EKAS MITTEILUNGSBLATT - Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter - Nr. 84 | Mai 2017
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EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 Schweizerische Eidgenossenschaft Eidgenössische Koordinationskommission Confédération suisse für Arbeitssicherheit EKAS Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter
Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter Dr. Carmen Spycher Geschäftsführerin EKAS, Luzern Der demografische Wandel lässt sich nicht mehr aufhalten. Immer mehr Menschen sind über 50 Jahre alt. Die Belegschaften in Betrieben werden zunehmend älter. Unternehmen sind auf sie angewiesen, um den drohenden Mangel an Fachkräften abzufedern. Gleichzeitig steigt der Druck auf die Unternehmen. Die Leistungs- fähigkeit muss konstant hoch bleiben, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Welche Auswirkungen haben die demografi- schen Umwälzungen auf die Prävention? Was müssen Betriebe unternehmen, damit auch ältere Mitarbeitende bis zum Rentenalter gesund und leistungsfähig bleiben? Haben ältere Mitarbeitende ein höheres Unfallrisiko oder verunfallen sie einfach anders als ihre Impressum jüngeren Berufskolleginnen und -kollegen? Mitteilungsblatt der Eidgenössischen Was versteht man unter Generationenmana- Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS – Nr. 84, gement und welche Massnahmen haben sich Mai 2017 in der Praxis bewährt? Herausgeberin Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS Die EKAS hat im Herbst 2016 anlässlich der Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern 16. Schweizerischen Tagung für Arbeitssicher- Telefon 041 419 51 11, Fax 041 419 61 08 ekas@ekas.ch, www.ekas.ch heit STAS dieses Thema behandelt. Antworten zu den aufgeworfenen Fragen sowie Good- Verantwortliche Redaktion Dr. Carmen Spycher, Geschäftsführerin EKAS Practice-Beispiele aus verschiedenen Unter- Thomas Hilfiker, Redaktor, elva solutions, nehmen haben wir für Sie zusammengefasst. Meggen Im Mitteilungsblatt werden Autoren- artikel publiziert. Die Autoren sind jeweils Wir hoffen, geschätzte Leserinnen und Leser, bei ihrem Artikel namentlich erwähnt. dass Sie damit Anregungen erhalten, wie Sie Konzept und Layout die Ressourcen von jüngeren und älteren Mit- Agentur Frontal AG, www.frontal.ch arbeitenden so nutzen können, dass möglichst Erscheinungsweise alle gesund und unfallfrei bleiben. Erscheint 2x jährlich EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 Auflage Deutsch: 22 000 Französisch: 7 500 Italienisch: 2 200 Verbreitung Schweiz Dr. Carmen Spycher, Copyright Geschäftsführerin EKAS, Luzern © EKAS; der Nachdruck ist erlaubt unter Angabe der Quelle und nach vorgängiger Zustimmung der Redaktion. 2
4 SCHWERPUNK T 4 Warum gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter wichtig sind 10 Ältere Arbeitnehmende verunfallen anders 14 Gesunde Unternehmen brauchen gesunde Mitarbeitende 18 Generationenmanagement – erprobte Massnahmen bei der SBB 22 Für gesunde Unternehmen engagiert FACHTHEMEN 26 STAS 2016: Gesunde Arbeitsplätze 10 14 für jedes Alter 29 Wirksame Prävention gegen die Unfallursache Nummer eins 31 Berufsprüfung der Spezialisten für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz auf gutem Weg 34 Fragen und Antworten zur zweiten Rezertifizierungswelle der überbetrieblichen ASA-Lösungen 18 22 VERMISCHTES 38 Neue Informationsmittel der EKAS 40 Neue Informationsmittel der Suva 44 Neue Informationsmittel des SECO 46 Menschen, Zahlen und Fakten 26 3
SCHWERPUNKT Warum gesunde Arbeits- plätze für jedes Alter wichtig sind Der demografische Wandel lässt sich nicht aufhalten und stellt Unternehmen vor die Herausforderung, sich intensiver mit der Altersgruppe 50plus auseinanderzusetzen. Mit ein paar gezielten Massnahmen lassen sich auch ältere Mitarbeitende bis zum Ruhe- stand produktiv im Betrieb beschäftigen.
U nternehmen, die sich des Arbeitnehmende» wie folgt: «Als Mehrheit der über 50-Jährigen demografischen Wandels ältere Arbeitnehmer werden jene möchte produktiv und engagiert blei- bewusst sind, fragen bei Mit- Personen bezeichnet, die in der ben und erfreut sich bester Gesund- arbeitenden und Job-Kandi- zweiten Hälfte ihres Berufslebens heit. Empirische Studien belegen, daten nicht nach dem Alter, sondern stehen, noch nicht das Pensionsalter dass sich viele ältere Menschen bei nach deren Fähigkeiten. Das biologi- erreicht haben und gesund und der Arbeit geistig und körperlich sche Alter ist zwar ein Faktor auf dem arbeitsfähig sind.» gesund und leistungsfähig fühlen Arbeitsmarkt, aber eben nur einer von (siehe Grafik Seite 7). Schlechte vielen. Durch die hervorragende 50plus? Herzlich willkommen! Gesundheit bei älteren Arbeitneh- medizinische Versorgung in der menden ist primär auf einen unge- Schweiz wird das effektive Alter Damit ältere Arbeitnehmende ihr sunden Lebensstil im Privatleben immer weniger wichtig. Viel wichtiger volles Potenzial entfalten und Unter- sowie auf genetische Voraussetzun- ist, wie leistungsfähig jemand ist, was nehmen mit ihrer Erfahrung berei- gen zurückzuführen. Übermässige jemand kann und was jemand an chern können, müssen die Rahmen- Belastungen während des Arbeitsle- Erfahrung mitbringt. Die meisten bedingungen stimmen – genauso bens können ebenfalls eine wichtige Menschen bleiben bis lange nach wie bei jüngeren, weniger erfahre- Rolle spielen. dem Pensionsalter gesund. nen Arbeitskräften. Mit zunehmen- dem Alter verändern sich die ge Essentiell, um ältere Menschen erfolg- Durch die tiefe Geburtenrate und sundheitlichen Voraussetzungen. So reich zu beschäftigen, ist einerseits die wachsende Lebenserwartung der nimmt die Sehfähigkeit ab 40 ab, Art und Weise, wie die Arbeit zu erle- letzten Jahrzehnte gibt es proportio- denn sowohl die Akkommodations- digen ist, und andererseits sind Aus- nal immer weniger junge Menschen. fähigkeit (Altersweitsichtigkeit) als stattung, Arbeitsumgebung und der Folglich steigt das durchschnittliche Standort der Arbeit wichtig. Von Vor- Alter der Erwerbstätigen. Doch nicht teil sind Aufgaben, die auf die vor- nur die Geburtenrate, sondern auch Potenzial älterer handene Berufserfahrung aufbauen eine allfällige Erhöhung des Pensions- Mitarbeitender und eine gewisse Gelassenheit und alters fördert diese Entwicklung. Der Lebenserfahrung erfordern. Auf- Dr. Maggie Graf Anteil älterer Arbeitskräfte in den nicht unter- grund der höheren Frustrationstole- Ressortleiterin Grundlagen Unternehmen nimmt kontinuierlich schätzen. ranz sind ältere Menschen meist Arbeit und zu. Gemäss Bundesamt für Statistik ausdauernder, wenn es darum geht, Gesundheit, BFS wird sich die Anzahl der Personen Ziele zu verfolgen. Auch die Koope- Staatssekretariat für Wirtschaft über 65 Jahre je 100 Erwerbsperso- auch Kontrastempfindlichkeit lassen rationsfähigkeit ist in der Regel aus- SECO, Bern nen (Personen im erwerbsfähigen nach. Auch das Gehör wird schlech- geprägter, da ältere Menschen eher Alter: 20 – 64 Jahre, Erwerbstätige ter, Störgeräusche irritieren stärker an dauerhaften Beziehungen interes- und Erwerbslose zusammen) im Zeit- als bei jüngeren Kolleginnen und siert sind. Weniger geeignet sind hin- raum von 1991 bis 2045 mehr als Kollegen. Die Körperkraft ist bei gegen Arbeiten, die eine rasche verdoppeln. 1991 waren 26 von 100 60-Jährigen rund zwanzig Prozent Reaktion oder Präzisionshandlungen über 65 Jahre alt; 2045 werden es 56 schwächer als bei 30-Jährigen, und (verminderte Sehfähigkeit) erfordern, von 100 sein. Aktuell sind pro ebenso nimmt die Beweglichkeit mit oder körperlich sehr stark beanspru- 100 Erwerbspersonen rund 33 Men- fortschreitendem Alter ab. Ältere chen. Ältere Menschen brauchen län- EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 schen über 65 Jahre alt. Menschen leiden häufiger an chroni- ger, um sich zu erholen – sowohl von schen Beschwerden wie zum Beispiel der Arbeit an sich als auch nach Ab wann ist man älter? Rücken-, Gelenk- und Gliederschmer- einem Unfall oder einer schweren zen, Herz-Kreislaufstörungen oder Krankheit. Überlange Arbeitszeiten Anania Hostettler In der Regel spricht man von älteren Schwierigkeiten mit dem Gleichge- und Schichtarbeit sind somit wenig lic. rer. soc. Verantwortliche Mitarbeitenden, wenn jemand das wicht (siehe Grafik Seite 6). geeignet. Es gilt schlechte Beleuch- Kommunikation 50. oder 55. Lebensjahr überschrit- tungsverhältnisse und Lärm zu ver- Leistungsbereich ten hat. Die Organisation für wirt- Die Anzahl der gesunden Lebens- meiden. Auch starke Hitze oder Kälte Arbeitsbedingun- gen, Staatssekre- schaftliche Zusammenarbeit und jahre ist dank medizinischem Fort- belasten ältere Mitarbeitende stärker tariat für Wirt- Entwicklung (OECD) definiert «ältere schritt stark angestiegen. Die grosse als jüngere. schaft SECO, Bern 5
SCHWERPUNKT Häufigkeit der fünf häufigsten arbeitsbezogenen Gesundheitsbeschwerden nach Altersgruppen 50.0 % Schmerzen in den Schultern, 40.0 % Nacken und Armen sowie Schlafstörungen nehmen 30.0 % mit dem Alter zu. Hingegen nehmen empfundene allge- 20.0 % meine Schwäche, Müdigkeit, Energielosigkeit und Kopf- schmerzen ab. 10.0 % 0.0 % 15 – 24 Jahre 25 – 34 Jahre 35 – 44 Jahre 45 – 54 Jahre 55 – 64 Jahre Rücken- oder Allgemeine Schwäche, Einschlaf- oder Kopfschmerzen, Schmerzen in den Schultern, Kreuzschmerzen Müdigkeit, Energielosigkeit Durchschlafstörungen Druck im Kopf oder Im Nacken und / oder in Gesichtsschmerzen den Armen Ergonomisch eingerichtete oder in Zusammenhang mit Beu- • Zu hohe physische Anforderungen Arbeitsplätze gung oder Drehung des Rückens wie statische Muskelarbeit, hoher bewegt werden müssen, muss die Krafteinsatz, repetitive Tätigkeiten Ein ergonomisch gut eingerichteter Tätigkeitsdauer oder Anzahl Bewe- oder gleichzeitig gebeugte und Arbeitsplatz ist in der Regel altersge- gungen pro Minuten bei Personen gedrehte Körperhaltung. recht. Das heisst, der Arbeitsplatz über 50 Jahren stärker reduziert wer- • Eine belastende und gefährliche sollte zum Beispiel an unterschiedli- den als bei jüngere Personen. Detail- Arbeitsumgebung bedingt durch che Körpergrössen anpassbar, bei lierte Informationen dazu sind im schlechte Beleuchtung, starke Tem- Büroarbeitsplätzen die Darstellung Prüfmittel «Gesundheitsrisiken: Belas- peraturschwankungen, Lärm, etc. auf dem Bildschirm gut lesbar tungen für Rücken, Muskeln und Seh- • Mangelhaft organisierte Arbeit, die (grosse Schrift, klare Darstellung, nen bei der Arbeit» des SECO zu fin- überlange Arbeitseinsätze erfor- gute Kontraste) und der Raum gut den (www.seco.admin.ch). derlich macht. Die betriebliche ausgeleuchtet sein. Spezielle Gren- Gesundheitsförderung kann ausge- zwerte oder Normen hinsichtlich Empfehlungen für Betriebe baut werden – wenn nötig, mit Arbeitsplatzgestaltung für ältere einem spezifischen Case Manage- Arbeitnehmende gibt es deswegen Es gibt diverse Möglichkeiten für ment für chronische erkrankte Unternehmen, es älteren Mitarbei- Erwerbstätige. tenden zu erleichtern, ihre Fähigkei- Altersgerecht ten bei der Arbeit weiterhin einzu- 2. Personalführung und Unter- bringen. Auch wenn sich diese im nehmenskultur: Unternehmen tun eingerichtete Alter natürlicherweise verändern. Als gut daran, die Altersstruktur regel- Arbeitsplätze Handlungsfelder bieten sich fol- mässig zu analysieren und sich auf sind wichtig. gende besonders an: allfällige künftige Veränderungen EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 der nächsten fünf bis zehn Jahren 1. Gesundheitsmanagement: vorzubereiten. Fragen können sein: mit Ausnahme einiger Richtlinien Sowohl ältere als auch jüngere Mit- • Wie viele Leute werden pensio- zum Heben und Tragen nicht. Das arbeitende sollten vor negativen, niert? zumutbare Lastgewicht für eng am berufsbedingten gesundheitlichen • Wie schwer/leicht wird es sein, Körper gehaltene Lasten beträgt für Folgen geschützt werden, um die neue Mitarbeitende zu rekrutieren? Männer über 50 Jahre maximal Leistungsfähigkeit bis ins fortge- • Wie lange dauert es, bis sie einge- 16 Kg und für Frauen über 50 Jahre schrittene Alter zu erhalten. Dabei arbeitet sind? maximal 10 Kg. Wenn Lastgewichte gibt es drei Hauptrisikofaktoren zu Übergänge in die Pensionierung soll- unterhalb dieser Grenzen häufig beachten respektive zu vermeiden: ten flexibel gestaltet sein und allenfalls 6
Gute allgemeine Gesundheit nach Alter 100.0 % 90.0 % Immerhin berichten durchschnittlich 89.5 % der Erwerbstätigen, dass sie ihren Gesundheitszustand als gut 80.0 % bzw. sehr gut einschätzen. 70.0 % 60.0 % 50.0 % 40.0 % 30.0 % 20.0 % 10.0 % 0.0 % 15 – 24 Jahre 25 – 34 Jahre 35 – 44 Jahre 45 – 54 Jahre 55 – 64 Jahre Quelle: Schweizerische Gesundheitsbefragung 2012, Bundesamt für Statistik BfS. auch die Möglichkeit einschliessen, fen dabei, die Arbeitsmarktfähigkeit kompetente Berufsfachleute nach zu verbessern und einer Arbeitslosig- dem Pensionsalter Teil- oder Vollzeit keit vorzubeugen. So können ältere arbeiten zu lassen. Ein Unternehmen Menschen bei Bedarf im Unterneh- Aktuell: Kampagne sollte auch die späte Karrierephase im men eine neue oder angepasste Auf- «gesunde Arbeitsplätze – Auge behalten. So haben sich bei- gabe übernehmen und bleiben dem für jedes Alter» spielsweise Modelle von sogenannten Unternehmen mit ihrer langjährigen Nicht nur in der Schweiz, sondern in Bogenkarriere für ältere Menschen Erfahrung und ihrem Fachwissen ganz Europa altert die Erwerbsbevölke- rung. Auf diese Entwicklung reagiert die bewährt. Dabei geben die betroffe- erhalten. Wichtig ist zu erkennen, Europäische Agentur für Sicherheit und nen Mitarbeitenden, vor allem im dass sich Fort- und Weiterbildungen Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU- Kaderbereich, Verantwortung ab, nicht nur für Mitarbeitende in der ers- OSHA) mit einer Kampagne. Unter dem Titel «gesunde Arbeitsplätze – für jedes um ihre Kompetenzen in anderen ten Hälfte der Berufskarriere lohnen, Alter» stehen 2016 – 2017 drei Haupt- Funktionen einzusetzen, wo ihre sondern genauso für Mitarbeitende in ziele im Zentrum: grosse Erfahrung, Urteilsfähigkeit, der zweiten Hälfte. 1. Unterstützung gesundheitsfördern- Besonnenheit und Sicherheit zentral der Arbeit und des gesunden Alterns und Hervorhebung der Bedeutung sind. Sie können projektbezogen Ein aktives Generationen- von Prävention während des gesam- beraten oder Mentorin oder Mentor management bringt Nutzen ten Berufslebens; von Nachwuchskräften sein. Ein 2. Unterstützung von Arbeitgebern und Wechsel von einer Linien- zu einer Unternehmen tun aufgrund des Arbeitnehmern (gerade in Klein- und Kleinstunternehmen) durch Bereit- Stabsfunktion oder zu einem entlas- demografischen Wandels gut daran, stellung von Information und Instru- tenden Arbeitsplatz könnte eine Arbeitsplätze hinsichtlich Arbeitsor- menten für Sicherheit und Gesund- weitere mögliche Massnahme sein. ganisation, Arbeitsumfeld und Anfor- heit bei der Arbeit; Zentral ist, dass ein Unternehmen derungen nicht nur auf Junge auszu- 3. Förderung des Austauschs von Infor- Generationenkonflikte vermeidet, richten, sondern auch auf ältere mationen und von guten praktischen Lösungen. dafür Generationenbeziehungen Menschen. Unternehmen, die sich für https://osha.europa.eu durch gemischte Teams oder eben sichere und gesunde Arbeitsplätze für (Campaigns & Awards) Mentoring-Projekte fördert. Studien jedes Alter einsetzen, werden be- haben ergeben, dass die Produktivi- lohnt: durch zufriedenere Mitarbei- tät bei altersgemischten Teams im tende, weniger Fehlzeiten, höhere Allgemeinen am höchsten ist. Produktivität und niedrigere Kosten. 3. Qualifizierung und Kompetenz- entwicklung: Weiterbildungen hel- 7
SCHWERPUNKT Schlaf • Veränderungen des Schlafrhythmus Auswirkungen auf Nacht- und Schichtarbeit Auswirkungen auf Konzentrationsarbeit Altersabhängige Funktions- veränderungen Altersabhängige Funktionsverände- rungen unterliegen einem natürli- chen Prozess. Das heisst jedoch kei- neswegs, dass ältere Mitarbeitende Herz-Kreislaufsystem dadurch in ihrem Beruf nicht mehr einsatzfähig sind. Sicher ist, dass und Atemwege trotz altersbedingter Veränderungen • geringere Herzleistung die meisten Arbeitskräfte ohne Wei- • verringerte Lungenkapazität teres bis zum Pensionsalter gesund • geringere maximale Sauerstoffaufnahme und leistungsfähig bleiben können. Was es braucht, ist eine generelle geringere körperliche Leistungsfähigkeit, Sensibilisierung für das Thema «Älter geringere Leistungsreserven werden im Beruf» und vorbeugende Massnahmen, abgestimmt auf die individuelle gesundheitliche Kon- stitution und die arbeitsbedingte Belastung. Quelle: Europäische Agentur für Sicher- heit und Gesundheitsschutz am Arbeits- platz, e-Guide: Gesunde Arbeitsplätze für alle Altersgruppen Hier finden Sie zu vier Themen, die verschie- dene Aspekte des Alterns im Arbeitsleben Bewegungsapparat (Muskeln, behandeln, praktische Tipps betreffend Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Knochen, Gelenke, Bänder http://professional.eguides.osha.europa. und Sehnen) eu/SWZ_de/list-themes • verringerte Mobilität • steifere Gelenke • brüchigere Knochen • Abnahme der Muskelmasse geringere körperliche Leistungsfähigkeit Abnahme der Muskelkraft höheres Verletzungsrisiko 8
Kognitive Prozesse / Nervenleitgeschwindigkeit • Verminderte Gedächtnisleistung und Informations- verarbeitung • Verminderte Reaktionsfähigkeit steigender Zeitbedarf, steigendes Unfallrisiko bei körperlichen Tätigkeiten Sinneswahrnehmung • Veränderungen des Sehvermögens (Licht, Farben, Entfernung, Geschwindigkeit) geringere Fahrtüchtigkeit, erschwerter Umgang mit Geräten bei wechselnden Lichtverhältnissen, geringere Fähigkeit Schriften, Bildschirmtexte zu lesen • Veränderungen des Hörvermögens (Töne, Frequenzen, Schallortung) Auswirkungen auf die Kommunikation, Wahrnehmung von Gefahren • Veränderung des Gleichgewichtsinns erhöhtes Stolper-/Sturzrisiko Haut • Dünnere und trockenere Haut Höhere Anfälligkeit für Entzündungen der Haut EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 9
SCHWERPUNKT Ältere Arbeitnehmende verunfallen anders Ältere Mitarbeitende verunfallen weniger häufig. Aber sie verunfallen anders. Im Alter nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit und vor allem die Reaktionsfähigkeit ab. Besonders häufig sind Stolper- und Sturzunfälle. Die Unfallstatistik fördert eine wei- tere Erkenntnis zu Tage. Unfälle von älteren Arbeitskräften gehen ins Geld. Ein Berufs- unfall eines über 50-Jährigen kostet durchschnittlich wesentlich mehr. Der demogra- fische Wandel wird dazu führen, dass dies in den gesamten Versicherungskosten noch stärker ins Gewicht fällt. Grund genug, für die Arbeitssicherheit älterer Mitarbeitender geeignete Massnahmen zu treffen.
Berufsunfälle und Vollbeschäftigte 2010 – 2014 Ab 50 Jahren nimmt die Anzahl Berufsun- fälle mit zunehmendem Alter stark ab! 8000 100 000 80 000 6000 60 000 4000 40 000 2000 20 000 0 0 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Jahre Berufsunfälle Vollbeschäftigte Unfallhäufigkeit sinkt mit sogenannten Babyboomer der durchschnittlich geringere Kosten. steigendem Alter besonders geburtenstarken Jahr- 37 Prozent aller Berufsunfälle gehen D gänge zwischen ca. 1950 und 1970 auf das Konto der 15- bis 29-Jährigen. ie Berufsunfallstatistik der sind derzeit zwischen 45 und Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es letzten fünf Jahre zeigt ein 65 Jahre alt. Im Jahr 2014 lebten in 44 Prozent. Lediglich 19 Prozent aller klares Bild: Am häufigsten der Schweiz 1.4 Mio. Personen zwi- Berufsunfälle betreffen über 50-Jäh- verunfallt die Altersgruppe schen 45 und 55 Jahren, das sind rige. Diese 19 Prozent aller Berufsun- der bis 30-Jährigen bei der Arbeit. 20 Prozent der gesamten Bevölke- fälle verursachen aber 30 Prozent aller Danach sinkt die Anzahl der Berufsun- rung. Ältere Arbeitnehmende wer- jährlich anfallenden Kosten (siehe Gra- fälle bis zum Alter von ca. 40 Jahren, den dadurch für die Arbeitssicher- fik Seite 13 oben). In absoluten Zahlen steigt aber zwischen 40 und 50 Jahren heit zu einem bedeutenden Thema. ausgedrückt: Die über 50-Jährigen wieder etwas an. Ab 50 Jahren nimmt erleiden 50 000 Berufsunfälle jährlich die Anzahl Berufsunfälle mit zuneh- Ältere Mitarbeitende – weniger und lösen dadurch eine halbe Milli- mendem Alter stark ab. Die Zahl der Unfälle, aber höhere Kosten arde Versicherungsleistungen aus. Vollbeschäftigten steigt mit zuneh- mendem Alter bis ca. 50 Jahre und Noch eklatanter sieht es aus, wenn Die Unfallversicherer registrieren fällt danach ebenfalls stark ab. Berech- man nicht nur die Anzahl der Berufs- aktuell wenige Unfälle von über net man mit diesen beiden Grössen unfälle, sondern auch deren Kosten 50-Jährigen, die Kosten dafür sind nun das Unfallrisiko im Beruf, ist es in betrachtet. Ein Berufsunfall eines jedoch hoch. Da die Zahl der über jungen Jahren hoch, sinkt dann bis 30-Jährigen kostet im Mittel 3500 50-Jährigen in allen Branchen – mit zum Alter von ca. 40 Jahren und Franken. Jener eines 55-Jährigen Ausnahme vielleicht der Berufssport- bleibt danach auf einem konstanten beläuft sich hingegen auf 8000 Fran- ler – in den kommenden Jahren stark Niveau bis zum Pensionierungsalter. ken. Dieser massive Unterschied hat steigen wird, ist der Handlungsbe- Fazit: Je älter, desto weniger Vollbe- vermutlich zwei unterschiedliche darf klar. Die über 50-Jährigen stel- EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 schäftigte und desto weniger Unfälle Gründe. Zum einen verdienen ältere len in Zukunft eine sehr wichtige (siehe Grafik oben). Personen mehr und verursachen Zielgruppe für Massnahmen im dadurch höhere Taggeldleistungen. Bereich der Arbeitssicherheit dar. Alterspyramide bringt Zum anderen verletzen sich ältere drastische Veränderungen Personen schwerer und haben eine Wie verunfallen ältere längere Heilungsdauer, was zu höhe- Arbeitnehmende? Wird dies in Zukunft so bleiben? Die ren Heilkosten führt. Alterspyramide der Schweiz zeigt, Bei älteren Arbeitnehmenden sind Rahel Rüetschli Teamleiterin dass die Zahl der Vollbeschäftigten Jüngere Erwerbstätige verunfallen nicht andere Branchen die gefähr- Statistik, mit höherem Alter steigen wird. Die zwar häufiger, verursachen aber lichsten als bei jüngeren: Forst und Suva, Luzern 11
SCHWERPUNKT Männer Alterspyramide der Schweiz Frauen Jahre 100 90 80 20% 70 der Gesamtbevölkerung sind zwischen 45 und 60 55 Jahre alt. 50 40 30 20 10 0 80 000 60 000 40 000 20 000 0 20 000 40 000 60 000 80 000 Bau sind generell die gefährlichsten im Auge, zum Beispiel beim Hobeln. Unfälle vermeiden. Umgekehrt ver- Branchen, unabhängig vom Alter. Gestochen / Geschnitten werden sie hält es sich bei Unfällen, die in Die Unfallstatistik zeigt auch, dass am häufigsten durch Messer. Dies Zusammenhang mit der körperlichen ältere und jüngere Arbeitnehmende kann beispielsweise einem Lageris- Leistungsfähigkeit entstehen. bei den gleichen Tätigkeiten verun- ten beim Auspacken von Ware aus fallen. Wie also unterscheiden sich Kartonschachteln passieren oder Die körperliche Leistungsfähigkeit Unfälle von älteren und jüngeren einer Floristin beim Anschneiden setzt sich aus drei Komponenten Arbeitnehmenden? Unterschiede von Rosen. zusammen: zeigen sich bei einigen Unfallhergän- • Reaktionsgeschwindigkeit, gen (siehe Grafik Seite 13 unten). • Gleichgewichtssinn, Bei 35 Prozent aller Berufsunfälle Besonders häufig • Kraft. von über 50-Jährigen handelt es sich sind Stolper- und um ein Ausgleiten / Abrutschen oder Da mit zunehmenden Alter diese anders gesagt um klassische Stolpe- Sturzunfälle. drei Elemente alle abnehmen, sind runfälle. Sie geschehen bei älteren Unfälle, die mit der körperlichen Verunfallten häufig auf Eis oder Leistungsfähigkeit in Verbindung Schnee sowie auf Treppen. Bei jün- Auch im Verletzungsmuster der Ver- stehen, bei älteren Arbeitnehmen- geren Verunfallten ist der Anteil der unfallten zeigen sich Unterschiede den häufiger. Stolperunfälle viel tiefer: 21 Prozent zwischen den Altersgruppen. Die bei unter 30-Jährigen und 28 Pro- Verletzungen betreffen bei allen Dies lässt die Erkenntnis zu, dass die zent bei unter 50-Jährigen. Leicht Altersgruppen am häufigsten Hand, Erfahrung von älteren Arbeitneh- häufiger zu beobachten ist bei älte- Fuss und Knöchel. Bei älteren sind menden zur Vermeidung von Unfäl- ren Verunfallten das Anstos- jedoch oft auch komplexere Struktu- len nutzbar gemacht werden könnte. sen / Anschlagen an etwas. Sehr oft ren wie Knie, Schulter, Ellbogen, Gleichzeitig sollte jedoch die körper- geschieht dies im Zusammenhang Rumpf oder Rücken betroffen. Dies liche Leistungsfähigkeit jüngerer EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 mit dem Ausgleiten. Die Person fällt erklärt einen Teil der höheren Kosten. Arbeitskäfte zur Entlastung älterer hin und schlägt sich den Ellbogen Mitarbeitenden eingesetzt werden. oder den Kopf an. Erfahrung vs. körperliche Ein reziproker Ausgleich zwischen Leistungsfähigkeit Erfahrung und körperlicher Leis- Unfallhergänge durch Getroffen tungsfähigkeit im Verbund über werden sowie Schnitt-, Stich- und Mit dem Alter steigt die berufliche Generationen hinweg könnte somit Schürfverletzungen sind hingegen Erfahrung. Ältere Mitarbeitende auf betrieblicher Ebene zur Reduk- mit höherem Alter klar seltener. kennen die Gefährdungen und die tion der Unfallhäufigkeit jüngerer Getroffen werden die Verunfallten Sicherheitsregeln. Sie können auf- wie auch älterer Arbeitnehmenden am häufigsten durch kleine Teilchen grund ihrer Erfahrung bestimmte einen Beitrag leisten. 12
Anzahl und Kosten der Berufsunfälle nach Alterskategorien Berufsunfälle UVG, 2010 – 2014 Lediglich 19 Prozent aller Unfälle betreffen die Alterskategorie 19% der 50 bis 64-Jährigen. Diese verursachen 37% jedoch 30 Prozent aller jährlich anfallen- den Kosten. 44% Laufende Kosten der Berufsunfälle UVG, 2010 – 2014 15 – 29 Jahre 30 – 49 Jahre 50 – 64 Jahre 30% 18% 52% Unfallhergänge, die sich unter den Altersgruppen unterscheiden (UVG 2010 – 2014) Mehrfachzählungen möglich! Ausgleiten, abrutschen 21% 28% 35% Getroffen werden, verschüttet werden 31% Gestochen, geschnitten, 25% 21% geschürft werden Anstossen an etwas, anschlagen, anfassen 20% 16% 24% Sich überlasten EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 15% 13% 12% 8% 8% 6% Herunterfallen, abstürzen 4% 5% 6% 15 – 29 Jahre 30 – 49 Jahre 50 – 64 Jahre 13
SCHWERPUNKT Gesunde Unternehmen brauchen gesunde Mitarbeitende Die Bauwirtschaft ist im Wandel. Klima- und Energiepolitik, Raumplanung und Demo- grafie verändern die Rahmenbedingungen. Der Wandel ist eine Chance für den Holzbau. Heute arbeiten rund 19 000 Personen im Holzbau, Tendenz steigend. Etwa 50 Prozent der Mitarbeitenden sind 30 Jahre alt oder jünger. Mitarbeitende ab dem 30. Altersjahr an die Branche zu binden, ist im Kontext des Fachkräftemangels eine echte Herausforderung. Man setzt daher alles daran, die Bindung der Mitarbeitenden zu erhöhen. Vermehrte Fort- und Weiterbildung, spezifische Laufbahnmodelle für ältere Mitarbeitende und eine neue Branchenlösung Holzbau Vital sollen Beiträge zu einem fortschrittlichen Generationenmanagement leisten. Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter Good Practice Beispiel 1
Einige Kennzahlen zum Branchenverband Holzbau Schweiz Anzahl Mitglieder (2015) • Holzbau-Polier • Handel, Verwaltung 10.9 % 1219 • Holzbau-Techniker • Unterricht, Bildung • Holzbau-Ingenieur Anzahl Beschäftigte (2013)* 21.5 % • Holzbau-Meister 18 750 • Freizeit, Sport, Erholung • Kauffrau / Kaufmann und übri- 9.2 % Anzahl Arbeitsstätten (2013)* ges kaufmännisches Personal • Spitäler, Heime, Gesundheit 2550 12.9 % Anteil Holz an der • Gewerbe, Industrie Tragkonstruktion nach Berufe im Holzbau 13.6 % Gebäudekategorie (2015) • Holzbau-Arbeiter • Landwirtschaft • Einfamilienhäuser 39.6 % • Holzbearbeiter 17.3 % • Total alle Gebäudekategorien • Zimmermann • Mehrfamilienhäuser 13.6 % 9.5 % • Holzbau-Vorarbeiter * Quelle: Bundesamt für Statistik D er Strukturwandel macht auch vor der Bauwirt- Fachkräftemangel als Herausforderung schaft nicht Halt. Vier grosse Themen prägen die Herausforderungen der Bauwirtschaft Was wie eine Erfolgsstory aussieht, hat auf der Seite der heute und auch in Zukunft: Altersstruktur einen Haken. Während in den meisten Branchen infolge der demografischen Entwicklung von • Klimapolitik: Der Gebäudepark Schweiz verursacht einer Überalterung der Belegschaft gesprochen wird, ist 40 Prozent der CO2-Emissionen. beim Holzbau die Situation genau umgekehrt (siehe Gra- • Energiepolitik: 50 Prozent des Gesamtenergiever- fik Seite 16). brauchs entsteht in Gebäuden der Schweiz. Bei der heutigen Sanierungsrate dauert es 100 Jahre bis der Die Branche bildet Jahr für Jahr viele Berufsleute aus, sie gesamte Gebäudebestand eine höhere Energieeffizi- verfügt bis zum Alter von ca. 30 Jahren über ein gutes enz erreicht. Personalpolster, doch nach 30 wan- • Raumplanung: Jede Sekunde dern viele Mitarbeitende in andere wird ein Quadratmeter Kulturland Holzbau liegt Branchen ab. Die wichtigsten Gründe in der Schweiz verbaut. Der für die hohen Fluktuationsraten wer- im Trend. Gebäudepark Schweiz soll daher den nicht selten in der Arbeitssicher- vermehrt durch Verdichtung der heit, beim betrieblichen Gesundheits- Gebäudestrukturen wachsen. schutz und bei der physischen bzw. psychischen • Demografie: Heute sind 33 von 100 Personen im Belastung der Mitarbeitenden identifiziert. Ruhestand. Bis 2045 werden es 56 Personen sein. Neue Branchenlösung entwickelt Die Holzbaubranche hat gute Chancen, in diesem Ver- EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 änderungsprozess eine führende Rolle zu übernehmen. Um einen drohenden Fachkräftemangel abzuwenden, hat Holz ist ein natürlicher und ökologischer Rohstoff, der sich die Branche mit der demografischen Entwicklung und sich fast universal einsetzen lässt. der langfristigen Sicherung eines qualitativ und quantitativ gesunden Personalbestandes auseinandergesetzt. Holzbau Die handwerklichen, industriellen, gestalterischen und Schweiz hat auf diese Herausforderungen reagiert und eine energietechnischen Eigenschaften des Baustoffs Holz neue, innovative Branchenlösung entwickelt. Unter der sind fast unbegrenzt. Holzbau ermöglicht nachhaltige Bezeichnung «holzbauvital» wurde die Branchenlösung und leistungsfähige Bausysteme. Die dynamische Ent- Arbeitssicherheit (Basis Suva/EKAS) und eine neue Partner- Hans Rupli wicklung des Marktanteils in der Holzbaubranche ist schaft mit Helsana im betrieblichen Gesundheitsmanage- Zentralpräsident deshalb keine Überraschung. ment vereint und sozialpartnerschaftlich positioniert. Holzbau Schweiz 15
SCHWERPUNKT Alterstruktur im Holzbau Schweiz Berufsleute Nach dem 30. Altersjahr 5000 wandern viele Mitarbei- tende in andere Bran- 4587 chen ab! 4500 4000 3500 38% 3000 2500 2559 2377 2000 1608 1500 1000 21% 20% 811 13% 500 7% 246 0 2% 16 – 24 20 – 29 30 – 39 40 – 49 50 – 59 60 – 65 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Lebenslange Karrierechancen durch gezielte Laufbahnberatung. Gerade die kleinstrukturierten Merkmale der Holzbau- UVG-Prämien, die für jeden Mitarbeitenden ca. 400 Fran- branche machen es Klein- und Kleinstbetrieben schwer, ken tiefer lagen als der Branchendurchschnitt. Bei einem allein auf die Problematik des Fachkräftemangels Lösun- mittleren Betrieb mit 60 Mitarbeitenden macht das gen zu finden. Im Verbund mit einer umfassenden Bran- immerhin rund 24 000 Franken pro Jahr. chenlösung ist jedoch ein Schritt gelungen, der auch Kleinbetriebe befähigt, in den Bereichen Arbeitssicher- Entwicklung der Mitarbeitenden durch Bildung heit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsmanagement fortschrittliche Lösungen zu realisieren. Gerade bei der Bildung lässt sich einiges steuern. Ältere Mitarbeitende können aufgrund ihrer Erfahrung durch Umfassende Dienstleistungen Weiterbildung mehr Verantwortung und Führungsfunk- tionen übernehmen. Jungen Berufsleuten eröffnen sich Die neue Branchenlösung umfasst nebst der ASA-Syste- durch Laufbahnberatung lebenslange Karrierechancen. matik, welche durch die EKAS vorgeschrieben wird, auch Der Branchenverband investiert daher kräftig in die Aus- eine breite Palette von Dienstleistungen, die auf das und Weiterbildung und hat im Rahmen des Gesamt Gesundheitsmanagement ausgerichtet sind. Diese sollen arbeitsvertrags einen eigenen paritätisch finanzierten auch ältere Mitarbeitende befähigen, im Beruf bleiben Vollzugs- und Weiterbildungsfonds geschaffen. zu können. Nebst freiwilligen Angeboten für Verbands- mitglieder wie Kollektiv-Tagegeldversicherung Kollektiv- Kulturwandel vertrag für die Pflege, umfasst das Angebot auch Dienst- leistungen für das betriebliche Gesundheitsmanagement Erfolgreiche Unternehmen pflegen eine partnerschaftliche sowie subventionierte Bildungsangebote im Bereich Unternehmenskultur. In der Holzbaubranche bildet ein Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Vorgesehen Gesamtarbeitsvertrag dafür die Basis. Doch die Veranke- sind ausserdem ein betriebliches Case Management und rung auf Stufe der Betriebe und der gesamten Branche ist Laufbahnangebote für ältere Mitarbeitende. ein langfristiger Prozess. Arbeitssicherheit, Gesundheits- schutz und Generationenmanagement müssen fest in der Durch flexible Arbeitszeiten und gezielte Massnahmen Berufskultur der Branche und der Betriebe verankert sein, bei der Altersentlastung lassen sich körperliche und psy- damit sie erfolgreich umgesetzt werden können. Die chische Belastungen abfedern. Gute Versicherungsleis- Zukunft wird nicht allein durch Wissen, sondern vor allem tungen bei krankheits- oder unfallbedingten Absenzen durch die Mentalität geprägt. Der in der Holzbaubranche EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 verleihen mehr Sicherheit – ein Imagegewinn für die in Gang gesetzte Prozess ist Ausdruck eines Kulturwan- gesamte Branche. Dass sich die Investition in die Arbeits- dels. Mit dem Ziel, die Wahrnehmung des gesamten sicherheit und den Gesundheitsschutz lohnt, zeigt sich Berufsbilds dadurch zu verändern. Holzbau ist nicht nur für auch auf der betriebswirtschaftlichen Seite am Beispiel junge Berufsleute faszinierend, der Beruf bietet solide, eines Mitgliedsbetriebs bei der neuen Branchenlösung wirtschaftliche Chancen und gute Voraussetzungen bis zur Holzbau Vital. Dieser Betrieb hatte 2014 bei der Suva Pensionierung. 16
holzbauvital: Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Generationen- bzw. Gesundheitsmanagement vereint Branchenlösung Arbeitssicherheit Partnerschaft für Generationen- und Gesundheitsschutz management mit Helsana Kollektiv-Krankentaggeldversicherung Kollektiv-Pflegevertrag EKAS Dienstleistungsvertrag für betriebliches zertifiziert Gesundheitsmanagement Gesundheitsprävention Case Management Interview mit Hans Rupli. Die Antworten dung. Digitale Produktion und Vorfertigung bringen zu diesen Fragen stammen aus einem Entlastung. Gleichzeitig müssen Mitarbeitende wie auch Podiumsgespräch anlässlich der Schweize- Führungskräfte besser sensibilisiert werden. Wir setzen rischen Tagung für Arbeitssicherheit der EKAS stark auf ein gutes Bildungssystem und eine höhere (Oktober 2016), an der Hans Rupli teilgenommen Einstufung von gesundheitsrelevanten Themen. Unser hat. Die Tagung war dem Thema «Gesunde Ziel ist es, den richtigen Mitarbeitenden zur richtigen Arbeitsplätze für jedes Alter» gewidmet. Redak- Arbeit zu führen. Mitarbeitergespräche und Karriere- tion: Thomas Hilfiker, elva solutions, Meggen. planung sind dabei wichtige Instrumente. Nicht jeder hat die gleichen Bedürfnisse. Junge und ältere Mitar- Herr Rupli, in der Holzbaubranche wandern die beitende gegeneinander auszuspielen, ist nutzlos. Die Berufsleute nach 30 ab. Warum ist das so? älteren bringen Erfahrung und Effizienz, die jüngeren Energie und Dynamik. Zusammen erreichen wir die bes- Hans Rupli: «Wir befassen uns seit einiger Zeit mit dieser ten Resultate.» Frage. Die Fluktuation ist generell, nicht nur in unserer Branche, ein Thema. Die körperliche Belastung, Arbeits- Haben alle Betriebe in Ihrer Branche die gleichen sicherheit und Gesundheitsschutz, aber auch die Karri- Probleme? ereplanung spielen eine wichtige Rolle. Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass die Polizei oft junge Berufsleute Hans Rupli: «Grosse Unternehmen haben generell mehr bei uns rekrutiert. Der Holzbau ist ein gutes Sprung- Möglichkeiten. Unsere Branchenstruktur ist jedoch brett. Wir haben qualifizierte Mitarbeitende, die einen durch eine grosse Anzahl kleinerer Betriebe gekenn- hohen Berufsstolz mit sich bringen. Das schätzt man zeichnet. Mit unserer neuen Branchenlösung haben wir auch in anderen Branchen. Wir wollen und müssen aber die Grundlage geschaffen, dass auch kleine Betriebe EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 nicht jeden Mitarbeitenden halten. Ein Zimmermann, flexible Lösungen im Generationenmanagement anbie- der Bauführer oder Planer wird, kann sein Holzbau-Fach- ten können. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz wissen weiterhin für die Branche gewinnbringend ein- gekoppelt mit freiwilligen Versicherungslösungen unse- setzen. Auch die Mitgestaltung der «Exportfunktion» in rer Partnerin Helsana bilden ein Gesamtpaket, dass alles unserem Berufsstand bringt uns weiter.» abdeckt. Zudem können die angeschlossenen Betriebe dadurch ihre Prämien senken und ihren Mitarbeiten- Und was tun Sie gegen den Fachkäftemangel? den vorteilhafte Kollektivversicherungen anbieten. Eine echte Win-win-Situation für die Branche wie auch für Hans Rupli: «Unser Bestreben geht in Richtung gestei- die Betriebe.» gerter Arbeitsplatzqualität und lebenslanger Weiterbil- 17
SCHWERPUNKT Generationenmanagement – erprobte Massnahmen bei der SBB Arbeit, Alter und Gesundheit: die SBB steht wie viele Grosskonzerne vor Herausfor- derungen, die durch veränderte Demografie und neue Bedürfnisse der Arbeitneh- menden entstanden sind. Verschiedene Lösungsansätze wurden entwickelt, um auf diese Situation zu reagieren. Sie reichen von der Arbeitsgestaltung, über Massnahmen im Bereich der Gesundheitskompetenzen bis hin zum betrieblichen Case Management. Drei Pensionierungsmodelle und ein Lebensarbeitszeitmodell gehen speziell auf die verschiedenen Berufsgruppen sowie auf die berufliche und persönliche Situation der Mitarbeitenden ein. Mit dem Ziel, die Arbeitszeit besser auf die Lebenssituation anzupassen und gesund zu bleiben bis zur Pensionierung. Doch die Erkenntnis reift: Es existieren keine allgemeingültigen Lösungen. Das Alter allein ist kein abschliessen- des Kriterium. Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter Good Practice Beispiel 2
Einige Kennzahlen zur SBB Anzahl Mitarbeitende • 8600 Züge / Tag für den Cargo Reiseverkehr 33 000 • 3100 Mitarbeitende Infrastruktur • 205 000 Tonnen Güter / Tag Anzahl Berufe, darunter viele • 10 300 Mitarbeitende bahnspezifische Berufsbilder • 1850 Züge / Tag für den • Bau und Unterhalt von Schie- Güterverkehr Über 150 Berufsbilder nennetz und Infrastrukturen: Konzernbereiche • Handwerklichtechnische Berufe 3172 km Schienennetz, 6005 Brücken, 319 Tunnel, • 4500 Mitarbeitende • IT / Informatik 31 874 Signale, 13 000 Wei- • Human Resources, Kommuni- • Kaufmännische Berufe chen, 6 Wasserkraftwerke kation, Informatik, Finanzen, • Immobilienberufe Immobilien Recht & Compliance, Sicherheit und Qualität, Unternehmens- • Ingenieurberufe • 800 Mitarbeitende entwicklung, Supply Chain • Finanzberufe • 3500 Gebäude Management • Reinigung / Unterhalt der Operative Divisionen Bahnhofanlagen Personenverkehr • Vermietung von • 14 300 Mitarbeitende Immobilienflächen • 1.21 Million Fahrgäste pro Tag Strategische Grundrichtungen • Arbeit und Gesundheit ins Management integrieren, D z. B. Integration von Gesundheit in Bau-/und ie Gesundheitsstrategie der SBB ist aus der Beschaffungsprojekte, Zielvereinbarungssysteme HR-Strategie abgeleitet. Drohende Szenarien oder durch Steuerungsgruppen zu Arbeit & Gesund- wie Verknappung des Personals, Verlust an spe- heit mit Geschäftsleitungen. zifischem Bahnwissen und steigende, gesund- heitsbedingte Mehrkosten von älteren aber zunehmend Herausforderungen der demografischen auch von jüngeren Mitarbeitenden sind mit Sicherheit Entwicklung ein Thema, wenn es um Generationenmanagement geht. Doch in erster Linie ist die Gesundheitsstrategie Das Durchschnittalter der Mitarbeitenden der SBB ist seit verknüpft mit einem Wertesystem, das darauf abzielt, 2007 kontinuierlich gestiegen. 2015 betrug es 44,7 Jahre. das Bedürfnis der Mitarbeitenden und den Bedarf der Vor allem der Anteil der Mitarbeitenden über 50 Jahre SBB an leistungsfähigen Mitarbeitenden zu einer Über- steigt rasant. 2015 waren es 39,2 Prozent. Die demogra- einstimmung zu führen. fische Veränderung ist eine betriebliche Realität, aber nicht ein Problem an und für sich. Bei- Die Gesundheitsstrategie der SBB spielsweise hat eine Untersuchung umfasst vier strategische Grundrich- Das biologische der subjektiven Erschöpfung anhand tungen: Alter allein ist nicht verschiedener Berufsbilder sehr unter- schiedliche Resultate ergeben. Bei ausschlaggebend. EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 • persönliche Ressourcen und bestimmten Berufsgruppen mit hoher gesunde Arbeitsverhältnisse för- psychischer Belastung steigt das dern, z. B. durch Arbeitsgestaltung, Ergonomie und Risiko eines Erschöpfungszustands über 50, während es Zukunftsmodelle für die Arbeitszeitgestaltung und bei anderen Berufsgruppen im Alter eher sinkt. den Übergang in die Pensionierung; • Frühintervention stärken, z. B. durch frühes Handeln Eine Personalumfrage der SBB hat ergeben, dass sich David Blumer im Bereich der psychischen Gesundheit, ein Präsenz- zwar der arbeitsbedingte Gesundheitszustand, z. B. bei Leiter Arbeitsge- management; Handwerkern, mit zunehmenden Alter verschlechtert, staltung & Leiter Gesundheits- • Leistungsfähigkeit erhalten, z. B. durch betriebliches doch die Werte bezüglich körperliche Belastungen, kompetenzen Case Management und Integrationsstellen; Erschöpfung und Zeitdruck ein differenzierteres Bild SBB AG, Bern 19
SCHWERPUNKT Das Know-how älterer Mitarbeitenden zu erhalten Berufsspezifische konzipierte Mass- bedeutet Mehrwert für das Unternehmen. nahmen haben die grösste Wirkung, und zwar auf alle Alterssegmente. ergeben. Es besteht hier hauptsächlich eine Korrelation • Erhöhung der Zeitautonomie, bessere Vereinbarkeit zwischen Dienstalter und der Entstehung körperlicher zwischen verschiedenen Lebensbereichen; Beschwerden oder dem Erleben von Zeitdruck. Eine fun- • Erhalt von Know-how, schrittweiser Übergang in dierte Analyse muss neben dem biologischen Alter auch die Pension; Faktoren wie das Dienstalter, die berufliche Belastung • Erhalt der Gesundheit im Alter, Senkung der Kosten sowie die individuelle Lebenssituation eines Mitarbeiten- für Fehltage und für Reintegrationsfälle. den berücksichtigen. Die SBB hat daraus drei Pensionierungsmodelle und ein Lösungsansätze der SBB Lebensarbeitszeitmodell entwickelt (siehe Zusammenfas- sung S. 21). Sie tragen den unterschiedlichen Belastun- Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, die Lösungsan- gen der verschiedenen Berufsbilder und den individuel- sätze weniger nach rein altersbezogenen Kriterien zu len Ansprüchen der Mitarbeitenden Rechnung: suchen, sondern auf der Basis von Kennzahlen, von Risi- koevaluationen und zielgruppenspezifischen Merkma- • Valida: Vorzeitiger voller oder teilweiser Vorruhestand len. Steuerungsgruppen bilden dabei ein zentrales Ele- für Berufsgruppen mit hohen Belastungen und tiefem ment. Sie bringen das Fachwissen von Spezialisten mit Lohn. Die Mitarbeitenden erhalten im Vorruhestand dem empirischen Wissen der Linienverantwortlichen einen Lohnersatz und Pensionskassenbeiträge. zusammen und können daraus zielgerichtete Massnah- • Priora: Finanzielle Unterstützung einer vorzeitigen men ableiten. Ergonomisch korrekte Arbeitsplätze sind Pensionierung in definierten Berufsgruppen mit beispielsweise in allen Altersgruppen sinnvoll, während hohen Belastungen oder tiefem Lohn. Der Arbeitge- das Weglassen von Nachtschichten für über 55-Jährige ber unterstützt diese Mitarbeitenden durch eine eine altersdifferenzierte Massnahme zur Arbeitsgestal- höhere Finanzierung der Überbrückungspension. tung darstellt. • Activa: Gleitendes, längeres Arbeiten zu altersge- rechten Bedingungen in gegenseitigem Einverneh- Ein weiteres Beispiel betrifft das Verkaufspersonal, das men. Teilzeitarbeit vor der ordentlichen Pensionie- verglichen mit dem gesamtschweizerischen Benchmark rung und Beschäftigung darüber hinaus. eine überdurchschnittlich hohe Erschöpfung aufweist. Die • Flexa: Lebensarbeitszeitmodell: Freiwilliges Ansparen naheliegende Schlussfolgerung: Es braucht mehr Zeit für von Zeit- und Geldelementen zur späteren Kompen- die Erholung. Doch wie löst man die zu befürchtende Ein- sation als Auszeit oder Reduktion des Beschäfti- busse bei der geleisteten Arbeit? Ein Pilotversuch zur Ein- gungsgrads. führung von Kurzpausen, d. h. alle zwei Stunden fünf bis max. zehn Minuten Pause, brachte erstaunliche Resultate: Integrale Perspektive gefragt weniger Erschöpfung, weniger psychische Anspannung bei gleicher Produktivität. Solche Kurzpausen können nun Die Modelle der SBB sind fortschrittlich. Solche Modelle durch die Steuerungsgruppe mit gutem Gewissen in allen allein lösen die demografischen Herausforderungen Regionen als Massnahme propagiert werden. jedoch nicht. Die unternehmensinternen Untersuchun- gen zeigen auf, dass das Generationenmanagement nur EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 Zukunftsmodelle für den Übergang durch ein differenziertes Verständnis der Herausforde- ins Pensionsalter rungen der Arbeit, des Alters und der Gesundheit im Unternehmen lösbar ist. Es braucht eine breite, systema- Die SBB verfolgt auch im Bereich der Arbeitszeitmodelle tische und integrale Sichtweise zum Thema, das den zukunftsweisende Wege. Mitarbeitende sollen möglichst Mitarbeitenden vom Stellenantritt bis zur Pensionierung bis zur Pensionierung gesund bleiben. Aus diesem erfasst und die individuellen Kompetenzen, Belastungen Gesamtziel sind folgende Teilziele abgeleitet worden: und Strukturen berücksichtigt. Die grösste Wirkung generieren Massnahmen, die berufsspezifisch konzipiert • Anpassung der Arbeitszeit an die Lebens- und sind, aber auf alle Alterssegmente wirken. Gesundheitssituation; 20
Interview mit David Blumer. Die Antwor- ten zu diesen Fragen stammen aus einem Podiumsgespräch anlässlich der Schweize- rischen Tagung für Arbeitssicherheit der EKAS (Oktober 2016), an der David Blumer teilgenom- men hat. Die Tagung war dem Thema «Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter» gewidmet. Redak- tion: Thomas Hilfiker, elva solutions, Meggen. Zukunftsmodelle für die Herr Blumer, Sparprogramme sind omnipräsent. Pensionierung und die Auch die SBB muss sparen. Wie setzen Sie Mass- nahmen im Bereich der Frühpensionierung und des Lebensarbeitszeit Generationenmanagements trotz Spardruck um? Valida. Mitarbeitende definierter Berufsgruppen können David Blumer: «Natürlich sind auch wir dem Spardruck ab Alter 60 einen vollständigen oder teilweisen Vorruhe- ausgesetzt. Doch die SBB hat sich klar für eine sehr hohe stand wählen. Während des Vorruhestands erhalten Arbeitssicherheit und für ein umfassendes Gesundheits- diese Mitarbeitenden einen Lohnersatz. Die Zahlung der management ausgesprochen. Wir «verlieren» jedes Beiträge an die Pensionskasse läuft unverändert weiter. Jahr dreistellige Millionenbeträge in diesen Bereichen. Das Niveau der lebenslangen Rente bleibt erhalten. Das Eine gesunde Work-Life-Balance der Mitarbeitenden ist Modell wird durch Beiträge der SBB und der Mitarbei- auch im Interesse des Unternehmens. Für die Einführung tenden der definierten Berufsgruppen finanziert. Es neuer Modelle und Massnahmen ist jedoch entschei- basiert auf Solidarität zwischen jüngeren und älteren dend, genaue Daten und verlässliche Angaben über die Mitarbeitenden. Auswirkungen zu haben. So liefern wir dem Manage- ment schlagkräftige Argumente, auch zukünftig in die Priora. Für diese Mitarbeitenden finanziert die SBB frü- Gesundheit unserer Mitarbeitenden zu investieren.» hestens drei Jahre vor dem ordentlichen Pensionierungs- alter die Überbrückungspension der Pensionskasse SBB Drängt die SBB darauf, nach einem Unfall oder zu 80 % anstatt zu 20 %. einer Krankheit Mitarbeitende möglichst schnell an den Arbeitsplatz zurückzubringen? Activa. Mitarbeitender und Führungskraft vereinbaren im gegenseitigen Einvernehmen eine Verlängerung der David Blumer «Rückkehrprogramme haben zum Zweck, Tätigkeit nach 64 / 65 bei reduziertem Beschäftigungs- die Mitarbeitenden möglichst bald wieder in eine Tages- grad. Das Modell ermöglicht eine Senkung des Beschäf- struktur zu integrieren. Dabei geht es nicht in erster Linie tigungsgrads vor dem ordentlichen Pensionierungsalter darum, sofort wieder die volle Leistung zu erhalten, und eine Verlängerung der Tätigkeit darüber hinaus. Die sondern die Mitarbeitenden wieder in den Berufsalltag Eckwerte werden im Arbeitsvertrag festgehalten. zurückzuholen. Die Kosten bei einem erneuten Ausfall Dadurch besteht die Möglichkeit, die finanzielle Situa- wären letztendlich viel höher und betriebswirtschaftlich tion der betroffenen Person mit derjenigen einer vollen kurzsichtig.» Beschäftigung bis zum ordentlichen Pensionierungsalter vergleichbar zu machen. Das Modell ist offen für alle Welche Belastungen setzen älteren Mitarbeitenden Berufsgruppen im gegenseitigen Einverständnis zwi- am meisten zu? schen Mitarbeitendem und Vorgesetztem. David Blumer: «Der Bereich der Arbeitssicherheit ist Flexa. Das Modell steht allen Mitarbeitenden offen. Die stärker reguliert. Hier fallen generell weniger Probleme Mitarbeitenden können auf freiwilliger Basis gewisse an, wenn alle Sicherheitsmassnahmen und -regeln EKAS MITTEILUNGSBLATT Nr. 84 | Mai 2017 Zeit- oder Geldelemente auf einem individuellen Lang- eingehalten werden. Beim Gesundheitsmanagement zeitkonto ansparen. Geldelemente werden unmittelbar besteht mehr Handlungspotenzial. Wir haben kürzlich in Zeit umgewandelt. Die somit angesparte Zeit kann eine Untersuchung in einem Handwerksbetrieb gemacht später für persönliche Zwecke verwendet werden (Aus- und dabei festgestellt, dass die psychische Belastung zeit oder Reduktion des Beschäftigungsgrads). Während zuoberst auf der Liste stand. Unsere Nachforschungen dieser Zeit bekommen die Mitarbeitenden ihren aktuel- haben ergeben, dass kurze, schnelle Veränderungen len Lohn weiter. mitunter die grössten Belastungen bei den Mitarbeiten- den auslösen. Mit der Beschleunigung und Veränderung der Prozesse schaffen wir Unsicherheit und Stress. Hier besteht Handlungsbedarf für die Zukunft.» 21
SCHWERPUNKT Für gesunde Unternehmen engagiert Die Helsana-Gruppe engagiert sich als vertrauenswürdige Schweizer Kranken- und Unfallversicherung für die Gesundheit und Vorsorge von Privaten und Unternehmen. Helsana schützt 1,9 Millionen Menschen gegen die finanziellen Folgen von Krankheit, Unfall, Mutterschaft und Pflegebedürftigkeit im Alter. Für 46 500 Firmen und Verbände mit insgesamt 700 000 Versicherten entwickelt Helsana Versicherungslösungen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen krankheits- oder unfallbedingter Absenzen. Mit umfassenden Leistungen und Angeboten im Bereich der betrieblichen Gesundheit setzt sich die Helsana dafür ein, dass die versicherten Betriebe und ihre Mitarbeiten- den gesund bleiben. Das Generationenmanagement setzt nicht erst dann ein, wenn die Folgen des demografischen Wandels spürbar werden. Ein gesundes Unternehmen ermöglicht Mitarbeitenden mittels frühzeitigem Generationenmanagement in allen Lebensphasen eine gesunde Entfaltung ihres wirtschaftlichen Potenzials. Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter Good Practice Beispiel 3
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