Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010

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Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
Eine Spezialpublikation der «Volksstimme» vom 23. September 2010

                                                                                         Standort Baselbiet
                           Weshalb das Baselbiet nicht mehr Energie-Pionierkanton ist.

                                     Wie und womit Energie Zukunft Schweiz wachsen will.

                                        Wie das Baselbiet seine Umweltziele erreichen will.

Die Zeitung
    Zeitungfür
            fürdas
                dasOberbaselbiet
                    Oberbaselbiet.
                                                  Wie sich das Energiepaket entfalten soll.
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
2 |   Intro                                                                                       «Volksstimme» | Donnerstag, 23. September 2010

«Strohfeuer» Erdölzeitalter                          Aus dem Inhalt
               Erdölzeitalter. Das klingt impo-
               sant? Wie Steinzeitalter. Oder       Vorwort
               Bronzezeitalter. Doch bei            Die Eindämmung der Klimaerwärmung steht auch im Baselbiet auf der politischen Agenda.
               ­näherem Hinsehen wird klar:
                                                    Der Kanton erlässt für Neubauten strenge Energiestandards und fördert energetische Sanie-
                Das, was wir als Erdölzeitalter
                bezeichnen, ist die vergleichs-     rungen bestehender Bauten mit finanziellen Anreizen.                              Seite 3
weise kurze Zeitspanne, in der wir Menschen
die Öl- und Gasvorkommen unserer Erde
entdeckt, genutzt und aufgebraucht haben
werden. Zaghaft damit an­gefangen haben             Energiepolitik
wir in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-          Über 20-jährige Häuser müssen saniert werden, damit das Baselbiet seine Umweltziele im
derts. Und damit aufhören (müssen) werden           ­Gebäudebereich erreichen kann.                                               Seite 5
wir in einigen Jahren, s­ pätestens Jahrzehn-
ten. Haben Sie sich schon einmal überlegt,
wie dies auf einer Zeitachse aufgetragen aus-
sieht, zum Beispiel seit dem Jahr der Geburt
                                                                              Interview
Christi und bis ins Jahr 4000? Vorher lange
nichts. Dann ein extrem steiler Ausschlag,                                    Aeneas Wanner, Geschäftsführer von Energie Zukunft Schweiz, über
wie ein extrem steiler und hoher Berg, der                                    den Erfolg des Solardachprogramms «100Jetzt!», über erneuerbare
aus dem Nichts wieder in ein Nichts zusam-                                    Energiequellen und über Sanierungsprogramme.  Seiten 7 bis 9
menfällt. Dann wieder lange nichts.
Nun, so schlimm ist es nicht. Weil es schon
früher – und auch in Zukunft – andere Ener-
giequellen gab und geben wird. Zum Glück.
Und zum Glück auch solche, die – ­anders als
die fossilen – erneuerbar sind. Mit dem hem-
mungslosen Durst nach Öl und Gas ging dies
vergessen, und die Abhängigkeit vor allem            Zwei Fragen – zwei Antworten
der Industriestaaten nach dem «schwarzen
Gold» wurde so gigantisch wie gefährlich.            Die «Volksstimme» hat einige Geschäftsleiterinnen und Geschäftsleiter von Oberbasel-
Heute wissen wir, dass dieses ­Erdölzeitalter        bieter Betrieben um ihre Meinung gebeten. Gestellt haben wir folgende zwei Frage-
endlich ist und wohl eher ­endet, als den            komplexe:
meisten von uns lieb ist. Umso wichtiger ist
es, sich mit den erneuerbaren und nach-
wachsenden Energiequellen zu b   ­ eschäftigen.      1. W
                                                         elche ist Ihre grösste Sorge im Zusammenhang
Denn ohne Energie geht nichts.
                                                        mit Ihrem Unternehmen?
Dem Schwerpunktthema Energie nimmt
sich das vorliegende Heft an. Unter anderem
durch ein Interview mit Aeneas Wanner,
                                                     2. Spüren Sie die Anzeichen des Aufschwungs?
dem Chef von Energie Zukunft Schweiz.
                                                                                              Die Antworten lesen Sie auf den Seiten 10 und 11.
­Vorstellen werden wir auch zukunftsträchtige
 Oberbaselbieter Firmen, die in die Energie
 der Zukunft investieren.

Viel Lesespass wünscht Ihnen                        KMU-Wirtschaft
Robert Bösiger, Verlag «Volksstimme»                Eine stabile Energieversorgung ist ein zentrales Anliegen der KMU-Wirtschaft. Die Wirt­
                                                    schaftskammer Baselland gehört zu den offiziellen Partnern und Promotoren des Baselbieter
                                                    Energiepakets.                                                                 Seite 13
Impressum Wirtschaftszeitung
Herausgeber      Schaub Medien AG,
                 Verlag «Volksstimme»,
                 4450 Sissach, Tel. 061 976 10 30   Energiepolitik
Erscheint        23. September 2010                 Das Baselbiet ist im interkantonalen Vergleich kein ökologischer Spitzenreiter mehr – be­dauern
Auflage          22 000 Exemplare                   jene politischen Kreise, die sich den Umweltschutz auf die Fahne geschrieben haben.
Redaktion        Robert Bösiger                                                                                                   Seiten 14 und 15
Layout           Schaub Medien AG
Druck            Basler Zeitung Medien
Anzeigenverkauf TrisCom-Media AG, Sissach
Titelbild        Patrick Moser                      Unternehmens-Perlen
                                                    Fünf dynamische Unternehmen im Porträt: Solarspar und Sixmadun in Sissach, Firalux in
www.volksstimme.ch                                  Böckten, nateco in Gelterkinden und sopra Solarpraxis in Ormalingen.  Seiten 17 bis 23
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
Donnerstag, 23. September 2010 | «Volksstimme»                                                                             Vorwort | 3

Klima – eine energiepolitische
Herausforderung für uns !
           Neue Baselbieter Häuser sollen so gebaut werden, dass zur Beheizung nur noch rund
           vier Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr benötigt werden.

Jörg Krähenbühl*

Das Klima auf unserer Erde wird stark
geprägt durch die Sonnenstrahlung.
Wichtig ist die Bilanz von Einstrahlung
der Sonne und der Abstrahlung zurück in
den Weltraum. Wenn in der Atmosphäre
mehr Treibhausgase wie Kohlendioxid
oder Methan vorhanden sind, so verän­
dert sich diese Strahlungsbilanz: Das
Klima erwärmt sich.
     Wissenschaftler haben die Klima­
erwärmung bis zum Ende dieses Jahr­
hunderts in verschiedenen Szenarien
durchgerechnet. Risikoabschätzungen in
Verbindung mit diesen Szenarien führen
zur Haltung, den Anstieg der Temperatur
im Vergleich zur vorindustriellen Zeit
nicht über 2 Grad anwachsen zu lassen.
Mit maximal 2 Grad Erwärmung sind
die Auswirkungen eines Klimawandels
verträglicher. Die Klimazonen werden          Auch bestehende Liegenschaften können aufgerüstet werden, zum Beispiel mit Solarpanels.          Bild zvg
sich nicht gravierend verändern, und die
­Natur kann sich anpassen.                    werden. Wir sind also auf dem Weg zum         sierung von Gebäuden in den nächsten
     Dieses 2-Grad-Ziel hört sich zwar        4-Liter-Haus. Dies entspricht den             zehn Jahren bewilligt. Für die Umsetzung
 nach wenig an, ist aber eine sehr grosse     2000-Watt-Anforderungen. Ein Ziel, das        ­dieses Programms ist der Kanton Basel-
 Herausforderung. Das Ziel kann nur er­       auch in der Energiestrategie des Regie­        Landschaft eine strategische Partner­
 reicht werden, wenn wir nicht mehr als       rungsrates vom April 2008 enthalten ist.       schaft mit der Wirtschaftskammer
 eine Tonne CO2 pro Kopf und Jahr in die          Bei den bestehenden Bauten ist es viel     ­Baselland, dem Hauseigentümerverband
Atmosphäre ausstossen. Dies entspricht        schwieriger, energiepolitische Erfolge zu       ­Baselland und der Basellandschaftlichen
dem Ziel der sogenannten 2000-Watt-           erzielen. Sowohl auf eidgenössischer             Kantonalbank eingegangen. Denn nur
 Gesellschaft. Dazu braucht es die Einsicht   Ebene als auch bei uns im Kanton setzt           durch Einbindung aller wesentlichen
 und den Willen von uns allen, auch so zu     sich hier das Instrument finanzieller An­        ­Akteure lässt sich mittelfristig das
 handeln.                                     reize durch. Die Kantone erhalten jährlich        2-Grad-Ziel erreichen.
     Wo stehen wir im Kanton Basel-Land­      vom Bund 200 Millionen Franken aus der
 schaft auf diesem Weg? Für neue Häuser       CO2-Lenkungsabgabe auf fossile Brenn­
 werden bessere Energiestandards für die      stoffe. Davon sind 133 Millionen Franken
 Gebäudehüllen und die Haustechniken          für energetische Gebäudemodernisierun­
 vorgeschrieben. Neue Baselbieter Ge­         gen und 67 Millionen Franken für Pro­
 bäude sind ab sofort 4-Liter-Häuser. Sie     jekte für die Abwärme, für erneuerbare
 sind so gut gebaut, dass sie für die Hei­    Energien und für Gebäudetechniken.
 zung nur noch rund 4 Liter Heizöl pro            Im Kanton Basel-Landschaft wurde
 Quadratmeter und Jahr benötigen. Und         ebenfalls ein kantonales Förderpro­
 das Brauchwarmwasser muss zu mindes­         gramm im Umfang von 50 Millionen                                    * Jörg Krähenbühl, Regierungs­
 tens der Hälfte mit Solarenergie erwärmt     Franken für die energetische Moderni­                                  präsident, Kanton Basel-Landschaft
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
4                                                                                  «Volksstimme» | Donnerstag, 23. September 2010

    Schaub druckt –
         (Öko)logisch
    Ökologie bei uns heisst:

    2010 – N eubau im Minergiestandard, Nutzung ­A bwärme
            Digitaldruck für Warmwasseraufbereitung
            und ­K ühlung Digitaldruck durch Erdregister
    2008 – Lieferfahrzeug mit Erdgas
    2008 – 1 00% Ökostrom (Rhein-/Solarstrom-Mix)
    2008 – Ö kologisch heizen mit Wärmeverbund-Ost Sissach
    2004 – p rozessarme CTP-Anlage (ohne Chemie)
    1996 – V.O.C.-Positivliste
    FSC-zertifizierte Papiere

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                                                                                                     Fax 061 927 65 50
               Haus der Wirtschaft    Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum für KMU                  info@kmu.org
                                      aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie              www.kmu.org
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
Donnerstag, 23. September 2010 | «Volksstimme»                                                                            Energiepolitik  |  5

Die Weichen heute stellen
            Seit dem Jahr 1950 hat sich die Bevölkerung unseres Kantons verdoppelt, der
            Wohnungs­bestand vervierfacht und der Energieverbrauch versechsfacht. Den Grossteil
            des ­Energieverbrauchs von Bauten verursachen jene, die älter sind als 20 Jahre. Diese
            ­müssen saniert werden, wenn die Umweltziele erreicht werden sollen.

Felix Jehle*
                                                                                 Entwicklung Einwohner, Wohnungen, Energieverbrauch
 Dass wir punkto Ressourcenverbrauch                                                                 Kanton BL
                                                  indexiert (1950=100%)

 ­etwas überspitzt ausgedrückt auf Kosten                                 600%
  anderer leben, zeigt die Berechnung des                                 500%
  Indikators «ökologischer Fussabdruck»:                                  400%
  Der Ressourcenverbrauch der Schweiz                                     300%
  ist fast dreimal so gross wie ihre eigene                               200%
  Biokapazität (Fähigkeit der Natur, Roh-                                 100%
  stoffe zu erzeugen und Schadstoffe abzu-
                                                                            0%
  bauen).
                                                                                   1950     1960      1970      1980       1990       2000        2006
       Ausgelöst wird der Klimawandel
                                                                                          Einwohner   Wohnungsbestand   Brutto-Energieverbrauch
­primär durch menschenverursachte
  Treibhausgase, die zur Erwärmung der
  Erdatmosphäre führen.                         Entwicklung: Bevölkerung, Wohnungsbestand und Energieverbrauch von 1950 bis 2006 im Baselland. Bild zvg
       CO2 ist das bedeutendste Treibhaus-
   gas. Es entsteht zur Hauptsache bei der
   Nutzung fossiler Energieträger wie zum
  Beispiel Erdöl und Erdgas. Unsere gegen-
  wärtige Lebens- und Wirtschaftsweise
  ­basiert wesentlich auf diesen Energie­         •Durchschnitt: ~16l
   trägern. Sowohl bei den Brennstoffen als
   auch bei den Treibstoffen sind diese kurz-
   fristig nicht aus den Versorgungssystemen                                              •Energieeffizienz
   wegzudenken. (Abbildung 01)                                                            potenzial

Gut gedämmte Gebäude
machen sich in Zukunft bezahlt
Gut die Hälfte des Gesamtenergiever-
brauchs entfällt auf die Erstellung und
den Betrieb von Bauten. Der Energiever-
brauch der neu erstellten Bauten nahm
dank der Einführung von neuen Energie-          Energiekennzahl Heizung von Bauten im Baselland und der Einfluss der Wärmedämmvorschriften sowie
vorschriften und laufend verbesserten           das E­ ffizienzpotenzial bei Gebäudesanierung.                                            Bild zvg
Wärmedämmvorgaben seit circa 1985
kontinuierlich ab.                              wirksame Massnahmen im Gebäude­                          können, braucht es aber zwingend Bau-
    Die ganz grosse Herausforderung ist         bereich – ab. In Zukunft braucht es                      ten mit tiefem Energieverbrauch, da das
die Sanierung des bestehenden Gebäude-          bei der Wärmeerzeugung noch vermehrt                     regional zur Verfügung stehende Poten-
parks. Den Grossteil des Energiever-            eine klare Verschiebung weg von fossilen                 zial an erneuerbaren Energien nicht aus-
brauchs von Bauten verursachen die Bau-         ­Systemen hin zu effizienten Wärme­                      reichen würde, den heute noch zu hohen
ten mit Baujahr vor 1990. Diese müssen           erzeugungsanlagen mit erneuerbaren                      Verbrauch zu decken.
saniert werden, wenn die Umweltziele er-         Energien wie zum Beispiel Wärmepum-
reicht werden sollen. (Abbildung 02)             pen, Holzheizungen und Solaranlagen.                    Förderbeiträge als Anreize
    Eine möglichst umweltfreundliche             Damit diese Systeme einen substanziellen                Im Baselbiet konzentriert sich die Förde-
Haustechnik rundet das Gesamtpaket –             Anteil an den Gesamtverbrauch beitragen                 rung von Energieprojekten auf die zwei
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
6 |   Energiepolitik                                                                                       «Volksstimme» | Donnerstag, 23. September 2010

                                                                              Projekte   Förder-Beiträge       Ausgelöste Wirkung Energie Einsparung CO2
 Heute bauen und                                                                Stück         Millionen      Investitionen         MWh/Jahr      Tonnen/Jahr
 renovieren für die Zukunft                                                                     Franken           Franken
                                                         Gebäudesanierung       1200                9,1              66,2              13 650          1200
 fj. Trotz aktuell hohen Heizölpreisen spielen
                                                        Erneuerbare Energie     1500                6,6              51,7              23 500          7200
 oft die Investitionskosten bei der Erstellung ei-
                                                                    Summe       2700               15,7             117,9               37 150         8400
 nes neuen Hauses eine wichtigere Rolle als die
                                                       Hochrechnung 2010
 später im Betrieb anfallenden Gesamtkosten
 für Amortisation, Heizkosten usw. Eine Ge-
 samtbilanz – Investitionskosten und Betriebs-       Themen Verbesserung der Energieeffizienz               bank. Was wie gefördert wird und wie Sie
 kosten – würde jedoch viele Bauherrschaften         und vermehrte Nutzung von erneuerbaren                 zu Förderbeiträgen kommen, finden Sie auf
 für mehr Wärmeschutz (auch auf freiwilliger         Energien. Das Gebäudeprogramm des Bun-                 www.bl-energiepaket.ch.
 Basis) ermuntern. Weniger Energieverbrauch
                                                     des und der Kantone wurde am 1. Januar                    Der voraussichtliche Erfolg des Pro-
 und tiefere Betriebskosten, damit verbunden
                                                     2010 gestartet. In den kommenden zehn                  gramms kann aus den folgenden Zahlen für
 eine kleinere Umweltbelastung sowie Stär-
                                                     Jahren stehen aus der CO2-Abgabe für die               2010, hochgerechnet vom ersten Halbjahr,
 kung des regionalen Gewerbes und auch eine
                                                     energetische Sanierung bestehender Bauten              abgeleitet werden. Diese Fördermittel lösen
 Komfortsteigerung sollten Argumente genug
 sein, dies zu tun!                                  schweizweit jährlich 133 Millionen Franken             auch Aufträge beim regionalen Gewerbe aus.
 Entsprechende Massnahmen müssen den bei-            zur Verfügung. Für umweltfreundliche                      Die jährliche energetische Wirkung des
 den Grundprinzipien folgen: Die eingesetzte         Wärmeerzeugungssysteme stehen aus der                  Förderprogramms – Summe der Einsparung
 Energie muss möglichst effizient genutzt wer-       CO2-Abgabe jährlich 67 Millionen Franken               an Energie und Substitution durch erneuer-
 den und der Restbedarf muss möglichst klima-        zur Verfügung.                                         bare Energie – entspricht einem Zug mit 62
 verträglich bereitgestellt werden. Für Wohn-           Teile dieser Fördermittel kommen auch               Eisenbahnwaggons Heizöl mit einer Länge
 bauten etwa sehen die in der Praxis bereits         Hauseigentümern im Kanton Basel-Land-                  von 1,3 Kilometern!
 vielfach bewährten Massnahmen wie folgt             schaft zugute. Zusätzlich hat der Basel-
 aus: Neubauten mit Minergie-P-Standard und          bieter Landrat ab dem Jahr 2010 einen
 Sanierungen mit Minergie Standard, guter
                                                     Förderkredit von 50 Millionen Franken
 sommerlicher Sonnenschutz, einfaches Heiz-
                                                     für die nächsten zehn Jahre gesprochen.
 system, 4,5 m2 Sonnenkollektoranlage für das
                                                     Die Umsetzung der Förderung erfolgt im
 Brauchwarmwasser, Anschluss der Wasch-
                                                     Baselbiet mit dem Baselbieter Energiepaket,
 maschine und des Geschirrspülers an die
 Warmwasserversorgung, Haushaltgeräte mit            einer strategischen Partnerschaft des Kan-
 der Energieetikette A+ oder A++, effiziente         tons mit der Wirtschaftskammer Baselland,
                                                                                                                            *Felix Jehle,
 Beleuchtung.                                        dem Hauseigentümerverband Baselland                       Leiter Fachstelle Energie,
                                                     und der Basellandschaftlichen Kantonal-                                   Baselland

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Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
Donnerstag, 23. September 2010 | «Volksstimme»                                                                       Interview             |  7

«Es braucht den Energiewandel»
           Mit dem abgeschlossenen Solardachprogramm «100Jetzt!» konnte die Installation von
           Solaranlagen im Baselbiet versechsfacht werden. Aeneas Wanner, Geschäftsführer von
           «Energie Zukunft Schweiz» über erneuerbare Energiequellen und Sanierungsprogramme.

Aeneas Wanner in einem 80 Meter langen und 27 Tonnen schweren Flügel von einem 5 MW-Windrad.                                            Bild zvg

n «Volksstimme»: Ressourcenknappheit         sind, neben höheren Energiepreisen, tra­     10 Prozent. Alle reden von der Strom­
ist eines der globalen Megathemen. Einige    gische und kostspielige Verteilungskriege.   lücke – die wenigsten jedoch vom «Peak
glauben, dass wir das globale Produk­        Während wir an der Tankstelle wegen der      Oil». Dabei ist die Stromlücke ein Angst­
tionsmaximum von Erdöl – den globalen        hohen Preise schlucken, haben Menschen       gespinnst der Strombarone, um mehr
«Peak Oil» – bereits erreicht haben und      mit weniger als einem Dollar Einkommen       ­Unterstützung für ihre Atomkraftwerke
dass damit das Erdölzeitalter bald zu Ende   pro Tag gar nichts mehr zu schlucken.         zu erhalten. In vielen Bereichen verbrau­
sein könnte. Wie wird sich das auf unsere    Denn die Nahrungsmittelproduktion ist         chen wir mehr Strom als nötig. Die Nach­
Gesellschaft auswirken, Herr Wanner?         sehr energieintensiv.                         frage hängt vom Preis ab. Ist der Preis hö­
Aeneas Wanner: Für den Menschen ist                                                        her, lohnt sich das Sparen. Für die fossile
Energie das Rückgrat seiner Existenz.        n Noch nicht heftig, aber immerhin:           wie auch die Kernenergie brauchen wir
Ohne Energie können wir nicht leben.         Derzeit wird diskutiert, ob es neue           langfristige Alternativen – denn auch
Ohne Energie wird nichts produziert und      Atomkraftwerke braucht, um den                Uran wird eines Tages knapp sein. Nur
Wirtschaftskreisläufe stehen still. Wir      künftigen Energiebedarf zu decken. Gibt       Investitionen in Energieeffizienz und er­
brauchen sie unaufhörlich – jede Stunde,     es Ihrer Ansicht nach Alternativen ohne       neuerbare Energie können das leisten.
jede Minute und jede Sekunde. Die Ener­      den Bau solcher Grosskraftwerke?              Wenn wir neue Atomkraftwerke bauen,
gie ist das Fundament unserer Existenz       Die Diskussion um Atomkraftwerke ist          vertagen wir das Problem nur auf ­morgen.
und in diesem Sinne unverzichtbar. Ha­       nebensächlich, denn die Schweiz ver­          Je weniger wir auf Engpässe vorbereitet
ben wir weniger als nötig, befinden wir      braucht rund 70 Prozent fossile Energie       sind, desto härter wird unsere Wirtschaft
uns in einer Energiekrise. Die Folgen        – Atomkraftwerke liefern lediglich rund       und Gesellschaft getroffen.
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
8 |   Interview                                                                                        «Volksstimme» | Donnerstag, 23. September 2010

            n Tatsache ist: Unser Land ist stark               n Aber ist das, was Sie tun, nicht             n Wieso dauert das so lange?
            auf nicht erneuerbare Energiequellen               vergleichbar mit einem Tropfen auf dem         Im Gegensatz zu einer Finanzkrise kann
            fokussiert. Was kann denn eine                     heissen Stein?                                 eine Energiekrise nicht mit Geld gelöst
            Organisation wie ihre, Energie Zukunft             Steter Tropfen höhlt den Stein ... Im          werden. Technologien bis zur Serien­
            Schweiz, tun, um von dieser Abhängigkeit           Ernst: Natürlich braucht es für den Wan-       produktion zu entwickeln, den Markt zu
            wegzukommen?                                       del unserer Energielandschaft enorme           bearbeiten und konkurrenzfähig zu wer-
            Sehr viel. Wir bringen die richtigen Men-          Anstrengungen. Bis jede Ölheizung ersetzt      den, braucht Zeit und bedingt hohe In-
            schen zusammen. Sensibilisieren, infor-            und jedes Haus vernünftig isoliert ist,        vestitionen. In der Vergangenheit war die
            mieren und bieten Unterstützung beim               wird noch etwas Zeit vergehen. Aber            Nachfrage nach Solarstromanlagen stets
            Umsetzen intelligenter Energieanwen-               ­unsere Programme bewegen viel. Das            höher als das Angebot und die Preise
            dungen. So zum Beispiel durch unsere                ­abgeschlossene       Solardachprogramm       ­blieben hoch. Erst in den letzten Jahren
            Veranstaltung «Jetzt – energetisch moder-            «100Jetzt!» hat die Installation von So-      hat sich das geändert und die Preise sind
            nisieren». Hausbesitzer erfahren an einem            laranlagen im Baselbiet versechsfacht.        stark gesunken.
            Abend wie ihr Haus zwei Drittel weniger              10 000 Leute konnten wir davon über-
            Energie verbrauchen könnte und welche                zeugen, dass Modernisierungen sich           n Gibt es eigentlich, neben der
            klimafreundlichen Heizsysteme sich am                ­lohnen – schliesslich lassen sich dadurch    Wirtschaftlichkeit, auch noch weitere
            besten eignen. Vor Ort können Fachpart-               70 Prozent der Energie einsparen.            Gründe, weshalb es die erneuerbaren
            ner befragt und Energieberatungen be-                                                              Energiequellen bzw. die entsprechenden
            stellt werden – alles an einem Abend, aus          n Wo, Herr Wanner, steht die Schweiz im         Technologien noch immer schwer haben?
            einer Hand.                                        Jahre 2020 bezüglich Energie­abhängig­          Fehlen zum Beispiel der politische und/
                Auch auf Versorger-Seite sind wir ­aktiv.      keit? Wie wird sich in diesen zehn Jahren       oder der gesellschaftliche Wille? Oder ist
            Im Juli hat die EZS eine Studienreise für          der Energiemix anteilsmässig verändern?         es die Wirtschaft, die sich schwer tut?
            das Management Schweizer Energie­                  Ich mache keine Prognosen. Allerdings           Hier gibt es in allen Bereichen Gründe.
            versorger zu solarthermischen Anlagen              sind wir nicht dem Schicksal ausgesetzt.        Grundsätzlich ist der Mensch träge und
            in Südspanien organisiert. Die Gruppe war          Hausbesitzer, Gemeinden und Kantone             möchte Veränderungen vermeiden. Dies
            «elektrisiert» als sie die Technik in Aktion       haben das Energieschicksal in der Hand.         ist bei Privatmenschen, Politikern, Wirt-
            sehen konnte. Keiner hatte erwartet, dass          Würde jeder sein Haus isolieren und ein         schaftsführern mehrheitlich gleich. Die
            die Entwicklungen bereits so weit sind.            Auto mit nur 4 statt 8 Liter Verbrauch          Gedanken dabei: So wie wir es in der
                                                               fahren, könnten wir die Initiative «Weg         ­Vergangenheit gemacht haben, ist es auch
                                                               vom Öl» in kürzester Zeit erreichen. Eines       morgen noch gut. Im Zweifel lieber eine
 Energie Zukunft Schweiz                                       ist klar, die fossilen Energien werden teu-      Ölheizung statt eine Pelletheizung. Lieber
 Energie Zukunft Schweiz (EZS) ist überzeugt, dass die         rer, sparen lohnt sich vermehrt und erneu-       nicht ins Haus investieren, denn man
 Energiezukunft erneuerbar ist und engagiert sich für eine     erbare Energien werden günstiger. Eine           könnte ja etwas falsch machen.
 nachhaltige Energieproduktion. EZS entwickelt und führt       Entwicklung, die an Dynamik gewinnt.                Diese Haltung ist bei Wirtschaftfüh-
 Förderprogramme zum Thema erneuerbare Energien und                                                           rern genauso zu beobachten wie bei
 Energieeffizienz durch. Das Programm «100Jetzt – Solar-       n Kommen wir vom Wunsch zurück zur             ­Politikern. Wir wissen alle, dass es sinn-
 dachprogramm für Gemeinden» lösste im Baselbiet eine          Wirklichkeit: Bis jetzt sind alternative        voller wäre, schon heute auf saubere
 Solareuphorie aus und die neuen Solaranlagen konnten          Technologien noch (zu) teuer und deshalb         Technologien umzusteigen, statt morgen.
 versechsfacht werden – zudem wurde das Programm mit           kaum konkurrenzfähig. Wann sind wir so           Aber die Mehrheit wird es erst machen,
 der Marketing Trophy ausgezeichnet. «Jetzt – energetisch      weit, dass sich die erneuerbaren                 wenn die Krise da ist, dann wenn es alle
 modernisieren» unterstützt Hausbesitzerinnen und Haus-
                                                               Energiequellen wirtschaftlich rechnen –          machen.
 besitzer durch Informationen, Beratungen und finanziel-
                                                               und damit auch auf breiter Basis zum
 len Beiträgen. Tausende Besucherinnen und Besucher
                                                               Einsatz kommen?                                n Was müsste man tun, um das
 ­erleben jedes Jahr durch das Besucherportal «Linie-e», wie
                                                               Da muss ich Ihnen zumindest teilweise          ungenutzte Potenzial zu erschliessen?
  erneuerbare Energie produziert wird und wo die Energie
  der Zukunft herkommt. In Zusammenarbeit mit der              wiedersprechen: Es gibt unzählige Ener-        Jeder Einzelne müsste im Rahmen seiner
  ­Fachhochschule Nordwestschweiz wurden mehrere               gieeinsparmassnahmen, die sich in Kürze        Möglichkeiten Verantwortung überneh-
   ­Weiterbildungsangebote für Energiefachleute entwickelt,    auszahlen. Und Holzenergie ist günstiger       men und das Problem nicht auf die ande-
    damit diese die neuen Technologien anwenden können.        als Öl – ein Grund für den Erfolg der          ren abwälzen – ob Privatmensch, Politiker
    Der Verein Energie Zukunft Schweiz wurde von der EBL       Holzwärmeverbünde. Solarstromanlagen           oder Manager. Mutige Entscheide fällen
    und IWB gegründet und wird heute von fünf weiteren         wurden in den letzten Jahren pro Jahr um       und mit gutem Beispiel voran gehen. Wir
    Energieversorgern getragen.                                ein Fünftel billiger! Ich gehe davon aus,      alle wären gerne bewundernswerte Pio-
                                                               dass wir in fünf bis sieben Jahren zum         niere wie zum Beispiel Bertrand Piccard,
 Informationen, Buchungen von Anlagenbesichtigungen,
 Vorträgen und Energieberatungen unter:
                                                               gleichen Preis Solarstrom auf unserem          der mit einem Solarflugzeug um die Welt
 www.energiezukunftschweiz.ch                                  Dach produzieren, wie wir ihn von den          fliegen wird – aber stehen uns gleichzeitig
                                                               Elektrizitätswerken kaufen können.             wegen mangelnden Mutes selbst im Weg.
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
Donnerstag, 23. September 2010 | «Volksstimme»                                                                                   Interview                  | 9

n Die Region Basel (vor allem das                       durch die intensivere Einstrahlung im        Wirtschaft(en)
Baselbiet) galt in den 80er Jahren                      ­Süden günstiger, und in der Wüste hat
als Vorzeigeregion. Das war einmal …                   es zudem mehr Platz als in der dicht          Es geht
Wo stehen wir heute?
Schweizweit etwa im Mittelfeld – euro­
                                                       ­besiedelten Schweiz. Darüber hinaus kön­
                                                        nen nordafrikanische Länder stark von        um die Wurst
päisch sogar im hinteren Mittelfeld. Wir                diesem Handel profitieren. Das wird die      Von Heiner Oberer*
haben es grösstenteils verpasst, unsere                 Region weiter stabilisieren. Im Ge­gensatz
Ressourcen und unser Wissen im boomen­                  zu anderen Waren, die wir um die ganze
den Energiemarkt zu investieren. Heute                  Welt transportieren, kann Strom ohne
wächst zum Beispiel der Windmarkt mit                    Strassen nur mit einem Kupferdraht trans­
30 Prozent – leider nur mit wenigen                      portiert werden. Wir handeln schon heute
Schweizer Unternehmen.                                   in grossem Umfang mit – von Norwegen
                                                         bis Süditalien. Und in Zukunft auch noch
n An den Programmen von Energie                          vermehrt über Kon­tinente hinweg.
Zukunft Schweiz sind Stromverteiler,
Energiekonzerne, Wirtschaft, Verwaltung,               n Eine Studie der Credit Suisse zeigt, dass
kantonale Sektionen des Hauseigentümer­                die Angst vor Ressourcenknappheit die
                                                                                                     Immer mehr private Metzgereien schliessen. Manch-
verbands, Banken und sogar der                         schweizerischen Unternehmen beschäftigt.
                                                                                                     mal klammheimlich, dann wieder gross angekündigt.
WWF beteiligt. Wie kommt es zu dieser                  Wie sollen sich die vielen kleinen und        Sei es, weil der Inhaber finanziell am Ende ist, kein
abenteuerlichen Zusammensetzung?                       mittleren Unternehmen ver­halten, was         ­geeigneter Nachfolger bereitsteht oder er nicht mehr
Alle verfolgen das gleiche Ziel – eine nach­           sollen sie tun, um auch in einigen Jahren      gewillt ist, das enorme Arbeitspensum zu erbringen.
haltige Energieversorgung aufzubauen.                  noch produzieren zu können?                    Der Markt konzentriert sich auf einige Grosse, die im
­Jeder leistet im Rahmen seiner Möglichkei­            Meiner Meinung nach sollten diese              Kampf um Kunden und Margen den längeren Atem
                                                                                                      haben.
 ten und Kompetenzen seinen Beitrag. Ich               ­Unternehmen mehr in Energieeffizienz
 versuche «Gärtchendenken» zu vermeiden                 inves­tieren. Dadurch erhöhen sie ihre       Schade. Mit jeder Schliessung einer Dorfmetzgerei
 – denn gemeinsam sind wir stark.                       Wettbewerbsfähigkeit. Der Öl- und Gas­       ­leidet die Vielfältigkeit. Die Produkte beginnen sich
                                                                                                      zu gleichen. Zum Beispiel Rohessspeck. Ein Produkt,
                                                         preis ist – abgesehen von Steuern und
                                                                                                      das viel Liebe und Zeit braucht, wird auf diese Weise
n Energie Zukunft Schweiz ist beteiligt                 Sub­ventionen – durch den globalen            langsam aber sicher zu «Fastfood». Würste aus der
am weltweit wohl ambitioniertesten                      Markt ­bestimmt. Bei fossilen Energien        Grossproduktion werden immer genormter. Einheits-
Projekt «Desertec». Irgendwann soll                     wie auch beim Strom ist die Schweiz           schinken. Normcervelats. Standardisiert und verein-
Solarstrom aus nordafrikanischen                        ­ausnahmsweise eine Tief­preisinsel, zu­      heitlicht.
Sonnenkraftwerken und Wind von der                     mindest in Westeuropa. Das wird jedoch        Finanzspezialisten rechnen den Dorfmetzgern vor, wie
Küste nach Europa geleitet werden.                     nicht so ­bleiben.                            es sich mit der Rendite und den Margen verhält. Um-
Wird dieses Projekt je zustande kommen?                                                              strukturieren, Rationalisieren, Preise erhöhen, Sorti-
                                                       n Und den Privaten, zum Beispiel den          ment verkleinern. Viele gescheite Vorschläge, die ­leider
Und wenn ja, was bringt es uns?
                                                                                                     in der Praxis nur schwer umzusetzen sind. Es ist eben
Ja, es kommt auf jeden Fall zustande.                  Hausbesitzern, was raten Sie denen?
                                                                                                     einfacher, in der Theorie über angemessene Preise
Langfristig gibt es keine Alternativen zu              Was ist unter den derzeitigen Rahmen­         und gute Qualität zu «schwafeln» und sich dann den
erneuerbaren Energien. Ich bin der An­                 bedingungen die vorteilhafteste Strategie?    Sonntagsbraten beim «billigeren» Grossverteiler oder
sicht, wir sollten die erneuerbaren Ener­              Ihr Haus zu sanieren, damit lässt sich        im Ausland zu besorgen. Natürlich ist die Qualität dort
gien dort erzeugen, wo sie reichhaltig                 zwei Drittel der Energie einsparen und        nicht schlechter, halt nur weniger individuell. Und
                                                                                                     der Verkäufer – im Zeichen fortgeschrittener
vorkommen und kostengünstig genutzt                    den Rest mit Holz oder Solarenergie
                                                                                                     ­Lebensmittelhygiene-Hysterie – händigt uns schliess-
werden können – unabhängig von volks­                  ­decken. So lässt sich‘s unbesorgt und
                                                                                                      lich das vorgeschnittene Piccata mit klinisch reinen
wirtschaftlichen Grenzen. Solarstrom ist                warm leben.                                   ­Latexhandschuhen aus. Es ist nicht mehr weit und
                                                                                                       der arme Kerl hinter dem Ladentisch bedient uns mit
                                                                                                       einem antiseptischen Mundschutz.
                                                                                                     Und es ist leider so. Mit dem Verschwinden der Dorf-
 Aeneas Wanner (30) ist seit 2006 Geschäftsleiter
                                                                                                     metzgereien geht auch das Verschwinden eines einst
      von Energie Z­ ukunft Schweiz und war zuvor
                                                                                                     stolzen Handwerks einher. Darum mein Aufruf: Damit
   massgeblich an der Gründung der Klimaschutz­
organisation «myclimate» beteiligt. Er hat sowohl                                                    uns die Lust auf eine individuell hergestellte Wurst
  Umweltnaturwissen­schaften an der ETH studiert                                                     nicht vergeht, sollten wir Sorge tragen. Zum Dorf­
       als auch eine Betriebswirtschaftsausbildung                                                   metzger und seinem Handwerk.
   (MBA) an der Hochschule St. Gallen absolviert.
   Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer ist er
   Mitglied des Grossrats (GLP), des Verwaltungs-
      rats der Industriellen Werke Basel (IWB) und                                                   * Heiner Oberer ist gelernter Koch und Mundart-Autor
 ­doziert an der Fachhochschule Nordwestschweiz                                                         der «Volksstimme»; er lebt in Sissach.
              zum Thema «Erneuerbare Energien».
Eine Spezialpublikation der "Volksstimme" vom 23. September 2010
10 |   Zwei Fragen                                                                                                                    «Volksstimme»

 1. Welche ist Ihre grösste Sorge
    im Zusammenhang mit Ihrem
    Unternehmen?
                                    «Die drastische Zunah
 2. Spüren Sie die Anzeichen des
    Aufschwungs?                    und Vorschriften …»
                                                            Michele Linsalata, Linsalata Gebäudetechnik, Sissach

                                                            1. Momentan ist die grösste Herausforderung die Zahlungsmoral sowie die
                                                            immer wachsenden administrativen Aufgaben. Unser Büroapparat ist somit
                                                            recht gross im Verhältnis zur Anzahl Mitarbeiter auf den Baustellen. Auch
                                                            haben wir gesehen, dass der Umsatz wohl gestiegen ist im Vergleich zum
                                                            Vorjahr, der Personalaufwand und andere Aufwände jedoch auch, so dass
                                                            unter dem Strich weniger bleibt als noch vor ein paar Jahren. Die Margen
                                                            sind kleiner geworden und deshalb ist es eine Kunst, den Gewinn nachhal-
                                                            tig einzusetzen.
                                    2. Ich darf sagen, dass wir keinen Einbruch gespürt haben. Wir spüren, dass die Kunden wieder ver-
                                    mehrt renovieren und investieren. Das Vertrauen in die Wirtschaft ist zurückgekehrt; die Baubranche ist
                                    mit einem blauen Auge davon gekommen und die Auftragsbücher sind wieder recht voll.

                                                            Susanne Nebiker, Nebiker AG, Sissach

                                                            1. Eine tägliche Herausforderung ist der Preisdruck durch laufende Aktionen von
                                                            Mitbewerbern und der Verdrängungskampf. Im Brennstoffhandel ist das Öl zur-
                                                            zeit oft in den Schlagzeilen (Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko, Initiative
                                                            «Weg vom Öl»). Trotz allem bin ich der Meinung, dass die Ölheizung eine durch-
                                                            aus sinnvolle Variante ist, insbesondere in Kombination mit der neuen Brennwert-
                                                            technik und einer thermischen Solaranlage. Es sollte unser gemeinsamer Auftrag
                                                            sein, Energie zu sparen, effizient einzusetzen und optimal zu kombinieren. Um
                                                            dies zu erreichen ist eine freie Wahl der Energieform die beste Voraussetzung.
                                    2. In unserer Branche Brennstoffe konnten wir weder deutliche Anzeichen von einer letztjährigen Krise
                                    noch von einem diesjährigen Aufschwung ausmachen. Der Brennstoffhandel ist seit jeher der
                                    komplexen Preisentwicklung am Rohölmarkt ausgesetzt. Wichtig für uns sind langjährige Kunden,
                                    die die persönliche Beratung und den Service sehr schätzen.

                                                            Cian Clavadetscher, Optic Clavadetscher, Gelterkinden

                                                            1. Die Karikatur von Serre (siehe unten) erspart uns viele Worte, trifft aber
                                                            den Nagel auf den Kopf. Es stammt aus dem Buch: «Weisse Kittel – leicht
                                                            geschwärzt»; ISBN 3-7704-4354-3, ehapa cartoon collection.
                                                            2. Nein.
| Donnerstag,
             23. September 2010                                                                                     Zwei Antworten                                   | 11

hme der Regelungen                                                                                                 Carte Blanche

                                                                                                                   Energiepolitik
                                                                                                                   als Standortfaktor
                                                                                                                   Von Franz Saladin*
                                                                                                                   BaselArea, die Wirt-
                                                                                                                   schaftsförderung der
                                                                                                                   Kantone Baselland, Ba-
                               Urs Steiner, Direktor Elektra Baselland, Liestal                                    sel-Stadt und Jura, ist
                                                                                                                   für die Promotion des
                               1. Umfragen zeigen auf, dass Klimaveränderung und Umweltschäden zu den
                                                                                                                   Wirtschaftsstandortes
                               grösseren Sorgen unserer Bevölkerung gehören und dies wird auch für die EBL
                                                                                                                   im Ausland zuständig.
                               zu einer der grössten Herausforderung: Im Rahmen ihrer Möglichkeit aktiv an
                                                                                                                   Das Ziel ist, ausländische Investoren davon zu
                               einer ökologischen wie ökonomischen Energieversorgung der Zukunft beizusteu-
                                                                                                                   überzeugen, mit ihrer Firma in die Region
                               ern. Wir werden dabei in Pflicht genommen, Verantwortung wahrzunehmen und
                                                                                                                   ­Basel zu expandieren, sei dies mit einer Ver-
                               unseren Anteil dazu beitragen, um den kommenden Generationen eine intakte
                                                                                                                    triebsstelle, einer Forschungs- oder Produkti-
                               und lebenswerte Zukunft zu hinterlassen. Dazu gehören erneuerbare Energien,
                                                                                                                    onseinheit oder gleich mit der ganzen Firma.
                               Energieeffizienz und der sorgfältige Umgang mit den fossilen Ressourcen.
                                                                                                                    Investoren sind auch nur Menschen. Genau
        2. Die EBL hatte im vergangenen Jahr bei Industrie- und Gewerbebetrieben teilweise einen Rückgang im        wie Sie, wenn Sie zum Beispiel ein Auto kau-
        Stromverbrauch von über 30 Prozent zu verzeichnen, was in direktem Zusammenhang mit rückgängiger            fen, stützt sich ein Investor, der im Ausland
        Produktion in Verbindung steht. Im laufenden Jahr ist (bisher) dieser Rückgang mehr als kompensiert,        nach den besten Geschäftsmöglichkeiten Aus-
        was den vorsichtigen Aufschwung der Wirtschaft bestätigt.                                                   schau hält, bei seinem Entscheid auf harte und
                                                                                                                    auf weiche Faktoren.
                                                                                                                    Harte Fakten spielen vor allem am Anfang der
                                                                                                                    Entscheidungsfindung eine Rolle, dann, wenn
                               Jacques Handschin, Filialleiter Basellandschaftliche Kantonalbank, Sissach           es darum geht, eine engere Auswahl an mög-
                                                                                                                    lichen Firmenstandorten zu treffen. Bei den
                               1. Die drastische Zunahme der Regelungen und Vorschriften für unsere                 ­allermeisten dieser harten Faktoren kann die
                               ­Branche. Sie sind teilweise weit entfernt von dem, was ich unter gesundem            Wirtschaftsregion Basel extrem gut punkten.
                                Menschenverstand verstehe und schiessen meist übers Ziel hinaus. Für                 Eine gegenüber dem Ausland niedrige Steuer-
                                die Kunden und für die Bank sind sie sehr aufwendig, komplizieren und                last, ein liberaler Arbeitsmarkt und – besonders
                                ­verteuern die ganzen Prozesse. So müssen zum Beispiel bereits für die               wichtig – eine hohe Anzahl hoch qualifizierter
                                 ­Eröffnung eines gewöhnlichen Kontos verschiedenste Formalien erledigt              Arbeitskräfte sind mit die wichtigsten dieser
                                  ­werden, die zudem noch einen ganzen Papierkrieg auslösen.                         Faktoren. Eine hohe Lebensqualität dank eines
        2. Bei den jährlichen Besprechungen mit unseren Firmenkunden konnten wir feststellen, dass sich der          kulturell und landschaftlich attraktiven sowie
        Geschäftsgang und das Auftragsvolumen gegenüber dem Vorjahr bei den meisten wieder signifikant               sicheren Umfelds gehört zu den meist genann-
        verbessert haben. Die Baubranche profitiert grösstenteils vom erklecklichen Bedarf und Potenzial, vor        ten, entscheidenden weichen Faktoren.
        allem im Renovationsbereich. Viele auch exportorientierte Zulieferbetriebe verzeichnen höhere Bestel-        Die Energiepolitik einer Region oder eines Lan-
        lungseingänge und die gestiegene Kauflust der Konsumenten beflügelt den Handel und das Dienstleis-           des beeinflusst sowohl harte wie auch weiche
        tungsgewerbe. Die Stimmung ist mehrheitlich positiv.                                                         Standortfaktoren. Der Preis für Energie kann
                                                                                                                     insbesondere für produzierende und damit oft
                                                                                                                     energieintensive Betriebe ein ausschlaggeben-
                                                                                                                     der, harter Faktor sein und damit entscheidend
                                                                                                                     dafür, ob ein Standort überhaupt in die engere
                              Christoph Gysin und Marius Jeker,
                                                                                                                     Wahl kommt oder nicht. Dem gegenüber prägt
                              Partner der Dr. Gysin & Jeker, Sissach                                                 die Nachhaltigkeit einer Region auch deren
                                                                                                                     Image. Wird vorausschauend gewirtschaftet, ist
                              1. Als selbstständige Unternehmer machen wir uns keine Sorgen um unsere
                                                                                                                     dies ein Hinweis auf eine längerfristig ausge-
                              ­eigene Unternehmung, sondern setzen uns täglich dafür ein, unsere Kunden
                                                                                                                     legte Standortpolitik. Diese bürgt nicht, ist aber
                               kompetent und rasch zu beraten und zu unterstützen. Wir sitzen natürlich im
                                                                                                                     doch ein Anzeichen dafür, dass an diesem
                               selben Boot mit unseren Kunden, das heisst jede Veränderung (zum Beispiel
                                                                                                                     Standort getätigte Investitionen sicherer sind.
                               Umsatz­einbruch) wirkt sich auch auf uns aus. Wichtig ist, dass die Versiche­
                                                                                                                     Den Ausgleich zwischen einer nachhaltigeren
                               rungen ­flexibel sind (etwa tiefere Vorausprämien) und Sicherheit bieten (inkl.
                                                                                                                     und damit kurzfristig teureren Energieversor-
                               ­sichere Kapitalanlagen beruflicher Vorsorge).
                                                                                                                     gung und Energiepreisen, die eine positive
                              2. Bei den exportorientierten Firmen hat sich die Situation entspannt oder ­wieder     Wirtschaftsentwicklung, auch durch die An­
                              ins Positive gewendet. Die Mehrzahl unserer Kunden war von der Krise gar nicht         siedelung ausländischer Firmen, ermöglicht,
                              betroffen. Erfreulich ist zudem, dass wir für unsere Kunden bei Policenerneue-         muss die Politik finden. Beispiele wie man es
                              rungen bessere Leistungen oder tiefere Prämien herausholen können. Dies                nicht tun sollte, gibt es im Ausland zuhauf.
                              ­entlastet die Firmen und die Mitarbeitenden. Für unsere eigene Tätigkeit als
                               ­Versicherungsberater sind wir sehr zuversichtlich. In anspruchsvollen Zeiten
                                schätzen es die Kunden besonders, wenn sie alle Versicherungsfragen und -pro-      * Franz Saladin, Wirtschaftsförderer BS, BL, JU
                                bleme einem unabhängigen und professionellen Partner anvertrauen können.
12                                                                                                                                     «Volksstimme» | Donnerstag, 23. September 2010

                                                                                                              miesch ersonal management

                                                                                                              Dienstleistungen und Unterstützung für Ihr Human Resources Management

                                                                                                              Wir erledigen für Sie:
                                                                                                              •   Personaladministration         Mehr Informationen finden Sie unter
       So individuell wie Ihre Wünsche ans Eigenheim: unsere Beratung.
                                                                                                                  • Arbeitsverträge                www.miesch-personal.ch
                                                                                                                  • Arbeitszeugnisse
       Der erste Schritt zur Renovation Ihres Eigenheims ist ganz einfach:                                    •   Lohnverarbeitung und Sozialversicherungen
       Kommen Sie bei der Raiffeisenbank in Ihrer Nähe vorbei. Wir beraten
                                                                                                                  • Lohnabrechnungen
       Sie persönlich und umfassend. Unsere Experten erarbeiten mit Ihnen
                                                                                                                  • Lohnausweise
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       Ihre Lebenssituation. Sprechen Sie heute noch mit uns.                                                 •   Rekrutierung
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                                                                                                                  • Stelleninserate
                                                                                                                  • Selektionen
       Wir machen den Weg frei

                          A. Rutschmann AG
                                                                        www.rutschmann-sissach.ch

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Donnerstag, 23. September 2010 | «Volksstimme»                                                          KMU-Wirtschaft                             |  13

Für ein starkes Energiebündnis
           Eine stabile und auf lange Sicht gesicherte sowie bezahlbare Energieversorgung ist
           ein zentrales Anliegen der KMU-Wirtschaft. Dabei gilt es, neben ökonomischen auch
           ökologischen Anforderungen gerecht zu werden.

Markus Meier*

Am 1. Januar 2010 fiel der Startschuss
für das Baselbieter Energiepaket. Im
­Rahmen dieses innovativen Förderpro-
 gramms stellt der Kanton Basel-Land-
 schaft – in Ergänzung zum nationalen
 Gebäudeprogramm – in den kommenden
 zehn Jahren 50 Millionen Franken für
 energiewirksame Sanierungs- und Bau-
 projekte zur Verfügung. Im Vordergrund
 stehen dabei die energietechnischen Ge-
 bäudesanierungen.
       Die Wirtschaftskammer Baselland ge-
 hört – zusammen mit dem Hauseigentü-
 merverband Baselland und der Basel-
 landschaftlichen Kantonalbank – zu den
 offiziellen Partnern und Promotoren des      Unsere Industrie- und Gewerbebetriebe benötigen weiterhin Energie (Bild: Pratteln).                 Bild zvg
 Baselbieter Energiepakets. Mit ihrem
 ­Engagement in diesem starken Bündnis             Damit werden Ausbildungs- und              tionierte, aber realisierbare Verbrauchs-
  übernimmt die Baselbieter KMU-Wirt-         ­Arbeitsplätze gesichert. Es entsteht eine      ziele im Heizwärmebereich und klammert
  schaft eine unmissverständliche energie-     eigentliche «Win-win-win-Situation»: Die       die völlig unrealistischen Initiativ-Vorga-
  politische Verantwortung. Im Rahmen          kantonale Gebäudesubstanz wird energe-         ben im Mobilitätsbereich aus, auf den die
  ­einer umfassenden und flächendeckenden      tisch optimiert, unsere Volkswirtschaft        kantonale Gesetzgebung ohnehin keinen
   Informationskampagne schulen wir die        profitiert und die Investitionen führen zu     Einfluss nehmen kann.
   unserem Dachverband angeschlossenen         tieferem Energieverbrauch – und für die            Nur mit einer höheren Energie-Effi­
   Berufs- und Branchenorganisationen und      Investoren zu Kostenersparnissen. Und          zienz werden wir den Gesamt-Energie-
   sensibilisieren die Mitgliedbetriebe der    schliesslich erfüllen wir vernünftige Kli-     verbrauch künftig reduzieren können,
   ­regionalen Gewerbe- und Industriever-      maschutzziele.                                 ohne gleichzeitig die Wettbewerbsfähig-
    eine.                                          Auch im Energiebereich wird letztlich      keit unserer Wirtschaft zu beschneiden.
       Mit der Forderung nach einer Steuer-    nur eine Politik mit Bodenhaftung und          Just über den effizienten Einsatz der
befreiung für energetisch-bauliche Mass-       Augenmass von Erfolg gekrönt sein. Mit         Energie jedoch schweigt sich die Initiative
nahmen hat sich die Wirtschaftskammer          überrissenen und schlicht nicht realisier-     interessanterweise aus. Wir sagen am 26.
Baselland im Rahmen der von ihr mit­           baren Forderungen betreiben wir keine          September aus ökonomisch-ökologischer
initiierten Eidgenössischen Bauspar-Ini­       wirkungsvolle Energiepolitik, sondern          Vernunft ja zum Gegenvorschlag und
tiative bereits vor einiger Zeit für eine      produzieren volkswirtschaftliche «Flur-        nein zur I­ nitiative.
wirksame Energiepolitik stark gemacht.         schäden», unter denen alle zu leiden ha-
                                               ben. Deshalb lehnt die KMU-Wirtschaft
«Win-win-win»                                  die nichtformulierte Volksinitiative «Weg
Neben der wichtigen energiepolitischen         vom Öl» ab.
Komponente beinhaltet dieses kantonale             Im Gegensatz zur Initiative orientiert
Förderprogramm natürlich auch einen nicht      sich der vom Landrat mit deutlicher
minder wichtigen volkswirtschaft­lichen        Mehrheit verabschiedete Gegenvorschlag
Nutzen. Das Baselbieter Energie­paket löst     an den Zielsetzungen der 2000-Watt-Ge-
                                                                                                                     * Markus Meier ist stv. Direktor
Aufträge aus, von denen vor allem einhei-      sellschaft, ist ausformuliert und somit                                  Wirtschaftskammer Baselland; 
mische Betriebe profitieren sollen.            rasch umsetzbar. Er fokussiert auf ambi-                                 er wohnt in Ormalingen.
14 |  Energiepolitik                                                                              «Volksstimme» | Donnerstag, 23. September 2010

           Grüne Bewegung trauert dem
           einstigen Pioniergeist nach
Das Baselbiet ist im interkantonalen Vergleich kein ökologischer Spitzenreiter. Das könnte
­anders sein, ist der Kanton doch einst aus der «pole position» gestartet: So lautet die Analyse
 derjenigen politischen Kreise, die sich den Umweltschutz auf die Fahne geschrieben haben.

Kaiseraugst: Die Anti-Atomkraftwerk-Bewegung wirkte sich auf die damalige Umweltschutzpolitik des Baselbiets aus, die aus heutiger Sicht utopische
Züge hatte.                                                                                                                            Bild Keystone

           Patrick Moser                                  politik in den Kantonen», herausgegeben        sind Schlagworte der 80er-Jahre. Sie und
                                                          von der Konferenz der kantonalen               der Kampf gegen das Atomkraftwerk
           Der Vorwurf hält sich so hartnäckig, dass      ­Energiedirektoren und «energieschweiz»,       Kaiseraugst haben die Grünen mit Wäh­
           er als Symbol für Nachhaltigkeit durch­         studiert. Sei es bei der Auszahlung von       lern alimentiert. Die Landratsfraktion
           gehen würde: Das Baselbiet startete vor         Förderbei­trägen, den Auswirkungen ener­      war damals etwa gleich gross wie heute.
           rund 20 Jahren als Pionierkanton ins            getischer Massnahmen oder beim Ver­           In den von Wirtschaftskrisen geprägten
           ­ökologische Zeitalter – und ist heute bei      hältnis zwischen Bevölkerungszahl und         90er-Jahren hingegen setzten die Wähler
            Umweltschutz und Energiepolitik doch           Dotierung der Energiefachstellen: Das         vermehrt auf bürgerliche Volksvertreter.
            nur Mittelmass. Freilich, der Vorwurf          Baselbiet ist allenorten Mittelmass.          Erst die Klima­debatte gab den Grünen
            ist politisch nicht unverdächtig, stammt                                                     wieder Aufwind – und brachte vermehrt
            er doch von linksgrüner Seite. Doch wird      Basel-Stadt Klassenprimus                      ökologische Themen auf die Traktanden­
            er statistisch untermauert: Das Basel-        Umweltschützer weisen gerne daraufhin,         liste. Heute sprechen Politiker aller Cou­
            biet hat 1992 als erster Kanton ein           dass das «rot-grüne» Basel den Platz des       leur von erneuerbaren Energien, und
            ­Umweltschutz- und Energiegesetz ver­         Klassenprimus' besetzt: «Bei der Förde­        Energieeffizienz ist in aller Hausbesitzer
             abschiedet – und aus der damaligen           rung erneuerbarer Energien ist das Basel­      Munde. Logisch kann die rückblickende
             «pole position» ist heute tatsächlich ein    biet abgestürzt, während Basel-Stadt           Analyse aus Maya Grafs Perspektive nur
             Platz im Mittelfeld geworden.                dank dem Solarrappen ganz vorne liegt»,        lauten: «Wir haben bei Umweltthemen
                Zumindest kommt zu diesem Schluss,        sagt etwa die Sissacher Grünen-National­       mindestens ein Jahrzehnt verloren.»
             wer die Grafiken in der soeben erschie­      rätin Maya Graf. Waldsterben, Saurer               Den ökologischen «Absturz» des Ba­
             nenen Publikation «Stand der Energie­        ­Regen, Tschernobyl und Schweizerhalle         selbiets aus nächster Nähe miterlebt hat
Donnerstag, 23. September 2010 | «Volksstimme»                                                                Energiepolitik                    | 15

der ehemalige Grünen-Landrat Lukas              seraugst «zeigen, wie man es auch machen
Ott, heute Liestaler Stadtrat und beruf-        kann» und setzte auf Photovoltaik und
lich Politik- und Sozialwissenschafter:         thermische Solaranlagen. Nächstes Jahr
«Anfang 90er-Jahre war eine Aufbruchs-          feiert seine Firma den 25. Geburtstag.
stimmung spürbar, von der heute wirklich            Auch aus Holingers Sicht hat der
gar nichts mehr feststellbar ist», sagt er.     Kanton seine einstige Pionierrolle preis-
                                                gegeben. Unter dem damaligen Bau- und
«Neuland betreten»                              Umweltschutzdirektor Eduard Belser (SP),
Der Kanton hatte damals gleich mehrere          der im Jahr nach der Firmengründung in
ökologische Eisen im Polit-Feuer. Zum           die Regierung gewählt wurde, sei eine Auf-
Beispiel das erste Umweltschutzgesetz mit       bruchsstimmung spürbar gewesen. Heute
den innovativen Emissionsgutschriften,          hinke das Baselbiet nicht nur Basel-Stadt,
dank der die Industrie für die Begrenzung       sondern auch der deutschen Nachbar­
von Schadstoffen belohnt wurde. Weiter          region hinterher, weshalb sich Holinger
wollte die Regierung das Höchsttempo            zwangsläufig auch dort in anderen Um-
auf der A2 zwischen Basel und Pratteln          weltbereichen um Aufträge bemühen
um 20 km/h verringern und die Auswir-           muss. «Dabei schreien viele Baselbieter
kungen auf die Luft untersuchen lassen;         Hausdächer förmlich nach Anlagen. Aber
das Vorhaben scheiterte indes wegen der         nur wenige machen es, weil der Anreiz
teuren Begleitstudie am Referendum.             fehlt oder zu klein ist», sagt Holinger.
Oder beim Katastrophenschutz: Mit dem                                                         Im Kanton nicht auf Hochglanz poliert: Viele
Sicherheitsinspektorat, einer speziellen        «Null Unterstützung vom Kanton»               Baselbieter Hausdächer schreien förmlich
                                                                                              nach Solaranlagen.             Bild Keystone
Behörde für Risikofragen, habe der              Der Bau thermischer Anlagen werde im
­Kanton Neuland betreten, schwärmt Ott.         Baselbiet zwar nach wie vor finanziell un-
 Umweltfragen hätten damals das ganze           terstützt. Doch sie seien nur lokal nutzbar
 politische System geprägt – bis hin zur        und deshalb weniger interessant als Photo­     14 Baselbieter Gemeinden
 Handelskammer beider Basel. «Heute             voltaik, die leider «null Unterstützung»       sind heute «Energiestadt»
 mutet das utopisch an», sagt Ott.              erfahre. Dabei habe der Kanton noch in
                                                                                               vs. 14 Baselbieter Gemeinden sind heute Träger des
     Dass das Baselbiet heute nicht mehr        den 90er-Jahren die höchste Anlagen-
                                                                                               Labels «Energiestadt»: Sissach, Itingen, Reigoldswil,
 ökologischer Spitzenreiter ist, dafür sieht    dichte des Landes aufgewiesen. Holinger
                                                                                               Lausen, Liestal, Frenkendorf, Pratteln, Muttenz, Birs­
 Ott mehrere Gründe. Einerseits die Regie-      sieht das Problem auch in den zu billigen
                                                                                               felden, Reinach, Münchenstein, Bottmingen, Arles­
 rungspolitik, insbesondere die Personal-       Preisen bei den herkömmlichen Energie-         heim und Aesch. Somit wohnen 127 375 Personen
 auswahl auf Verwaltungsebene. Denn             trägern. Hier beisse sich die Katze in         oder 46,4 Prozent der Kantonsbevölkerung in einer
 dort wirken die Fachleute und mit ihrer        den Schwanz, weil alternative Energien         Energiestadt. In der Schweiz gibt es insgesamt 208
 Bereitschaft, die gesetzlichen Spielräume      im Gegenzug auf mehr Förderbeiträge            Energiestädte mit rund 3,2 Millionen Einwohnern, was
 auszunutzen oder zu schaffen, steht und        an­gewiesen seien. «Aber da beissen wir        43 Prozent der Landesbevölkerung entspricht. «Energie­
 fällt das ökologische Profil eines Kantons.    beim Kanton auf Granit, weil man Photo­        stadt» ist ein Programm von «EnergieSchweiz», einem
 «Dazu muss man sagen, dass das Basel-          voltaik für nicht unterstützungswürdig         Zusammenschluss aus Bund, Kantonen, Gemeinden
 biet Pioniere im Umweltrecht wie etwa          hält», sagt Holinger. Basel-Stadt hingegen     und Partnern aus Wirtschaft, Umwelt- und Konsumen­
 Jürg Hofer hat ziehen lassen – oder sogar      habe das gut gelöst: Der «Solar-Rappen»        tenorganisationen. Um das Label zu erhalten, muss
                                                                                               eine Gemeinde zunächst Mitglied im Trägerverein wer­
 aktiv zum Gehen veranlasst hat», kriti-        sei von Steuergeldern losgelöst. Im Basel-
                                                                                               den. Im Baselbiet haben Lupsingen, Oberwil und Ther­
 siert Ott. Andererseits sei es aber auch so,   biet sei die Einführung einer Energie­
                                                                                               wil diesen Schritt getan. Später muss die Gemeinde
 dass die rechtliche Bewegungsfreiheit der      abgabe immer im Landrat gescheitert.
                                                                                               mindestens 50 Prozent eines zahlreiche Massnahmen
 Kantone durch verschärfte Bundesvor­               Für Holinger hängt die negative Ent-
                                                                                               umfassenden Katalogs umsetzen oder beschliessen,
 gaben eingeengt worden ist. Genau aus          wicklung mit dem Willen der verantwort­        um das Label zu erhalten. Dieses sei «nicht nur ein
 diesem Grund sei die Anstrengung mit           lichen Regierungspersonen zusammen. Er         Markenzeichen, sondern ein stetiger Prozess», heisst
 den Emissionsgutschriften verpufft: «Der       vergleicht das Baselbiet mit den USA, wo       es auf der Energiestadt-Website. Ziel ist das Vorleben
 Bund hat die Schadstoffgrenzwerte nach         der damalige Präsident Jimmy Carter 1979       und Umsetzen einer nachhaltigen kommunalen Ener­
 unten korrigiert, so dass der Kanton kei-      auf dem Weissen Haus eine Solaranlage in-      giepolitik. Dazu gehört die Förderung erneuerbarer
 nen Spielraum mehr hatte.»                     stallieren liess. Doch der Visionär musste     Energien sowie einer umweltverträglichen Mobilität
     Mehr Spielraum erhofft hat sich Hein-      kurz darauf Ronald Reagen weichen. Aufs        und die effiziente Nutzung der Ressourcen. Das Label
rich Holinger. Der Geschäftsführer der          Baselbiet gemünzt, sagt ­Holinger: «Wäre       wird von einer unabhängigen Kommission des Träger­
«Holinger Solar» in Bubendorf, der sich         Eduard Belser länger Bau- und Umwelt-          vereins verliehen.

selbst als «Kind der Anti-Atomkraftwerk-        schutzdirektor geblieben, wäre es wohl
                                                                                               www.energiestadt.ch
Bewegung» bezeichnet, wollte nach Kai-          ­anders herausgekommen.»
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