ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
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INTERVIEW: CHINA: FORSCHEN DIGITAL WIRD NORMAL UNTER VOLLDAMPF ELEMENTS S APRIL 2016 # 54 LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* DAS INNOVATIONSMAGAZIN
EDITORIAL Wie kann Leichtbau serientauglich werden? Wertvolle Netzwerke Ab Seite 04 Airbags, ESP, Navigation, Assistenzsysteme, Sitzheizung, Klimaanlage: Mehr Sicherheit und INHALT Komfort im Auto bringen auch mehr Gewicht, das anderswo eingespart werden muss. Sonst Dr. Ulrich Küsthardt Chief Innovation Officer, kann die Industrie die CO2-Grenzwerte der EU Evonik Industries AG 04 Leichtbau Kühlen überflüssig: ein nicht einhalten, die bis 2020 für alle Neuwagen ulrich.kuesthardt @evonik.com Prepreg, das nicht klebt von heute 130 auf dann 95 Gramm pro Kilometer 10 Leichtbau sinken sollen. Hier kommt Leichtbau ins Spiel: Einfacher, kostengünstiger: 100 Kilogramm weniger Gewicht senken bei neue Ansätze zur Fertigung einem Benziner den CO2-Ausstoß um bis zu zwölf von Faserverbundwerkstoffen Gramm pro Kilometer. Doch derzeit bestehen 17 Gastkommentar Autos erst zu knapp drei Prozent aus leichten Ver- Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann über das bundwerkstoffen. Denn in der Herstellung steckt Schwergewicht Leichtbau viel Handarbeit, und es fehlt an vollautomatisier- 20 Interview ten Fertigungsverfahren. Das treibt die Kosten. Was Digitalisierung für die Weil Verbundwerkstoffe für Evonik ein strate- Chemie bedeuten kann gischer Wachstumsmarkt sind, haben wir unser 27 CIO Award Know-how im Projekthaus Composites gebün- Ein ausgezeichneter Netz delt. 20 Forscher hatten drei Jahre Zeit, neue werker: Dr. Peter Murphy Materialien und Prozesse für einen wirtschaftli- 29 Verfahrenstechnik cheren Leichtbau zu entwickeln. Neun Projekte 3 Herstellung und Aufarbeitung in einem Schritt: das ehr haben sie zusammen mit ihren über 80 Partnern geizige Projekt ROMEO aus Wissenschaft und Industrie erfolgreich be- 30 Verfahrenstechnik arbeitet. Aktuell werden die Neuentwicklungen Weniger Aufwand für potenziellen Kunden vorgestellt. mehr Sicherheit: Bereits einen Schritt weiter ist das Geschäfts- der Methioninprozess gebiet Crosslinkers mit seinem neuen Produkt 34 Greater China VESTANAT® PP, das ebenfalls die Fertigung von Wissensbasiert statt Composites vereinfacht. Crosslinkers unterhält produktionsgetrieben: Was man in F&E von China lernen kann bereits Entwicklungsprojekte mit mehreren 08 Data Mining Autoherstellern, die das Produkt in ihren Zu- Leichtbau kunftsmodellen einsetzen wollen. Dafür haben 18 Corporate Foresight wir das Entwicklerteam mit unserem Innova Titel und Rücktitel: C3 Visual Lab Fotos Seite 3: Stefan Wildhirt (2) Grafik: C3 Visual Lab Wearables tionspreis 2015 ausgezeichnet. Auch hier war die 23 CompanyNews 32 Professionals Dr. Marion Hax Kooperation mit Partnern – Prepreg-Herstellern 38 Wunschzettel Dr. Mark Lorch und Autozulieferern – ein Erfolgskriterium. Das 39 Lesetipps / Impressum zeigt, wie wertvoll Netzwerke sind. Um dieses Bewusstsein im Konzern zu schärfen, ging unser Spezial-Innovationspreis diesmal an Dr. Peter Murphy, einen überzeugten und überzeugenden Netzwerker. Feedback Hat Freude an ihrer Führungsrolle: Sagen Sie uns Ihre Dr. Marion Hax. Seite 32 Meinung zu elements: elements@evonik.com ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU LEICHTBAU SCHNELL GEMACHT 4 Perfektes Beispiel für innovativen Leichtbau: der BMW i8. Die hochfeste, extrem leichte Fahrgastzelle beispielsweise besteht aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen. ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Ohne faserverstärkte Kunst- stoffe gäbe es keine energie- sparenden Flugzeuge, keine leichten Elektroautos und keine leistungsstarken Windkraft anlagen. Ein Team des Geschäfts gebiets Crosslinkers hat mit VESTANAT® PP ein neuartiges Composite auf Polyurethanbasis entwickelt, das die Fertigung der Bauteile schneller, einfacher und günstiger macht. Dafür erhielten die Entwickler den Evonik-Innovationspreis 2015. 5 Ü von Eike Langkabel und Dr. Guido Streukens berall, wo Gewichtserspar- nis und hohe Belastbar- keit gefordert werden, sind Kunststoffe und insbeson- dere faserverstärke Poly- mere das Mittel der Wahl. Verbundwerkstoffe aus leichter Kunststoff- matrix und feinen Glas- oder Carbonfasern erlauben dünnwandige, zugleich aber hoch belastbare Bauteile. Leichtbau als Kon struktionsprinzip trägt so wesentlich zu Ressourcenschonung und Emissionsein- sparung bei. Obwohl Faserverbundwerk- stoffe in unterschiedlichen Branchen seit vielen Jahren eingesetzt werden, gilt immer noch: Im Leichtbau steckt viel Handarbeit. Nach wie vor fehlt es an vollautomatisierten Fertigungsverfahren. Das treibt die Kosten, senkt die Produktionszahlen und macht die Herstellung aufwendig und relativ lang- sam. Gleichzeitig wachsen die Nachfrage nach leichten Bauteilen und die Ansprüche an deren Belastbarkeit und Größe, sodass herkömmliche Faserverbunde an ihre Leis- tungsgrenzen stoßen. Deutlich wird das Dilemma beispielswei- se in der Windenergie. Rotorblätter mit einer Foto: BMW Länge über 90 Meter aus relativ günstigen glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Fibres). Bei diesen Halbzeugen werden End- losfasern mit den Reaktanten des Duroplas- ten beschichtet und vorvernetzt. Auf den ersten Blick wird die Fertigung erleichtert, da der Kunde (beispielsweise im Flugzeug- bau oder in der Formel 1) nur noch eine ein- zige Komponente aus Faser, Harz und Här- ter verarbeiten muss. Aber auch Prepregs haben gewichtige Nachteile: Die chemische Vorvernetzung schreitet bei Raumtempe- ratur kontinuierlich voran. Daher ändern sich innerhalb weniger Tage Viskosität und Spezifikation. Transport und Lagerung her- kömmlicher Prepregs erfordern also eine teure Kühlkette. Zudem sind sie klebrig und biegeschlaff und für ein automatisier- tes Handling mithilfe von Robotern nicht geeignet. Unimprägniertes unidirektionales Gelege im Technikum Marl. Aufwendige Kühlung wird überflüssig Ein Entwicklerteam des Geschäftsge- biets Crosslinkers des Segments Resource Efficiency hat sich dieser Probleme an- genommen. Es gelang, einen neuartigen Faserverbund zu entwickeln, der viele der Schwierigkeiten herkömmlicher Fer- sind schlicht zu schwer. Um noch grö- tigungsverfahren eliminiert. Ein Prepreg Abbildung 1: ßere und leistungsstärkere Anlagen bei- mit VESTANAT® PP ist fest und trocken Die Chemie der Polymermatrix spielsweise für Offshore-Windparks bauen O und kann gut von Robotern verarbeitet zu können, müssen Hersteller auf Faser- C und in Formen eingelegt werden. Es ist bei verbunde mit Carbon (CFK) umsteigen. Al- 2 O C N N C O N N Raumtemperatur nicht reaktiv, was bei C lerdings ist die Herstellung extrem dünner Transport und Lagerung die Kühlung er- O 6 Hochleistungsfasern aus Carbon teuer und spart. Die Fertigung wird beschleunigt, und Rohstoff für VESTANAT® PP ist ein Isocyanat. zeitintensiv – sie entstehen aus versponne- Schritt 1: Ein Teil der Isocyanatgruppen wird die Prozesskosten sinken. nem Polyacrylnitril, das in Spezialöfen bei als Uretdion chemisch blockiert. Um all diese Vorteile zu erreichen, wur- hohen Temperaturen unter Luftausschluss de die Chemie der Polymermatrix kom- pyrolytisch in reinen Kohlenstoff umge- O plett umgeschrieben. Übliche duroplasti- wandelt wird. C sche Werkstoffe bei Faserverbunden sind O C N N N N C O Epoxidharzformulierungen, die mit Ami- Etablierte Verfahren C nen gehärtet werden. VESTANAT® PP ba- mit Nachteilen O HO OH siert dagegen auf Polyurethan. Ausgangs- Klassische Kunststoffe im Leichtbau sind stoff ist ein aliphatisches Isocyanat. Das Duroplaste. Sie bestehen aus zwei chemi- O O Besondere: Seine funktionellen Gruppen schen Komponenten, die auf der Faser zu H C C sind etwa zur Hälfte durch Reaktion mit HO O N N N N O OH einem stabilen molekularen Netzwerk re- C C H Alkohol zu Urethan umgesetzt, die andere agieren. Die Polymermatrix nimmt die von O O Hälfte dagegen ist chemisch blockiert, in- n außen wirkenden Kräfte auf und leitet sie in Präpolymer dem je zwei Isocyanate eine stabile ring- die Fasern ein. OH förmige Gruppe (Uretdion) bilden. Diesem Für die Fertigung faserverstärkter Bau- gelösten Präpolymer werden weitere Poly + + teile haben sich zwei Verfahren etabliert: HO OH ole und ein organischer Katalysator beige- Beim Resin Transfer Molding (RTM) werden mischt (Abb. 1). entweder Gewebe oder mehrschichtige Ge- Schritt 2: Die verbleibenden Isocyanatgruppen Mit dieser Formulierung werden die Fa- lege in eine heiße Form eingelegt. Anschlie- polymerisieren durch Zugabe von Alkoholen zum sern getränkt und das feuchte Halbzeug bei ßend werden in die geschlossene Form Harz Präpolymer. Durch anschließendes Hinzufügen rund 100 °C getrocknet. Endprodukt sind von weiteren Polyolen und Katalysatoren entsteht und Härter injiziert. Temperaturbedingt VESTANAT® PP, mit dem die Fasern imprägniert – beim Einsatz von Carbonfasern – trocke- härten die beiden Komponenten des Poly- werden. Bei Erhitzen auf über 130 °C öffnen sich ne, tiefschwarze Matten, bei Glasfasern ein mers zu einer duroplastischen Matrix aus. die Uretdion-Gruppen; die Aushärtung startet. transparentes Material. Für die Fertigung RTM ist Standard im Automobilbau. Um die beim Kunden werden die Matten zuge- Fertigungszeit zu verkürzen, wird das Ge- schnitten und auf rund 70 °C erwärmt. Bei lege in der Regel endkonturnah vorgeformt. dieser Temperatur wird das Prepreg wieder Die Nachteile: Das Handling von bis zu vier weich. In eine kalte Form eingelegt, kühlt Komponenten – Binder, Harz, Härter und es erneut ab und erstarrt zu einem vorge- Fasern – macht das Verfahren komplex. Zu- formten Bauteil, das zwischengelagert oder dem sind teure Anlagen und Anlagenkom- auch sofort weiterverarbeitet werden kann. ponenten notwendig, darunter Hochleis- Um zum Endprodukt zu kommen, wird das tungspresse, Injektions- und Dosieranlage. Teil in die endgültige Form eingelegt, auf Eine Alternative zu RTM ist der Einsatz 140 bis 180 °C erhitzt und verpresst. Erst sogenannter Prepregs (Preimpregnated bei diesen Temperaturen erfolgt die End- ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU eingesetzt werden. Bei Neuinvestitionen Die Experten Abbildung 2: Gesteuerte Aushärtung werden teure Komponenten wie Dosier- Die Geschwindigkeit der Endvernetzung von VESTANAT® PP, dargestellt und Injektionsanlage überflüssig, die not- anhand der Menge an Isocyanatgruppen (NCO-Gehalt). Sie lässt sich durch wendige Presse benötigt weniger Leistung. Katalysatoren und Inhibitoren an die Wünsche des Kunden anpassen. Berechnungen zeigen: Die Produktion eines 100 Autodachmoduls beispielsweise gelingt um ohne Katalysatoren ein Drittel schneller. Die Investitionskosten für eine Neuanlage sind nur halb so hoch 80 wie für herkömmliche Fertigungstechnik, Eike Langkabel die Kosteneinsparung gegenüber RTM lie- leitet das Sachgebiet NCO-Gehalt [%] mit Katalysatoren gen bei bis zu 35 Prozent. Im Labor hat das 60 Prepregs in der und Inhibitoren Entwicklerteam alle Fertigungsschritte Anwendungstechnik getestet. Dabei wurden verschiedene Glas- des Geschäftsgebiets 40 Crosslinkers. mit Katalysatoren und Carbonfasern erprobt, der Einfluss eike.langkabel der Katalysatormenge definiert und unter- @evonik.com 20 schiedliche Rezepturen für das Flüssigharz untersucht. 0 Markteinführung Zeit für 2016 geplant VESTANAT® PP ist das erste lagerstabile Prepreg, das thermoplastisch verformbar ist und duroplastisch aushärtet (Abb. 3). Das heißt, es vereint die Vorzüge beider Dr. Guido Streukens Polymertypen. Daraus resultiert ein neuer ist Projektleiter für Fertigungsprozess mit Vorteilen gegenüber VESTANAT® PP im den bisher üblichen Verfahren: Der serien Business Development vernetzung des Polymers, da sich jetzt die taugliche RTM-Prozess wird vereinfacht des Geschäftsgebiets Crosslinkers. Uretd ion-Ringe öffnen und durch Reak- durch ein einkomponentiges Prepreg. Zu- guido.streukens tion mit den Polyolen auspolymerisieren dem weist der neue Leichtbauwerkstoff eine @evonik.com (Abb. 2). extreme Schlagzähigkeit bei hoher Ober- Die Trennung von Vor- und Endvernet- flächengüte auf. In Kooperation mit einem zung durch zwei unterschiedliche Reak Prepreg-Hersteller wird das Material 2016 tionsmechanismen und die damit verbun- Prepregs als auf den Markt gebracht. 7 dene Stabilisierung des Zwischenprodukts unidirektionales Die Erfahrung während der mehrjährigen sind für Faserverbundwerkstoffe neu, bei Gelege (links) Entwicklungsarbeiten zeigt: Know-how und als Gewebe. Evonik allerdings ein bewährtes Rezept. aus anderen Geschäftsfeldern kann – adap- Es wird beispielsweise für Pulverlacke ge- tiert an die Herausforderungen eines neu- nutzt. en Produkts – zu exzellenten Alternativen Bei der Entwicklung von VESTANAT® führen, an die bisher niemand gedacht hat PP konnte dieses Prinzip für den Leicht- und die wesentliche Praxisprobleme besei- bausektor adaptiert und optimiert werden. tigen helfen. Entscheidend für den Erfolg Die Geschwindigkeit der Endvernetzung war insbesondere die enge Kooperation mit ist entsprechend den Kundenwünschen Prepreg-Herstellern und Kunden. steuerbar: zum einen über die Menge des Das Crosslinkers-Team übernahm nicht zugegebenen Katalysators, zum anderen nur die Rolle des Rohstoffentwicklers, über die gewählte Temperatur – je heißer sondern auch die des Formulierers, Pre der Härteprozess, desto schneller die End- preg-Herstellers und des direkten Zuliefe- Ausgezeichnet vernetzung. Das System lässt sich auf diese rers. So führte das Wissen um die gesamte mit dem Evonik- Innovationspreis 2015 Weise an den vorhandenen Gerätepark und Wertschöpfungskette zu einer vielverspre- in der Kategorie an die gewünschte Anwendung anpassen. chenden Innovation für einen der dyna Neue Produkte/ Bestehende Anlagen können problemlos mischsten Märkte weltweit. Systemlösungen. Abbildung 3: Temperaturverhalten der Prepregs Infografik: C3 Visual Lab Fotos: Evonik (4) Da die Prepregs schon bei 70 °C schmelzen, 25 °C 70 °C 130 °C 180 °C aber erst bei 130 °C aushärten, lassen sie • lagerstabil bei • Schmelzen der Matrix • Vernetzung des • effiziente Verarbeitung sich wie Thermoplaste Raumtemperatur ohne Vernetzung Systems startet • Vernetzungsdauer • einfaches Handling • einfache Umformung • Vernetzungsdauer verkürzt sich auf einfach und schnell • feste Matrix • kein zusätzliches Bindemittel 30 bis 60 Minuten 2 bis 3 Minuten verarbeiten. • nicht klebrig • s tabiler, unvernetzter • formstabil Formling nach Abkühlen ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Masse Rotorblatt [t] 20 MW Basisdesign Mehr Windenergie durch Composites Rotor 250 m WindPACT* 160 10 MW Windkraftanlagen liefern umso mehr Energie, je länger die Rotor- Rotor 200 m blätter sind. Ihr Gewicht lässt sich dann nur noch durch Composites verringern. Die WindPACT-Studien zeigen, wie eine Optimierung des 5–6 MW Designs das Gewicht weiter reduzieren kann – unter anderem durch 120 Rotor 126 m die Verwendung von Kohlefasern statt Glasfasern. kommerzielle 80 Produkte optimiertes Design WindPACT* 40 * Designstudien des National Renewable Energy Laboratory (NREL) 0 75 100 125 Länge Rotorblatt [m] Quelle: Lucintel 5,4 % andere 5,6 % 6, 3 ** E xploration und Evaluierung 6, 4 %B mineralischer E % Ressourcen auw & E** P ip 6, e& 7% ese 7, 2 n Ta Sc 14 – 19 % ate 20 hi n Tr m sr k 7,7 ffb a tu % ns hs au W po ac in d rt W 7,8 en c he er % g ie li Ko hr nsu 25,3 jä mg ü te e, r 14 nt 8 7,8 20 % me Luft 35,2 f ahr t seg t 20 19 Mark Attraktives Wachstum Laut Prognosen wächst 35 der Composites-Markt 20 -$ bis 2019 um durchschnitt- US 13 lich sieben Prozent pro 23,9 360 n Jahr. Überdurchschnitt de 245 lli ar liches Wachstum verspre- i chen Luftfahrt, Konsum- M e n in güter, Windenergie und Marktvolum Transport. mittlere 35 Lebensdauer (in Jahren) 272 16,7 0,8 andere 245 carbonfaser- verstärkte 80 Composites jährl. Kosten % Lebenszyklus 74 0 Kosten 82,5 Wartung glasfaserverstärkte Composites Niedrigere Kosten 5.000 12.000 9.000 (Angaben in US-$) Composites Kosten Vergleich der Kosten Installation Beton für einen Mast aus Stahl Glasfaser überwiegt Composites, Beton (Angaben in %, 2013) oder Stahl. Bei Com- posites sind die jähr Kosten Der Markt für Faserverbundbauteile – lichen Kosten über die Anschaffung 2013 umfasste er 23,9 Milliarden US-$ gesamte Lebensdauer – wird dominiert von Glasfasern. deutlich niedriger. 900 350 260 ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Anteil der Verbundwerkstoffe im Auto wächst Markttreiber Luftfahrt (Angaben in Millionen Tonnen) (Strukturgewicht von Flugzeugen: Anteil Aluminium und CFK in %) 2014 lag der Anteil von Faserverbundwerkstoffen an Automaterialien Moderne Flugzeuge enthalten mehr carbonfaserverstärkte Composites (131 Mio. t) bei 1,6 %; er soll bis 2025 auf 2,2 % bzw. 3,6 Mio. t steigen. (CFK) als Aluminium und tragen so zum Marktwachstum bei. 3,6 100 % DC-3 B 737 B 747 B 767 B 777 A 380 B 787 A 350 XWB max. Materialanteil beim Flugzeug Aluminium 2,1 50% 1,5 CFK 2009 2014 2025 0% 1950 1970 1990 2010 2025 Zeitpunkt Inbetriebnahme UK China China ist größter Markt 0,2 0,3 Deutschland (Angaben in Millionen Tonnen, 2013) 2,6 Sechs Länder stehen für 75 % des weltweiten Composites- 0,5 2,1 USA Marktes, der 2013 rund 8 Millionen Tonnen umfasste. Japan 0,3 Indien 2,0 andere 9 DATA MINING Leichtbau im Aufwind Infografik: C3 Visual Lab Foto: shutterstock Faserverstärkte Kunststoffe sind ein vielseitiges Leichtbaumaterial: Sie sparen nicht nur Gewicht und damit Energie, sondern ermöglichen zusätzlich Designfreiheit und Funktionsintegration und können bei einem Crash viel Energie aufnehmen. Ein Einblick in Märkte, Trends und Potenziale von faserverstärkten Kunststoffen. Vorreiter Flugzeug Gewichtige Argumente (Anteil Composites am Strukturgewicht in % ) (Gewichtsreduktion Auto in % vom Gesamtgewicht) Gemessen am Anteil von Composites am Stukturgewicht stehen Serienautos heute Leichtbau mit CFK ermöglicht in etwa dort, wo sich die Flugzeugindustrie vor rund 40 Jahren befand. im Materialvergleich die größte 42,0 Gewichtseinsparung. Annahme: 2010–20 mittleres Fahrzeuggewicht 1.800 kg; Anteil Leichtbaumaterialien: 40 % 50–55 % 2025–35 Trend 10–30 % 28,0 Flugzeug Trend Automobil 5%
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU GESUCHT: WEGE ZU MEHR EFFIZIENZ Wie können Faserverbundwerkstoffe für den Leichtbau einfacher und kostengünstiger als bisher gefertigt werden? Die Creavis, die strategische Innovationseinheit von Evonik, hat im Projekthaus Composites mit neuen Materialien, Prozessen und Systemlösungen überzeugende Antworten gefunden. Beispiele sind das PulPress-Verfahren, UD-Tapes und Hybridpolymere auf den folgenden Seiten. D von Dr. Sandra Reemers und Dr.-Ing. Leif Ickert er Leichtbau gilt als wichtiger Das Projekthaus viel stärker in der Composites-Community Die Experten Wegbereiter für eine nach- auf einen Blick positionieren. Hiervon zeugen das hohe In- haltige Mobilität. Aus der teresse und die Kooperation mit externen 20 Luft- und Raumfahrt ist er Partnern sowie drei Innovationspreise. Zu- schon jetzt nicht mehr weg- dem wurden neun studentische Praktika zudenken, die Automobil durchgeführt und acht Bachelor-, Master- industrie dagegen steht beim Leichtbau Mitarbeiter und Doktorarbeiten angefertigt. wie viele andere Branchen noch ganz am Der heutige Markt für Faserverbund- 3 Anfang. Als entscheidender Schlüssel für werkstoffe ist zu drei Vierteln von duro- Dr. Sandra Reemers maßgebliche Fortschritte gelten Faserver- plastischen Werkstoffen geprägt. Ther- Leiterin des Projekt- bundwerkstoffe, eine Materialklasse, die moplastischen Werkstoffen bescheinigen hauses Composites der strategischen Innovati- aus zwei Komponenten besteht: aus einem Jahre Laufzeit: April Marktforscher ein großes Wachstums onseinheit Creavis. 10 Matrixsystem – duroplastischen oder ther- 2013 bis März 2016 potenzial. Beide Materialklassen wurden sandra.reemers moplastischen Polymeren – und aus ver- Auszeichnungen im Projekthaus weiterentwickelt und sogar @evonik.com stärkend wirkenden Hochleistungsfasern, – Innovationspreis zu einer neuen Materialklasse kombiniert. zum Beispiel Glas- oder Kohlenstofffasern. 2015 des Netzwerks Von den neun Projekten widmeten sich Zwar sind solche Composites nicht grund- CFK-Valley für thermo zwei der Prozessentwicklung, bei den sie- reversible Polymer- sätzlich neu, doch stehen ihrer industriellen netzwerke ben anderen ging es sowohl um Material- als Anwendung noch immer große Hürden im auch um Prozessentwicklung. Die Projekte – Innovationspreis 2015 Weg. Zum Beispiel hohe Herstellungskos- des JEC-Verbands für lassen sich fünf Themenbereichen zuord- ten: Die Fertigungsprozesse machen etwa das Projekt CAMISMA nen: vorimprägnierte Halbzeuge auf Basis 70 Prozent der Gesamtkosten von Faserver- (um 40 Prozent leichte- hybrider Polymersysteme, Strukturschäu- bundwerkstoffen aus. Viele Verfahren sind re Autositzlehne) me für Sandwichsysteme, thermoplastische Dr.-Ing. Leif Ickert zudem nur schlecht skalierbar, wenn die – Innovationspreis 2015 Halbzeuge, flammgeschützte Matrixsyste- Manager Business and Bauteile komplexer oder die Stückzahlen der AVK-Industrie me sowie hochwertige Composites-Ober- Application im Projekt- vereinigung für das haus Composites. größer werden. Daher hat sich das Projekt- flächen. Die Projekte werden nun mit dem PulPress-Verfahren leif.ickert@evonik.com haus Composites der Creavis in den vergan- Ende des Projekthauses in die operativen 100+ genen drei Jahren auf die Entwicklung von Geschäftseinheiten von Evonik überführt, Materialien und Prozessen konzentriert, die die Markteinführung weiter vorantrei- die die Kosten der Herstellungsprozesse für ben. Das Unternehmen zielt im Geschäft mit Faserverbundwerkstoffe senken. Verbundwerkstoffen mittelfristig auf einen externe Partner Eingebettet war diese strategische Kon- Umsatz im unteren dreistelligen Millio- 40+ zernforschung in das weite Kompetenz– nen-€-Bereich. umfeld, das bei Evonik bereits vorhanden ist. Dazu gehört Know-how bei Polymeren, Vernetzern, Additiven und Hochleistungs- Mehr Effizienz bei Prozessen und Materialien Publikationen strukturschäumen. Die enge und vertrau- Alle Arbeiten im Projekthaus hatten zum Ziel, die Kosten zur Herstellung von 8 ensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Faserverbundwerkstoffen zu senken. Projekthaus und den Geschäftsgebieten war Infografik: C3 Visual Lab Fotos: Evonik (2) ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Außerdem z Pr beteiligten sich die Geschäftsgebiete auch ökologischere en oz schnellere zi g e Geschäftsgebiete Herstellung u B Verarbeitung ef es t e i l e H albz fi finanziell signifikant am Projekthaus. sowie das Innovations- sef au e Prozess der Halbzeuge zu Bauteilen f i zienz Weitere wichtige Beiträge zum Erfolg management der Ziel des Projekthauses kamen von Unterneh- Segmente an den men und Hochschulen – das entstandene Projekten beteiligt M a te z Netzwerk umfasst inzwischen mehr als f i zi e r iale f n 100 Partner. Nicht zuletzt konnte sich Evo- nik durch die Aktivitäten des Projekthauses weniger Verschnitt, bessere Materialeigenschaften ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Faserverbundwerkstoffe im Auto Faserverbundwerkstoffe machen derzeit nur etwa zwei Prozent am Materialmix von Autos aus. Die Grafik zeigt aktuelle Einsatzgebiete. Dach Drucktanks Neben hoher Steifigkeit Zur Speicherung von Erdgas (CNG) bestehen hier besondere als Kraftstoff. CNG wird in Hochdruck Anforderungen an Ober- behältern bei Drücken von 200 flächenqualität (Class A) bis 250 Bar komprimiert. Composite- und Akustik (kein stören- Tanks kombinieren hohe Druck des Regentrommeln). festigkeit, Schadenstoleranz und Leichtbau. Anbauteile Zum Beispiel Motorhaube, Fahrwerk Heckklappe und Ver- Schon in Serie: die kleidungsbauteile. Diese Blattfeder, die Boden Bauteile lassen sich relativ unebenheiten abfedert. einfach realisieren, da sie In Entwicklung: Konzepte angebaut werden und nicht für Fahrwerkslenker. Das in die Metallstruktur heu- Fahrwerk macht circa tiger Fahrzeuge integriert 20 Prozent des gesamten werden müssen. Fahrzeuggewichts aus; Sicherheit bzw. Schutz vor Bruch ist hier besonders wichtig. Karosseriestruktur Antrieb Monocoque-Konzepte, bei Erste Anwendungen von 11 denen die gesamte Karosse- Kardanwellen bereits riestruktur aus CFK besteht, im Markt. Neben dem oder Hybride – tragende geringeren Eigengewicht Bauteile in der K arosserie auch sekundäre Gewichts aus Metall mit lokalen Crashelemente effekte, da Zwischenlager Verstärkungselementen aus für die Kardanwelle ent Zum Beispiel Crashboxen oder Seitenaufprallträger. Hier kommen Faserverbundwerkstoffen, fallen können. zum Beispiel die B-Säule. die guten Energieabsorptions eigenschaften von Faserverbund- werkstoffen zum Tragen. Quelle: Evonik Weniger Gewicht größter Hebel zur Reduktion von Emissionen Der Markt für Carbon-Composites: die Matrix (Umsatz in Milliarden US-$) Was hat im Auto das größte Potenzial, um Emissionen zu reduzieren? Nach einer Umfrage unter Experten ist es die Verringerung des Gewichts. Composites mit Carbonfasern sind besonders leicht. 2014 lag der Umsatz damit bei 16,6 Mrd. US-$. Bevorzugtes Matrixmaterial sind Duroplaste. 0 10 20 30 40 50 Keramik Metall 1,66; 10 % 1,24; 8 % Gewichtsreduktion 46 % Carbon 2,24; 13 % Hybrid Antriebsstrang 30 % 0,84; 5 % Batterietechnologie 30 % Platznutzungskonzept 23 % Montage 11 % Herstellung einzelner Bauteile 11 % Thermoplaste Polymere Duroplaste Steuerungstechnik 11 % 2,55; 15 % 10,63; 64 % 8,08; 49 % Einsatz neuer Materialien 11 % Instandhaltung 10 % 218 Befragte, andere 5% Anteil in Prozent Quelle: Aberdeen Group, 2013 Quelle: Carbon Composites e. V. ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Entwickelt im Projekthaus PULPRESS Große Stückzahlen zu vertretbaren Preisen – das ist bei der Herstellung von Bauteilen aus Faserverbundwerkstoffen derzeit meist noch ein Widerspruch. Wie es gehen kann, demonstriert das Projekthaus Composites mit einer Pilotanlage, die in einem neuartigen Prozess Sandwichprofilbauteile aus Composites kontinuierlich fertigt. F von Dr.-Ing. Sivakumara Krishnamoorthy ür die Herstellung komplexer stoffkarosserie der BMW-Elektroautos i3 partner war die Secar Technologie GmbH Formbauteile aus Faserver- und i8 an Bekanntheit gewonnen hat. Die aus der Nähe von Wien, die sich auf die Fer- bundwerkstoffen stehen ver- Zykluszeiten sind aktuell allerdings noch tigung von Bauteilen aus unterschiedlichen schiedene Technologien zur relativ lang, viel länger als die heute übli- Faserverbundwerkstoffen spezialisiert hat. Verfügung, die eines gemein- chen Taktzeiten einer Rohbauzelle in der sam haben: Wirtschaftlichkeit großseriengewohnten Automobilindustrie. Etablierte Verfahren und erreichbare Bauteilkomplexität gehen Eine Alternative ist das Pultrusions- oder neu kombiniert nicht unbedingt Hand in Hand. Das beste Strangziehverfahren, zum Beispiel für die Das PulPress genannte Verfahren kom- Beispiel ist das Handlaminieren, das äl- Fertigung faserverstärkter Kunststoff biniert Pultrusions- und Pressverfahren teste Herstellungsverfahren für Compo profile. Lange Zeit war es mit diesem Ver- auf neuartige Weise. Materialseitiger Aus- sites-Bauteile: Es ermöglicht zwar komple- fahren jedoch nur möglich, gerade Profile gangspunkt der Entwicklung war der ge- xe Geometrien, ist aber definitionsgemäß herzustellen. schlossenporige Hochleistungsstruktur- 12 nicht automatisierbar und deshalb für eine Vor diesem Hintergrund hat das Pro- schaum ROHACELL® von Evonik, der als Serienfertigung nicht wirtschaftlich. jekthaus Composites ein neues Verfahren Kern in Sandwichbauteilen zum Einsatz Einen höheren Automatisierungsgrad entwickelt, mit dem sich auch Bauteile mit kommt. Der Schaumwerkstoff aus Poly- bietet das sogenannte Resin Transfer Moul- komplexen Geometrien aus Faserverbund- methacrylimid (PMI) hat sich als leichtes ding, das nicht zuletzt durch die Fertigung werkstoffen hoch automatisiert und kon- und gleichzeitig steifes Material in Werk- der kohlenstofffaserverstärkten Kunst- tinuierlich fertigen lassen. Entwicklungs- stoffverbunden bewährt, zum Beispiel im Automobilrennsport, in der Luftfahrt und im Sportartikelbereich, etwa in Eisho- ckeyschlägern oder Skiern. ROHACELL® besitzt neben seinem geringen spezifischen Das Prinzip des 4 Gewicht eine hohe Druckbeständigkeit PulPress-Verfahrens und ist thermisch umformbar. Seine Glas- Der mit Verstärkungsfasern umfloch- tene Sandwichkern wird mit Harz imprägniert und dann unter erhöhten Temperaturen in die gewünschte Form gepresst. Derzeit können so 30 Sand- wichprofilbauteile pro Stunde vollauto- matisch gefertigt werden. 3 2 5 1 A B 1 ROHACELL® 2 Kernführung 3 UD-Faser 4 Flechtanlage 5 Harzinjektion ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Der Experte Hohe Wirtschaftlichkeit Das neue PulPress-Verfahren reduziert die Kosten pro Bauteil um 30 bis 60 Prozent gegenüber anderen Fertigungsverfahren. Im Vergleich zu Bauteilen aus Stahl lässt sich das Gewicht um 75 Prozent senken. Bauteilgewicht bei identischen Funktionen Kosten pro Bauteil für Serienproduktion 1.500 g 1.000 g 500 g 10 € 20 € 30 € 40 € 100 % Stahl 100 % Stahl 90 % (hochfest) 140 % Dr.-Ing. Sivakumara Krishnamoorthy 60 % Aluminium 250 % Leiter des Projekts 45 % CFK 900 % Komplexe Profile (quasiisotrop) im Projekthaus CFK (UD/Lastfall- Composites. 25 % optimiert) 1.000 % sivakumara.krishna- CFK (UD/Lastfall- 25 % optimiert), mit 400 % Evonik Industries moorthy@evonik.com PulPress-Prozess hergestellt übergangstemperatur liegt bei 180 °C. Diese schen Durchsatz von 30 Bauteilen pro Stun- Eigenschaften prädestinieren das Material de, also einen Zwei-Minuten-Takt. Diese für das PulPress-Verfahren; das Projekt- Geschwindigkeit ist noch steigerungsfähig, haus zeigt damit einen neuen Anwendungs- etwa durch die Verwendung von schneller Bis zu 1,2 Meter lange Sandwichprofilbauteile bereich für ROHACELL® auf. aushärtenden Harzsystemen. liefert die Pilotanlage. Im PulPress-Prozess dient der Struktur- Der Strukturschaumkern der Verbund- schaum als Kern, der mit Verstärkungs faserwerkstoffbauteile sorgt dafür, dass fasern umflochten wird. Im nächsten das resultierende Bauteil die gewünschte Schritt kommt das Harz für die Impräg- Energie- und Krafteinleitungsfunktiona- nierung der Fasern hinzu. Das so vorberei- lität erreicht. Messungen an einem im Pul- tete Material gelangt dann in ein Pressen Press-Verfahren gefertigten Bauteil zeigen, system, in dem bei hohem Druck und hoher dass die Steifigkeit ähnlich hoch ausfällt wie Temperatur ein 3-D-Profil mit definierten bei einem konventionellen Vergleichsbau- 13 Abmessungen aus dem Endlosmaterial ent- teil aus Aluminium, obwohl das Verbund- steht. Auf der Pilotanlage können derzeit werkstoffbauteil fast dreimal so leicht ist. Infografik: C3 Visual Lab Fotos: Evonik (2) Sandwichprofilbauteile von bis zu 1,20 Me- Im Gegensatz zu heutigen Prozessen, bei ter Länge kontinuierlich hergestellt werden. denen ein Strukturschaumkern mit Fa- Auch eine Produktion ist für Bauteile bis zu sern zu einem Verbundwerkstoff verarbei- dieser Länge auf der Anlage bereits möglich. tet wird, kommt das PulPress-Verfahren ROHACELL® dient dabei als formgeben- fast völlig ohne Verschnitt aus – beim Kern der Kern, außerdem lassen sich auch Inserts und bei der Faser. Vom Prozess profitieren aus Metallen oder Polymeren einfügen. Die künftig Anwender im Sportartikelbereich, gemeinsam von Evonik und Secar realisier- in der Automobilindustrie und in weiteren te Pilotanlage erreicht einen vollautomati- Märkten. 9 7 8 6 6 Preform 7 bewegbare Presssysteme 8 Trennen 9 Lagerung ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Entwickelt im Projekthaus UD-TAPES Sie sind leicht, extrem zugfest und stabil: unidirektionale Tapes, bei denen parallele Endlosfasern in ein Kunststoffband eingebettet sind. Neuerdings lassen sie sich auch einfacher herstellen – dank eines neuen Prozesses, den das Projekthaus Composites entwickelt hat. Interessant sind die Tapes unter anderem für die Öl- und Gasförderung. O von Dr.-Ing. Andreas Szentivanyi und Martin Risthaus l- und Gasindustrie haben ein Problem: Mit immer empfindlicheren Explora- tionsmethoden können sie zwar neue Vorkommen tief unter dem Meeresgrund erfassen, doch kommt das etablierte Equip- ment für die Förderung allmählich an sei- ne Grenzen. Werden Öl und Gas aus großen Wassertiefen geholt, müssen die Leitungen sehr hohe Außendrücke aushalten. Die der- 14 zeit verwendeten „Flexible Pipes“ enthalten deshalb stärkere metallische Karkassen, die dem Rohr die erforderliche Steifigkeit ver- leihen, aber auch das Gewicht deutlich er- höhen. Inzwischen stoßen Öl- und Gasindustrie in so große Tiefen vor, dass die Leitungen immer mehr versteift werden müssen; da- durch werden sie auch immer schwerer. Das macht nicht nur das Handling komplizier- ter, sondern erfordert auch zusätzliche Bo- jen. Wassertiefen von mehr als 2.500 Meter stellen eine große Herausforderung dar. Abhilfe kann ein Materialwechsel schaf- Bald serienreif: Die Pilotanlage, die das Projekthaus Composites zur Herstellung unidirektionaler (UD) fen – zu Kunststoffleitungen, die mit Bän- Tapes aufgebaut hat, liefert derzeit 160 Millimeter breite Tapes. dern aus Faserverbundwerkstoffen, soge- nannten unidirektionalen Tapes, versteift werden. Solche Leitungen weisen ein deut- lich günstigeres Verhältnis von Eigenge- wicht zu Länge auf als Stahlverstärkungen; zudem sind sie nicht korrosionsanfällig. Polymer muss nicht, wie bei bisher übli- Für eine homogene Verteilung im späte- Typischerweise bestehen diese Kunst- chen Verfahren, zu Pulver gemahlen und ren Tape werden die Fasern zunächst ver- stoffrohrlösungen aus mehreren Schichten. als Suspension aufbereitet werden, sondern einzelt. Danach gelangen sie gemeinsam Einen optimalen Materialverbund erzielt wird als Granulat direkt auf die Fasern ex mit der Polymerschmelze in eine Presse man hierbei, wenn die einzelnen Schichten trudiert. Das spart Kosten, Zeit und Energie. mit beheizbarem Werkzeug. Dort entsteht aus ein und demselben Polymer gefertigt das 160 Millimeter breite, unidirektionale werden. Skalierbare Pilotanlage Tape, das in einem Kalander abkühlt und Unidirektionale Tapes sind bandförmige Der Prozess läuft seit knapp einem Jahr auf über mehrere Walzen gezogen wird. Die Faser-Polymer-Verbundwerkstoffe, in de- einer Pilotanlage, die das Projekthausteam Pilota nlage ist skalierbar und soll in einem nen die einzelnen Endlosfasern parallel zu- im Hinblick auf Faserführung und Impräg- nächsten Schritt auf Tapes mit einer Breite einander angeordnet sind. Das Projekthaus nierung optimiert hat. Die Anlage lässt sich von 300 Millimeter umgerüstet werden. Composites hat einen Prozess entwickelt, aus 20 bis 40 Faserbündeln, sogenannten Während sich UD-Tapes in der Luft- mit dem sich die unidirektionalen Tapes Rovings, gleichzeitig speisen. Ein Roving fahrtindustrie bereits seit Jahren bewährt direkt aus der Schmelze herstellen lassen besteht aus mehreren Tausend bis zehntau- haben, bearbeitet Evonik derzeit konkre- – eine Direktschmelze-Imprägnierung der send Filamenten; zum Einsatz kommen bis- te Anfragen von Kunden aus der Öl- und Fasern mit dem Polymer. Der Vorteil: Das her Glas- oder Kohlenstofffasern. Gasindustrie. Doch auch die Automobil- ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU branche ist an unidirektionalen Tapes in- allein schon wegen der Herstellungskosten. Die Experten teressiert, um leichtere Fahrzeuge bauen zu Vielmehr bieten Verbundwerkstoffe die können. Bei einer Gewichtseinsparung im Möglichkeit, die Fahrzeugkarosserie völlig Fahrzeug von 100 Kilogramm rechnen Ex- neu zu denken, etwa durch die Verstärkung perten mit 0,3 bis 0,5 Liter weniger Kraft- metallischer Strukturbauteile oder durch stoffverbrauch auf 100 Kilometer. eine drastische Reduktion der Baugruppen. Hinzu kommt die größere Flexibilität bei Rückenlehne verschlankt der Fertigung von Bauteilen aus Verbund- Interessant auch für die Dieser Markt befindet sich zwar noch in werkstoffen im Vergleich zu Metallen. Dr.-Ing. Andreas Öl- und Gasindustrie: einem frühen Stadium, doch zeichnet sich Dieser Aspekt gewinnt an Bedeutung, je Szentivanyi, Leiter des Auf UD-Tapes basie- ab, wohin die Reise geht. So hat das Projekt- größer die Vielfalt bei den Antrieben wird – Projekts Thermoplastic rende Kunststofflösun- Tapes im Projekthaus gen machen es einfa- haus Composites mit mehreren Partnern Stichwort: Verbrenner versus Hybrid versus Composites. cher, sehr korrosives Öl aus Forschung und Industrie im Projekt Elektromotor –, denn dann muss sich die andreas.szentivanyi zu fördern. CAMISMA (gefördert durch das Bundesmi- Automobilindustrie auf variablere und klei- @evonik.com nisterium für Bildung und Forschung) eine nere Losgrößen in der Fertigung einstellen. um 40 Prozent leichtere Rückenlehne für UD-Tapes aus einer Direktschmelze-Im- einen Autositz hergestellt. Sie schneidet bei prägnierung ermöglichen hier neue Bauteile Steifigkeit und Stabilität von Ankerpunkten und konkurrenzfähige Anwendungen. genauso gut ab wie aktuelle Rückenlehnen aus M etall. Zusätzlich ließ sich eine weitere Kunst- stoffkomponente problemlos am Bauteil Martin Risthaus ist als anspritzen. Das ermöglicht sowohl die Business Director bei zwingend erforderliche System i ntegra High Performance tion als auch einen im Vergleich zur reinen Polymers verantwort- Metalllösung wirtschaftlicheren Prozess lich für die Leicht- bauaktivitäten dieses ablauf. Es ist absehbar, dass Verbundwerk- Geschäftsgebiets. stoffe im Auto nicht einfach eins zu eins ge- martin.risthaus schweißte Metallbauteile ersetzen werden, @evonik.com 15 Entwickelt im Projekthaus HYBRIDPOLYMERE Mit einer neuen Materialklasse soll die Fertigung von Faserverbundwerkstoffen für den Leichtbau deutlich schneller werden: mit thermisch schaltbaren Hybridpolymeren, die sich leicht verarbeiten lassen und dem fertigen Bauteil sehr gute mechanische Eigenschaften verleihen. W von Dr. Friedrich Georg Schmidt enn es um die Poly gut damit imprägnieren. Allerdings bringt solche Materialklasse hat das Projekthaus m e rko m p o n e n te die Struktur der Duroplaste einen Nachteil im Projekt „Thermoreversibel vernetzbarer für Faserverbund- mit sich: Sie führt zu vergleichsweise lan- Thermoplast-Duroplast-Hybrid“ entwi- werkstoffe geht, gen Verarbeitungszeiten bei der Aushär- ckelt. Die neuen Polymernetzwerke las- sind duroplasti- tung und damit bei der Herstellung eines sen sich vollständig reversibel vernetzen; sche Matrixsyste- Bauteils. Thermoplastische Polymere da- ein Katalysator ist nicht erforderlich. Beim me derzeit die bevorzugte Wahl. Sie weisen gegen lassen sich schnell verarbeiten und Aufheizen löst sich die Vernetzung, und das einige sehr wünschenswerte Eigenschaften umformen, sie erreichen aber nicht die gu- System lässt sich rasch umformen. Beim auf: Duroplastische Polymere sind mecha- ten mechanischen Eigenschaften der Duro Abkühlen bildet sich das Polymernetzwerk nisch, thermisch und chemisch sehr stabil, plaste. Grund ist die fehlende Vernetzung wieder zurück, und die Form wird stabil. weil ihre Polymerketten im fertigen Ver- der Thermoplaste, die auch ein Kriechen bei Verantwortlich dafür ist eine chemi- bundwerkstoff irreversibel miteinander dauerbelasteten Strukturen zur Folge haben sche Reaktion. Gesucht war ein Mechanis- vernetzt sind. kann. Zudem machen sie die Imprägnie- mus, bei dem Vernetzung beziehungsweise Auch im ersten Schritt der Herstellung rung der Fasern aufwendiger, weil sie in der „Entnetzung“ der Polymerketten in einem Fotos: Evonik (3), fotolia von Verbundwerkstoffen, der Imprägnie- Schmelze hochviskos sind. Temperaturbereich erfolgt, der für die Her- rung der Fasern, punkten sie: Da sie zu die- Ideal wäre es, das Beste aus beiden Wel- stellung von Faserverbundwerkstoffen inte- sem Zeitpunkt noch aus kleinen Molekülen ten in einem Material zu vereinen: die hohe ressant ist. Fündig wurden die Forscher bei bestehen, die nicht vernetzt sind, fließen Stabilität der Duroplaste und die kurzen einer speziellen Diels-Alder-Reaktion, die sie gut. Die Fasern lassen sich deshalb auch Verarbeitungszeiten der Thermoplaste. Eine wie ein thermischer Schalter wirkt. Der ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Reaktionstyp ist nach seinen Entdeckern Der Experte Schaltbares Materialverhalten ohne Katalysator Otto Diels und Kurt Alder benannt, die für ihre Arbeiten 1950 den Nobelpreis für Che- Beim Aufheizen löst sich das polymere Netzwerk, das System kann umge- mie erhielten. formt werden. Beim Abkühlen bildet es sich wieder aus, die Form ist stabil. Das Prinzip der hybriden Polymersyste- me lässt sich auf unterschiedliche Polymere anwenden. Eine Variante nutzt beispiels- Vernetzungsgrad [%] Erhitzen weise ein Acrylat-Copolymer als Polymer- matrix. Die thermoplastischen Polymer- Abkühlen Dr. Friedrich Georg ketten werden über ein bifunktionelles Schmidt Dienophil in einer Diels-Alder-Reaktion Leiter des Projekts kovalent miteinander vernetzt. Dabei stellt T Thermoreversibel vernetzt Glasübergangs „Entnetzung“ thermoplastische vernetzbarer Thermo sich ein Gleichgewicht zwischen Dien und temperatur Schmelze plast-Duroplast- Dienophil ein, das sich über die Temperatur Hybrid im Projekthaus beeinflussen lässt. RT 100 °C 170 °C 220 °C Composites. friedrich-georg.schmidt Einfacher Prozess @evonik.com Die Herstellung eines entsprechenden Faser verbundwerkstoffs ist bestechend einfach. Wie sie funktioniert, demonstrie- ren die Entwickler des Projekthauses an ei- sen bis zu Temperaturen von 100 °C eine ner eigens entwickelten Anlage, auf der sie konstante Performance auf. Bei Elastizität bereits Muster für potenzielle Kunden ferti- und Zugfestigkeit schneiden sie über einen gen. Verarbeitet werden Glas- und Kohlen weiten Temperaturbereich genauso gut ab stofffaserhalbzeuge (Gewebe, Gelege). Das wie ein Epoxidharz-Laminat; Halbzeugen Faserh albzeug fährt zur Imprägnierung mit thermoplastischem Polyamid 6 sind sie durch eine Dispersion der hybriden Poly- sogar deutlich überlegen. Auch die Wasser- mere, wird kurz erhitzt und anschließend aufnahme ist sehr niedrig und mit der eines Das Projekthaus fertigt abgekühlt. Ergebnis dieses kontinuierli- bereits erste Muster Epoxidharzes vergleichbar. chen Prozesses sind Prepregs – vorimprä- für potenzielle Kunden. Das Echo potenzieller Kunden ist ent- gnierte Halbzeuge, aus denen sich dann sprechend groß. Für Anwendungen im bei Temperaturen oberhalb 170 °C die ge- Automobilbereich arbeitet Evonik eng wünschten Bauteile formen lassen. mit Maschinenbauern, Verarbeitern und 16 Die Prepregs sind nicht klebrig und müs- Forschungsinstituten zusammen, um die sen deshalb bei Lagerung und Transport vorimprägnierten Halbzeuge in Produk nicht durch Folien getrennt werden. Etwa- tionszellen zu erproben. Auch in der Sport- iger Verschnitt bei der Weiterverarbeitung artikel- und der Medizintechnikbranche lässt sich aufgrund der thermisch reversib- stoßen die Prepregs auf Basis der hybriden len Vernetzung des Hybridpolymers wie- Polymersysteme auf großes Interesse. Die derverwenden. Auch ein Recycling wird gute Nachricht für den Anwender lautet da- dadurch möglich. bei: Um mit den Hybridpolymeren zu arbei- Aus mehreren Lagen Prepregs werden ten, sind keine gravierenden Änderungen konsolidierte Halbzeuge hergestellt, die als an bestehenden Thermoplast-Fertigungs Laminate bezeichnet werden. Diese wei- linien erforderlich. Trocknung und Einfache Fertigung der Prepregs Filmbildung (130–150 °C) Schematische Darstellung des Herstellungs- prozesses in der eigens entwickelten Anlage. Imprägnierung bei Raumtemperatur Glas- oder Kohlenstoff- Abkühlung und fasergewebe Vernetzung ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU Gastkommentar Schwere Gründe für Leichtbau Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann ist Leiter des Instituts für Kunststoffver- arbeitung (IKV) an der RWTH Aachen University und erhielt 2014 den Innovationspreis des Landes NRW. von Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann L eichtbau ist ein Schwergewicht in der modernen Produktion. Ob Gebäude oder Fahrzeuge, Verpackungen oder die vielen Dinge des alltäglichen Gebrauchs – das Ziel, mit möglichst wenig Material komplexe Funktiona- »Forscher brauchen Raum und litäten zu erfüllen, eint nahezu alle Branchen. Leichtbau spart Kosten und Material bei der Her- Zeit. Es ist widersinnig, in stellung, aber vor allem Energie und Ressourcen Forschungsanträgen gleich nach in der späteren Gebrauchsphase und erfüllt so die der Marktverwertung zu fragen.« Prämissen von Effizienz und Nachhaltigkeit. 17 Kunststoffe sind die Protagonisten im modernen Leichtbau, insbesondere gilt das für Faserver- Je wichtiger weltweit Klima- und Umweltschutz bunde. Deutschland ist die führende Nation auf werden, desto bedeutender wird die Funktion diesem Gebiet: Unsere Forscher und Werkstoff von Leichtbau als technischer Erfüllungsgehilfe. entwickler gehören zu den Topleuten weltweit. Wenn wir künftig genauso erfolgreich Leichtbau Wir haben eine gut funktionierende Vernetzung betreiben wollen, müssen nicht zuletzt Förder- zwischen Hochschulen und Industrie in diesem mittel gezielter vergeben werden. Deutschland Bereich – wer hat das sonst? Doch die anderen verfügt über eine zunehmende Anzahl von Zen- schlafen nicht. Wir müssen sehen, dass wir auch tren für Leichtbau, doch nicht jedes ist lebens- in Zukunft weiter vorn mitspielen. fähig. Statt den Hype aus häufig regionalpoliti- schen Motiven mit kurzfristigen Megaprojekten Damit das gelingt, sind mehrere Punkte ent- zu befeuern, ist die nachhaltige Finanzierung scheidend: Neue Funktionalitäten erfordern die überdisziplinärer Zentren, die im Wechselspiel Weiterentwicklung der Werkstoffe und die Kom- zwischen Forschung und industrieller Anwen- bination unterschiedlicher Materialien. Im Wett- dung agieren, zu fördern. Die Konzentration auf bewerb der Werkstoffe lassen sich neue Ansätze exzellente Standorte tut hier not. entwickeln. Hybridlösungen aus faserverstärk- tem Kunststoff und Metall beispielsweise könn- Außerdem gilt: Forscher brauchen Raum und ten sowohl Zug- als auch Schubkräfte hervor- Zeit. Es ist widersinnig, in Forschungsanträgen ragend aufnehmen. Ebenfalls neu ist die Vielfalt gleich nach der Marktverwertung zu fragen. Wir in den Matrixsystemen, neben den Duroplasten müssen uns die Freiheit nehmen, unkonven- sind Thermoplaste immer mehr im Kommen. tionelle Wege zu gehen oder auch einfach mal Wir müssen die gesamte Bandbreite von leichten ausprobieren zu lassen. Die Leichtbauforschung Infografik: C3 Visual Lab Foto: Evonik Werkstoffen austesten, denn bei carbonfaser braucht mehr Vielfalt und Wettbewerb, mehr verstärkten Kunststoffen beispielsweise sind die bottom-up statt top-down! So sind auch schon hohen Herstellungskosten der Fasern ein begren in der Vergangenheit die tollsten Werkstoffe zender Faktor. Um die Systemkosten zu senken, entstanden, die die Basis für unseren heutigen müssen automatisierbare und kosteneffiziente Wohlstand darstellen. Als Modeerscheinung ist Herstellungsverfahren entwickelt werden. Leichtbau viel zu wichtig und viel zu kostbar. ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
18 ELEKTRONIK AM KÖRPER Rechenkraft prêt-à-porter! Die Computer rücken uns zu Leibe: Füllten die ersten Exemplare noch Lagerhal len, so ist mittlerweile das Mitführen eines Smart phones für viele Menschen ebenso selbstverständlich wie das Portemonnaie in der Hosentasche. Im Jahr 2016 wird rund ein Drittel aller Menschen ein Smart phone besitzen. Der nächste Entwick lungsschritt ist bereits in vollem Gange: Mikrochips sind so klein und günstig ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK geworden, dass sie sich in CORPOR ATE FORESIGHT: WEAR ABLES Alltagsgegenstände inte grieren lassen, beispiels weise in Motorradhelme, Kleidungsstücke oder Zahnbürsten. Es beginnt eine Zeit, in der vormals „dumme“ Gegenstände zu intelligenten Sammlern und Sendern von Daten werden. Smartwatches wie etwa die Apple Watch gehören zu den Vorboten dieser Entwicklung. Wear ables sollen dazu beitra gen, unser Lebens bewuss ter, gesünder und sicherer
zu gestalten. So könnte eine intelligente Kontakt linse den Zuckergehalt in der Tränenflüssigkeit von Diabetespatienten messen und den Träger warnen, sobald der Blutzuckerspiegel außer halb der Norm liegt. Noch kocht die Wearables- Revolution auf kleiner Flamme, weil es einige He rausforderungen zu über winden gibt: Wie sichert man das Überleben des Computers in einem smar ten T-Shirt beim Waschen? Wie lassen sich Chips und Leiterbahnen in Ver bandmaterial einbauen, ohne den Tragekomfort einzuschränken? Mit solchen Fragen und möglichen Wachstums chancen für Evonik im Bereich der Wearables ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK CORPOR ATE FORESIGHT: WEAR ABLES beschäftigt sich das Corporate-Foresight- Team von Evonik in sei nem Fokusthema Digital Futures. Und wer weiß: Vielleicht stehen wir in ei nigen Jahren vor der Wahl, ob wir das nächste Smart phone als Jacke, Hose oder Das T-Shirt als Ladestation: In das Solar Shirt Brille kaufen. von Designerin Pauline van Dongen sind 120 Dünnschichtsolarzellen eingearbeitet. Bei direkter Sonneneinstrahlung erzeugen sie eine elektrische Leistung von einem Watt – genug, um in wenigen Stunden ein Handy zu laden. Mehr Informationen: bit.ly/1bqpfpg Foto: Liselotte Fleur 19
GLOBAL CHALLENGES: DIGITALISIERUNG DIGITAL WIRD NORMAL Interview mit Dr. Henrik Hahn, Leiter Digitalisierungsstrategie bei Evonik, und Dr. Zhong Hong, verantwortlich für IT-Strategie und IT-Architektur. 20 D igital ist normal – das gilt zu- tragen – lokal, global, in privaten und in öf- mindest im Alltag. Was aber fentlichen Netzen. Mittlerweile aber ist die bedeutet Digitalisierung für Digitalisierung weiter fortgeschritten und Chemieunternehmen, für hat Entwicklungen hervorgebracht, die vor Geschäftsprozesse, Verfah- wenigen Jahren noch unvorstellbar waren. »Ich gehe davon aus, ren, Mitarbeiter und Kunden? Denken Sie an Haushaltsgeräte, die mit On- dass in fünf bis zehn „Digitalisierung ist ein Evolutionsprozess – kein radikaler Umbruch, wie es oft dar- line-Versandhändlern vernetzt sind. Auf Knopfdruck bestellen sie Verbrauchsmate- Jahren Anlagen über gestellt wird“, sagt Dr. Zhong Hong. „Wir rialien wie etwa Waschpulver selbst nach. Kontinente hinweg wollen den digitalen Wandel zusammen mit den Segmenten und allen Konzerneinheiten Diese neue Einfachheit stiftet ohne Zweifel Nutzen für die Kunden, auch wenn wir uns gesteuert werden vorantreiben“, ergänzt Dr. Henrik Hahn. erst noch daran gewöhnen müssen. können.« Gemeinsam erläutern sie, wie Evonik eine digitale Agenda im engen Schulterschluss Verstehen Sie, wenn Menschen Vor- Dr. Zhong Hong zwischen IT und Konzernstrategie nach- behalte oder Ängste vor der rasanten IT-Strategieexperte bei Evonik, haltig im Konzern verankern wird. Entwicklung haben? hat zuvor als Senior Vice President des Zhong Hong: Die Menschen sind an digi- damaligen Geschäftsbereichs Die Digitalisierung hat unseren Alltag tale Informationen längst gewöhnt. Um zu Coatings & Additives in Asien umfangreiche Erfahrungen im operativen voll durchdrungen. Ist sie Segen oder wissen, wie das Wetter wird, schauen die Geschäft gesammelt. Fluch? meisten lieber auf ihre Wetter-App als in Henrik Hahn: Ein Fluch ist sie bestimmt den Himmel. Natürlich hat jede neue Tech- nicht. Informationen werden schon lange nologie ihre eigene Dynamik und lässt sich digital gespeichert, verarbeitet und über- nicht aufhalten, wenn sie mal begonnen ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
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