Forschungsfelder des ITB - Verfasser: Mitglieder der Strategiegruppe Version Mai 2010

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Forschungsfelder des ITB

      Verfasser: Mitglieder der Strategiegruppe

Version Mai 2010

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VORWORT ....................................................................................................... 5

FORSCHUNGSFELD 01: GESTALTUNG VON ARBEIT UND TECHNIK ........... 9
1        Wissenschaftliche Fragestellung .........................................................                  9
2        Forschungsstand .................................................................................. 11
3        Vorarbeiten im ITB ............................................................................... 12
4        Konkretisierung der Fragestellung, Hypothesen,
         erwartete Ergebnisse ........................................................................... 13
5        Literatur ................................................................................................ 15

FORSCHUNGSFELD 02: ARBEIT UND QUALIFIKATION ................................ 17
1        Wissenschaftliche Fragestellung ......................................................... 17
2        Forschungsstand .................................................................................. 21
3        Vorarbeiten im ITB ............................................................................... 22
4        Konkretisierung der Fragestellung, Hypothesen,
         erwartete Ergebnisse............................................................................ 24
5        Literatur ................................................................................................ 26

FORSCHUNGSFELD 03: LEHREN UND LERNEN
     IN DER BERUFLICHEN BILDUNG ........................................................ 28
1        Wissenschaftliche Fragestellung ......................................................... 28
2        Forschungsstand .................................................................................. 28
3        Vorarbeiten im ITB ............................................................................... 34
4        Konkretisierung der Fragestellung, Hypothesen,
         erwartete Ergebnisse............................................................................ 35
5        Literatur ................................................................................................ 35

FORSCHUNGSFELD 04: SCHULENTWICKLUNG UND
     UNTERRICHTSQUALITÄT .................................................................... 37
1        Wissenschaftliche Fragestellung ......................................................... 37
2        Forschungsstand .................................................................................. 37
3        Vorarbeiten im ITB ............................................................................... 39
4        Konkretisierung der Fragestellung, Hypothesen,
         erwartete Ergebnisse............................................................................ 41
5        Literatur ................................................................................................ 41

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FORSCHUNGSFELD 05: VORBERUFLICHE BILDUNG ................................... 43
1     Wissenschaftliche Fragestellung ......................................................... 43
2     Forschungsstand .................................................................................. 44
3     Vorarbeiten im ITB ............................................................................... 45
4     Konkretisierung der Fragestellung, Hypothesen,
      erwartete Ergebnisse............................................................................ 48
5     Literatur ................................................................................................ 50

FORSCHUNGSFELD 06: BERUFE UND BERUFSBILDUNGSSYSTEME .......... 51
1     Wissenschaftliche Fragestellung ......................................................... 51
2     Forschungsstand .................................................................................. 52
3     Vorarbeiten im ITB ............................................................................... 54
4     Konkretisierung der Fragestellung, Hypothesen,
      erwartete Ergebnisse............................................................................ 55
5     Literatur ................................................................................................ 57

FORSCHUNGSFELD 07: INNOVATION UND INDUSTRIEKULTUR ................... 59
1     Wissenschaftliche Fragestellung .......................................................... 59
2     Forschungsstand .................................................................................. 61
3     Vorarbeiten ........................................................................................... 62
4     Ziele...................................................................................................... 63
5     Einbindung in ITB-Profil ........................................................................ 65
6     Literatur ................................................................................................ 66

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VORWORT

Das Vorwort bietet eine Deutungshilfe zum Verständnis der Struktur und Funk-
tion der ITB-Forschungsfelder. Zunächst wird erläutert, in welchem Kontext die
Forschungsfelder ursprünglich entstanden. Anschließend wird ausgeführt, wie
sich dieser Grundstein als Reaktion auf die innerwissenschaftlichen Strömun-
gen, politischen Erwartungen und Vorgänge der Europäisierung sowie der fort-
schreitenden Internationalisierung weiter entwickelte. Sodann wird auf die Ent-
wicklungen im Umfeld des Instituts hingewiesen, wie sie im Wechsel von The-
men, Bezugstheorien und natürlich in der Praxis der Forschungsmittelvergabe
sichtbar werden, um die Funktion der Forschungsfelder zu verdeutlichen.
Eine Position, von der aus die Forschungsfelder in ihrer aktuellen Gestalt struk-
turiert überblickt werden können, bietet die Geschichte des ITB. Sie wurde an-
lässlich seines zwanzigjährigen Bestehens aufgearbeitet. Zu Beginn gab es
noch keine Forschungsfelder, aber sehr wohl -desiderate, die vom regulären
Wissenschaftsbetrieb der Universitäten in den 1980er Jahren – trotz ihrer politi-
schen Modernisierung seit den 1970er Jahren – übriggelassen und nicht bear-
beitet wurden. Seinerzeit kam es recht häufig zu Institutsgründungen, die paral-
lel oder in teilweise kompliziert angegliederter Form zu den universitär etablier-
ten Instituten hinzutraten. Sie wurden thematisch außerhalb der eher universa-
listischen Forschungsaufgaben einer auch Lehrfunktionen wahrnehmenden
Wissenschaftskultur begründet und mit einem einigermaßen klaren Zweck ver-
sehen. Die Verknüpfung zwischen dem Grund einer Institutsgründung und sei-
nem teleologisch gefassten Forschungsauftrag geschah auch im Falle des ITB
mittels eines Programms1. Es war und ist bis heute auf die Kategorien Arbeit,
Technik und (Berufs)bildung festgelegt, die ihrerseits von keiner wissenschaftli-
chen Disziplin allein für sich beansprucht werden können. Dies führt zwangsläu-
fig dazu, dass nicht nur mehrere Disziplinen nach ihren Fragestellungen, Me-
thoden und vor allem ihrem bereits akkumulierten Wissen herangezogen wer-
den müssen, sondern dass in dem Moment, in dem diese Disziplinen beginnen,
in ihrem je spezifischen Modus die ITB-Fragestellungen, die sich in der frühes-
ten Zeit bereits um Arbeit und Technik rankten, zu bearbeiten, nun diese ihrer-
seits feststellen, dass ihr Bestand an Vorkenntnissen, Fragen und Methoden
ihrer systematischen Beantwortung durchaus an Grenzen stoßen. Das ist in
knapper Form die wissenschaftliche Erfahrung, auf welche die ersten zehn Jah-
re der ITB-Geschichte gebracht werden können.
Die Antwort darauf war die Entwicklung von Forschungsfeldern. Diese sind in
Genese und Funktion als ein Versuch zu verstehen, den Monismus des Ge-
genstandes »Arbeit und Technik« in der Festlegung auf disziplinär aufgeteilte,
aber in der Summe wieder kohärent zusammenzuführende Forschungsergeb-
nisse zu überwinden. Es erwies sich als Illusion, ihrer Entstehung nach diszipli-

1
    Neben historischen Vorbildern, wie dem Frankfurter Institut für Sozialforschung, gab es
    auch zeitlich näherliegende, wie das Starnberger Max-Planck-Institut zur Erforschung der
    Lebensbedingungen in der wissenschaftlich-technischen Welt.

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näre Forschungsergebnisse in einem logisch letzten Schritt in eine Aussage-
form zu bringen, der am ehesten einem Gießvorgang entsprechen würde. Auf
der Suche nach einem kooperativ funktionierenden Set von disziplinär unter-
schiedlich aufgefächerten Forschungsperspektiven, -fragen und -methoden
wies man einen monistisch gefassten Gegenstand »Arbeit und Technik« aus
und erwartete – wie sich später herausgestellt hat, naiv – ein hochaggregiertes
Forschungsergebnis, das in gleicher Form monistisch ausfällt.
Tatsächlich haben die Disziplinen in der Konfrontation mit der einen »großen«
Frage nach dem Verhältnis zwischen Bildung, Gesellschaft und Arbeit und
Technik ihrerseits die Frage in Teilen zu einer transformiert, die im Horizont der
eigenen Fragestellungen und potentiellen Antworten überhaupt liegen kann.
Dies hat die im ITB strukturell verankerten Disziplinen nicht etwa in einen
Gleichtakt in der Weiterentwicklung gebracht, sondern hat, fallweise sogar im
Gegenteil, eine Dynamik in einer Form entfaltet, dass jeder wichtige Beitrag zu
einer gemeinsamen Fragestellung zugleich mindestens ein Problem aufwarf,
das die disziplinären Grenzen ausschärfte und den Bezug zum Begriffspaar
»Arbeit und Technik« in einem weiteren Schritt perspektivisch isolierte. An ei-
nem Beispiel soll dies erläutert und der Leser ermuntert werden, selbst weitere
Belege in den Texten zu den Forschungsfeldern zu finden: »Arbeit und Tech-
nik« können z. B. in der empirischen Bildungsforschung, deren Methoden in der
Lehr- und Lernforschung privilegiert angewandt werden, nicht ohne Weiteres
operationalisiert werden. Der Zugang, der zum Verhältnis »Arbeit und Technik«
besteht, lenkt hin zum Bildungsbegriff. Dieser führt dann weiter zur Lehr- und
Lernforschung, wenn die Vorgänge der Bildung und Entwicklung vor allem unter
der Bedingung intentional ausgerichteter Steuerung auf eine Lehrtätigkeit zu-
rückführbar sind. Kann anhand eines Deltas zwischen t1 und t2 ein Fortschritt im
Lernen nachgewiesen werden, dann eröffnet sich eine Perspektive darauf, was
mit Bildung und Entwicklung gemeint ist. Zwar liegt auf der Hand, dass die Bil-
dung einer Person, die im Alter zwischen sechzehn und neunzehn Jahren einen
Beruf erlernt, kaum angemessen als Summe solcher Deltas aufgefasst werden
kann. Aber die Bildungstheorie, die solches Verständnis von Bildung und Ent-
wicklung in Bausch und Bogen zurückweisen würde, müsste sich innerhalb des
ITB trotzdem mit den Methoden der empirischen Bildungsforschung auseinan-
dersetzen, was natürlich auch umgekehrt gilt.
Nur auf die Entwicklung des ITB zurückzublicken, birgt das Risiko, im Vergan-
genen eine Idylle zu entdecken. Die heutigen Forschungsfelder mögen im Gan-
zen tatsächlich ihre Wurzeln in der programmatischen Arbeit- und Technikfor-
schung haben und noch jetzt Spuren aufweisen, die direkt dorthin zurückführen.
Jedoch würde die Rekonstruierbarkeit über etwas gegenwärtig nicht weniger
Wichtiges hinwegtäuschen: Ein Blick auf die Forschungsfelder, der nur Phäno-
mene der Entwicklung, Weiterführung und Präzisierung dessen erkennen will,
was bereits 1986 vorgedacht wurde, würde verkennen, dass eben nicht nur
immanent erzeugte Impulse für Fortgang sorgten, sondern gerade auch Verän-
derungen in der Peripherie des Gegenstands Arbeit und Technik. Gerade das
im Wissenschaftssystem, das sich teils opportunistisch, teils kreativ zu politi-

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schen Imperativen der Steuerung und Verwertung von Forschung verhielt, hatte
erhebliche Rückwirkungen auf das ITB. Man kann deutlich erkennen, dass die
Forschungsfelder sich nicht nur als eine konsequente Weiterentwicklung ur-
sprünglicher Fragestellungen verstehen, sondern vor allem auch als Reaktion
auf innerwissenschaftliche Strömungen, politische Erwartungen und selbstver-
ständlich auch auf die Vorgänge der Europäisierung und der weiteren Internati-
onalisierung. Auch dies belegt den Mechanismus, der oben schon angespro-
chen wurde: Ein Forschungsfeld ist dem internationalen Vergleich gewidmet,
aber alle anderen haben nicht weniger mit internationalen Fragen zu tun, wenn
sie ihren primär im Forschungsfeld gefassten Gegenstand bearbeiten. Die Din-
ge, die mit Wissenschaft, Gesellschaft und Bildung zu tun haben, unterliegen
keiner Ordnung, die einzelwissenschaftlich, disziplinär oder in exklusiver Hoch-
spezialisierung aufzudecken wäre – darauf reagieren die Forschungsfelder so-
zusagen in der inneren Entwicklung und Ausdifferenzierung, die zunächst keine
Rücksicht auf die Zuständigkeiten anderer nimmt. Es wäre auch eine groteske
Vorstellung, die Harmonisierung der sich unterschiedlich entwickelnden For-
schungsfelder als einen Akt bürokratischer Verordnung von Zu- und Unzustän-
digkeiten anzugehen.
Haben wir bisher die Geschichte des ITB und eine Art Eigendynamik in der Ent-
wicklung der Forschungsfelder herangezogen, um ihr jetziges Profil zu erklären,
bliebe als Letztes noch die Entwicklung im Umfeld, wie sie im Wechsel von
Themen, Bezugstheorien und natürlich in der Praxis der Forschungsmittelver-
gabe sichtbar wird. Ohne jeden wissenschaftssoziologischen Anspruch kann
man hier eine maßgebliche Veränderung in den Geistes- und Sozialwissen-
schaften seit der ITB-Gründung registrieren: In der deutschen Tradition haben
Schulen und damit Lagerbildung immer eine große Rolle gespielt. Zuvor auf
philosophische Lehren, später auf wissenschaftstheoretische Spezialisierungen
beschränkt, wirkten die dort entstandenen Überzeugungen auf andere Diszipli-
nen, darunter die Pädagogik. Insgesamt sind diese Vorgänge in den 1960er
und 1970er Jahren politischer geworden. Zunächst dadurch, dass eher inner-
wissenschaftliche Überzeugungen etwa zum Verhältnis von Sein und Sollen
oder Gesellschaft und Wissenschaft durch die erhöhte Bildungsbeteiligung und
im Zuge allgemeiner Aufklärung in die Gesellschaft ausstrahlten. Von dort wur-
den sie reflektiert, als Meinungen kehrten die ursprünglich gleichsam als wis-
senschaftliche Derivate in praktischer Absicht entstandenen Überzeugungen
dann teilweise in Form von politischen Allgemeinplätzen zurück in die Wissen-
schaft. Dort, wo es dem Anschein nach nüchtern um die Rolle der Wissenschaft
als Zuspielerin einer evidence based policy geht, hat sich längst das Prinzip ei-
ner policy based evidence breitgemacht.
Seit einigen Jahren reagiert die Wissenschaft darauf in eigener Weise; die
Schulenbildung ist einem Verhalten gewichen, das programmatisch mit „Main-
stream“ übersetzt werden kann. Er ist die Schule, der alle angehören wollen,
weil man sich davon verspricht, beim nächsten Paradigmenwechsel gleich vor-
ne mit dabei zu sein. Spöttisch kann man Wissenschaft als den ständigen Ver-
such beschreiben, alte Irrtümer durch neue zu ersetzen. Während aber der Irr-

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tum als solcher demaskiert werden muss, kommt es im Mainstream auf den
Reiz an, den die gerade en vogue treibende Theorie oder Einstellung ausübt.
Man wird schnell feststellen, dass die Forschungsfelder des ITB nicht auf einen
Publikumserfolg in diesem Sinne ausgerichtet sind. Die letzte hier angespro-
chene Funktion der Forschungsfelder ist es eher, ein Alleinstellungsmerkmal
aufzubauen, als sich dem hinzugeben, was alle anderen auch schon entdeckt
haben. Aus der Distanz dieses Papiers kann man sie als Schutzmechanismus
gegen die Beliebigkeit von Moden und Strömungen auffassen. Zwar finden sich
die aktuellen Strömungen wieder, aber in der Form durch die monistische Fra-
gestellung nach dem Verhältnis zwischen Arbeit, Technik und Bildung gebro-
chen. Manches, das leicht, aus der jeweiligen Hauptströmung stammend, sich
zu erkennen gibt, plätschert vernehmlich, wird aber von einem Kontext kontrol-
liert, der nach unten sozusagen gravitiert. So kann man manchmal fragen, ob
die eine oder andere Position sich als Basis wissenschaftlicher Argumentation
und Forschung versteht oder sich bereits als deren Ergebnis ausgibt. Nirgends
geschieht dies aus totaler Perspektive. Anleihen beim Mainstream sprechen
gewiss für Anpassungsversuche, allerdings wirken diese bislang noch immer
so, dass sie die Entwicklung von Forschungsfragen in Gang halten und nicht
etwa abschließen.
Insofern belegen die hier in einer Neufassung vorgelegten Forschungsfelder
des ITB den Fortgang der Bemühung als Institut, das sich bei aller Größe und
der damit verbundenen Ambition zu weiterem Wachstum, letztlich auf ein sehr
spezielles Spektrum an Fragen festgelegt hat. Seine Existenzberechtigung wird
weder durch den Verzicht auf den ursprünglichen Zweck noch durch den An-
schluss an andere Zwecke zu behaupten versucht, um damit bei aller Beschei-
denheit auch seine Einmaligkeit zu beweisen.

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Forschungsfeld 01: Gestaltung von Arbeit und Technik

1 Wissenschaftliche Fragestellung
In den 1970er und 1980er Jahren wurden große Anstrengungen unternommen,
Technik für Bildungsprozesse nutzbar zu machen, indem technische Systeme
quasi einer didaktischen Reduktion zugeführt wurden. Absicht war, Technik in
Bildungseinrichtungen für den Unterricht aufzubereiten. Mittlerweile dringt
Technik als eines der größten und höchst komplexen Arbeits- und Informations-
systeme – das Internet und die Virtualisierung der Arbeit – als Maschine und
Medium in die Domäne beruflichen Lernens ein. Die Anstrengungen zur Ent-
wicklung von E-Learning, blended learning, virtuellem Lernen und ähnlichen
Ansätze sind getragen durch die allumfassende Informatisierung von Arbeits-
prozessen und die Proklamation der Wissensgesellschaft. Lebenslanges Ler-
nen sowie der Wunsch nach der Vermeidung einer »digitalen Separierung«
nicht nur zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, sondern auch zwischen
den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen sind weit verbreitete Zielsetzun-
gen. Die forcierte Nutzung des weitgehend »offenen« Systems Internet und der
digitalen Welten für Zwecke (nicht nur) beruflicher Bildung wirft zunehmend
Fragen nach den Modi der Entwicklung und des Gebrauchs der entsprechen-
den Technologien, nach deren soziokultureller und rechtlicher Einbettung und
nicht zuletzt nach ihrer an der antizipierten Nutzung zu messenden didaktischen
Qualität auf.
Die Analyse, Gestaltung und Evaluation von Arbeitsprozessen, Technik und Ar-
beitssystemen sind Aufgaben, die bisher insgesamt nur unzureichend gelöst
sind. Die interdependenten Beziehungen zwischen Technisierung, Arbeitspro-
zessen und -umgebung werden bislang eher am Rande thematisiert, obwohl es
um mehr geht als um bloße Kopplungsprobleme zwischen technischen Syste-
men und Arbeitsaktivitäten. Bislang sind diese insbesondere von Arbeitswis-
senschaftlern und Ergonomen als Schnittstellenprobleme und Fragen hinsicht-
lich der Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstellen auf höchst spezielle
Bereiche der ergonomischen Anpassung von Maschinen begrenzt worden.
Vernachlässigt werden dabei die Gestaltungsmöglichkeiten durch den Nutzer
ebenso wie die bspw. mit dem Telematikeinsatz einhergehenden veränderten
Aufgaben und Arbeitsprozesse. Lohnenswert scheint daher ein Ansatz, der
nicht einzelne Handlungsaktivitäten, sondern die Komplexität der Arbeitspro-
zesse in den Vordergrund rückt. Es geht um die Verflechtungen technischer
und sozialer Prozesse. Um die Gestaltungsdimensionen in informatisierten Ar-
beitswelten zu erschließen und zur Geltung zu bringen, bedarf es der verstärk-
ten Zusammenarbeit über arbeits-, ingenieur- und bildungswissenschaftliche
Grenzziehungen hinweg. Der Gestaltungsanspruch in diesem Kontext ist hu-
man und ökologisch orientiert zu betrachten, um Alternativen zu einer allein
zweckgerichteten, technikbezogenen Qualifizierung aufzeigen zu können. Hier-
bei spielen Effizienz, Suffizienz und Konsistenzstrategien aus der Nachhaltig-
keitsforschung eine Rolle.

                                      9
In diesem Forschungsfeld stehen im Kern die Forschungsschwerpunkte
   Informatisierung von Arbeit und Technik und
   Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle
zur Diskussion. Eine gründlichere Betrachtung und Untersuchung der beiden
Schwerpunkte sollen stattfinden, indem
   die Konsequenzen der Informatisierung in noch auszuwählenden Domänen
    genauer untersucht werden und
   das Wechselverhältnis von Arbeit, Technik und Berufsbildung aufgrund der
    Informatisierung zum zentralen Forschungsgegenstand wird.
Folgende Fragestellungen stehen zur Untersuchung an, um die genannte
Wechselbeziehung aufzuklären:
1. Die Genese von Technik und Arbeitssystemen unter dem besonderen As-
   pekt der Mensch-Maschine-Interaktion.
2. Die Interdependenzen zwischen Arbeitsorganisation, Arbeitssystemen, Ar-
   beitsprozessen und als für die jeweiligen Arbeits- und Lernumgebungen
   ausschlaggebenden Bedingungen.
3. Die Wirkungen der Informatisierung von Arbeit und Technik und die Entwick-
   lung von High-Tech-Technologien in ausgewählten Domänen.

Weiterhin wird folgenden Fragen nachgegangen:
4. Dominieren im Prozess der Informatisierung und Virtualisierung beruflicher
   Arbeit die verallgemeinerbaren oder die domänenspezifischen Qualifikatio-
   nen und Kompetenzen?
5. Welche Konsequenzen sind für die Fach- und Ingenieurarbeitsmärkte zu
   erwarten? Wie sind deren zukünftige Arbeitsfelder und Ausbildungsprofile zu
   gestalten?
6. Welchen Einfluss haben Informatisierung und Virtualisierung der Arbeitspro-
   zesse auf Lernen, Qualifizieren und Bildung?
7. Welche Konsequenzen resultieren aus der Einführung informatisierter Ar-
   beitssysteme (z. B. programmgesteuerte Anlagen) für die domänenspezifi-
   schen Qualifikationsanforderungen?
8. Wie schlägt sich der Zuwachs des „objektiven“ Wissens in der Organisation
   berufsförmiger Arbeitsaufgaben nieder?
9. Wie verbinden sich unter der Perspektive modernen Managements, verän-
   derter Organisationsstrukturen und der Virtualisierung individuelles und or-
   ganisationales Lernen?

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2 Forschungsstand
Es gehört heute zu den gängigen Einsichten, dass die Durchdringung von Ar-
beit und Technik mit immer leistungsfähigeren Informations- und Kommunikati-
onstechnologien und der weit fortgeschrittenen Implementierung des Internets
mittlerweile eine neue Qualität besitzt. Dieses Phänomen, die Informatisierung,
äußert sich u. a. als Standardisierung und Automatisierung sozialer Arbeitsbe-
ziehungen und konkreter Arbeitshandlungen: Die „klassische“ Funktionsteilung
zwischen sozialem Handeln und technischem Funktionieren bricht angesichts
der Medialität von Technik auf. Die Funktionsteilung zwischen Mensch und
Technik wird nicht nur dadurch verändert, dass die räumliche Abgrenzung der
Arbeitsprozesse und die Gegenständlichkeit der Technik verlorengehen, son-
dern vielfach auch dadurch, dass der Werkzeugcharakter der Technik immer
mehr verschwindet. Das für das herkömmliche Lernen konstitutive Handeln –
zumal das Arbeitshandeln – verliert vor diesem Hintergrund seine ursprüngliche
Verankerung in der Gegenständlichkeit und seine Überschaubarkeit, was u. a.
ein Überdenken der handlungs-, lern- und entwicklungstheoretischen Überle-
gungen zur Kompetenzentwicklung mit Arbeitsprozessbezug erforderlich macht.
Die darin steckenden Forschungsinteressen konzentrieren sich auf
   die „Informatisierung und Virtualisierung von berufs- und berufsfeldspezifi-
    schen Arbeitssystemen“ mit domänen- und berufsspezifischen Ausprägun-
    gen der Informatisierungs- und Virtualisierungsprozesse. Dabei werden nicht
    nur die Implikationen der Informatisierung in Bezug auf die Arbeitsgestaltung
    und -organisation sowie die veränderten Qualifikationsanforderungen unter-
    sucht, sondern auch die Gestaltungspotenziale zur Erhöhung der tutoriellen
    Qualität in der informatisierten Mensch-Maschine-Interaktion.
   die Veränderung der raumzeitlichen Wirklichkeit beruflicher Arbeit. Diese re-
    sultiert aus der technischen und organisatorischen Vernetzung von Maschi-
    nen, Anlagen, Betrieben und Beschäftigten aufgrund der Informatisierung
    und Vernetzung von Arbeit und Technik. Untersucht werden dabei die vor
    dem Hintergrund der Informatisierung und Virtualisierung der Arbeitswelt be-
    sonders wichtigen Aspekte des Wandels der Qualifikations- und Kompetenz-
    anforderungen in integrierten und verteilten Geschäfts- und Arbeitsprozes-
    sen.
   die zentrale Frage , wie sich die Informatisierung von Technik, beruflicher Ar-
    beit und des Lernens selbst auf die berufliche Bildung auswirkt. Ein besonde-
    res Augenmerk liegt hier auf den Konsequenzen der Informatisierung für die
    Neuordnung von Berufen und Berufsfeldern bzw. Berufsgruppen sowie auf
    dem Potenzial und den Grenzen von E-Learning für die Gestaltung berufli-
    cher Bildung.
Die Informatisierung von Arbeit, Technik und Bildung verweist auf Herausforde-
rungen, die aus der Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnik
hinein in die berufliche Arbeit aller Sektoren und Branchen resultieren und auch

                                        11
konventionelle technische Anlagen zu High-Tech-Anlagen werden lassen.
Daneben werden High-Tech-Anlagen als solche, wie z. B. auf Nanotechnik ba-
sierende Beschichtungsanlagen und hochpräzise Laseranlagen für verschie-
denste Anwendungen entwickelt. Diese technologischen Diffusionen führen zu
völlig neuen Fragen und Antworten zum Zusammenhang von beruflichem Wis-
sen und Können, zum Wandel der Qualifikationsanforderungen und zur berufli-
chen Kompetenzentwicklung.
Es ist naheliegend, dass durch die Informatisierung und Virtualisierung der Ar-
beit eine besondere Rolle für die Herausbildung beruflicher Identität vermutet
werden kann. Deshalb ist es auch angebracht, zu prüfen, wie sich die Informati-
sierung und Virtualisierung der Arbeit auf die Fachkräfte selbst (Stichworte: Ak-
zeptanz, Delegation von Handlungen an die Technik, Gestaltungsmöglichkeiten
durch die Beschäftigten) sowie auf das Sicherheits- und Qualitätsbewusstsein
und auf das Zusammenhangsverständnis auswirken. Ob dieses Wissen zu
Handlungen führt, hängt, so die begründete Vermutung, ganz entscheidend da-
von ab, ob und wie das emotionale Erleben als eine Dimension der Arbeitser-
fahrung ausfällt. Das Forschungsinteresse richtet sich hier auf den Zusammen-
hang zwischen der Distanz zum Arbeitsgeschehen – bewirkt durch die Prozes-
se der Informatisierung und Virtualisierung – und der Herausbildung von ver-
antwortlichem Arbeitshandeln.

3 Vorarbeiten im ITB
Im Anspruch des ITB ist die Herausforderung der Gestaltung von Arbeit und
Technik als Leitidee programmatisch aufgegriffen. Als eigenes Forschungsfeld
richtet sich der Blick auf den Zweck-Mittel-Zusammenhang und das Wechsel-
verhältnis von Technik, Arbeitssystemen und Arbeitsprozessen sowie Bildungs-
und Lernprozessen. Technik wird dabei als Gegenstand sowie als Werkzeug im
Prozess gesellschaftlicher Arbeit untersucht. In den Blick rückt dabei zum einen
der Stellenwert moderner Technologien für betriebliche Innovationsprozesse,
zum anderen geht es um eine international vergleichende Betrachtungsweise
hinsichtlich der Einbettung von Technik in den jeweiligen Industriekulturen (vgl.
Ruth 1995; Soskice 2006). Insoweit erscheint die jeweils reale Struktur eines
technischen Systems nicht nur als Ausdruck eines sachlogischen Kausalitäts-
verhältnisses, sondern auch als Resultat gesellschaftlicher Interessen, Normen
und Werte. Technische Artefakte sind als Gegenstände, Werkzeuge und als
Medium in Arbeitsprozessen zu erklären, indem die Zwecksetzungen offenge-
legt und die Gestaltungsperspektiven aufgezeigt werden.
Ausgehend davon, dass die Technisierung quer zur funktionalen Ausdifferen-
zierung der Gesellschaft verläuft und sich nicht auf arbeitsbezogene Bereiche
reduzieren lässt, vertritt das Forschungsfeld einen Gestaltungsansatz, der den
vielfältigen Einsatzbereichen moderner Technologien ebenso Rechnung trägt
wie der Frage nach den Gestaltungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten tech-

                                       12
nischer Entwicklungen2.. Schließlich kommt dem Aspekt der beschleunigten
Veränderungen im Bereich technologischer Innovationen und ihrer Diffusion in
die Arbeitswelt eine gravierende Bedeutung für die Organisation und die Gestal-
tung von Arbeits- und Bildungsprozessen zu. Damit ist einerseits eine Rahmen-
bedingung benannt, die es bei der Entwicklung eines Forschungsprofils zu be-
rücksichtigen gilt. Zugleich werden andererseits damit Forschungsaufgaben be-
nannt, die unmittelbar für das Forschungsprogramm des Instituts relevant sind.
Die Unsicherheiten bei der Qualifizierung und Quantifizierung der Verände-
rungsprozesse in der Arbeitswelt liegen in der Bestimmung des jeweiligen Ver-
änderungsgegenstands begründet.

4 Konkretisierung der Fragestellung, Hypothesen, erwartete
  Ergebnisse
Die übergeordnete Herausforderung beim hier erläuterten Forschungsfeld kon-
zentriert sich auf die Wirkungen der Informatisierung von Arbeit und Technik
und die Entwicklung von High-Tech-Technologien in ausgewählten Domänen.
Weitere Fragen sind: Welche Konsequenzen sind für die Fach- und Ingenieur-
arbeitsmärkte zu erwarten? Wie sind deren zukünftige Arbeitsfelder und Ausbil-
dungsprofile zu gestalten?
Das „Wissensdreieck“ Forschung – (Berufs-)Bildung – Innovation mit dem Ziel
der „Wissensförderung“ wird künftig das im ITB etablierte „Gestaltungsdreieck“
Bildung/ Qualifikation – Facharbeit – Technik/Technologie erweitern müssen,
um die heutigen gesellschaftlichen Strukturen durchdringen zu können.
Das Wissensdreieck beinhaltet eine gewisse Dynamik durch die Forschung und
den Transfer der Forschungsergebnisse in Innovationen, wobei die Berufsbil-
dung eine zentrale Rolle spielen soll. Hingegen signalisiert das Gestaltungs-
dreieck die interdependente Betrachtung von Berufsbildung – Facharbeit –
Technik, was weniger auf eine Dynamik zielt, sondern auf das Aufschlüsseln
der Zusammenhänge der drei Dimensionen. Je nach Erkenntnis können mit
den Innovationen Qualifizierungsprozesse oder die Gestaltung von Facharbeit
oder/ und Technik angestoßen werden.
Die im Forschungsfeld verankerte Frage nach dem Verhältnis von technologi-
scher Innovation, Facharbeit und Berufsbildung dehnt sich aus auf Kriterien der
(sozusagen) finalen Handhabbarkeit und Effizienz von universellen Steue-

2
    In jüngster Zeit wenden sich die Arbeiten im Forschungsfeld verstärkt den technisch und
    gesellschaftlich zunehmend prägenden Informationstechnologien zu. Dabei scheint es nicht
    gerechtfertigt, harte Grenzen zwischen Technik für Arbeit und Technik für Lernen, Technik
    für Lernen im Arbeitsprozess und Technik für Lernen außerhalb des Arbeitsprozesses, Ler-
    nen für die Arbeit und Lernen nicht allein für die Arbeit zu ziehen. Insbesondere im Hinblick
    auf die Paradigmen des lebenslangen Lernens und der Wissensgesellschaft ist es erforder-
    lich, auf der Grundlage der Forschungsergebnisse einen offenen Gestaltungsanspruch zu
    vertreten, der im Kern die Absicht verfolgt, die Überlebensfähigkeit der Menschheit zu ge-
    währleisten.

                                              13
rungssystemen. In der Mikrodimension der Nutzung wird der sekundäre Aspekt
eines Abgleichs von (technologischem) Aufwand und (ökologischem) Ertrag
sichtbar. Hier ist der Gebrauchswert der eingesetzten Technologie zu prüfen
und zwar am Maßstab der Nutzerzufriedenheit.
Die auf dieser Basis gewonnenen Erkenntnisse sind im Kern solche der Evalua-
tion von Technik. Sie sind im Sinne der Gestaltung von Arbeit, Technik und Bil-
dung geeignet, auf den vorhandenen Ebenen der Qualifizierung von künftigen
Ingenieuren, Berufsschullehrern und Facharbeitern die in Hochtechnologien be-
reits schwindenden Grenzen zwischen Arbeits- und Nutzungssystemen zu ei-
nem Gegenstand erweiterter Qualifizierung zu machen. Damit wird der An-
spruch verbunden, Kompetenzen entstehen zu lassen, welche die technologi-
sche Determiniertheit der Systeme zu überschreiten gestatten. Das Überschrei-
ten der technologischen Determiniertheit bedeutet, einer human und ökologisch
orientierten Gestaltung von Technik deutliche Chancen einzuräumen und ein-
dimensionale Zweckbasierung zu überwinden.
Eine besondere Ausprägung erfährt die „Gestaltung von Arbeit, Technik und
Bildung“ unter den Bedingungen moderner Managementkonzepte und Organi-
sationsstrukturen. Mit der Prozessorientierung (Total Quality Management,
Lean Management, Business Reengineering, Fraktale Strukturen) ist die Tätig-
keit der Mitarbeiter auf der Shopfloor-Ebene nicht mehr nur auf ausführende
Anteile reduziert, sondern beinhaltet selbstständiges Setzen von Zielen, Hand-
lungsvorbereitung (Planung), Kontrolle und Bewertung des Arbeitsprozesses.
Es erfolgt eine Verschiebung in die vorderen Handlungsphasen. Insbesondere
die Grenzen zwischen ausführender und dispositiver Arbeit und damit auch
zwischen Ingenieur und Facharbeiter verlagern sich bzw. verschwimmen. Be-
sonders herauszuheben ist die Veränderung der Arbeitsorganisation. Ein erhöh-
tes Dispositionsvermögen, das heißt die Fähigkeit, verbunden mit entsprechen-
dem Wissen, sowohl die eigene Arbeit selbst zu organisieren als auch Aufträge,
Arbeitsinhalte, Material, Personal usw. zu planen und zu koordinieren, ist als
weiterer wesentlicher Baustein eines Kompetenzprofils derzeit zu identifizieren.
Diese Forschungsperspektive bezieht sich somit auf das oben dargestellte
„doppelte“ Wissensdreieck unter besonderer Berücksichtigung der Organisation
von (Fach-) Arbeit.
Die Erweiterung der Forschungsperspektiven und -aufgaben unter den Bedin-
gungen einer informatisierten Technologie in der Arbeitswelt beziehen sich in
diesem Forschungsfeld vor allem auf drei Aspekte:
1. Arbeit und Lernen in verteilten Arbeitssystemen
   Lernende und Arbeitende arbeiten ständig oder zeitweise in verteilten com-
   puterisierten Arbeitsstrukturen und -systemen. Dadurch verändert sich die
   Basis für die Arbeitserfahrung, das organisationale Lernen sowie die Bewäl-
   tigung interkultureller Kommunikation und Interaktion.
2. Virtualisierung von Arbeit und Lernen
   Mit der Virtualisierung von Arbeit und Lernen (Mixed reality) nimmt nicht nur
   die Abstrahierung konkreter Arbeitserfahrung zu, sondern es wachsen

                                      14
zugleich die Chancen für die Verknüpfung gegenständlicher und virtueller
   Arbeitswirklichkeit als eines erweiterten Erfahrungsraums für das berufliche
   Lernen.
3. Virtualisierung von Arbeit und ihre subjektive Verarbeitung als Verantwor-
   tung und Commitment, die »Subjekt-Betroffenheit« durch und das Interesse
   an Arbeitsprozesse(n) nehmen zu mit dem Grad des Verstehens der berufli-
   chen Arbeitsprozesse und ihrer Einbettung in übergeordnete Wertschöp-
   fungsprozesse und mit dem Grad an Unmittelbarkeit des Erlebens berufli-
   cher Arbeitssituationen und ihrer (Aus-) Wirkungen auf Arbeit und Technik
   als sozialen Prozess.

5 Literatur

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                                     16
Forschungsfeld 02: Arbeit und Qualifikation
Arbeitsprozesse als Gegenstand berufswissenschaftlicher
Qualifikationsforschung

1 Wissenschaftliche Fragestellung
Im Forschungsfeld rücken sowohl die individuellen Bildungs- und Ausbildungs-
voraussetzungen als auch die institutionellen und hierarchisch angelegten Be-
dingungen für die Ausübung von beruflichen Aufgaben und Berufsfunktionen in
das Blickfeld. Für eine Forschung, die sich auf diesen doppelten Bezug kon-
zentriert, eignet sich der Terminus Qualifikationsforschung. Im Forschungsfeld
geht es darum, sich mit Fragen der Arbeitsprozesse und Arbeitssysteme, der
Struktur des Ausbildungs- und Bildungssektors, den Beziehungen zwischen
Ausbildungs- und Bildungssektor und den Beschäftigungsfeldern in den Betrie-
ben, den kurz- und langfristigen Verschiebungen in der Arbeitswelt und den er-
forderlichen Qualifikations- und Kompetenzprofilen auseinanderzusetzen.
Für eine Berufsbildung und berufspädagogische Praxis, die sich nicht allein mit
Anpassungen traditioneller Ausbildungsstrukturen an neue Erfordernisse zufrie-
den geben will, sondern in letzter Konsequenz inhaltlich neu strukturierte Lern-
prozesse initiieren und gestalten will, ist es erforderlich, Arbeit und ganz beson-
ders Facharbeit unter berufspädagogisch relevanten Kategorien zu analysieren
und (mit-)zu gestalten.
Auf der Makroebene ist das Anliegen der Qualifikationsforschung die genaue
Erfassung der Anforderungsstrukturen und ihrer Entwicklungstendenzen und
der dafür notwendigen Qualifikations- und Kompetenzprofile und wie sie sich in
Berufsprofilen manifestieren. Weitergehende Untersuchungsgegenstände sind
die arbeitsstrukturellen, arbeitsorganisatorischen und technischen Implikationen
der Arbeit, die sich in den Arbeitsprozessen ausdrücken und die technisch-öko-
nomischen, sozialen und gegenständlichen Kategorien dominieren. Das For-
schungsinteresse konzentriert sich primär auf die Facharbeit, die praktische Ar-
beit, die Berufsarbeit und das darin inkorporierte Wissen und Können. Aus den
Erkenntnissen lassen sich Schlüsse ziehen hinsichtlich der Dimensionen von
Lernen, der Kompetenzentwicklung, der Gestaltung von Berufsprofilen, der
Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentfaltung und der beruflich-sozialisa-
torischen Auswirkungen. Erschlossen werden soll das bei der Expertiseentwick-
lung zentrale Wissen und Können, wie deklaratives Wissen, prozedurales Wis-
sen und Metawissen, in der praktischen Arbeitswelt.
Es geht letztlich um die Auseinandersetzung mit nachstehenden Forschungs-
gegenständen:
   Erschließen von Qualifikationsanforderungen und Gestaltung beruflicher Bil-
    dungspläne, Curricula und anderer Ordnungsmittel,

                                        17
   Erschließung des domänenspezifischen Handlungswissens mit dem Ziel, ge-
    nauere Erkenntnisse zu gewinnen zu Arbeitsprozessen, Arbeitsprozess-
    wissen, Arbeitssystemen, praktischem und damit im Zusammenhang stehen-
    den theoretischem Wissen und zum beruflichen Erfahrungswissen,
   Gestaltung eines theoretischen Kategoriengerüstes für die Qualifikations-
    forschung mit Domänenbezug auf der Grundlage berufswissenschaftlicher
    Forschungsstrukturen,
   Erschließen der Bedeutung bereichs- bzw. domänenspezifischer Kompeten-
    zen einschließlich der Relevanz von „praktischen Begriffen“,
   Untersuchen und Innovieren von Vermittlungsprozessen zwischen Arbeits-
    anforderungen und beruflicher Handlungskompetenz,
   Interdependenzen zwischen Arbeitssystemen, Arbeitsprozessen und Arbeits-
    organisationsformen als den für die jeweilige Arbeits- und Lernumgebung
    ausschlaggebenden Bedingungen,
   Genese und Entwicklung der Inhalte und Formen berufsförmiger Facharbeit,
    der Qualifikationsanforderungen sowie der darauf bezogenen Berufe und Be-
    rufsfelder und Konsequenzen für den Qualifikationsrahmen,
   Analyse von Arbeitsprozessen, um Anknüpfungspunkte für humanorientierte
    und ökologische Gestaltungszusammenhänge für eine erweiterte Berufs-
    bildung zu identifizieren.
Die Gestaltung und der Zusammenhang zwischen den genannten Forschungs-
gegenständen und der beruflichen Bildung sind in nachstehenden Diskussions-
feldern Gegenstand der Qualifikationsforschung.

Wie lassen sich die Qualifikations- und Bildungspotenziale der Arbeitsprozesse
für die berufliche Aus- und Weiterbildung erschließen?
Das Lernen im Arbeitsprozess ist in der beruflichen Erstausbildung geprägt
durch traditionelle Regeln der Aufeinanderfolge von Grund- und Fachbildung
sowie eng reguliert durch gesetzliche Vorgaben. Neuere lern- und entwick-
lungstheoretische Erkenntnisse haben dagegen kaum Eingang in die Strukturie-
rung und Systematisierung beruflicher Bildungsgänge gefunden. Für den Be-
reich der beruflichen Weiterbildung stellt die Erschließung der Lernpotenziale
der Arbeitsprozesse weitgehend Neuland dar. Die Bedeutung dieses For-
schungsfelds ergibt sich daraus, dass die berufliche Erstausbildung nicht mehr
der Idee der breiten beruflichen Grundbildung (in der Regel berufsfeldbreit) und
ein bis zwei darauf aufbauenden Fachstufen folgt, sondern an diese Stelle ist
die Arbeitsprozessorientierung mit Kern- und Fachqualifikationen getreten. Die-
se Ausbildungsstruktur lehnt sich nicht mehr an die traditionellen fachsystemati-
schen Strukturen universitärer Studiengänge an, sondern eher an die Tradition
der Arbeitsstrukturen in den Unternehmen bzw. der Konzepte des „situated
learning“ und „cognitive apprenticeship“ an.

                                       18
Wie lassen sich die Ergebnisse der Qualifikations- und Berufsforschung unter
Berücksichtigung normativer Aspekte und Rahmenkonzepte der Arbeitsgestal-
tung und der „modernen Beruflichkeit“ in berufliche Bildungskonzepte und
-gänge transformieren?
Eine theoretische Fundierung des Konzepts der „bedeutsamen Arbeitssituatio-
nen“ (KMK) und der entwicklungstheoretischen Systematisierung des für Domä-
nen typischen beruflichen Kompetenzerwerbs ist das Ziel dieser Forschungs-
aktivitäten. Strittig ist in der internen Diskussion die Ausgestaltung des Span-
nungsverhältnisses zwischen Normativität und empirischer Forschung. Neue
domänenspezifische Forschungsarbeiten belegen die Relevanz dieses Ansat-
zes als Grundlage der Gestaltung von Kompetenzerwerb. Mit dieser Fragestel-
lung sollen auch Forschungs- und Entwicklungsvorhaben angestoßen werden,
die der Curriculumforschung und der Didaktik beruflicher Bildung zugerechnet
werden können.
Wie lässt sich Bildung für nachhaltige Entwicklung mit Berufsbildung ver-
knüpfen? Wie kann ein globales Leitbild in aktuelle Bildungsprozesse integriert
werden?
Die globalen, die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen sowie die Um-
weltauswirkungen unseres Handelns sind nur sehr bedingt erfahrbar. Welche
Rolle spielen Erfahrungslernen versus systematisches Lernen für die Ausge-
staltung von Nachhaltigkeit? Wie könnte dieses sinnvoll verknüpft werden? Wel-
che normativen Setzungen für eine Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung
(BNE) erfolgen derzeit in Betrieb und Schule? Findet ein Diskurs zu normativen
Setzungen statt? Wie ist der Diskurs zu normativen Setzungen für BNE zu ge-
stalten? Wie sind vorhandene Lehrmethoden für BNE weiterzuentwickeln? Wel-
che Möglichkeiten und Grenzen für partizipative, kommunikationsorientierte An-
sätze gibt es in Betrieb und Schule? Wie entstehen Verantwortung und Motiva-
tion, um eine nachhaltige Entwicklung auch mit Blick auf Beruflichkeit zu gestal-
ten?

Wie kann Expertiseentwicklung bei betrieblichem und schulischem Lernen un-
terstützt werden? Welche Didaktikmodelle sind dafür erforderlich und wie wer-
den die Ergebnisse gemessen?
Letztlich geht es an dieser Stelle um das Erschließen des praktischen Wissens
für eine schulisch und betrieblich ausgerichtete Expertiseentwicklung. Dabei
spielt die Erforschung ausgewählter Domänen, der Zusammenhang von Exper-
tiseentwicklung und Didaktik und die Evaluation schulischen und betrieblich-
praktischen Lernens eine große Rolle. Eine begriffliche Ausdifferenzierung ist
dabei nicht nur naheliegend, sondern auch erforderlich.

Wie kann die Kategorie des Arbeitsprozesswissens für die domänenspezifische
Qualifikationsforschung und die fachdidaktische Forschung weiter entfaltet und
operationalisiert werden?

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Die theoretische und empirische Forschung zum praktischen Wissen soll zu-
künftig vertieft behandelt werden. In erster Linie geht es um die Herausbildung
theoriegestützter Kategoriengerüste und Systematiken. Den praktischen Begrif-
fen kommt in der berufs- und berufs(feld)bezogenen Didaktik eine grund-
legende Bedeutung zu. Hier ergeben sich Anknüpfungspunkte zur didaktischen
Forschung in den Naturwissenschaften (conceptual change). Im Gegensatz zu
dieser ist dieses Forschungsfeld in der Berufsbildungsforschung nahezu unbe-
arbeitet.

Wie können berufliche Kompetenzentwicklungsverläufe modelliert, gemessen
und zertifiziert werden?
Im Gefolge der durch die PISA-Studie initiierten Diskussionen und Forschungs-
ansätze zu Bildungsstandards und Kompetenzmodellen rückt auch im Bereich
der Berufsbildung die Kompetenzforschung (wieder) mehr in den Fokus. Wie
sich allerdings Kompetenzen im Ausbildungs- und Arbeitsprozess konkret ent-
wickeln, hat bislang in der Berufsbildungsforschung kaum Forschungsprojekte
hervorgebracht. Hier ist erheblicher Forschungsbedarf. Die Modellierung und
das Messen der Kompetenzentwicklungsverläufe müssen Gegenstand des For-
schungsfelds sein.

Welches Fachverständnis besteht bei Fachkräften im Berufsfeld Metalltechnik
und Elektrotechnik-Informatik?
Das Fachverständnis – bisher nachgewiesen im Berufsfeld Elektrotechnik-
Informatik – ist sowohl bei Fachkräften als auch bei „Fach-Lehrern“ geprägt
durch die Dualität von Fach-Arbeit und Fach-Wissenschaft. Bisher liegen dazu
nur sehr wenige empirische Arbeiten vor. Die einschlägige fachdidaktische For-
schung ist geradezu dramatisch unterentwickelt. Es sind zielgerichtete, auf
ausgewählte Kontexte eingerichtete Forschungsaktivitäten einzuleiten, um die-
se Forschungsdefizite in einem ersten Schritt zu beheben.

Wie lässt sich Kontextualität von beruflicher Facharbeit „erfassen“ und „er-
schließen“ und welche Rolle spielt sie bei der Entschlüsselung von Facharbeit?
Es stellt sich die Frage, welcher Zusammenhang/ welche Abgrenzung zwischen
Domäne, Kontext, praktischem Wissen, Arbeitssituation und beruflicher Erfah-
rung besteht? Wie sind die einzelnen Elemente forschungsmethodisch zu er-
schließen und welche Rolle spielen sie bei der Unterstützung von Lernprozes-
sen zur Kompetenzentwicklung?

Gestaltungsmöglichkeiten für die Berufsbildung durch Früherkennung von
Qualifikationsbedarf

Beschleunigte Entwicklungen in Industrie und Handwerk und erhebliche demo-
grafische Veränderungen in hochindustrialisierten Ländern fordern neue Quali-
fizierungs- und Lernformen sowie auch die Einbeziehung des Wissens und der

                                      20
Expertise unterschiedlicher Altersgruppen. Um den Wissenstransfer gestalten
und um einigermaßen zuverlässige Aussagen über relevante zukünftige Ent-
wicklungen machen zu können, hat sich das ITB in den letzten Jahren einem
weiteren Forschungsfeld zugewandt, der „Früherkennung von Qualifikationsbe-
darf“. Früherkennung heißt auch „Vorausschau“. Der Begriff verweist darauf,
dass trotz strategischer Analyse, partizipativer Verfahren und großer Nähe zum
Untersuchungsgegenstand keine wirklich präzisen Aussagen bezüglich der ver-
schiedensten Entwicklungen zu erwarten sind. Möglich sind jedoch frühzeitige
Orientierungen, aus denen sich beispielsweise die europäische Politik informie-
ren kann, wie Sozialnetze gestaltet werden sollen, um den demografischen
Wandel zu bewältigen. Bezogen auf die Berufsbildung, heißt dieses, dass mit
ausgewählten Forschungsmethoden der Früherkennung eine Informations- und
Entscheidungsplattform geschaffen werden kann, die Aufschlüsse über zu-
kunftsrelevante Qualifikationsanforderungen zulässt.
Was ist Qualität in der betrieblichen beruflichen Bildung?

Dieser Fragestellung ist durch umfängliche empirische Arbeiten in den Betrie-
ben nachzugehen, um Einblick in die dortige Praxis der Qualitätsentwicklung zu
bekommen. Daraus sind weitere Schlüsse für Forschung und Qualitätssiche-
rung zu ziehen.

2 Forschungsstand
Arbeitsprozesswissen und Arbeitssysteme sind das Kristallisationsfeld dieser
Forschung. Die arbeitsprozessbezogene Forschung hat für das ITB eine hohe
Bedeutung, weil bei genauerer Betrachtung der Untersuchungsgegenstände
mittels berufswissenschaftlicher Qualifikationsforschung ihr interdisziplinärer
und zugleich eigenständiger Charakter deutlich wird. Oftmals wird (die auf Ent-
wicklung beruflicher Curricula ausgerichtete) Qualifikationsforschung einer ein-
zelnen Disziplin zugeordnet, was zu grundlegenden „wissenschaftslogischen“
Problemen führt. Die Folge sind Verkürzungen in der Auseinandersetzung mit
dem Gegenstandsbereich, auf die bereits in den 1970er Jahren und im Rahmen
der Herausbildung einer berufswissenschaftlichen Forschungstradition hinge-
wiesen wurde. Berufswissenschaftliche Qualifikationsforschung beachtet stets
die folgenden drei Dimensionen:
   Struktur eines Sektors und Inhalt der Facharbeit (Aufgaben sowie Geschäfts-
    und Arbeitsprozesse),
   Kompetenzen der Facharbeiter (Wissen und Können zur Beherrschung und
    Gestaltung der Arbeitsprozesse),
   Bedingungen und Strukturen der Entwicklung von Kompetenzen und Struk-
    turen der Berufsbildung (Kompetenzentwicklung/Lernprozesse des Individu-
    ums).
Mit letztgenannter Dimension wird insbesondere die Entwicklung des Subjekts
zu einem zentralen Untersuchungsgegenstand. Die berufliche Entwicklung wird

                                       21
allerdings nicht isoliert zu einer alleinigen Subjekt-Bildung-Relation, sondern
wird einbezogen in den Kontext der Entwicklung beruflicher Kompetenz, womit
auch die Gestaltung der Entwicklung durch das Individuum selbst (Lebenslan-
ges Lernen) und dessen (Mit)Gestaltungsfähigkeit der Arbeitswelt einzubezie-
hen sind. Qualifikationsforschung darf weder so betrieben werden, dass sie die
Grundlagen für eine Anpassungsqualifizierung legt, noch darf sie den zentralen
Ort und Gegenstand „Arbeit“ vernachlässigen. Dies ist durch die Auslegung be-
rufswissenschaftlicher Instrumente zu berücksichtigen. Die konsequente Kon-
textorientierung beschert der berufswissenschaftlichen Forschung nicht selten
den Vorwurf, mit ihren Methoden allein Tätigkeitsanforderungen zu untersuchen
und damit den Bildungsaspekt zu vernachlässigen. Gerade das Gegenteil ist
jedoch der Fall und vielfach Anlass zur Weiterentwicklung forschungsmethodi-
scher Ansätze angrenzender Forschungsdisziplinen gewesen. Die bisher entwi-
ckelten Instrumente konzentrieren sich auf die Ebene der
1. Berufs- und Sektorstrukturen,
2. Organisationsstrukturen beruflicher Arbeitsprozesse,
3. Kompetenzen in Geschäfts- und Arbeitsprozessen,
4. Bedeutung identifizierter Kompetenzen und Arbeitsaufgaben für den Beruf.
Die Instrumentarien werden in der Regel in der angegebenen Reihenfolge
nacheinander angewendet und bilden die Grundlage für die darauf folgende Be-
rufsbild- bzw. Curriculumentwicklung.
In diesem Forschungszusammenhang wurden in den vergangenen Jahren be-
reits mehrere neue Akzente gesetzt mit
   der Ausdifferenzierung des Konzepts der Arbeitsprozessstudien,
   den Untersuchungen zum Konzept des „Praktischen Wissens“ und
   der Ausdifferenzierung der beruflichen Weiterbildung im Prozess der Arbeit.
Die bisherigen Forschungsergebnisse bilden nicht nur das Fundament für die
Gestaltung von Berufsbildern und Curricula, sondern haben einen wesentlichen
Einfluss auf die weitere Ausdifferenzierung berufswissenschaftlicher For-
schungsmethoden und von Berufsbildungssystemen.

3 Vorarbeiten im ITB
Berufsbildung ohne Qualifikationsforschung ist nicht denkbar. Qualifikationsfor-
schung wiederum muss einen Bogen spannen von der Arbeit und den darin
vorhandenen Implikationen, der industriellen und handwerklichen Facharbeit bis
zur Entwicklung von Curricula, die auch die Gestaltung der Lernprozesse mit
zum Gegenstand hat. Jeglicher Determinismus, egal welcher Ausprägung, ist
dabei zu vermeiden. Diese Argumentationslinie ist insofern von hoher Bedeu-
tung, als inzwischen schon ganz selbstverständlich von der arbeitsorientierten
Wende in der Berufsbildung gesprochen wird und damit das Erschließen von

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