KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung

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KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
HUMBOLDT
Nr. 112 / 2021

                      KOSMOS      Forschung – Diplomatie – Internationalität

                    LISH
                 ENG ON:                                                       EXTREMER AUFSTIEG
                    SI
                 VER SE                                                        Aus dem Arbeiterhaushalt
                      A
                  PLE VER                                                            in die Wissenschaft
                     NO
                 TUR
                                                                                  EXTREME KOSTEN
                                                                                Wer am Ende für Gewalt
                                                                                        bezahlen muss

                   #ProgressDiversity
                            Weshalb Wissenschaft mehr Vielfalt braucht
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
HUMBOLDTIANER*INNEN PERSÖNLICH

                                                       DIVERSITÄT ALS
                                                       SELBSTVERSTÄND­
                                                       LICHKEIT: Serge
                                                       Fobofou inmitten
                                                       seiner Kolleg*innen an
                                                       der Harvard Medical
                                                       School auf einem
                                                       Bootsausflug in Boston

               IN DEN USA
               FRAGT MICH
               NIEMAND,
               WO ICH HERKOMME
                Ich bin in Kamerun geboren und aufgewachsen. In               Papier oder so schwarz wie Tinte sind. Nur die Pigmen-
                Deutschland lebe ich seit 2011. Wenn mich hier jemand         tierung unserer Haut ist unterschiedlich. Aber die sollte
                fragt, woher ich komme, kann das ehrliches Interesse sig-     keine Rolle spielen.
                nalisieren. Wenn diese unschuldige Frage aber auf Stereo-         Leider muss ich sagen, dass vielen Menschen gar nicht
                typen basiert oder dadurch ausgelöst wird, dass ich anders    bewusst ist, dass „schwarz“ mit negativen kulturellen
                aussehe, kann die Botschaft mitschwingen, dass ich nicht      Zuschreibungen verknüpft ist. Zum Beispiel werden in
                hierher gehöre. Und das verletzt vor allem mein Gefühl        Filmen Engel weiß dargestellt und der Teufel gewöhnlich
                der Zugehörigkeit.                                            schwarz. Solche Zuschreibungen wirken sich auch auf
                    Ich bin 2018 als Feodor Lynen-Stipendiat nach Har-        die Realität aus. Wir sollten nach Alternativen suchen,
                vard in die USA gegangen. Spitzenforschung und inno-          die die Realität angemessener beschreiben. So wird in
                vative Start-ups arbeiten dort eng zusammen. Hautfarbe        den USA auch von „kaukasischer“ oder „europäischer“
                und Herkunft spielen überhaupt keine Rolle. Diversität        Abstammung gesprochen oder es werden Zuschreibun-
                und Internationalisierung sind eine absolute Selbstver-       gen wie „afro-amerikanisch“, „afrikanisch“, „asiatisch“
                ständlichkeit. In Deutschland fällt mir auf, dass wenige      oder „Latino“ benutzt.
                Professor*innen aus dem Ausland stammen. An der Basis,            Unsere multikulturelle und diverse Welt ist ein Segen.
                unter den Studierenden, ist durchaus Diversität vorhanden,    Diese Diversität in allen Bereichen der Gesellschaft zu
                an der Spitze aber sitzen zumeist Einheimische. Als Bewer-    verankern, endlich Rassismus und Diskriminierung hin-
                ber an einer amerikanischen Uni muss ich sogar darlegen,      ter uns zu lassen – das wird nicht nur die Wissenschaft
                wie ich zur Kultur der Vielfalt und Inklusion beitragen       voranbringen, sondern die Welt insgesamt friedlicher
                werde. In den USA fragt mich auch niemand, woher ich          machen.         Aus dem Englischen von MAREIKE ILSEMANN
                komme, es sei denn, ich habe vorher betont, dass ich kein
                Amerikaner bin. Die Menschen haben verinnerlicht, dass
                Amerikaner*innen jede Hautfarbe haben können. Aber                     DOKTOR SERGE ALAIN FOBOFOU
                auch in den USA ist natürlich nicht alles perfekt. Man                 ­TANEMOSSU promovierte in Chemie am
                denke nur an den strukturellen Rassismus, gegen den sich               Leibniz-­Institut für Pflanzenbiochemie in Halle
                die Bewegung Black Lives Matter richtet.                               und an der M
                                                                                                  ­ artin-Luther-Universität Halle-
                    Meiner Meinung nach ist es grundsätzlich ein Problem,              Witten­berg. Serge Fobofou war Feodor Lynen-
                Menschen nach ihrer Hautfarbe zu kategorisieren. Auch                  Forschungs­stipendiat an der Harvard Medical
                als Merkmal für Diversität. Es fängt schon damit an, dass              School, USA. Heute ist er Leiter einer
Foto: privat

                die Begriffe „schwarz“ und „weiß“ unzutreffend sind. Es                Forschungs­gruppe am Institut für Pharma­
                gibt schlicht keine Menschen, die so kalkweiß wie ein Blatt            zeutische Bio­logie der TU Braunschweig.

                                                               HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                    3
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
EDITORIAL                                                                INHALT
Foto: Henning Mack

                     Liebe Leser*innen,

                     gemischte Teams sind produktiver und kreativer,
                     auch in der Forschung. Aus Gegensätzen und
                     unterschiedlichen Perspektiven entstehen am
                     Ende oft die besten Ideen.

                                                                                                                  06
                          Warum ich Ihnen mit diesen Selbstverständ-
                     lichkeiten komme? Weil von Diversität zwar
                     viel geredet wird, aber die Vielfalt immer mehr
                     ab­­nimmt, je weiter es nach oben geht in den
                     Karriere­etagen der Wissenschaft – in Deutsch-
                     land, aber auch in vielen anderen Ländern. Weil
                     uns als Humboldt-Stiftung das Thema Diversität
                     wichtig ist, haben wir ihm diese Kosmos-Aus-
                     gabe komplett gewidmet. Wer sich inter­­national
                     umschaut, stellt fest, dass Diversität von Land
                     zu Land oft ganz Unterschiedliches meint. Geht
                     es um Ge­­schlechter, soziale Herkunft, Fächer,                          03 HUMBOLDTIANER*INNEN PERSÖNLICH
                     ­Ethnien, Behinderungen oder Alter?                                      	In den USA fragt mich niemand, wo ich h
                                                                                                                                      ­ erkomme
                          So verschieden die Definitionen sind, so
                     unterschiedlich sind die Herausforderungen.                              06 NACHGEFRAGT
                     Das zeigen die Analysen in diesem Heft eben­so                           	Humboldtianer*innen erzählen ihre persönliche
                     wie die persönlichen Geschichten aus unserem                                Geschichte
                     Netzwerk.
                          Wir wollen das Thema über dieses Heft hin-
                     austragen und starten dazu eine Kampagne
                     auf Twitter. Lassen Sie uns diskutieren! Wir
                     freuen uns, wenn Sie Ihre Meinung oder eigene
                     Geschichte teilen unter #ProgressDiversity.
                          Erstmals in diesem Heft benutzen wir den
                     so­­genannten Genderstern, um alle Geschlechter
                     zu adressieren. Auch hierzu sind wir an Ihrer
                     Meinung interessiert.                                                    TITELFOTO   Getty Images / Flaming Pumpkin

                     Viel Spaß beim Lesen und bleiben Sie gesund!

                     GEORG SCHOLL
                     Chefredakteur

                     4                                                  HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
Illustration: Humboldt-Stiftung / Martin Rümmele, Fotos: Adobe Stock (Früchte), Humboldt-Stiftung / Elbmotion
                                                 MACHEN SIE MIT

                         12                                                                         24
       SCHWERPUNKT

12 Ein Hoch auf die Vielfalt                                                        24    FORSCHUNG HAUTNAH
	Eine Weltreise auf den Spuren der Diversität                                            Die versteckten Kosten der Gewalt

16 Bloß keine Monokultur in der deutschen Wissenschaft                              26    DEUTSCHLAND IM BLICK
	Gastkommentar des Wissenschaftsjournalisten                                             Aufsteigen schwer gemacht
   Jan-Martin Wiarda
                                                                                    30    NACHRICHTEN
21 „Wir können nicht einfach sagen, die Welt ist halt so!“
	Interview mit Stiftungspräsident Hans-Christian Pape                              32    GESICHTER AUS DER STIFTUNG
                                                                                          Wer hinter den Kulissen dafür sorgt,
                                                                                          dass alles läuft

IMPRESSUM HUMBOLDT KOSMOS 112

HERAUSGEBERIN Alexander von Humboldt-Stiftung   PRODUKTION & GRAFIK Raufeld Medien GmbH        DRUCK Bonifatius GmbH, Paderborn
CHEFREDAKTION Georg Scholl (verantwortlich),    Nina Koch (Projektleitung),                    REDAKTIONSANSCHRIFT
Teresa Havlicek                                 Daniel Krüger (Kreativdirektion),              Alexander von Humboldt-Stiftung
REDAKTION Ulla Hecken, Mareike Ilsemann,        Carolin Kastner ­(Art­direktion)               Redaktion Humboldt Kosmos
Lena Schnabel                                   ERSCHEINUNGSWEISE 2 × jährlich                 Jean-Paul-Straße 12, 53173 Bonn, Deutschland
ÜBERSETZUNGEN INS ENGLISCHE                     AUFLAGE DIESER AUSGABE 44 000                  presse@avh.de, www.humboldt-foundation.de
Dr. Lynda Lich-Knight                                                                          ISSN 0344-0354

                                                             HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                         5
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
NACHGEFRAGT

WAS KANN SIE
AUFHALTEN,
HERR GUCK?
                                                           neu zu erfinden. Man baute dort eine neue,
                                                           interdisziplinäre Life Science auf – ich dachte,
                                                           dort werde ich alt. Doch dann entstand der
                                                           Kontakt zum Erlanger Max-Planck-Insti-
                                                           tut für die Physik des Lichts, wo ich seit 2018
                                                           Direktor bin.
                                                               Vorbehalte wegen des Rollstuhls sind
                                                           mir in dieser ganzen Zeit nie begegnet, eher
                                                           Unwissenheit und Übervorsicht. Ein einzi-
                                                           ges Mal ist der Rollstuhl in den Vordergrund
      Kürzlich war der 30. Jahrestag meines Unfalls.       gerückt: Im Chemiepraktikum während mei-
      Ich sitze nun schon fast doppelt so lange im         nes Vordiploms gab es Bedenken, ich könnte
      Rollstuhl, wie ich laufen konnte. Ich war in der     mir etwas über die Beine kippen und nicht
      elften Klasse, als der Unfall passierte. Nach        schnell genug reagieren können. Stattdes-
      einem halben Jahr im Krankenhaus konnte ich          sen sollte ich pro Labortag eine Theorieprü-
      zurück zur Schule, mein Abitur machen. Wäh-          fung machen, 20 insgesamt. Ich habe mich
      rend meines Physikstudiums bin ich in die            damals an den Behindertenbeauftragten der
      USA nach Austin, Texas, gegangen; ursprüng-          Uni gewandt, dann durfte ich das Praktikum
      lich für ein Jahr, aber ich bin da hängen geblie-    machen. Die Wissenschaft erlebe ich als ide-
      ben. Dort habe ich mich zur Biophysik hin ori-       ale Umgebung für Diversität. Forschung hin-
      entiert und begonnen zu erforschen, wie sich         terfragt permanent die gängigen Denkmuster.
      biologische Zellen mit Laserstrahlen einfan-         Das sorgt für Offenheit und macht es leichter,
      gen lassen. Wie und warum verformen sich             alle einzuschließen, schräge Vögel und bunte
      Zellen, insbesondere Krebszellen? Das ist bis        Hunde inbegriffen.                                 PROFESSOR DR.
      heute mein Forschungsthema.                              Für mich ist klar: Durch das Leben im          JOCHEN GUCK ist
          Nach fünf Jahren wurde es in den USA             Rollstuhl habe ich gelernt zu erkennen,            Direktor am Max-
      zunehmend unangenehm. George W. Bush                 was wirklich wichtig ist und was nur auf-          Planck-In­stitut für die
      war Präsident, nach 9/11 wurde das Klima ins-        hält. Was andere denken und für normal             Physik des Lichts, Erlan-
      gesamt deutlich unfreundlicher und aggressi-         halten? Die Frage stelle ich mir nicht. Mein       gen, und Professor für
      ver. Also bin ich als Postdoc nach Leipzig. Dort     Normal sieht ohnehin anders aus. Genauso           Biologische Opto­
      blieb ich fünf Jahre, bis mir das ­Cavendish         wenig interessiert mich, was gerade popu-          mechanik an der FAU
      Laboratory in Cambridge eine eigene For-             läre Forschungsthemen sind. Ich habe immer         Erlangen-Nürnberg.
      schungsgruppe anbot. Zurück nach Deutsch-            gemacht, was mich selbst interessiert hat.         Zuvor forschte er mit
      land bin ich 2012 gewechselt, als ich mit einer      Und das war dann schlussendlich das, was           einer Humboldt-Profes-
      Humboldt-Professur an die Technische Uni-            gesucht wurde – woran aber niemand sonst           sur an der Technischen
      versität Dresden kam. Dresden war dabei, sich        gearbeitet hat.        Text TERESA HAVLICEK       Universität Dresden.

6                                                         HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
Illustration: Humboldt-Stiftung / Martin Rümmele

HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
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KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
NACHGEFRAGT

                                                                                     finde ich es richtig, zumindest vorübergehend
                                                                                     Maßnahmen zur Frauenförderung anzuwen-
                                                                                     den. So haben wir bei uns an der Universität
                                                                                     zum Beispiel die erforderliche Zugangsnote
                                                                                     etwas gesenkt, um mehr Frauen an die Uni
                                                                                     zu bringen. Das soll etwaige Nachteile wäh-
                                                                                     rend ihrer Schulzeit ausgleichen. Genderpa-
                                                                                     rität ist ein hehres, aber fernes Ziel.
                                                                                         Ich bin immer gern in die Schule gegan-
                                                                                     gen. Meine Eltern haben nie zwischen Jun-
                                                                                     gen und Mädchen unterschieden. Neues zu
                                                                                     lernen, ist für mich ein inneres Bedürfnis.
                                                                                     Meine Maxime lautet, dass frau zumindest
                                                                                     alles versuchen muss um weiterzukommen.
                                                                                     Mir ist immer meine Zielstrebigkeit zugute­
                                                                                     gekommen, und dass ich mich von nichts
FRAU MEKONNEN,                                                                       abschrecken lasse. Ich bin stolz, als erste Frau
                                                                                     in Äthiopien 2009 den Professorinnentitel

WIE WURDEN SIE DIE                                                                   erhalten zu haben. Frauenförderung ist für
                                                                                     mich als Role Model mehr als eine Herzens-

ERSTE PROFESSORIN
                                                                                     angelegenheit. Deshalb habe ich als Lehrstuhl-
                                                                                     inhaberin die Verantwortung für das Gender
                                                                                     Office der Naturwissenschaftlichen Fakultät

ÄTHIOPIENS?                                                                          der Universität Addis Abeba übernommen.
                                                                                     Meine Tür ist bei dem Thema immer offen.
                                                                                     „Bleibt dran! Versucht alles! Seid flexibel, hart-
                                                                                     näckig und, wenn es nicht anders geht, auch
      Als ich 1988 für meine Dissertation nach                                       diplomatisch! Gebt nicht auf!“, lautet meine
      Deutschland ging, war das für eine Frau aus         PROFESSORIN DR.            Botschaft an die Frauen.
      Äthiopien absolut ungewöhnlich. Mädchen             YALEMTSEHAY                    Wenn es in meiner Macht liegt, mache ich
      durften in die Schule gehen, das ja; aber Frauen    MEKONNEN lehrt Zell-       ihnen den Weg frei. Bei Stellenbesetzungen
      in die Forschung? „Eine verheiratete Frau mit       und Humanphysiologie       würde ich eine exzellente Frau einem exzel-
      Familie gehört ins Haus“, war die traditionelle     am College of Natural      lenten Mann durchaus vorziehen. Dabei ist
      Vorstellung. Und ich ließ sogar meine halb-         ­Sciences der Addis        wichtig zu wissen, dass in Äthiopien und
                                                                                                                                          Illustration: Humboldt-Stiftung / Martin Rümmele

      wüchsigen Kinder bei meinem Mann zurück.            Ababa University,          anderen Ländern Afrikas Frauenförderung
      Zum Glück haben er und meine Familie mich           ­Äthiopien. Von 2001 bis   nicht nur etwas mit ideellen Werten wie Viel-
      immer unterstützt.                                  2002 war sie als Georg     falt, Geschlechtergerechtigkeit und individu-
          Inzwischen ist einige Zeit vergangen            Forster-Forschungs­        eller Selbstbestimmung zu tun hat. Teilhabe
      und seitdem hat sich in Äthiopien, was Bil-         stipendiatin an der        an höherer Bildung ist schlichtweg eine gesell-
      dung und Karriere für Frauen betrifft, viel         Martin-Luther-Univer­      schaftliche Notwendigkeit. Wir brauchen gut
      getan. Mittlerweile sind 30 Prozent der             sität Halle-Witten­berg.   ausgebildete Frauen in qualifizierten Beru-
      Studienanfänger*innen Frauen. Leider bre-                                      fen, um unser Land technologisch und gesell-
      chen viele ihr Studium mit der Eheschließung                                   schaftlich weiterzuentwickeln. Frauen sind
      ab. Da geht so viel Potenzial verloren! Deshalb                                unsere Zukunft!  Text MAREIKE ILSEMANN

8                                                        HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
WIE STEINIG
                                                   WAR DER WEG IN
                                                   DIE HÖHEN DER
                                                   MATHEMATIK,
                                                   FRAU PYAKUREL?
                                                     Ich bin in dem kleinen Dorf Kalika 3 aufge-
                                                     wachsen. Es liegt auf einer Ebene im Himalaja,
                                                     rund 70 Kilometer östlich von Nepals Haupt-
                                                     stadt Kathmandu. Vom Dorf aus blickt man
                                                     auf das Gebirgsmassiv Jugal Himal; ins Tal
                                                     hinunter erstreckt sich ein Wald zum Fluss
                                                     Sunkoshi. Wir lebten völlig abgeschnitten von
                                                     der Außenwelt. Es gab weder Strom noch eine
                                                     Verkehrsanbindung. Wenn ich abends lesen
                                                     wollte, musste ich mir mit einer Kerosinkerze
                                                     behelfen. Es war wahrlich nicht vorherzuse-                                  lassen. Doch das sollte nicht die letzte Hürde
                                                     hen, dass ich einmal eine akademische Kar-       PROFESSORIN DR.             gewesen sein.
                                                     riere machen würde.                              URMILA PYAKUREL                 Zur weiterführenden Schule waren es zwei
                                                        Meine Eltern Mana Maya und Devi Nath          forscht und unterrichtet    Stunden Fußweg in die Berge. Hinaufzustei-
                                                     Pyakurel bauten Gemüse, Reis und Hirse           am Central Department       gen war anstrengend, der Abstieg aber lebens-
                                                     an. Wir hatten zehn Ziegen, fünf Büffel und      of Mathematics der          gefährlich, vor allem, wenn es regnete. Ich war
                                                     drei Kühe sowie vier Ochsen für den Pflug,       Tribhuvan University in     ab der vierten Klasse jedes Jahr Klassenbeste.
                                                     die Kaluwa, Bichya, Tare and Phurke hießen.      Kathmandu, Nepal. Sie       In der achten Klasse durfte ich als einzige*r
                                                     Wir lebten von dem, was die Farm hergab.         war von 2017 bis 2019       Schüler*in aus meinem Bezirk an einer Stu-
                                                     Nur manchmal verkauften wir etwas Ghee           Humboldt-Forschungs­        dientour nach Japan teilnehmen. Zum ersten
                                                     oder Ziegenfleisch, um Kleidung oder Medi-       stipendiatin an der TU      Mal war mein Vater beeindruckt. Von da an
                                                     kamente zu kaufen. Als jüngstes von zwölf        Bergakademie Freiberg.      ermutigte und unterstützte er mich. Nur als ich
                                                     Kindern blieb mir die Hofarbeit erspart. Aber                                an die Universität wollte, musste ich noch ein-
                                                     samstags, wenn keine Schule war, hütete ich                                  mal kämpfen. Wieder hätten es meine Eltern
                                                     im Wald die Kühe und Ziegen.                                                 lieber gesehen, wenn ich geheiratet hätte. Dies-
Illustration: Humboldt-Stiftung / Martin Rümmele

                                                        Dann saß ich den ganzen Tag am Fluss und                                  mal hat sich mein Cousin für mich eingesetzt.
                                                     gab mich meinen Tagträumen hin. Ich war                                          Die Mathematik faszinierte mich schon als
                                                     ungefähr elf oder zwölf Jahre alt und spürte                                 Schülerin. Einen besonderen Ansporn bekam
                                                     eine große Dunkelheit in meinem Leben. Ich                                   ich auch vom Mathelehrer. Nicht, dass er mir
                                                     wollte weg, weiter zur Schule gehen und die                                  etwas beibringen konnte; er strafte mich mit
                                                     Welt sehen. Aber zu dem Zeitpunkt waren                                      Missachtung: Ein Mädchen, das gut in Mathe
                                                     meine Eltern auf der Suche nach einem Jun-                                   ist, das konnte nicht sein. Damit hat er mich
                                                     gen für mich. Kinderehen waren damals noch                                   erst recht motiviert. Heute ist die Mathematik
                                                     üblich. Doch meine Brüder überzeugten mei-                                   mein Leben. Es hätte nicht besser laufen kön-
                                                     nen Vater, mich weiter zur Schule gehen zu                                   nen.                 Text MAREIKE ILSEMANN

                                                                                                       HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                      9
KOSMOS - Alexander von Humboldt-Stiftung
NACHGEFRAGT

                                                                                    geforscht. Ihnen geht es ähnlich wie meinem
                                                                                    Mann. In Berlin hat sich aber eine queere rus-
                                                                                    sische Diaspora entwickelt, in der die natio-
                                                                                    nale Identität, Traditionen und Feste gelebt
                                                                                    werden können – ohne die eigene sexuelle
                                                                                    Identität leugnen zu müssen. Im Kontakt mit
                                                                                    anderen russischen Migrant*innen wäre das
                                                                                    schwieriger.
                                                                                         Besonders beeindruckt hat mich die
                                                                                      Geschichte einer Frau, die aus Angst vor
                                                                                      ihrer Familie geflohen war. Sie hatte große
                                                                                    Sorge, ihre Bedrohung gegenüber den deut-
                                                                                    schen Behörden nicht ausreichend nachwei-
                                                                                    sen zu können, weil sie es nicht gewagt hatte,
                                                                                    sich in Russland zu outen. Solche Nöte haben

HERR MOLE,
                                                                                    viele queere Frauen: Sie erleben Diskriminie-
                                                                                    rung oft innerhalb der Familie, versteckt hin-
                                                                                    ter verschlossenen Türen, anders als beispiels-

WIE ERGEHT ES                                                                       weise politische Aktivist*innen, die öffentlich
                                                                                    verfolgt werden.

QUEEREN MENSCHEN
                                                                                         Ich selbst lebe seit meinem Studium in
                                                                                      Cambridge offen schwul. Ich hatte dadurch
                                                                                      nie Probleme. Akademiker in Großbritan-

IM EXIL?                                                                            nien zu sein, ist eine ziemlich liberale Ange-
                                                                                    legenheit. Auch als Humboldtianer war meine
                                                                                    sexuelle Orientierung kein Thema. Während
                                                                                    meines Forschungsaufenthalts in Berlin haben
      Schon als Kind habe ich mich gefragt, wie                                     mein Mann und ich selbstverständlich die
      Menschen in unterschiedlichen Gesellschaf-          PROFESSOR DR.             gleichen Stipendienzulagen bekommen wie
      ten zusammenleben und warum in anderen              RICHARD C. M. MOLE        Hetero-Paare.
      Ländern manches so anders ist, als ich es aus       vom University College         Natürlich geht es queeren Aka­      d emi­
      Großbritannien kenne. Das brachte mich zur          London, Vereinigtes         ker*innen nicht überall so wie mir. Viele
      Sozialwissenschaft. Auf mein heutiges For-          Königreich, war 2011/12   suchen daher Jobs in liberalen Ländern. Was
      schungsthema kam ich durch meinen Mann:             und 2016 Humboldt-        wir in unseren akademischen Diskussionen
                                                                                                                                        Illustration: Humboldt-Stiftung / Martin Rümmele

      Warum verlassen queere Menschen – also Les-         Forschungsstipendiat in   aber nicht vergessen dürfen: Die Hürden, um
      ben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle –       Berlin. Ein dabei ent-    freiwillig migrieren zu können, sind sehr
      ihre Herkunftsländer?                               standener Aufsatz         hoch. Es braucht sehr gute Qualifikationen,
         Mein Mann ist Peruaner. Als wir uns              wurde 2020 von der        außerdem ein gewisses Kapital. Darüber
      in London kennenlernten, fragte ich, ob er          British Association for   ­verfügen längst nicht alle Menschen. Diese
      peruanische Bekannte in der Stadt habe. Er          Slavonic and East Euro-    ­werden leicht übersehen. Ihre Geschichten
      sagte, nein, das wolle er nicht – aus Angst, sie    pean Studies aus­           höre ich beispielsweise bei meinen Forschun-
      könnten ähnlich homophob sein, wie er es in         gezeichnet.                 gen zur Situation im Exil nicht. Deshalb ist es
      Peru erlebt hat. In Berlin habe ich dann zur                                    wichtig, dass auch in den Heimatländern
      Situation queerer russischer Migrant*innen                                      geforscht wird.       Text TERESA HAVLICEK

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FRAU OMBAKA,
                                                   WIE IST ES ALS
                                                   ALLEINERZIEHENDE
                                                   FORSCHERIN?
                                                    Meine Geschichte begann vor vier Jahren. In
                                                    meinem Leben geschahen drei Dinge gleich-
                                                    zeitig: An der Uni in Kenia bot man mir einen
                                                    neuen Job an, ich erhielt ein Stipendium der
                                                    Humboldt-Stiftung und stellte fest, dass ich
                                                    schwanger war. Was sollte ich tun? In Abspra-
                                                    che mit der Stiftung beschloss ich, erst den Job
                                                    anzunehmen, das Kind zu bekommen und das
                                                    Stipendium mit Baby später anzutreten.
                                                        Es waren Zwillinge, die ich 2017 zur Welt
                                                    brachte. Leider verstarb das Mädchen nach                                      versprach man mir sofort anzurufen, falls
                                                    einem Monat auf der Intensivstation. Aber          Die Kenianerin              mein Sohn weinte. Ich starrte den ganzen
                                                    ich wollte an meinem Plan festhalten. „Bist        DOKTORIN LUCY               Tag aufs Handy. Es wurde immer später. Nie-
                                                    Du verrückt? Du hast gerade ein Kind verlo-        OMBAKA ist Chemike-         mand meldete sich. Beim Abholen nahm ich
                                                    ren und willst nach Deutschland?“, hörte ich       rin an der Technical        ein gut gelauntes Kind entgegen, das sich den
                                                    aus meinem Umfeld. Ich wusste aber, dass das       University of Kenya in      ganzen Tag an den lustigen weißen Gesich-
                                                    Stipendium die Chance meines Lebens war. In        Nairobi, Kenia. 2016        tern erfreut hatte.
                                                    Kenia unterrichtete ich zwar an einer Hoch-        erhielt sie das Georg          Einen Kindergartenplatz zu bekom-
                                                    schule, konnte aber keine eigene Forschung         Forster-Forschungs­         men war dann schon schwieriger. Aber wir
                                                    betreiben.                                         stipendium zugespro-        haben es geschafft. Als Alleinerziehende hat
                                                        Was ich mir da vorgenommen hatte,              chen, das sie 2018 am       man nicht viel Zeit zum Arbeiten. Ich habe
                                                    wurde mir klar, als ich spätabends am Flug-        Institut für Technische     gelernt, sehr effektiv zu arbeiten, wenn mein
                                                    hafen Frankfurt strandete. Ich, mutterseelen-      Chemie der Leibniz Uni-     Sohn betreut wird. Natürlich haben es meine
                                                    allein, mit einem fünfzehnmonatigen Klein-         versität Hannover           männlichen Kollegen leichter. Sie widmen sich
                                                    kind auf den Rücken gebunden. Der Flug war         antreten konnte.            ihrer Forschung und die Frauen kümmern
Illustration: Humboldt-Stiftung / Martin Rümmele

                                                    sechs Stunden verspätet, der letzte Zug nach                                   sich um die Kinder. Und auch in Kenia hätte
                                                    Hannover längst weg. Ich wusste nicht, wo ich                                  ich es leichter gehabt, weil uns meine Familie
                                                    die Nacht über bleiben sollte. Mein Sohn war                                   unterstützt hätte.
                                                    übermüdet und weinte.                                                             Aber es war definitiv richtig, nach Deutsch-
                                                        Ich würde mich so gerne noch mal bei                                       land zu gehen. Mein Sohn spricht fließend
                                                    jenem guten Mann bedanken, der mich                                            Deutsch und ist der zufriedenste kleine Junge,
                                                    damals ansprach, mir zuhörte und half, ein                                     den man sich vorstellen kann. Und ich habe so
                                                    Hotel zu finden und mich in ein Taxi setzte.                                   viel gelernt. Das wird sich für mich auszahlen,
                                                        Keine 48 Stunden später trat ich mein Sti-                                 davon bin ich überzeugt.
                                                    pendium in Hannover an. In der Kita der Uni                                                         Text MAREIKE ILSEMANN

                                                                                                        HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                     11
SCHWERPUNKT

                                                                                  MACHEN SIE MIT

     EIN HOCH
     AUF DIE
     VIELFALT
     Je unterschiedlicher die Forscher*innen in einem Team sind, desto kreativer werden
     die Ergebnisse: Diese Erkenntnis hat sich längst durchgesetzt. Diversity ist in der
     Wissenschaft zum wichtigen Schlagwort geworden – und wird doch in jedem Land
     anders verstanden. Eine Reise um die Welt auf den Spuren der Diversität.

     Text KILIAN KIRCHGESSNER

12                                        HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
A
                                               n dieses eine Gutachten erinnert sich Silke        wiederum andere sehen es als Bestandteil von Antidiskri-
                                               Wieprecht noch bestens. Jahre liegt die            minierungspolitik.
                                               Geschichte zurück; die Leiterin des Lehr-
                                               stuhls für Wasserbau und Wasser­mengen­            DIVERSITÄT STICHT GENDER – DAS KOMMT
                                  wirtschaft der Universität Stuttgart saß in der Aus-            MANCHEN GELEGEN
                                  wahlkommission für ein hochdotiertes Stipendium für             Gülay Çağlar rät deshalb, den Begriff zunächst einmal
                                  angehende Wissenschaftler*innen. „Auf einmal las ich da         aufzuschlüsseln. Es gehe letztlich darum, die Vielfalt
                                  in den Unterlagen diesen Satz eines Gutachters. ‚Sie ist gar    der Gesellschaft in einer Hochschule abzubilden: „Klas­
                                  nicht schlecht‘, schrieb er über eine hochqualifizierte Kan-    sischerweise taucht da die Trias Gender, Class, Race auf,
                                  didatin, ‚dafür, dass es eine schwarze Frau ist.‘ “ So absurd   aber oft wird die Liste um andere Kategorien erweitert,
                                  klang ihr der Satz in den Ohren, dass sich Silke Wieprecht      etwa um Behinderungen, um sexuelle Orientierung oder
                                  ihn gemerkt hat. Und das, obwohl sie durch ihr Engage-          das Alter.“ Und genau da fangen die Schwierigkeiten an:
                                  ment in unterschiedlichsten Auswahlausschüssen jedes            Während sich leicht statistisch erheben lässt, wie gleich-
                                  Jahr Unterlagen von vielen Dutzend Kandidat*innen liest.        mäßig Frauen und Männer unter Studierenden oder For-
                                                                                                  schenden vertreten sind, fehlen in anderen Kategorien oft
                                  AN DEUTSCHEN UNIS IST DAS THEMA                                 die Daten. Ob die Bewerberin um eine Professur Tochter
                                  NOCH RELATIV NEU                                                von Akademiker*innen oder ungelernten Arbeiter*innen
                                  Anekdoten wie diese können fast alle erzählen, die sich mit     ist, lässt sich ebenso schwer erheben wie die Frage, welche
                                  dem Thema Diversität beschäftigen. Es ist ein Thema, das        Nationalität ihre Vorfahren hatten. Und noch eine Klippe
                                  an deutschen Hochschulen noch vergleichsweise neu ist.          drohe in der Praxis, hat Çağlar beobachtet: Beim Bestre-
                                  Sie sei dem Begriff zum ersten Mal in organisationstheore-      ben, Diversitätskriterien anzuwenden, könnten vor allem
                                  tischen Arbeiten zur Privatwirtschaft begegnet, sagt Gülay      Genderfragen in den Hintergrund gerückt werden. „Man-
                                  Çağlar, Politikprofessorin am Arbeitsbereich Gender and         che, die der Frauenförderung kritisch gegenüberstehen,
                                  Diversity der Freien Universität Berlin und der Hum-            sehen darin eine Chance, wenn die Geschlechterdifferen-
                                  boldt-Stiftung als wissenschaftliche Gastgeberin verbun-        zen nicht mehr so im Mittelpunkt der Hochschulpolitik
                                  den. „In der Wirtschaft ist der Begriff Diversity Manage-       stehen“, so Çağlar.
Fotos von Früchten: Adobe Stock

                                  ment gebräuchlich, der klar mit einer Verwertungslogik              Diversitätspolitik sei vor allem ein Prozess, sagt sie. Und
                                  verknüpft ist“, erklärt sie. „Für Hochschulen bedeutet das:     berichtet, wie sie mit ihrem Forschungsteam die Freie Uni-
                                  Je diverser die Perspektiven, desto vielfältiger und exzel-     versität Berlin dabei begleitet, ein Diversitätskonzept zu
                                  lenter wird die Forschung.“ Noch sei das Verständnis von        erstellen. Eine der ersten Amtshandlungen war es, sich
                                  Diversität an Hochschulen sehr unterschiedlich: Für die         mit den strategischen Partner*innen der Universität welt-
                                  einen sei es eine Art Fortsetzung der Gleichstellungspoli-      weit auszutauschen. „Bei unserer israelischen Partner­
                                  tik, für andere ein Instrument der Internationalisierung,       universität zum Beispiel tauchte die Religionszugehö- ›

                                                                                   HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                         13
„
SCHWERPUNKT

                                                                   das erst im Laufe seiner Tätigkeit als Dekan gelernt und
                                                                   durch seine Forschung zu Diversität. Entscheidend sei die
                                                                   Einbindung von Verschiedenheiten. Jeffrey Peck, der auch
                                                                   Mitglied des Board of Directors der American Friends of
                                                                   the Alexander von Humboldt Foundation ist, zitiert sein
WAS DIVERSITÄT                                                     liebstes Bonmot zu dem Thema: „Diversity is being in­vited
                                                                   to the party. Inclusivity is being asked to dance.“ Zu Deutsch:
BEDEUTET, HÄNGT                                                    „Diversität heißt, zur Party eingeladen zu werden. Inklu-
                                                                   sion bedeutet, auch zum Tanzen aufgefordert zu wer-
DAVON AB, IN                                                       den.“ Dies seien nicht nur schöne Worte: In einer viel-
                                                                   fältigen Umgebung würden Ideen stärker infrage gestellt;
WELCHEM LAND                                                       so komme man im besten Fall zu besseren Antworten.
                                                                   „Exzellenz und Diversität sind keine Gegenpole“, betont
MAN SICH BEFINDET.“                                                Peck: „Sie bedingen einander.“
                                                                        Empirisch untermauern lassen sich solche Schlüsse bei-
                                                                   spielsweise durch eine aktuelle Studie, erschienen in der
                                                                   US-amerikanischen Fachzeitschrift PNAS (Proceedings
     rigkeit als Differenzkategorie auf. Dabei spielte diese in    of the National Academy of Sciences of the United Sta-
     keinem anderen der beteiligten Länder eine vergleichbar       tes of America): Über drei Jahrzehnte hinweg wurden die
     große Rolle“, sagt Çağlar. Wie Diversität definiert wird,     Karrieren tausender Doktorand*innen nachverfolgt – mit
     hängt also maßgeblich von den spezifischen Bedingun-          eindeutigem Ergebnis: „Demografisch unterrepräsentierte
     gen in einzelnen Ländern ab.                                  Student*innen bringen mit größerer Wahrscheinlichkeit
                                                                   Innovationen als Mehrheits-Student*innen“, schreiben die
     IN DEN USA IST MAN SCHON ALS KIND MIT                         Autoren. „Aber ihre Beiträge werden weniger gewürdigt
     DEM THEMA KONFRONTIERT                                        und es ist weniger wahrscheinlich, dass sie ihnen zu aka-
     Am stärksten etabliert ist der Begriff in den USA. „Als       demischen Positionen verhelfen.“
     Amerikaner*innen ist man von frühester Kindheit an mit             Eine persönlich einschneidende Erfahrung machte
     dem Thema konfrontiert. Die USA sind schließlich ein Ein-     ­Jeffrey Peck als Student in Deutschland. „Dass ich als
     wanderungsland“, sagt Jeffrey Peck, einst Dekan an der        Jude Deutsch gelernt habe, war etwas Besonderes.“ Bei der
     City University of New York. „Ich bin zum Beispiel in einer   Diversitätsdebatte, das lernte er dabei, dürfe man nicht
     Ecke der Vereinigten Staaten aufgewachsen, in der es viele    nur in Dualismen denken, sondern müsse unterschiedli-
     Immigrant*innen gibt und viele Afroamerikaner*innen.“         che Ebenen berücksichtigen – also nicht nur Mann oder
     Eine entscheidende Erfahrung machte er nach langen Jah-       Frau, schwarz oder weiß.
     ren in Europa schließlich an seiner New Yorker Universi-           „Diversität ist in jedem Kontext anders“, formuliert
     tät: „Die Tatsache, dass es eine große Heterogenität in der   er das, was die Forschung Intersektionalität nennt. Jeder
     Gesellschaft gibt, bedeutet nicht automatisch, dass man       Mensch vereint in sich unterschiedlichste Dimensionen,
     auch weiß, wie man mit Diversität umgeht.“ Er selbst habe     die je nach Kontext eine andere Rolle spielen. In der ameri-

14                                                  HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
Welche Daten werden an Ihrer Institution zu Studierenden und
Personal mit Blick auf Diversität erhoben?
Umfrage unter 159 Hochschulen aus 36 europäischen Wissenschaftssystemen, Angaben in Prozent

                                      88
    Studierende                         83

                                             72
    Akademisches                               68
    Personal
                                                           60
                                                                        57
                                                                 49

                                                                             40
                                                                                       35
                                                                                                     28             27
                                                                                                          19
                                                                                                                         14        14 14
                                                                                                                                                9 9          11
                                                                                            7                                                            8
                                                                                                                                                                   4 4
                                                                                                                                                                             1 1
                                       t

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                                                                                       d

                                                                                                      d

                                                                                                                    d

                                                                                                                                   en

                                                                                                                                                                              )

                                                                                                                                                                       un /

                                                                                                                                                                       is n

                                                                                                                                                                               t
                                                                                                                                                                            T+

                                                                                                                                                                            ch
                                      ch

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                                                                                                                                                                     ht n d

                                                                                                                                                                     at te
                                                                        un

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                                                                                                                un

                                                                                                                                                                          g

                                                                                                                                                                         ch
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                                                                                                                                                                         ni
                                  le

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                                                                   er

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                                                                                                                                                            ys c h
                                                                                                                                        e

                                                                                                                                                                   e
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                                                                                                                      ge
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                                                                                                                                                         u
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                                                                                                                              t(

                                                                                                                                                    ch
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                                                                                                                                                       a
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                                                                      is

                                                                                                                                                   he
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                                                                                                                                                     l
                                                                                                                                           ig
                                                                   om

                                                                                                                              ä
                                                                                                ig

                                                                                                           ng
                                                     B

                                                                                                                                                er
                                                                                                                          tit
                                                                               ul

                                                                                                                                        el
                                                                                            M

                                                                                                          uu
                                                                             /k
                                                                on

                                                                                                                      en

                                                                                                                                      R

                                                                                                                                             ir
                                                                           er

                                                                                                                                           W
Quelle: European University
                                                                                                      re
                                                              ök

                                                                                                                    Id
                                                                        ch

                                                                                                     et

Association 2019: Diversity, equity
                                                             o

                                                                                                                 le
                                                                                                     B

and inclusion in European higher
                                                          zi

                                                                        is

                                                                                                                el
                                                                      hn
                                                        So

education institutions. Results
                                                                                                               xu

from the INVITED project.
                                                                   Et

                                                                                                           Se

                 kanischen Debatte, sagt Jeffrey Peck, sei der Rassismus prä-                   Diversität die Oberkategorie, und Gender ist eine wich-
                 gend. In Deutschland sei eine Podiumsdiskussion inzwi-                         tige Subkategorie.“
                 schen undenkbar, an der nur Männer teilnehmen; in den
                 USA gehe es zusätzlich darum, nicht nur weiße Menschen                         IN CHINA IST DIE FACHWELT GESPALTEN
                 auf der Bühne zu haben. „In Deutschland habe ich den Ein-                      Eine Reise ans andere Ende der Welt, von den USA nach
                 druck, dass Diversität und Gender oft als getrennte Kate-                      China. „Die Genderfrage spielt in China eine Rolle, aber
                 gorien wahrgenommen werden. Bei uns in Amerika ist                             nicht so ausgeprägt wie etwa in Deutschland“, sagt Liqiu
                                                                                                Meng. Sie ist Professorin für Kartografie an der Techni-
                                                                                                schen Universität München und eine profunde Kennerin
                                                                                                der chinesischen Wissenschaftsszene.
                                                                                                   Meng taucht tief in die Geschichte ein, wenn es um
                                                                                                Diversität geht. „Es gab in China 1 300 Jahre lang ein kai-
                                                                                                serliches Prüfungssystem, mit dem der Zugang zur höhe-
                                                                                                ren Bildung geregelt war“, sagt sie. Aufnahmeprüfungen
                                                                                                gehören bis heute zum Standard für Hochschulstudien-
                                                                                                gänge. Deshalb sei das Geschlechterverhältnis unter Stu-
                                                                                                dierenden nahezu gleich, ganz ohne Quoten. „Bis zur Pro-
                                                                                                motion bleibt es auch ähnlich ausgewogen – nur danach
                                                                                                kommt es zu einem Knick“, so Liqiu Meng. „Weniger
                                                                                                Frauen streben eine Professur an, was mit der traditionel-
                                                                                                len Rollenverteilung zu tun hat.“ Eine chinesische Beson-
                                                                                                derheit der Diversitätsthematik sieht Liqiu Meng allerdings
                                                                                                vor allem an einer Stelle: „Die Fachwelt ist bedauerlicher-
                                                                                                weise zunehmend in Denkschulen gespalten, die eher mit-
                                                                                                einander konkurrieren als zusammenarbeiten“, sagt ›

                                                                             HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                                          15
SCHWERPUNKT

                                                                              vor allem an den Grenzen und Übergängen, „zwischen den
                          MEINUNG                                             Disziplinen, den fachlichen Perspektiven und zwischen
                                                                              den unterschiedlichen Menschen, die sie einbringen und

           BLOSS                                                              sich gegenseitig zuhören“. Und dann zog auch Staudinger
                                                                              den Vergleich zur Natur oder genauer zur Landwirtschaft:

            KEINE
                                                                              „Wenn Sie eine Monokultur betreiben, geht die Produk-
                                                                              tivität zurück.“
                                                                                  Zwei neue Chefinnen an der Spitze führender deut-

         MONO­KULTUR                                                          scher Wissenschaftseinrichtungen, die eine beim größten
                                                                              Forschungsförderer, die andere bei der einzigen ostdeut-
                                                                              schen Exzellenzuniversität außerhalb Berlins. Zwei Ein-
                                                                              richtungen, die für herausragende Wissenschaften stehen,
       Im deutschen Wissenschaftssystem sind die
                                                                              und beide sagen: So, wie wir es bislang gemacht haben in
     Chancen nicht gerecht verteilt. Es wird Zeit, dass                       Deutschland, reicht es nicht mehr. Das ist bemerkenswert.
                                                                                  Dass beiden als Gegenstück zu ihrem Ideal die Mono-
                    sich das ändert.
                                                                              kultur einfällt, ist ebenfalls kein Zufall. Wer aus diverse-
                   von JAN-MARTIN WIARDA                                      ren Wissenschaftssystemen wie dem amerikanischen aufs
                                                                              deutsche schaut mit seinen Professor*innen, von denen
                                                                              nicht einmal zehn Prozent einen ausländischen Pass haben,
                                                                              von denen drei Viertel Männer sind, die mehrheitlich Aka-
                                                                              demikerhaushalten entstammen und kaum einer aus einer

              D
                                                                              Einwandererfamilie, wer sich dieses System von außen
                            a passiert gerade etwas in der deutschen          anschaut, wundert sich, warum das eigentlich so lange so
                            Wissen­schaft. „Diversität und Exzellenz, die     mittelmäßig gut gegangen ist mit der deutschen Hoch-
                            Begriffe sind für mich untrennbar“, sagte die     schullandschaft. Und weiß aber auch: So stark, wie sich
                            neue Präsidentin der Deutschen Forschungs-        die Gesellschaften und Wissenschaftssysteme um Deutsch-
               gemeinschaft (DFG) Katja Becker Anfang 2020. Und sie           land herum wandeln, wird das nicht mehr lange reichen.
               sagte es nicht irgendwie nebenbei, es gehörte zu ihren zen-
               tralen Botschaften nach ihrem Amtsantritt. In der Natur,       VIEL REDEN, WENIG HANDELN
               sagte Becker, sei das genauso: „Der Regenwald entwickelt       Auch lässt es sich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele
               sich dynamischer als die landwirtschaftliche Monokul-          zwar von Vielfalt reden und sie beschwören, aber dass sie,
               tur.“ Je mehr Dimensionen der Diversität in der Wissen-        wenn es um Berufungsverfahren geht, um das Aufsetzen
               schaft zusammenkämen – bei den Wissenschaftler*innen           neuer Förderlinien oder Forschungsprojekte, manchmal
               selbst, aber auch bei Förderformaten, Themen oder inter-       gar nicht und fast nie strategisch-systematisch danach
               nationalen Kooperationen – „desto mehr spannende neue          handeln. Vielleicht haben sie nur gelernt, das vermeint-
               Kombinationen und Forschungsergebnisse wird es geben“.         lich Richtige zu sagen, sind in Wirklichkeit aber doch nicht
                   Die DFG ist die größte Förderorganisation der deut-        so überzeugt davon, dass mehr Diversität die Wissenschaft
               schen Forschung. Sie segelt selten ganz vorn, doch wenn es     nicht nur moralisch, sondern auch qualitativ zu einer bes-
               um Standards und wissenschaftliche Verfahren geht, fol-        seren macht?
               gen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen meist               Tatsächlich muss man unter den Professor*innen dieser
               ihrem Kurs. Womit klar ist: Wenn eine DFG-Präsidentin          Republik nicht lange nach Stimmen suchen, die Diversität
               solche Ansagen macht, sind das mehr als Sonntagsreden.         für ein Anhängsel der Sozialpolitik halten: nett gemeint,
               Das wird Konsequenzen haben.                                   aber im Großen und Ganzen mit negativen Konsequenzen
                   Noch ein Beispiel. Die gerade aus den USA zurückge-        für die Forschungsqualität. Exzellenz, sagen sie, entstehe
               kehrte neue Rektorin der Technischen Universität Dres-         allein durch harte, wettbewerbsorientierte Wissenschaft
               den, Ursula Staudinger, hat ebenfalls sofort, als sie im Amt   – nicht durch das Denken in Nachteilsausgleich und Son-
               war, klargemacht: Diversität und Inklusion in all ihren        derförderprogrammen.
               Facetten gelte es „nicht nur irgendwie zu tolerieren, son-         Gern verweisen sie darauf, dass es kaum wissenschaft-
               dern zu nutzen für die Weiterentwicklung unserer Univer-       liche Studien gebe, die den unbedingten Mehrwert von
               sität“. Die großen Sprünge in der Wissenschaft entstünden      Diversität für die Produktivität in der Wissenschaft beleg-

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ten. Dem würde übrigens wohl auch die Dresdner TU-
                                     Rektorin Staudinger kaum widersprechen. Es gebe zwar
                                     Studien, vor allem in der Unternehmens- und Organisa-
                                     tionsforschung, doch die zeigten vor allem, dass Diversi-

                                                                                                                                „
                                     tät kein Selbstläufer sei. „Es reicht nicht, Junge und Alte,
                                     Männer und Frauen nebeneinander an einen Tisch zu set-
                                     zen, vielleicht noch eine Alibi-Ausländerin dazu, und dann
                                     kommen die kreativen Ideen von selbst. Ob in Unterneh-
                                     men oder in einer Universität: Dazu braucht es eine Orga-
                                     nisationskultur, die wertschätzend ist und Innovationen
                                     fördert.“

                                     WARTET NICHT ERST AUF STUDIEN
                                     Eine solche Kultur wird es indes sicher nicht geben, wenn
                                     ich es gar nicht erst für möglich halte, dass Vielfalt für
                                                                                                                                IN CHINA MÜSSTEN
                                     akademische Institutionen mehr sein kann als eine Berei-
                                     cherung auf der menschlichen Ebene. Auch scheint mir
                                                                                                                                SICH DIE
                                     die Erwartungshaltung, Studien müssten erstmal und vor
                                     allem auch für Deutschland beweisen, dass Diversität zu
                                                                                                                                DENKSCHULEN
                                     mehr Exzellenz führe, irgendwie schief zu sein: Gibt es
                                     denn umgekehrt ernstzunehmende wissenschaftliche Stu-
                                                                                                                                ÖFFNEN.“
                                     dien, denen zufolge weiße Männer unter vergleichbaren
                                     Karrierevoraussetzungen und ohne das tradierte gesell-
                                     schaftliche Bias zu ihren Gunsten nachweislich die besse-
                                     ren Wissenschaftler sind?                                                                  sie. „Im Talentsystem herrscht an chinesischen Univer-
                                         Ja, dass Diversität Wissenschaft besser macht, ist auch                                sitäten noch die Planwirtschaft.“ In Deutschland könne
                                     eine normative Aussage. Doch das gegenwärtige chancen­                                     sie als Professorin ihre Mitarbeiter*innen frei rekrutieren.
                                     ungerechte Wissenschaftssystem ist ebenfalls hoch nor-                                     „In China dürfen Professor*innen hingegen nicht mehr
                                     mativ geprägt. Es verhindert viele Aspirationen und Ent-                                   als eine Doktorandin oder einen Doktoranden pro Jahr
                                     faltungsmöglichkeiten, es erschwert neue Ansätze und                                       einstellen“, erklärt Meng, die sich jahrelang als Expertin
                                     ungewöhnliche Ideen.                                                                       im International Advisory Board der Humboldt-Stiftung
                                         Vielleicht braucht es gar nicht die Erkenntnis, dass sich                              engagiert hat. Für mehr Vielfalt müssten in China in erster
                                     praktisch alle weltweit führenden Universitäten in Ländern                                 Linie diese in sich abgeschlossenen Denkschulen geöffnet
                                     befinden, die Diversität zu einem Kernprinzip der Wissen-                                  werden. Spitzenuniversitäten hätten deshalb damit begon-
                                     schaft erhoben haben. Vielleicht reichen ein Stück gesun-                                  nen, die eigenen Absolvent*innen nicht weiter zu beschäf-
                                     der Menschenverstand und persönliche Erfahrung, um                                         tigen: Doktorand*innen müssten für die Postdoc-Zeit an
                                     zu begreifen: Erkenntnis und Fortschritt entstehen immer                                   eine andere Uni wechseln, selbst Bachelor-Absolvent*innen
                                     und überall aus produktiven Gegensätzen und intellektu-                                    müssten ihren Master anderswo absolvieren.
                                     eller Spannung.
                                                                                                                                STÄDTER*INNEN HABEN ES AN
                                                                                                                                ­AFRIKANISCHEN UNIS LEICHTER
                                                                       JAN-MARTIN WIARDA ist                                     Anders gelagert sind die Schwierigkeiten von Universitäten
                                                                       Journalist, Politikwissenschaft-                          in Afrika bei der akademischen Vielfalt. „Bei uns ist das
Foto: Boris Streubel / actionpress

                                                                       ler und Volkswirt. Er war                                 Stadt-Land-Gefälle ein großes Thema“, sagt Romain Glèlè
                                                                       Redakteur der überregionalen                              Kakai. Der Biometrikprofessor aus dem Benin ist Aus-
                                                                       Wochenzeitung DIE ZEIT,                                   schussmitglied der Humboldt-Stiftung und als Vorsitzen-
                                                                       danach Kommunikationschef                                 der des African German Network of Excellence in Science
                                                                       der Helmholtz-Gemeinschaft.                               mit der Situation in westafrikanischen Ländern bestens
                                                                       Seit 2015 ist er freier Autor,                            vertraut. „Wer hier aus Städten kommt, hat einen besse-
                                                                       Journalist und Moderator.                                 ren Zugang zu Bildung und stammt meistens aus einer
                                                                                                                                 wohlhabenderen Familie“, sagt er. Die Konsequenz: „Noch
                                                                                                                                 vor zehn Jahren waren Studierende aus ländlichen Regi-
                                                                                                                                 onen, die noch dazu oft schwer erreichbar sind, nicht ›

                                                                                                     HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                             17
SCHWERPUNKT

                                                                                    „
     gut repräsentiert.“ Zuletzt wurde aber politisch versucht,
     gegenzusteuern: Studienbewerber*innen aus abgehäng-
                                                                                    DIE GRÖSSTE
     ten Regionen bekamen über einige Jahre hinweg einfache-
     ren Zugang zu Stipendien; außerdem seien Quoten einge-
                                                                                    SCHWIERIGKEIT BLEIBT
     führt worden, die geografische Faktoren berücksichtigen.
     Eine weitere Entwicklung der vergangenen Jahre: Frauen
                                                                                    AUCH IN INDIEN DAS
     bekommen inzwischen bevorzugten Zugang zu Stipen-
     dien. „Über solche Anreize wird versucht, die Diversität
                                                                                    BEGRENZTE BUDGET.“
     an den Hochschulen zu vergrößern“, sagt Kakai. „Aber
     das geht natürlich immer nur in dem Maße, in dem der
     Staatshaushalt diese Ausgaben ermöglicht.“
                                                                        um, der aus der Kaste der Dalits, früher als „Unberühr-
     VON WESTAFRIKA NACH INDIEN                                         bare“ bezeichnet, stammte. Er hatte sich über eine unge-
     Die nächste Station auf der Reise ist Mumbai, Indien.              rechte Behandlung durch die Universität beklagt. Ihm – der
     Dort arbeitet Mala Pandurang am BMN College of Home                sich als Aktivist selbst für die Rechte der Dalits einsetzte –
     ­Science, einer Ausnahmeeinrichtung: Wenn sie lehrt, sit-          waren das Stipendium gestrichen und das Wohn­heim­
      zen vor ihr nur junge Frauen, und auch die Professuren sind       zimmer gekündigt worden. Sein Tod führte zu Protesten
      weitgehend weiblich besetzt. „Wir sind eine reine Frauen­         in ganz Indien; Medien weltweit berichteten, der Suizid
      universität“, sagt die Professorin für englische Literatur. Bei   sei kein Einzelfall an indischen Universitäten. Nichtsdes-
      mehr als 40 Prozent liegt der Anteil der Frauen unter den         totrotz: Mala Pandurang hält den eingeschlagenen Weg
      Studierenden in Indien. Dort drängen neben Genderfragen           im Land für hoffnungsvoll. Quotenregelungen und ein
      andere Probleme in Sachen Diversität: „Es gibt ein großes         neues Bildungskonzept zeigten in die richtige Richtung.
      sozioökonomisches Gefälle“, sagt P    ­ andurang, ehrenamt-       „Die größte Schwierigkeit allerdings bleibt das begrenzte
      liche Vertrauenswissenschaftlerin der H   ­ umboldt-Stiftung      Budget“, sagt sie. Das fehle häufig im Staatshaushalt. „Pri-
      in Indien. Wohlhabende Eltern können ihre Kinder weit-            vate Förderer und Alumnivereinigungen bemühen sich
      aus öfter an Universitäten schicken als arme Familien; diese      aber, zumindest teilweise dafür einzuspringen.“              ›
      Unterschiede werden durch das Kastensystem nochmals
      verschärft. Zwar darf laut der indischen Verfassung von
      1950 niemand aufgrund der Kastenzugehörigkeit diskrimi-
      niert werden, im Alltag wirkt das System aber häufig fort.
          2016 sorgte ein dramatischer Fall für Schlagzeilen: An
     einer Universität brachte sich ein 26-jähriger Doktorand

18                                                      HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
Welche Unterstützungsangebote gibt es in Ihrer Institution, um
Diversität unter Studierenden zu fördern?
Umfrage unter 159 Hochschulen aus 36 europäischen Wissenschaftssystemen, Angaben in Prozent

                                                       Beratung/Mentoring                                                                                         87
                                                              Barrierefreiheit                                                                         77
                                                                    Sprachkurse                                                                 70
                                           Psychologische Unterstützung                                                                       68
    Inklusive Lern- und Lehrmethoden sowie -instrumente                                                                                 63
        Teilzeitstudienmöglichkeiten, flexibles Kursangebot                                                                             62
                                                  Finanzielle Unterstützung                                                        58
                                                Affirmative/Positive Action                                          39
        Kinderbetreuungsmöglichkeiten an der Hochschule                                                              39
                          Umschulungs-/Überbrückungsangebote                                                         39
                                                      Wohnraumvermittlung                                   32
                                                                       Sonstige                  8
                                            Keine spezifischen Angebote                1
                                                             Ich weiß es nicht     0

Welche Dimensionen von Diversität spielen in Ihrer
Institution eine Rolle?
Umfrage unter 159 Hochschulen aus 36 europäischen Wissenschaftssystemen, Angaben in Prozent

                                             92
   Studierende
                                                            82 83
                                                 76                     76
   Akademisches Personal                                                               71
                                                                                                     65
                                                                                                           61
                                                                                                                            58
                                                                           55                                             53
                                                                                                      52
                                                                                                                                     48                46
                                                                                                                                         39          39
                                                                                                                31

                                                                                            20
                                            ng

                                                                                                           t

                                                                                                  ru er/

                                                                                                          d

                                                                                                          )

                                                                                                         d*

                                                                                                         en

                                                                                                    un /

                                                                                                                                                       r
                                                                                                        T+
                                                                                                        ch

                                                                                                                                                    lte
                                                                                                 ht n d
                                                                                                       un

                                                                                                      un

                                                                                                       g
                                                                                                     ab
                                                                                                     nd
                                           ru

                                                                                               r g ll

                                                                                                      B
                                                                                                     le

                                                                                                                                                   A
                                                                                              ic u
                                                                                                    gr
                                                                                           te re

                                                                                                  LG
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                                                       xu

Quelle: European University
                                                    Se

Association 2019: Diversity, equity
and inclusion in European higher
education institutions. Results
from the INVITED project.                                                                                                    * Alternative Bildungswege, lebenslanges Lernen

                                                                             HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                                    19
SCHWERPUNKT

     „                                                                  ist: Das Humboldt-Netzwerk bezieht seine Kraft aus der
                                                                        Diversität und Internationalität seiner Mitglieder. Mehr
                                                                        als 30 000 Forschende weltweit vereint die Stiftung in
                                                                        ihrer bald 70-jährigen Geschichte: aktuell Geförderte und
                                                                        Alumni aller Fachgebiete aus mehr als 140 Ländern. Trotz-
     OHNE ZAHLEN BLEIBT                                                 dem wurde beispielsweise für Deutschlands höchstdotier-
                                                                        ten Forschungspreis, die Humboldt-Professur, zuletzt in
     ES BEI ABSICHTS­                                                   mehreren Auswahlrunden in Folge keine Frau ausgewählt.
                                                                        Auch deshalb hat die Stiftung jüngst eine Genderpoten-
     ERKLÄRUNGEN, WEIL                                                  zial- und Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben, bei der Daten
                                                                        aus 14 Ländern weltweit ausgewertet werden. Analysiert
     SICH KEIN FORTSCHRITT                                              werden soll, wie hoch der Anteil von qualifizierten Frauen
                                                                        ist, die möglicherweise für einen Forschungsaufenthalt
     MESSEN LÄSST.“                                                     in Deutschland gewonnen werden könnten und wie ihre
                                                                        Bedarfe aussehen. Dabei gehe es auch um Faktoren, die
                                                                        womöglich beeinflussen, ob sich Frauen eine Forschungs-
                                                                        station im Ausland vorstellen können, erklärt die Leite-
                                                                        rin der Studie Andrea Löther vom Kompetenzzentrum
       Wieder zurück nach Deutschland zu Silke Wieprecht,               Frauen in Wissenschaft und Forschung am Kölner Leib-
       der Stuttgarter Wasserbau-Professorin, die viele                 niz-Institut für Sozial­w issen­schaften: „Spielen beispiels-
       Jahre Vorsitzende des Auswahlausschusses für die                 weise auch die Familien­situation von Bewerberinnen oder
       Georg F  ­ orster-Forschungsstipendien und -preise der           das Wissenschaftsgebiet, auf dem sie forschen, eine Rolle?“
       ­Humboldt-Stiftung war. „Die Schwierigkeit bei Auswahl-          Ziel sei es, so Löther, mit Abschluss der Studie Ende 2021
        prozessen besteht darin, dass man beispielsweise den sozi-      klare Handlungsempfehlungen zu geben.
        alen Hintergrund der Bewerber*innen in den Unterlagen               Für Jeffrey Peck aus den USA steht eine Empfehlung
        einfach nicht sieht“, sagt sie. Sie könne darin über die Uni-   schon fest: Um größere Vielfalt in der Wissenschaft zu
        versitätsausbildung lesen, über Forschungsinteressen und        erreichen, müssten endlich mehr Daten erhoben werden –
        wie Gutachter*innen über die Kandidat*innen urteilen –          gerade in Deutschland, wo der Datenschutz das vielfach
        aber nicht, ob jemand als erste*r aus der eigenen Familie       behindere. „Wenn ich Forscher*innen mit Migrationshin-
        studiert hat oder aus einer sozial benachteiligten Region       tergrund oder aus einer ethnischen Minderheit fördern
        stammt.                                                         möchte, muss ich die Zahlen kennen – ansonsten bleibt
           Bei der Humboldt-Stiftung gibt es traditionell keine         es zwangsläufig immer bei Absichtserklärungen, weil sich
        Quoten. Gefördert werden exzellente Forschende. Klar            keinerlei Fortschritt messen lässt.“

20                                                       HUMBOLDT KOSMOS 112/2021
„WIR KÖNNEN NICHT
                                         EINFACH SAGEN, DIE
                                         WELT IST HALT SO!“
                                        Exzellenz und Diversität sind kein Gegensatz, meint Hans-Christian Pape.
                                        Ein Gespräch über die Kraft der positiven Anreize und die Vielfalt im
                                        Humboldt-Netzwerk.

                                                                                                                     PROFESSOR DR. HANS-
                                                                                                                      CHRISTIAN PAPE ist Präsident
                                                                                                                       der Alexander von Humboldt-
                                                                                                                       Stiftung und l­eitet das Institut
                                                                                                                      für Neuro­physio­logie der Uni-
                                                                                                                     versität Münster.

                                        KOSMOS:     Herr Pape, Diversität ist ein zen­                              Diversität und diese Dynamik sind Qualitäts-
                                        traler Punkt der Stiftungsstrategie. Weshalb                                merkmale der Stiftung. Ohne sie wären wir
                                        ist Ihnen das Thema wichtig?                                                nicht nur weniger gut, sondern wir würden
                                        HANS-CHRISTIAN PAPE: Diversität ist ein                                     unsere Mission verfehlen.
                                        zentrales Merkmal unseres wissenschaft­
                                        lichen Netzwerks. Sie steckt in unserer DNA.                                Inwiefern?
                                        Wir fördern Wissenschaftler*innen aus über                                  Es geht um die Vielfalt der Ideen und Per-
                                        140 Ländern dieser Erde, egal ob aus den USA,                               spektiven, die Vielfalt der Prägungen und
                                        Indien, Kamerun oder Peru. Wir fördern                                      Horizonte. In der Wirtschaft ist die Korrela-
                                        Quantenphysiker und Molekularbiologin-                                      tion zwischen Diversität und Geschäftserfolg
                                        nen genauso wie Religionswissenschaftlerin-                                 gut belegt. Unternehmen mit einem hohen
                                        nen und Soziologen, Praktiker*innen genauso                                 Grad an Diversität quer durch alle hierarchi-
                                        wie Theoretiker*innen und Vertreter*innen                                   schen Ebenen sind mit hoher Wahrscheinlich-
                                        verschiedener Denkschulen oder Ansätze. Wir                                 keit überdurchschnittlich profitabel. Gleiches
                                        investieren in zukunftsträchtige Fächer wie KI                              dürfte für die Wissenschaft zutreffen, deren
                                        und in lebenswichtige Anwendungen zum Bei-                                  Erfolg im Besonderen von der Kreativität und
                                        spiel in der Medizin. Mit der gleichen Begeis-                              Vielfalt ihrer Träger*innen bestimmt wird. Ein
                                        terung fördern wir bewusst auch Grundlagen-                                 anderer, mir wichtiger Aspekt hat mit Gerech-
                                        forschung. Denn wir sind davon überzeugt,                                   tigkeit zu tun. Und dabei geht es nicht nur um
                                        dass jede wissenschaftliche Erkenntnis zur                                  die Anteile von Männern, Frauen und diversen
Foto: Humboldt-Stiftung / Mario Wezel

                                        Entwicklung der Gesellschaft beiträgt. Nicht                                Menschen. Hierauf mag in Deutschland aktu-
                                        zuletzt profitiert auch die wissenschaftliche                               ell ein – wichtiger – Fokus liegen. Ich spreche
                                        Dynamik vom Spannungsfeld der in ihren                                      aber auch von Alt und Jung. Oder von Men-
                                        Diskursen vermittelten Wertekomplexe von                                    schen mit Handicap und von Menschen, die
                                        Wahrheit und Nützlichkeit und damit von der                                 soziale Ungleichheiten überwinden müssen.
                                        Diversität ihrer Protagonisten*innen. Diese                                 Wenn wir uns in unserem internationalen ›

                                                                                         HUMBOLDT KOSMOS 112/2021                                                     21
SCHWERPUNKT

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                                                                                                                  zentrales Merkmal
                                                                                                                  des Humboldt-
                                                                                                                  Netzwerks.

     Netzwerk umhören, dann meint Diversität von                                  Wir können uns als Humboldt-­Stiftung nicht
     Land zu Land ganz verschiedene Dinge. Wir                                    zurücklehnen und sagen, die Welt ist halt so.
     sollten Diversität als umfassende Vielfalt den-                              Wir wollen die besten Talente und führenden
     ken und uns davon leiten lassen. Und hier wol-                               Köpfe gewinnen. Das geht nicht, wenn wir uns
     len wir noch besser werden.                                                  im immer gleichen engen Segment bewegen.
                                                                                  Wir sind eine Organisation, die Innovation
     Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten?                                     und Perspektivenvielfalt anerkennt, schätzt
     In unseren Preisprogrammen beispiels-                                        und aktiv fördern möchte. Deshalb überprü-
     weise sind Frauen unterrepräsentiert. Auch                                   fen wir kontinuierlich unsere Auswahl- und
     Forscher*innen aus Ländern außerhalb von                                     Förderinstrumente daraufhin, wie wir Diver-
     Europa und Nordamerika finden sich etwa                                      sität proaktiv noch besser fördern können.
     bei der Humboldt-Professur, Deutschlands
     höchstdotiertem Forschungspreis, kaum.                                       Mit Quoten ließe sich der Wandel beschleu­
     Man kann nun natürlich sagen, wir bilden mit                                 nigen. In der Wirtschaft wird das diskutiert.
     unserem Netzwerk ab, wie die Repräsentanz                                    Doch in der Wissenschaft gibt es Vorbehalte,
     bestimmter Gruppen in der Forschung bedau-                                   dass dies zulasten der Exzellenz ginge …
     erlicherweise generell ist. Wir alle kennen die                              Ja, ich weiß. Und niemand, den ich kenne,
     „gläserne Decke“, die für viele Frauen das Ende                              möchte gerne für ein Stipendium oder
     ihrer wissenschaft­lichen Aufstiegsmöglichkei-                               einen Preis ausgewählt werden wegen seines
     ten bedeutet. Wir sind auch besorgt, wenn wir                                Geschlechts, seiner Nationalität oder Haut-
     von Umfragen lesen, wonach 30 Prozent von                                    farbe – sondern aufgrund der eigenen her­
     1 000 befragten im Vereinigten Königreich                                    vorragenden Leistung! Quoten erscheinen
     forschenden Naturwissenschaftler*innen, die                                  attraktiv und gehören zum möglichen In­stru­
                                                                                                                                       Foto: Humboldt-Stiftung / David Ausserhofer

     Minder­heiten in sexueller Orientierung oder                                 men­ta­ri­um, weil sie schnell Wirkung zeigen.
     Identität angehören, schon Diskriminierung                                   Aber ich sehe sie als eine Art letztes Mittel,
     an ihrem Arbeitsplatz erlebt haben. Diversität                               wenn andere Ansätze nicht wirken.
     in der Wissenschaft bedeutet die Wertschät-
     zung und Einbindung aller Gruppen – ganz                                     Welche wären das?
     unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit,                                 Beispielsweise überlegen wir uns, wie wir
     sexuellen Orientierung oder sozialen Herkunft.                               Personen erreichen, die Humboldt-­Qualität

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