Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

Die Seite wird erstellt Sibylle-Susanne Götz
 
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Ein Beitrag zur
        Bildung
für nachhaltige
    Entwicklung
 an Hochschulen
         in NRW
Impressum                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Inhalt

  2                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Inhalt                                                                                                                               3

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                                                                                                                                                                        Einleitung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4

                                                                                                                                                                                                                               Teil A: Thematische Einbettung von OpenMind                                                                                                                                                                                    .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   6
                                                                                                                                                                                                                                        Svenja Bloom, Stéphanie Fritz, Berit Kreutz
                                                                                                                                                                                                                                        Ziele und Vorgehensweise von OpenMind und OpenGlobe  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 7
                                                                                                                                                                                                                                        Dr. Silke Jakob Junge Menschen als Gestaltende einer globalen Gesellschaft  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8
                                                                                                                                                                                                                                        Prof. Dr. Niko Paech

                                                                                       Impressum
                                                                                                                                                                                                                                        Postwachstumsökonomie: Lebensqualität durch Selbstbegrenzung                                                                                                                                            .......................                                                10
                                                                                                                                                                                                                                        Manuel Blendin Der Faire Handel als Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung  .  .  .  .  .  .  . 14
                                                                                                                                                                                                                                        Wolfgang Obenland Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung –
                                                                                                                                                                                                                                        Instrument für Nachhaltigkeit – nicht Selbstzweck  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 17

                                                                                                                                                                                                                               Teil B: Hochschule als Weichenstellerin
                                                                                       Herausgeber:
                                                                                                                                                                                                                               für nachhaltige Entwicklung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                                          20
                                                                                       Eine Welt Netz NRW e.V.
                                                                                                                                                                                                                                        Prof. Dr. Bernd Overwien Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globales
                                                                                       Haroldstr. 14
                                                                                       40213 Düsseldorf                                                                                                                                 Lernen an Hochschulen am Beispiel der Lehrkräftebildung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 21
                                                                                       0211 - 41749990
                                                                                       www.eine-welt-netz-nrw.de
                                                                                                                                                                                                                                        Jörg Miller Service Learning als Lehr-/Lernkonzept zur Sensibilisierung für
                                                                                                                                                                                                                                        globale gesellschaftliche Herausforderungen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24
                                                                                       Redaktion:
                                                                                       Stéphanie Fritz, Nadine Jansen,                                                                                                                  Detlef Gernand Vom Studium in die zivilgesellschaftliche Berufstätigkeit?!  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 28
                                                                                       Berit Kreutz, Sebastian van Ledden
                                                                                                                                                                                                                                        Dr. Michael Flohr Die Welt braucht Dich: die Wirkkraft studentischen
                                                                                       Schlussredaktion:                                                                                                                                Engagements für nachhaltige Hochschulen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 30
                                                                                       Nadine Jansen
                                                                                                                                                                                                                                        Kerstin Dahmen Studieren für eine sozial gerechte Modeindustrie –
                                                                                       Stand: September 2019                                                                                                                            die Hochschul-Bildungsarbeit von FEMNET  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 33
                                                                                       Layout: LFS Münster                                                                                                                              Kristina Klecko Fairer und nachhaltiger Konsum an Hochschulen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 34

                                                                                       Druck: Die Umweltdruckerei
                                                                                                                                                                                                                               Teil C: Praktische Umsetzung                                                                                                               ...............................................                                                                                              36
                                                                                                                                                                                                                                        Stéphanie Fritz, Detlef Gernand, Sebastian van Ledden
                                                                                                                                                                                                                                        Warum engagieren sich junge Menschen entwicklungspolitisch - das sagen sie selbst  .  .  .  . 37
                                                                                       Gefördert durch die
                                                                                                                                                                                                                                        Sebastian van Ledden
                                                                                                                                                                                                                                        Von der Theorie in die Praxis — Aktionen der Studierenden bei OpenMind  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 40
                                                                                                                                                                                                                                        Anke Ebel Fair-Teiler-Rad „Fara Fielfraß“ an der Hochschule Düsseldorf  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 42
                                                                                       Gefördert durch ENGAGEMENT GLOBAL
                                                                                       mit finanzieller Unterstützung des                                                                                                               Leonie Atzler Veganer Brunch: Besser als Super(food)                                                                                                                          .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .      43
                                                                                                                                                                                                                                        Thi Minh Nguyet Le Kleve as a Fairtrade Town –
                                                                                                                                                                                                                                        How is Fair trade changing the society in Kleve?  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 44
                                                                                                                                                                                                                                        Patrick Gregorz „Das Land denen, die drauf leben.“  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 46
                                                                                                                                                                                                                                        Katharina Weckerle Nachhaltige „Grillosophie“                                                                                                            .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .      47

                                                                                       Für den Inhalt dieser Publikation ist allein das Eine Welt Netz NRW verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den
                                                                                       Standpunkt von Engagement Global gGmbH und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.
Einleitung

  4                                                                                                                                                                                                                                                                                 5

                                                                                                                                                                                                                Einleitung

                                                                                                                                                                                                                                                                                    OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                       Das Projekt OpenMind versteht sich als          Blendin mit seiner Einschätzung zur Bedeu-     dierenden für das Feld der zivilgesellschaft-   Nach einer kurzen allgemeinen Vorstel-
                                                                                       Angebot der entwicklungspolitischen Zi-         tung des Fairen Handels für eine nachhal-      lichen Berufstätigkeit.                         lung der praktischen Umsetzung im Projekt
                                                                                       vilgesellschaft für Hochschulen. Ziel ist die   tige Entwicklung an. Wolfgang Obenland                                                         OpenMind an Universitäten von Sebastian
                                                                                       Verknüpfung von Theorie und Praxis in der       bietet schließlich eine kurze Einführung zur   Dem gegenübergestellt werden weite-             van Ledden, stellen einige Studierende ihre
                                                                                       Lehre und die Förderung zivilgesellschaftli-    Agenda 2030 und ihren 17 globalen Ziele        re Projekte, die — wie auch OpenMind —          OpenMind-Projekte vor.
                                                                                       chen Engagements von Studierenden.              für nachhaltige Entwicklung.                   Nachhaltigkeitsthemen stärker an Hoch-
                                                                                       Diese Kooperation zwischen dem Eine                                                            schulen verankern. Dr. Michael Flohr            Wir hoffen mit dieser Publikation nicht
                                                                                       Welt Netz NRW und Universitäten sowie           In Teil B dieser Aufsatzsammlung soll es um    schreibt über die Arbeit des „netzwerk          nur den Stand der Umsetzung von Open-
                                                                                       Fachhochschulen ist im Wintersemester           die Universität als Weichenstellerin gehen.    n“, das den Fokus auf die Transformati-         Mind einem breiteren (Fach-)Publikum
                                                                                       2017/18 gestartet.                              Aus verschiedenen Blickwinkeln wird be-        on der Hochschulen vor dem Nachhaltig-          zugänglich zu machen, sondern auch
                                                                                       Idee der vorliegenden Aufsatzsammlung ist       leuchtet, welche Bedeutung Universität für     keitsleitbild legt. Kerstin Dahmen stellt die   Nachahmer*innen zu animieren, auf den
                                                                                       es, das Projekt OpenMind, sowohl in seinen      gesellschaftliche Transformationsprozesse      Bildungsarbeit des Vereins FEMNET an            Ansätzen aufzubauen, Netzwerke zu er-
                                                                                       theoretischen Grundlagen als auch in der        haben kann. Gleichzeitig wird betrachtet,      Hochschulen mit ihrem Schwerpunkt auf           weitern und gemeinsam mit den hier ver-
                                                                                       praktischen Umsetzung nachzuzeichnen.           wie Transformationsprozessen an Hoch-          sozial-gerechte Modeindustrie vor. Die          sammelten Akteur*innen Impulse für eine
                                                                                                                                       schulen eine größere Bedeutung zukom-          Kampagne „Fair Trade Universities“ von          nachhaltigere Gestaltung der Hochschulen
                                                                                       Die thematische Einbettung in Teil A spie-      men kann.                                      Fairtrade Deutschland, die den Fairen Han-      zu setzen.
                                                                                       gelt (einige) theoretische Grundlagen wi-                                                      del an Hochschulen stärkt, wird von Kristi-
                                                                                       der, die die Basis des Projektes OpenMind       Prof. Bernd Overwien beleuchtet in seinem      na Klecko beschrieben.                          Wir danken der Stiftung Umwelt und Ent-
                                                                                       bildeten und auf denen die weiteren Teile       Beitrag die Themen Bildung für nachhal-                                                        wicklung NRW und der Engagement Global
                                                                                       aufbauen: Zunächst mit der Vorstellung des      tige Entwicklung und Globales Lernen an        Im abschließenden Teil C greifen wir die        gGmbH im Auftrag des Bundesministeri-
                                                                                       Projektes OpenMind des Eine Welt Netz           Hochschulen. Jörg Miller geht auf Service      praktische Umsetzung als Ergebnis der           ums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
                                                                                       NRW von Svenja, Bloom, Stéphanie Fritz          Learning als Verbindung von akademischer       Auseinandersetzung mit den theoretischen        und Entwicklung, die durch ihre Förderung
                                                                                       und Berit Kreutz.                               Lehre und gesellschaftlichem Engagement        Grundlagen auf.                                 das Projekt und diese Aufsatzsammlung er-
                                                                                       Dr. Silke Jakob schreibt in ihrem Text über     ein und beschreibt die positiven Effekte auf   In Antworten auf die Frage „Warum enga-         möglicht haben.
                                                                                       die Bedeutung junger Menschen als Ge-           das Verantwortungsverständnis der teil-        giere ich mich“, machen junge Menschen in
                                                                                       staltende einer globalen Gesellschaft. Prof.    nehmenden Studierenden.                        eigenen Worten deutlich, wie sie in Enga-       Düsseldorf, im September 2019
                                                                                       Dr. Niko Paech schließt mit dem Thema           Detlef Gernand erkundet in seinem Text         gement finden.
                                                                                       Postwachstumsökonomie und Manuel                die praktische Berufsvorbereitung der Stu-
Teil       A
                                                                                                        Svenja Bloom | Stéphanie Fritz | Berit Kreutz
                                                                                                      Ziele und Vorgehensweise von OpenMind und OpenGlobe
                                                                                                        Junge Menschen stehen vor komplexen globalen The-                            Aktionen für globale Gerechtigkeit
  6                                                                                                     men und Herausforderungen und der Frage „In was für                          Während der (Block-)Seminare oder Workshops entwickeln die
                                                                                                                                                                                                                                                                          7
                                                                                                        einer Welt wollen wir leben?“.                                               Studierenden selbstbestimmt Handlungsoptionen. Die Studie-

                                                                                                                                                                                                                                                                          OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                                        Universitäten und Hochschulen sind Orte der Wissens-                         renden recherchieren eigenständig Informationen und organi-
                                                                                                        vermittlung und des Praxistransfers für verschiedene                         sieren anschließend Aktionen am Campus oder andernorts. Sie
                                                                                                        Berufsfelder. Sie sind auch Orte studentischen Lebens                        probieren so den Prozess der zivilgesellschaftlichen Informations-

                                                                                       Thematische
                                                                                                        und innovativer Ideen, daher bieten sie einen geeigne-                       und Kampagnenarbeit aus (bei Bedarf mit Unterstützung der
                                                                                                        ten Raum, um sich mit dieser Frage auseinanderzuset-                         Projektmitarbeiter*innen).
                                                                                                        zen, sich dazu zu positionieren und darüber ins Handeln                      Bei Interesse können die Studierenden danach an weiteren An-
                                                                                                        zu kommen, sich zu engagieren.                                               geboten von OpenMind (Sommerakademien, Workshops, News-

                                                                                       Einbettung
                                                                                                        Das Projekt OpenMind begann im Juni 2017 damit,                              letter) teilnehmen. Einige Studierende möchten das Berufsfeld
                                                                                                        Hochschulen und akademisches Wissen über globale                             näher kennenlernen und machen ein Praktikum z.B. beim Eine
                                                                                                        Zusammenhänge mit Perspektiven und Erfahrungen                               Welt Netz NRW.
                                                                                                        zivilgesellschaftlicher Akteure zusammenzuführen.                            Das Netzwerk für junges Engagement „OpenGlobe“ (im Eine
                                                                                                        Durch die Möglichkeit sich mit Themen der globalen                           Welt Netz NRW) ermöglicht ebenfalls Anschlusspunkte mit Akti-

                                                                                       von
                                                                                                        Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit praxisorientiert ausein-                    onen und Workshopangeboten.
                                                                                                        anderzusetzen, erfahren Studierende Selbstwirksamkeit
                                                                                                        und aktivieren zivilgesellschaftliches Engagement. Kon-                      OpenGlobe
                                                                                                        kret ermöglichte das Projekt seitdem mehreren Hundert                        OpenGlobe ist das entwicklungspolitische Netzwerk junger Men-

                                                                                       OpenMind
                                                                                                        Studierenden sich vor Ort an ihrer Hochschule für Nach-                      schen im Eine Welt Netz NRW. Es wurde 2010 gegründet, um
                                                                                                        haltigkeit und globale Gerechtigkeit zu engagieren.                          jungen Menschen eine Plattform zu bieten, sich für eine gerech-
                                                                                                        In Zusammenarbeit mit 14 Hochschulen in NRW fin-                             tere Welt zu engagieren. Diese setzen sich bewusst mit globalen
                                                                                                        den bis zum Wintersemester 2019/20 verschiedenarti-                          Zusammenhängen auf politischer, gesellschaftlicher, wirtschaftli-
                                                                                                        ge (Block-)Seminare oder einzelne Workshop-Einheiten                         cher und ökologischer Ebene auseinander2.
                                                                                                        innerhalb von laufenden Seminaren statt. Die Kooperati-                      Das Netzwerk verfolgt die Grundidee, die Welt global zu verän-
                                                                                                        onen mit den Hochschulen sind dabei sehr unterschied-                        dern, indem man lokal (anders) handelt. Dazu soll jeder Mensch
                                                                                                        lich. Je nach strukturellen und institutionellen Vorausset-                  die Freiheit haben, sich voll entfalten zu können. OpenGlobe
                                                                                                        zungen werden von OpenMind umfassende Seminare                               tritt für ein faires, friedliches, respektvolles, offenes und solida-
                                                                                                        oder einzelne Veranstaltungen durchgeführt. Unabhän-                         risches Miteinander und für die Wertschätzung der Umwelt ein.
                                                                                                        gig von Umfang und Format setzen sich die Studieren-                         Die Aktivist*innen wollen sich selbst und andere zum Nach- und
                                                                                                        den jedoch alle mit den Sustainable Development Goals                        Umdenken anregen, indem sie gemeinsame Aktionen zu Themen,
                                                                                                        (SDGs) und globaler Gerechtigkeit auseinander.                               die ihnen am Herzen liegen, planen und umsetzen sowie vonein-
                                                                                                                                                                                     ander und miteinander lernen. Aktuelle Handlungsweisen, Wirt-
                                                                                                        Ausgangspunkt SDGs                                                           schaftsmodelle und politische, ökologische sowie gesellschaft-
                                                                                                        Seit der Verabschiedung durch die UN-Generalver-                             liche Strukturen werden dabei kritisch hinterfragt, Alternativen
                                                                                                        sammlung im September 2015 gilt die Agenda 2030 als                          diskutiert und ausprobiert. n
                                                                                                        Referenzrahmen für alle 193 Staaten der Erde auf dem
                                                                                                        gemeinsamen Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung.                           Die Autorinnen:
                                                                                                        Die Verantwortung aufgrund komplexer globaler He-                            Stéphanie Fritz und Berit Kreutz arbeiten beim
                                                                                                        rausforderungen in den Seminaren mit Studierenden                            Eine Welt Netz NRW. Sie sind die Projektleiterinnen
                                                                                                        (zum Teil auch mit Beteiligung von Dozierenden) zu dis-                      im Projekt OpenMind.
                                                                                                        kutieren, die SDGs mit ihren Inhalten in die Lebenswelt                      Svenja Bloom ist Eine Welt Promotorin für Junges
                                                                                                        von Studierenden zu übersetzen und anschließend in                           Engagement beim Eine Welt Netz NRW.
                                                                                                        konkrete Handlungsoptionen zu übertragen, ist Inhalt
                                                                                                        und Ziel der OpenMind Veranstaltungen an Hochschu-                           Weitere Informationen:               www.open-globe.de
                                                                                                        len1.

                                                                                                        1  nm.: Das Projekt an sich lässt sich also auch als Beitrag zu SDG 4.7 sehen, das bis 2030 sicherstellen soll, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse
                                                                                                          A
                                                                                                          und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebens-
                                                                                                          weisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kulturel-
                                                                                                          ler Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung (SDG 4.7).
                                                                                                        2 Für weitere Informationen siehe auch: https://eine-welt-netz-nrw.de/mitmachen/junges-engagement/home/, (14.9.2019).
Thematische Einbettung

                                                                                                                              Silke Jakob
                                                                                                            Junge Menschen als Gestaltende
  8                                                                                                         einer globalen Gesellschaft                                                                                                                                                                                                         9

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                       Junge Menschen, die im Jahr 2019 sechzehn, siebzehn         nur die bereits engagierten Jugendlichen Informationen       ben, definieren die Jugendlichen individuell. So können       globaler Ebene zugelassen wird. Die Fridays for Future
                                                                                       oder auch bereits zwanzig oder einundzwanzig sind,          über einzelne Engagementangebote, sondern eben-              sowohl eigene schulische Erfahrungen von Diskriminie-         Bewegung macht dies – ähnlich wie die Jugendlichen,
                                                                                       wachsen in Deutschland in einer scheinbar entgrenzten       falls Lehrer*innen und öffentliche Medienagenturen, die      rung und Mobbing aufgrund von herkunftsbezogenen              die sich bei UNICEF engagieren – durch eine Bezugnah-
                                                                                       Gesellschaft auf. Die Grenzenlosigkeit Europas und die      derlei Informationen über Engagementangebote wei-            Zuschreibungen als ein im Mikrosystem stattfindendes          me zwischen individuellen Lebenslagen und globalen
                                                                                       Reisefreizügigkeit, die mit einem deutschen Pass ge-        tergeben können. Neben der öffentlichen Bekanntheit          Ereignis im Sinne der Normativität der Kinderrechtskon-       Normen und Regeln deutlich. Letztere manifestieren sich
                                                                                       währleistet ist, sowie die Zugänglichkeit zu Informatio-    ermöglicht UNICEF zudem intern ein Netzwerk des Aus-         vention als unrechtmäßig gedeutet werden, da allen Kin-       im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015, wozu sich
                                                                                       nen via Internet sind selbstverständliche Voraussetzung     tauschs und der Informationsweitergabe. Weiterhin stellt     dern laut Artikel 2 „die Achtung der Kindesrechte; Diskri-    195 Länder auf verbindliche Klimaschutzziele einigten.
                                                                                       des Aufwachsens geworden. Kriege und Grenzen, die           UNICEF vielfältige Engagementangebote zur Verfügung.         minierungsverbot“ auf Makroebene zugestanden wird.            Zudem wird die Gestaltung einer globalen Gesellschaft
                                                                                       nur vermuten lassen wie zerbrechlich die vorhandene         Diese sind mitunter sehr stark von Erwachsenen vor-          Umgekehrt kann jedoch die Nutzung eines, von UNICEF           durch die Fridays for Future Bewegung in ihrem weltwei-
                                                                                       Freiheit ist, werden durch Nachrichten übermittelt. Ent-    strukturiert oder es werden Bewerbungsprozesse vor-          Deutschland organisiertem Engagementangebot, wie              ten Anklang, den sie findet, deutlich.6
                                                                                       gegengesetzt aller aktuellen nationalistischen Tendenzen    ausgesetzt. Gleichfalls bestehen Engagementangebote,         der jährliche UNICEF-Juniorbotschafter-Wettbewerb bei
                                                                                       der jetzigen wahlberechtigten Generationen, scheint es      die flexibel von den Jugendlichen genutzt werden kön-        dem Jugendliche aufgefordert sind Aktionen für Kin-           Junge Menschen als Gestaltende einer globalen Gesell-
                                                                                       Hoffnung bei denjenigen Menschen zu geben, die wei-         nen und bei denen ihre individuellen Ideen und Bedürf-       derrechte zu organisieren – also die von Jugendlichen         schaft, so zeigen die beiden Beispiele, machen globale
                                                                                       testgehend bei demokratischen Wahlen ausgeschlossen         nisse eingebracht werden können. Diese Engagementan-         kreative Kodifizierung makrosystemischer Normen – auf         Normen und Regeln zu individuellen Belangen und zei-
                                                                                       sind, die Gesellschaft in der sie leben, jedoch dennoch     gebote werden möglichst wenig von den Erwachsenen            Mikroebene die Anerkennung und Auslebung eigener              gen der Welt, dass nur das Formulieren von Zielen nicht
                                                                                       mitgestalten: So zeigt sich im vierten Freiwilligensurvey   beeinflusst und ermöglichen eine eigenständige Gestal-       kreativer Fähigkeiten bedeuten. Durch die, auf die eigene     ausreicht. n
                                                                                       des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen        tung und Organisation. Somit können sich Jugendliche         Person bezogene Definition was Kinderrechte alles sein

                                                                                                                                                                                                                A
                                                                                       und Jugend (BMFSFJ), dass der Wunsch Gesellschaft           diese Engagementangebote individuell aneignen und            können, werden generelle Normen durch das persönli-
                                                                                       mitzugestalten, zwischen 72,2 Prozent bei den 14 –          auf globale Normen wie die Kinderrechte reagieren bzw.       che Erleben und Gestalten der Jugendlichen nicht nur
                                                                                       17-jährigen und 80,8 Prozent bei den 22 – 25-jährigen       ausgestalten. Die Aneignung der Engagementangebo-            greifbar, sondern auch in ihrer alltäglichen Bedeutsam-       Die Autorin:
                                                                                       und damit als Motiv für Engagement auf Platz vier der       te für eigene Belange und Themen ist dabei unabhängig        keit deutlich. Somit verorten sich die Jugendlichen impli-    Dr. Silke Jakob ist Erziehungswissenschaftlerin. Sie forscht
                                                                                       Auswertung liegt.1 Nicht unwesentlich ist mittlerweile      von der Vorstrukturiertheit der Angebote, da die Jugend-     zit als Teil einer globalen Gesellschaft.                     zum Thema Jugendsozialisation an der Universität Zürich
                                                                                       auch das Internet zur Ausübung des freiwilligen Engage-     lichen diejenigen sind, die die Relevanz der Engagemen-                                                                    und hat sich während ihrer Promotion mit Kinderrechten
                                                                                       ments. Dabei spielen auch soziale Netzwerke, Blogs und      tangebote konstituieren.4                                    Freiwilliges Engagement als Gestaltungsprozess einer          und Engagement von Jugendlichen beschäftigt.
                                                                                       Foren eine bedeutsame Rolle und werden von 54,3 Pro-                                                                     globalen Gesellschaft kann jedoch genauso gut orga-
                                                                                       zent der engagierten Internetnutzer*innen verwendet.2       Gerade die UN-Kinderrechtskonvention, die im Sinne           nisationsunabhängig sein, wie sich zum Beispiel an der        Quellen:
                                                                                       Damit dürfte sich auch die Reichweite des freiwilligen      einer globalen Norm die Arbeit von UNICEF lenkt, bildet      aktuell prominenten Fridays for Future Bewegung zeigen        BMFSFJ (2017): https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/
                                                                                       Engagements erhöhen und längst nicht mehr nur regio-        eine Ordnung ab, der die Idee einer globalen Gesell-         lässt. Ausgangspunkt der Bewegung ist Greta Thunberg,         publikationen/freiwilliges-engagement-junger-menschen/
                                                                                                                                                                                                                                                                              119822 (03.06.2019).
                                                                                       nal Beachtung finden.                                       schaft inhärent ist. Die Kinderrechte bieten zudem eine      16-jährige Aktivistin, die sich für Klimaschutz einsetzt
                                                                                                                                                   breite Basis, auf der Jugendliche ihre eigenen Interessen,   und dafür begann, freitags die Schule zu boykottieren.        Bronfenbrenner, Urie (1981). Die Ökologie der menschlichen
                                                                                       Die globale Gesellschaft ist dabei ein physischer und       Ideen und Anliegen zur Sprache bringen können. The-          Das Fernbleiben der Schule stellt die Aktivistin folgen-      Entwicklung. Stuttgart: Klett.

                                                                                       digitaler Raum geworden, in dem sich Jugendliche ver-       men, die nicht explizit in der UN-Kinderrechtskonvention     dermaßen in einen globalen Zusammenhang, wie un-              Deutsche Welle (DW) (2019): https://www.dw.com/
                                                                                       orten, Freundschaften pflegen, sich austauschen, ge-        formuliert sind, können die Jugendlichen jedoch inner-       übersehbar auf der Webseite der Fridays for Future Be-        de/fridays-for-future-sch%C3%BClerproteste-in-rund-
                                                                                                                                                                                                                                                                              100-l%C3%A4ndern/a-47905709 (03.06.2019).
                                                                                       genseitig helfen und voneinander lernen.3 Freiwilliges      halb der generellen Idee der Partizipationsrechte, welche    wegung zu lesen ist: “Why should I be studying for a future
                                                                                       Engagement und Engagementangebote können dabei              respektive in Artikel 12 und 13 der UN-Kinderrechtskon-      that soon may be no more, when no one is doing anything to    Europäische Union: https://ec.europa.eu/clima/policies/
                                                                                                                                                                                                                                                                              international/negotiations/paris_de (03.06.2019).
                                                                                       Möglichkeiten sein, um Gestaltungsprozesse vor dem          vention formuliert ist, einbringen. Mit dem Einbringen       save that future?” (Greta Thunberg).
                                                                                       Hintergrund einer globalen Gesellschaft zu ermöglichen.     eigener Themen und wichtiger Belange verbindet sich                                                                        Fridays for Future: https://fridaysforfuture.de/ (03.06.2019).
                                                                                                                                                   das Mikro- mit dem Makroystem der Jugendlichen. Mit          Damit wird die Bezogenheit der eigenen Zukunft auf den        Jakob, Silke (2019): Engagierte Jugendliche bei UNICEF. Biogra-
                                                                                       Beispiel solcher Engagementangebote ist UNICEF              dem Mikrosystem sind z.B. zwischenmenschliche Bezie-         gesamtgesellschaftlichen, globalen Kontext deutlich. Die      fische Rekonstruktionen und organisationelle Ermöglichungs-
                                                                                       Deutschland. Die dortige Angebotsstruktur zeichnet          hungen gemeint, wohingegen das Makrosystem Werte,            Zukunft einer*eines jeden Jugendlichen ist somit un-          strukturen. Leverkusen: Barbara Budrich.

                                                                                       sich durch ihre öffentliche Bekanntheit und gleichzei-      Normen, Konventionen und dergleichen beschreibt.5            weigerlich innerhalb der Möglichkeiten verortet, die auf
                                                                                       tigem internem Netzwerk aus. Dadurch erhalten nicht         Welche Bedeutung die beiden Systeme zueinander ha-

                                                                                       1   BMFSFJ (2017), S.28.                                                                                                 6   vgl. DW (2019).
                                                                                       2   BMFSFJ (2017), S.24.
                                                                                       3   vgl. BMFSFJ (2017).
                                                                                       4   Jakob (2019).
                                                                                       5   Bronfenbrenner (1981).
A
                                                                                                                                                                                                                                                                                Thematische Einbettung

                                                                                                                            Niko Paech
                                                                                                                       Postwachstumsökonomie: Lebensqualität
10                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        11
                                                                                                                       durch Selbstbegrenzung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                       Einleitung
                                                                                       Sämtliche Anläufe einer ökologischen Modernisierung,        Alles ist verdrahtet, an jedem Ort und zu jeder Zeit güns-    der Drang, möglichst viel mitzunehmen, eine entspre-         Wirkung des Konsums fällt nicht vom Himmel, sondern
                                                                                       die ein „grünes“ Wachstum und damit eine politisch          tig erhältlich. Deshalb ist modernes Leben so komforta-       chend hohe Geschwindigkeit verlangt, mit der sofort          bedarf stets einer Vorbereitung, die nie ohne Zeitinput
                                                                                       leicht zu vermittelnde Umgehung jeglicher Anspruchs-        bel – und doch zugleich so schwer. Denn zwei einander         zum nächsten Ereignis davongeeilt wird. Folglich gerät       zu haben ist, aber noch nicht zur Steigerung des Nutzens
                                                                                       mäßigung versprachen, sind grandios gescheitert. Der        verstärkende Mechanismen konterkarieren das Glücks-           jede Balance zwischen horizontaler Vorwärtsbewegung          führt.
                                                                                       Versuch, moderne Konsumkulturen, die auf einer zu-          versprechen einer unbeschränkten Möglichkeitsvermeh-          und vertikaler Vertiefung zulasten der Letzteren aus den
                                                                                       nehmenden Entgrenzung materieller Freiheiten beru-          rung: Erstens macht sich Erschöpfung infolge des Abar-        Fugen. Wenn Konsum zum flüchtigen Überkonsum de-             Güter, deren Verwendung kein minimales Zeitfixum
                                                                                       hen, durch technische Vorkehrungen von ökologischen         beitens einer kaum zu bewältigenden Ereignis- und Op-         generiert, kehrt sich die durch ihn angestrebte Wirkung      beansprucht, bevor die eigentliche Ausschöpfung der
                                                                                       Schäden abzukoppeln, haben zuweilen sogar das Ge-           tionendichte breit, die zweitens auf grassierende Inhalts-    ins direkte Gegenteil um.                                    Nutzen stiftenden Potenziale im Rahmen der variablen
                                                                                       genteil bewirkt. Vor dem Trümmerhaufen geplatzter           leere trifft, weil die einzelnen Optionen nur noch flüchtig                                                                Konsumzeit beginnen kann, dürften eine Ausnahme dar-
                                                                                       Fortschrittsverheißungen formieren sich innerhalb der       „angetriggert“ werden können. Überfluss und Vielfalt          Suffizienz als zeitökonomische Rationalität                  stellen. Vielmehr führen die Proliferation des verfügba-
                                                                                       Nachhaltigkeitsforschung wachstumsskeptische Po-            an Möglichkeiten, die alle erschlossen werden wollen,         Die im Folgenden skizzierte zeitökonomische Theorie          ren Variantenreichtums sowie der räumlich und zeitlich
                                                                                       sitionen. Sie firmieren unter Bezeichnungen wie „De-        führen in eine unerträgliche Leichtigkeit – zutreffender:     der Suffizienz gründet auf einem simplen bereits weiter      entgrenzten Beschaffungsmöglichkeiten tendenziell zur
                                                                                       growth“1, „Steady State“2, „Décroissance“3, „Decrescita“4   Seichtigkeit – des Seins. Denn damit Konsumaktivitäten        oben beschriebenen Sachverhalt: Damit Konsumaktivi-          Erhöhung der fixen Konsumzeit, weil zwischen einer im-
                                                                                       oder „Postwachstumsökonomie“5. Von letzterer handelt        überhaupt Nutzen stiften können, muss ihnen ein Mi-           täten überhaupt Nutzen stiften können, muss ihnen ein        mer größeren Anzahl verfügbarer Angebote entschieden
                                                                                       der vorliegende Beitrag, insbesondere dem darin enthal-     nimum an Aufmerksamkeit gewidmet werden. Da aber              Minimum an eigener Zeit gewidmet werden. Die indivi-         werden muss. Auch die ausufernden Kommunikationska-
                                                                                       tenen Konzept der Suffizienz als eine Form der klugen       das Angebot an Optionen geradezu explodiert, der Tag          duelle Überladung mit Produkten, Services und Events         näle, die das konsumierende Subjekt ständig mit neuen
                                                                                       Selbstbegrenzung.                                           aber nach wie vor nur 24 Stunden hat, verschärft sich die     kann eine kritische Grenze erreichen, denn wenn die          Informationen über käufliche Selbstentfaltungsmöglich-
                                                                                                                                                   Verwendungskonkurrenz um die nicht vermehrbare Res-           pro Aktivität verfügbare Zeit unter ein bestimmtes Mi-       keiten konfrontieren, verbrauchen Zeit, weil die übermit-
                                                                                       Zeitökonomische Grenzen                                     source Zeit, insbesondere, wenn sie sich auf eine immer       nimum zu fallen droht, ergibt sich eine unvermeidliche       telten Reize verarbeitet werden müssen.
                                                                                       Der expansive Charakter moderner Freiheitsauslegun-         größere Anzahl von Konsumobjekten verteilt. Jedem ein-        Konsequenz: Das „Viel-Haben tritt in Widerspruch zum
                                                                                       gen wird einer gewandelten Realität nicht mehr gerecht.     zelnen davon wird ein zusehends geringeres Quantum            Gut-Leben“7. Somit bildet die Allokation des individuell     Demgegenüber erstreckt sich der variable Zeitanteil auf
                                                                                       Frühe Phasen der Moderne waren nicht nur von materi-        an Aufmerksamkeit zuteil. Damit wird die minimal erfor-       verfügbaren Zeitbudgets ein unvermeidbares Entschei-         die eigentliche Verwendung oder den Gebrauch, also je-
                                                                                       eller Knappheit, sondern einer noch nicht ausgeschöpf-      derliche Zeit zum Ausschöpfen konsumtiver Optionen            dungsproblem. Relevant ist dabei eine individuelle Zeit-     ne Phase, die überhaupt erst Nutzensteigerungen gene-
                                                                                       ten menschlichen Aufnahmekapazität für zusätzliche          zum Engpassfaktor6.                                           restriktion, weil für konsumtive Zwecke nur verfügbar        riert. Was an fixer Konsumzeit verbraucht wird, um die
                                                                                       Optionen konsumtiver Selbststeigerung geprägt. Dieses                                                                     ist, was von der Tages-, Jahres- oder Lebensspanne nach      Suche, Informationsverarbeitung und Entscheidungs-
                                                                                       Zweigestirn aus Haben-wollen und Verarbeiten-können         Wenn immer mehr Handlungsoptionen, Informations-              Abzug anderer Zeitverwendungen übrig bleibt, nämlich         vorbereitung zu bewältigen, verringert die verbleibende
                                                                                       war der Motor einer Ausdehnungsbewegung, die fol-           verarbeitung und Entscheidungsbedarfe auf ein nicht           (1) Einkommenserwerb, (2) Einbezogenheit in die Pro-         variable Zeit, die zur Steigerung des Nutzens notwendig
                                                                                       gerichtig mit Freiheitsgewinnen gleichgesetzt werden        vermehrbares Potenzial an Aufmerksamkeit treffen,             duktion/Nutzung marktfreier Güter und (3) Intimsphäre        ist. Wenn nach Ausschöpfen des gesamten Zeitbudgets
                                                                                       konnte. Inzwischen zeichnet sich ein Stadium der kaum       nimmt zwar der Konsumwohlstand rechnerisch zu, aber           (Schlafen, Essen, Körperpflege etc.). Weiterhin lässt sich   eine weitere Konsumaktivität hinzugefügt wird, kann
                                                                                       mehr zu bewältigenden Überladung ab. Alle Dimensi-          seine positive Wirkung bleibt nicht nur auf der Strecke,      das knappe Zeitbudget in fixe und variable Konsumzeit        dies den Nutzen jener Güter verringern, deren variabler
                                                                                       onen menschlicher Existenz sind okkupiert und vollge-       sondern kann sich sogar umkehren. An die Stelle lust-         unterteilen.8 Die Erstgenannte entspricht jenem Zei-         Zeitanteil zugunsten des zusätzlichen Gutes notwendi-
                                                                                       pfropft: Die Ökosphäre, die Landschaft, die Städte, die     voller Ausschöpfung tritt das buchstäblich oberfläch-         tinput, der für eine vorherige Informationsbeschaffung       gerweise zu verringern wäre. Somit wären Konstellati-
                                                                                       Häuser, die Terminkalender, die Freizeit, die Mobilität,    lichste Prinzip einer Aneignung, nämlich das Scannen          zwecks Auswahl und Vergleich verschiedener Angebote,         onen denkbar, in denen zusätzlicher Konsum das Nut-
                                                                                       die Bildung, die Vorsorge, das Portfolio beruflicher Ent-   und Surfen auf einem Ozean der Möglichkeiten, in den          die Kaufentscheidung, die Abwicklung des Kaufs oder          zenniveau senkt, weil er andere Güter, die um dieselbe
                                                                                       faltung, die digitalen Kommunikationskanäle inklusiver      an keiner Stelle mehr eingetaucht werden kann. Für das        gegebenenfalls für eine Installation und Einarbeitung in     knappe Zeit „konkurrieren“, entwertet oder gänzlich
                                                                                       neuer sozialer Netze, die bis in die letzten Nischen des    zur Kontemplation nötige Verweilen fehlt es an Zeit, weil     die Bedienung notwendig ist. Mit anderen Worten: Die         nutzlos werden lässt. >
                                                                                       Alltags reichen.

                                                                                       1   D’Alisa/Demaria/Kallis (2016).                                                                                        7   Sachs (2002), S. 214.
                                                                                       2   Daly (1977).                                                                                                          8   vgl. Paech (2010).
                                                                                       3   Latouche (2006).
                                                                                       4   Pallante (2005).
                                                                                       5   vgl. Paech (2012).
                                                                                       6   vgl. Paech (2010).
A
                                                                                                                                                                                                                                                                                   Thematische Einbettung

12                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     13

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                       Unter diesen Prämissen kann ein möglichst hohes Ni-            nun freigestellten 20 Stunden würden Spielräume für           Moderne Subsistenz bedeutet Autonomie, insbesondere
                                                                                       veau an Wohlbefinden die Konzentration auf ein be-             handwerkliche Ergänzungsleistungen und kooperative            sich durch subversive Taktiken unabhängig(er) von Geld-
                                                                                       grenztes Spektrum von Konsumaktivitäten vorausset-             Formen der Selbstversorgung eröffnen.                         und Industrieversorgung zu machen. Das Rezept ist
                                                                                       zen. Dies würde mit Versorgungsmustern harmonieren,                                                                          einfach: Industriegüter werden durch eigene Produktion
                                                                                       die sich Einfachheit als Lebenskunst zu Eigen machen,          a. Nutzungsintensivierung durch Gemeinschaftsnutzung:         ersetzt oder durch selbsttätige und kooperative Subsis-
                                                                                       um „[b]ewusst ein Desinteresse für zu viel Konsum zu           Wer die Nutzung von Gebrauchsgegenständen mit an-             tenzleistungen „gestreckt“, um das Potenzial der Bedürf-
                                                                                       pflegen“9. Wer sich eines ausufernden Konsum- und Mo-          deren Personen teilt, trägt dazu bei, industrielle Herstel-   nisbefriedigung einer bestimmten Produktionsmenge zu
                                                                                       bilitätsballastes entledigt, verzichtet also nicht, sondern    lung durch soziale Beziehungen zu ersetzen. Doppelte          vervielfachen. Dazu sind drei Ressourcen nötig: Erstens
                                                                                       optimiert letztlich den zeitabhängigen Nutzen. Sich klug       Nutzung bedeutet halbierter Bedarf. Verschenkmärkte,          handwerkliches Improvisationsgeschick, künstlerische
                                                                                       jener Last zu entledigen, die viel Zeit kostet, aber nur mi-   Tauschbörsen, -ringe und -partys sind weitere Elemente.       und substanzielle Kompetenzen. Zweitens eigene Zeit-
                                                                                       nimalen Nutzen stiftet, führt im Übrigen zu mehr Unab-                                                                       ressourcen, denn manuelle Verrichtungen, die energie-
                                                                                       hängigkeit vom volatilen Marktgeschehen, von Ressour-          b. Nutzungsdauerverlängerung: Wer durch handwerkli-           und kapitalintensive Industrieproduktion ersetzen, sind
                                                                                       cen, Geld und Erwerbsarbeit. Suffizienz bedeutet daher         che Fähigkeiten oder manuelles Improvisationsgeschick         entsprechend arbeitsintensiv. Drittens sind soziale Netze
                                                                                       auch Angstfreiheit, denn wer weniger benötigt, ist auch        die Nutzungsdauer von Konsumobjekten erhöht – zu-             wichtig, damit sich verschiedene Neigungen und Talente
                                                                                       weniger angreifbar.                                            weilen reicht schon die achtsame Behandlung, um frü-          synergetisch ergänzen können.
                                                                                                                                                      hen Verschleiß zu vermeiden –, substituiert materielle
                                                                                                                                                      Produktion durch eigene produktive Leistungen, ohne           Als Ergänzung zu einer zurück gebauten Industrie und
                                                                                       Konturen einer Postwachstumsökonomie                           auf Konsumfunktionen zu verzichten. Wo es gelingt, die        den beschriebenen Subsistenzpraktiken kommt der Regi-
                                                                                       Nur durch den Rückbau des Industriemodells zu einer            Nutzungsdauer durch Instandhaltung, Reparatur, Umbau          onalökonomie die Rolle zu, durch professionelle – jedoch    Der Autor:
                                                                                       „Postwachstumsökonomie“ können sozial stabile und              etc. durchschnittlich zu verdoppeln, könnte die Produkti-     weitaus weniger technisiert, spezialisiert und globali-     Apl. Prof. Dr. Niko Paech ist Volkswirt. Er lehrt und forscht
                                                                                       global faire Versorgungsstrukturen entstehen, die in-          on neuer Objekte entsprechend halbiert werden. Offene         siert – jene verbleibenden Versorgungsbereiche auszu-       an der Universität Siegen als außerplanmäßiger Professor im
                                                                                       nerhalb ökologischer Belastungsgrenzen auf andere              Werkstätten, Reparatur-Cafés und Netzwerke des hierzu         füllen, die einerseits aus ökologischen Gründen nicht in    Bereich der Pluralen Ökonomik.
                                                                                       Kontinente übertragbar sind. Demnach müsste jede*r             nötigen Leistungs- und Erfahrungstausches10 würden            der Industrie verbleiben sollen, andererseits den Subsis-
                                                                                       Erdbewohner*in seine Bedürfnisse im Rahmen eines in-           dazu beitragen, ein modernes Leben mit weniger Geld           tenzbereich überfordern würden. Eine derart multiple
                                                                                       dividuellen CO2-Kontingentes von ca. 2,5 Tonnen befrie-        und Produktion zu ermöglichen.                                Versorgung steigert die Krisenresistenz und mindert den     Quellen:
                                                                                       digen können, sonst ist das Zwei-Grad-Klimaschutzziel                                                                        Wachstumsdruck, weil monetäres durch soziales Kapital       D’Alisa, G./Demaria, F./Kallis, G. (2016): Das Degrowth-Hand-
                                                                                       bei 7,6 Mrd. Menschen nicht zu erreichen. Seit dem             c. Eigenproduktion: Im Nahrungsmittelbereich erweisen         ersetzt wird. Mit dem hierzu nötigen Übungsprogramm         buch, München.

                                                                                       grandiosen Scheitern „grüner“ Wachstumsträume ver-             sich Hausgärten, Dachgärten, Gemeinschaftsgärten und          kann jederzeit begonnen werden – auch ohne Verände-         Daly, H. (1977): Steady-State Economics, Washington.
                                                                                       bleibt als Option lediglich ein – gemessen an derzeitigen      andere Formen der urbanen Landwirtschaft als Möglich-         rung politischer Rahmenbedingungen. n                       Latouche, S. (2006): Le pari de la décroissance, Paris.
                                                                                       europäischen Verhältnissen – drastisch verkleinertes           keit einer partiellen De-Industrialisierung. Künstlerische
                                                                                                                                                                                                                                                                                Paech, N. (2010): Nach dem Wachstumsrausch: Eine zeitökono-
                                                                                       Industriesystem, erweitert um eine Regional- sowie eine        und handwerkliche Betätigungen reichen von der kre-                                                                       mische Theorie der Suffizienz, in: Zeitschrift für Sozialökonomie
                                                                                       Subsistenzökonomie. Wenn für jede erwachsene Person            ativen Wiederverwertung ausrangierter Gegenstände                                                                         47/166-167, S. 33-40.
                                                                                       nach einem Rückbau der kommerziellen Ökonomie auf              – z.B. zwei kaputte Computer ausschlachten, um daraus                                                                     Paech, N. (2012): Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die
                                                                                       die Hälfte der momentanen Größe eine 20-Stunden-Be-            ein funktionsfähiges Gerät zu basteln – über selbst ge-                                                                   Postwachstumsökonomie, München.
                                                                                       schäftigung verfügbar wäre, ließe sich damit immer noch        fertigte Holz- oder Metallobjekte bis zur semi-professio-
                                                                                                                                                                                                                                                                                Pallante, M. (2005): La decrescita felice. La qualità della vita non
                                                                                       eine sparsame Konsumausstattung finanzieren. Und die           nellen Marke „Eigenbau“.                                                                                                  dipende dal PIL, Roma.

                                                                                                                                                                                                                                                                                Sachs (2002): Nach uns die Zukunft, Frankfurt.

                                                                                       9    Sachs (2002), S. 215.
                                                                                       10    vgl. DW (2019).
Thematische Einbettung

14                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               15
                                                                                                Manuel Blendin

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                           Der Faire Handel als Beitrag für eine
                                                                                           nachhaltige Entwicklung

                                                                                       Fairer Handel – warum eigentlich?                            Auf dieser Basis haben sich die Akteure der Fair-Han-      rungen auf politischer Ebene ein. Das geschieht durch                      nur darum, „Zeichen zu setzen“, sondern den Handel
                                                                                                                                                    dels-Bewegung auf die folgenden Grundsätze für ihre        Kampagnen, die gerechte Regeln in der internationalen                      auszuweiten und Handelspartner*innen durch verbes-
                                                                                       Der globale Handel und der globale Reichtum nehmen
                                                                                                                                                    Arbeit geeinigt. Der Faire Handel                          Handelspolitik einfordern und sich an den Menschen-                        serte Bedingungen beim Export zu unterstützen. Dies ist
                                                                                       zu. Doch dieser Wohlstand ist ungleich verteilt. Armut,
                                                                                                                                                    n schafft Marktzugang;                                    rechten und dem Schutz der Umwelt orientieren. Ein                         gelungen. Fair gehandelte Produkte sind heutzutage in
                                                                                       Hunger und Klimakatastrophen gehören für viele Men-
                                                                                                                                                                                                               weiterer Tätigkeitsschwerpunkt ist die Bildungsarbeit.                     jedem Supermarkt zu finden. Die größte Auswahl findet
                                                                                       schen zum Alltag. Die aktuellen Welthandelsbeziehun-         n setzt auf langfristige, faire und partnerschaftliche
                                                                                                                                                                                                               Engagierte der Fair-Handels-Bewegung aus Weltläden                         sich nach wie vor in den Weltläden, den Fachgeschäften
                                                                                       gen tragen nicht zur Beseitigung dieser Probleme bei            Handelsbeziehungen;
                                                                                                                                                                                                               und Initiativen zeigen beispielsweise bei Aktionstagen                     des Fairen Handels.
                                                                                       – vielmehr verschärfen sie diese an vielen Stellen. Die      n bietet den Produzent*innen faire Preise;
                                                                                                                                                                                                               die globalen Auswirkungen des individuellen Konsums
                                                                                       konventionelle Wirtschaft verfolgt das Ziel den Umsatz
                                                                                                                                                    n sichert die Rechte von Arbeiter*innen und               auf und motivieren Verbraucher*innen zu entwicklungs-                      Fairer Handel in Deutschland
                                                                                       zu steigern und die Produktionskosten immer weiter zu
                                                                                                                                                       Kleinbäuer*innen und stärkt deren Position;             politischem Engagement.                                                    – aktuelle Bestandsaufnahme

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               A
                                                                                       senken. Verlierer*innen sind Millionen von Menschen,
                                                                                                                                                    n sichert Rechte von Kindern und fördert die Gleichbe-                                                                               Die Bedeutung des Fairen Handels in Deutschland
                                                                                       die unsere Waren anbauen und produzieren. Trotz harter
                                                                                                                                                       rechtigung von Frauen;                                  Historischer Rückblick                                                     nimmt zu. Am konkretesten lässt sich die positive Ent-
                                                                                       Arbeit haben viele von ihnen kaum Chancen ihre Le-
                                                                                                                                                    n fördert den Umweltschutz, z. B. durch Umstellung auf    Der Faire Handel ist Anfang der 1970er Jahre in Eu-                        wicklung am stetig wachsenden Umsatz mit Produkten
                                                                                       bensumstände zu verbessern. Diese Ungerechtigkeit be-
                                                                                                                                                       biologische Landwirtschaft;                             ropa als Protest und Antwort auf die Ungerechtigkeit                       aus Fairem Handel in Deutschland ablesen. Mit rund 1,7
                                                                                       trifft vor allem Kleinbäuer*innen, Kleinproduzent*innen
                                                                                                                                                                                                               des Welthandels entstanden. Aus Kritik an der offiziel-                    Milliarden Euro zu Endverbraucherpreisen erreichte der
                                                                                       und Arbeiter*innen im Globalen Süden.                        n leistet Bildungs- und politische Kampagnenarbeit, um
                                                                                                                                                                                                               len Entwicklungspolitik organisierten 1970 kirchliche                      Faire Handel in Deutschland im Geschäftsjahr 2018 ein
                                                                                                                                                       die Regeln des Welthandels gerechter zu gestalten.
                                                                                       Der Faire Handel – Grundlagen                                                                                           Jugendgruppen sogenannte „Hungermärsche“ in 70                             neues Umsatzhoch. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat
                                                                                                                                                                                                               deutschen Städten, um auf die Missstände im Welthan-                       sich der Umsatz im Fairen Handel verfünffacht. Es ist al-
                                                                                       Die folgende internationale Definition fasst die Ziele des   In diesen Grundsätzen steht der Mensch im Mittel-
                                                                                                                                                                                                               del aufmerksam zu machen. In den Folgejahren boten                         lerdings noch viel Luft nach oben, wie das umsatzstärks-
                                                                                       Fairen Handels zusammen:                                     punkt. Darin unterscheidet sich der Faire Handel von
                                                                                                                                                                                                               immer mehr Aktionsgruppen und Weltläden fair ge-                           te Produkt im Fairen Handel, der Kaffee, zeigt. Gemes-
                                                                                                                                                    anderen Nachhaltigkeitsansätzen. Er zielt darauf ab,
                                                                                       Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf                                                                 handelte Waren an. Der „Alternative Handel“ war ge-                        sen am Gesamtabsatz von Röstkaffee in Deutschland
                                                                                                                                                    Produzent*innen zu stärken. Das geschieht beispiels-
                                                                                       Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr                                                                    boren. In den ursprünglichen Kriterien zur Auswahl der                     liegt der Marktanteil nur bei rund 5 Prozent.
                                                                                                                                                    weise durch Zahlung von fairen Preisen, der Vorfinanzie-
                                                                                       Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bes-                                                              Produzent*innen und Produkte wurden zwei Aspekte
                                                                                                                                                    rung von Waren und langfristigen Handelsbeziehungen.
                                                                                       sere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rech-                                                                von Anfang an betont: Zum einen sollten die Importe                        Dass immer mehr Menschen fair einkaufen, belegt auch
                                                                                                                                                    Fair-Handels-Produkte stammen von Genossenschaften,
                                                                                       te für benachteiligte Produzent*innen und Arbeiter*innen                                                                und die Vermarktung so gestaltet werden, dass Produ-                       eine Verbraucher*innenbefragung zum Fairen Handel
                                                                                                                                                    Produzent*innen-Netzwerken und Unternehmen, die
                                                                                       – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der                                                                  zentengruppen „in Übersee“ selbstverantwortlich über                       aus dem Jahr 20181. Danach gaben zwei Drittel der
                                                                                                                                                    sich diesen Fair-Handels-Grundsätzen verpflichten. Der
                                                                                       Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung.                                                                 ihre Entwicklungsschritte entscheiden. Wichtig war zum                     Befragten an, fair gehandelte Produkte zu kaufen. Der
                                                                                                                                                    Handel und die Vermarktung erfolgen über zwei ver-
                                                                                       Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemein-                                                                    anderen auch der Wunsch nach einem verantwortlichen                        Anteil der Käufer*innen in der Bevölkerung ist zwischen
                                                                                                                                                    schiedene, aber komplementäre Kanäle: Der unterneh-
                                                                                       sam mit Verbraucher*innen) für die Unterstützung der                                                                    Umgang mit der Umwelt.                                                     2009 (44,1 %) und 2018 (68,7 %) um gut die Hälfte ge-
                                                                                                                                                    mensbezogene Weg stützt sich auf spezialisierte Unter-
                                                                                       Produzent*innen, die Bewusstseinsbildung sowie die Kam-                                                                                                                                            stiegen. Und auch in der Politik gibt es eine Sensibilisie-
                                                                                                                                                    nehmen wie die Fair-Handels-Importorganisationen. Der
                                                                                       pagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des                                                              Die wegweisenden Kriterien und die erfolgreiche An-                        rung für das Thema. >
                                                                                                                                                    zweite Weg ist die Zertifizierung und Siegelung ausge-
                                                                                       konventionellen Welthandels.                                                                                            wendung haben dazu beigetragen, dass der Alternative
                                                                                                                                                    wählter Produkte (produktbezogener Fairer Handel).
                                                                                                                                                                                                               Handel im Laufe der 80er Jahre zum Fairen Handel avan-
                                                                                                                                                                                                               cierte. Die Handelspartner*innen wollten mehr Produkte
                                                                                                                                                    Doch ein anderes Konsumverhalten der Verbraucher*in­
                                                                                                                                                                                                               zu besseren Bedingungen verkaufen und der Einzelhan-
                                                                                                                                                    nen im Globalen Norden alleine kann die strukturellen
                                                                                                                                                                                                               del war daran interessiert, die zunehmende Nachfrage
                                                                                                                                                    Probleme im Welthandel nicht lösen. Daher setzt sich
                                                                                                                                                                                                               nach fairen Produkten zu bedienen. Es ging nicht mehr
                                                                                                                                                    die Fair-Handels-Bewegung von Anbeginn für Verände-

                                                                                                                                                                                                               1    eitere Informationen zur „Verbraucherbefragung zum Fairen Handel 2018“ erhalten Sie unter www.forum-fairer-handel.de/verbraucherbefragung
                                                                                                                                                                                                                   W
                                                                                                                                                                                                                   (16.09.2019).
Thematische Einbettung

                                                                                                                                                                                                                                                        Wolfgang Obenland
16                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               17
                                                                                                                                                                                                                                          Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                                                                                                                                                                               – Instrument für Nachhaltigkeit –
                                                                                                                                                                                                                                                 nicht Selbstzweck

                                                                                       Fairer Handel und Nachhaltigkeit                                                                                                                   193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verab-         2 Die Agenda 2030 ist eine Agenda
                                                                                       – eine kritische Reflexion                                                                                                                         schiedeten am 25. September 2015 einstimmig die            für alle Länder
                                                                                                                                                                                                                                          Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Bereits mit       Anders als klassische Entwicklungsagenden der Ver-
                                                                                       Seit fast 5o Jahren zeigt der Faire Handel, dass Handel
                                                                                                                                                                                                                                          ihrem Titel „Transformation unserer Welt“ signalisieren    gangenheit hebt die Agenda 2030 die Dichotomie von
                                                                                       zum Wohle der Menschen und im Einklang mit der Um-
                                                                                                                                                                                                                                          die Regierungen den Anspruch, dass die Agenda grund-

                                                                                                                               A
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Entwicklungs- und Industrieländern insofern auf, dass
                                                                                       welt möglich ist. Er ist aber eingebunden in ein Wirt-
                                                                                                                                                                                                                                          legende Veränderungen in Politik und Gesellschaft an-      sie Problembereiche anspricht, die in unterschiedlichem
                                                                                       schaftssystem, das Wachstum zum Überleben braucht
                                                                                                                                                                                                                                          stoßen soll.                                               Maße für alle Länder relevant sind.
                                                                                       und die Regelungen den Marktkräften überlässt. Mit
                                                                                       der Ausweitung des praktischen Handels ging auch für
                                                                                                                                                                                                                                          Besondere Prominenz erlangten die in der Agenda ange-      Die Agenda 2030 gilt also auch und gerade für die Län-
                                                                                       die Fair-Handels-Unternehmen der Druck einher, sich
                                                                                                                                                                                                                                          legten 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable   der des Globalen Nordens und für Deutschland: (1) Der
                                                                                       stärker den üblichen Marktregeln anzupassen. Die fair
                                                                                                                                                                                                                                          Development Goals, SDGs). Sie definieren in allgemei-      SDG-Katalog umfasst Ziele, die die interne Situation
                                                                                       gehandelten Produkte stehen im Wettbewerb mit rein
                                                                                                                                                                                                                                          nen Worten sowie ausdifferenziert in 169 Zielvorgaben,     Deutschlands betreffen. Hierzu gehören zum Beispiel
                                                                                       kommerziell gehandelten Produkten und die Bereitschaft
                                                                                                                                                                                                                                          was die Regierungen sich bis 2030 (bzw. 2020 für einige    Ziele in den Bereichen Bildung, Gesundheit und soziale
                                                                                       der Verbraucher*innen, mit einem höheren Preis die so-
                                                                                                                                                                                                                                          der Zielvorgaben primär im Umweltbereich) vorgenom-        Sicherung. (2) Einige Ziele der Agenda 2030 adressieren
                                                                                       zialen und ökologischen Leistungen des Fairen Handels
                                                                                                                                                                                                                                          men haben.                                                 die externen Effekte der deutschen Politik und Wirt-
                                                                                       zu honorieren, ist begrenzt.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     schaft jenseits der Landesgrenze bspw. Ziele zur Redu-
                                                                                                                                                                                                                                          Die Agenda 2030: Universalität x 6
                                                                                       Was hat der Faire Handel nach fast 50 Jahren be-                             Der Autor:                                                            Inhaltlich wie strukturell unterscheidet sich die Agenda
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     zierung des Ressourcenverbrauchs. (3) Der SDG-Katalog
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     enthält schließlich Ziele, die die internationale Verant-
                                                                                       wirkt? Bei der Schaffung von Marktzugang für margi-                          Manuel Blendin ist Geschäftsführer beim Forum Fairer
                                                                                                                                                                                                                                          2030 von ähnlichen Vorgänger-Programmen. Hervorste-        wortung Deutschlands betreffen.
                                                                                       nalisierte Produzent*innen und der Veränderung des                           Handel in Berlin.
                                                                                                                                                                                                                                          chendstes Merkmal der Agenda 2030 ist dabei ihr auf
                                                                                       Verbraucher*innenverhaltens in Deutschland hin zu
                                                                                                                                                                                                                                          Universalitäten und Interdependenzen ausgerichteter
                                                                                       sozial und ökologisch orientiertem Konsum hat die Fair-
                                                                                                                                                                                                                                          Ansatz. Dabei lassen sich sechs „Grenzüberschreitun-       3 Die Agenda 2030 adressiert alle politi­
                                                                                       Handels-Bewegung einiges erreicht. Doch bezüglich der
                                                                                                                                                                                                                                          gen“ voneinander unterscheiden:                            schen Ebenen
                                                                                       Schaffung von politischen Rahmenbedingungen für ein
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Besondere Berücksichtigung findet in der Agenda 2030
                                                                                       gerechtes Weltwirtschaftssystem können keine grö-
                                                                                                                                                                                                                                          1 Die Agenda 2030 ist eine Nachhaltigkeits­                die Erkenntnis, dass zur Erreichung der 17 SDGs Um-
                                                                                       ßeren Erfolge vorgewiesen werden. Dies setzt tiefer-
                                                                                                                                                                                                                                          agenda im umfassenden Sinne                                setzungsmaßnahmen auf allen politischen Ebenen – von
                                                                                       greifendere gesellschaftliche Veränderungen voraus als
                                                                                                                                                                                                                                          Die Agenda 2030 zum einen die drei klassischen Dimen-      der globalen bis zur lokalen – nötig sein werden. Die He-
                                                                                       die Fair-Handels-Bewegung sie bisher erreichen konn-
                                                                                                                                                                                                                                          sionen nachhaltiger Entwicklung (Soziales, Ökonomie        rausforderung bei der nationalen Umsetzung der SDGs
                                                                                       te. Der Faire Handel braucht also einen grundlegen-
                                                                                                                                                                                                                                          und Ökologie) und geht mit ihren Vorgaben zu SDG 16        besteht darin, diejenigen Zielvorgaben zu bestimmen,
                                                                                       den gesellschaftlichen Wandel, eine sozial-ökologische
                                                                                                                                                                                                                                          („Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nach-   die in besonderer Weise als Wegweiser für die zukunfts-
                                                                                       Transformation. Und gleichzeitig ist er schon Teil dieser
                                                                                                                                                                                                                                          haltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur     gerechte Entwicklung Deutschlands dienen können,
                                                                                       Veränderung.2 n
                                                                                                                                                                                                                                          Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschafts-     ohne dabei die Umsetzung aller Ziele aus dem Auge zu
                                                                                                                                                                                                                                          pflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen    verlieren. Dabei gilt aber auch, dass auch die nachgeord-
                                                                                                                                                                                                                                          aufbauen“) sogar darüber hinaus. Damit wird auch aner-     neten Gebietskörperschaften, von den Bundesländern
                                                                                                                                                                                                                                          kannt, dass bestimmte Erfolge in einer der Dimensionen     bis zu den Gemeinden, mitgenommen werden müssen
                                                                                                                                                                                                                                          – bspw. die Beendigung absoluter Einkommensarmut           und für sie die nötigen (bspw. finanziellen) Rahmenbe-
                                                                                                                                                                                                                                          – nur dann erreicht werden kann, wenn auch in allen an-    dingungen geschaffen werden müssen. Ähnliches gilt für
                                                                                       2    um Thema „Gesellschaftliche Transformation durch Fairen Handel?“ fand in 2018 ein Fair-Handels-Kongress statt, dessen Ergebnisse umfassend
                                                                                           Z
                                                                                                                                                                                                                                          deren Bereichen Erfolge erzielt werden, bspw. im Klima-    die regionale Ebene. >
                                                                                           dokumentiert sind und um weiterführende Beiträge zur Debatte ergänzt wurden. Dieser Tagungsband steht unter www.forum-fairer-handel.de/
                                                                                           bestellung (16.09.2019) zum Download und zur kostenlosen Bestellung bereit.                                                                    schutz, der Schaffung menschenwürdiger Arbeit und der
                                                                                                                                                                                                                                          Korruptionsbekämpfung.
Thematische Einbettung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                          A
                                                                                       4 Die Agenda 2030 will mehr sein                                           6 Die Agenda 2030 ist mehr als eine Auf­                                 Festzuhalten bleibt, dass nicht nur dann Beiträge zur
18                                                                                     als ein Strategiepapier für Regierungen                                    listung von Krisensymptomen                                              Verwirklichung der Agenda 2030 geleistet werden, wenn                                                                                           19
                                                                                                                                                                                                                                           die berühmten Icons der 17 SDGs großzügig gestreut
                                                                                       Auch was die adressierten Akteure betrifft, geht die                       Auch wenn das in der praktischen Arbeit zur Überprü-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW
OpenMind – Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen in NRW

                                                                                                                                                                                                                                           werden. Vielmehr gibt es bereits heute viele Aktivitäten
                                                                                       Agenda 2030 in vielen Bereichen neue Wege. Das gilt                        fung bzw. Umsetzung der Agenda 2030 oft nicht deut-
                                                                                                                                                                                                                                           auf zivilgesellschaftlicher und lokaler Ebene, die zwar im
                                                                                       vor allem für die Zuschreibung von Zuständigkeiten bzw.                    lich wird, die zu einem großen Teil in fachspezifischen
                                                                                                                                                                                                                                           Sinne der Agenda 2030 sind, das aber nicht jedes Mal
                                                                                       Verantwortlichkeiten. So richten sich einige der SDGs di-                  Foren abläuft (etwa im Klimaprozess oder im Rahmen
                                                                                                                                                                                                                                           deutlich machen. Entsprechend ist eine Bürgerinitiative
                                                                                       rekt an nicht-staatliche Akteure wie Unternehmen oder                      des Infrastrukturaufbaus), die Formulierungen der Agen-
                                                                                                                                                                                                                                           für nachhaltige Mobilität wie der Volksentscheid Fahrrad
                                                                                       zivilgesellschaftliche Organisationen. So sollen beispiels-                da 2030 belassen es nicht bei einer Beschreibung von
                                                                                                                                                                                                                                           in Berlin (und seine Entsprechungen in anderen Bundes-
                                                                                       weise Unternehmen zu Nachhaltigkeitsberichterstat-                         oberflächlichen Symptomen und ihrer „Behandlung“.
                                                                                                                                                                                                                                           ländern) ein großer Beitrag für Nachhaltigkeit4. Wo die
                                                                                       tungen „ermutigt“ werden (SDG 12.6) und es werden                          Vielmehr werden an vielen Stellen die zu Grunde lie-
                                                                                                                                                                                                                                           SDGs als politisches Instrument dafür dienen, struktu-
                                                                                       Multi-Akteurs-Konstellationen zur Umsetzung bestimm-                       genden Ursachen für Fehlentwicklungen benannt und
                                                                                                                                                                                                                                           relle Verbesserungen herbeizuführen, haben sie ihren
                                                                                       ter Ziele vorgesehen (SDG 17.16/17).                                       Lösungsvorschläge unterbreitet. So werden bspw. für
                                                                                                                                                                                                                                           Zweck erfüllt.5 n
                                                                                                                                                                  wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen Ländern politi-                                                                                                Der Autor:
                                                                                       5 Die Agenda 2030 ist mehr als nur ein                                     sche Machtungleichheiten zwischen Regierungen in der                                                                                                   Wolfgang Obenland ist Programmkoordinator des
                                                                                       Zielkatalog                                                                globalen Finanz-Governance genannt und es wird dazu                                                                                                    Global Policy Forum in Bonn.
                                                                                       Auch wenn die SDGs als Teil der Agenda 2030 deutlich                       aufgefordert, diese zumindest im Rahmen der Bretton-
                                                                                       die größte Aufmerksamkeit genießen: Sie sind nur ein Teil                  Woods-Institutionen3 zu beseitigen (SDG 10.6).                                                                                                         Quellen:
                                                                                       eines bedeutend größeren Ganzen. Die Präambel steckt                                                                                                                                                                              Bundesregierung (2016): Bericht der Bundesregierung zum
                                                                                       die Themenbereiche der Agenda 2030 ab und fasst sie                        Die SDGs und Deutschland                                                                                                                               High-Level Political Forum on Sustainable Development 2016.
                                                                                       unter fünf Schlagworten (den fünf P’s) zusammen „Peo-                      Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg der Agenda 2030                                                                                                    Berlin. www.bmz.de/de/zentrales_downloadarchiv/Presse/
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         HLPF-Bericht_final_DE.pdf
                                                                                       ple – Planet – Prosperity – Peace – Partnership“. Das                      und der SDGs wird die Umsetzung auf nationaler Ebe-
                                                                                       Kernstück der Agenda 2030 bilden zweifellos die SDGs.                      ne sein. Dazu müssen die Regierungen die allgemeinen                                                                                                   CorA et al. (Hrsg.) (2018): So geht Nachhaltigkeit! Deutschland
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         und die globale Nachhaltigkeitsagenda | 2018. Berlin/Bonn/
                                                                                       Die Agenda 2030 beschreibt aber auch die Mittel, die                       Zielvorgaben in politische Handlungsstrategien und
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Frankfurt a. M. https://www.2030report.de (14.09.2019)
                                                                                       zu ihrer Umsetzung benötigt werden. Der SDG-Katalog                        konkrete Zeitpläne übersetzen. In Deutschland bildet
                                                                                       enthält das eigenständige Ziel 17 („Umsetzungsmittel                       die nationale Nachhaltigkeitsstrategie den wesentlichen                                                                                                Martens, Jens und Wolfgang Obenland (2017): Die Agenda
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         2030 – Globale Zukunftsziele für nachhaltige Entwicklung.
                                                                                       stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige                      Rahmen für die Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Bonn: Global Policy Forum. https://www.globalpolicy.org/
                                                                                       Entwicklung mit neuem Leben erfüllen“), außerdem ent-                      Ziele. Grundsätzliche Aufgabe der Nachhaltigkeitsstra-                                                                                                 images/pdfs/GPFEurope/Agenda_2030_online.pdf
                                                                                       hält die Agenda 2030 ein eigenes Kapitel zum Thema                         tegie ist es, das Handeln der Bundesregierung an Nach-                                                                                                 (14.09.2019)
                                                                                       „Umsetzungsmittel und Globale Partnerschaft.“ Dabei                        haltigkeitskriterien auszurichten. Allerdings dominieren                                                                                               Obenland, Wolfgang (2019): Das High-level Political Forum on
                                                                                       handelt es sich im Wesentlichen um eine knappe Zusam-                      noch immer sektorspezifische und v.a. wachstumsorien-                                                                                                  Sustainable Development – Reformoptionen und –notwendig-
                                                                                       menfassung der Aktionsagenda von Addis Abeba.1 Das                         tierte Erwägungen die Gestaltung der Politiken auf den                                                                                                 keiten. Bonn: Global Policy Forum. https://www.globalpolicy.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         org/images/pdfs/GPFEurope/Arbeitspapier_HLPF_online.pdf
                                                                                       letzte Kapitel der Agenda 2030 widmet sich schließlich                     verschiedenen Ebenen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         (14.09.2019).
                                                                                       der Weiterverfolgung und Überprüfung: Auf regionaler,
                                                                                       nationaler und subnationaler Ebene sollen regelmäßig                       Der Erfolg oder Misserfolg der Agenda 2030 wird nicht                                                                                                  United Nations (2019): The Sustainable Development Goals Re-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         port 2019. New York. https://unstats.un.org/sdgs/report/2019/
                                                                                       freiwillige Überprüfungen der Fortschritte bei der Um-                     nur (aber auch) daran entschieden, ob die Agenda zu
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         (14.09.2019).
                                                                                       setzung der SDGs stattfinden. Auf der globalen Ebene                       einem wirkungsvollen Instrument politischer Steue-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         United Nations (2015a): Addis Ababa Action Agenda of the
                                                                                       soll das High-Level Political Forum on Sustainable Deve-                   rung und Planung wird. Ob die SDGs erreicht werden
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Third International Conference on Financing for Development.
                                                                                       lopment (HLPF) eine zentrale Rolle spielen.2                               hängt auch davon ab, wieviel gesellschaftlicher Druck                                                                                                  (UN Dok. A/RES/69/313). New York. http://www.un.org/
                                                                                                                                                                  auf die Regierungen ausgeübt wird. Denn nur, wenn                                                                                                      esa/ffd/wp-content/uploads/2015/08/AAAA_Outcome.pdf
                                                                                                                                                                  die Beharrungskräfte in Politik, Wirtschaft und Gesell-                                                                                                (14.09.2019).
                                                                                                                                                                  schaft überwunden werden, wird sich die Idee von einer                                                                                                 United Nations (2015b): Transformation unserer Welt: die Agen-
                                                                                                                                                                  „Transformation“ realisieren – das zeigen momentan                                                                                                     da 2030 für nachhaltige Entwicklung (UN-Dok. A/RES/70/1).
                                                                                                                                                                  Schüler*innen bei den Fridays for Future und dem politi-                                                                                               New York. https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         ar70001.pdf (14.09.2019).
                                                                                                                                                                  schen Wandel, den sie damit ausgelöst haben.

                                                                                       1    Sie ist das Ergebnis der dritten internationalen Konferenz über Entwicklungsfinanzierung (Financing for Develoment, FfD),                     4   Für weitere Beispiele, siehe CorA et al. (2018).
                                                                                             vgl. United Nations (2015a).                                                                                                                  5   Beispiele findet man auch auf der Webseite https://17ziele.de/ziele/3.html.
                                                                                       2   Vgl. dazu Obenland (2019).
                                                                                       3   Anm.: Dazu zählen die Weltbank beziehungsweise die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) sowie der Internationale Wäh-
                                                                                            rungsfonds (IWF).
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