Buchreport - Was der Handel tun kann - Libri GmbH
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Exklusives Themen-Dossier für Libri-Kunden buchreport Wissen. Verstehen. Handeln Sorgenthema Frequenz Was der Handel tun kann Prof. Christ: Frequenzrückgang als Chance ▪ KundeneventThementouren ▪ Was Kunden wirklich wollen
buchreport.sortiment: Frequenz PRAXISTIPP Buchhandlung Transfer aus Dortmund bietet Thementouren an Der Stadtteil als Schauplatz Sagen, Legenden und historische Ereignis- ■ Alle 2 Monate steht eine Tour auf dem Transfer: se haben dann einen besonderen Reiz, Programm, die von Schäder oder Kienast Seit einigen Monaten wenn sich ihre Schauplätze direkt vor der konzipiert und zu Fuß oder per Rad durch- bietet die Buchhand- eigenen Haustür befinden. Die Buchhand- geführt wird. lung Transfer in Dort- lung Transfer im Dortmunder Stadtteil ■ Zum weiteren Austausch stehen nach mund-Hörde Themen- Hörde hat das in der neuen Veranstal- der Tour Kaffee, Tee und Getränke in der touren an. Zuletzt führ- tungsreihe „transfer.touren“ aufgegriffen. Buchhandlung bereit. te Journalist Wolfgang Journalist Wolfgang Kienast führt in einer ■ Auf einem Büchertisch präsentieren die Kienast (rechts) zu sa- knapp dreistündigen Radtour unter dem Buchhändler passende Titel. genumwobenen Orten Motto „Hörde und die Welt der Sagen“ zu ■ Geworben wird mit Plakaten im Laden, in Hörde. Transfer-Inha- legendenumwobenen Orten. Aber auch die in der Stadt, Stadt- und Landesbibliothek ber Jochen Grieving und Tour „Hörde zur Zeit der Ruhrbesetzung und VHS sowie über Flyer und Webseite; Birgit Lange-Grieving 1923“ mit Historiker Kai Schäder und die wichtigster Kanal ist der direkte Kunden- haben das Konzept fest Kräuterführung „Hörde und das essbare kontakt. ins Veranstaltungspro- Grün“ stehen seit Herbst 2017 regelmäßig ■ Bis zu 15 Personen können nach Anmel- gramm genommen und im Programm. dung teilnehmen, ein Ticket kostet 24 denken über weitere Bei ihren Kunden war Transfer-Inhabe- Euro. Thementouren nach. rin Birgit Lange-Grieving immer wieder Die Touren kommen gut an, sagt Birgit auf großes Interesse an Regionalia und Lo- Lange-Grieving. Im Schnitt sind 10 Perso- kalgeschichte gestoßen. Allein in Hörde nen pro Tour dabei; das Feedback war bis- gibt es zwei aktive Geschichtskreise. Die her sehr positiv. Buchhandlung führt daher ein breites Sor- Das Fazit für die Buchhandlung: timent an Regionalia und hat mit dem ■ Die Buchhändler, die sich als „Inhalts- hauseigenen Transfer-Verlag vor 3 Jahren dienstleister“ verstehen, machen auf die die Stadtgeschichte „675 Jahre Hörde – Pio- Themenvielfalt im Sortiment aufmerksam. niergeist im Dortmunder Süden“ herausge- ■ Die Touren intensivieren den Austausch bracht. Gemeinsam mit deren Verfasser mit den Kunden. Foto: transfer Kai Schäder haben die Buchhändler das ■ Das Konzept spricht stadtweit neue Kun- Erschienen im Konzept für die Thementouren entwickelt: denkreise an. buchreport.express 25/2018
buchreport.sortiment: Frequenz HANDEL Die Kundenfrequenz geht zurück, der Einzelhandel ist alarmiert. Im buchreport-Interview rät der Stadtplaner Wolfgang Christ, die Veränderung als radikalen Umbruch zu begreifen und den Innenstadthandel neu zu denken. »Wer in die Stadt geht, will Urbanität erleben« Prognosen für den stationären Einzelhan- Für den Stadtplaner Wolfgang Christ (66) del sind nicht freundlich: Mit dem dynami- sind das nur kurzfristige Anpassungen, die schen Wachstum des Online-Handels wer- auch nur dem Augenblick genügen. Er ap- den viele Läden sterben, allein 50.000 bis pelliert, nicht zuzuschauen, wie nach und 2020, heißt es seit Längerem. So beobach- nach die Einkaufslandschaft in der Innen- ten viele Händler aufmerksam ihre Seis- stadt erodiert, sondern die Entwicklung mografen: Kundenfrequenz, Umsätze, die vom Ende her zu denken: Was digitalisiert Leerstände in der Nachbarschaft. Es wird werden kann, wird digitalisiert. Nur wenn geschaut, was der eigene Online-Shop leis- der Handel die Radikalität der Veränderun- tet, ob Multichannel wirklich funktionie- gen begreife, könne er wirklich neue An- ren kann und wie man auf kurzen Wegen, sätze angehen und die innerstädtische mit Tempo und Service von Amazon mit- Handelskultur aktiv mitgestalten. Christ halten kann. Und man setzt sich auch im im buchreport-Interview: „Nicht klagen, Buchhandel bei Gelegenheit kleiner und dass alles so schlimm ist, weil etwas zu En- investiert in die Aufenthaltsqualität. de geht. Denn so toll war das doch nicht.“ W as ist dran an der einfachen Kau- Er unternimmt gerade den Versuch, On- Wolfgang salität: Online-Shopping wächst line- und stationären Handel so gut wie Christ zulasten des Stationären? möglich zu verbinden, Multichannel, Click ist Architekt und Stadt- Der Online-Handel trifft auf eine Handels- & Collect und solche Dinge. Das sind in planer. Er arbeitet seit wirtschaft, die seit der Jahrtausendwende meinen Augen aber nur Reaktionen und 1980 u.a. am Thema Stadtentwicklung und im Grunde stagniert. Deshalb entwickelt Übergangsphänomene. Es löst nicht das Handel. Christ ist Ge- sich jedes Handelsformat, das wächst, auf strukturelle Defizit. schäftsführer des von Kosten anderer Formate. In der Vergan- Der Handel muss jetzt zuallererst die ihm 2008 gegründeten genheit haben Discounter, Fachmarktzen- Radikalität der Veränderungen begreifen, Urban INDEX Instituts (Darmstadt), einer Be- tren und Shopping-Center ihren Anteil am um dann neue Ansätze zu finden. Die wer- ratungsgesellschaft zur Handelskuchen vergrößert zulasten der ei- den anders aussehen als heutige Läden, Entwicklung von Stadt- gentümergeführten Läden, des Fachhan- Fußgängerzonen und Einkaufscenter. qualität auf der Grund- dels und der Warenhäuser. Das kann man Was sind die radikalen Wahrheiten? lage einer indikatoren- basierten Planung. als evolutionären Prozess verstehen. Das Es sind vor allem zwei Dinge: Das Ein- Prof. Christ lehrte von Neue ist: Jetzt ist das gesamte Einzelhan- kaufsverhalten und die Einkaufskultur ver- 1994 bis 2013 an der delsmilieu von einer Entwicklung betrof- ändern sich: Das ist das, was der klassische Bauhaus-Universität fen, die nicht aus dem Handel selbst Einzelhandel jetzt in Form von Frequenz- Weimar Entwerfen und kommt, sondern von Unternehmen, die ei- und Umsatzrückgängen beobachtet und Städtebau. 2015 war er Initiator und Mitgrün- nen ganz anderen technologischen Hinter- was absehbar die bisherigen Einkaufs- der des ersten deut- grund haben und völlig neue Strukturen strukturen in Frage stellt. Foto: www.derPirat.com schen universitären fürs Shopping aufbauen. Das ist nicht Das noch Grundsätzlichere ist, dass sich Wissensnetzwerks für mehr die Handel-ist-Wandel-Evolution. der Einzelhandel in der Vergangenheit nicht Stadt und Handel (wissensnetzwerk-stadt Wie kann der klassische Einzelhandel rea- ernsthaft bemüht hat, aus seinem gewohn- -handel.de). gieren? ten Rahmen auszubrechen. Wir müssen
buchreport.sortiment: Frequenz auch verstehen, dass Amazon & Co. neue ping-Center gewisse rituelle Züge hat, all Geschäftsfelder mit dem Handel in Verbin- das verschwindet zugunsten banalisierter dung bringen, die der Handel selbst nie für Infrastrukturen. sich reklamiert hat: mit Kommunikation, Das Ende des Shoppens? mit Unterhaltung, mit Film und Fernsehen, Zumindest verbinden wir Einkaufen nicht mit der Musikindustrie. Die Grenzen zwi- mehr mit dem gesellschaftlichen und kul- schen Handel, Unterhaltung, Einkaufen, turellen Status, den es bislang hatte. Damit Verkaufen, Produktion und Distribution lö- verliert die Innenstadt, die ja komplett auf sen sich auf. diese ritualisierte Handelskultur ausge- richtet war, ihre Bedeutung und ihre Rolle. »Waren fließen heute wie Wasser aus In der Verbindung von Stadt und Handel handelt es sich unter dem Paradigma des dem Hahn direkt in die Wohnung. Die Online-Handels nicht um eine Weiterent- wicklung, sondern um einen radikalen Kultur des Einkaufens verschwindet.« Kulturbruch, und die Lösung dieses Pro- blems verlangt völlig neue Planungsansät- Zum ersten Aspekt: Wie entwickelt sich das ze, verlangt vor allem eine neue Kommuni- Gefüge aus Stationär- und Online-Handel? kationskultur. Wir müssen das auch zu ei- Der Online-Handel besticht durch Effi- nem politisch bedeutenden Thema ma- zienz und betrifft den gesamten Versor- chen, denn mit dem potenziellen Ver- gungseinzelhandel. All das, was wir zum schwinden des Handels aus der Mitte der täglichen Bedarf brauchen, ist potenziell Stadt droht die Mitte der Gesellschaft verlo- onlinefähig. Das sieht man aktuell an der ren zu gehen. Entwicklung des Lebensmitteleinzelhan- Was heißt das für die Entwicklung der Städte? dels. Noch vor Kurzem wurde bestritten, Der Handel ist heute die tragende Funkti- dass eine Online-Lieferung von Lebensmit- on der Innenstadt. Das lässt sich als Pro- teln in Deutschland überhaupt eine Chan- dukt der Moderne verstehen: Wir haben ce hätte. Jetzt sieht man, dass dieses neue unsere Innenstädte nach dem Krieg umge- Format vor allem in den Metropolen zu baut zugunsten von Fußgängerzonen und boomen beginnt. Alles, was standardisiert des großflächigen Einzelhandels. Das war werden kann, wird automatisiert und kann eine Gegenbewegung zur grünen Wiese, über eine technologisch hoch entwickelte weil der Handel ja schon sehr bald, nach- Logistik verteilt werden. dem viele Menschen ein Auto ihr Eigen nennen konnten, in die Peripherie dräng- te. Das heißt: Die Innenstadt ist entwickelt »Mit dem potenziellen Verschwinden worden als Pendant zu einer immer weite- ren Sub-Urbanisierung. Wir kennen das des Handels aus der Mitte alle: In der Regel hat man versucht, einen der Stadt droht auch die Mitte der Cityring anzulegen, hat Parkhäuser ge- baut. Das hat dazu geführt, dass wir in den Gesellschaft verloren zu gehen.« Innenstädten eine Homogenisierung der traditionellen urbanen Vielfalt erlebt ha- ben zugunsten des Handels, die uns heute Es ist vergleichbar mit dem Wasseran- problematisch erscheint. schluss, der im 19. Jahrhundert in die Häu- Die Etablierung von Fußgängerzonen ser kam: Waren fließen heute wie Wasser hat dazu geführt, dass sich in den Kernen aus dem Hahn direkt in die Wohnung. Ein- unserer Innenstädte im Grunde nichts kaufen ist etwas Alltägliches, etwas gerade- weiter als Einzelhandel angesiedelt hat zu Beiläufiges geworden. Man muss nicht und ansiedeln konnte. Wohnen, Gewerbe, mehr selbst zur Ware gehen, mit all den Handwerk hat als Funktion die Innenstadt damit verbundenen Konventionen. Früher verlassen. Wir haben in den Stadtzentren hat man sich sogar noch besonders geklei- so etwas wie potemkinsche Dörfer des det, wenn man „in die Stadt“ ging. Die Kul- Handels errichtet. Hier kommen jetzt tur des Einkaufens, die mit dem Marktbe- städtebauliche und handelsstrukturelle such in der mittelalterlichen Stadt begann Tendenzen der Anonymisierung und der und bis heute mit der Fahrt zum Shop- Standardisierung zusammen und ergeben
buchreport.sortiment: Frequenz heute eine kritische Masse, mit der wir uns denkt, gibt es nur eine Option: sich so weit Suche nach einer auseinandersetzen müssen. wie möglich auf das zu konzentrieren, was neuen Handelskultur: Das Modell „Alles unter einem Dach“, nicht digitalisierbar, nicht automatisierbar, Die vom Delikatessen- das die Warenhäuser im 19. Jahrhundert nicht standardisierbar ist. Das ist struktu- markt Eataly bespielte eingeführt haben, ist übertragen worden rell die einzige Strategie, dem Schicksal Schrannenhalle in auf die Stadtmitte als Ganzes. Heute aber des kompletten Funktions- und Bedeu- München bietet eine ist das Internet das Dach, unter dem eine tungsverlustes zu entgehen. Wir sehen in Mischung aus Gastro- unendliche Vielfalt und Menge an Waren den Innenstädten bereits, dass eine ganze nomie, Lebensmittel, zugänglich ist, und insofern sind die In- Reihe von Entwicklungen in diese Rich- Buchhandel und Event- nenstädte, die einen Ausdruck von Aus- tung gehen, und zwar eher, wenn man sich plattform. tauschbarkeit widerspiegeln, in einer zu- nicht in der 1a-Lage bewegt, sondern in nehmend schwierigen Situation. den Seitenstraßen. Da findet man Läden, Wir reden über Immobilien und eine wie die nicht eindeutig zuzuordnen sind. Das auch immer gewachsene Stadt-Hardware. sind nicht nur Kauforte, da wird auch et- Wie lässt sich das umbauen? was hergestellt, da wird repariert, das sind Die Städte, die ihre Kernlagen nahezu Schauräume, das sind Orte, die zum Ver- 100% homogenisiert haben, werden mehr weilen einladen. Es entstehen Mischfor- Probleme haben als jene Städte, die sehr men zwischen privatem und öffentlichem viel sensibler, im wörtlichen Sinne konser- Raum, zwischen Handwerk und Handel, vativer mit dieser Entwicklung umgegan- zwischen Hightech und Kunst und nicht gen sind. zuletzt zwischen Wohnen und Arbeiten. Wir haben uns daran gewöhnt, dass der Dies sind Ansätze, die in meinen Augen Handel in der Stadt funktioniert. Vermie- Hoffnung machen, dass die Innenstadt ter, Eigentümer waren nicht besonders ge- auch mithilfe einer neuen Handelskultur fordert, ihre Immobilien immer auf den auch im Zeitalter der Digitalisierung Mitte neuesten Stand zu bringen, weil Mieten sein könnte. Im Kern wird es darum ge- wie durch ein Naturgesetz jedes Jahr stie- hen, Menschen anzuziehen, die andere gen. Aber wir haben jetzt einen Paradig- Menschen treffen wollen. Die Innenstadt menwechsel zu gewärtigen. Man muss der Zukunft ist mehr Platz als Markt. In heute zuallererst eine neue Form der Zu- den USA ist hierfür der Begriff des ‚Place- sammenarbeit einüben. Ohne Kooperation making‘ geprägt worden. Das zeigt, wohin zwischen allen Akteuren wird man die He- rausforderung, die durch den Online-Han- »Die Option: sich auf das konzentrieren, del auf die Stadt zukommt, nicht bewälti- gen. was nicht digitalisierbar ist.« Was kann der Handel selbst tun? Was bleibt noch übrig, wenn alles über den Online- die Reise gehen sollte: Der Mensch ist ja „Wasserhahn“ ins Haus f ließt? ein soziales Wesen und ein Leben im Inter- Das Szenario lautet: Alles, was rationali- net ist nicht möglich. Wir brauchen, je siert werden kann, wird rationalisiert. Alles mehr wir im Internet unterwegs sind, ana- Foto: Eataly was digitalisiert werden kann, wird digitali- loge Knoten in diesem digitalen Netz, an siert. Wenn man von dieser Basis aus denen wir uns gegenseitig versichern, dass
buchreport.sortiment: Frequenz wir sozial verbunden sind, dass wir uns zu gehen. Was nicht heißt, dass der Han- mit unseren Emotionen nicht nur im virtu- del von dieser Entwicklung ökonomisch ellen, sondern auch im realen Raum an- nicht profitieren könnte. Im Gegenteil: sprechen können. Wer in die Stadt geht, will Urbanität erle- Aber im Internet ist das Geschäft ... ben. Meine These ist: Nur eine Handels- In dem von mir beschriebenen Milieu strategie, die an diesem Erlebnis andockt müsste der stationäre Handel seine exklu- und es zusätzlich bereichert, wird mittel- sive Aufgabe suchen, die dann über den fristig der Kannibalisierung durch den On- derzeitigen Versorgungshandel weit hi- line-Markt entgehen. nausgehen würde. Lässt sich das in dem Rahmen, den unsere Städte aktuell bilden, überhaupt umsetzen? »Was eine persönliche Handschrift Die Anforderungen, die ich hier formulie- re, sind nicht einfach umzusetzen. Das trägt, hat sichtbar Erfolg.« liegt an der städtebaulichen und architek- tonischen Struktur der Innenstädte. In vie- Wenn die Stärke des Online-Handels die ef- len Fällen ist die klassische kleinteilige, f iziente Versorgung und die Bedarfsde- feinkörnige Parzellenstruktur verschwun- ckung ist, bleibt die Bedarfsweckung fürs den und durch große Einheiten abgelöst Stationäre? worden, zunächst durch Warenhäuser und Wenn wir von Bedarfsdeckung sprechen, in den vergangenen 20 Jahren durch die dann geht es wie gesagt schon heute um Shopping-Center und Fachmärkte. Es ist mehr als nur um die Dinge des alltäglichen aber nicht nur eine Frage der Immobilien, Bedarfs eines Haushalts. Die spielen für sondern vor allem eine Frage der Mentali- den Erfolg einer Innenstadt künftig eine tät und der Bereitschaft, diesen Herausfor- immer geringere Rolle. Was dagegen in derungen unvoreingenommen gegenüber- den Vordergrund treten muss, ist das An- zutreten. Wir brauchen ein neues Denken. gebot an realen sozialen Netzwerken, also Für uns Stadtplaner heißt es, zu akzeptie- Freunde wirklich zu treffen, Teil einer Sze- ren, dass die alten planerischen Methoden, ne, einer Gruppe zu sein, Gemeinschaft zu die ja im Wesentlichen auf der Abgren- finden, sich emotional wohlzufühlen. zung von Funktionen abzielen, abgelöst Wenn wir uns heute schon in diesem Sin- werden durch ein Denken, das Kooperati- ne erfolgreiche Innenstädte anschauen, on anstrebt, das Komplexität nicht ent- dann fällt mir als Erstes auf, dass immer flechten, sondern Komplexität aufbauen mehr Menschen auch und gerade im Win- will, damit sich Synergien für Stadt und ter bereit sind, sich im Straßenraum auf- Handel entfalten können. Wir müssen da- zuhalten. Der öffentliche Raum wird zum zu einen neuen Blick auf die Innenstadt eigentlichen Anker des Handels! Die Au- werfen, uns den Immobilienbestand an- ßengastronomie boomt, es eröffnen über- hand urbaner Indikatoren wie dem „Urban all Cafés, oft mit eigener Rösterei. Alles INDEX“ anschauen. Wir müssen wissen, was von Hand gemacht ist, eine persönli- welche Umnutzungschancen in diesem Stichwort che Handschrift trägt und ein lebendiges Bestand stecken und welche Qualitäten, Miteinander von innen und außen, von al- zum Beispiel im Hinblick auf eine neue Urban INDEX ter Stadt, neuem Handel und neuer Verbindung von Wohnen und Arbeiten, Der Urban INDEX Dienstleistung generiert, hat sichtbar Er- von Handwerk und Handel und eine neue macht Stadtqualität messbar. Die Analyse folg. Wir finden zahlreiche Indikatoren für Verbindung von Handel und Gastronomie und Bewertung einer eine neue soziale und wirtschaftliche In- zukünftig gebraucht werden. Lage geschieht mit Hil- frastruktur, die in der Stadt entsteht. Es ist Mit welcher konkreten Perspektive? fe von analogen Stand- nicht mehr das Warenhaus, das uns in die Mit dieser kritischen Bestandsaufnahme ort-Indikatoren. So zeigen z.B. „Vitalität“, Stadt zieht, oder das Shopping-Center, lassen sich Strategien und Perspektiven „Puls“, oder „Terroir“ oder Schnäppchen aller Art, sondern es entwickeln, die so attraktiv sind, dass an, wie lebendig ein sind diese Orte. Sie versprechen einen kul- Stadtplanung, Politik, Immobilieneigentü- Straßenraum ist, wie turellen und kreativen Mehrwert. Unter mer, Einzelhändler, Dienstleister, Gastro- vielfältig ein Quartier genutzt wird und wie möglichst interessanten Menschen zu sein nomen, Wohnungswirtschaft und die Zi- lokale Identität einen und die Erfahrungen, die wir dabei zu ma- vilgesellschaft partnerschaftlich zusam- Ort prägt. chen hoffen, ist das, was uns motiviert, das menkommen. Und nicht zunächst das Ei- Haus zu verlassen und in eine Stadtmitte geninteresse im Vordergrund steht, son-
buchreport.sortiment: Frequenz dern die Entwicklung als Ganzes gorithmen und Hochtechnologie in den Blick genommen wird. So logistisch ersetzt werden kann. etwas existiert noch nicht in ange- Solche Umbruchsituationen gab messener Weise in den Köpfen der es auch schon zuvor, aber die, die Vertreter der gerade genannten wir heute haben, betrifft die Ge- Gruppen. winner der vergangenen Jahre, die Klingt nach einer großen Heraus- Shopping-Center, die Filialisten, forderung. Es gibt ja ein Handels- die Fachmärkte. Daran können format, in der das konzertierte Ar- sich viele noch nicht gewöhnen. beiten dirigiert wird: Sind Shop- Was nun die Erfahrung, das Ma- ping-Center potenzielle Gewinner? nagement und die strategischen Ich glaube, dass Shopping-Center Kompetenzen der Großformen ein überholtes Handelsformat dar- des Handels angeht, ist es nicht stellen, weil sie ganz konzentriert weit her im Vergleich zu den ame- den Charakter der Masseneinzel- rikanischen Firmen des Silicon handelsstruktur widerspiegeln. Es Valley, die das tradierte Geschäft sind nach innen gerichtete Häu- des deutschen Einzelhandels aus ser, die den Großteil ihrer Fläche den Angeln heben. Diese Firmen für Anbieter bereitstellen, deren zeichnen sich vor allem auch da- Waren sie auch online vertreiben durch aus, dass sie Milliarden in und die von neuen Playern aus Forschung und Entwicklung in- dem Online-Bereich herausgefor- vestieren. Der deutsche Einzel- dert werden. Die sind in der Lage, handel macht zwar etwa 400 Mrd das Geschäft mit Massenproduk- Euro Umsatz, aber die For- ten wie Schuhen, Elektronik usw. schungs- und Entwicklungsbud- sehr viel effizienter, für den Kun- gets der Handelsfirmen ergeben den bequemer und sogar preis- zusammengenommen gerade mal günstiger anzubieten, als das die einen zweistelligen Millionenbe- Läden im Shopping-Center kön- trag. Wir sind leider nicht darauf nen. Aber tatsächlich ist es immer vorbereitet in Deutschland und noch der wichtigste Vorteil von Europa, was die Wissens- und In- Shopping-Centern, dass sie alles formationsgesellschaft von uns er- aus einer Hand planen,entwickeln wartet und versagen im Bereich und betreiben können. Man hat des Handels auch, was die neuen den Erfolg des Ganzen im Blick Chancen angeht. und generiert dadurch Synergie- Ihre Analyse muss jeden Händler, effekte für die Einzelnen. Sie ha- ob groß oder klein, deprimieren: ben so einen großen strategischen Wie soll der Turnaround gelingen? Vorsprung vor den Städten, weil Es gibt keinen Grund, depressiv sie die Erfahrung der Steuerung zu werden. Wir erleben im Mo- komplexer Prozesse haben. Sie ment nichts anderes als die Grün- können Entwicklungen steuern derzeit einer neuen Gesellschaft, und lernen viel von anderen einer neuen Kultur unter dem Pa- Standorten und Konzepten. Das radigma der Digitalisierung. Das machen sie auch gut. Andererseits sollte eigentlich alle motivieren, bleibt es aber das Geschäftsmo- Neues anzugehen, Experimente dell, Läden unter einer Plattform zu wagen, also nicht klagen, dass zu arrangieren, die immer weni- alles so schlimm ist, weil etwas zu ger gebraucht wird. Ende geht. Denn so toll war das Zentrales Management und über- doch nicht. greifende Erfahrungen haben auch Die Innenstädte, die für den die den Einzelhandel dominieren- Handel optimiert wurden, haben den Filialisten: Sind sie Gewinner andererseits auch fast alles verlo- oder Verlierer? ren, was sie als Stadt lebenswert Verlieren werden tendenziell alle, gemacht hat: die Homogenisie- deren Geschäftsmodell durch Al- rung auf Kosten der Urbanität. Die
buchreport.sortiment: Frequenz »Gründerzeit bedeutet, dass auch stadt. Eine andere Möglichkeit, die sich ab- zeichnet, sind Co-Working-Spaces, Orte, an lieb gewonnene Dinge gehen.« denen man temporär allein oder mit ande- ren zusammenarbeiten kann. Die urbane Digitalisierung ist umgekehrt ja im Grun- Lage besitzt ja die Qualität der guten Er- de genommen die ideale Technologie für reichbarkeit, der sozialen und technischen eine kleinteilige, individualisierte, persona- Infrastruktur. Auch der Handel selbst hätte lisierte Kultur des Handels, aber auch des in diesem System eine Chance. Die Ver- Handwerks und anderer Funktionen. Man bindung mit Handwerk, Fertigung, Repa- muss natürlich sehen, dass dieser Um- ratur mit personalisierter Anpassung von bruch nicht zu dramatischen Verwerfun- Produkten an individuelle Wünsche mit ei- gen führt, sprich: Leerstand, das Abbre- ner je besonderen Aufenthaltsqualität. Ich chen der Handelstraditionen in den Städ- sehe eine Innenstadt vor mir, die weiterhin ten, was in der Tat droht. Andererseits von vielen Menschen aufgesucht wird, die müssen wir sehr viel mehr wagen im Hin- aber dort viel entspannter unterwegs sind blick auf neue Modelle, neue Ideen, was als heute, die die Individualität des Ortes die Stadt und der Handel in Zukunft leis- genießen. ten sollen. Wie weit ist der Weg dahin? Deprimierend ist, dass der Einzelhandel Entscheidend ist, zu erkennen, dass es sich selbst sich noch so wenig bewegt. nicht um eine normale Strukturanpassung Es werden Flächen verkleinert ... handelt. Dies ist vielen Immobilieneigen- Ja, die Filialisten sehen diese Entwicklun- tümern der Innenstädte so nicht bewusst. gen und versuchen, das Beste daraus zu Es gibt ja eigenartigen Leerstand in den In- machen. Viele reduzieren erst einmal Flä- nenstädten aus einem ganz einfachen chen, einige nutzen den Laden nur noch Grund, weil die Immobilieneigentümer als Showroom, andere konzentrieren sich nicht bereit sind, ihre Mieten der neuen auf Flagship-Stores in Metropolen oder Lage anzupassen. Das ist ein Indikator für großstädtischen Zentren und ziehen sich die Verweigerung einer neuen Blickrich- aus den Klein- und Mittelstädten zurück. tung. Gründerzeit bedeutet, dass auch lieb Das sind so Versuch- und Irrtumsprozesse, gewonnene Dinge gehen, bei allem Ver- die in solchen Umbruchsituationen ganz ständnis dafür, daran festzuhalten. Die Zu- normal sind. Sie ändern aber nichts an der kunftsformel des Einzelhandelsverbands, Tatsache, dass in vielen Städten zwei Drittel nach der der Laden nicht verschwinden und mehr der Läden dieser Filialisten nur und es eine Kooperation zwischen statio- Abspielorte einer standardisierten Han- närem und Online-Handel geben wird, ist delskultur sind, für die ich schwarz sehe. in der jetzigen Lage vielleicht gar nicht an- ders zu formulieren. Aber die Idee sollte »Die Innenstadt der Zukunft kann der sein, je stärker die Digitalisierung voran- schreitet, die analogen Qualitäten als kom- analoge Anker im digitalen Meer sein.« plementäre, kompensatorische Qualitäten in den Fokus des Planens und des Den- Was ist Ihre Stadtvision? kens zu rücken. Es wird in Sachen Einzelhandel Ausnah- Es wird noch viel passieren im digitalen men geben, was die großen Zentren in den Raum. Das Bedürfnis nach Stadtqualität, Metropolen angeht. Die Stadtlandschaft, nach schönen Räumen, nach kohärenten, die wir in Deutschland haben, die geprägt konturierten Stadtbildern wird umso stär- ist von Mittelstädten und Kleinstädten, ker sein, je mehr wir im digitalen Raum wird den Handelsbesatz, wie wir ihn heute unterwegs sind. Die Innenstadt der Zu- sehen, so nicht mehr behalten können. kunft kann der analoge Anker im digitalen Wir brauchen neue Frequenzbringer in Meer sein und der Handel kann sich auf den Städten. Die Schulen, Universitäten diese Perspektive einstellen und sich fra- und Weiterbildungsinstitutionen sind Kan- gen, was der Mensch in diesem analogen didaten, die in leer stehende Großhandels- Hafen braucht, um diese Bedürfnisse zu flächen einziehen könnten. In den USA befriedigen und damit Geld zu verdienen. gibt es da sehr schöne Beispiele. Das bringt vor allem eine neue Klientel in die Innen- Die Fragen stellte Thomas Wilking Erschienen im buchreport.magazin 9/2017
buchreport.sortiment: Frequenz Franziska Hampel arbeitet seit knapp 3 Jahren bei Libri und verantwortet die Abtei- lung Marketing. Vorher hat sie über 10 Jahre Berufserfahrung auf Unternehmens- und Agenturseite in den Bereichen Marke- ting, PR und Strategie- und Markenberatung gesammelt. »Der Einzelhandel muss wieder mehr an Relevanz gewinnen« Der Libri.Campus wird neu aufgestellt und noch stärker auf die Praxis zugeschnitten. Franziska Hampel erklärt, wie Libri wieder mehr Schwung in den Handel bringen will. Seit 15 Jahren bietet Libri seinen Der Einzelhandel braucht eine Verleger und Buchhändler verbin- Kunden mit dem Libri.Campus neue, eine starke Funktion – er det eins: Sie helfen Geschichten auf praktische Antworten auf aktuelle muss an Relevanz gewinnen. Hier die Welt zu kommen. Herausforderungen. Jetzt wird das gibt es bereits viele tolle Ideen und Wie wird die Buchhandlung zum Konzept neu ausgerichtet. Im Inter- Stellschrauben. Das kommt na- Dritten Ort? view erklärt Franziska Hampel, bei türlich ganz auf das Angebot der Andreas Meyer und Arnd Roszin- Libri verantwortlich für Presse und Buchhandlung an. Zentrale Fragen sky-Terjung haben es auf dem letz- Marketing, was sich ändert und wie dabei sind: Wie können wir ge- ten Libri.Campus gut auf den Libri Buchhändler künftig mit prak- meinsam Orte attraktiver gestalten, Punkt gebracht: Um für das Publi- tischen Lösungen begleiten will. um die Anziehungs- und Aufent- kum relevant zu sein, muss zum ei- Was sind aktuell die größten Proble- haltsqualität zu verbessern? Das nen die Stimulanz gesteigert und me im Handel? heißt, wie kann die Buchhandlung zum anderen, eine Gemeinschaft Das Käuferverhalten ändert sich – zum sogenannten dritten Ort zwi- aufgebaut werden. Dazu braucht es in der Folge auch der Handel. Die schen Arbeit und Zuhause werden? natürlich vor allem eins: Authenti- Auswirkungen zeigen sich inzwi- Als ich vor kurzem auf der drit- zität! Und was uns allen schwer schen deutlich: Digitalisierung, ve- ten Indiebooknight vom Harbour fällt: Sich die Zeit für Veränderun- rändertes Mediennutzungsverhal- Front Literaturfestival dem Mare- gen zu nehmen. Neues auszupro- ten, Informationsflut, Frequenzver- Verleger, Nikolaus Gelpke, ge- bieren und mutig zu sein. lust, Verödung der Innenstädte etc. lauscht habe, wurde mir klar, dass ... und wie begleitet Libri die Händ- Im Kern dreht sich alles um die die Stellschrauben für Erfolg die ler dabei? Frage: Wie mache ich den statio- Gleichen sind: Ein klares Profil, Wir bei Libri verstehen uns als Part- nären Handel in einer vernetzten mit dem man sich vom Wettbewerb ner des Buchhandels. Das heißt Welt unersetzlich? abgrenzt, Zielgruppenverständnis, auch, dass wir gemeinsam Verän- Wie lautet Ihre persönliche Antwort Mehrwerte und Überraschungen. derungen angehen und die Zu- Foto: Libri auf die Frage? Und ganz wichtig: Begeisterung! kunft gestalten. Seit 15 Jahren ver-
buchreport.sortiment: Frequenz anstaltet Libri in Kooperation mit Alle sind willkommen, natürlich dreas Meyer und Arnd Roszinsky- dem BuchmarktForum den Li- auch Buchhändler! Terjung – sowie Alexander v. Key- bri.Campus – der sich zur größten Mehr Informationen bald unter serlingk geben (s. Kasten). Weiterbildungsveranstaltung im www.libri.de/booklab. Dort werden Beispiele von Buch- unabhängigen Buchhandel entwi- Können Sie kurz erklären, was man handlungen präsentiert, die sich als ckelt hat, und jedes Jahr aktuelle sich darunter vorstellen kann? „Dritter Ort“ aufgestellt haben oder Branchenthemen aufgreift. Auch Ein Hackathon setzt sich aus den auf dem Weg dorthin sind. Und es der Libri.Campus in Bad Hersfeld Begriffen „Hacken“ und „Mara- bietet sich die Gelegenheit, eigene steht vor großen Veränderungen. thon“ zusammen. Er bietet Gele- Pläne in diese Richtung zu disku- Nach 15 Jahren übergeben Arnd genheit, Ideen in Rekordzeit auf die tieren oder weiterzuentwickeln. Roszinsky-Terjung und Andreas Beine zu stellen. Hier arbeiten Für alle, die nicht vor Ort dabei Meyer das Staffelholz... ganz unterschiedliche Menschen sein können, werden wir im An- Andreas Meyer: Man muss auf- mit unterschiedlichen Erfahrungen schluss berichten. hören, wenn es Superlative hagelt. Arnd Roszinsky-Terjung: Wir bleiben dem Libri.Campus freundschaft- »Die Libri-Angebote werden noch stärker lich verbunden, doch nach 15 Jah- verzahnt und praxisnaher. Damit reagieren ren fanden wir es an der Zeit, ein Signal für eine neue Campus-Gene- wir auch auf die Quo-vadis-Studie.« ration zu geben. Franziska Hampel: Momentan erar- und Perspektiven zusammen. Das Was wollen Sie mit buchreport.sorti- beiten wir ein neues Konzept für heißt, innerhalb von 2,5 Tagen ent- ment erreichen? den Libri.Campus und berücksich- stehen greifbare Ergebnisse. In Zeiten der Informationsflut wol- tigen dabei auch das ergänzende Und wie soll der Hackathon mehr len wir gute und hilfreiche Inhalte Weiterbildungsangebot der Li- „Schwung in den Handel“ bringen? bündeln und quartalsweise ein kos- bri.Akademie. Die Libri-Angebote Es geht um die Zukunft des Buch- tenloses Dossier zur Verfügung werden noch stärker verzahnt und handels und um die Frage: Aus wel- stellen. Oft fehlt im Alltag die Zeit, praxisnaher. chen Ideen lassen sich erfolgreiche einen Artikel konzentriert zu lesen Damit reagieren wir auch auf die Konzepte und Lösungen, schnell und sich eigene Gedanken zu ma- Quo-vadis-Studie und möchten den adaptierbare Ideen oder visionäre chen. Alle drei Monate erscheint Buchhändlern Handwerkszeug für Ansätze entwickeln? Alles, was uns ein guter Rhythmus, um ge- Veränderungen und Herausforde- Menschen für Geschichten, Bücher danklich zurück und nach vorne zu rungen im Markt wie etwa zu den und das Lesen begeistert, sie in den blicken. Themen Multichannel oder Perso- Buchhandel lockt und zum Verwei- Was können die Buchhändler inhalt- nalbedarf mitgeben. Die Umfrage- len einlädt, sie zu Fans, Multiplika- lich erwarten? ergebnisse des letzten Libri.Cam- toren oder Stammkunden macht! Buchhändler erhalten viermal im pus helfen uns bei der Neuausrich- Können Sie einige Buchhändler nen- Jahr ausgewählte Beiträge mit ho- tung. Für Ideen und Anregungen nen, die die Impulse vom Libri.Cam- her Praxisrelevanz, die Ideen und sind wir immer dankbar! Dabei pus aufgegriffen und sich positiv Tipps geben. müssen wir uns auch bewusst ma- verändert haben? Wir hoffen, dass wir damit Im- chen, dass wir nicht alles auf einen Auf der Frankfurter Buchmesse pulse geben, die auch in der Praxis Schlag ändern können. Wir gehen wird es dazu eine Praktiker-Session wirken. Ganz nach dem Motto: Ein- Stück für Stück vor und testen da- mit dem BuchmarktForum – An- fach mal machen! bei auch neue Ideen und Formate. Können Sie schon mehr verraten? Frankfurter Buchmesse 2018 Hampel: Im Januar wagen wir ei- nen Blick über den Tellerand unse- rer Branche. Das heißt, wir wollen Die Buchhandlung als Dritter Ort nicht nur mit Buchmenschen neue Andreas Meyer und Arnd Roszinsky-Terjung vom BuchMarktForum sowie Berater Ideen finden, sondern eine bunte Alexander v. Keyserlingk präsentieren auf der Frankfurter Buchmese 2018 Beispiele Mischung einbinden, die Lust hat, von Buchhandlungen, die sich als „Dritter Ort“ aufgestellt haben oder auf dem Weg dorthin sind. Buchhändlerinnen und Buchhändler sind herzlich eingeladen, ei- Lösungen zu finden. gene Pläne in diese Richtung zu diskutieren oder weiterzuentwickeln. Vom 24. bis 26. Januar 2019 ini- tiiert Libri einen sogenannten ■ Termin: Samstag, 13.10.2018, 11 bis 12 Uhr Hackathon: „BookLab – Neuer Schwung für Buch und Handel“. ■ Ort: Frankfurter Buchmesse, Libri-Stand Halle 4.0, Stand F 11
buchreport.sortiment: Frequenz H A N D E L Die Kleinstadt Aschersleben setzt auf eine »Analoge Agenda«. Veranstaltungen sollen für Attraktivität und Aufenthaltsqualität sorgen. Atmosphäre, Authentizität, Aura lauten die Schlagworte der Neuerfindung. Die analoge Agenda für eine neue Handelskultur „Lasst den Quatsch!“ Die klare Ansage Die Umbrüche haben Spuren in der Ein- klingt Martin Lampadius noch immer im zelhandelslandschaft hinterlassen. Als En- Ohr. Der Vorsitzende der Kaufmannsgilde de 2002 die letzte Buchhandlung dicht Aschersleben hatte mit seinen Einzelhan- macht, ruft dies die Wirtschaftsförderer der delskollegen in der Kleinstadt am Nord- Stadt auf den Plan, schon weil dies nicht ostrand des Harzes ehrgeizige Pläne, mit zum neu gepflegten Image als Schul- und einem regionalen Online-Angebot die Ab- Behördenstadt passt. Auch Martin Lampa- wanderung der Kunden zu großen Online- dius ist dabei, animiert seinen buchaffinen Shops zu stoppen. Schwiegervater Friedrich Steinmetzer zur Das Kopfschütteln darüber kam von Gründung des heutigen Buchhauses am Wolfgang Christ: „Ihr werdet nicht das Markt. Die Buchhandlung wurde mittler- Amazon von Aschersleben.“ Der Architekt weile von seiner Tochter Beatrix Lampadi- und Stadtplaner Christ ist in der Region us übernommen, die allerdings als Orches- bekannt aus seiner Zeit als Professor an termusikerin und Musikpädagogin nicht der Bauhaus-Universität in Weimar und aktiv im Unternehmen mitarbeitet. Aschersleben-Panorama ein gefragter Gesprächspartner etwa bei Das Kaufmännische der Buchhandlung (auf der rechten Seite): bei IHK-Veranstaltungen in Magdeburg hat Martin Lampadius, hauptberuflich Ge- ▪ Autorenlesung im und Halle. Der einzige Weg sei, so sein Rat schäftsstellenleiter beim Dumont-Anzei- Buchhaus am Markt mit an die Ascherslebener Kaufmannsgilde, genblatt-Verlag Wochenspiegel, im Blick. Krimi-Autor Stephan die Stadt attraktiver zu machen. Der sagt, er sei nicht unzufrieden, kann Ludwig („Zorn“, Fischer) sich aber auch den Branchentrends nicht ▪ Anlauf zu einem mo- Handel spürt Strukturwandel entziehen: Die 180-qm-Buchhandlung, natlichen Bio- und Bau- Die äußeren Voraussetzungen sind nicht Mitglied der eBuch-Genossenschaft und ernmarkt schlecht: Aschersleben verfügt über ein angeschlossen ans Genialokal-Onlineshop- ▪ Mittelalterlich gepräg- mittelalterlich geprägtes Stadtbild und ei- System, erwirtschaftet rund 500.000 Euro tes Stadtbild (Rathaus) ne Einzelhandelszentralität von über 100, mit leichten Rückgängen im Kerngeschäft, ▪ City-Inszenierung mit heißt: Der Standort bindet deutlich Kauf- die durch die leichten Online-Zuwächse „Lichtereinkauf und lan- kraft aus den umliegenden Einzugsgebie- nicht kompensiert werden. ger Abendöffnung ten. Die Stadt kämpft allerdings immer Die Stammkundschaft ist wohl treu, ▪ Kaufmannsgilde-Vor- noch mit den Disruptionen der „Wende“. aber der örtliche Einzelhandel spürt insge- stand Martin Lampadi- Nach dem Ende der DDR wurden Anfang samt die Erosion durch den Online-Han- us, dessen Familie auch der 1990er Jahre große Industrieunterneh- del. Auch in Aschersleben waren die Ein- die Buchhandlung am men, eine Papierfabrik, ein Textilprodu- kaufsstraßen und Läden schon mal besser Markt gegründet hat. zent und ein Karosseriewerk geschlossen, frequentiert. Dafür drehen die Paketdiens- verbunden mit einem massiven Abwande- te ihre Runden. Die Ascherslebener Kauf- rungseffekt. mannsgilde hat Handlungsbedarf. Die Einwohnerzahl hat sich mittlerweile auch durch Eingemeindungen bei 27.000 Zusammenarbeiten oder untergehen Fotos: Jens Dammann Einwohnern stabilisiert, allerdings ist die Die Gilde ließ sich von Wolfgang Christ bei Kaufkraft beeinträchtigt durch eine immer ihren ambitionierten Online-Plänen aus- noch zweistellige Arbeitslosenquote. bremsen, der sollte dann aber auch eine
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buchreport.sortiment: Frequenz 10 Leitsätze für die »Analoge Agenda« del mit Eigenschaften, die das Internet nicht bieten kann, mit einer Handelskultur Zehn schlagwortartige Leitsätze sollen helfen, die Analoge Agenda des mit dreifachem A: Atmosphäre, Authenti- stationären Handels in Zeiten des digitalen Strukturwandels in die zität und Aura. Für Aschersleben werden Praxis umzusetzen. Adressat sind alle, die an der Entwicklung von Projektbausteine vorgeschlagen, die die Stadt und Handel mitwirken: Stadtmitte analog stärken sollen. Dabei 1. Liebe DEINE Stadt. macht der Stadtplaner klar, dass „in die 2. Stelle alles auf den PRÜFSTAND. Stadt gehen“ nicht mehr in erster Linie von 3. Begreife das Internet als ÖKOSYSTEM. der Motivation des Einkaufens getragen 4. Serviere WEIN statt Wasser. 5. Begreife die Innenstadt als MITTE für alle. wird (s. Agenda-Auszüge beginnend auf 6. Mach die STRASSE zum real existierenden sozialen Netzwerk. der rechten Seite). 7. Mach Deinen Laden zum FLAGSHIP Deiner Stadt. 8. Mach Deine Stadt zur MARKE. Lichtereinkauf und Grüner Markt 9. Investiere in SCHÖNHEIT. Ist das Papier geduldig oder weht bereits 10. Handele als TEAMPLAYER. der „Agenda“-Wind durch Aschersleben? Quelle: Wolfgang Christ/Urban Index Institut Kaufmannsgilde-Vorstand Martin Lampa- dius spricht von einem neuen Blick auf die Stadt und dem Versuch, sie „mit allen Sin- Alternative liefern. Der Stadtplanungspro- nen“ erfahrbar zu machen. Die im Som- fessor wurde beauftragt, eine „Analoge mer 2017 vorgestellte Agenda gilt im übri- Agenda Aschersleben“ zu erstellen, die er gen als langfristig angelegtes Projekt. Bis- im Sommer 2017 im Kulturzentrum Grau- her sind kleine demonstrative Maßnah- er Hof präsentierte. „Zusammenarbeiten men verwirklicht worden, die die Beteilig- oder zusammen untergehen“, fasste die ten bindet: „Mitteldeutsche Zeitung“ die Botschaft von ■ Ende 2017 ist die Stadt erstmals weih- Wolfgang Christ zusammen, der für poin- nachtsbeleuchtet worden. tierte Einlassungen bekannt ist und für ein ■ Der „Lichtereinkauf“ zum Adventstart radikales Umdenken von Händlern, Ver- mit langer Abendöffnung, Glühwein, Geba- mietern und Kommunen wirbt. ckenem und Musik wird weiter kultiviert. In einem gr0ßen buchreport-Interview ■ Ein Bio- und Bauernmarkt („Grüner hatte der Stadtplaner sogar für eine „neue Markt“) soll einmal im Monat in die Stadt Gründerzeit“ plädiert. Damit hat er auch locken, ist allerdings abhängig von den das Motto für eine buchreport-Veranstal- Marktbeschickern. tung am 1. März in Dortmund gesetzt („In- ■ Mehr Parkbänke sollen die Aufenthalts- nenstadt und Handel: Chancen einer neu- qualität erhöhen. en Gründerzeit“), bei der Christ der Key- „Alles nichts Außergewöhnliches, aber note-Sprecher ist (s. Kasten auf S. 13). kleine Bausteine“, sagt Lampadius, der an- sonsten versucht, die Einzelhändler in Sa- Eine Agenda für den Stadthandel chen Öffnungszeiten und bei der Abstim- Die „Analoge Agenda Aschersleben“ ist ei- mung über verkaufsoffene Sonntage auf ne Fallstudie für die Optionen des lokalen eine Linie zu bringen. Und: Die Stadt hat Einzelhandels. Ausgangsthesen: immerhin kürzlich einen hauptamtlichen ■ Die Zukunft des Handels wird sich im City-Manager bestellt. Ökosystem des Internets abspielen mit der Dem Appell von Stadtplaner Wolfgang Tendenz der Ablösung des stationären Christ, dass sich alle Beteiligten in der Stadt Handels traditioneller Prägung. als Teamplayer verstehen mögen, werde zu- ■ Allein Unternehmen mit entsprechen- nehmend gefolgt. Mit jeder erfolgreichen dem Know-How, Kapital und Marktzugang Aktion wachse auch die Bereitschaft von Fi- werden in der Lage sein, die Potenziale der lialbetrieben, sich zu beteiligen. Digitalisierung effizient und effektiv aus- Profitieren soll natürlich auch die eigene zuschöpfen. Buchhandlung, wobei Martin Lampadius ■ Die „kleinen“ Einzelhändler spielen in ei- weiß, dass Bücher und das Lesen derzeit un- ner anderen Liga. Der Stadthandel braucht abhängig von der Einzelhandelsszene Ge- eine eigene Agenda im digitalen Wandel. genwind spüren. Es gebe zu viel „Zeiträu- Christ entwickelt Ziele und Wege für ei- ber“ für die Ruhe fordernde Buchlektüre. nen konkurrenzfähigen stationären Han- Thomas Wilking wilking@buchreport.de Erschienen im buchreport.magazin 2/2018
buchreport.sortiment: Frequenz Ideen für eine Stadt: Prof. Wolfgang Christ (l.) hat Anfang Juli 2017 seine Ideen unter der Überschrift „Analoge Agenda Aschersleben – Stadt und Handel im digitalen Wandel“ vorge- stellt. Es richtete sich an die örtlichen Einzelhänd- ler und die Stadt. Bot- schaften: Ohne Handel sterbe eine Stadt und alle Beteiligten müssten zusammenarbeiten. »Analoge Agenda Aschersleben« Entwicklungsansätze für die Kleinstadt Aschersleben als beispielhafte Fallstudie Die Innenstadt als Einkaufsort steht nach der Herausforderung durch eine überschaubare Ausstellung, Einkaufszentren auf der grünen Wiese aktuell noch stärker unter Anpas- ein Fest oder ein Festival etc. und sungsdruck durch den digitalen Wandel. Die ökonomische, soziale und kul- groß genug, Vielfalt und Spannung turelle Infrastruktur entwickelt sich neu auf der Basis des Internets, sagt der zu bieten. Stadtplaner Wolfgang Christ: Der Stadthandel brauche eine eigene, neue Die Herausforderung liegt da- Agenda im digitalen Wandel. rin, das Profil der Mitte im Drei- Es gibt nicht die Agenda, die jedem Ort überzustülpen ist. Für die Klein- klang von Stadt, Handel und Insze- stadt Aschersleben in Sachsen-Anhalt hat Christ einige Bausteine ent- nierung zu schärfen. Dazu gehört wickelt. Die „Analoge Agenda Aschersleben“, im folgenden deutlich gekürzt die Choreographie von Läden und dokumentiert, zeigt am Beispiel wo Ansatzpunkte liegen können. Lagen, mit dem Ziel Synergie- effekte zu erzielen. Leerstand ist Die Analoge Agenda Aschersleben Projektbausteine für einen konkur- dann eine Chance für neue Per- ist ein langfristig angelegtes Stadt- renzfähigen Einzelhandelsstandort spektiven. entwicklungsprojekt. Es soll das Stadtmitte: Prinzip gelten, dass die Digitalisie- Stadtmitte konturieren rung nicht das Problem, sondern Stadthandel kuratieren Wer in die Stadt geht, versteht da- die Chance für eine stadtgerechte So wie ein Kurator üblicherweise runter üblicherweise immer noch, und urban nachhaltige Handelskul- für die künstlerische Zusammen- in die Mitte zu gehen. Je mehr Am- tur darstellt. Damit diese Option stellung einer Ausstellung oder das biente als Wert geschätzt wird, desto auch eingelöst werden kann, gilt es, Profil eines Festivals verantwort- dringender ist es, die Mitte räumlich Foto: Kaufmannsgilde Aschersleben sich auf lokale Identität, Unverwech- lich ist, müsste ein Kurator für den deutlich erfahrbar zu machen. Wie selbarkeit und Einzigartigkeit der Stadthandel die vor Ort vorhande- Kino und Theater, aber auch Kir- Stadt zu stützen, um die Schätze der nen Potenziale sichten, ergänzen chen und Shopping-Center demons- Ambiente-Strategie zu heben: At- und zielgenau neu mischen. trieren, wirkt Atmosphäre umso in- mosphäre, Authentizität und Aura. Aschersleben ist klein genug für tensiver, je gestimmter ein Raum
buchreport.sortiment: Frequenz Wegeabschnitte tritt jedoch nicht deutlich genug zu Tage. Sinnvoll wäre es, die ablesbare Clusterbil- dung weiter zu stärken und atmo- sphärisch aufzuladen. An den Schnittpunkten fehlen die sichtba- ren Anreize für einen „Eintritt“. Die jeweils hochwertige baulich- räumliche Fassung der Lauflage ist zusammen mit den Platzräu- men an den Ecken wie geschaffen für die Rolle als Rückgrat des Handels in der Stadtmitte. Kauf lage fördern Individuelle Angebote für Waren und Dienstleistungen sind oft nicht an den Mainstream-Lagen ökono- misch machbar. Die Miete ist zu hoch und die Fläche vielleicht zu groß. Besondere Angebote erfor- dern aber auch besondere Lagen. Exklusive Konzepte suchen ein städtebaulich und atmosphärisch passendes Umfeld. Es kommt also weniger auf die üblichen Standort- anforderungen wie ausreichende Parkplätze oder Sichtbarkeit im Straßenraum an. Auch Öffnungs- zeiten weichen vom Üblichen ab. Der Einzugsradius geht oft weit über die Stadt hinaus. Die Kommu- nikation mit einem begrenzten nach innen und abgeschlossener in der Regel ein vielfältiges Ange- Kundenkreis läuft über das Inter- nach außen ist. Es wäre also hilf- bot an Gütern des täglichen und net und hat den Charakter einer reich, wenn der Einzelhandel in der aperiodischen Bedarfs. Sie bieten Community. Kommen diese Krite- Stadtmitte räumlich-gestalterisch zudem Anreize zum Bummeln und rien zusammen, dann sprechen konturierter auftreten könnte. Es Verweilen. Dies ist hier nur einge- wir von einer „Kauflage“. sollte möglich sein, die Handelsmit- schränkt der Fall. Die wechselnde Im Unterschied zur Lauflage be- te als Bild zu fassen – und das dann verkehrliche Widmung der Lauf- treten Kunden den Laden gezielt auch nach außen zu vermitteln. lage verhindert den Eindruck eines mit der festen Absicht einzukau- an sich klaren Zusammenhangs. fen. Die Persönlichkeit des Laden- Lauf lage formen. Entscheidender ist die fehlende besitzers wirkt genauso anziehend Als Lauflage hat sich in Aschersle- gestalterische Bindung und Orien- wie das Ambiente innen und au- ben ein Rechteck aus vier Straßen tierung. Die Form des Rechtecks ßen. Aschersleben sollte gezielt etabliert. Das Einzelhandelsgutach- eignet sich zwar hervorragend als ein Kauflagen-Management betrei- ten von 2014 definiert hier die „Merkgerüst“. Das Konsum-Profil ben. Dabei sollten Synergieeffekte 1a-Lage der Stadt. Lauflagen bieten der vier vergleichsweise kurzen zwischen den Läden und dem Quartier – meist eher von Wohnen geprägt – angestrebt werden. »Besondere Angebote erfordern auch Stadt im Angebot besondere Lagen. Exklusive Konzepte In der Vergangenheit stand die Wa- suchen ein städtebaulich und atmos- re, das Produkt im Mittelpunkt von Angebot und Nachfrage. Heute phärisch passendes Umfeld.« dreht sich alles um Marken und die
buchreport.sortiment: Frequenz von ihnen transportierten Botschaf- ten. Der Stadthandel muss die An- »Die Potenziale des Handels: Unmittel- sprache von Emotion und Lebens- barkeit, persönliche Beratung, Genuss des gefühl noch erweitern und Wa- re / Produkt / Marke mit der exklu- öffentlichen Raumes, heimatliche siven Note „Stadt“ verknüpfen. Stadt ist ein Werbeträger und das Verbundenheit, persönliche Bindungen ...« sollten die Kaufleute offensiv nut- zen. Die Kundenansprache sollte 27 – 65 Jahre, eher weiblich. Face- Album „Mein Aschersleben“ veröf- „Stadt im Angebot“ haben. book wäre die passende Plattform. fentlicht. Langfristig ist auch eine Für Aschersleben heißt das: Das „Netzwerk Aschersleben“ Publikation als Buch möglich, in Das eigentliche Werbe-Kapital ist könnte u.a. umfassen: dem die Fotografen die persönliche die Stadt in ihrer ganzen Vielfalt ■ ein gemeinsamer Auftritt der Geschichte zum Bild erzählen. und Schönheit! Die Ausstattung Aschersleber Gewerbetreibenden Sinn und Zweck des Netzwerks des Handelsangebots in der Stadt- ■ Fokus auf Dialog, Service, Com- ist die verstärkte Bindung der Ein- mitte ist zu begrenzt, um allein mit munity (keine stumpfe Werbeplatt- wohner sowie der „Freunde“ der dem Warenangebot in der Konkur- form) Stadt und ihres Handels an die In- renz mit anderen Standorten, ■ Präsentation des Potenzials der nenstadt. Kundenwünsche können Nachbarkommunen und dem In- Innenstadt erfasst und Optimierungsmöglich- ternet zu punkten. In jedem Fall ■ Bindung, persönlicher Kontakt, keiten abgefragt werden. Interakti- geht es darum, die Anziehungs- „Wir-Gefühl“ on und Dialog dienen der direkten kraft der Mitte zu erhöhen und die ■ Austauschplattform der lokalen Zielgruppenansprache. Verweildauer zu verlängern. Die Anwohner für Tipps, Hilfegesuche, Stadt ist so vielfältig aufgestellt, Hilfsangebote, nicht kommerziel- dass damit auch ein permanentes ler Verkauf etc. Die Projektbausteine sind eine Zu- Problem des Einzelhandels ange- ■ Hashtag #MeinAschersleben: An- sammenfassung der Studie „Analo- gangen werden könnte: Der Zwang wohner zeigen ihren persönlichen ge Agenda Aschersleben“ von Prof. nach ständiger Veränderung, nach Blick auf die Stadt. Die besten Fo- Wolfgang Christ | Urban Index Insti- immer neuen Anreizen für einen tos werden auch auf der Seite im tut | www.ui-institut.de Ladenbesuch. Die ‚Verlinkung’ mit den Stadt- bausteinen müsste sich nach au- ßen in einer entsprechend aufge- bauten Corporate Identity auch visuell vermitteln. Netzwerk Aschersleben Die Potenziale des Handels in der Innenstadt sind u.a: Unmittelbar- keit, persönliche Beratung, baukul- turelle und städtebauliche Schön- heit, Genuss des öffentlichen Rau- mes, heimatliche Verbundenheit, persönliche Bindungen und Bezie- hungen, Real-Life Shopping etc. Vortrag von Wolfgang Christ Der Vorschlag ist, die analogen Po- tenziale online erfahrbar zu ma- chen, damit z.B. die lokale Verbun- 10 Bausteine für die Innenstadt denheit zu stärken, städtische Vor- In seinem Vortrag auf der buchreport-Veranstaltung „Innen- züge und Geschichte zu vermitteln, stadt und Handel: Chancen einer neuen Gründerzeit“ hat persönliche Kundenbindung zu festigen, eine Community aufzu- Stadtplaner Wolfgang Christ 10 Bausteine für die Zukunft bauen, Austausch und Dialog in ei- des Innenstadthandels entwickelt. Zur Video-Aufzeichnung: nem eigenen Netzwerk zu pflegen. Zielgruppe: regional und begrenzt www.buchreport.de/christ-video überregional, mittelständisch,
buchreport.sortiment: Frequenz RÜCKBLICK Nach 15 Jahren startet der Libri.Campus mit neuem Konzept. Die Organisatoren, Arnd Roszinsky-Terjung und Andreas Meyer, ziehen Bilanz. Gemeinsam gut gelaunt die Zukunft anpacken Impulsgeber für die 15 Jahre Libri.Campus ist eine stattliche Gab es am Anfang Akzeptanzprobleme bei Buchbranche: Verlags- Zeit. Wie kam es eigentlich zur Idee dieser den Buchhändlern? berater Andreas Meyer Veranstaltung? Roszinsky-Terjung: Erstaunlicherweise: (li.) und Buchhandels- Andreas Meyer: Der Start erfolgte für heuti- Nein. Im Gegenteil, wir erlebten die Buch- berater Arnd Roszinsky- ge Zeit seltsam reibungslos: Arnd Roszin- händler von Anfang an als unglaublich of- Terjung haben gemein- sky-Terjung und ich hatten 1999 das Buch- fen. sam 15 Jahre lang den marktForum gegründet und strategische Wer ist die Zielgruppe des Libri.Campus? Libri.Campus organi- Konferenzen immer zu den Themen ange- Meyer: Ausschließlich Independent-Buch- siert und moderiert. boten, die für die Zukunft der Branche händler, und zwar das ganze Spektrum, wichtig und von keinem anderen Konfe- von ganz kleinen Laden-Besitzern bis zu renzformat besetzt waren. kleinen Filialisten. Die Prinzipien dieser Konferenzen wa- Was konnten die unabhängigen Buchhänd- ren: Einerseits Benchmarks aus anderen ler mitnehmen? Branchen auf den Buchmarkt transferie- Roszinsky-Terjung: Uns war immer wichtig, ren, andererseits soviel Interaktion unter den Blick über den Tellerrand zu ermögli- den Teilnehmern auslösen wie möglich. chen. Die Libri.Campus-Veranstaltungen …klingt ziemlich modern. hatten immer einen starken strategischen Arnd Roszinsky-Terjung: Weiß ich nicht, wir Fokus, der aber nix mit Wolken-Kuckuck- ticken nun mal so. Die damalige Marke- sheim zu tun hatte, sondern mit den zen- tingleiterin von Libri, Annerose Beurich, tralen Zukunftsfragen. Und die wichtigste fand dieses Konzept gut. Und fragte uns, Frage beginnt nun mal beim Kunden, sei- ob wir so etwas auch für Händler auf die nen Bedürfnissen und Träumen – heute Foto: Beine stellen könnten. und morgen.
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