Einzelhandelskonzept für die Stadt Visselhövede
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Einzelhandelskonzept für die Stadt Visselhövede PROJEKTLEITUNG: Dipl.-Geogr. Katharina Staiger Dipl.-Ing. Florian Komossa Hamburg, den 23.11.2020
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Urheberrecht Das vorliegende Dokument unterliegt dem Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 2 sowie § 31 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte. Eine Vervielfältigung, Weitergabe oder (auch auszugsweise) Veröffentli- chung ist im Rahmen des politischen Prozesses, von Bauleitplanverfahren, Baugenehmigungsverfahren, Rah- menplanungen und Gerichtsverfahren ohne Genehmigung möglich. Für alle anderen Zwecke ist das Doku- ment nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der GMA und des Auftraggebers unter Angabe der Quelle zulässig. Im vorliegenden Dokument verzichten wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit darauf, immer die männli- che und weibliche Schriftform zu verwenden. Selbstverständlich sind alle Geschlechter gleichermaßen ange- sprochen. Quelle Titelbild: GMA eigenes Foto Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH Ludwigsburg / Dresden / Hamburg / Köln / München Niederlassung Hamburg Poststraße 25 20354 Hamburg Geschäftsführer: Dr. Stefan Holl Tel 040 / 30997778-0 / Fax 040 / 30997778-9 info@gma.biz / www.gma.biz info@gma.biz / www.gma.biz 2
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Vorbemerkung Im Dezember 2019 beauftragte die Stadt Visselhövede die GMA, Gesellschaft für Markt- und Absatzfor- schung mbH, ein Einzelhandelskonzept für die Stadt Visselhövede zu erarbeiten. Das Einzelhandelskonzept bildet die Basis zur planungsrechtlichen Steuerung des großflächigen Einzelhandels und bewertet vorlie- gende Anfragen zur Erweiterung und zu Entwicklungsmöglichkeiten. Ziel des Konzeptes ist es, die Leitlinien und Strategien für die zukünftige Entwicklung des Einzelhandels in Visselhövede aufzuzeigen. Der GMA standen für die Erstellung der Untersuchung Daten und Informationen des Statistischen Bundes- amtes, des Landesamtes für Statistik Niedersachsen, der Stadt Visselhövede, MB-Research Nürnberg sowie GMA-interne Unterlagen zur Verfügung. Die Untersuchung dient der Vorbereitung für kommunalpolitische und bauleitplanerische Entscheidungen der Stadt Visselhövede. Alle Informationen im vorliegenden Dokument sind sorgfältig recherchiert, der Be- richt wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität von sekundärstatistischen Daten, u.a. Landesamt für Statistik, MB Research, kann die GMA keine Gewähr über- nehmen. GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH Hamburg, im 23.11.2020 KOF-aw info@gma.biz / www.gma.biz 3
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Inhaltsverzeichnis Seite I. Grundlagen 6 1. Aufgabenstellung und Methodik 6 2. Aufgabe von Einzelhandelskonzepten und Ziele der Einzelhandelssteuerung 6 3. Angebotsstrukturen und Entwicklungen der Nahversorgung 7 4. Entwicklung des Onlinehandels 9 5. Planungsrechtliche Instrumente zur Steuerung der Standortentwicklung im Einzelhandel 10 5.1 Bauplanungsrecht 10 5.1.1 Gebiete mit Bebauungsplan 10 5.1.2 Gebiete ohne Bebauungsplan 11 5.1.3 Besonderes Städtebaurecht 11 5.2 Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen 11 5.2.1 Zentrale Orte 11 5.2.2 Ziele der Landes-Raumordnung 12 5.2.3 Ausnahmeregelung vom Integrationsgebot 14 5.3 Regionalplanung 15 6. Zentrale Versorgungsbereiche 15 6.1 Begriff „Zentraler Versorgungsbereich“ 15 6.2 Abgrenzung und Bedeutung zentraler Versorgungsbereiche 16 II. Situationsanalyse des Einzelhandelsstandortes Visselhövede 19 1. Makrostandort Visselhövede 19 2. Einzelhandelssituation 22 2.1 Aktueller Einzelhandelsbestand 22 2.2 Nahversorgungssituation 24 III. Nachfragesituation 26 1. Marktgebiet des Einzelhandelsstandortes Visselhövede 26 2. Kaufkraftpotenzial für den Einzelhandel in Visselhövede 26 3. Kaufkraftbewegungen 29 4. Wesentliche Ergebnisse der Onlinebefragung 29 4.1 Einkaufshäufigkeit in der Innenstadt von Visselhövede 30 info@gma.biz / www.gma.biz 4
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE 4.2 Hauptgrund für den Besuch in der Innenstadt von Visselhövede 30 4.3 Verbundeffekte beim Besuch der Innenstadt 31 4.4 Bewertung der Einzelhandelsgeschäfte 31 4.5 Fehlende Warengruppen in der Innenstadt 32 4.6 Einkaufsorientierung im periodischen Bedarf 33 4.7 Einkaufsorientierung im aperiodischen Bedarf 34 4.8 Verbesserungsvorschläge für den Einzelhandel in der Innenstadt 34 4.9 Erwartungen an den Wochenmarkt 35 4.10 Bewertung des Wochenmarktes in Visselhövede 36 4.11 Nutzung des gastronomischen Angebotes in Visselhövede 36 4.12 Ergänzungen des gastronomischen Angebotes 37 4.13 Bekanntheit der Angebote des Gewerbevereins von Visselhövede 37 4.14 Apfelmarkt und Martinsmarkt in Visselhövede 38 4.15 Wohnort und Haushaltsgröße 38 IV. Bewertung des Einzelhandelsangebotes und Potenziale 39 1.1 Bewertung des Einzelhandelsangebotes im periodischen Bedarf 39 1.2 Bewertung des Einzelhandelsangebotes im aperiodischen Bedarf 40 2. Entwicklungsmöglichkeiten in Visselhövede 41 V. Einzelhandelskonzept für Visselhövede 42 1. Ziele des Einzelhandelskonzeptes 42 2. Sortimentskonzept 42 3. Standortkonzept 45 3.1 Zentraler Versorgungsbereich Innenstadt 45 3.2 Standorte in Streulagen 49 3.3 Gewerbegebiete 49 4. Grundsätze der Einzelhandelsentwicklung 49 Verzeichnisse 51 VI. Anhang Stadtbildanalyse Visselhövede 53 info@gma.biz / www.gma.biz 5
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE I. Grundlagen 1. Aufgabenstellung und Methodik Das Einzelhandelskonzept dient als sachlich fundierte Grundlage zur Bewertung der branchen- und stand- ortbezogenen Entwicklungsmöglichkeiten für den Einzelhandel in Visselhövede Es bildet als umsetzungsori- entiertes Steuerungsinstrument die Basis für weitere Planungen, wobei primär der großflächige Einzelhandel (ab 800 m² Verkaufsfläche) planungsrechtlich und raumordnerisch zu begleiten ist. Die Zulässigkeit von Ein- zelhandelsbetrieben mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 m² ist in der BauNVO geregelt. Das Konzept basiert auf folgenden Vor-Ort-Arbeiten bzw. Befragungen: Erhebung aller Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe in Visselhövede persönliche Befragung ausgewählter Betriebe, online-Befragung der Wohnbevölkerung Nutzungskartierung und Stadtbildanalyse in der Innenstadt. Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf eine umfassende Datenbasis, wobei es sich überwiegend um primärstatistisches Datenmaterial handelt. Darüber hinaus standen der GMA sekundärstatistische Daten zur Verfügung. Die Vor-Ort-Aufnahme der Verkaufsflächen1 aller Einzelhandelsbetriebe und die Aufnahme der Nutzungen in der Innenstadt (z. B. Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistung, leerstehende Einheiten) er- folgte im Februar 2020. 2. Aufgabe von Einzelhandelskonzepten und Ziele der Einzelhandelssteuerung Kommunale Einzelhandelskonzepte dienen v. a. der Erarbeitung von Leitlinien für eine zielgerichtete und nachhaltige Einzelhandelsentwicklung. Diese werden in Form eines Standort- und Sortimentskonzeptes kon- kretisiert. Das Sortimentskonzept (sog. „Sortimentsliste“) stuft Sortimente in zentrenrelevante, nahversor- gungsrelevante und nicht zentrenrelevante Sortimente ein. Im Rahmen des Standortkonzepts werden die Einzelhandelslagen eingeteilt und zentrale Versorgungsbereiche abgegrenzt. Ein Einzelhandelskonzept stellt eine informelle Planungsgrundlage ohne rechtliche Bindungswirkung gegen- über Dritten dar. Durch einen Beschluss des Stadtrates wird diese Planungsgrundlage zu einem Entwicklungs- konzept gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB und ist im Rahmen der Bauleitplanung als Abwägungsgrundlage zu berücksichtigen. Als wesentliches Ziel der Einzelhandelssteuerung sind der Schutz und die Stärkung zentraler Versorgungsbe- reiche zu nennen2. Durch die Konzentration von nahversorgungs- und zentrenrelevanten Einzelhandelsbe- trieben in zentralen Versorgungsbereichen können diese nachhaltig gestärkt werden. Ferner stellt auch die Sicherung des jeweiligen Baugebietscharakters ein Ziel der Einzelhandelssteuerung dar. Durch den generellen bzw. gezielten Ausschluss von Einzelhandel in Gewerbegebieten können diese für das produzierende und verarbeitende Gewerbe gesichert werden. 1 Verkaufsfläche wird wie folgt definiert: „Verkaufsfläche ist die Fläche, auf der die Verkäufe abgewickelt werden und die vom Kunden zu diesem Zwecke betreten werden darf, einschließlich der Flächen für Warenpräsentation (auch Käse- , Fleisch- und Wursttheken), Kassenvorraum mit „Pack- und Entsorgungszone“ und Windfang. Ebenso zählen zur Ver- kaufsfläche Pfandräume (ohne Fläche hinter den Abgabegeräten), Treppen, Rolltreppen und Aufzüge im Verkaufsraum sowie Freiverkaufsflächen. Nicht dazu gehören reine Lagerfläche und Flächen zur Vorbereitung / Portionierung der Waren sowie Sozialräume, WC-Anlagen etc. (vgl. hierzu auch BVerwG 4C 10.04 und 4C 14.04 vom 24.11.2005). 2 Vgl. Urteile BVerwG (27.03.2013), Az. BVerwG 4 CN 7.11 und OVG NRW (28.01.2014), Az 10 A 152/13 info@gma.biz / www.gma.biz 6
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE 3. Angebotsstrukturen und Entwicklungen der Nahversorgung Die Nahversorgung wird durch unterschiedliche Anbieter und Betriebsformen abgedeckt, wobei insbeson- dere Lebensmittelmärkte strukturprägend sind. Zur Einordnung und Charakteristik der in Deutschland vor- handenen Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels werden die Betriebsformen nachfolgend kurz defi- niert:3 Supermarkt: Ein Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 400 und 2.500 m², das ein Lebensmittelvollsortiment und Nonfood-I-Artikel4 führt und einen gerin- gen Verkaufsflächenanteil an Nonfood II aufweist. Großer Supermarkt: Ein großer Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 2.500 und 5.000 m², das ein Lebensmittelvollsortiment sowie Nonfood-I- und Nonfood-II- Artikel5 führt. Discounter: Ein Lebensmitteldiscounter ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer üblichen Verkaufsfläche unter 1.000 m², das ausschließlich in Selbstbedienung ein begrenztes, auf umschlagstarke Artikel konzentriertes Lebensmittelangebot und Nonfood-I-Sortimente sowie ein regelmä- ßig wechselndes Aktionsangebot mit Schwerpunkt Nonfood II führt. Fachgeschäft im Lebensmitteleinzelhandel (LEH): Ein LEH-Fachgeschäft ist ein Einzelhandelsgeschäft, das auf eine Warengruppe spezialisiert ist und ein tiefes Sortiment führt. Dazu zählen u. a. Spezialitäten-Fachgeschäfte, Getränke- abholmärkte, Obst- und Gemüse-, Süßwarenläden sowie handwerklich orientierte Einzel- handelsgeschäfte wie Feinkostgeschäfte, Bäckereien und Fleischereien. Convenience Store: Ein Convenience Store ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche unter 400 m², das ein begrenztes Sortiment aus den Warenbereichen Tabakwaren, Süßwaren, Getränke, Presseartikel sowie frische Snacks und Fertiggerichte bietet. Ein Convenience Store zeichnet sich durch seine bequeme Erreichbarkeit und übliche Sonntagsöffnung aus. Zu den Conve- nience Stores gehören Kioske und Tankstellenshops. Kleines Lebensmittelgeschäft: Ein kleines Lebensmittelgeschäft ist ein Einzelhandelsgeschäft mit weniger als 400 m² Ve- kaufsfläche, das ein begrenztes Lebensmittel- und Nonfood-I-Sortiment anbietet. Besondere Bedeutung kommt im Lebensmitteleinzelhandel discountierenden Angebotsformen zu, d.h. Ver- triebskonzepten mit konsequenter Niedrigpreispolitik. Lebensmitteldiscounter verfügen über einen Markt- anteil im Lebensmittelsektor von ca. 45 %6, wobei mittlerweile bundesweit über 16.000 Lebensmitteldis- counter vorhanden sind. In den vergangenen Jahren flachte sich deren Expansion, also Ansiedlung neuer Filialen, deutlich ab, d.h. im Vordergrund stehen Optimierungen vorhandener Filialen. Supermärkte und SB- Warenhäuser expandierten ebenfalls noch in den letzten Jahren, kleinere Lebensmittelgeschäfte hingegen 3 Quelle: EHI handelsdaten aktuell 2019, Seite 397. 4 Drogerieartikel, Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel sowie Tiernahrung. 5 Ge- und Verbrauchsgüter des kurz-, mittel- und langfristigen Bedarfs wie Textilien, Schuhe, Gartenbedarf, Unterhal- tungselektronik, Elektrogroßgeräte, Bücher und Presseartikel usw. 6 Quelle: EHI, handelsdaten aktuell, 2019. info@gma.biz / www.gma.biz 7
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE verzeichneten einen hohen Bedeutungsverlust. So verringerte sich die Anzahl der kleineren Lebensmittelge- schäfte von über 12.800 (2009) auf etwa 8.600 Geschäfte (2018)7. Als Standorte für großflächige Lebensmitteldiscounter oder Supermärkte wurden in den letzten Jahren auf- grund raumordnerischer Vorgaben zunehmend Standorte in städtebaulich integrierten Lagen nachgefragt. In einem Lebensmitteldiscounter werden im feststehenden Sortiment (ohne wöchentliche Aktionswaren) zwischen 1.200 Artikel (Aldi Nord) und 4.000 Artikel (Netto Marken-Discount) angeboten. Ein Supermarkt führt auf einer Verkaufsfläche von rd. 1.200 m² bereits über 15.000 Artikel und auf einer Verkaufsfläche von rd. 1.800 m² über 30.000 Artikel. Der Angebots- und Umsatzschwerpunkt entfällt sowohl bei Discountern als auch bei Supermärkten auf den periodischen Bedarf, wenngleich mit unterschiedlichen Anteilen. Bei Disco- untern liegt dieser Anteil bei etwa 85 %, bei kleineren Supermärkten bei rd. 95 % und bei großen Supermärk- ten bei etwa 75 %. Folgende Veränderungen zeichnen sich weiter ab: Die umsatzstärksten Betreiber im Lebensmittelhandel und im Drogeriehandel optimieren und modernisieren ihr Standortnetz konsequent, d. h. Neubau (i.d.R. Green building-Standard) und Erweiterung der Verkaufsfläche. In Abhängigkeit von Betriebstyp und Betreiber werden unter- schiedliche Größen als zukunftsfähig angesehen. Tabelle 1: Verkaufsflächengrößen unterschiedlicher Betriebstypen mögliche / typische Beispiele Mindest-Einwohnerzahl im Verkaufsfläche Angebote Einzugsgebiet in m² (ca.-Werte) Supermarkt in ländlich Edeka, Rewe, Markant, 4.000 1.200 – 1.700 geprägten Orten Combi, K+K Lebensmitteldiscounter Aldi-Nord 8.000 1.200 – 1.400 Lidl 8.000 1.300 – 1.500 Netto Marken-Discount 3.000 800 – 1.100 Getränkemarkt Hol’Ab, Hoffmann, Trinkgut 5.000 – 10.000 300 – 500 Drogeriemarkt Rossmann - ab 10.000 600 – 800 Drogeriemarkt dm - ab 20.000 800 GMA-Standortforschung 2020 Biowaren, regionale, internationale und fair gehandelte Produkte werden ausgebaut und in fast allen Discountern, Supermärkten, Bio-Märkten sowie in kleineren Geschäften geführt. Spezialanbieter für logistikaffine und wenig preissensible Produkte (z. B. Wein, Spirituosen) konn- ten ihren online-Umsatz erhöhen. So stieg dieser Umsatz8 bei Weinen und Sekt von 4,1 % (2015) auf 5,6 % (2017). Bei Lebensmitteln und Delikatessen erhöhte sich im Vergleichszeitraum der On- lineanteil nur geringfügig (2015: 0,6 %, 2017: 0,9 %). Bei Artikeln der Körperpflege und Kosmetik liegt der Onlineanteil bereits bei ca. 10 % (2017), bei Drogeriewaren (Hygieneartikel, Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel) hingegen nur bei 1,5 %. Bei Kör- perpflege und Kosmetik zeigt sich zudem eine dynamische Entwicklung (2015: 7,5 %). Auch Artikel des Heimtierbedarfs (Tiernahrung, Zubehör) werden verstärkt online9 nachgefragt, dieser Anteil erhöhte sich von 12,1 % (2015) auf 16,4 % (2017). 7 Quelle: EHI, handelsdaten aktuell, 2019. 8 Quelle: HDE Handelsverband Deutschland, Handel digital, Online-Monitor 2018, Seite 16. 9 Quelle: HDE Handelsverband Deutschland, Handel digital, Online-Monitor 2018, Seite 16 info@gma.biz / www.gma.biz 8
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Verbrauchernahe und gut erreichbare Nahversorgungslagen profitieren von der Entwicklung, da sie neben einer Zeitersparnis und kurzen Wegen zunehmend auch die emotionale Ebene bzw. soziale Aspekte positiv ansprechen. Abbildung 1: Anforderungen an Grund- und Nahversorgungsstandorte GMA-Darstellung 2020 4. Entwicklung des Onlinehandels Während der stationäre Einzelhandel in den letzten Jahren nur ein leichtes Plus verzeichnete, weist der On- linehandel ein jährliches Wachstum von über 10 % und mehr auf. Allerdings schwanken die Anteile des On- linehandels je nach Branche stark. Während bei Consumer-Electronics / Elektro und bei Mode (Bekleidung) Werte von ca. 30 % erreicht werden, liegt im Heimwerker-/ Gartensektor der Anteil lediglich bei ca. 6 %. Abbildung 2: Onlineanteil je Branche am jeweiligen Gesamtmarkt 2016 – 2018 in Prozent Quelle: HDE Online-Monitor 2018, 2019, GMA-Darstellung 2020 * Fast Moving Consumer Goods (FMCG): Güter des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Tabakwaren info@gma.biz / www.gma.biz 9
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Wie sich der stationäre Einzelhandel im Verhältnis zum Onlinehandel entwickeln wird, lässt sich angesichts der aktuellen Situation (Corona-Pandemie) kaum mehr prognostizieren. In kleineren Städten wie Visselhö- vede ist der Einzelhandel mit periodischen Sortimenten angebotsprägend. Im periodischen Bedarf ist der stationäre Einzelhandel nach wie vor die dominierende Einkaufsquelle. 5. Planungsrechtliche Instrumente zur Steuerung der Standortentwicklung im Einzelhandel Städte und Gemeinden haben mit dem BauGB (Baugesetzbuch) und der BauNVO (Baunutzungsverordnung) ein planungsrechtliches Instrumentarium zur Hand, mit dem die Standortentwicklung im Einzelhandel ge- steuert wird. 5.1 Bauplanungsrecht 5.1.1 Gebiete mit Bebauungsplan Nach § 30 BauGB ist ein Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans zulässig, wenn es dessen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Werden in Bebauungsplänen die in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen festgelegt, sind Einzelhan- delsbetriebe nach Maßgabe der §§ 2 bis 9 BauNVO wie folgt vorgesehen: Tabelle 2: Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben differenziert nach Baugebietstypen Bau- Bezeichnung Zulässigkeit Einzelhandel Großflächiger Gebiet Einzelhandel WA, WS Allgemeines Wohngebiet, Läden, die der Versorgung des Gebietes dienen nein Kleinsiedlungsgebiet WR Reines Wohngebiet nur ausnahmsweise: Läden zur Deckung des nein täglichen Grundbedarfs für die Bewohner des Gebiets WB Besonderes Wohngebiet Läden, soweit mit Wohnnutzung vereinbar nein MD Dorfgebiet allgemein zulässig* nein MI Mischgebiet allgemein zulässig* nein MU Urbanes Gebiet allgemein zulässig* nein GE Gewerbegebiet allgemein zulässig* nein GI Industriegebiet MK Kerngebiet allgemein zulässig ja SO Sondergebiet allgemein zulässig ja * sofern nicht sondergebietspflichtig gem. § 11 Abs. 3 BauNVO Für großflächige Einzelhandelsbetriebe enthält § 11 Abs. 3 BauNVO eine Sonderregelung. Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe mit bestimmten städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkun- gen sind außer in Kerngebieten nur in den festgesetzten sonstigen Sondergebieten zulässig. In Gebieten mit einfachen Bebauungsplänen gem. § 30 Abs. 3 BauGB richtet sich die Zulässigkeit nach § 34 oder § 35 BauGB. Zudem können nach § 1 Abs. 5, 6 BauNVO in Bebauungsplänen Nutzungsarten ausge- schlossen oder nur ausnahmsweise zugelassen werden: info@gma.biz / www.gma.biz 10
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE „(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzun- gen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zu- lässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allge- meine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. (6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind, 1. nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder 2. in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestim- mung des Baugebiets gewahrt bleibt.“ 5.1.2 Gebiete ohne Bebauungsplan Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und gleichzeitig die Erschließung gesichert ist. Nach § 34 Abs. 2 BauGB ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung die BauNVO anzuwenden, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO, z. B. Gewerbegebiet, Mischgebiet, entspricht. Nach § 34 Abs. 3 BauGB dürfen vom Vorhaben keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Ansiedlungsgemeinde oder in einer Nachbarkommune ausgehen. Im Einzelfall (z. B. Erweiterung) kann vom Erfordernis des Einfügens abgewi- chen werden. In Gemengelagen, z. B. Mischgebieten, ist eine Steuerung ohne Aufstellung eines Bebauungsplanes möglich. Dies soll der Sicherung zentraler Versorgungsbereiche, insbesondere dem Schutz der Angebotsstrukturen in Innenstädten dienen. Mit der Novellierung des BauGB 2007 schuf der Gesetzgeber die Möglichkeit, über § 9 Abs. 2 a BauGB im unbeplanten Innenbereich einen Bebauungsplan aufzustellen, in dem zur Erhaltung oder Entwicklung zent- raler Versorgungsbereiche nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen festgelegt oder ausgeschlossen werden können. 5.1.3 Besonderes Städtebaurecht Das Besondere Städtebaurecht mit den §§ 136 ff. BauGB bietet zudem Kommunen die Möglichkeit, im Rah- men von Stadterneuerungs- oder Entwicklungsmaßnahmen die besonderen Vorschriften zur Steuerung an- zuwenden. So kann durch die Festlegung von Sanierungsgebieten über die jeweilige Sanierungszielsetzung sehr dezidiert die künftige Entwicklung gerade auch im Einzelhandelsbereich geplant und gesteuert werden. Die Regelungen nach §§ 144 ff. BauGB stellen verschiedene Sachverhalte wie beispielsweise den Verkauf von Liegenschaften oder auch deren Anmietung grundsätzlich unter Genehmigungsvorbehalt. Neben diesen Rechtstatbeständen sind insbesondere die möglichen Förderungen für baulich-investive Maß- nahmen und die Umgestaltung im öffentlichen Bereich attraktiv. Durch die Programme der städtebaulichen Erneuerung sind Fördermöglichkeiten geschaffen, die gerade auch an private Grundstückseigentümer zur Modernisierung oder Instandsetzung der Gebäudesubstanz weitergegeben werden können. 5.2 Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen 5.2.1 Zentrale Orte Für die Beurteilung von Einzelhandelsgroßprojekten sind die Ziele der Landes-Raumordnung heranzuziehen. Im Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) werden Ober- und Mittelzentren abschließend festgelegt. info@gma.biz / www.gma.biz 11
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Grundzentren werden hingegen in den Regionalen Raumordnungsprogrammen festgelegt. Bei der zentral- örtlichen Einstufung handelt es sich um ein Ziel der Raumordnung10, wobei es um die Konzentration der Siedlungstätigkeit auf ein System leistungsfähiger Orte mit Versorgungsfunktion für Verflechtungsbereiche geht. Unterschieden werden Grund-, Mittel- und Oberzentren, welche unterschiedliche Einrichtungen und Angebote sichern und entwickeln sollen: Oberzentrum: für den spezialisierten höheren Bedarf Mittelzentrum: für den gehobenen Bedarf Grundzentrum: für den allgemeinen täglichen Grundbedarf. 5.2.2 Ziele der Landes-Raumordnung Die Vorgaben der Landes-Raumordnung sind bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben zu beachten, sofern der Bebauungsplan neu aufgestellt bzw. ein Bebauungsplan geändert wird. Nach dem LROP 2017, Kapitel 2.3 Ziffer 02, Satz 1-3 werden Einzelhandelsgroßprojekte beschrieben: „Neue Einzelhandelsprojekte sind nur zulässig, wenn sie den Anforderungen der Ziffer 03 – 10 entsprechen. Als Einzelhandelsgroßprojekte gelten Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe gemäß § 11 Abs. 3 Nrn. 1 – 3 der BauNVO einschließlich Hersteller / Direktverkaufszentren. „Als Einzelhandelsgroßprojekte gelten auch mehrere selbständige, ggf. jeweils für sich nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe, die räumlich konzentriert an- gesiedelt sind oder angesiedelt werden sollen und von denen in ihrer Gesamtbetrachtung raumbedeutsame Auswirkungen wie von einem Einzelhandelsgroßprojekt ausgehen oder ausgehen können (Agglomerationen).“ In Bezug auf die Steuerung des großflächigen Einzelhandels sind folgende Ziele zu beachten: Konzentrationsgebot „Neue Einzelhandelsgroßprojekte sind nur innerhalb des zentralen Siedlungsgebietes des jeweiligen Zentralen Ortes zulässig.“ (LROP 2017, Kapitel 2.3 Nr. 4) Integrationsgebot „Neue Einzelhandelsgroßprojekte, deren Kernsortimente zentrenrelevant sind, sind nur in- nerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig (Integrationsgebot). Diese Flächen müssen in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs eingebunden sein.“ (LROP 2017, Kapitel 2.3 Nr. 5) „Neue Einzelhandelsgroßprojekte, deren Sortimente zu mindestens 90 vom 100 periodische Sortimente sind, sind auf der Grundlage eines städtebaulichen Konzeptes ausnahmsweise auch außerhalb der städtebaulich integrierten Lagen innerhalb des zentralen Siedlungsge- bietes des Zentralen Ortes im räumlichen Zusammenhang mit Wohnbebauung zulässig, wenn eine Ansiedlung in den städtebaulich integrierten Lagen aus städtebaulichen oder siedlungsstrukturellen Gründen, insbesondere zum Erhalt gewachsener baulicher Struktu- ren, der Rücksichtnahme auf ein historisch wertvolles Ortsbild oder aus verkehrlichen Grün- den nicht möglich ist; Satz 2 bleibt unberührt.“ 10 Ziele der Raumordnung sind verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmba- ren, vom Träger der Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes (§ 3 Nr. 2 ROG). Die Ziele der Raumord- nung sind von den öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten (§ 4 Abs. 2 ROG). Zudem besteht eine Anpassungspflicht der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs. 4 BauGB). info@gma.biz / www.gma.biz 12
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE „Neue Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht zentrenrelevanten Kernsortimenten sind auch außerhalb der städtebaulich integrierten Lagen an verkehrlich gut erreichbaren Standorten innerhalb des zentralen Siedlungsgebietes des Zentralen Ortes zulässig, a) wenn die Verkaufsfläche für zentrenrelevante Randsortimente nicht mehr als 10 vom Hundert der Gesamtverkaufsfläche und höchstens 800 m² beträgt oder b) wenn sich aus einem verbindlichen regionalen Einzelhandelskonzept die Raumverträglichkeit eines größeres Randsortiments ergibt und sichergestellt wird, dass der als raumverträglich zugelassene Umfang der Verkaufsfläche für das zentrenrelevante Randsortiment auf das ge- prüfte Einzelhandelsgroßprojekt beschränkt bleibt.“ (LROP 2017 Kapitel 2.3 Nr. 6) Kongruenzgebot „In einem Grundzentrum darf das Einzugsgebiet eines neuen Einzelhandelsgroßprojektes in Bezug auf seine periodischen Sortimente den grundzentralen Verflechtungsbereich gemäß Abschnitt 2.2 Ziffer 03 Sätze 8 und 9 als Kongruenzraum nicht wesentlich überschreiten (Kongruenzgebot grundzentral)“. „Eine wesentliche Überschreitung nach den Sätzen 1 – 3 ist gegeben, wenn mehr als 30 vom Hundert des Vorhabenumsatzes mit Kaufkraft von außerhalb des maßgeblichen Kongruenz- raumes erzielt würde.“ Beeinträchtigungsverbot „Ausgeglichene Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Ver- sorgung der Bevölkerung dürfen durch neue Einzelhandelsgroßprojekte nicht wesentlich be- einträchtigt werden.“ (LROP 2017, Kapitel 2.3 Nr. 08) Für Betriebe mit periodischen Kernsortimenten, d. h. sämtliche Lebensmittelmärkte und Drogeriemärkte, ist die Regelung der sog. Standorte mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung außerhalb der zent- ralen Orte zu beachten: „Abweichend von Ziffer 02 Satz 1 sowie den Ziffern 03 bis 05 sind neue Einzelhandelsgroß- projekte, deren Sortimente auf mindestens 90 vom 100 der Verkaufsfläche periodische Sor- timente sind, auch zulässig, wenn sie an Standorten errichtet werden, die im regionalen Raumordnungsprogramm als Standorte mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung festgelegt sind, sie den Anforderungen der Ziffer 07 (Abstimmungsgebot) und 08 (Beeinträchti- gungsverbot) entsprechen, sie im räumlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ortskern oder mit Wohnbe- bauung liegen und ihr jeweiliges Einzugsgebiet den zu versorgenden Bereich i. S. des Satzes 4 nicht überschreitet. Die Standorte mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung dürfen die Funktion und Leistungsfä- higkeit der Zentralen Orte nicht beeinträchtigen und sind im Benehmen mit der jeweiligen Gemeinde oder Samtgemeinde festzulegen. Sie sollen in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs eingebunden sein. Das regionale Raumordnungsprogramm muss für jeden dieser Standorte einen zu versorgenden Bereich festlegen.“ (LROP 2017, Kapitel 2.3 Nr. 10) info@gma.biz / www.gma.biz 13
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Mit großflächigen Einzelhandelsvorhaben sind i. d. R. Betriebe gemeint, welche Auswirkungen i. S. des § 11 Abs. BauNVO hervorrufen können. Diese Betriebe fasst man unter dem Begriff raumbedeutsam zusammen. Im Ge- gensatz dazu gibt es Einzelhandelsvorhaben ohne raumbedeutsame Auswirkungen. Für diese gelten die landes- bzw. regionalplanerischen Vorgaben zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels nicht. Darunter werden folgende Betriebe verstanden: Betriebe mit weniger als 800 m² Verkaufsfläche, sofern sie keine Agglomeration mit anderen Be- trieben gemäß Ziffer 02 Satz 3 bilden. Für diese Betriebe unterhalb der Schwelle der Großflächig- keit wird generalisierend ohne weiteren Nachweis angenommen, dass sie keine raumbedeutsa- men Auswirkungen haben. Keine Einzelhandelsgroßprojekte sind Betriebe zur wohnortbezogenen Nahversorgung. Sie befin- den sich auch in Siedlungsgebieten außerhalb der Zentralen Orte, sind Wohngebieten räumlich funktional direkt zugeordnet und dienen überwiegend der Versorgung im fußläufigen Nahbe- reich, auch für die in der Mobilität eingeschränkten Bevölkerungsgruppen. Zur Sicherstellung, dass keine wesentlichen Auswirkungen auf die Funktion und Leistungsfähigkeit der Zentralen Orte sowie die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO zu erwar- ten sind, sind die Voraussetzungen, unter denen ein Vorhaben als Betrieb der wohnortnahen Nahversorgung angesehen werden kann, eng zu fassen. Bei großflächigen nicht raumbedeutsamen Vorhaben müssen folgende Kriterien erfüllt sein: überwiegend fußläufiger Einzugsbereich mehr als 50 % des Vorhabenumsatzes stammt aus dem fußläufig erreichbaren Umfeld des Betrie- bes (10 Minuten-Laufdistanz) mindestens 90 % der Verkaufsfläche entfällt auf nahversorgungsrelevantes Sortiment. Damit ein großflächiger Lebensmittelmarkt mehr als die Hälfte seines Umsatzes aus einem fußläufigen Nah- bereich erzielen kann, müssen mindestens 3.000 Einwohner in diesem Nahbereich leben. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass Verbraucher nicht ausschließlich in einem Lebensmittelmarkt einkaufen, sondern i. d. R. mehrere Märkte (Supermärkte, Discounter, Getränkemärkte, kleinere Betriebe) aufsuchen. In ländlich geprägten Orten mit geringen bzw. kaum verdichteten Wohngebieten ist diese Mindesteinwohnerzahl im fußläufigen Nahbereich kaum zu erreichen. 5.2.3 Ausnahmeregelung vom Integrationsgebot Bei Supermärkten oder Lebensmitteldiscountern wird oftmals bei Erweiterungen bestehender Betriebe die Grenze der Großflächigkeit (über 800 m² Verkaufsfläche) überschritten, so dass eine Änderung des Bebau- ungsplans erforderlich wird. Somit ist insbesondere das Integrationsgebot von Bedeutung, da Supermärkte oder Lebensmitteldiscounter ein periodisches Kernsortiment (= zentrenrelevant) führen und nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig sind. Städtebaulich integrierte Lagen stehen in einem engen räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit zentralen Versorgungsbereichen im Sinne des § 2 Abs. 2 und § 9 Abs. 2a BauGB. Zentrale Versorgungsberei- che verfügen über ein vielfältiges und dichtes Angebot an Versorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen, haben einen wesentlichen fußläufigen Einzugsbereich und sind an das ÖPNV-Netz angeschlossen. Allerdings kann die sog. Ausnahmeregelung11 angewandt werden. „Die Ausnahmeregelung sollte im Interesse der Raumordnung einer flächendeckenden Ver- sorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Drogeriewaren Rechnung tragen. Verän- derte betriebliche Strukturen und veränderte Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung, die 11 vgl. Begründung Teil C zur Landes- Raumordnung, Seite 28. info@gma.biz / www.gma.biz 14
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE im erhöhten Maße ein motorisiertes Verkehrsaufkommen erwarten lassen, erschweren ge- rade in historischen Altstädten bei enger Bebauung, geringer Flächenverfügbarkeit oder an- deren ungünstigen baulichen Gegebenheiten Neuansiedlungen oder größere Erweiterun- gen. In solchen Fällen erscheint es unter raumordnerischen Gesichtspunkten verträglicher, das Vorhaben außerhalb der städtebaulich integrierten Lagen im zentralen Siedlungsbe- reich anzusiedeln. Ein räumlich-funktioneller Zusammenhang zu Wohngebieten und eine Einbindung in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs sind erforderlich.“ „Die Gründe für die Ausnahme12 müssen auf einer verbindlichen städtebaulichen Konzep- tion beruhen. Entscheidend sind folgende Aspekte: Inwiefern besteht im Zentralen Ort die Gefahr von Versorgungsdefiziten, die nicht in der Innenstadt / Ortsmitte bzw. im Rahmen der wohnortnahen Nahversorgung gedeckt werden können und welche Auswirkungen Vorhaben an den Standorten, für die die Ausnahmeregelung in Anspruch genommen werden soll, auf die städtebauliche Situation und die Ver- sorgungsstrukturen in der Innenstadt / Ortsmitte haben.“ 5.3 Regionalplanung In Visselhövede ist gemäß RROP 2020 für den Landkreis Rotenburg (Wümme) ein Grundzentrum festgelegt. In dieser Funktion soll Visselhövede für die Bevölkerung des Verflechtungsraums zentrale Einrichtungen und Angebote des allgemeinen, täglichen Grundbedarfs bereitstellen. Als zentrales Siedlungsgebiet wird die Kernstadt Visselhövede dargestellt. 6. Zentrale Versorgungsbereiche 6.1 Begriff „Zentraler Versorgungsbereich“ Der Begriff des „zentralen Versorgungsbereiches“ ist Bestandteil der planungsrechtlichen Grundlagen und in verschiedenen Schutznormen enthalten. Mit der Novellierung des Baugesetzbuches im Jahr 2004 und der Einführung des zusätzlichen Absatzes 3 in § 34 BauGB erfuhr der Begriff des zentralen Versorgungsbereiches im Baugesetz einen wesentlichen Bedeutungszuwachs13: § 11 Abs. 3 BauNVO weist großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige vergleichbare großflä- chige Handelsbetriebe, die sich u. a. „auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Stadt oder in anderen Städten nicht nur unwesentlich auswirken können“, ausdrücklich nur Kern- gebieten und speziell für diese Nutzung festgesetzten Sondergebieten zu. § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB in der seit dem 20. Juli 2004 geltenden Fassung erweitert das interkom- munale Abstimmungsgebot dahin, dass sich Städte sowohl gegenüber Planungen anderer Städte als auch gegenüber der Zulassung einzelner Einzelhandelsnutzungen auf „Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche“ berufen können. § 34 Abs. 3 BauGB knüpft die Zulässigkeit von Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich, die sonst nach § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB zuzulassen wären, zusätzlich daran, dass von ihnen „keine 12 Die verbindliche städtebauliche Konzeption muss im Rahmen eines Beteiligungs- und Abstimmungsprozesses unter Einbeziehung anderer Träger öffentlicher Belange sowie ggf. der Öffentlichkeit und der Nachbargemeinden zustande gekommen sein, z.B. einem gemeindlichen Einzelhandelskonzept, einem Stadtentwicklungskonzept oder dem Flächen- nutzungsplan. Diese Konzeption muss die Ziele und Leitvorstellungen Zentraler Orte und den Schutz vorhandener städ- tebaulich integrierter Lagen berücksichtigen. (vgl. Begründung Teil C zur Landes-Raumordnung, Seite 28.) 13 Quelle: Ulrich Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, Bonn, 2007, S. 77 f. info@gma.biz / www.gma.biz 15
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt oder in anderen Städ- ten“ zu erwarten sein dürfen. § 9 Abs. 2a BauGB ermöglicht es den Städten nunmehr, für die im Zusammenhang bebauten Ort- steile i. S. v. § 34 BauGB „zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“ mit ei- nem einfachen Bebauungsplan die Zulässigkeit bestimmter Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzung zu steuern. Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere „die Erhaltung und Entwick- lung zentraler Versorgungsbereiche“ zu berücksichtigen. Durch diese unterschiedlichen Schutznormen sind zentrale Versorgungsbereiche unter verschiedenen Aspekten geschützt. Der Begriff des zentralen Versor- gungsbereiches wurde als unbestimmter Rechtsbegriff eingeführt, sodass keine allgemein gültige Definition vorliegt. Das OVG Münster führt in einem Urteil (Beschluss vom 11.12.2006, 7 A 964/05) hierzu aus: „Zentrale Versorgungsbereiche“ sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Stadt, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleis- tungen und gastronomische Angebote - eine bestimmte Versorgungsfunktion für die Stadt zukommt. Ein „Versorgungsbereich“ setzt mithin vorhandene Nutzungen voraus, die für die Versorgung der Einwohner der Stadt - ggf. auch nur eines Teiles des Stadtgebietes - insbe- sondere mit Waren aller Art von Bedeutung sind. […]. Entscheidend ist, dass der zentrale Versorgungsbereich eine städtebaulich integrierte Einzelhandelslage dar- stellt und nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine zentrale Funktion für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich übernimmt14. In diesem Bereich ist Einzelhandel vorhanden, welcher aufgrund Qualität und Umfang einen über die eigenen Grenzen und über den unmittelbaren Nahbereich hinausgehenden Einzugsbereich hat15. Für einen zentralen Versorgungsbereich ist die Konzentration verschiedener Versorgungseinrichtungen maßgeblich, wobei der Einzelhandel durch Komplementärnutzungen (bspw. Dienstleister, Ärzte, Gastrono- mie / Hotellerie, öffentliche Einrichtungen) ergänzt wird. 6.2 Abgrenzung und Bedeutung zentraler Versorgungsbereiche Bei der Festlegung eines zentralen Versorgungsbereiches handelt es sich um eine Abwägung unterschiedli- cher Kriterien, wenngleich die städtebauliche Integration und die Versorgungsfunktion als „Muss-Kriterien“ gelten. Die Abgrenzung16 erfolgt anhand der faktischen Prägung, wobei folgende Anforderungen mindestens erfüllt sein müssen: Städtebaulich integrierte Lage: Diese ist durch die Einbettung in eine bzw. Zuordnung zu einer zusammenhängenden Wohnbebauung charakterisiert, d. h. es muss ein baulicher Zusammen- hang mit einem Wohnumfeld in mindestens zwei Himmelsrichtungen vorliegen. Fußläufige Aus- tauschbeziehungen zwischen Wohnumfeld und Einzelhandel sind Voraussetzung. Städtebauliche, natürliche oder topografische Barrieren zwischen Geschäftslage und Wohnbereichen (z. B. Auto- bahn, Flüsse, Geländesprünge) mindern die Integrationsfähigkeit einer Lage, schließen sie jedoch per se nicht aus. Entscheidend ist die fußläufige Anbindung, welche über ergänzende Hilfsmittel (z. B. Ampelanlagen, Querungshilfen) sichergestellt werden kann. Grundlage ist die Bewertung der konkreten Situation vor Ort. 14 Vgl. u. a. BVerwG Urteil 4 C 7.07 vom 11.10.2007 bzw. Urteil 4 C 2.08 vom 17.12.2009. 15 Vgl. u. a. OVG Sachsen, Bautzen, Urteil vom 13.05.2014; AZ 1 A 432 / 10, juris RN 30 ff. 16 BVerwG, Urteil vom 11.11. 2007; BVerwG, Urteil vom 17.12.2009. info@gma.biz / www.gma.biz 16
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Zusammenhängende Versorgungslage: Die vorhandenen oder geplanten Einzelhandelsbetriebe müssen in einem räumlichen und funktionalen Kontext stehen und vom Kunden als zusammen- hängende Versorgungslage wahrgenommen werden. Dies wird v. a. durch kurze Entfernungen zwischen den Geschäften und wenige Lücken, d. h. reine Wohnhäuser, wahrgenommen. Magnetbetriebe: Eine hohe Kundenfrequenz wird maßgeblich von „Magnetbetrieben“ gewähr- leistet, wozu großflächige Supermärkte, Lebensmitteldiscounter, Drogeriemärkte, Kauf- und Wa- renhäuser zählen. Auch informelle Planungen können eine Rolle spielen, sofern diese von einer Kom- mune als Arbeitsgrundlage für ihre Planungen verwendet werden17 und sich die Planungsabsichten bereits konkretisiert haben.18 In Abgrenzung zu Solitärstandorten des Einzelhandels zeichnen sich zentrale Versorgungsberei- che durch Einzelhandel und ergänzende Nutzungen (z. B. Dienstleister, Gastronomie, Kultur, Frei- zeit, öffentliche Einrichtungen) aus. Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus: Die Betriebe in einem zentralen Versorgungsbereich können einen überörtlichen Einzugsbereich abdecken oder ein lokal be- grenztes Einzugsgebiet umfassen. Ein übergemeindliches Einzugsgebiet ist nicht Voraussetzung. Auch Betriebe in einer Lage, welche auf die Nahversorgung eines örtlich begrenzten Einzugsge- bietes zugeschnitten sind, können einen zentralen Versorgungsbereich ausmachen. Der Zweck des Versorgungsbereichs besteht in diesem Fall in der Sicherung der wohnortnahen Versorgung. Ein zentraler Versorgungsbereich muss jedoch einen über seine eigenen Grenzen hinausreichen- den räumlichen Einzugsbereich haben und über den unmittelbaren Nahbereich hinauswirken. Der Idealzustand eines zentralen Versorgungsbereichs ist durch eine durchgängige, kompakte Geschäftslage gekennzeichnet. Die Längenausdehnung spielt i. S. der fußläufigen Erreichbarkeit eine entscheidende Rolle. Ein wichtiger Faktor ist außerdem die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr und eine ausrei- chende Pkw-Erreichbarkeit. 17 vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2005, 1ME172/05. 18 d. h. die Umsetzung muss in einem absehbaren zeitlichen Rahmen erfolgen, vgl. VG München, Urteil vom 07.11.2005, M8K05.1763. info@gma.biz / www.gma.biz 17
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Karte 1: Lage und zentralörtliche Struktur Legende Mittelzentrum Grundzentrum Quelle: Kartengrundlage GfK GeoMarketing, GMA-Bearbeitung 2020 18 info@gma.biz / www.gma.biz
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE II. Situationsanalyse des Einzelhandelsstandortes Visselhövede 1. Makrostandort Visselhövede Die Stadt Visselhövede ist eine Kleinstadt in der Lüneburger Heide und liegt im Süden des Landkreises Ro- tenburg (Wümme). Die Stadt gliedert sich in die dichter besiedelte Kernstadt und vierzehn dörflich geprägte Ortschaften. Die nächstgelegenen Mittelzentren sind Rotenburg (Wümme) (ca. 20 km nordwestlich), Soltau (ca. 20 km östlich), Walsrode (ca. 15 km südlich) und Verden (Aller) (ca. 25 km westlich). In den letzten 5 Jahren nahm die Einwohnerzahl in Visselhövede ab, der Landkreis Rotenburg (Wümme) konnte leicht zulegen. Im näheren Umfeld verbuchte v. a. Bad Fallingbostel einen hohen Einwohnergewinn. Tabelle 3: Einwohnerveränderung von Visselhövede im Vergleich Daten Einwohner (31.03.) Veränderung 15 / 20 2015 2020 abs. in % Bremervörde 18.652 18.554 -98 -0,5 Gnarrenburg 9.129 9.189 60 0,7 Rotenburg (Wümme) 21.085 21.988 903 4,3 Scheeßel 12.936 12.974 38 0,3 Visselhövede 9.925 9.597 -328 -3,3 SG Bothel 8.163 8.233 70 0,9 SG Fintel 7.365 7.611 246 3,3 SG Geestequelle 6.444 6.325 -119 -1,8 SG Selsingen 9.540 9.546 6 0,1 SG Sittensen 10.865 11.256 391 3,6 SG Sottrum 14.393 14.834 441 3,1 SG Tarmstedt 10.721 10.833 112 1,0 SG Zeven 22.599 23.014 415 1,8 LK Rotenburg 161.817 163.954 2.137 1,3 Walsrode mit Bomlitz 30.255 30.070 -185 -0,6 Bad Fallingbostel 10.831 12.131 1.300 12,0 Soltau 21.273 21.280 7 0,0 Niedersachsen 7.836.863 7.995.456 158.593 2,0 Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen Mit über 5.100 Einwohnern entfällt der Schwerpunkt auf die Kernstadt Visselhövede. Zu den größeren der 15 Ortsteile zählen Jeddingen (ca. 1.000 EW), Wittorf (ca. 900 EW) sowie Hiddingen, Nindorf und Schwit- schen (jeweils ca. 500 EW). Differenziert nach Ortsteilen zeigen sich innerhalb der letzten 5 Jahre leichte Zuwächse u.a. in Buchholz, Dreeßel, Lüdingen und Ottingen. Ansonsten sind nur geringe Veränderungen bzw. Einwohnerrückgänge zu verzeichnen19. 19 Angaben der Stadtverwaltung. info@gma.biz / www.gma.biz 19
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Tabelle 4: Einwohnerveränderung von Visselhövede nach Ortschaften Daten Einwohner (31.03.) Veränderung 15 / 20 2015 2020 abs. in% Bleckwedel 125 119 -6 -4,8 Buchholz 218 231 13 6,0 Dreeßel 60 67 7 11,7 Drögenbostel 119 118 -1 -0,8 Hiddingen 531 523 -8 -1,5 Jeddingen 958 967 9 0,9 Kettenburg 260 254 -6 -2,3 Lüdingen 68 73 5 7,4 Nindorf 548 496 -52 -9,5 Ottingen 291 298 7 2,4 Rosebruch 124 122 -2 -1,6 Schwitschen 505 482 -23 -4,6 Visselhövede 5.232 5.133 -99 -1,9 Wehnsen 95 88 -7 -7,4 Wittorf 958 939 -19 -2,0 Summe 10.092 9.910 -182 -1,8 Quelle: Stadtverwaltung Visselhövede Der Bevölkerungsrückgang in Visselhövede resultierte v.a. aus der natürlichen Bevölkerungsbilanz, mehr Sterbefälle als Geburten. Zwischen 2015 und 2019 waren 418 Geburten zu verzeichnen, denen 672 Sterbe- fälle gegenüberstanden (Saldo: - 254 Personen). Abbildung 3: Natürliche Bevölkerungsbilanz 2015 – 2019 der Stadt Visselhövede Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen, GMA-Darstellung 2020 Im Vergleichszeitraum zogen 3.862 Personen nach Visselhövede, während 3.969 Personen fortzogen (Saldo: - 107 Personen). Einen Sondereffekt gab es in 2015 / 2016 durch die Eröffnung und Schließung einer Flücht- lingsunterkunft auf einem ehemaligen Kasernengelände. info@gma.biz / www.gma.biz 20
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE Abbildung 4: Zu- und Fortzüge in der Stadt Visselhövede 2015 – 2019 Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen, GMA-Darstellung 2020 In 2019 waren in Visselhövede 2.654 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (ohne Freiberufler und Be- amte) am Arbeitsort registriert. In Relation zur Einwohnerzahl liegt in Visselhövede ein Besatz von 275 Be- schäftigten / 1.000 Einwohner vor. Dieser Wert liegt unter dem des Landkreises Rotenburg (Wümme) sowie des Landes und ist auf die sehr hohe Arbeitsplatzdichte in der Kreisstadt zurückzuführen. Auffällig ist, dass von 2016 – 2019 die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort um ca. 8 % zurückging, während die Zahl der Beschäftigten am Wohnort um über 5 % gestiegen ist. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Arbeitslosen um 13 %, was in der Summe auf veränderte Strukturen am Arbeitsmarkt und einen Anstieg der Beschäftigten in Visselhövede hinweist. Den 1.333 Einpendlern nach Visselhövede standen 2.570 Auspendler gegenüber, woraus sich ein negativer Pendlersaldo von – 1.237 Personen ableitet. Auspendler orientieren sich v. a. auf die Mittelzentren Roten- burg (Wümme) und Walsrode. Tabelle 5: Beschäftigtenbesatz im Vergleich Beschäftigte Beschäftigte / Einwohner Einpendler Auspendler Saldo Arbeitsort 1.000 EW Rotenburg (Wümme) 13.787 21.936 629 8.644 4.116 4.528 Scheeßel 3.386 12.980 261 1.909 3.938 -2.029 Visselhövede 2.654 9.644 275 1.333 2.570 -1.237 Bothel 497 2.386 208 351 910 -559 Fintel 466 2.868 162 290 955 -665 Sottrum 2.312 6.548 353 1.836 2.102 -266 LK Rotenburg 56.980 163.843 348 14.232 25.153 -10.921 Bomlitz 2.517 7.026 358 1.728 2.044 -316 Bad Fallingbostel 4.347 11.923 365 2.850 3.222 -372 Soltau 12.777 21.375 598 7.703 3.402 4.301 Walsrode 8.604 23.098 372 4.655 5.359 -704 Niedersachsen 3.007.560 7.997462 376 301.897 440.369 -138.472 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand: 30.06.2019, GMA-Darstellung 2020 Der Tourismus spielt in der Lüneburger Heide zwar eine wichtige Rolle, die Zahl der Gästeankünfte und Über- nachtungen ist jedoch in den vergangenen Jahren in Visselhövede kontinuierlich rückläufig. Im Jahr 2019 info@gma.biz / www.gma.biz 21
EINZELHANDELSKONZEPT FÜR DIE STADT VISSELHÖVEDE wurden in Visselhövede in Beherbergungsbetrieben20 17.190 Gästeankünfte und 33.462 Übernachtungen registriert, was gegenüber 2015 (18.172 Gästeankünfte, 37.475 Übernachtungen) einen Rückgang um 10 % bei den Übernachtungen und um 5 % bei den Gästeankünften bedeutet. Der Heidekreis konnte deutlich hinzugewinnen, im Landkreis Rotenburg (Wümme) waren die Übernachtungszahlen hingegen spürbar rück- läufig. Gegenüber 2014 (22.543 Gästeankünfte, 45.665 Übernachtungen) und den Vorjahren fällt der Rück- gang noch deutlicher aus. Die Aufenthaltsdauer in Visselhövede liegt bei 1,9 Tagen, was unter dem Wert für den Landkreis Rotenburg (2,5 Tage) und dem Landesdurchschnitt (3,0 Tage) liegt21. Tabelle 6: Übernachtungszahlen im Vergleich Daten Übernachtungen Veränderung 15 / 19 2015 2019 abs. in % Visselhövede 37.475 33.462 -4.013 -10,7 LK Heidekreis 2.596.753 2.993.565 +396.812 +15,3 LK Rotenburg (Wümme) 583.178 517.086 -66.092 -11,3 Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen, GMA-Darstellung 2020 In der Region spielt der Tages- bzw. Ausflugstourismus (u. a. Heide Park Soltau, Weltvogelpark Walsrode, Serengeti Park Hodenhagen, Snow Dome Bispingen) eine große Rolle, hiervon profitieren jedoch in erster Linie die Hotels im Heidekreis. Für die Hotellerie in Visselhövede sind hingegen Tagungshotels prägend, die sich v.a. an Geschäftsreisende richten. Allein die Betriebe der Hotellerie Peschek machen mit 26.930 Über- nachtungen in 2019 (Betreiberangabe) ca. 80 % der Übernachtungen aus. Insgesamt waren hier 52.907 Ta- gungsteilnehmertage zu verzeichnen. Tagestouristen dürfen nach den Vorgaben der Landes-Raumordnung nicht dem Kaufkraftpotenzial eines Kongruenzraumes zugerechnet werden, Übernachtungsgäste hingegen schon22. Bei 33.462 Übernachtungs- gästen ergeben sich rechnerisch 92 zusätzliche Einwohner pro Jahr, hierdurch erhöht sich das Kaufkraftvo- lumen für die Stadt Visselhövede um ca. 0,6 Mio. €, davon ca. 0,3 Mio. € im periodischen Bedarf. 2. Einzelhandelssituation 2.1 Aktueller Einzelhandelsbestand Zum Zeitpunkt der Erhebung waren in Visselhövede 46 Betriebe23 mit einer Verkaufsfläche von ca. 14.000 m² vorhanden. Der Schwerpunkt entfällt auf Betriebe mit periodischen Kernsortimenten (Nahrungs- und Ge- nussmittel, Drogeriewaren, pharmazeutische Artikel, Schnittblumen, Tiernahrung, Zeitungen / Zeitschriften), aber auch Bekleidung, Schuhe und Bau-, Heimwerker-, Gartenbedarf sind vertreten. Insgesamt sind in Vis- selhövede nahezu alle Branchen vorhanden, wobei es auch sog. „Platzhirsche“ (u.a. Modehaus Fedderken und Bettenfachgeschäft Röhrs) gibt, die ein über Visselhövede hinausgehendes Einzugsgebiet ansprechen und die für ein Grundzentrum eher untypisch sind. 20 Geöffnete Beherbergungsbetriebe mit mindestens 10 Betten und geöffnete Campinglätze mit mindestens 10 Stell- plätzen 21 Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen, Stand 31.12.2018 22 Die jeweiligen Übernachtungszahlen werden auf das Jahr umgerechnet (Übernachtungen / 365). Quelle: Arbeitshilfe zum Abschnitt 2.3 „Entwicklung der Versorgungsstrukturen des Einzelhandels“ des LROP, S. 22 23 Bei Einzelhandelsbetrieben mit diversen Sortimenten wird zwischen Kernsortiment und Randsortimenten unterschie- den. Supermärkte und Lebensmitteldiscounter werden dem Kernsortiment periodischer Bedarf zugeordnet und die Umsätze der einzelnen Randsortimente (u.a. Bekleidung, Haushaltswaren) dem jeweiligen Sortiment zugerechnet. info@gma.biz / www.gma.biz 22
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