Gesine Born
                                                                                                                                                                    Das DESY-Forschungsmagazin – Ausgabe 02/19

                                                                                                             femto – das DESY-Forschungsmagazin | Ausgabe 02 / 19
                                                                                                                                                                    Heiß begehrt

                                                                                                                                                                    DUNKLE
                                                                                                                                                                    MATERIE
                                                                                                                                                                    Auf der Jagd nach neuen Teilchen

Das Forschungszentrum DESY
                                                                                                                                                                    Asteroiden verraten
DESY zählt zu den weltweit führenden Teilchenbeschleuniger-Zentren und                                                                                              Größe ferner Sterne
erforscht die Struktur und Funktion von Materie – vom Wechselspiel kleinster
Elementarteilchen, dem Verhalten neuartiger Nanowerkstoffe und lebenswichtiger
                                                                                                                                                                    Wassersensoren aus
Biomoleküle bis hin zu den großen Rätseln des Universums. Die Teilchenbeschleuni-
                                                                                                                                                                    dem 3D-Drucker
ger und die Nachweisinstrumente, die DESY an seinen Standorten in Hamburg und
Zeuthen entwickelt und baut, sind einzigartige Werkzeuge für die Forschung:
Sie erzeugen das stärkste Röntgenlicht der Welt, bringen Teilchen auf Rekord-                                                                                       Mit Gold Krankheiten
energien und öffnen neue Fenster ins Universum.                                                                                                                     aufspüren

DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten
Wissenschaftsorganisation Deutschlands.
DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
femto 02/19                                                                         femto 02/19

                                                                                          Impressum
                                                                                          femto wird herausgegeben vom
                                                                                          Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY,
                                                                                          einem Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft

                                                                                          Redaktionsanschrift
                                                                                          Notkestraße 85, D-22607 Hamburg
                                                                                          Tel. +49 40 8998-3613, Fax +49 40 8998-4307
                                                                                          E-Mail: femto@desy.de
                                                                                          Internet: www.desy.de/femto
                                                                                          ISSN 2199-5184

                                                                                          Redaktion
                                                                                          Ute Wilhelmsen, Till Mundzeck (v.i.S.d.P.)

                                                                                          An dieser Ausgabe haben mitgewirkt
                                                                                          Frank Grotelüschen, Barbara Warmbein,
                                                                                          Britta Liebaug, Kristin Hüttmann

                                                                                          Schlussredaktion
                                                                                          Ilka Flegel

                                                                                          Gestaltung und Produktion
                                                                                          Ulrike Darwisch, Diana von Ilsemann

                                                                                          Bildbearbeitung und Herstellung
                                                                                          EHS, Hamburg

                                                                                          Redaktionsschluss
                                                                                          Mai 2019

                                                                                                                                                           r e n S ie
                                                                                                                                                        ie
                                                                                                                                               Abonn stenlos!
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                                                                                                                                               f            emto
                                                                                                                                                      esy.   de/f
                                                                                                                                                www.d

                                                                                                                                       azin
                                                                                                                      ch u n   gsmag
                                                                                                           S   Y-Fors
                                                                                                  Das DE
              Der stärkste Röntgenlaserstrahl der Welt

              Der European XFEL ist der größte Röntgenlaser der Welt und produ-
              ziert extrem starkes Röntgenlicht, mit dem Wissenschaftler bei-
              spielsweise Bilder von Molekülen aufnehmen. Es ist milliardenfach
              heller als das herkömmlicher Röntgenstrahlungsquellen, aber sehen
              kann man den Strahl eigentlich nicht, denn Röntgenlicht ist für das
              Auge unsichtbar. Auf diesem Bild haben Forscher gemeinsam mit
              einem Fotografen den Röntgenlaserstrahl, der in einem 3,4 Kilome-
              ter langen unterirdischen Tunnel zwischen DESY und der Experi-
DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
femtoskop

                                 zwischen DESY und der Experimentierhalle in Schenefeld bei Ham-        Stickstoffs vergleichsweise schwach und wäre mit bloßem Auge
Bild: European XFEL, Jan Hosan

                                 burg erzeugt wird, erstmals sichtbar gemacht. Möglich ist das, weil    nicht so leicht zu erkennen. So deutlich sichtbar wie auf dem Foto
                                 der Röntgenstrahl den Stickstoff in der Luft zum Leuchten anregt,      wird der Strahl erst bei völliger Dunkelheit und einer Belichtungszeit
                                 wenn die Moleküle seinen Weg kreuzen.                                  von 90 Sekunden. Fotografiert wurde ein Strahl von einem Millimeter
                                                                                                        Durchmesser, der aus 800 Blitzen pro Sekunde besteht. Da sich
                                 Das Prinzip ähnelt dem einer Leuchtstoffröhre, bei der die angelegte   während der Experimente niemand in der Experimentierstation auf-
                                 Hochspannung das Gas im Inneren der Röhre zum Leuchten bringt.         halten darf, hat der Fotograf die Kamera vom benachbarten Kontroll-
                                 Trotz der extrem hohen Intensität des Strahls ist das Leuchten des     raum aus ferngesteuert.

                                                                                                                                                                                 3
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Inhalt

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ZOOM                               Die Suche nach der geheimnisvollen Dunklen Materie beschäftigt die

DUNKLE
                                   Physik seit vielen Jahrzehnten. Bereits in den 1930er Jahren hatten
                                   sich Astronomen über einen merkwürdigen Befund gewundert: Gala-
                                   xienhaufen hielten zusammen, obwohl sie eigentlich auseinanderfliegen

  MATERIE                          sollten. Neben den sichtbaren Himmelskörpern – Sternen, P
                                                                                           ­ laneten
                                   und Staubwolken – muss es zusätzlich eine unsichtbare Masse geben,
                                   deren Gravitation Galaxien im Zaum hält. Doch woraus besteht diese
Auf der Jagd nach neuen Teilchen   ominöse Dunkle Materie, ohne die sich kaum erklären lässt, wie sich
                                   Galaxien und Galaxienhaufen im Laufe der Entstehungsgeschichte
                                   des Weltalls gebildet haben? Vielleicht aus noch unentdeckten, ultra­
                                   leichten oder überaus schweren Elementarteilchen? Und was haben
                                   Schwarze Löcher damit zu tun? Rund um den Globus läuft die Suche,
                                   und bald könnte eine neue Generation von Experimenten das Geheim-
                                   nis der Dunklen Materie endlich lüften.

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              CAMPUS                                 ZOOM                                 SPEKTRUM

              06 		Asteroiden verraten Größe        12		 Dunkle Materie                  30		 Forschung kompakt
                    ferner Sterne                    		 Auf der Jagd nach
              		Gammateleskop-Technik                		 neuen Teilchen                          - Was Spinnen an der Decke hält
              		 bestimmt bislang kleinsten 		                                                  - Parkinson-Symptome
              		Winkeldurchmesser                    26		 Kluges Upcycling                		 durch Mangan-Vergiftung
                                                     		 Wie das Hightech-Experiment 		          - Hologrammtechnik misst
              08		 Boost für die Plasma- 		 ALPS II mit gebrauchten                       		 extrem kurze Lichtpulse
              		beschleunigung			        		 Magneten nach Dunkler                               - Neuer Blick ins Erdinnere
              		 Laserbohrer ermöglicht 		           		 Materie sucht                           - Gammastrahlung aus der
              		 neuen Weltrekord                                                         		Superblase
                                                     28		 Die Kunst der Dunklen Materie         - Meteoriteneinschläge im Labor
              10		 Druckbare Wassersensoren          		 Interview mit DESY-Physiker 		          - Neues Gas für Plasmalinsen
              		 Röntgenuntersuchung zeigt           		 Christian Schwanenberger zu             - Medikamentenschleuse im
              		 Arbeitsweise von funktionaler       		 einem besonderen Kunstprojekt     		Röntgenlicht
              		 Verbindung auf Kupferbasis                                                     - Kontrolle aus dem Nichts
                                                                                                - Flüssigkeiten kristallisieren in
              36		 Mit Gold Krankheiten aufspüren                                         		Nanometerspalten
              		 Neue Diagnosemöglichkeiten
              		 in der Medizin

              38		 Platin schlägt Nanoblasen
              		 Technisch wichtiges Edelmetall
              		 oxidiert schneller als erwartet

              40		 Biegsame Schaltkreise für
              		 den 3D-Druck
              		 Neues Verfahren für flexible
              		 und transparente Elektronik

                                                     RUBRIKEN

                                                     02 femtoskop                         35 femtomenal
                                                        Röntgenlaserstrahl sichtbar          Der kürzeste UV-Laserpuls
                                                        gemacht                              der Welt

                                                     39 femtopolis                        42 femtofinale
                                                        Warum Gewitterwolken                 Rezept für ein Universum
                                                        mehrfach blitzen

                                                                                                                                    5
DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
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Asteroiden verraten
     Größe ferner Sterne
          Gammateleskop-Technik verdoppelt Auflösungsvermögen astronomischer Winkelmessungen

Wenn ein Asteroid vor
einem Stern vorbeizieht, ent-

                                                                                                                                       Bild: DESY, Lucid Berlin
steht ein Beugungs­muster
(hier deutlich übertrieben
dargestellt), aus dem sich
der Durchmesser des
Sterns bestimmen lässt.

              M
                                it Hilfe der besonde­   Daniel vom Smithsonian Astrophysi­     unter anderem beobachten, wenn
                                ren Eigenschaften       cal Observatory (SAO) etabliert eine   ein Asteroid aus unserem Sonnen­
                                von Gamma­strahlen­     neue Methode zur Bestimmung von        system zufällig vor einem weit
                                teleskopen haben        Sterndurchmessern und liefert die      entfernten Stern vorbeiwandert.
               Forschende die Durchmesser ferner        bislang kleinsten Winkeldurchmes­      „Die extrem schwachen Schatten
               Sterne bestimmt. Die Messungen           ser von Sternen am Firmament.          von ­Asteroiden ziehen jeden Tag
               mit dem Very Energetic Radiation              Nahezu jeder Stern am Nacht­      über uns hinweg“, erläutert Hassan.
               Imaging Telescope Array System           himmel ist selbst für die besten       „Dabei ist der Rand des Schattens
               (VERITAS) liefern die Größe eines        Teleskope zu weit entfernt, um seine   jedoch nicht scharf. Stattdessen ist
               Riesensterns in 2674 Licht­jahren        Größe direkt zu bestimmen. Die         der zentrale Schatten umgeben von
               Entfernung und eines sonnen­             Forschenden nutzten daher ein op­      Lichtmustern, die an kleine Wasser­
               ähnlichen Sterns in 700 Lichtjahren      tisches Phänomen namens Diffrak­       wellen erinnern.“ Die Physik be­
               Distanz. Die Arbeit des Teams um         tion, um die Sterndurchmesser zu       zeichnet das als Beugungsmuster. Es
               Tarek ­Hassan von DESY und Michael       bestimmen. Dieser Effekt lässt sich    lässt sich in jedem Schülerlabor mit

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DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
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Hilfe eines Lasers erzeugen, der auf
eine scharfe Kante gerichtet wird.
                                        – auch für solche von Sternenlicht.
                                             Mit den VERITAS-Tscheren­
                                                                                  „Unsere Pilotstudie
     Die Form des Musters erlaubt       kow-Teleskopen am Fred-­Lawrence-          etabliert eine neue
Rückschlüsse auf die Ausdehnung         Whipple-Observatorium im US-Bun­
der Lichtquelle. Anders als das Beu­    desstaat Arizona ist es dem Team           Methode, um die
gungsmuster in einem Schülerlabor
lässt sich das eines Sterns an einem
                                        gelungen, das Beugungsmuster
                                        des Sterns mit der Katalognummer
                                                                                   Durchmesser von
Asteroiden jedoch nur sehr schwer       TYC 5517-227-1 einzufangen, wäh­           Sternen zu bestimmen“
messen. „Die Sternbedeckungen           rend er am 22. Februar 2018 vorüber­
                                                                                    Tarek Hassan, DESY
durch Asteroiden sind sehr schwer       gehend vom 60 Kilometer großen
vorherzusagen“, sagt Daniel. „Und       Asteroiden Imprinetta bedeckt
das Beugungsmuster lässt sich nur       wurde. Mit den VERITAS-­Teleskopen       mit Tscherenkow-Teleskopen liefert
erkunden, indem man schnelle            ließen sich 300 Bilder pro Sekunde       eine zehnmal bessere Auflösung als
Schnappschüsse macht, während           aufnehmen, woraus sich das Hellig­       die Standardmethode bei Sternbe­
der Schatten über das Teleskop          keitsprofil des Beugungsmusters mit      deckungen durch den Mond. Und
wandert.“ Astronomen haben auf          großer Genauigkeit rekonstruieren        sie ist mindestens doppelt so scharf
diese Weise bereits Sterne vermes­      ließ. Daraus ergab sich die schein­      wie interferometrische Größenmes­
sen, die vorübergehend vom Mond         bare Größe des Sterns am Himmel,         sungen.“ Die Messungenauigkeit
bedeckt wurden. Das funktioniert        also sein Winkeldurchmesser, zu          der neuen Methode beträgt nach
ungefähr bis zu einer scheinbaren       0,125 tausendstel Bogensekunden.         Angaben der Autoren gegenwärtig
Größe – also einem Winkeldurch­         Zusammen mit der Entfernung von          rund zehn Prozent. „Wir erwarten,
messer – von einer tausendstel Bo­      2674 Lichtjahren ergibt das einen        dass sich das durch einen optimier­
gensekunde. Zum Vergleich: So groß      Durchmesser des Sterns, der elfmal       ten Aufbau deutlich verbessern lässt,
würde eine Zwei-Cent-Münze auf          so groß ist wie der unserer Sonne.       etwa indem man die beobachteten
dem Pariser Eiffelturm von New York     Damit ließ sich der Stern der Klasse     Wellenlängen auf einen bestimmten
aus erscheinen.                         der Roten Riesen zuordnen, was           Bereich einschränkt“, sagt Daniel.
                                        zuvor nicht eindeutig geklärt war.       Da unterschiedliche Wellenlängen
Augen für Sternenlicht                       Die Forschenden konnten drei        unterschiedlich gebeugt werden,
Allerdings sind nicht viele Sterne      Monate später zudem den Stern            verwischt das gemessene Beugungs­
am irdischen Himmel so groß. Um         TYC 278-748-1 untersuchen, der           muster, wenn ein zu breiter Wellen­
noch kleinere Winkeldurchmesser         am 22. Mai 2018 vom 88 Kilometer         längenbereich aufgezeichnet wird.
zu bestimmen, nutzte das Team           großen Asteroiden Penelope bedeckt             „Unsere Pilotstudie etabliert
Tscherenkow-Teleskope. Diese            wurde. Die Auswertung lieferte einen     eine neue Methode, um die Durch­
                                                                                 messer von Sternen zu bestimmen“,

 „Dies ist der kleinste                                                          fasst Hassan zusammen. Die For­
                                                                                 schenden schätzen, dass geeignete

  Winkeldurchmesser eines Sterns,                                                Teleskope mehr als eine Asteroiden-­
                                                                                 Sternbedeckung pro Woche be­
  der je gemessen worden ist“                                                    obachten könnten. „Da ein Stern
                                                                                 umso kleiner erscheint, je weiter er
   Michael Daniel, SAO
                                                                                 entfernt ist, bedeutet eine Verbes­
                                                                                 serung der Winkelauflösung auch
­Instrumente sind darauf speziali­      Winkeldurchmesser von 0,094 tau­         eine Erweiterung der Reichweite
siert, das extrem kurze und schwa­      sendstel Bogensekunden, was bei          solcher Beobachtungen“, erläutert
che bläuliche Leuchten einzufangen,     ­einer Entfernung von 700 Licht­jahren   der DESY-Forscher. „Wir schätzen,
das entsteht, wenn ein energierei­      dem 2,17-fachen Sonnendurch­             dass sich mit unserer Methode
ches Teilchen oder Gammaquant           messer entspricht. Das deckt sich        noch Sterne in zehnmal größerer
aus dem Weltall auf die Erdatmo­        hervorragend mit einer früheren          Entfernung analysieren lassen als
sphäre trifft. Tscherenkow-Teles­       Schätzung, die mit Hilfe indirek­        mit der Mondbedeckungsmethode.“
kope machen nicht die besten Bilder,    ter Methoden auf 2,173 Sonnen­           Die Technik könne damit genug
aber dank ihrer großen Spiegelflä­      durchmesser gekommen war.                Daten liefern, um eine größere
che, die gewöhnlich wie ein Insek­           „Dies ist der kleinste Winkel­      Zahl von Sternen in sogenannten
tenauge in sechseckige Einzelspiegel    durchmesser eines Sterns, der            Populations­studien zu untersuchen.
segmentiert ist, und ihrer leistungs­   je gemessen worden ist“, betont
fähigen Kameras sind sie besonders      ­Daniel. „Die Beobachtung von            Nature Astronomy, 2019;
empfindlich für Lichtschwankungen       Sternbedeckungen durch Asteroiden        DOI: 10.1038/s41550-019-0741-z

                                                                                                                              7
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                                                                                                                                 Bild: Keldysh Institute of Applied Mathematics, Gennadiy Bagdasarov,
                                                                                                                                                   und Berkeley Lab, Anthony Gonsalves/Jean-Luc Vay
          Künstlerische Darstellung:
          Visualisierung des Plasma-
          kanals (blau) in der Kapillare,
          der durch eine elektrische
          Entladung und einen
          acht Nanosekunden langen
          Laserpuls (rot/gelb)
          erzeugt worden ist.

                                                                                                            Laserpuls

                                                                                                          Plasmakanal

Boost für die
  Plasmabeschleunigung
Laserbohrer ermöglicht neuen Weltrekord

W
              im Leemans, DESYs neuer For­           nenvolt (Giga-Elektronenvolt, GeV) – ein Wert, für
              schungsdirektor für den Bereich        den die modernsten konventionellen Teilchenbe­
              Beschleuniger, ist ein international   schleuniger mehrere hundert Meter benötigen.
              profilierter Spitzenwissenschaftler
und ein Pionier in der Entwicklung zukunfts­
weisender Laser-Plasmabeschleuniger. Bevor            „Diese neue Technologie eröffnet
er im Februar 2019 zu DESY kam, leitete er den
Forschungsbereich für Beschleunigertechnolo­
                                                       ganz neue Möglichkeiten, auch für
gien und Angewandte Physik am Berkeley Lab             unsere Arbeit bei DESY“
(Kalifornien, USA) sowie das Berkeley Lab Laser
                                                        Ralph Aßmann, DESY
Accelerator (BELLA) Center. Gemeinsam mit
seinem Team hat er dort wichtige Meilensteine
für die neue Generation kompakter Teilchenbe­        Ein Plasma ist ein Gas, in dem den Molekülen ihre
schleuniger gelegt: Anfang des Jahres stellten die   Elektronen entrissen wurden, so dass sich eine
BELLA-­Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaft­       Mischung aus elektrisch positiv geladenen Gas­
ler mit einem „Laser-Plasmabohrer“ einen neuen       molekülen und elektrisch negativen Elektronen
Rekord für Plasmabeschleuniger auf. In einer nur     bildet. „Die Entwicklung stabiler Plasmabeschleu­
20 Zenti­meter langen Plasmakapillare beschleu­      niger mit einer Energie nahe zehn Giga-Elektro­
nigten sie Elektronen auf 7,8 Milliarden Elektro­    nenvolt markiert einen Meilenstein auf dem

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DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
femto 02/19                                                                                                                            CAMPUS

                                                                       Weg vom Labor zu ersten Anwendungen“, betont
                                                                       Leemans, der das Verfahren bei DESY weiterent­                                                                     Den Belgier Wim Leemans zog es
                                                                                                                                                                                          sehr früh in seiner Karriere nach
                                                                       wickeln wird. „Wir haben ein neues Konzept für
                                                                                                                                                                                          Kalifornien: Seine Doktorarbeit
                                                                       den Werkzeugkasten der Plasmabeschleuniger-­                                                                       in der Elektrotechnik schrieb er
                                                                       Forscher entwickelt. Und zusammen mit anderen                                                                      an der University of California
                                                                       Verfahren zur Kontrolle von Beschleunigung,                                                                        in Los Angeles. Anschließend
                                                                                                                                                                                          arbeitete er insgesamt 27 Jahre
                                                                       Strahlstabilität und -qualität, die es bei DESY be­
                                                                                                                                                                                          am Berkeley Lab und hat in
                                                                       reits gibt, wird dies kompakte Elektronenquellen                                                                   dieser Zeit das Laser-Beschleu-
                                                                       möglich machen.“                                                                                                   nigerprogramm des Forschungs-
                                                                            Teilchenbeschleuniger sind in vielen                                                                          zentrums etabliert und zu
                                                                                                                                                                                          weltweitem Ansehen gebracht.
                                                                       Bereichen unverzichtbare Werkzeuge, von der
                                                                       Forschung über die Industrie bis zur Medizin.
                                                                       Konventionelle Teilchenbeschleuniger nutzen
                                                                       Radiowellen, um Pakete elektrisch geladener
                                                                       Teilchen, wie zum Beispiel Elektronen, schneller        „Die Zeit ist reif, um die
                                                                       und schneller voranzutreiben. Die heute hochent­
                                                                       wickelte Technik erzeugt Teilchenstrahlen hoher          Laser-Plasmabeschleunigung aus dem
                                                                       Qualität mit fast jeder gewünschten Eigenschaft.
                                                                       Je höher die Teilchenenergie sein soll, desto
                                                                                                                                Labor zur Anwendung zu führen“
                                                                       ­größer und teurer werden allerdings die Anlagen.          Wim Leemans, DESY

                                                                       Surfen auf der Plasmawelle                             Laser-Plasmabeschleuniger dar“, kommentiert
                                                                       Die zurzeit noch experimentelle Laser-Plasma­          Ralph Aßmann, Leitender Wissenschaftler für
                                                                       beschleunigung verfolgt ein komplett anderes           Beschleunigerforschung bei DESY, der nicht an
                                                                       Konzept: Bei ihr pflügt ein kurzer, extrem heller      der Studie beteiligt war. „Hier wird nicht nur ein
                                                                       Laserpuls durch ein Plasma. Wie ein Schnellboot        neuer Energierekord gezeigt, sondern es wurde
                                                                       auf einem See erzeugt der Laserpuls kräftige           eine innovative Methode entwickelt, mit der
                                                                       Heckwellen in seiner Bahn. Auf diesen Plasma­          eine mittlere Beschleunigungsspannung von
                                                                       wellen können die Elektronen surfen wie ein            40 Milliar­den Volt pro Meter über eine Strecke von
                                                                       Wakeboard-Surfer auf der Heckwelle des Schnell­        20 Zentimeter robust erzeugt wurde. Diese neue
                                                                       boots. Plasmawellen können Teilchen viele              Technologie eröffnet ganz neue Möglichkeiten,
                                                                       hundert Male stärker beschleunigen als konven­         auch für unsere Arbeit bei DESY.“
                                                                       tionelle Beschleuniger. Auch wenn bei der jungen             Zwar können Plasmabeschleuniger nicht so
                                                                       Technik noch zahlreiche Herausforderungen              viele Teilchen auf einmal beschleunigen wie kon­
                                                                       gemeistert werden müssen, verspricht sie günsti­       ventionelle Beschleuniger, aber sie können neue,
                                                                       gere und vor allem drastisch kleinere Teilchenbe­      bislang nicht machbare Anwendungen wie etwa
                                                                       schleuniger sowie neue Anwendungen.                    einen miniaturisierten Röntgenlaser ermöglichen.
                                                                            Je kräftiger der Laserpuls ist, desto stärker     „Unsere Methode ist ein großer Schritt nach vorn
                                                                       ist die Beschleunigung im Plasma. Das BELLA-­          zu künftigen kompakten ­Forschungslichtquellen“,
                                                                       Team schoss unvorstellbar starke und kurze             betont Leemans. „Die Zeit ist reif, um die Laser-­
                                                                       Infrarot-Laserpulse mit einer Spitzenleistung          Plasmabeschleunigung aus dem Labor zur An­
                                                                       von 850 Billionen Watt (850 Terawatt) und einer        wendung zu führen.“
Bilder: Berkeley Lab, Marilyn Chung; DESY, Werner Bartsch (Portrait)

                                                                       Dauer von nur 35 billiardstel Sekunden (35 Fem­
                                                                       tosekunden) in eine 0,8 Millimeter breite Saphir­      Physical Review Letters, 2019,
                                                                       röhre voll Wasserstoffgas. Die Spitzenleistung         DOI: 10.1103/PhysRevLett.122.084801
                                                                       des Lasers entspricht umgerechnet 8,5 Billionen
                                                                       100-Watt-Glühbirnen, die allerdings nur ein paar
                                                                       Dutzend Femtosekunden angeschaltet wären. Der
                                                                       Clou dabei war, dass ein vorauseilender, erster
                                                                       Laserpuls zunächst einen Kanal durch das Plasma
                                                                       für den eigentlichen Beschleunigerpuls gebohrt
                                                                       hatte. Dadurch ließ sich die Plasmabeschleu­
                                                                       nigung über die gesamten Länge der Kapillare
                                                                       aufrechterhalten.
                                                                            „Das in Physical Review Letters veröffentlichte       Eine 20 Zentimeter lange Plasmazelle, wie sie für die
                                                                       Resultat aus Berkeley stellt einen Meilenstein für         Rekordbeschleunigung benutzt wurde.

                                                                                                                                                                                                                     9
DUNKLE MATERIE Heiß begehrt - Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
femto 02/19                                                                                                                         CAMPUS

                Druckbare
                    Wassersensoren
                 Röntgenuntersuchung zeigt Arbeitsweise von funktionaler Verbindung auf Kupferbasis

                E
                           in spanisch-israelisches       Universität Madrid (UAM) die durch     stimmte Stoffe nachweisen. Wasser
                           Forschungsteam hat ein         Wasser ausgelösten Strukturände­       gehört dabei zu den am häufigsten
                           ausdruckbares Material         rungen in dem Material erkundet,       überwachten chemischen Verbin­
                           entwickelt, das als vielsei­   die der beobachteten Farbänderung      dungen. „Es kann sehr wichtig sein
                 tiger und robuster Wasserdetektor        zugrunde liegen. Die Entwicklung       zu wissen, wieviel Wasser in einer
                 eingesetzt werden kann. Der Stoff        öffnet die Tür zur Erzeugung einer     bestimmten Umgebung oder in
                 auf Polymerbasis ist günstig, flexibel   neuen Familie 3D-druckbarer funkti­    einem Stoff vorhanden ist“, erläutert
                 und ungiftig und ändert seine Farbe      onaler Materialien.                    DESY-Forscher Michael Wharmby.
                 in Gegenwart kleiner Mengen Wasser            Auf zahlreichen Gebieten wie      „Wenn ein Öl zum Beispiel zu viel
                 von Violett zu Blau. Mit Hilfe von       beispielsweise Gesundheit, Lebens­     Wasser enthält, schmiert es Maschi­
                 DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III       mittelsicherheit und Umweltschutz      nen möglicherweise nicht gut,
                 haben die Wissenschaftlerinnen und       gibt es einen rasant steigenden        und mit einem zu hohen Wasser­
                 Wissenschaftler unter Leitung von        Bedarf an Sensoren, die auf schnelle   anteil verbrennt Treibstoff nicht
                 Pilar Amo-Ocha von der Autonomen         und einfache Weise gezielt be­         ordentlich.“

„Die Vielseitigkeit moderner 3D-Drucktechnik
 bedeutet, dass sich diese Sensoren in ganz
 unterschiedlichen Bereichen einsetzen lassen“
 Shlomo Magdassi, Hebräische Universität Jerusalem
                                                                                                                Das Sensormaterial
                                                                                                                kann in unterschiedlichs-
                                                                                                                ten Formen gedruckt
                                                                                                                werden. Die gezeigten
                                                                                                                Werkstücke sind jeweils
                                                                                                                etwa einen Zentimeter
                                                                                                                breit. In Anwesenheit von
                                                                                                                Wasser, beispielsweise
                                                                                                                aus der Luftfeuchtigkeit,
                                                                                                                färbt es sich blau.

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femto 02/19                                                                                                                      CAMPUS

                                                                                                                                             DESY-Forscher
                                                                                                                                             Michael Wharmby leitet
                                                                                                                                             die Messstation, an der
                                                             Im trockenen Zustand (hier in einer                                             die Untersuchungen
                                                             wasserfreien Flüssigkeit) färbt sich das                                        stattfanden.
                                                             Sensormaterial violett.

                                      Farbumschlag im Sensor                      denen Formen daraus zu drucken.         Erhitzen oder in einer wasserfreien
                                      Der funktionale Teil des neuen              Sie testeten die gedruckten Senso­      Flüssigkeit getrocknet wird, färbt es
                                      Sensormaterials ist ein sogenanntes         ren in Luft und mit Flüssigkeiten,      sich von Blau wieder zurück nach
                                      Koordinationspolymer auf Kupfer­            die unterschiedliche Anteile Wasser     Violett. Tests zeigten, dass es selbst
                                      basis, eine organische Verbindung           enthielten.                             über viele Erhitzungszyklen stabil
                                      mit einem Wassermolekül, das an                     Dabei zeigte sich, dass die     bleibt und die kupferbasierten Poly­
                                      ein zentrales Kupferatom gebun­             gedruckten Sensoren sogar noch          mere gleichmäßig in den gedruckten
                                      den ist. „Wenn man die Verbindung           empfindlicher auf Wasser reagieren      Sensoren verteilt sind. An der Luft
                                      auf 60 Grad Celsius erhitzt, ändert         als das kupferbasierte Polymermate­     bleibt das Material mindestens ein
                                      sie ihre Farbe von Blau zu Violett“,        rial allein. Die Forschenden schrei­    Jahr stabil, ebenso bei biologisch
                                      berichtet Amo-Ocha. „Diese Ände­            ben das der Porosität des gedruckten    relevanten pH-Werten von 5 bis 7.
                                      rung lässt sich rückgängig machen,          Materials zu. In Flüssigkeiten schlug         „Die Vielseitigkeit moderner
                                      indem man das Material an der               der gedruckte Sensor innerhalb          3D-Drucktechnik bedeutet darüber
                                      Luft lässt, in Wasser taucht oder           von zwei Minuten bereits bei einem      hinaus, dass sich diese Sensoren in
                                      in eine Flüssigkeit mit Spuren von          Wasseranteil von 0,3 bis 4 Prozent      ganz unterschiedlichen Bereichen
                                      Wasser legt.“ Mit der energiereichen        an. Zudem reagierte er noch auf eine    einsetzen lassen“, betont Shlomo
                                      Röntgenstrahlung von DESYs For­             relative Luftfeuchtigkeit von nur       Magdassi von der Hebräischen
                                      schungslichtquelle PETRA III konnte         7 Prozent. Wenn das Material durch      Universität Jerusalem. Das Konzept
                                      das Team beobachten, dass in den                                                    könne zudem genutzt werden, um
                                      auf 60 Grad erhitzten Proben die                                                    weitere derartige funktionale Mate­
                                      Wassermoleküle fehlten, die zuvor
                                                                                 „Es kann sehr wichtig                    rialien zu entwickeln.
                                      an die Kupferatome gebunden wa­                                                           „In unserer Arbeit präsentieren
                                      ren. Das führt zu einer umkehrbaren         sein zu wissen,                         wir die ersten 3D-gedruckten Ver­
                                      strukturellen Neuorganisation des           wieviel Wasser in                       bundobjekte aus einem nicht-porö­
                                      Materials, wodurch es zu der Farb­                                                  sen Koordinationspolymer“, sagt
                                      änderung kommt.                             einer bestimmten                        Félix Zamora von der Autonomen
                                           „Als wir das verstanden hat­           Umgebung oder in                        Universität Madrid. „Das eröffnet die
                                      ten, konnten wir auch die Physik                                                    Möglichkeit, die große Familie dieser
                                      dieser Veränderung modellieren“,
                                                                                  einem Stoff vorhanden                   leicht herzustellenden Verbindun­
Bilder: TUAM, Verónica García Vegas

                                      sagt José Ignacio Martinez vom              ist. Wenn ein Öl zum                    gen mit ihren interessanten magne­
                                      Institut für Werkstoffwissenschaften                                                tischen, optischen und elektrischen
                                      in Madrid (ICMM-CSIC). Die Forsche­
                                                                                  Beispiel zu viel Wasser                 Eigenschaften für das funktionale
                                      rinnen und Forscher waren dann              enthält, schmiert es                    3D-Drucken zu benutzen.“
                                      in der Lage, die Kupferverbindung
                                      mit einem 3D-Druckermaterial zu
                                                                                  Maschinen nicht gut“
                                                                                                                          Advanced Functional Materials, 2019;
                                      mischen und Sensoren in verschie­             Michael Wharmby, DESY                 DOI: 10.1002/adfm.201808424

                                                                                                                                                                           11
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Der seltsamste Stoff im
­Universum: Dunkle Materie
 (hier in Schwarz) ist im Kosmos
 über fünfmal häufiger als die
 uns gewohnte Materie (gelb).
 Sie besitzt keinerlei Wechsel-
 wirkung mit elektromagneti-
 scher Strahlung wie Licht und
 ist daher komplett unsichtbar.
 Dunkle Materie macht sich
 nur über ihre Schwerkraft
 bemerkbar. Diese Computer-
 simulation des Kavli-Instituts
 für Astroteilchenphysik und
 Kosmologie (KIPAC) zeigt die
 spinnwebenartige Verteilung
 der Dunklen Materie im Univer-
 sum, die mit ihrer Schwerkraft
 erst die Bildung von Galaxien
 und Galaxienhaufen ermöglicht
 hat. Woraus die Dunkle Materie
 besteht, ist gegenwärtig noch
 völlig rätselhaft.
                                          Bild: KIPAC/SLAC, Ralf Kaehler

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 ZOOM

 DUNKLE MATERIE
 Die Suche nach der mysteriösen Dunklen Materie beschäftigt die Physik seit vielen Jahrzehnten.
 Bereits in den 1930er Jahren hatten sich Astronomen über einen merkwürdigen Befund gewun-
 dert: Galaxienhaufen hielten zusammen, obwohl sie eigentlich auseinanderfliegen sollten. Neben
 den sichtbaren Himmelskörpern – Sternen, Planeten und Staubwolken – muss es zusätzlich eine
 unsichtbare Masse geben, deren Gravitation Galaxien im Zaum hält. Doch woraus besteht diese
 ominöse Dunkle Materie, ohne die sich kaum erklären lässt, wie sich Galaxien und Galaxienhaufen
 im Laufe der Entstehungsgeschichte des Weltalls gebildet haben? Vielleicht aus noch unentdeck-
 ten, ultraleichten oder überaus schweren Elementarteilchen? Und was haben Schwarze Löcher
 damit zu tun? Rund um den Globus läuft die Suche, und bald könnte eine neue Generation von
 Experimenten das Geheimnis der Dunklen Materie endlich lüften.

                                                                                                   13
-32
                               10                  1                 100                  380 000                   300 – 500               Milliarden             13,8
                             Sekunden           Sekunde           Sekunden                 Jahre                 Millionen Jahre              Jahre          Milliarden Jahre
BEGINN DES UNIVERSUMS

                               Inflation:      Licht und       Licht und Materie      Licht und Materie         Nach der Entkopplung          Galaxien        Das Universum
                              Das ganz          Materie         sind gekoppelt.     entkoppeln: Protonen         von Licht und Materie     entwickeln sich        heute
                                 junge         entstehen.       Dunkle Materie      und Elektronen bilden        gibt es zunächst noch         weiter.

                                                                                                                                                                                Bild: European Space Agency (ESA)
                              Universum                         ­entwickelt sich      Atome, das Licht         keine Sterne. Die Atome
                              dehnt sich                          unabhängig:       kann sich frei ausbrei-       der uns gewohnten
                              kurzzeitig                          Sie beginnt        ten. Aus dieser Zeit      Materie beginnen jedoch,
                                extrem                        bereits, zusammen­    stammt die allgegen-            den Einfluss des
                             schnell aus.                       zuklumpen und        wärtige kosmische        Dunkle-Materie-Geflechts
                                                               eine Netz­struktur   Hintergrundstrahlung      zu spüren. In dessen dich-
                                                                   zu bilden.          (siehe Abbildung         testen Knoten leuchten
                                                                                            rechts).            nach 300 bis 500 Milli-
                                                                                                                onen Jahren die ersten
                                                                                                               Sterne und Galaxien auf.

                                                     W
                                                                    ir haben Glück, es ist bewölkt.“                     stark bündeln, dass es die Anlage beschädigt.“
                                                                    ­Markus Garczarczyk hat einen kur­                          Das schwere Gerät steht am Rand des
                                                                    zen Blick aufs Wetter geworfen, jetzt                Wissenschaftsparks Adlershof in Berlin. Es ist der
                                                                    öffnet er eine Metalltür, die in einen               Prototyp eines neuen internationalen Großpro­
                                                     kleinen Turm führt. Dort tippt der Forscher auf                     jekts der Astronomie – des Cherenkov Telescope
                                                     einen Touchscreen, es ertönt das Sirren kräftiger                   Array (CTA). „Es soll aus etwa hundert Einzel­
                                                     Elektromotoren. Sie wuchten das in die Höhe,                        teleskopen bestehen und Gammastrahlen aus
                                                     was auf dem Turm montiert ist – ein 60 Tonnen                       dem All aufspüren“, sagt Garczarczyk, Physiker
                                                     schweres Spiegelteleskop, Durchmesser zwölf                         bei DESY in Zeuthen, das CTA maßgeblich mitbe­
                                                     Meter. „Bei klarem Himmel hätten wir es in seiner                   treibt. Gammastrahlen sind die energiereichsten
                                                     Parkposition lassen müssen“, erklärt Garczarczyk.                   aller elektromagnetischen Wellen. Unter anderem
                                                    „Sonst würde der Reflektor das Sonnenlicht so                        entstehen sie bei Gewaltprozessen im Kosmos,
                                                                                                                         etwa bei Supernova-Explosionen und Sternkolli­
                                                                                                                         sionen. Und sie könnten helfen, eines der größten
                                                                                                                         Rätsel der Physik zu lösen: Woraus besteht
                                                                                                                         die ominöse Dunkle Materie, die die Galaxien
                                                                                                                         ­zusammenzuhalten scheint wie ein unsichtbarer
                                                                                                                         Klebstoff?
                                                                                                                                Bereits in den 1930er Jahren hatten sich
                                                                                                                         Astronomen über einen merkwürdigen Befund
                                                                                                                         gewundert: Galaxienhaufen hielten zusammen,
                                                                                                                         obwohl sie eigentlich auseinanderfliegen sollten.
                                                                                                                         Und in den 1970 Jahren stellte ein US-Team fest,
                                                                                                                         dass sich die Sterne, die um das Zentrum einer
                                                                                                                         Galaxie kreisen, so schnell bewegen, dass sie
                                                                                                                         eigentlich herauskatapultiert werden müssten.
                                                                                                                         Die Folgerung: Neben den sichtbaren Himmels­
                                                                                                                         körpern – Sternen, Planeten und Staubwolken –
                                                                                                                         muss es zusätzlich eine unsichtbare Masse geben,
                                         Der Prototyp für die Teleskope des Cherenkov Telescope Array
                                         (CTA) ist seit 2013 im Wissenschaftspark Berlin-Adlershof                       Dunkle Materie genannt. Ihre Gravitation ist es,
                                         in Betrieb.                                                                     die die Sterne in einer Galaxie im Zaum hält und
                                                                                                                                                                                 Bild: DESY

                                                                                                                         verhindert, dass zum Beispiel unsere Milchstraße
                                                                                                                         schon längst auseinandergedriftet ist.

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femto 02/18                                                                                                                   ZOOM

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                                                                                                                                                                                              grundstrahlung stammt
                                                                                    Auch andere Hinweise sprechen für die Existenz       ein weiteres Rätsel. In den 1990er Jahren entdeck­
                                                                                                                                                                                              aus der Zeit 380 000
                                                                                    der rätselhaften Substanz: So sieht es danach aus,   ten Astronomen, dass der Kosmos viel schneller       Jahre nach dem Urknall
                                                                                    als würde Dunkle Materie das Licht ferner Gala­      expandiert als erwartet – eine geheimnisvolle        und wabert bis heute
                                                                                    xien ein wenig aus der Bahn lenken – Fachleute       Kraft scheint ihn regelrecht auseinanderzutreiben.   durchs All. Kleine Tem-
                                                                                                                                                                                              peraturschwankungen,
                                                                                    sprechen vom Gravitationslinsen-Effekt. Auch in      Seitdem spricht die Fachwelt von einer „Dunklen
                                                                                                                                                                                              wie hier vom europäi-
                                                                                    der sogenannten kosmischen Hintergrundstrah­         Energie“, aus der das Universum zu etwa 68 Pro­      schen Satelliten „Planck“
                                                                                    lung – quasi dem Echo des Urknalls – finden sich     zent zu bestehen scheint. 27 Prozent macht die       gemessen, waren die
                                                                                    Indizien für ihr Dasein. Und: Ohne die Dunkle        Dunkle Materie aus. Und nur mickrige fünf Pro­       ­Saaten künftiger Struktu-
                                                                                                                                                                                               ren wie Galaxienhaufen.
                                                                                    Materie lässt sich kaum erklären, wie sich Gala­     zent des Universums sind aus dem gemacht, aus
                                                                                    xien und Galaxienhaufen im Laufe der Entste­         dem wir und unsere Umgebung bestehen – der
                                                                                    hungsgeschichte des Weltalls gebildet haben.         vertrauten sichtbaren Materie.

                                                                                    Geburtshelfer für Galaxien
                                                                                    Heute gehen Kosmologen davon aus, dass das            „Im Moment gibt
                                                                                    Universum vor rund 13,8 Milliarden Jahren aus
                                                                                    einem winzigen Punkt heraus explosionsartig
                                                                                                                                           es viele Kandidaten –
Bilder: European Space Agency (ESA) and the Planck Collaboration; DESY (Portrait)

                                                                                    geboren wurde – dem Urknall. „Unmittelbar nach         beinahe zu viele“
                                                                                    diesem Big Bang, als der Kosmos noch extrem
                                                                                                                                             Kai Schmidt-Hoberg, DESY
                                                                                    klein war, dürfte es winzige Quantenfluktuatio­
                                                                                    nen gegeben haben“, erklärt Kai Schmidt-Hoberg,
                                                                                    Theoretiker bei DESY. „Angetrieben von diesen        Das Problem: Trotz jahrzehntelanger Suche ist
                                                                                    Fluktuationen konnte sich die Dunkle Materie         völlig unklar, woraus Dunkle Materie eigentlich
                                                                                    wegen der Gravitation zusammenziehen und die         besteht. Die Theoretiker bringen diverse neue
                                                                                    ersten Strukturen im Universum bilden – faden­       Elementarteilchen ins Spiel – manche ultraleicht,
                                                                                    artige Verdichtungen, in Computersimulationen        andere überaus schwer. Andere Fachleute halten
                                                                                    erinnern sie an das Geflecht von Nervenzellen im     Schwarze Löcher für die Ursache. Und wieder
                                                                                    Gehirn.“ Dieses Geflecht zog in der Folge durch      andere meinen, dass etwas mit einer Grund­
                                                                                    seine Schwerkraft normale Materie an, die dann       gleichung der Physik nicht stimmt – dem Gravita-
                                                                                    verklumpte und Himmelskörper bilden konnte –         tionsgesetz von Isaac Newton. „Im Moment gibt
                                                                                    die Dunkle Materie als Geburtshelfer für Galaxien.   es viele Kandidaten – beinahe zu viele“, klagt
                                                                                         Das Frappierende: Das Ganze geht nur auf,       Schmidt-Hoberg. „Nicht zuletzt deshalb ist es so
                                                                                    wenn man annimmt, dass es rund fünfmal mehr          schwierig herauszufinden, was tatsächlich hinter
                                                                                    Dunkle Materie gibt als sichtbare. Hinzu kommt       der Dunklen Materie steckt.“

                                                                                                                                                                                                                     15
femto 02/19                                                                                                                                ZOOM

Das Large Underground Xenon
Experiment (LUX) hat 1500 Meter
tief in einer alten Mine in South
Dakota versucht, Teilchen na-
mens WIMPs (siehe rechts) direkt
einzufangen. Sein Nachfolger,
das LUX-Zeplin Experiment,                                                                 ein Kohlenstoffatom, ein Urankern oder sogar
soll der weltweit empfindlichste
                                                                                           ein kleines Protein. Weitgehend unbeachtet vom
WIMP-Detektor werden.
                                                                                           Rest der Welt würden sie in Unmengen durchs
                                                                                           All geistern. Mit gewöhnlicher Materie würden
Im weltgrößten Teilchenbe-
schleuniger Large Hadron                                                                   sie nur sporadisch agieren, sich jedoch auf gro­
Collider (LHC) am europäi-                                                                 ßen Skalen durch ihre Schwerkraft bemerkbar
schen Teilchenforschungs-                                                                  machen.
zentrum CERN bei Genf ver-
                                                                                                „WIMPs passen sehr gut ins derzeitige Bild
suchen Physikerinnen und
Physiker hingegen, WIMPs                                                                   der Kosmologie“, sagt Joachim Mnich, Direktor für
in energiereichen Kollisionen                                                              Teilchenphysik bei DESY. „Außerdem sagen man­
direkt zu erzeugen.                                                                        che Theorien vorher, dass es Teilchen mit genau
                                                                                           solchen Eigenschaften geben müsste.“ Die wohl
Seit 2016 späht der Detektor                                                               gängigste dieser Theorien heißt Supersymmetrie,
XENON1T rund 1400 Meter
                                                                                           kurz SUSY. Sollte sie Gültigkeit haben, würde sie
unter dem italienischen
Gran-Sasso-Massiv nach                                                                     gewisse theoretische Probleme der Teilchenphy­
WIMPs. Angeschlagen hat                                                                    sik lösen und zum Beispiel erklären, warum die
er bislang nicht, seine Aus-                                                               Gravitation so schwach ist. Nebenbei würde sie
schlussgrenzen sind jedoch
                                                                                           vielversprechende Kandidaten für die Dunkle
besser als die zuvor von LUX
gesetzten.
                                                                                           Materie liefern, zum Beispiel das Neutralino.
                                                                                           Dieses könnte sich mit dem derzeit weltgröß­
                                                                                           ten Beschleuniger herstellen lassen, dem LHC
                                                                                           am CERN. Die Strategie: Man schießt normale
                                Rund um den Globus läuft die Suche auf breiter             Materie – in diesem Fall Protonen – mit möglichst
                                Front: Teilchenbeschleuniger versuchen, Dunkle             großer Wucht aufeinander und hofft, dass ein
                                Materie gezielt zu erzeugen. Hochsensitive Detek­          wenig Dunkle Materie dabei herauskommt.
                                toren, eingebaut tief im Gebirge, lauern auf die                 Seit 2010 nimmt der Genfer Beschleuniger
                                mysteriösen Teilchen. Diverse Teleskope richten            Messdaten. Bislang aber hat er noch keinerlei
                                ihren Blick in den Himmel und fahnden dort nach            Spuren eines SUSY-Teilchens aufgespürt. Ist die
                                Spuren. In den kommenden Jahren wird eine wei­             Sache damit vom Tisch? „Nein“, meint Mnich,
                                tere Offensive beginnen: Mit einer neuen Genera­           „wir verfolgen das weiter.“ Denn zum Leidwesen

                                                                                                                                                  Bilder: Lawrence Berkeley National Laboratory; CERN; XENON1T Collaboration; DESY (Portrait)
                                tion an Instrumenten unternimmt die Fachwelt               der Fachwelt verrät die Theorie der Supersymme­
                                den nächsten Anlauf.                                       trie nicht, wie schwer solche SUSY-Teilchen sein
                                                                                           könnten – was die Physiker weitgehend im Dun­
                                                                                           keln tappen lässt. „Deshalb lohnt es sich, weiter
                                    „WIMPs passen                                          nach diesen Teilchen zu suchen“, betont Mnich.
                                                                                           „Doch um die Chancen zu maximieren, etwas zu
                                     sehr gut ins                                          finden, müssen wir möglichst viele Kollisionen
                                     derzeitige Bild der                                   beobachten.“
                                                                                                 Genau das dürfte von 2026 an möglich sein.
                                     Kosmologie“                                           Dann soll ein Upgrade des LHC dafür sorgen, dass
                                                                                           fünfmal mehr Protonen in dem 27 Kilometer gro­
                                     Joachim Mnich, Direktor für Teilchenphysik bei DESY
                                                                                           ßen Ring kollidieren – was die Chancen auf eine
                                                                                           Entdeckung deutlich erhöht.
                                Spurensuche mit dem LHC                                          Doch selbst wenn im Genfer Beschleuniger
                                Viele Experten liebäugeln mit einer speziellen             respektable Mengen an Dunkle-Materie-Teilchen
                                Klasse von Elementarteilchen – den WIMPs                   entstehen, ist es alles andere als einfach, sie auf­
                                (Weakly Interacting Massive Particles, also                zuspüren. „Diese Teilchen sind praktisch unsicht­
                                schwach wechselwirkende massereiche Teilchen).             bar“, erklärt DESY-Physikerin Sarah Heim, Leiterin
                                Verglichen mit vielen anderen Teilchen wären sie           einer Helmholtz-Nachwuchsgruppe. „Sie wech­
                                relativ schwer: WIMPs könnten soviel wiegen wie            selwirken so schwach mit Materie, dass sie den

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ZOOM

                                        Ges uch t:

                                       WIMP

                                                                                    „Diese Teilchen sind
                                      Weakly Interacting Massive
                                                                 Par ticles
                                     Masse: etwa 100 GeV

                                      μeV meV   eV   keV MeV GeV TeV
                                     Wechselwirkungsstärk
                                                                                     praktisch unsichtbar“
                                                            e: mittel
                                                                                      Sarah Heim, DESY
                                    Suchmethode: direkt,
                                                         indirekt und mit
                                    Teilchenbeschleuniger
                                                           n
                                    Besondere Eigenschaf
                                                         ten: Elementarteil-
                                    chen; kann verschied
                                    formen haben, beispi
                                                           ene Erscheinungs-       ­Impuls von einem unsichtbaren Teilchen davon­
                                                          elsweise als Neu­
                                   tralino oder Kaluza-Kl
                                                           ein-Teilchen. Als       getragen worden sein – womöglich einem Dunkle-­
                                   Neutralino wäre es das
                                                             supersymmetri­        Materie-Teilchen“, erklärt Heim.
                                   sche Partnerteilchen
                                                          der Bosonen wie dem
                                   Higgs-Teilchen und wü                                Bislang konnten die Fachleute zwar noch
                                                            rde die Theorie der
                                   Supersymmetrie bes
                                                        tätigen; als Kaluza-       keine Dunkle Materie aufspüren. „Aber immerhin
                                   Klein-Teilchen würde
                                                          es bestätigen, dass es
                                   mehr Dimensionen                                können wir schon manche Bereiche innerhalb
                                                      gibt, als wir kennen.
                                                                                   bestimmter Modelle ausschließen“, sagt die Teil-
                                                                                   chenphysikerin. Damit wissen die Forscher nun,
                                                                                   wo sie nicht mehr suchen müssen. Und was, wenn
                                Detektoren am LHC regelrecht durch die Lappen      selbst der hochgerüstete LHC ab 2026 keine Dunkle
                                gehen, zum Beispiel unserem ATLAS-Detektor.“       Materie findet? Dann dürfte die Forschergemeinde
                                     Deshalb greifen die Fachleute zu einem        auf einen größeren Nachfolger hoffen, an dessen
                                Trick: Sie analysieren die Impulse der Teilchen,   Plänen das CERN derzeit tüftelt. „Ein größerer Ring
                                die der Detektor gemessen hat. Deren Summe         mit einem Umfang von vielleicht 100 Kilometern
                                muss nämlich genauso groß sein wie die Impulse     könnte deutlich schwerere Teilchen erzeugen“, sagt
                                der ursprünglichen Kollisionspartner – quasi ein   Sarah Heim. „Das würde die Chance erhöhen, doch
                                Nullsummenspiel. „Sollten wir eine signifikante    noch SUSY-Teilchen oder andere Kandidaten für
                                Abweichung messen, müsste der fehlenden            die Dunkle Materie zu finden.“

                                                                                                                                         ATLAS ist der größte
                                                                                                                                         Detektor, der je an ei-
                                                                                                                                         nem Teilchenbeschleu-
                                                                                                                                         niger gebaut wurde.
                                                                                                                                         Er hat unter anderem
                                                                                                                                         – gemeinsam mit dem
                                                                                                                                         CMS-Detektor am LHC
                                                                                                                                         – das Higgs-Teilchen
                                                                                                                                         entdeckt. Der Universal-
                                                                                                                                         detektor fahndet jedoch
                                                                                                                                         auch nach Teilchen
                                                                                                                                         der Dunklen Materie.
Bilder: CERN; DESY (Portrait)

                                                                                                                                                         17
femto 02/19                                                                                                                                ZOOM

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                                                                                             Auch Torben Ferber, ebenfalls Leiter eine Helm­
               Lichtteilchen                                                                 holtz-Nachwuchsgruppe bei DESY, fahndet per
                                                                                             Beschleuniger nach den Exoten. Allerdings sucht
                          Hintergrund                                                        er sein Glück nicht beim LHC, sondern mit einer
                                                                                             kleineren, ganz neuen Maschine: SuperKEKB liegt
                                                                                             in Japan, hat einen Umfang von drei Kilometern
                                                                                             und feuert anders als der Genfer Gigant keine
                                                                                             Protonen aufeinander, sondern Elektronen und
                                                                                             deren Antiteilchen, die Positronen. Die Kollisions­
                                                                                             energie ist so abgestimmt, dass ein sogenanntes
                                                                                             ϒ-Teilchen entsteht. Dieses zerfällt nach ­seiner
                                                                                             Erzeugung flugs wieder – und zwar in zwei
                                                                                             B-Mesonen.
                                                                                                  „Deshalb bezeichnen wir die Anlage auch
                                                                               Hintergrund   als B-Fabrik“, sagt Ferber. „Im Vergleich zum LHC
                                                                                             sind die Kollisionen bei uns viel sauberer, was
                                                                                             sehr präzise Messungen erlaubt.“ Hinzu kommt:
                                                                                             Der japanische Beschleuniger schießt extrem
                       Hintergrund                                                           viele Teilchen aufeinander, spuckt also eine
                                                                                             enorme Zahl an Messdaten aus – was die Präzi­
                                                                                             sion nochmals erhöht. „Pro Sekunde zeichnen
 Simuliertes Dunkle-Materie-Ereignis im Detektor Belle II. Der rot-blaue Cluster
 stammt von einem Lichtteilchen, das simulierte Dunkle-Materie-Teilchen ist unsicht-         wir 30 000 Ereignisse auf“, erklärt Ferber. „Das
 bar und auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Detektor entkommen.                        sind bis zum geplanten Ende des Projekts 50-mal
                                                                                             mehr Daten als beim Vorgängerexperiment.“
                                                                                                  Im April begann das offizielle Experimen­
                                                                                             tierprogramm – ein Teil davon widmet sich der
„Das wäre zumindest ein                                                                      Suche nach Dunkler Materie. „Wir versuchen, sie
                                                                                             direkt zu erzeugen“, so Ferber. „Dabei suchen wir
 indirekter Hinweis auf die                                                                  nach relativ leichten Teilchen, etwa so schwer wie

 Existenz von Dunkler Materie“                                                               ein Proton.“ Um die Exoten dingfest zu machen,
                                                                                             werden die Fachleute nach einem bestimmten
 Torben Ferber, DESY                                                                         ­Signal in ihrem Detektor namens Belle II Ausschau

Der Detektor Belle hat
in seiner Laufzeit von
1999 bis 2010 knapp
800 Millionen Paare von
B-Mesonen registriert. Am
Nachfolger Belle II (rechts)
sollen es rund 40 Milliar-
den werden. Der Detektor
am japanischen Teilchen-
beschleuniger ­SuperKEKB
ist rund 7 ­Meter hoch und
7,5 ­Meter lang.
                                                                                                                                                   Bilder: KEK; Belle II Collaboration (Grafik)

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femto 02/19                                                                                                                                                  ZOOM

                                                                  Federica Petricca
                                                                  leitet die CRESST-
                                                                  Gruppe am Münchener
                                                                  Max-Planck-Institut
                                                                  für Physik.

                                    halten – ein kurzer Lichtblitz und sonst nichts.
                                    Ebenso könnte es aber auch sein, dass die Dunkle
                                    Materie – quasi hinter den Kulissen – in die
                                    Zerfälle der ϒ-Teilchen reinfunkt und dadurch für
                                    winzige Abweichungen in den Messdaten sorgt.
                                    „Das wäre zumindest ein indirekter Hinweis auf
                                    die Existenz von Dunkler Materie“, sagt Ferber.

                                    Die Höhlen-Detektoren
                                    Eine andere Klasse von Experimenten kommt
                                                                                                      Das Experiment Cryogenic Rare Event Search with Superconducting Thermometers
                                    ohne Beschleuniger aus: Es sind Detektoren, die                   (CRESST) späht 1400 Meter tief im italienischen Gran-Sasso-Massiv nach winzigen
                                    herumgeisternde Dunkle-Materie-Teilchen direkt                    Temperaturschwankungen, die durch eine seltene Kollision eines Dunkle-Materie-­
                                    aufschnappen wollen. Man findet sie in speziellen                 Teilchens ausgelöst werden können. Arbeiten am zentralen Detektorteil müssen
                                                                                                      unter Reinraumbedingungen stattfinden.
                                    Orten – in Laboren, tief eingegraben in einen Berg.
                                    „Dadurch lässt sich die allgegenwärtige kosmische
                                    Strahlung abschirmen, die die Messungen sonst
                                    empfindlich stören würde“, sagt Federica Petricca
                                    vom Max-Planck-Institut für Physik in München.           wiegt 25 Gramm und ist nur wenig größer als ein
                                    Sie ist die Sprecherin eines Experiments namens          Zuckerwürfel. Um sie gegen die natürliche radio­
                                    CRESST, das im Gran-Sasso-Labor in Italien steht –       aktive Strahlung des Felsgesteins abzuschirmen,
                                    1400 Meter tief in einem Bergmassiv.                     stecken die tiefgekühlten Kristalle hinter dicken
                                                                                             Schutzschichten aus Polyethylen, Blei und Kupfer.
                                                                                             „Da wir nach sehr seltenen und schwachen Ereig­
                                      „Da wir nach sehr                                      nissen schauen, müssen wir unser Experi­

                                       seltenen und schwachen                                ment bis ins letzte Detail verstehen“,
                                                                                             betont Petricca.
                                       Ereignissen schauen,                                        Seit Jahren lauert CRESST auf
                                                                                                                                                     Ge su ch t:

                                       müssen wir unser Expe-                                Dunkle Materie. „Gefunden haben wir                     FIMP
                                                                                             noch nichts“, erzählt die Physikerin.
                                       riment bis ins letzte                                 „Aber es ist uns gelungen, einen be­
                                       Detail verstehen“                                     stimmten Massebereich auszuschlie­
                                                                                             ßen.“ Nun plant das CRESST-Team,
                                        Federica Petricca , Max-Planck-Institut für Physik                                                      Feebly Intera
                                                                                                                                                              cting Massiv
                                                                                             seinen Detektor im kommenden                                              sivee Parti
                                                                                                                                                                               rticclle
                                                                                                                                                                                      ess
                                                                                                                                               Mas se: im
                                                                                                                                                          GeV-Bereich
                                                                                             Jahr von zehn auf bis zu 100 Mo­
                                                                                                                                                μeV meV      eV
                                    Das Prinzip: Trifft ein Dunkle-Materie-Teilchen          dule aufzustocken. Dies sollte die                                    keV MeV Ge
                                                                                                                                                                              V TeV
                                                                                                                                              Wechselwirk   irku
                                    auf den Detektor, könnte es an einem der Atom­           Messempfindlichkeit signifikant                                    unng
                                                                                                                                                                   gsss
                                                                                                                                                                      sttä
                                                                                                                                                                         ärrk
                                                                                                                                                                            kee:: supers
                                                                                                                                                                                            chwach
                                    kerne gestreut werden. Der daraus resultierende          erhöhen, ähnlich wie es auch                     Suchmet
                                                                                                                                                         hode : wegen
                                                                                                                                              Wechshse                      ih   rer schwache
                                                                                                                                                       ellw
                                                                                                                                                          w irkung m                               n
                                    Rückstoß würde sich durch einen winzigen                 bei anderen Detektoren dieser                   Uni
                                                                                                                                             U niv
                                                                                                                                                 veerrssu mss se          it de m Rest
                                                                                                                                                                                             de s
                                                                                                                                             au         um      sehr
                                                                                                                                                                   hr sc
                                                                                                                                                                       sc hw
                                                                                                                                                fz
                                                                                                                                            ­aufzu us pü  re              hw    er
                                                                                                                                                                                er  biss gar nic
                                                                                                                                                                                    bi
                                    Wärmeeintrag im Detektor verraten. „Um diesen            Art vorgesehen ist – bei Anlagen               -dne
                                                                                                                                                    sp        n
                                                                                                                                                        ür . Ei
                                                                                                                                               irekte Enen
                                                                                                                                                               . Eine
                                                                                                                                                                    nziklgeeikl  eiCh
                                                                                                                                                                                   ne an
                                                                                                                                                                                              nichhtt
                                                                                                                                            ei                                ne        Chceanau
                                                                                                                                            XENOdiNre    ktetdEnectd
                                                                                                                                                                   kuec
                                                                                                                                                                      ng                       cefauf
                                    messen zu können, müssen wir CRESST bei                  wie XENON1T, LUX-Zeplin und                              1T-Exper           kuhngätte   da  s
Bilder: MPI für Physik, A. Eckert

                                                                                                                                            X ENON1T                iment in It   hä  tte  da
                                                                                                                                           Be ndere
                                                                                                                                                          -Experim      ent in Ital  alien. s
                                    extrem tiefen Temperaturen betreiben“, erläutert         SuperCDMS.                                    Be sond        Eigenschaf                   ien.
                                                                                                                                           Teso     er
                                                                                                                                              ilchen.  e  Ei ge          te n:
                                                                                                                                                                nschaften: extrem sc
                                    Petricca. „Und zwar bei zehn Millikelvin, also                                                         Teilc hen                           extrem sche    heues
                                                                                                                                                                                                  ues
                                    zehn tausendstel Grad über dem absolutem
                                    Temperaturnullpunkt.“
                                          Als Detektormaterial kommen zehn Kris­
                                    talle aus Kalziumwolframat zum Einsatz. Jeder

                                                                                                                                                                                                        19
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              Tscherenkow-Teleskope wie
              das geplante CTA spähen nach
              dem schwachen blauen Leuch-
              ten sogenannter Luftschauer
              in der Erdatmosphäre. Das
              sind Teilchenkaskaden, die von
              energiereichen Atomkernen
              und Gammaquanten aus dem
              Kosmos ausgelöst werden,
              wenn sie mit Molekülen der
              Atmosphäre kollidieren. Aus
              der Beobachtung dieses
              Tscherenkow-Lichts lässt sich
              die Herkunftsrichtung eines
              Gammaquants rekonstruieren.

                                               Bild: DESY, Science Communication Lab

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                                                                                                                                                                         Rund um unsere
                                                                                                                                                                         Heimatgalaxie, die
                                                                                                                                                                         Milchstraße, existiert
                                           Signale aus dem Nachthimmel                                                                                                   vermutlich ein Halo
                                           Eine andere Strategie verfolgt man bei DESY in                                                                                aus Dunkler Materie,
                                           Zeuthen, und zwar mit CTA, jenem Verbund aus                                                                                  in dieser künstleri-
                                           Spiegelteleskopen, der in ein paar Jahren nach                                                                                schen Darstellung blau
                                                                                                                                                                         gezeichnet. Rund um
                                           Gammastrahlung aus dem All Ausschau halten
                                                                                                                                                                         unsere Sonne gibt es
                                           soll. Das Prinzip: Trifft ein hochenergetischer                                                                               dagegen möglicher-
                                           Gammablitz auf die Lufthülle der Erde, löst er                                                                                weise keine nennens­
                                           dort eine regelrechte Teilchenlawine aus. Die                                                                                 werten Mengen
                                                                                                                                                                         Dunkler Materie, wie
                                           wiederum ruft blaue Lichtblitze hervor, Tscheren­
                                                                                                                                                                         Messungen zeigen.
                                           kow-Licht genannt. Mehrere ­Teleskope, verteilt
                                           über ein Areal, fangen dieses Licht auf. Anschlie­
                                           ßend lässt sich aus den Messdaten rekonstru­
                                           ieren, woher der Gammablitz kam und welche
                                           Energie in ihm steckte.

                                                                                                erzeugt worden sein. „Stephen Hawking hat her­
                                            „Auch Teilchen der                                  ausgefunden, dass Schwarze Löcher verdampfen
                                             Dunklen Materie ­könnten                           können und mit der Zeit immer kleiner werden“,
                                                                                                erklärt Maier. „Unmittelbar am Ende ihres Lebens
                                             Gammastrahlung                                     könnten sie so heiß sein, dass sie Gammastrah­

                                             produzieren“                                       lung abgeben. Nach diesen Signalen halten wir
                                                                                                Ausschau.“
                                              Gernot Maier, DESY                                      Ebenso könnte CTA für eine weitere Kandi­
                                                                                                datenklasse empfänglich sein – sogenannte
                                           „Auch Teilchen der Dunklen Materie könnten           WISPs (siehe Beitrag „Hightech-Experiment mit                      Gernot Maier leitet die
                                           Gammastrahlung produzieren, wenn sie zerfallen       gebrauchten Magneten“, Seite 26). Diese extrem                     ­CTA-Gruppe bei DESY.

                                           oder annihilieren, sich bei einem Zusammenstoß       leichten Teilchen könnten sich durch bestimmte
                                           gegenseitig vernichten“, sagt der DESY-Physiker      Eigen­heiten im Energiespektrum verraten, so
                                           Gernot Maier. „Wenn dem so ist, sollten wir in       die Hoffnung. „Das können wir mit den heutigen
                                           jenen Himmelsregionen besonders viele Gamma­         Teleskopen nicht erkennen“, sagt Maiers Kollegin
                                           blitze beobachten, wo es eine Häufung von            Elisa Pueschel. „Doch CTA könnte dazu womög­
                                           Dunkler Materie gibt.“ Im Verdacht steht zum Bei­    lich in der Lage sein.“
                                           spiel das Zentrum unserer Galaxie. Nur: Dort ist
                                           gammamäßig auch sonst viel Betrieb, die Signale
                                           von Dunkler Materie sind womöglich nur schwer                                        Ge su ch t:
                                           zu erkennen.                                                                        Primordiales
                                                 Deshalb wollen die Fachleute zusätzlich                                       Schwarzes
                                           auch sogenannte spheroidale Zwerggalaxien ins                                       Loch
                                           Visier nehmen, kleinere Begleiter unserer Milch­
                                           straße. Hier entstehen kaum neue Sterne – eine
                                           Art galaktisches Altersheim. „Astrophysikalisch                                   Gruppe: MACHO, Ma
                                                                                                                                               ssive Compact Halo
                                                                                                                                                                  Objects
                                           sind sie sehr langweilig“, meint Maier. „Aber ge­                                Masse: mega-m
                                                                                                                                           assiv; im Moun
                                                                                                                            Sonnenmassenb                   t-Everest- bis
                                           rade deswegen ist es aussichtsreich, dort Dunkle                                                  ereich
                                                                                                                             μeV meV                            ...
                                           Materie aufzuspüren.“ Der Grund: Es funkt nur                                                eV    keV MeV GeV TeV

Bilder: ESO, L. Calçada, CC BY 4.0; DESY

                                           wenig dazwischen. Würde man Gammablitze                                           Wechselwirkung
                                                                                                                                            sstärke: grav ita
                                                                                                                            über die Schwerk                 tiv, also nur
                                           finden, würden sie mit einiger Wahrscheinlichkeit                                                   raft – sehr schw
                                                                                                                                                                  ach
                                           von Dunkler Materie stammen.                                                     Suchmethode: mi
                                                                                                                                             t Hilfe von Teles
                                                                                                                            über den Gravita                   kopen
                                                Auch andere Kandidaten könnten sich                                                          tionslinseneffe
                                                                                                                           Verschmelzung                      kt; bei
                                                                                                                                            mit Gravitations
                                           Gammateleskopen zeigen – etwa die Spuren                                        lendetektoren;                      wel­
                                                                                                                                           beim Zerstrahlen
                                                                                                                           Gammatelesko                        mit
                                           sogenannter primordialer Schwarzer Löcher. Sie                                                 pen.
                                                                                                                          Besondere Eigen
                                           sind deutlich kleiner als jene Schwarzen Löcher,                                               schaften: muss ga
                                                                                                                          früh im Universu                    nz
                                                                                                                                             m entstanden se
                                           die durch den Kollaps sterbender Sterne entste­                                Einziger Kandida                      in.
                                                                                                                                            t jenseits der We
                                                                                                                          Elementarteilch                      lt der
                                           hen, und müssten unmittelbar nach dem Urknall                                                  en.

                                                                                                                                                                                             21
femto 02/19                                                                                                                                      ZOOM

                                   Bereits heute gibt es drei Gammaobservatorien                 ist zu 25 Prozent Anteilseigner bei CTA – und
                                   auf der Welt – VERITAS in Arizona, MAGIC auf den              damit stark in das Großprojekt involviert. „Unter
                                   Kanaren und H.E.S.S. in Namibia. Doch während                 anderem kümmern wir uns um die Kamera­
                                   sie aus maximal fünf Einzelteleskopen ­bestehen,              entwicklung für die kleinen Teleskope und die
                                   sollen es bei CTA rund 100 sein. Die größten                  Entwicklung der Steuerungssoftware“, sagt
                                   werden einen Spiegeldurchmesser von 23 Metern                 Stegmann. „Außerdem wird DESY in Zeuthen
                                   besitzen, dazu kommen mittlere und kleine Teles­              Sitz des Science Data Management ­Centre sein,
                                   kope, jeweils spezialisiert auf unterschiedliche              der Neubau ist bereits in Planung.“ Und: DESY
                                   Energiebereiche. Um den gesamten Himmel im                    ist feder­führend für den Bau der insgesamt
                                   Auge zu haben, sind zwei Standorte geplant – ein              40 mittel­großen Teleskope.
                                   kleinerer auf der Kanareninsel La Palma, ein
                                   größerer auf der Südhalbkugel in Chile, auf einer
                                   Fläche groß wie 100 Fußballfelder.                             „Ich erwarte mir
                                          „Ich erwarte mir eine Revolution unse­
                                   res Weltbilds, denn mit CTA können wir alles
                                                                                                   eine Revolution
                                   zehnmal besser machen als mit den bisherigen                    unseres Weltbilds“
                                   Teleskopen“, sagt Christian Stegmann. Bei DESY
                                                                                                    Christian Stegmann, DESY
                                   ist er Direktor des neuen Bereichs Astroteilchen­
                                   physik, der Anfang 2019 gegründet wurde. DESY
Christian Stegmann ist                                                                           Den Prototyp in Berlin-Adlershof hat Markus
Direktor für Astroteil-                                                                          Garczarczyk vorsichtshalber wieder in die sichere
chenphysik bei DESY.
                                                                                                 Parkposition gefahren – ein wenig lugt die Sonne
                                                                                                 hinter den Wolken hervor. Der Physiker zeigt auf
                                            Ge su ch t:                                          den zwölf Meter großen Reflektor. Der erinnert
                                             Axion                                               an einen übergroßen Rasierspiegel. Allerdings
                                                                                                 besteht er nicht aus einem Stück, sondern
                                                                                                 aus ­Dutzenden von Einzelspiegeln, Stückpreis
                                                                                                 2500 Euro, angeordnet in einer Bienenwaben­
                                                                                       rticles   struktur. Sie bündeln das Licht auf eine 16 Meter
                                                            Weakly Interacting Slim Pa
                                              Gruppe: WISP,                                      entfernte Spezialkamera. „Insgesamt werden wir
                                                                        1 meV
                                                            hen 0,1 und
                                             Masse: zwisc
                                                                           TeV                   mehr als 4000 dieser Spiegel bauen“, sagt Gar­
                                                          eV   keV MeV GeV
                                              μeV meV                                            czarczyk. „Das ist in angemessener Zeit nur als
                                                                             rschwach
                                                               gsstärke: supe
                                              Wechselwirkun                                      Massenproduktion zu schaffen.“
                                                                          l mit ALPS II
                                                            zum Beispie                               Seit 2013 ist der Prototyp in Betrieb. Seitdem
                                              Suchmethode:
                                              bei DESY                                           haben die Forscher gemeinsam mit internatio­
                                                                            nn durch die
                                                            enschaften: ka
                                              Besondere Eig         h im   M agnetfeld in        nalen Partnern das Teleskop für die Serienferti­
                                                            und sic                          s
                                               Wand gehen              or isc h gar nicht al
                                                             deln. Hist                          gung vorbereitet, Kosten reduziert und Fehler
 Gesucht:                                      Licht verwan                 geda ch t, würde
                                                           erie-Teilchen
                                               Dunkle-Mat                    obleme mit          ausgemerzt. „Wir haben unzählige Tests mit den
 Gravitino                                     also zwei ph
                                                            ysikalische Pr
                                                              schlagen  .
                                                einer Klappe                                     Spiegeln gemacht und verschiedene Versionen
                                                                                                 getestet“, sagt Garczarczyk und zeigt auf einen
                                                                                                 Lagerplatz in der Ecke: „Da liegen alte Spiegel,
                                                                                                 die zum Teil bei den Tests kaputtgegangen sind.“
 Gruppe: SUSY, Supersymmetric Particles                                                          Demnächst sollen die ersten Teleskope auf La
Masse: im GeV- bis TeV-Bereich                                                                   Palma aufgebaut werden, später dann in Chile.
μeV meV     eV   keV MeV GeV TeV                                                                 Der Großteil der Teleskope soll 2025 fertig sein –
Wechselwirkungsstärke: superschwach                                                              und dann unter anderem nach Gammaspuren
                                                                                                 von Dunkler Materie Ausschau halten.
Suchmethode: wegen seiner schwachen
Wechselwirkung mit dem Rest des Univer­
sums sehr schwer aufzuspüren. Es könnte                                                          Suche am Südpol
allerdings sehr langsam in Lichtteilchen
und Neutrinos zerfallen, was mit Gamma­                                                          Eine andere Art von Teleskop findet sich an einem
teleskopen nachweisbar wäre.                                                                     höchst exotischen Ort – dem Südpol. Dort lauert
Besondere Eigenschaften: supersymmetri­                                                          IceCube auf Neutrinos – überaus fadenschei­
sches Partnerteilchen des Gravitons
                                                                                                 nige Geisterteilchen aus dem All, die über ferne
                                                                                                 Gewaltprozesse Auskunft geben können. Höchst
                                                                                                                                                        Bild: DESY

                                                                                                 selten stößt so ein Neutrino mit einem Atomkern
                                                                                                 im drei Kilometer dicken Eispanzer zusammen.

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