Campusintern 2 2020 - STUDIUM - Katholische Hochschule Freiburg

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Campusintern 2 2020 - STUDIUM - Katholische Hochschule Freiburg
2 2020

campusintern    MAGAZIN DER KATHOLISCHEN HOCHSCHULE FREIBURG

       STUDIUM                  HOCHSCHULE                 FORSCHUNG
 Neuer Masterstudiengang         Rektorwechsel:           BMBF-gefördertes
 „Bildung im Gesundheits-   Stephanie Bohlen folgt auf   Forschungsprojekt zu
         wesen“                   Edgar Kösler             Digitaler Teilhabe
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wenn wir in einigen Jahren an das vergangene Som-
mersemester 2020 denken, werden wir uns an eine
Zeit des Wandels erinnern. Täglich wurden die Zah-
len derer gemeldet, die mit Covid-19 infiziert waren,
der Begriff „Social Distancing“ fand seinen Weg in
unsere Sprache und die Hochschule musste zum Ort
eines Lehrens und Lernens werden, der Kompetenz­
erwerb auf neuen Wegen ermöglicht.
In der Kurzumfrage, mit der die Erfahrungen der
Studierenden mit der digitalen Lehre erhoben wur-
de, erkennt ein*e Studierende*r an: „Respekt allen
daran Beteiligten!“ Gedacht ist dabei an die Leis-
tungen aller, die in den Umstieg auf die digitale        13 Jahre innehatte und nun den Stab an mich über-
Lehre eingebunden waren: die Lehrenden, die sich         geben hat. Unter seiner Leitung hat die KH Freiburg
auf die geänderten Möglichkeiten, das Lernen der         ihre Qualität in Lehre, Forschung und Weiterbildung
Studierenden zu begleiten, eingestellt haben und         stetig entwickelt und sich dadurch profiliert als eine
alle Mitarbeiter*innen der Hochschule, die sie dabei     Hochschule, die für ihre Forschungsstärke bekannt
unterstützt haben. Dennoch kann man verstehen,           ist und ihren Studierenden nicht nur berufsrelevan-
dass es auch kritische Stimmen gibt: „Hätte ich ein      te Fähigkeiten vermittelt, sondern eine Lernwelt
Fernstudium gewünscht, hätte ich dies belegt ... Mir     bietet, in der sie sich ganzheitlich entfalten können.
fehlen die Kontakte! Der Austausch.“ Wie an anderen      Ich freue mich darauf, diesen guten Weg fortzuset-
Orten auch wurde der Shutdown in der KH Freiburg         zen und noch deutlicher werden zu lassen, dass die
erlebt als eine Begrenzung des sozialen Lebens,          KH Freiburg aufgrund ihres wertorientierten Engage-
das sowohl dem Studium als auch der Arbeit an der        ments für eine zukunftsfähige Gesellschaft in der
Hochschule einen eigenen Wert gibt.                      Hochschullandschaft unverzichtbar ist.

Daher war es wichtig, dass wir rasch nach anderen        Gemeinsam mit Edgar Kösler haben wir eine Vielzahl
Wegen Ausschau gehalten haben, die es uns ermög-         von Professor*innen und Mitarbeitenden verabschie-
lichten, gut in Kontakt zu kommen. Man kann von          det. Andere Kolleg*innen wurden neu berufen und
einem Sprung in die digitale Lernwelt sprechen, den      haben ihren Dienst angetreten. In einigen Artikeln
wir mutig in Angriff genommen haben. Mit der digita-     bildet sich das Kommen und Gehen ab. Das Heft
len Welt haben wir uns auch neue Möglichkeiten des       informiert Sie aber auch über andere Aktivitäten, die
Austauschs erschlossen. Gremien und Arbeitsgruppen       das Sommersemester 2020 bestimmt haben und die
tagten in Videokonferenzen, Lehrende nutzten Lern-       Zukunft prägen werden: Entwicklungen im Bereich
plattformen, Studierende trafen sich in alfaview-Räu-    der Digitalen Lehre, aktuelle Forschungsprojekte
men, die Arbeit im Homeoffice wurde zur Routine.         und unser neuer Masterstudiengang „Bildung im Ge-
Wir werden keine Hochschule werden, die nur              sundheitswesen“. Was unter Coronabedingungen in
noch Fernstudiengänge anbietet, sondern alles da-        der Hochschule entstanden ist, soll dadurch gewür-
ransetzen, auch den „leibhaftigen“ Kontakt zu er-        digt werden, dass es nun auch auf diesem analogen
möglichen. Aber wir werden uns zukunftsorientiert        Weg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Das
natürlich fragen, welche Potentiale der digitalen        Heft in Ihren Händen verbindet Sie „leibhaftig“ mit
Kommunikation es wert sind, entfaltet zu werden.         der Hochschule. Bleiben wir in Kontakt!

Es war gut, dass die Hochschule sich den Herausforde-    Ich wünsche Ihnen allen viel Freude bei der Lektüre.
rungen, die durch Covid-19 verursacht wurden, gestellt
hat, ohne Zeit zu verlieren. Denn Corona hat zwar das    Ihre
                                                                                                                  VORWORT

Lehren und Lernen, das Forschen und Arbeiten an der
Hochschule verändert, zum Stillstand bringen konnte
Covid-19 das Hochschulleben jedoch nicht.
Das Sommersemester war eine ereignisreiche Zeit,
die besonders geprägt war durch den Abschied von         Prof.in Dr. Stephanie Bohlen
Prof. Dr. Edgar Kösler, der das Amt des Rektors          Rektorin

                                                                                                                    1
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         Inhalt

         HOCHSCHULE                                           STUDIUM

         Abschied                                             Neuer berufsbegleitender Master an der KH:
             Prof. Dr. Edgar Kösler                    4     Bildung im Gesundheitswesen / Education in
                                                              Health Care
         Wo das anscheinend Widersprüchliche eins wird:            Prof.in Dr. Anne Kellner             18
         Gedanken zum Abschied von Edgar Kösler
             Prof.in Dr. Stephanie Bohlen            7       Sport und Inklusion
                                                                  Ein Lehrforschungsprojekt leistet Pionier-
         „Es braucht jemanden, der in der Lage ist,               arbeit
         dranzubleiben.“                                          Lilly Wilczek und Melina Schablowsy       20
             Interview mit Prof.in Dr. Stephanie Bohlen10
                                                              Studieren im „Corona-Semester“
         PD Prof.in Dr. Stephanie Bohlen – die erste              Neue (technische) Herausforderungen für
         Frau an der Spitze der Katholischen Hochschule           Studierende und Lehrende
         Freiburg – eine viel zu kurze Würdigung                  Birgit Kroetz                          22
              Prof. Dr. Edgar Kösler                 12

         18 Jahre Katholische Hochschule – ein Rückblick
              Prof.in Dr. Cornelia Kricheldorff       14

         Für eine überzeuGENDERe Sprache und was
         sonst noch so läuft in puncto Gleichstellung &
         Diversity an der KH
              Solveig Roscher                          16
INHALT

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FORSCHUNG                                             INTERNATIONAL

Teilhabe Digital                                      Freiburg, what I expected and how it really
     Partizipatives Forschungsprojekt zur             turned out (plus achieving B1 in German)
     gesellschaftlichen Teilhabe von Personen              Camila Aguilar Acha                      32
     mit intellektuellen Behinderungen
     Theresa Etges und Verena Wahl           24      Studis international - wer sind wir eigentlich?
                                                          Aleksandra Rembecka                        33
Pastoral 2030 und Pastoralberichte
    Zwei Forschungsprojekte zu Prozessen              MENSCHEN
    der Kirchenentwicklung
    Prof. Dr. Dr. Ebertz, Janka Höld, Eva Bühler26   Nachruf auf Professorin Katharina Megnet
                                                          Prof.in Dr. Nausikaa Schirilla            34
STRATEGIE
                                                      Neue Gesichter                                38
Evaluieren in Zeiten von Corona
    Ein Rückblick auf das digitale Sommer-            Frisch gedruckt 	                             31
    semester 2020
    Tom Weidenfelder                           28    Kurz gemeldet 	                               36

                                                      Impressum 	                                   40
                                                                                                           INHALT

                                                                                                             3
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Offizielle Verabschiedung Edgar Köslers im Rahmen der Gesellschafterversammlung am 16.07.2020
             Eva Maria Welskop-Deffaa, Vorstand Sozial- und Fachpolitik beim Deutschen Caritasverband e.V., überreicht Edgar Kösler
             die Goldene Ehrennadel des Deutschen Caritasverbandes nebst Urkunde.

             Abschied

             Das Leben hat es gut mit mir gemeint. 1998 wur-                     derungen, aber auch die Chancen, voneinander zu
             de ich als Professor an die damalige KFH berufen.                   lernen. Wichtig dabei blieb für mich, einen hohen
             Aufgewachsen in Zeiten, als Pichts Denkschrift „Die                 Leistungsanspruch zu vermitteln, gleichzeitig aber
             deutsche Bildungskatastrophe“ die breite öffent-                    auch Erfahrungen zu ermöglichen, die Selbstver-
             liche Bildungsdiskussion in der Bundesrepublik                      trauen und Selbstwertschätzung stärken. In diesem
             bewegte, bin ich ein Beispiel für eine gelungene                    Zusammenhang habe ich es immer als Verpflichtung
             soziale Mobilität, die heute nicht mehr so selbst-                  unserer Hochschule betrachtet, strukturell Durch-
             verständlich ist. Das Versprechen, dass nur die Leis-               stiegsmöglichkeiten vom Bachelorstudium bis zur
             tung zählt und nicht die Herkunft, ist bis heute nicht              Promotion zu sichern. Dies geschieht über die Ge-
             eingelöst. Deshalb war es mir immer ein Anliegen,                   staltung der Curricula und kommt auch im Anspruch
             Bildungsgerechtigkeit zu befördern und hochschuli-                  einer forschungsstarken Hochschule zum Ausdruck,
             sche Lernmöglichkeiten zu schaffen, die hierzu bei-                 wenn die propagierte „Einheit von Forschung und
             tragen.                                                             Lehre“ keine hohle Phrase sein soll. Dafür braucht
             Als gelerntem Pädagogen und Erziehungs­                             es selbstverständlich hinreichend professorale Res-
             wissenschaftler war und ist es für mich bis heu-                    sourcen, aber auch Vernetzung mit Unternehmen,
HOCHSCHULE

             te eine große Freude, mit interessanten, klugen                     zivilgesellschaftlichen Akteuren und zumindest ein
             Studierenden in Seminaren zusammenarbeiten zu                       zeitlich begrenztes, qualitätsgesichertes Promo-
             dürfen, Lehrer und Gesprächspartner zu sein und                     tionsrecht für einzelne, forschungsstarke Profes-
             das Hineinwachsen in berufliche Karrieren oft auch                  sor*innen an Hochschulen für angewandte Wissen-
             ein Stück weit begleiten zu dürfen. In den 22 Jah-                  schaften.
             ren meiner Tätigkeit wurde die Studierendenschaft                   In den vergangenen 13 Jahren hat sich die Inte­gration
             immer heterogener. Damit stiegen die Herausfor-                     internationaler und interkultureller Dimensionen in

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Lehre, Forschung und Service an unserer Hochschu-    le, weil es eine verlässliche Beziehung markiert. Mir
le stetig weiterentwickelt. Es waren außerordentlich war wichtig, berechenbar zu sein, erlebbar zu sein
lernträchtige Erfahrungen, die Lebensbedingungen     als einer, der tut, was er sagt und der sagt, was
in anderen Ländern kennenzulernen. Nachhaltig ein-   er tut. Deshalb waren für mich die Kolleg*innen,
drücklich und in Teilen emotional anrührend waren    gerade auch jene in Funktionen, immer ganz wert-
                                                                            volle Gesprächspartner*innen.
Es erscheint mir unerlässlich, Studierende zu motivieren,                   Vertrauen bildete auch die
über den Tellerrand zu schauen und sich als Weltbürger zu                   entscheidende Basis für eine
verstehen                                                                   gute Kooperation mit den re-
                                                                            levanten Partner*innen in Ein-
für mich dabei viele persönliche Begegnungen von richtungen, in Verbänden, in der Stadt und im Land.
Mensch zu Mensch. Dafür bin ich außerordentlich Über die Jahre hat sich auf der Basis von Transpa-
dankbar. Deshalb erscheint es mir in Zeiten der renz und Offenheit auf vielen Ebenen Vertrauen ent-
Globalisierung nicht nur unter beruflichen, sondern wickelt. Unerlässlich ist hierfür die positive Unter-
auch politischen Aspekten unerlässlich, Studierende stellung, dass die anderen ihr Bestes geben, sich an
zu motivieren, über den Tellerrand zu schauen und Spielregeln halten und zur Kooperation bereit sind.
sich als Weltbürger zu verstehen.                    Ebenso wichtig war mir immer eine dialogische Hal-
Hochschulen sind Wissensorganisationen. Wissen tung in der Kommunikation. Diese zeigt sich dar-
ist ihr eigentliches „Kapital“. Dieses Wissen aber in, einander zuzuhören und den anderen verstehen
„gehört“ nicht der Organisation, sondern Perso- zu wollen, zusammen zu denken, zu reflektieren,
nen. Deshalb hängt die Leistungsfähigkeit von Konflikte besprechbar zu machen, Kompromisse zu
Hochschulen von diesen Personen ab, die sich als schließen, Lösungen zu finden, von denen alle pro-
Wissenschaftler*innen nicht nur an der eigenen fitieren, und dadurch gemeinsam zu lernen.
Hochschule, sondern gerade auch an ihren wissen- Mir ist klar geworden, wie entscheidend diese Quali-
schaftlichen Communities orientieren. Dort erfolgt tät der Gespräche für Veränderungsprozesse ist. Wo
die Anerkennung als Experte/Expertin, die sich in Verständigung in einer Haltung der Wertschätzung
einer entsprechenden Reputation in der Öffent- erfolgt, werden überraschende Ressourcen frei, wie
lichkeit ausdrückt. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir an der Beteiligung an den vielfältigen Aktivitä-
Führung und Management der Hochschule sie in ten zur Weiterentwicklung unserer Hochschule ein-
besonderer Weise in die Entscheidungsbildung drücklich sehen können.
einbeziehen muss, zumal eine hierarchische Steu-
erung von Expert*innen aus vielen Gründen wenig Organisationen haben im Allgemeinen nicht die Auf-
zielführend erscheint. Hochschulen haben, wie alle gabe, Menschen glücklich zu machen, sondern stra-
Wissensorganisationen, sonst ein grundsätzliches tegische Ziele zu erreichen und qualitätsvolle Ergeb-
Steuerungsproblem. Sie sind als locker gekoppel- nisse zu produzieren. Aber es hilft, wenn Menschen
te Systeme nämlich darauf angewiesen, dass die mit Freude und Zufriedenheit ihre Arbeit machen.
Organisationsmitglieder in weitgehender Eigenver- Mir war es deshalb immer ein Anliegen, Mitarbei-
antwortung ihre Leistung erbringen. Eine der grund- tende in ihrer unterschiedlichen Persönlichkeit und
legenden Rahmenbedingungen und Voraussetzung ihren speziellen Gaben wahrzunehmen und sie nicht
dafür ist eine schlagkräftige,
gut organisierte und profes- Mir war wichtig, berechenbar zu sein, erlebbar zu sein als
sionell arbeitende Hochschul- einer, der tut, was er sagt und der sagt, was er tut
verwaltung, die ihrem Auftrag,
Wissenschaft zu unterstützen und zu ermöglichen, nur funktional im Kontext ihrer Aufgabenerfüllung
nachkommt. Sie stellt die wesentlichen Unterstüt- zu betrachten, ihnen Entwicklungen zu ermöglichen
zungsleistungen für die Arbeit in Lehre, Forschung und sie fair zu behandeln.
und Weiterbildung bereit. Deshalb liegt in einer gu-
ten, verlässlichen Zusammenarbeit auf Augenhöhe Hochschule bewegt sich in einem sich stark ver-
                                                                                                             HOCHSCHULE

beider Bereiche ein entscheidender Erfolgsfaktor ändernden Feld mit großen politischen Herausfor-
jeder Hochschule.                                    derungen, die von der Hochschulleitung bewältigt
                                                     werden müssen. Über die ganzen 13 Jahre hinweg
Aus diesem Grund erhält Vertrauen auch in diesem konnte ich die positive Erfahrung machen, mit den
Kontext eine ganz wichtige Funktion. Sie verbindet Rektor*innen der beiden evangelischen Hochschu-
die Führungsperson mit den Mitarbeitenden. Ver- len in Baden-Württemberg vertrauensvoll, in großer
trauen bietet für mich eine Form der Selbstkontrol- Offenheit und Transparenz zusammenzuarbeiten

                                                                                                                5
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und abgestimmt politisch zu handeln. Ich bin über-       rationen, die mir vielfältige neue Perspektiven eröff-
             zeugt, dass wir nur gemeinsam unsere Interessen          net hat. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen,
             erfolgreich durchsetzen können.                          Mitarbeitenden und Kooperationspartner*innen für
             Ein konstitutives Merkmal von Hochschule ist die         die Wegbegleitung, die Begegnungen, die Heraus-
             Wissenschaftsfreiheit. Diese ist mehr als ein rein in-   forderungen und die Unterstützung in dieser Zeit.
             dividuelles Grundrecht von Wissenschaftler*innen.        Es freut mich sehr, dass am 1. September 2020 der
             Es meint vielmehr „die konkrete Freiheit eines so-       Staffelstab an Frau Prof.in Dr. Stephanie Bohlen
             zialen Feldes durch dessen Organisation“ (Helmut         übergeht. Über all die Jahre habe ich mit ihr, sei
             Ridder). Prüfkriterium für eine der Wissenschafts-       es als Dekanin des Studienbereichs Soziale Arbeit
             freiheit verpflichteten Hochschulorganisation ist so-    oder in den letzten sechs Jahren als Prorektorin für
             mit, ob mit ihr „freie“ Wissenschaft möglich ist und     Lehre, vertrauensvoll zusammengearbeitet und sie
             ungefährdet betrieben werden kann.                       als hochkompetente, sehr engagierte und nach in-
             Vor diesem Hintergrund gilt mein besonderer Dank         nen und außen sehr gut vernetzte Kollegin schätzen
             den Trägern der Hochschule, die seit gut 50 Jahren       gelernt.
             eine Hochschule finanzieren, die für die Bereiche        Sie ist mit den Gegebenheiten und Kulturen unserer
             des Sozialen, der Gesundheit und der Pastoral zu-        Hochschule bestens vertraut. Deshalb bin ich mir
             künftige Fachkräfte und wissenschaftlichen Nach-         sicher, dass es ihr gelingen wird, die hervorragen-
             wuchs ausbildet, und die die notwendigen Rahmen-         de Qualität unserer Hochschule in Lehre, Forschung
             bedingungen und Ressourcen zur Verfügung stellen,        und Weiterbildung erfolgreich weiterzuentwickeln.
             die es ermöglichen, dass eine „freie“ Wissenschaft       Für ihre neue, verantwortungsvolle Aufgabe wün-
             ungefährdet betrieben werden kann.                       sche ich ihr das Allerbeste und bei alledem Gottes
             Und zu guter Letzt:                                      reichen Segen.
             In den vergangenen 22 Jahren habe ich einen gro-         Ihr
             ßen Teil meiner Lebenszeit in und für die Hochschule
             eingebracht. Es war eine Lebensphase voller Inspi-       Prof. Dr. Edgar Kösler
HOCHSCHULE

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Campusintern 2 2020 - STUDIUM - Katholische Hochschule Freiburg
Wo das anscheinend Widersprüchliche eins wird:
Gedanken zum Abschied von Edgar Kösler

Zu seinem Amtsantritt wurde Prof. Dr. Edgar Kös-        eine Zeit, in der die Profilierung der KH Freiburg
ler in der Badischen Zeitung vorgestellt. Der Arti-     im Ausgang von einer christlichen Wertorientierung
kel kündigt an, der neue Rektor sehe es als seine       und ihre Wirtschaftlichkeit so vereint werden konn-
Aufgabe an, anscheinend Widersprüchliches zu ver-       ten, dass die Hochschule auch künftig in der Bil-
einen. In dem Artikel wird rasch klar, um welchen       dungslandschaft bestehen kann?
Widerspruch es geht: Da ist auf der einen Seite
„das Katholische“ und auf der anderen Seite „der        Dass Edgar Kösler wirtschaftlich zu denken und
Markt“. Für die Hochschule, wird der Rektor zitiert,    handeln vermag, hatte er vor dem Antritt seines
sei es an der Zeit, sich in einer Bildungslandschaft,   Rektorats unter Beweis gestellt. Nach seinem Stu-
die die Gestalt eines Marktes bekommen habe,            dium für das Lehramt an Sonderschulen war er als
auch wirtschaftlich zu bewähren. Dabei dürfe sie        Sonderschullehrer tätig, um dann Sonderpädago-
jene Orientierung nicht aufgeben, die sich aus einer    gik mit dem Ziel der Promotion zu studieren. 1991
christlichen Ethik ergebe. Die Redakteurin der Ba-      promoviert, hatte er eine Gastdozentur in Rostock
dischen Zeitung sieht im Rektor den, der einer sol-     inne, eher er erneut als Sonderschullehrer in Stutt-
chen Aufgabe gerecht werden kann, die Frage, ob es      gart tätig wurde. 1998 wurde er an die KH Freiburg
                                                                                                               HOCHSCHULE

sich nur dem Anschein nach um Widersprüchliches         für die Lehrgebiete Heilpädagogik/Management und
handelt, wird nicht beantwortet.                        Bildung berufen. Sowohl den Studiengang als auch
                                                        den Fachbereich Management hat er geleitet. 2001
Es bietet sich an, den Blick zurück auf das Rektorat    wurde er dann zum Prorektor und Leiter des Insti-
von Edgar Kösler zu verbinden mit der Frage, ob         tuts für Forschung, Entwicklung und Weiterbildung
ihm das, was er sich selbst vorgenommen hatte,          (IAF) ernannt. Unter seiner Leitung hat sich das IAF
gelungen ist. War das Rektorat von Edgar Kösler         zu einer Einrichtung entwickelt, die nicht nur die

                                                                                                                  7
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Forschung an der KH Freiburg fördert, sondern zur      gik. Auf dieser Basis wurde der Hochschule nach
             Wirtschaftlichkeit der Hochschule beiträgt.            der Institutionellen Akkreditierung im Jahr 2015
                                                                    auch die Systemakkreditierung zugesprochen, was
             Um die Hochschule als Ganze wirtschaftlich zu stär-    bestätigt, dass das Qualitätsmanagementsystem
             ken, hat Edgar Kösler nach seinem Amtsantritt als      der Hochschule geeignet ist, um die Qualität der
             Rektor einen Prozess eingeleitet, der zur Folge hatte, Studienangebote zu sichern. 2016 hat die EFQM
             dass die KH Freiburg statt 14 Studiengängen aktuell    der Hochschule das Siegel „Recognised for Excel-
             6 Bachelor- und 2 Masterstudiengänge anbietet. Wo      lence***“ verliehen, was nur möglich war, da die
             eine solche Entwicklung, die von wirtschaftlichen      KH Freiburg mit ihren Studienangeboten für ihre
             Bedingungen angeregt ist, mit der Konzentration        Studierenden und Weiterbildungsteilnehmer Nutzen
             der Hochschule auf gesell-
             schaftlich relevante Studien- Wirtschaftlichkeit, exzellente Qualität der Angebote
             gänge verbunden wird, rückt und nachhaltiger Nutzen: Dafür, dass sie zu
             die Frage in den Fokus, was einem „Ganzen“ zu vereinen sind, stand Edgar Kösler
             das „Kerngeschäft“ der Hoch-
             schule ist: Welche der Möglichkeiten, die sich ihr schafft, und dabei wirtschaftlich solide geführt wird.
             auf dem Bildungsmarkt bieten, sollen verwirklicht Wirtschaftlichkeit, exzellente Qualität der Angebote
             werden, um der Hochschule ihr Profil zu geben? Für und nachhaltiger Nutzen: Dafür, dass sie zu einem
             Edgar Kösler konnte der Weg zur Beantwortung der „Ganzen“ zu vereinen sind, stand Edgar Kösler. Da-
             Frage nach dem Profil einer Hochschule, die sich bei ist zu verstehen, dass auch die Einführung des
             „katholisch“ nennt und der christlichen Ethik ver- Qualitätsmanagementsystems an der KH Freiburg
             pflichtet weiß, seinen Ausgang nur haben in der Re- für alle, die an der Hochschule tätig sind, eine be-
             flexion über deren gesellschaftliche Relevanz.         deutende Herausforderung darstellte. Wie die stete
                                                                    Weiterentwicklung der Qualität auch, gibt es kriti-
             Als Edgar Kösler 2007 sein Amt antrat, waren die sche Stimmen. Bedeutung für den Erfolg in der Ein-
             Studiengänge der KH Freiburg auf das gestufte Sys- führung dürfte die Begleitung durch einen Rektor
             tem, auf das man sich in Bologna verständigt hatte, gehabt haben, der sich solchen Stimmen nicht ver-
             umgestellt. Doch der Wandel, auf den die Bolog- schließt, da er es vermag, in der Kritik auch die zu
             na-Reform zielte, hatte sich bislang in den Studien- hören, die in solchen Veränderungsprozessen der
             gängen der KH Freiburg nur begrenzt durchgesetzt. Ermutigung bedürfen.
             Noch war es eine Herausforderung, sich auf die ge-
             änderte Logik von Studienangeboten einzustellen, In dem Artikel der Badischen Zeitung wird der
             die Kompetenzorientierung der Studiengänge zu si- neue Rektor als Schwabe mit Visionen vorgestellt.
             chern, Module in Orientierung am DQR zu konzipie- Schwaben können bekanntlich „schaffen“. Das gilt
             ren, den Workload zu strukturieren und in ECTS zu auch für Edgar Kösler. Entwicklungen, die für die
             rechnen. Edgar Kösler hat nicht nur alles darange- Hochschule und ihre Zukunft relevant sind, hat er
             setzt, dass sich die Angebote der Hochschule durch initiiert, begleitet, moderiert, nicht nur im Kontext
             eine hohe Qualität, die dann auch entsprechende der Umsetzung der Strategie 2020. Es ist nahezu
             Nachfrage rechtfertigt, auszeichnen. Er hat nicht nur unmöglich, sich eine Zukunft der Hochschule ohne
             zum Aufbruch bewegt und die Gruppe derer, die den seinen unermüdlichen Einsatz vorzustellen. Aber
             Weg gehen wollten, geführt. Er hat auch die nie Edgar Kösler war nicht nur ein „Schaffer“, sondern
             aus dem Blick verloren, denen der Weg zu steinig ein Visionär. Und die Visionen, die ihn dabei gelei-
             erschien.                                              tet haben, deuten sich an in jenen „Wertekacheln“,
                                                                    die im Auftakt zur Strategie 2020 erarbeitet wurden.
             Dabei bezog sich Edgar Köslers Wille zur Qualitäts-
             entwicklung nie nur auf die Studiengänge, sondern Doch Werte wollen nicht nur in Kacheln abgebildet
             stets auf die Hochschule als Ganze. Ihm ist zu ver- werden, sie sollten im und durch das Handeln derer,
             danken, dass die Qualitätssicherung der Studien- die in der Hochschule tätig sind, wirksam werden.
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             gänge an der KH Freiburg eingebettet wurde in ein Das gilt insbesondere für deren Leitung. Mit welcher
             System zur Qualitätssicherung und -entwicklung der Grundhaltung hat Edgar Kösler die Hochschule ge-
             gesamten Hochschule.                                   leitet? Was war ihm von besonderem Wert? Als Ant-
                                                                    wort darauf darf man an erster Stelle seine Fähig-
             2010 trat die KH Freiburg der European Foundation keit nennen, das, was andere ihm mitteilen wollen,
             for Quality Management (EFQM) bei und gestaltet auch zu hören. Man könnte auf diverse Aus- und
             seitdem ihre Qualitätsentwicklung nach deren Lo- Weiterbildungen verweisen, in denen er sich diese

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Kompetenz angeeignet haben dürfte, unter ande-                                                                                ein Studierendenwohnheim übernommen hat. Wir
rem in Gesprächspsychotherapie, Familientherapie,                                                                             werden erleben, welche Möglichkeiten sich dadurch
Supervision und in der Organisations- und Perso-                                                                              für die Hochschule ergeben, die als „katholische“
nalberatung. Sie alle stärken die Aufmerksamkeit                                                                              Hochschule ein Ort ist, an dem Menschen nachhal-
auf das, was Menschen von sich aus mitteilen wol-                                                                             tig studieren, leben und arbeiten können.
len. Sie fordern dazu heraus, sich die Grundhaltung
anzueignen, sich anderen hörend zuzuwenden. Wer                                                                               Der, der mit seinen Händen arbeitet, ist ein Arbeiter.
mit Edgar Kösler zu tun hatte, konnte erleben, dass                                                                           Der, der mit seinen Händen und mit seinem Kopf
Zuhören und Leiten keine Gegensätze sind, sondern                                                                             arbeitet, ist ein Handwerker. Der, der mit seinen
sich in erfolgreichem Management zu einem Ganzen                                                                              Händen, seinem Kopf und seinem Herzen arbeitet,
vereinen.                                                                                                                     ist ein Künstler. (Franz von Assisi)

Ausdruck dafür, dass Edgar Kösler daran gelegen      Eine Hochschule zu leiten, ist eine Kunst. Sie
war, seinen Leitungsaufgaben in Gestalt eines zu-    braucht den Künstler, den, der mit dem Herzen bei
                                                                                             der Arbeit ist. Ein Rektor mit
Wer mit Edgar Kösler zu tun hatte, konnte erleben,                                           Herz, das ist einer, der sich für
dass Zuhören und Leiten keine Gegensätze sind                                                die Hochschule, die er leitet,
                                                                                             „beherzt“ einsetzt, und allen,
hörenden Managements gerecht zu werden, dürfte       nicht    nur      denen,          die    zu führen seine Aufgabe ist,
auch das Bestreben sein, den Kontakt mit Vertre- „herzlich“ begegnet.
ter*innen von sozialen Einrichtungen und Verbän-
den zu stärken. Der „Dialog am See“ war nur eines Stephanie Bohlen
der Formate, die er angeregt hat, um den Dialog zu
pflegen. Die Kompetenz des Zuhörens verband sich
dort stets mit der Fähigkeit, gesellschaftliche Her-    Stephanie Bohlen, Erika Adam (Hrsg.)

ausforderungen aus unterschiedlichen Perspektiven
                                                                                   Hochschule Angewandter Wissenschaften
                                                             Bohlen, Adam (Hrsg.) Qualität als Auftrag und Ansporn für eine
                                                                                 Hochschule Angewandter Wissenschaften
                                                            Bohlen, Adam (Hrsg.) Qualität als Auftrag und Ansporn für eine

zu betrachten, um die Impulse zur Entwicklung der       Qualität als Auftrag und Ansporn
                                                        für eine
Hochschule, die sich daraus ergeben, aufgreifen zu      Hochschule Angewandter Wissenschaften:

können – im Wissen darum, dass die KH Freiburg
aufgrund ihrer Wertorientierung dazu verpflichtet
ist, Studiengänge und Weiterbildungsangebote so-
wohl im Sozial- und Gesundheitswesen als auch in
der Pastoral an relevanten Bedarfen auszurichten.

Auch der Bachelor-Studiengang für Angewandte
Theologie und Religionspädagogik, der unter dem                                                                                  Eine Weg-Gabe für Edgar Kösler
Rektorat von Edgar Kösler eingerichtet wurde,
wird die KH FreiburgISBN als    wertorientierte Hochschu-
                         978-3-86628-671-9
                    Hartung-Gorre Verlag                                                                                         Hartung-Gorre Verlag Konstanz
le profilieren. Mit der Einführung des neuen Stu-
dienangebots verbunden war die Erweiterung der                                                                                Im Hartung-Gorre-Verlag erschienenes Buch zum Abschied
Hochschule, die mit einem neuen Campus auch                                                                                   von Edgar Kösler
                                                                                                                                                                                       HOCHSCHULE

                                                                                                                                                                                          9
„Es braucht jemanden, der in der Lage ist, dranzubleiben.“
             Professorin Stephanie Bohlen (59) ist seit September Rektorin der Katholischen Hoch-
             schule Freiburg. Sie wurde von der Gesellschafterversammlung bestellt und tritt als
             erste Frau in der Geschichte der Hochschule dieses Amt an. Im Interview spricht sie
             über ihre Pläne und darüber, was die neue Stelle für sie besonders reizvoll macht.

             Frau Bohlen, haben Sie das Gefühl, dass Sie für       Pluralität bedeutet immer auch Konflikt, denn Men-
             Ihre neue Stelle Mut brauchen?                        schen müssen Interessen aushandeln und Bedürf-
                                                                   nisse müssen priorisiert werden. Man muss den Mut
             Ja, das glaube ich schon. Das Rektorenamt ist für     haben, daraufzusetzen, dass das gelingen kann. Und
             mich eine neue Aufgabe. Und
             es ist eine hochkomplexe Auf- Ich bin davon überzeugt, dass Menschen gut miteinander
             gabe, die mit vielfältigen He- arbeiten können, wenn sie ein gemeinsames Ziel haben
             rausforderungen verbunden
             ist. Es geht dabei unter anderem auch darum, ein es braucht womöglich auch Vertrauen in uns alle.
             Team aus 40 Professor*innen und 60 Mitarbeiten- Für mich kommt es darauf an, Orte und Möglichkei-
             den zu leiten. Das ist nicht einfach, dafür braucht ten für Aushandlungsprozesse zu schaffen. Als Rek-
             es Mut.                                                torin habe ich die Aufgabe, diese Orte zu schaffen
                                                                    und an einer Kultur mitzuarbeiten, die es ermög-
             Wie möchten Sie aus diesen 100 Mitarbeitenden ein licht, diese Diskurse auszutragen und die Menschen
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             Team machen?                                           darin bestärkt, dabei wirklich fair miteinander um-
                                                                    zugehen.
             Indem ich zunächst einmal die unterschiedlichen Be- Außerdem bin ich davon überzeugt, dass Menschen
             dürfnisse und die Menschen dahinter wahrnehme, gut miteinander arbeiten können, wenn sie ein ge-
             sie ernst nehme und in ihrer Pluralität akzeptiere. Es meinsames Ziel haben. Wenn wir wissen, was wir
             ist eine ganz alte Lehre, dass Teams davon leben, wollen, wird Unterschiedlichkeit, Pluralität zu einem
             dass ihre Mitglieder unterschiedlich sind. Aber diese Wert, der uns vorwärtsbringt.

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Was ist denn das gemeinsame Ziel unserer Hoch-          Welche Bedeutung hat für Sie die Tatsache, dass
schule?                                                 Sie als erste Frau diese Hochschule leiten?

Für meine Begriffe ist das Ziel, unsere Hochschule in   Dasselbe Thema nochmal. Man kann ja nicht den-
ihrer Qualität voranzubringen.                          ken, dass jemand Mensch ist und außerdem Religi-
                                                        on hat oder jemand ist Mensch und außerdem Frau.
Wie wollen Sie das machen?                              Mich gibt es nur als Frau mit religiösen Verwurze-
                                                        lungen. Und selbstverständlich macht es etwas mit
Indem wir noch deutlicher bewusst machen,               mir, dass ich eine Frau bin. Es macht zum Beispiel
worin die Qualität der Hochschule zu erkennen           sehr sensibel für die Frage nach Machtverteilungen
ist. Im Grunde geht es um genau das, was im             in unserer Gesellschaft, nach den Möglichkeiten an
EFQM, im Qualitätsmanagement, gedacht wird:             Prozessen zu partizipieren.
Wir profilieren die Stärken unserer Hochschule.         Wir bieten Studiengänge des Gesundheitswesens
Ich glaube, dass wir durch unser wertorientiertes       an und Pflegefachkräfte sind überwiegend weiblich.
Profil stark sind und noch stärker werden kön-          Sie arbeiten aber in einem Gesundheitswesen, in
nen. Darum arbeiten wir derzeit an einer Vision,        dem die überwiegende Zahl der Ärzte männlich ist
die unsere Stärken benennt und werden uns dann          – noch männlich ist. Es sind die Ärzte, die im Ge-
im kommenden Semester über die Strategie ver-           sundheitswesen das Sagen haben. Natürlich gucke
ständigen, die wir zur Profilierung der Hochschule      ich auf solche Phänomene als Frau. Und ich sehe
brauchen.                                               hier gesellschaftlichen Entwicklungsbedarf.

Herr Kösler kommt aus der Heilpädagogik, Sie sind       Was reizt Sie denn an der neuen Stelle besonders?
Theologin. Werden wir jetzt Kreuze in die Aulen
hängen?                                                 Mich reizt die Möglichkeit, zu gestalten. Dinge an-
                                                        zustoßen, die ich anstoßen möchte. Auch die Mög-
(lacht) Falls wir uns entscheiden, Kreuze aufzu-        lichkeit, zu verändern, aber auch bewährte Dinge
hängen, werden wir das nach einem sehr langen           fortsetzen. Beides ist mir wichtig. Diese Möglich-
Diskurs tun. Das werde ich ganz sicher nicht im         keit, mitzugestalten, finde ich sehr reizvoll. Ich bin,
Alleingang beschließen. Ich habe den Anspruch,          wie gesagt, der Überzeugung, dass es ein Team
dass Religion nicht exkludierend sein darf. In dem      braucht, um wirklich etwas zu gestalten. Und in
Augenblick, in dem ein Kreuz dazu führt, dass je-       diesem Team braucht es sehr unterschiedliche Ty-
mand nicht mehr gerne in den Hörsaal reingeht,          pen und es braucht immer jemanden, der in der
stimmt etwas nicht.                                     Lage ist, dranzubleiben und Dinge mit Nachdruck
                                                        vorwärtszutreiben. Ich glaube, da habe ich meine
Die Frage, die dahinter steht ist natürlich, wie sehr   Stärken. Die bringe ich gerne ein.
ihr Hintergrund als Theologin unsere Hochschule
verändern wird.                                         Sie haben bereits die vielfältigen Herausforderun-
                                                        gen angesprochen. Was flößt Ihnen Respekt ein?
Das wird die Zukunft zeigen. Aber es ist berechtigt
zu fragen, was die Tatsache, dass ich Theologin         Mir flößt Respekt ein, dass wir in einer Gesellschaft
bin, für mich bedeutet. Für mich ist der Glaube,        leben, die zunehmend globaler wird. In diesem
um den es in der Theologie geht, eine Ressource.        globalen Kontext spielen ökonomische Strukturen
Es ist eine Antwort auf die Frage: Braucht es nicht     eine immer größere Rolle. So entstehen Märkte.
Mut? Ja, es braucht Mut. Und Mut bekommt man            Auch Hochschulen sind Marktbedingungen unter-
in der Regel durch ermutigende Ressourcen. Reli-        worfen und wo es Märkte gibt, gibt es Konkurrenz,
gion macht mir Mut. Weil es mir auch das Wissen         auch Konkurrenzkampf. Das dringt zunehmend in
vermittelt, dass es nicht nur an mir liegt. Ob es ge-   den Hochschulbereich ein. Dieser Konkurrenzkampf
lingt, ist immer auch eine Frage des Glückens und       birgt Chancen, erzeugt aber auch Druck. Wir müs-
                                                                                                                  HOCHSCHULE

das hat mit Religion zu tun. Das ist das eine. Das      sen Stand halten auf dem Bildungsmarkt. Da hilft
andere ist, dass Religion den Blick lenkt. Es geht      nur: Gut sein, stetig noch besser werden. Viel Qua-
um Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Menschenwürde,        lität und viel Profil zeigen. Der Anspruch, der da-
wenn ich davon spreche, dass die Hochschule ein         mit verbunden ist, kann einem Respekt einflößen.
wertorientiertes Profil hat. Solche Begriffe füllen     Aber wenn ich nicht glauben würde, dass wir das
sich für mich inhaltlich, nicht nur, aber auch von      schaffen können, hätte ich die Aufgabe nicht über-
meinem Glauben her.                                     nommen.

                                                                                                                    11
Edgar Kösler und Stephanie Bohlen auf dem Hochschultag 2016.

             PD Prof.in Dr. Stephanie Bohlen – die erste Frau an
             der Spitze der Katholischen Hochschule Freiburg –
             eine viel zu kurze Würdigung

             Stephanie Bohlen ist seit dem September 2020 die               derer Berücksichtigung von ethischen Fragen der
             neue Rektorin der Katholischen Hochschule Freiburg             angewandten Sozialwissenschaften“ an unserer
             und damit gleichzeitig Co-Geschäftsführerin der                Hochschule berufen.
             Trägereinrichtung Katholische Hochschule Freiburg              Im Selbstverständnis einer Hochschule für ange-
             gGmbH.                                                         wandte Wissenschaften in kirchlicher Trägerschaft
             Stephanie Bohlen studierte Katholische Theologie               ist dies eine zentrale Professur. Denn Theologie als
             und Germanistik in Mainz und Freiburg. Sie wurde               einer auf die Anforderungen der Sozial- und Ge-
             1993 durch die Theologische Fakultät der Albert-Lud-           sundheitswissenschaften subsidiär ausgerichteten
             wigs-Universität in Freiburg promoviert. Danach ab-            Bezugswissenschaft leistet wichtige Beiträge zur
             solvierte sie das Referendariat für die Laufbahn des           sozial-anthropologischen und ethisch-normativen
             höheren Schuldienstes an Gymnasien, bevor sie                  Grundlegung und Reflexion professioneller Praxis-
HOCHSCHULE

             dann als wissenschaftliche Assistentin an die Uni-             vollzüge sozialer Berufe. Sie bietet damit gleich-
             versität wechselte und kurze Zeit als Referentin im            zeitig wichtige Entscheidungshilfen bei der Kontin-
             Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg arbeitete.                genzbewältigung im professionellen Alltag.
             Mit ihrer Habilitation im Jahr 2000 erhielt sie die            Von Anfang hat sich Stephanie Bohlen durch ihre
             Lehrbefugnis für das Fach Christliche Religionsphi-            Lehrtätigkeit eine hohe Reputation bei den Studie-
             losophie. 2001 wurde sie auf die Professur „Theo-              renden erworben. So meldeten Studierende jüngst
             logisch-philosophische Anthropologie unter beson-              zurück, dass es ihr auch in rein digitalen Lehrforma-

 12
ten sehr gut gelingt, Lernprozesse anzustoßen, den     ches sie 2015 übernahm und das weitere Aufgaben
inhaltlichen Austausch zwischen den Studierenden       mit sich brachte. So übernahm sie in der Folge
zu befördern und die Reflexion von Praxiserfahrun-     zunächst die Leitung und später die Geschäftsfüh-
gen zu ermöglichen.                                    rung der Kommission zur internen Akkreditierung
Mit großem Engagement hat sie sehr schnell viel-       (KiA). Zwischenzeitlich wurden alle 9 Studiengänge
fältige Leitungsaufgaben auf unterschiedlichen         unserer Hochschule erfolgreich intern akkreditiert.
Ebenen der akademischen Selbstverwaltung über-         Mittlerweile arbeitet sie bereits an der Vorbereitung
nommen. Sie leitete zunächst den Bachelorstudi-        der Reakkreditierung der Systemakkreditierung im
engang „Soziale Arbeit“ und erwarb sich dort viel      Jahr 2021. Darüber hinaus wirkt sie federführend im
Anerkennung durch die Kolleg*innen, sodass sie         Entwicklungsprojekt „Anrechnung außerhochschuli-
zur Studiendekanin des Studienbereichs Soziale         scher Kompetenzen in der Sozialen Arbeit“ (AnKo-
Arbeit gewählt wurde, bevor sie die Leitung des        SA) mit, das in Kooperation mit der Evangelischen
Masterstudiengangs „Dienstleistungsentwicklung“        Hochschule Ludwigsburg darauf abzielt, Kompeten-
übernahm. In diesen Rollen erkannte sie schnell die    zen, die Studieninteressierte in unterschiedlichsten
große Bedeutung der Qualitätsentwicklung gerade        Lern- und Lebenszusammenhängen erworben ha-
auch im Bereich der Lehre, zumal die Hochschule        ben, in einem Anrechnungsverfahren auf ein Hoch-
durch die konsequente Einführung und Umsetzung         schulstudium anrechenbar zu machen.
des Qualitätsmanagementsystems EFQM im Jahr            Auch im Entwicklungsprozess der Strategie 2020
2010 hohe Ansprüche an alle Mitarbeitenden stellt.     und deren Umsetzung wirkte Stephanie Bohlen ak-
Gerne erinnere ich an die sehr produktive Arbeit der   tiv mit. Sie war Mitglied im Lenkungsausschuss zur
Projektgruppe Didaktik, in der unter Leitung von Jo-   Integration des neuen Campusmanagementsystems
chen Schmerfeld und unter Mitarbeit von Stephanie      HisInOne und engagierte sich in der Projektgruppe
Bohlen, Hauke Schumann und mir in der Zeit zwi-        zur Entwicklung einer Lernform des Blended Lear-
schen September 2012 und Juli 2013 ein noch heute      ning, bei der die Vorteile von Präsenzveranstaltun-
wegweisendes Konzept zur curricularen Gestaltung       gen und E-Learning kombiniert werden.
von Bachelorstudiengängen erarbeitet wurde. Inten-     Besonders hervorheben möchte ich auch ihr Mit-
tionaler Kern dieses Konzepts ist eine konsequente     wirken in der Projektgruppe zur Entwicklung und
Kompetenzorientierung. Danach sollen, ausgehend        Implementierung des Bachelorstudiengangs „Ange-
von den Qualifikationszielen eines Studiengangs,       wandte Theologie und Religionspädagogik“. Auch
Module so gestaltet werden, dass sie sich Kom-         durch ihr enormes, fachkundiges Engagement ist es
petenzzielen zuordnen lassen und entsprechend          gelungen, diesen für unsere Hochschule strategisch
unserem Konzept einen hohen Anteil von Selbst-         so bedeutsamen Studiengang mit großem Erfolg
lernen bzw. forschendem Lernen enthalten. Dem-         zum Wintersemester 2018/2019 nach nur zweijähri-
entsprechend kompetenzorientiert sind auch die         ger Vorbereitungszeit an den Start zu bringen.
Modulprüfungen zu gestalten. Damit verbunden ist
die Einführung einer entsprechend gestalteten Stu-     Nun hat Stephanie Bohlen am 01. September 2020
dieneingangsphase, der bei der Etablierung einer       das Amt der Rektorin und Co-Geschäftsführerin der
neuen Lernkultur eine entscheidende Bedeutung          Trägergesellschaft unserer Hochschule übernom-
zukommt. Dieses Konzept war leitend für die Aus-       men. Sie ist sehr gut dafür gerüstet und mit den
gestaltung der Richtlinien zur Studiengangsentwick-    Gegebenheiten und der Kultur unserer Hochschule
lung, die 2018 in Kraft gesetzt wurden. Ein weiterer   bestens vertraut. Als Mitglied im Caritasrat des Ca-
wichtiger Meilenstein in der Umsetzung des konti-      ritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg und Vor-
nuierlichen Verbesserungsprozesses im Bereich Stu-     standmitglied bei IN VIA Freiburg sowie als bisherige
dium und Lehre war der Prozess zur Erlangung der       Prorektorin für Lehre ist sie in der kirchlich-caritati-
Berechtigung zur hochschulinternen Akkreditierung      ven und hochschulischen Landschaft gut vernetzt.
unserer Studiengänge (Systemakkreditierung). Das
Projekt, das den Prozess zur Systemakkreditierung      Deshalb bin ich mir sicher, dass es ihr gelingen
durch die AHPGS bis Ende 2014 vorbereitete, wurde      wird, die hervorragende Qualität unserer Hochschu-
                                                                                                                  HOCHSCHULE

wiederum durch Stephanie Bohlen erfolgreich gelei-     le in Lehre, Forschung und Weiterbildung erfolgreich
tet: Als erste Hochschule für angewandte Wissen-       weiterzuentwickeln. Für ihre neue verantwortungs-
schaften in kirchlicher Trägerschaft in Deutschland,   volle Aufgabe wünsche ich ihr das Allerbeste und
und als erste in Freiburg, wurde unsere Hochschule     bei alledem Gottes reichen Segen.
am 30.04.2015 für sechs Jahre systemakkreditiert.
Damit hatte sich Stephanie Bohlen geradezu für         Prof. Dr. Edgar Kösler
das Amt der Prorektorin für Lehre empfohlen, wel-      Rektor von 2007 bis 2020

                                                                                                                    13
18 Jahre Katholische Hochschule – ein Rückblick

             Zum Wintersemester 2002/2003 kam ich als neu           genossen, sowohl in der Sozialen Arbeit, meiner ei-
             berufene Professorin an die damalige Katholische       gentlichen fachlichen Heimat, als auch in den Pfle-
             Fachhochschule Freiburg, die als KFH in der Region     ge- und Gesundheitsstudiengängen. Der Austausch
             bekannt und eine Art Markenzeichen war. Zum Ende       mit den Studierenden im Rahmen von Vorlesungen
             des Covid-19 bedingt ungewöhnlichen, ungewöhn-         und noch stärker in Seminaren sowie das kritische
             lichen Sommersemesters 2020 verlasse ich die KH        Ringen um fachliche Positionen waren für mich der
             Freiburg, wie sie inzwischen heißt, nach befriedi-     wichtigste und zentrale Aspekt meiner Lehrtätig-
             genden und erfolgreichen 18 Jahren, die für mich im    keit. Dafür danke ich allen aktuellen und auch den
             Rückblick angefüllt sind mit einer Vielzahl prägen-    ehemaligen Studis, von denen mir heute viele als
             der und guter Erfahrungen und menschlichen Be-         erfolgreiche Expert*innen in der Fachpraxis wieder
             gegnungen. Diese Zeit ging wirklich rasend schnell     begegnen. Eine sehr befriedigende Erfahrung! Sehr
             vorbei und sie hatte für mich sehr verschiedene        intensive Begegnungen mit Studierenden ergaben
             Facetten, die nur in der Summe zu fassen und zu        sich in den vielen internationalen Seminaren, vor
             begreifen sind.                                        allem mit der Nationalen Jurij-Fedkowytsch-Univer-
             Als Professorin für Soziale Gerontologie und Soziale   sität Czernowitz, unserer Partnerhochschule in der
HOCHSCHULE

             Arbeit im Gesundheitswesen konnte ich das Profil       Ukraine – ermöglicht und gefördert vom DAAD –
             in diesem gesellschaftlich hoch relevanten und zu-     ebenso im Projekt PAGEL in Tbilisi/Georgien und im
             nehmend wichtiger werdenden Praxisfeld der Sozia-      vergangenen Jahr auch in Japan. Als Anerkennung
             len Arbeit mit älteren Menschen und in pflege- und     für die intensive Zusammenarbeit habe ich im Jahr
             gesundheitswissenschaftlichen Kontexten deutlich       2017 von der Jurij-Fedkowytsch-Universität die Eh-
             schärfen und stärken. Die Lehre und die Arbeit in      rendoktorwürde verliehen bekommen – eine außer-
             studentischen Projekten habe ich immer äußerst         gewöhnliche Erfahrung, verbunden mit einer großen

 14
Zeremonie im historischen Marmorsaal der ehemali-         drei erfolgreichen Forschungsschwerpunkten (FSPs)
gen Residenz des griechisch-orthodoxen Metropoli-         auf der Forschungslandkarte der HRK vertreten, die
ten und gleichzeitig auch eine Anerkennung für die        2009 erstmals erstellt und veröffentlicht wurde. Im
Bedeutung der langjährigen Kooperation mit unse-          FSP Versorgungsforschung in Gerontologie, Pflege
rer Hochschule                                            und Gesundheitswesen war ich seitdem als Spre-
Gemeinsam mit mir, wenn auch in unterschiedli-            cherin koordinierend tätig und ich konnte in diesem
chen Rollen, hat die erste Studierendenkohorte das        Rahmen in den vergangenen Jahren in nennenswer-
Studium der Sozialen Arbeit an der KFH begonnen           ter Höhe Drittmittel einwerben, Forschungsprojekte
– vorher waren Sozialarbeit und Sozialpädagogik           erfolgreich durchführen und umfangreich publizie-
getrennte Studiengänge. Mit der Anerkennung als           ren. Nicht zuletzt damit waren die Jahre im IAF sehr
eigenständige Fachwissenschaft durch die Hoch-            arbeitsintensiv, aber auch kreativ – gemeinsam im
schulrektorenkonferenz (HRK) und die Kultusmi-            Team konnten neue Formate in Weiterbildung und
nisterkonferenz (KMK) im Jahre 2001 waren für die         Forschung entwickelt und ausprobiert werden.
hochschulische Ausbildung der Sozialen Arbeit die         Dies alles war aber nur möglich, weil ich die Frei-
Weichen neu gestellt worden. Zunächst noch mit            heit zur Gestaltung und die uneingeschränkte Wert-
dem Abschluss Diplom, wurde mit der Einführung            schätzung der Hochschulleitung erfahren durfte. Die
von Bachelor- und Masterstudiengängen der Weg             Arbeit im IAF war immer auch Teamarbeit, der Erfolg
für Studienreformen gebahnt, die die Frage nach           ein gemeinsamer – in enger Kooperation mit mei-
der eigenen Wissens- und Wissenschaftsbasis So-           ner Stellvertreterin, mit den Institutsassistent*in-
zialer Arbeit, nicht zuletzt auch als Emanzipations-      nen, den Forschungskoordinator*innen und den
akt gegenüber den bis dato im Studium noch sehr           vielen akademischen Mitarbeiter*innen in den For-
dominanten Bezugswissenschaften, neu stellte und          schungsprojekten. Ich bedanke mich auch bei allen
immer noch stellt.                                        Kolleg*innen für ihr Mitwirken und ihr Engagement
In der Akkreditierung der dann neu entwickelten           in den von mir geleiteten beiden Senatskommis-
B.A.- und M.A.-Studiengänge wurde Forschung ein           sionen Forschung und Weiterbildung und bei den
zunehmend wichtigeres Thema. Insgesamt haben wis-         Professor*innen, die sich als Projektleitungen bei
senschafts- und hochschulpolitische Trends und Ent-       Drittmittelanträgen und in Forschungsprojekten ak-
wicklungen der letzten Jahre den Druck auf die Hoch-      tiv eingebracht haben. Mein Dank geht auch an die
schulen für Angewandte Wissenschaften, sich in der        Kolleg*innen in der gesamten Verwaltung und in
Forschung deutlicher zu profilieren, spürbar erhöht.      den Servicebereichen der Hochschule, durch die die
Wichtige Aspekte für uns sind dabei die wissenschaft-     Bewältigung der Fülle meiner Aufgaben und Zustän-
liche Reputation der KH Freiburg, der Einfluss der For-   digkeiten überhaupt erst möglich gemacht wurde.
schungsstärke bei der Positionierung in Hochschul-        Nun gehen 18 tolle und befriedigende Jahre zu Ende.
rankings, aber auch die Schaffung von Arbeitsplätzen      Im Rückblick war meine Zeit an der Hochschule
für den akademischen Nachwuchs im hochschulischen         durchgängig geprägt von stetiger Veränderung und
Mittelbau und damit auch die Verbesserung von Kar-        zahlreichen Reformen in Hochschulstruktur, Quali-
rierechancen für Absolvent*innen.                         tätsmanagement und in den Studiengängen. Die KH
Als Prorektorin für Forschung und Weiterbildung           Freiburg ist und bleibt ständig in Bewegung und
– diese Position hatte ich an unserer Hochschule          damit wird die Arbeit nie langweilig. Erinnerung und
durchgängig seit 2007 inne – habe ich mich in-            Rückblick – Aufbruch und Neubeginn – in Bewegung
tensiv bemüht, die KH Freiburg in diesem Kontext          sein und neugierig bleiben – das alles steht nun
gut aufzustellen. Das war auch möglich, weil ich          bei mir an. Nach einer Verlängerung von drei Se-
in dieser Zeit als Institutsleitung des IAF, bisher       mestern nehme ich als Professorin und Prorektorin
das zentrale In-Institut für Forschung, Entwicklung       Abschied von der Hochschule. Mit dem Übergang
und Weiterbildung, dessen Profil stärken und wei-         in die nachberufliche Phase habe ich mich schon in
terentwickeln durfte. In diesem Kontext konnte            meiner Dissertation beschäftigt. Theoretisch bin ich
ich erkennbare Bedarfe und innovative Ideen aus           gut vorbereitet – der Praxistest kommt jetzt und ich
der Fachpraxis und aus dem Kreis der Kolleg*in-           bin gespannt!
                                                                                                                 HOCHSCHULE

nen aufgreifen und gemeinsam realisieren. So ist
die KH Freiburg beispielsweise von Beginn an mit          Prof.in Dr. Cornelia Kricheldorff

                                                                                                                   15
Für eine überzeuGENDERe Sprache und was sonst noch
             so läuft in puncto Gleichstellung & Diversity an der KH

             Katja Berlins „Torte der Wahrheit“ (Bild rechts) spielt   Diese Entscheidung soll alle an der KH, Studieren-
             auf eine Debatte an, die wahrscheinlich in vielen In-     de wie Mitarbeitende, dazu anregen, sensibel für
             stitutionen in den letzten Monaten geführt wurde:         Diskriminierung durch Sprache zu sein oder zu wer-
             Brauchen wir eine gendergerechte Schreibweise?            den. Darüber hinaus hoffen wir auf diesem Weg
             Unsere Hochschule hat sich Anfang dieses Jahres dazu      auch eine reflektierte Haltung in die Arbeitsfelder
             entschieden, diese Frage mit einem ausdrücklichen         des Gesundheits- und Sozialwesens einbringen zu
             „Ja!“ zu beantworten. Ab sofort werden alle Texte der     können. Außerdem wollen wir als KH uns aktiv in
             Hochschule geschlechtsneutral formuliert. Zusammen-       die Diskussion um sich ständig weiterentwickelnde
             gefasst bedeutet dies, dass zunächst unspezifische        Sprachnormen einbringen. Damit wenden wir uns
             Ausdrücke wie „Mitarbeitende“ oder „Ansprechper-          ausdrücklich gegen Ausgrenzung von Personen-
             son“ verwendet werden. Sind keine geschlechtsneu-         gruppen, unabhängig davon wie groß diese sind.
             tralen Formulierungen möglich, wird der Genderstern       Denn wir halten diejenige für die überzeuGENDERe
             genutzt: Zwischen der männlichen Singularform und         Sprache, die sowohl Diversität abbildet als auch
             der weiblichen Form „in“ bzw. „innen“ wird dann ein       von vielfältigen Akteur*innen verwendet wird.
             Sternchen gesetzt. Dies ist ein ausdrückliches Zeichen,   Den Leitfaden für gendergerechte Schreibweise finden
HOCHSCHULE

             dass wir an der KH alle Geschlechter anerkennen und       Sie unter https://www.kh-freiburg.de/de/hochschule/
             willkommen heißen. Diesem Verständnis entspre-            diversitaet/gleichstellung.
             chend müssen auch alle studentischen schriftlichen
             Arbeiten (z.B. Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten)       Keine Diskriminierung oder Gewalt!
             gendergerecht formuliert sein. Der Hinweis zu Anfang
             der Arbeit, dass mit der männlichen Form beide Ge-        Aus der Erarbeitung des Leitfadens und der Ausein-
             schlechter gemeint sind, genügt also nicht mehr.          andersetzung mit potentiellen Diskriminierungspro-

 16
zessen an der KH entstand die Entwicklung eines
Schutzkonzeptes als nächstem logischen Schritt in
diese Richtung.
Zentral geht es darum, den Campus als diskriminie-
rungsfreien Raum zu gestalten und bei Vorkomm-
nissen von Gewalt im Hochschulkontext angemes-
sen reagieren zu können. Gewalt ist jegliche Form
von physischer und psychischer Gewalt, Übergriffen
und Grenzverletzungen. Damit ist selbstverständlich
auch sexualisierte Gewalt gemeint sowie strukturel-
le und materielle Formen, die aufgrund ungleicher
Machtverhältnisse entstehen und (finanziell) Abhän-
gige treffen.
Im Sinne eines präventiven Ansatzes nehmen wir
durch regelmäßige Risikoanalysen potenziell ge-
fährliche Orte oder Situationen in den Blick. Hierbei
sind Ihre/eure Hinweise zu möglichen Gefährdungs-
bereichen äußerst wichtig!
Aktuell arbeiten wir an der Einrichtung eines Mel-
desystems über ILIAS und überlegen, wie das The-        Ursula Immenschuh und Prof.in Dr. Mirella Cacace
ma in der KH so publik gemacht werden kann, dass        unterstützt durch Solveig Roscher) und für Studie-
Studierende wie Mitarbeitende erreicht werden. Die-     rende mit Beeinträchtigungen (Prof.in Dr. Mone Wel-
ser Beitrag ist ein Schritt in diese Richtung.          sche) hat offensichtlich dazu geführt, dass benötig-
Eine andere Überlegung ist aktuell, ob und wie das      te Ansprechpartner*innen leichter gefunden werden
Thema auch in Lehrveranstaltungen aufgegriffen          und so auch schneller unterstützen können.
werden könnte. Damit machen wir deutlich, dass          Da sich die KH weiter in Richtung Diversity entwi-
an der KH der Schutz aller wichtig ist und möch-        ckeln möchte, haben wir ein Konzept erarbeitet, das
ten gleichzeitig Impulse für die Umsetzung dieses       wir aktuell in die Strategiediskussionen einbringen.
Anliegens in Einrichtungen des Gesundheits- und         Wir sprechen uns darin gegen Diskriminierung aus
Sozialwesens geben. Einen diskriminierungsfreien        und für Geschlechter- und Bildungsgerechtigkeit, Fa-
Raum schaffen wir nur alle gemeinsam. Wir freuen        milienfreundlichkeit und Inklusion. Die zentrale Idee
uns über alle Hinweise, Ideen, Anliegen oder Über-      ist, Vielfalt an der KH zu generieren und zu leben.
legungen dazu, was es braucht, um diesen Raum           Das Diversitykonzept soll alle Bereiche der Hoch-
zu gestalten.                                           schule durchziehen und auf allen Ebenen umgesetzt
                                                        werden, in Studium und Lehre sowie in Forschung
Es lebe die Vielfalt!                                   und Weiterbildung.
                                                        Wir sind gespannt, wie unsere Vorschläge aufge-
Last but not least arbeiten wir daran, das Credo        nommen werden und was die nächsten Schritte in
„weltoffene Hochschule“ weiter umzusetzen. Wenn         der Entwicklung hin zu einer „weltoffenen Hoch-
Vielfalt zu leben unser gemeinsames Anliegen ist,       schule“ sein werden.
sind Geschlechtergerechtigkeit und gendersensible
Sprache wichtig, aber nicht alles. Diskriminierung      Da wir unsere Hochschule gemeinsam mit allen Be-
entsteht auch durch Strukturen, bauliche Gege-          teiligten als weltoffene und diskriminierungsfreie
benheiten, fehlendes Bewusstsein und mangelnde          Hochschule gestalten wollen, freuen wir uns über
Sichtbarkeit bestehender Unterstützungsmöglich-         Ihre/eure Anregungen, Fragen, Anliegen oder Wün-
keiten.                                                 sche! Einfach eine E-Mail schicken an gleichstellung@
Durch die Implementierung und Veröffentlichung          kh-freiburg.de.
des Leitfadens für Studierende mit Beeinträchti-
                                                                                                                        HOCHSCHULE

gungen auf unserer Website wurde ein wichtiger
Meilenstein genommen, der für mehr Transparenz                           Solveig Roscher ist wissenschaftliche Hilfs-
sorgt. Viele Rückmeldungen haben gezeigt, dass                           kraft im Bereich Gleichstellung und hat 2018
                                                                         ihren Abschluss in Sozialer Arbeit an der KH
der Leitfaden hilfreich und vor allem gut verständ-                      Freiburg gemacht.
lich und leicht aufzufinden ist.
Auch verbesserte Sichtbarkeit der Kontaktdaten
zu den Beauftragten für Gleichstellung (Prof.in Dr.

                                                                                                                          17
Neuer berufsbegleitender Master an der KH:
          Bildung im Gesundheitswesen/Education in Health Care

          Bislang konnte eine Lehrtätigkeit im Gesundheits-      Im Rahmen von Präsenz und von begleiteten On-
          wesen auf Basis einer einschlägigen Berufsausbil-      lineveranstaltungen werden zentrale und aktuelle
          dung und eine pädagogische Hochschulausbildung         Aspekte der Bildungswissenschaften, sowie der Pfle-
          (Bachelor oder Diplom) aufgenommen werden. Dies        ge- bzw. Bezugswissenschaften thematisiert. Stu-
          änderte sich mit dem neuen Pflegeberufegesetz. Ab      dierenden des Masterstudiengangs „Bildung im Ge-
          2020 wird eine abgeschlossene pflegepädagogi-          sundheitswesen/Education in Health Care“ erweitern
          sche Hochschulausbildung auf Masterniveau für die      ihren Kompetenzen in folgenden Bereichen:
          Lehre an Pflegeschulen gefordert.                      • Erkenntnisse der Lern- und Lehrforschung in pä-
          Unter der Leitung von Prof.in Dr. Anne Kellner star-      dagogischen Angebote berücksichtigen und eva-
          tet an der KH Freiburg zum Sommersemester 2021            luieren
          ein neuer berufsbegleitender Masterstudiengang         • Lehr- und Lernprozesse differenziert gestalten
          „Bildung im Gesundheitswesen – Education in He-           und begleiten
          alth Care“.                                            • theoretische und praktische Lernleistungen eva-
          Der Studiengang zielt auf die Nachqualifizierung          luieren und bewerten
          von Lehrenden an Pflegeschulen und an Schulen          • individuelle Lernbedarfe professionell analysieren
          mit gesundheitlichem Profil sowie auf die Weiter-      • Instrumente der Schulentwicklung des Qualitäts-
          qualifizierung von Bachelorabsolvent*innen der KH         managements, und des Personalmanagements
          Freiburg.                                                 kritisch bewerten und einsetzen
          Studierende erwerben darin neben der Kompetenz         • mit ihrem fundierten fachspezifischen und päd-
          zur professionellen Planung, Durchführung und             agogischen Wissen einen wesentlichen Beitrag
STUDIUM

          Evaluation von Bildungsangebote auch die Qualifi-         zu Forschungsprojekten mit berufspädagogischer
          kation für Management- und Führungsaufgaben in            Fragestellung leisten
          der Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Gesund-       Denk- und mediale Werkzeuge, mit denen sich die
          heitsfachberufen.                                      Studierenden relevante Themenfelder erschließen
                                                                 können, werden vorgestellt, erprobt und reflektiert.

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