ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries

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ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
INTERVIEW:                    CHINA: FORSCHEN
      DIGITAL WIRD NORMAL                UNTER VOLLDAMPF

       ELEMENTS
              S             APRIL 2016

                            # 54

LEICHTBAU
FÜR DIE SERIE*

DAS INNOVATIONSMAGAZIN
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
EDITORIAL

                                                                                                                 Wie kann Leichtbau
                                                                                                                 serien­tauglich werden?   Wertvolle Netzwerke
                                                                                                                 Ab Seite 04

                                                                                                                                           Airbags, ESP, Navigation, Assistenzsysteme,
                                                                                                                                           Sitzheizung, Klimaanlage: Mehr Sicherheit und

                                                                                              INHALT                                       Komfort im Auto bringen auch mehr Gewicht,
                                                                                                                                           das anderswo eingespart werden muss. Sonst
                                                                                                                                                                                                Dr. Ulrich Küsthardt
                                                                                                                                                                                                Chief Innovation
                                                                                                                                                                                                Officer,
                                                                                                                                           kann die Industrie die CO2-Grenzwerte der EU         Evonik Industries AG
                                                                                              04 Leichtbau
                                                                                                 Kühlen überflüssig: ein                   nicht einhalten, die bis 2020 für alle Neuwagen      ulrich.kuesthardt
                                                                                                                                                                                                @evonik.com
                                                                                                 Pre­preg, das nicht klebt                 von heute 130 auf dann 95 Gramm pro Kilometer
                                                                                              10 Leichtbau                                 sinken sollen. Hier kommt Leichtbau ins Spiel:
                                                                                                 Einfacher, kostengünstiger:               100 Kilogramm weniger Gewicht senken bei
                                                                                                 neue Ansätze zur Fertigung                einem Benziner den CO2-Ausstoß um bis zu zwölf
                                                                                                 von Faserverbundwerkstoffen
                                                                                                                                           Gramm pro Kilometer. Doch derzeit bestehen
                                                                                              17 Gastkommentar                             Autos erst zu knapp drei Prozent aus leichten Ver-
                                                                                                 Prof. Dr.-Ing. Christian
                                                                                                 ­Hopmann über das                         bundwerkstoffen. Denn in der Herstellung steckt
                                                                                                  Schwer­gewicht Leichtbau                 viel Handarbeit, und es fehlt an vollautomatisier-
                                                                                              20 Interview                                 ten Fertigungsverfahren. Das treibt die Kosten.
                                                                                                 Was Digitalisierung für die                  Weil Verbundwerkstoffe für Evonik ein strate-
                                                                                                 Chemie bedeuten kann                      gischer Wachstumsmarkt sind, haben wir unser
                                                                                              27 CIO Award                                 Know-how im Projekthaus Composites gebün-
                                                                                                 Ein ausgezeichneter Netz­                 delt. 20 Forscher hatten drei Jahre Zeit, neue
                                                                                                 werker: Dr. Peter Murphy
                                                                                                                                           Materialien und Prozesse für einen wirtschaftli-
                                                                                              29 Verfahrenstechnik                         cheren Leichtbau zu entwickeln. Neun Projekte                               3
                                                                                                 Herstellung und ­Aufarbeitung
                                                                                                 in einem Schritt: das ehr­
                                                                                                                                           haben sie zusammen mit ihren über 80 Partnern
                                                                                                 geizige Projekt ROMEO                     aus Wissenschaft und Industrie erfolgreich be-
                                                                                              30 Verfahrenstechnik                         arbeitet. Aktuell werden die Neuentwicklungen
                                                                                                 Weniger Aufwand für                       potenziellen Kunden vorgestellt.
                                                                                                 mehr Sicherheit:                             Bereits einen Schritt weiter ist das Geschäfts-
                                                                                                 der Methionin­prozess                     gebiet Crosslinkers mit seinem neuen Produkt
                                                                                              34 Greater China                             VESTANAT® PP, das ebenfalls die Fertigung von
                                                                                                 Wissensbasiert statt                      Composites vereinfacht. Crosslinkers unterhält
                                                                                                 pro­duktions­getrieben: Was man
                                                                                                 in F&E von China lernen kann              bereits Entwicklungsprojekte mit mehreren
                                                                                              08 Data Mining
                                                                                                                                           Autoherstellern, die das Produkt in ihren Zu-
                                                                                                 Leichtbau                                 kunftsmodellen einsetzen wollen. Dafür haben
                                                                                              18 Corporate Foresight                       wir das Entwicklerteam mit unserem Innova­
Titel und Rücktitel: C3 Visual Lab Fotos Seite 3: Stefan Wildhirt (2) Grafik: C3 Visual Lab

                                                                                                 Wearables                                 tions­preis 2015 ausgezeichnet. Auch hier war die
                                                                                              23 CompanyNews
                                                                                              32 Professionals Dr. Marion Hax              Kooperation mit Partnern – Prepreg-Herstellern
                                                                                              38 Wunschzettel Dr. Mark Lorch               und Autozulieferern – ein Erfolgskriterium. Das
                                                                                              39 Lesetipps / Impressum                     zeigt, wie wertvoll Netzwerke sind. Um dieses
                                                                                                                                           Bewusstsein im Konzern zu schärfen, ging unser
                                                                                                                                           Spezial-Innovationspreis diesmal an Dr. Peter
                                                                                                                                           Murphy, einen überzeugten und überzeugenden
                                                                                                                                           Netzwerker.

                                                                                                                                                                                                Feedback
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                                                                                                                                           ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

    LEICHTBAU
      SCHNELL
     GEMACHT

4

                                          Perfektes Beispiel
                                  für innovativen Leichtbau:
                                der BMW i8. Die hochfeste,
                                extrem leichte Fahrgastzelle
                                      beispielsweise besteht
                                 aus carbonfaser­verstärkten
                                               Kunststoffen.

        ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                              Ohne faserverstärkte Kunst-
                                                              stoffe gäbe es keine energie-
                                                              sparenden Flugzeuge, keine
                                                              leichten Elektroautos und keine
                                                              leistungsstarken Windkraft­
                                                              anlagen. Ein Team des Geschäfts­
                                                              gebiets Crosslinkers hat mit
                                                              VESTANAT® PP ein neuartiges
                                                              Composite auf Polyurethanbasis
                                                              entwickelt, das die Fertigung
                                                              der Bauteile schneller, einfacher
                                                              und günstiger macht. Dafür
                                                              erhielten die Entwickler den
                                                              Evonik-Innovationspreis 2015.

                                                                                                              5

                                                              Ü
                                                                             von Eike Langkabel
                                                                             und Dr. Guido Streukens

                                                                             berall, wo Gewichtserspar-
                                                                             nis und hohe Belastbar-
                                                                             keit gefordert werden, sind
                                                                             Kunststoffe und insbeson-
                                                                             dere faserverstärke Poly-
                                                                             mere das Mittel der Wahl.
                                                              Verbundwerkstoffe aus leichter Kunststoff-
                                                              matrix und feinen Glas- oder Carbonfasern
                                                              erlauben dünnwandige, zugleich aber hoch
                                                              belastbare Bauteile. Leichtbau als Kon­
                                                              struktionsprinzip trägt so wesentlich zu
                                                              Ressourcenschonung und Emissionsein-
                                                              sparung bei. Obwohl Faserverbundwerk-
                                                              stoffe in unterschiedlichen Branchen seit
                                                              vielen Jahren eingesetzt werden, gilt immer
                                                              noch: Im Leichtbau steckt viel Handarbeit.
                                                              Nach wie vor fehlt es an vollautomatisierten
                                                              Fertigungsverfahren. Das treibt die Kosten,
                                                              senkt die Produktionszahlen und macht die
                                                              Herstellung aufwendig und relativ lang-
                                                              sam. Gleichzeitig wachsen die Nachfrage
                                                              nach leichten Bauteilen und die Ansprüche
                                                              an deren Belastbarkeit und Größe, sodass
                                                              herkömmliche Faserverbunde an ihre Leis-
                                                              tungsgrenzen stoßen.
                                                                Deutlich wird das Dilemma beispielswei-
                                                              se in der Windenergie. Rotorblätter mit einer
Foto: BMW

                                                              Länge über 90 Meter aus relativ günstigen
                                                              glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK)

            ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                                                                                               ­Fibres). Bei diesen Halbzeugen werden End-
                                                                                                                               losfasern mit den Reaktanten des Duroplas-
                                                                                                                               ten beschichtet und vorvernetzt. Auf den
                                                                                                                               ersten Blick wird die Fertigung erleichtert,
                                                                                                                               da der Kunde (beispielsweise im Flugzeug-
                                                                                                                               bau oder in der Formel 1) nur noch eine ein-
                                                                                                                               zige Komponente aus Faser, Harz und Här-
                                                                                                                               ter verarbeiten muss. Aber auch Prepregs
                                                                                                                               haben gewichtige Nachteile: Die chemische
                                                                                                                               Vorvernetzung schreitet bei Raumtempe-
                                                                                                                               ratur kontinuierlich voran. Daher ändern
                                                                                                                               sich innerhalb weniger Tage Viskosität und
                                                                                                                               Spezifikation. Transport und Lagerung her-
                                                                                                                               kömmlicher Prepregs erfordern also eine
                                                                                                                               teure Kühlkette. Zudem sind sie klebrig
                                                                                                                               und biegeschlaff und für ein automatisier-
                                                                                                                               tes Handling mithilfe von Robotern nicht
                                                                                                                               geeignet.

    Unimprägniertes unidirektionales Gelege im Technikum Marl.                                                                 Aufwendige Kühlung
                                                                                                                               wird überflüssig
                                                                                                                               Ein Entwicklerteam des Geschäftsge-
                                                                                                                               biets Crosslinkers des Segments Resource
                                                                                                                               Efficiency hat sich dieser Probleme an-
                                                                                                                               genommen. Es gelang, einen neuartigen
                                                                                                                               Faserverbund zu entwickeln, der viele
                                                                                                                               der Schwierigkeiten herkömmlicher Fer-
       sind schlicht zu schwer. Um noch grö-                                                                                   tigungsverfahren eliminiert. Ein Prepreg
                                                       Abbildung 1:
    ßere und leistungsstärkere Anlagen bei-                                                                                    mit VESTANAT® PP ist fest und trocken
                                                       Die Chemie der Polymermatrix
    spielsweise für Offshore-Windparks bauen                                                                      O
                                                                                                                               und kann gut von Robotern verarbeitet
    zu können, müssen Hersteller auf Faser-                                                                       C            und in Formen eingelegt werden. Es ist bei
    verbunde mit Carbon (CFK) umsteigen. Al-            2 O C N                N C O                          N       N        Raumtemperatur nicht reaktiv, was bei
                                                                                                                  C
    lerdings ist die Herstellung extrem dünner                                                                                 Transport und Lagerung die Kühlung er-
                                                                                                                  O
6   Hochleistungsfasern aus Carbon teuer und                                                                                   spart. Die Fertigung wird beschleunigt, und
                                                       Rohstoff für VESTANAT® PP ist ein Isocyanat.
    zeitintensiv – sie entstehen aus versponne-        Schritt 1: Ein Teil der Isocyanatgruppen wird                           die Prozesskosten sinken.
    nem Polyacrylnitril, das in Spezialöfen bei        als Uretdion chemisch blockiert.                                          Um all diese Vorteile zu erreichen, wur-
    hohen Temperaturen unter Luftausschluss                                                                                    de die Chemie der Polymermatrix kom-
    pyrolytisch in reinen Kohlenstoff umge-                                    O                                               plett umgeschrieben. Übliche duroplasti-
    wandelt wird.                                                              C                                               sche Werkstoffe bei Faserverbunden sind
                                                        O C N              N       N             N C O                         Epoxid­harzformulierungen, die mit Ami-
    Etablierte Verfahren                                                       C
                                                                                                                               nen gehärtet werden. VESTANAT® PP ba-
    mit Nachteilen                                                             O
                                                                                        HO           OH                        siert dagegen auf Polyurethan. Ausgangs-
    Klassische Kunststoffe im Leichtbau sind                                                                                   stoff ist ein aliphatisches Isocyanat. Das
    Duroplaste. Sie bestehen aus zwei chemi-                                                 O                O                Besondere: Seine funktionellen Gruppen
    schen Komponenten, die auf der Faser zu                                H                 C                C                sind etwa zur Hälfte durch Reaktion mit
                                                        HO         O       N             N       N        N       O       OH
    einem stabilen molekularen Netzwerk re-                            C                     C            H                    Alkohol zu Urethan umgesetzt, die andere
    agieren. Die Polymermatrix nimmt die von                           O                     O                                 Hälfte dagegen ist chemisch blockiert, in-
                                                                                                                          n
    außen wirkenden Kräfte auf und leitet sie in                                       Prä­polymer                             dem je zwei Isocyanate eine stabile ring-
    die Fasern ein.                                                OH
                                                                                                                               förmige Gruppe (Uretdion) bilden. Diesem
      Für die Fertigung faserverstärkter Bau-                                                                                  gelösten Prä­polymer werden weitere Poly­
                                                                                   +             +
    teile haben sich zwei Verfahren etabliert:                HO           OH
                                                                                                                               ole und ein organischer Katalysator beige-
    Beim Resin Transfer Molding (RTM) werden                                                                                   mischt (Abb. 1).
    entweder Gewebe oder mehrschichtige Ge-            Schritt 2: Die verbleibenden Isocyanatgruppen                             Mit dieser Formulierung werden die Fa-
    lege in eine heiße Form eingelegt. Anschlie-       polymerisieren durch Zugabe von Alkoholen zum                           sern getränkt und das feuchte Halbzeug bei
    ßend werden in die geschlossene Form Harz          Präpolymer. Durch anschließendes Hinzufügen
                                                                                                                               rund 100 °C getrocknet. Endprodukt sind
                                                       von weiteren Polyolen und Katalysatoren entsteht
    und Härter injiziert. Temperaturbedingt            VESTANAT® PP, mit dem die Fasern imprägniert                            – beim Einsatz von Carbonfasern – trocke-
    härten die beiden Komponenten des Poly-            werden. Bei Erhitzen auf über 130 °C öffnen sich                        ne, tiefschwarze Matten, bei Glasfasern ein
    mers zu einer duroplastischen Matrix aus.          die Uretdion-Gruppen; die Aushärtung startet.                           transparentes Material. Für die Fertigung
    RTM ist Standard im Automobilbau. Um die                                                                                   beim Kunden werden die Matten zuge-
    Fertigungszeit zu verkürzen, wird das Ge-                                                                                  schnitten und auf rund 70 °C erwärmt. Bei
    lege in der Regel endkonturnah vorgeformt.                                                                                 dieser Temperatur wird das Prepreg wieder
    Die Nachteile: Das Handling von bis zu vier                                                                                weich. In eine kalte Form eingelegt, kühlt
    Komponenten – Binder, Harz, Härter und                                                                                     es erneut ab und erstarrt zu einem vorge-
    Fasern – macht das Verfahren komplex. Zu-                                                                                  formten Bauteil, das zwischengelagert oder
    dem sind teure Anlagen und Anlagenkom-                                                                                     auch sofort weiterverarbeitet werden kann.
    ponenten notwendig, darunter Hochleis-                                                                                     Um zum Endprodukt zu kommen, wird das
    tungspresse, Injektions- und Dosieranlage.                                                                                 Teil in die endgültige Form eingelegt, auf
      Eine Alternative zu RTM ist der Einsatz                                                                                  140 bis 180 °C erhitzt und verpresst. Erst
    sogenannter Prepregs (Preimpregnated                                                                                       bei diesen Temperaturen erfolgt die End-

                                                          ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                                                                                                          eingesetzt werden. Bei Neuinvestitionen         Die Experten
                                                 Abbildung 2: Gesteuerte Aushärtung
                                                                                                                                          werden teure Komponenten wie Dosier-
                                                 Die Geschwindigkeit der Endvernetzung von VESTANAT® PP, dargestellt                      und Injektionsanlage überflüssig, die not-
                                                 anhand der Menge an Isocyanatgruppen (NCO-Gehalt). Sie lässt sich durch                  wendige Presse benötigt weniger Leistung.
                                                 Katalysatoren und Inhibitoren an die Wünsche des Kunden anpassen.                        Berechnungen zeigen: Die Produktion eines
                                                               100                                                                        Autodachmoduls beispielsweise gelingt um
                                                                                                   ohne Katalysatoren                     ein Drittel schneller. Die Investitionskosten
                                                                                                                                          für eine Neuanlage sind nur halb so hoch
                                                                80
                                                                                                                                          wie für herkömmliche Fertigungstechnik,
                                                                                                                                                                                          Eike Langkabel
                                                                                                                                          die Kosteneinsparung gegenüber RTM lie-         leitet das Sach­gebiet
                                              NCO-Gehalt [%]

                                                                               mit Katalysatoren                                          gen bei bis zu 35 Prozent. Im Labor hat das
                                                                60                                                                                                                        Prepregs in der
                                                                                und Inhibitoren
                                                                                                                                          Entwicklerteam alle Fertigungsschritte          Anwendungstechnik
                                                                                                                                          getestet. Dabei wurden verschiedene Glas-       des Geschäftsgebiets
                                                                40                                                                                                                        Crosslinkers.
                                                                         mit Katalysatoren                                                und Carbonfasern erprobt, der Einfluss
                                                                                                                                                                                          eike.langkabel
                                                                                                                                          der Katalysatormenge definiert und unter-       @evonik.com
                                                                20                                                                        schiedliche Rezepturen für das Flüssigharz
                                                                                                                                          untersucht.

                                                                 0                                                                        Markteinführung
                                                                                    Zeit                                                  für 2016 geplant
                                                                                                                                          VESTANAT® PP ist das erste lagerstabile
                                                                                                                                          Prepreg, das thermoplastisch verformbar
                                                                                                                                          ist und duroplastisch aushärtet (Abb. 3).
                                                                                                                                          Das heißt, es vereint die Vorzüge beider
                                                                                                                                                                                          Dr. Guido Streukens
                                                                                                                                          Polymertypen. Daraus resultiert ein neuer       ist Projektleiter für
                                                                                                                                          Fertigungsprozess mit Vorteilen gegenüber       VESTANAT® PP im
                                                                                                                                          den bisher üblichen Verfahren: Der serien­      Business Development
                                                 vernetzung des Polymers, da sich jetzt die                                               taugliche RTM-Prozess wird vereinfacht          des Geschäftsgebiets
                                                                                                                                                                                          Crosslinkers.
                                                 Uret­d ion-Ringe öffnen und durch Reak-                                                  durch ein einkomponentiges Prepreg. Zu-
                                                                                                                                                                                          guido.streukens
                                                 tion mit den Polyolen auspolymerisieren                                                  dem weist der neue Leichtbauwerkstoff eine      @evonik.com
                                                 (Abb. 2).                                                                                extreme Schlagzähigkeit bei hoher Ober-
                                                   Die Trennung von Vor- und Endvernet-                                                   flächengüte auf. In Kooperation mit einem
                                                 zung durch zwei unterschiedliche Reak­                                                   Prepreg-Hersteller wird das Material 2016
                                                 tions­mechanismen und die damit verbun-                  Prepregs als                    auf den Markt gebracht.                                                     7
                                                 dene Stabilisierung des Zwischenprodukts                 uni­direktionales                  Die Erfahrung während der mehrjährigen
                                                 sind für Faserverbundwerkstoffe neu, bei                 Gelege (links)                  Entwicklungsarbeiten zeigt: Know-how
                                                                                                          und als Gewebe.
                                                 Evonik allerdings ein bewährtes Rezept.                                                  aus anderen Geschäftsfeldern kann – adap-
                                                 Es wird beispielsweise für Pulverlacke ge-                                               tiert an die Herausforderungen eines neu-
                                                 nutzt.                                                                                   en Produkts – zu exzellenten Alternativen
                                                   Bei der Entwicklung von VESTANAT®                                                      führen, an die bisher niemand gedacht hat
                                                 PP konnte dieses Prinzip für den Leicht-                                                 und die wesentliche Praxisprobleme besei-
                                                 bausektor adaptiert und optimiert werden.                                                tigen helfen. Entscheidend für den Erfolg
                                                 Die Geschwindigkeit der Endvernetzung                                                    war insbesondere die enge Kooperation mit
                                                 ist entsprechend den Kundenwünschen                                                      Prepreg-Herstellern und Kunden.
                                                 steuerbar: zum einen über die Menge des                                                     Das Crosslinkers-Team übernahm nicht
                                                 zugegebenen Katalysators, zum anderen                                                    nur die Rolle des Rohstoffentwicklers,
                                                 über die gewählte Temperatur – je heißer                                                 sondern auch die des Formulierers, Pre­
                                                 der Härteprozess, desto schneller die End-                                               preg-Herstellers und des direkten Zuliefe-      Ausgezeichnet
                                                 vernetzung. Das System lässt sich auf diese                                              rers. So führte das Wissen um die gesamte       mit dem Evonik-
                                                                                                                                                                                          Innovationspreis 2015
                                                 Weise an den vorhandenen Gerätepark und                                                  Wertschöpfungskette zu einer vielverspre-       in der Kategorie
                                                 an die gewünschte Anwendung anpassen.                                                    chenden Innovation für einen der dyna­          Neue Produkte/
                                                 Bestehende Anlagen können problemlos                                                     mischsten Märkte weltweit.                      System­lösungen.

                                                 Abbildung 3: Temperaturverhalten der Prepregs
Infografik: C3 Visual Lab Fotos: Evonik (4)

                                                 Da die Prepregs schon
                                                 bei 70 °C schmelzen,
                                                                                           25 °C                           70 °C                                     130 °C                      180 °C
                                                 aber erst bei 130 °C
                                                 aushärten, lassen sie           • lagerstabil bei                • Schmelzen der Matrix                    • Vernetzung des           • effiziente Verarbeitung
                                                 sich wie Thermoplaste              Raum­temperatur                   ohne Vernetzung                            Systems startet          • Vernetzungsdauer
                                                                                 • einfaches Handling              • einfache Umformung                       • Vernetzungsdauer            ­verkürzt sich auf
                                                 einfach und schnell              • feste Matrix                    • kein zusätzliches Bindemittel              30 bis 60 Minuten           2 bis 3 Minuten
                                                 verarbeiten.                     • nicht klebrig                   • s tabiler, unvernetzter
                                                                                  • formstabil                         Formling nach Abkühlen

                                                                                                            ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

    Masse Rotorblatt [t]                                                                     20 MW                       Basisdesign                            Mehr Windenergie durch Composites
                                                                                           Rotor 250 m                   WindPACT*
    160                                                     10 MW                                                                                               Windkraftanlagen liefern umso mehr Energie, je länger die Rotor-
                                                          Rotor 200 m                                                                                           blätter sind. Ihr Gewicht lässt sich dann nur noch durch Composites
                                                                                                                                                                verringern. Die WindPACT-Studien zeigen, wie eine Optimierung des
                5–6 MW                                                                                                                                          Designs das Gewicht weiter reduzieren kann – unter anderem durch
    120        Rotor 126 m                                                                                                                                      die Verwendung von Kohlefasern statt Glasfasern.

                                                                                                                            kommerzielle
     80                                                                                                                     Produkte
                                                                                                                           optimiertes
                                                                                                                           Design WindPACT*
     40                                                                                                                     * Designstudien des National
                                                                                                                            Renewable Energy Laboratory (NREL)

       0
                     75                                              100                        125
                                                                                 Länge Rotorblatt [m]

    Quelle:
    Lucintel

                                                                                                                         5,4 % andere
                                                                                                           5,6 %
                                                                                       6, 3

                                                                                                                                             ** E xploration und
                                                                                                                                                 Evaluierung
                                                                          6, 4

                                                                                           %B

                                                                                                                                                 mineralischer
                                                                                                                 E
                                                                               %

                                                                                                                                                 Ressourcen
                                                                                                auw

                                                                                                             & E**
                                                                                P ip
                                                             6,

                                                                                 e&
                                                               7%

                                                                                                 ese

                                              7,
                                                 2
                                                                                                    n
                                                                                     Ta
                                                                     Sc

                                                                                                                                        14 – 19
                                                     %                                                                  ate 20
                                                                          hi

                                                                                        n

                                                         Tr                                                      m sr
                                                                                           k

                              7,7
                                                                               ffb

                                                            a                                               tu
                                  %                             ns                                       hs
                                                                                au

                                        W                            po                             ac
                                             in d                         rt                    W
                          7,8                       en                                 c   he
                                                         er
                              %                               g ie
                                                                                 li

                                  Ko
                                                                               hr

                                       nsu                                                                25,3
                                                                               jä

                                             mg
                                                  ü te
                                                                          e,

                                                         r                                                           14
                                                                     nt

8                          7,8                                                                                    20
                               %
                                                                 me

                                   Luft                                                                                                                                       35,2
                                             f ahr
                                                               t seg

                                                     t
                                                                                                                                                            20
                                                                                                                                                               19
                                                          Mark

    Attraktives Wachstum
    Laut Prognosen wächst
                                                                                                                                                                                                                           35
    der Composites-Markt
                                                                                                    20

                                                                                                                                                                              -$

    bis 2019 um durchschnitt-
                                                                                                                                                                              US
                                                                                                       13

    lich sieben Prozent pro                                                                 23,9                                                                                                                                  360
                                                                                                                                                                           n

    Jahr. Überdurchschnitt­
                                                                                                                                                                        de

                                                                                                                                                                                                                                  245
                                                                                                                                                                        lli
                                                                                                                                                                 ar

    liches Wachstum verspre-                                                                                                                                        i
    chen Luftfahrt, Konsum-                                                                                                                                     M
                                                                                                                                                   e     n in
    güter, Windenergie und                                                                                                              Marktvolum
    Transport.                                                                                                                                                                                   mittlere                                  35
                                                                                                                                                                                               Lebensdauer
                                                                                                                                                                                                (in Jahren)
                                                                                                                                                                                                                                                   272
                  16,7                       0,8 andere                                                                                                                                                                                            245
           carbonfaser-
             verstärkte                                                                                                                                                                               80
            Composites

                                                                                                                                                                                     jährl. Kosten
                                         %                                                                                                                                           Lebenszyklus
                                                                                                                                                                                                                  74
                                                                                                                                                                                                                  0
                                                                                                                                                                                     Kosten
                                                                               82,5                                                                                                  Wartung
                                                                               glasfaserverstärkte
                                                                               Composites                                                         Niedrigere Kosten
                                                                                                                                                                                                                  5.000           12.000           9.000
                                                                                                                                                  (Angaben in US-$)
                                                                                                                                                                                                     Composites

                                                                                                                                                                                     Kosten
                                                                                                                                                  Vergleich der Kosten
                                                                                                                                                                                     Installation
                                                                                                                                                                                                                          Beton

                                                                                                                                                  für einen Mast aus
                                                                                                                                                                                                                                           Stahl

    Glasfaser überwiegt                                                                                                                           Composites, Beton
    (Angaben in %, 2013)                                                                                                                          oder Stahl. Bei Com-
                                                                                                                                                  posites sind die jähr­             Kosten
    Der Markt für Faserverbundbauteile –                                                                                                          lichen Kosten über die             Anschaffung
    2013 umfasste er 23,9 Milliarden US-$                                                                                                         gesamte Lebensdauer
    – wird dominiert von Glasfasern.                                                                                                              deutlich niedriger.                                             900             350              260

                                                                                                          ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                               Anteil der Verbundwerkstoffe im Auto wächst                                                     Markttreiber Luftfahrt
                                               (Angaben in Millionen Tonnen)                                                                   (Strukturgewicht von Flugzeugen: Anteil Aluminium und CFK in %)

                                               2014 lag der Anteil von Faserverbundwerkstoffen an Automaterialien                              Moderne Flugzeuge enthalten mehr carbonfaserverstärkte Composites
                                               (131 Mio. t) bei 1,6 %; er soll bis 2025 auf 2,2 % bzw. 3,6 Mio. t steigen.                     (CFK) als Aluminium und tragen so zum Marktwachstum bei.

                                                                                                                  3,6
                                                                                                                                               100 %     DC-3   B 737 B 747 B 767 B 777 A 380 B 787 A 350
                                                                                                                                                                                                    XWB

                                                                                                                             max. Materialanteil
                                                                                                                              beim Flugzeug
                                                                                                                                                         Aluminium
                                                                                     2,1
                                                                                                                                                   50%
                                                          1,5

                                                                                                                                                       CFK
                                                         2009                       2014                         2025                              0%
                                                                                                                                                    1950          1970                  1990                     2010          2025

                                                                                                                                                                                                    Zeitpunkt Inbetriebnahme

                                                                           UK                            China                                 China ist größter Markt
                                                                          0,2 0,3 Deutschland                                                  (Angaben in Millionen Tonnen, 2013)

                                                                                                          2,6                                  Sechs Länder stehen für 75 % des weltweiten Composites-
                                                                                                                    0,5
                                                   2,1     USA                                                                                 Marktes, der 2013 rund 8 Millionen Tonnen umfasste.
                                                                                                                   Japan
                                                                                                  0,3
                                                                                                Indien

                                                                         2,0

                                                                       andere

                                                                                                                                                                                                                                                        9

                                               DATA MINING

                                               Leichtbau im Aufwind
Infografik: C3 Visual Lab Foto: shutterstock

                                               Faserverstärkte Kunststoffe sind ein vielseitiges Leichtbaumaterial: Sie sparen nicht nur Gewicht und damit
                                               Energie, sondern ermöglichen zusätzlich Designfreiheit und Funktionsintegration und können bei einem Crash
                                               viel Energie aufnehmen. Ein Einblick in Märkte, Trends und Potenziale von faserverstärkten Kunststoffen.

                                               Vorreiter Flugzeug                                                                                                    Gewichtige Argumente
                                               (Anteil Composites am Strukturgewicht in % )                                                                          (Gewichtsreduktion Auto in % vom Gesamtgewicht)

                                               Gemessen am Anteil von Composites am Stukturgewicht stehen Serienautos heute                                          Leichtbau mit CFK ermöglicht
                                               in etwa dort, wo sich die Flugzeugindustrie vor rund 40 Jahren befand.                                                im Materialvergleich die größte
                                                                                                                                                                                                                              42,0
                                                                                                                                                                     Gewichtseinsparung.
                                                                                                                                                                     Annahme:
                                                         2010–20                                                                                                     mittleres Fahrzeuggewicht 1.800 kg;
                                                                                                                                                                     Anteil Leichtbaumaterialien: 40 %
                                                                           50–55 %                               2025–35
                                                           Trend                                                                  10–30 %                                                                                                        28,0
                                                         Flugzeug                                                 Trend
                                                                                                                Automobil
                                                                    5%
ELEMENTS S - LEICHTBAU FÜR DIE SERIE* - INTERVIEW: Evonik Industries
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                  GESUCHT:
                                WEGE ZU MEHR
                                  EFFIZIENZ
      Wie können Faserverbundwerkstoffe für den Leichtbau einfacher und kostengünstiger als bisher
       gefertigt werden? Die Creavis, die strategische Innovationseinheit von Evonik, hat im Projekthaus
     Composites mit neuen Materialien, Prozessen und Systemlösungen überzeugende Antworten gefunden.
       Beispiele sind das PulPress-Verfahren, UD-Tapes und Hybridpolymere auf den folgenden Seiten.

     D
     von Dr. Sandra Reemers und Dr.-Ing. Leif Ickert

                    er Leichtbau gilt als wichtiger    Das Projekthaus            viel stärker in der Composites-Community                                           Die Experten
                    Wegbereiter für eine nach-         auf einen Blick            positionieren. Hiervon zeugen das hohe In-
                    haltige Mobilität. Aus der                                    teresse und die Kooperation mit externen

                                                       20
                    Luft- und Raumfahrt ist er                                    Partnern sowie drei Innovationspreise. Zu-
                    schon jetzt nicht mehr weg-                                   dem wurden neun studentische Praktika
                    zudenken, die Automobil­                                      durchgeführt und acht Bachelor-, Master-
     industrie dagegen steht beim Leichtbau            Mitarbeiter                und Doktorarbeiten angefertigt.
     wie viele andere Branchen noch ganz am                                          Der heutige Markt für Faserverbund-

                                                       3
     Anfang. Als entscheidender Schlüssel für                                     werkstoffe ist zu drei Vierteln von duro-                                          Dr. Sandra Reemers
     maßgebliche Fortschritte gelten Faserver-                                    plastischen Werkstoffen geprägt. Ther-                                             Leiterin des Projekt-
     bundwerkstoffe, eine Materialklasse, die                                     moplastischen Werkstoffen bescheinigen                                             hauses Composites der
                                                                                                                                                                     strategischen Innovati-
     aus zwei Komponenten besteht: aus einem           Jahre Laufzeit: April      Marktforscher ein großes Wachstums­                                                onseinheit Creavis.
10   Matrixsystem – duroplastischen oder ther-         2013 bis März 2016         potenzial. Beide Materialklassen wurden                                            sandra.reemers
     moplastischen Polymeren – und aus ver-            Auszeichnungen             im Projekthaus weiterentwickelt und sogar                                          @evonik.com
     stärkend wirkenden Hochleistungsfasern,           – Innovationspreis         zu einer neuen Materialklasse kombiniert.
     zum Beispiel Glas- oder Kohlenstofffasern.        2015 des Netzwerks            Von den neun Projekten widmeten sich
        Zwar sind solche Composites nicht grund-       CFK-Valley für thermo­     zwei der Prozessentwicklung, bei den sie-
                                                       reversible Polymer-
     sätzlich neu, doch stehen ihrer industriellen     netzwerke                  ben anderen ging es sowohl um Material- als
     Anwendung noch immer große Hürden im                                         auch um Prozessentwicklung. Die Projekte
                                                       – Innovationspreis 2015
     Weg. Zum Beispiel hohe Herstellungskos-           des JEC-Verbands für       lassen sich fünf Themenbereichen zuord-
     ten: Die Fertigungsprozesse machen etwa           das Projekt CAMISMA        nen: vorimprägnierte Halbzeuge auf Basis
     70 Prozent der Gesamtkosten von Faserver-         (um 40 Prozent leichte-    hybrider Polymersysteme, Strukturschäu-
     bundwerkstoffen aus. Viele Verfahren sind         re Autositzlehne)          me für Sandwichsysteme, thermoplastische                                           Dr.-Ing. Leif Ickert
     zudem nur schlecht skalierbar, wenn die           – Innovationspreis 2015    Halbzeuge, flammgeschützte Matrixsyste-                                            Manager Business and
     Bauteile komplexer oder die Stückzahlen           der AVK-Industrie­         me sowie hochwertige Composites-Ober-                                              Application im Projekt-
                                                       vereinigung für das                                                                                           haus Composites.
     größer werden. Daher hat sich das Projekt-                                   flächen. Die Projekte werden nun mit dem
                                                       PulPress-Verfahren                                                                                            leif.ickert@evonik.com
     haus Composites der Creavis in den vergan-                                   Ende des Projekthauses in die operativen

                                                       100+
     genen drei Jahren auf die Entwicklung von                                    Geschäftseinheiten von Evonik überführt,
     Materialien und Prozessen konzentriert,                                      die die Markteinführung weiter vorantrei-
     die die Kosten der Herstellungsprozesse für                                  ben. Das Unternehmen zielt im Geschäft mit
     Faser­verbundwerkstoffe senken.                                              Verbundwerkstoffen mittelfristig auf einen
                                                       externe Partner
        Eingebettet war diese strategische Kon-                                   Umsatz im unteren dreistelligen Millio-

                                                       40+
     zernforschung in das weite Kompetenz–                                        nen-€-Bereich.
     umfeld, das bei Evonik bereits vorhanden
     ist. Dazu gehört Know-how bei Polymeren,
     Vernetzern, Additiven und Hochleistungs-                                     Mehr Effizienz bei Prozessen und Materialien
                                                       Publikationen
     strukturschäumen. Die enge und vertrau-
                                                                                  Alle Arbeiten im Projekthaus hatten zum Ziel, die Kosten zur Herstellung von

                                                       8
     ensvolle Zusammenarbeit zwischen dem                                         Faserverbundwerkstoffen zu senken.
     Projekthaus und den Geschäftsgebieten war
                                                                                                                                                                                               Infografik: C3 Visual Lab Fotos: Evonik (2)

     ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Außerdem
                                                                                                                      z                      Pr
     beteiligten sich die Geschäftsgebiete auch                                         ökologischere               en                         oz              schnellere
                                                                                                                  zi g e
                                                       Geschäftsgebiete                   Herstellung                u
                                                                                                                                             B
                                                                                                                                                               Verarbeitung
                                                                                                                   ef

                                                                                                                                              es t e i l e
                                                                                                            H albz fi

     finanziell signifikant am Projekthaus.            sowie das Innovations-
                                                                                                                                                sef
                                                                                                                                                au
                                                                                                                  e
                                                                                                           Prozess

                                                                                        der Halbzeuge                                                          zu Bauteilen
                                                                                                                                                   f i zienz

        Weitere wichtige Beiträge zum Erfolg           management der                                                           Ziel
     des Projekthauses kamen von Unterneh-             Segmente an den
     men und Hochschulen – das entstandene             Projekten beteiligt
                                                                                                                   M
                                                                                                                        a te                       z
     Netzwerk umfasst inzwischen mehr als                                                                                             f i zi e
                                                                                                                               r iale f        n

     100 Partner. Nicht zuletzt konnte sich Evo-
     nik durch die Aktivitäten des Projekthauses                                            weniger Verschnitt, bessere Materialeigenschaften

                                                         ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                                       Faserverbundwerkstoffe im Auto
                                      Faserverbundwerkstoffe machen derzeit nur etwa zwei Prozent am Materialmix von Autos aus.
                                                              Die Grafik zeigt aktuelle Einsatzgebiete.

                                               Dach                                                                                      Drucktanks
                                       Neben hoher Steifigkeit                                                              Zur Speicherung von Erdgas (CNG)
                                      bestehen hier besondere                                                             als Kraftstoff. CNG wird in Hochdruck­
                                      Anforderungen an Ober-                                                                   behältern bei Drücken von 200
                                      flächenqualität (Class A)                                                            bis 250 Bar komprimiert. Composite-­
                                      und Akustik (kein stören-                                                               Tanks kombinieren hohe Druck­
                                        des Regentrommeln).                                                                   festigkeit, Schadens­toleranz und
                                                                                                                                          Leichtbau.

         Anbauteile
 Zum Beispiel Motorhaube,                                                                                                                                       Fahrwerk
     Heckklappe und Ver-                                                                                                                                    Schon in Serie: die
   kleidungsbauteile. Diese                                                                                                                               Blattfeder, die Boden­
  Bauteile lassen sich relativ                                                                                                                           unebenheiten abfedert.
   einfach realisieren, da sie                                                                                                                         In Entwicklung: Konzepte
 angebaut werden und nicht                                                                                                                             für Fahrwerkslenker. Das
  in die Metallstruktur heu-                                                                                                                              Fahrwerk macht circa
  tiger Fahrzeuge integriert                                                                                                                            20 Prozent des gesamten
       werden müssen.                                                                                                                                    Fahrzeug­gewichts aus;
                                                                                                                                                       Sicherheit bzw. Schutz vor
                                                                                                                                                        Bruch ist hier besonders
                                                                                                                                                                 wichtig.

                                                                                                                                        Karosseriestruktur
                          Antrieb                                                                                                   Monocoque-Konzepte, bei
                 Erste Anwendungen von                                                                                                                                                     11
                                                                                                                                    denen die gesamte Karosse-
                   Kardanwellen bereits                                                                                             riestruktur aus CFK besteht,
                  im Markt. Neben dem                                                                                                 oder Hybride – tragende
                geringeren Eigengewicht                                                                                               Bauteile in der K
                                                                                                                                                      ­ arosserie
                auch sekundäre Gewichts­                                                                                               aus Metall mit lokalen
                                                                        Crashelemente
                effekte, da Zwischenlager                                                                                           Verstärkungselementen aus
                 für die Kardanwelle ent­                       Zum Beispiel Crashboxen oder
                                                              Seitenaufprallträger. Hier kommen                                      Faserverbundwerkstoffen,
                      fallen können.                                                                                                  zum Beispiel die B-Säule.
                                                                 die guten Energieabsorptions­
                                                               eigenschaften von Faserverbund-
                                                                    werkstoffen zum Tragen.                                                                              Quelle: Evonik

  Weniger Gewicht größter Hebel zur Reduktion von Emissionen                                              Der Markt für Carbon-Composites: die Matrix
                                                                                                                          (Umsatz in Milliarden US-$)
   Was hat im Auto das größte Potenzial, um Emissionen zu reduzieren? Nach
     einer Umfrage unter Experten ist es die Verringerung des Gewichts.                          Composites mit Carbonfasern sind besonders leicht. 2014 lag der Umsatz
                                                                                                 damit bei 16,6 Mrd. US-$. Bevorzugtes Matrixmaterial sind Duroplaste.

                                 0    10          20          30        40          50                                           Keramik                 Metall
                                                                                                                              1,66; 10 %                 1,24; 8 %

          Gewichtsreduktion                                                       46 %                              Carbon
                                                                                                                 2,24; 13 %                                 Hybrid
               Antriebsstrang                                  30 %                                                                                         0,84; 5 %
          Batterietechnologie                                  30 %

       Platznutzungskonzept                            23 %

                    Montage                11 %

Herstellung einzelner Bauteile             11 %
                                                                                                  Thermoplaste                         Polymere                       Duroplaste
           Steuerungstechnik               11 %                                                     2,55; 15 %                        10,63; 64 %                     8,08; 49 %
    Einsatz neuer Materialien              11 %

               Instandhaltung             10 %
                                                                             218 Befragte,
                       andere        5%                                      Anteil in Prozent
                                                                             Quelle: Aberdeen
                                                                             Group, 2013                                                                 Quelle: Carbon Composites e. V.

                                                                   ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                               Entwickelt im Projekthaus

                                                      PULPRESS
      Große Stückzahlen zu vertretbaren Preisen – das ist bei der Herstellung von Bauteilen
        aus Faserverbundwerkstoffen derzeit meist noch ein Widerspruch. Wie es gehen
       kann, demonstriert das Projekthaus Composites mit einer Pilotanlage, die in einem
        neuartigen Prozess Sandwichprofilbauteile aus Composites kontinuierlich fertigt.

     F
     von Dr.-Ing. Sivakumara Krishnamoorthy

                  ür die Herstellung komplexer             stoffkarosserie der BMW-Elektroautos i3                 partner war die Secar Technologie GmbH
                  Formbauteile aus Faserver-               und i8 an Bekanntheit gewonnen hat. Die                 aus der Nähe von Wien, die sich auf die Fer-
                  bundwerkstoffen stehen ver-              Zykluszeiten sind aktuell allerdings noch               tigung von Bauteilen aus unterschiedlichen
                  schiedene Technologien zur               relativ lang, viel länger als die heute übli-           Faserverbundwerkstoffen spezialisiert hat.
                  Verfügung, die eines gemein-             chen Taktzeiten einer Rohbauzelle in der
                  sam haben: Wirtschaftlichkeit            großseriengewohnten Automobilindustrie.                 Etablierte Verfahren
     und erreichbare Bauteilkomplexität gehen              Eine Alternative ist das Pultrusions- oder              neu kombiniert
     nicht unbedingt Hand in Hand. Das beste               Strangziehverfahren, zum Beispiel für die               Das PulPress genannte Verfahren kom-
     Beispiel ist das Handlaminieren, das äl-              Fertigung faserverstärkter Kunststoff­                  biniert Pultrusions- und Pressverfahren
     teste Herstellungsverfahren für Compo­                profile. Lange Zeit war es mit diesem Ver-              auf neuartige Weise. Materialseitiger Aus-
     sites-Bauteile: Es ermöglicht zwar komple-            fahren jedoch nur möglich, gerade Profile               gangspunkt der Entwicklung war der ge-
     xe Geometrien, ist aber definitionsgemäß              herzustellen.                                           schlossenporige Hochleistungsstruktur-
12   nicht automatisierbar und deshalb für eine              Vor diesem Hintergrund hat das Pro-                   schaum ROHACELL® von Evonik, der als
     Serienfertigung nicht wirtschaftlich.                 jekthaus Composites ein neues Verfahren                 Kern in Sandwichbauteilen zum Einsatz
        Einen höheren Automatisierungsgrad                 entwickelt, mit dem sich auch Bauteile mit              kommt. Der Schaumwerkstoff aus Poly-
     bietet das sogenannte Resin Transfer Moul-            komplexen Geometrien aus Faserverbund-                  methacrylimid (PMI) hat sich als leichtes
     ding, das nicht zuletzt durch die Fertigung           werkstoffen hoch automatisiert und kon-                 und gleichzeitig steifes Material in Werk-
     der kohlenstofffaserverstärkten Kunst-                tinuierlich fertigen lassen. Entwicklungs-              stoffverbunden bewährt, zum Beispiel im
                                                                                                                   Automobilrennsport, in der Luftfahrt und
                                                                                                                   im Sportartikelbereich, etwa in Eisho-
                                                                                                                   ckeyschlägern oder Skiern. ROHACELL®
                                                                                                                   besitzt neben seinem geringen spezifischen
     Das Prinzip des                                                                                 4             Gewicht eine hohe Druckbeständigkeit
     PulPress-Verfahrens                                                                                           und ist thermisch umformbar. Seine Glas-
     Der mit Verstärkungsfasern umfloch-
     tene Sandwichkern wird mit Harz
     imprägniert und dann unter erhöhten
     Temperaturen in die gewünschte Form
     gepresst. Derzeit können so 30 Sand-
     wichprofilbauteile pro Stunde vollauto-
     matisch gefertigt werden.
                                                                             3

                                                2                                                                                        5

                   1

                                                                                                                                A               B

                   1 ROHACELL®                 2 Kernführung               3 UD-Faser             4 Flechtanlage                        5 Harzinjektion

                                                               ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                                                                                                                                                                Der Experte
                                              Hohe Wirtschaftlichkeit
                                              Das neue PulPress-Verfahren reduziert die Kosten pro Bauteil um 30 bis 60 Prozent gegenüber anderen
                                              ­Fertigungsverfahren. Im Vergleich zu Bauteilen aus Stahl lässt sich das Gewicht um 75 Prozent senken.

                                                             Bauteilgewicht bei identischen Funktionen                       Kosten pro Bauteil für Serienproduktion
                                                 1.500 g       1.000 g           500 g                                                  10 €            20 €       30 €            40 €

                                              100 %                                                            Stahl                100 %
                                                                                                              Stahl
                                                      90 %                                                  (hochfest)                 140 %                                                    Dr.-Ing. Sivakumara
                                                                                                                                                                                                Krishnamoorthy
                                                                60 %                                        Aluminium                       250 %                                               Leiter des Projekts
                                                                         45 %
                                                                                                               CFK
                                                                                                                                                                               900 %
                                                                                                                                                                                                Komplexe Profile
                                                                                                           (quasiisotrop)                                                                       im Projekthaus
                                                                                                         CFK (UD/Lastfall-                                                                      Composites.
                                                                                  25 %                      optimiert)                                                                1.000 %
                                                                                                                                                                                                sivakumara.krishna-
                                                                                                         CFK (UD/Lastfall-
                                                                                  25 %                    optimiert), mit                       400 %          Evonik Industries                moorthy@evonik.com
                                                                                                         PulPress-Prozess
                                                                                                            hergestellt

                                                                            übergangstemperatur liegt bei 180 °C. Diese                        schen Durchsatz von 30 Bauteilen pro Stun-
                                                                            Eigen­schaften prädestinieren das Material                         de, also einen Zwei-Minuten-Takt. Diese
                                                                            für das PulPress-Verfahren; das Projekt-                           Geschwindigkeit ist noch steigerungsfähig,
                                                                            haus zeigt damit einen neuen Anwendungs-                           etwa durch die Verwendung von schneller
                                              Bis zu 1,2 Meter lange
                                              Sandwichprofilbauteile        bereich für ROHACELL® auf.                                         aushärtenden Harzsystemen.
                                              liefert die Pilotanlage.        Im PulPress-Prozess dient der Struktur-                             Der Strukturschaumkern der Verbund-
                                                                            schaum als Kern, der mit Verstärkungs­                             faserwerkstoffbauteile sorgt dafür, dass
                                                                            fasern umflochten wird. Im nächsten                                das resultierende Bauteil die gewünschte
                                                                            Schritt kommt das Harz für die Impräg-                             Energie- und Krafteinleitungsfunktiona-
                                                                            nierung der Fasern hinzu. Das so vorberei-                         lität erreicht. Messungen an einem im Pul-
                                                                            tete Material gelangt dann in ein Pressen­                         Press-Verfahren gefertigten Bauteil zeigen,
                                                                            system, in dem bei hohem Druck und hoher                           dass die Steifigkeit ähnlich hoch ausfällt wie
                                                                            Temperatur ein 3-D-Profil mit definierten                          bei einem konventionellen Vergleichsbau-                               13
                                                                            Abmessungen aus dem Endlosmaterial ent-                            teil aus Aluminium, obwohl das Verbund-
                                                                            steht. Auf der Pilotanlage können derzeit                          werkstoffbauteil fast dreimal so leicht ist.
Infografik: C3 Visual Lab Fotos: Evonik (2)

                                                                            Sandwichprofilbauteile von bis zu 1,20 Me-                            Im Gegensatz zu heutigen Prozessen, bei
                                                                            ter Länge kontinuierlich hergestellt werden.                       denen ein Strukturschaumkern mit Fa-
                                                                            Auch eine Produktion ist für Bauteile bis zu                       sern zu einem Verbundwerkstoff verarbei-
                                                                            dieser Länge auf der Anlage bereits möglich.                       tet wird, kommt das PulPress-Verfahren
                                                                              ROHACELL® dient dabei als formgeben-                             fast völlig ohne Verschnitt aus – beim Kern
                                                                            der Kern, außerdem lassen sich auch Inserts                        und bei der Faser. Vom Prozess profitieren
                                                                            aus Metallen oder Polymeren einfügen. Die                          künftig Anwender im Sportartikelbereich,
                                                                            gemeinsam von Evonik und Secar realisier-                          in der Automobilindustrie und in weiteren
                                                                            te Pilotanlage erreicht einen vollautomati-                        Märkten.

                                                                                                                                                                                                      9

                                                                                                     7
                                                                                                                                                    8

                                         6

                                6 Preform                                                          7 bewegbare Presssysteme                      8 Trennen                                      9 Lagerung

                                                                                                                 ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                        Entwickelt im Projekthaus

                                                  UD-TAPES
       Sie sind leicht, extrem zugfest und stabil: unidirektionale Tapes, bei denen parallele
      Endlosfasern in ein Kunststoffband eingebettet sind. Neuerdings lassen sie sich auch
       einfacher herstellen – dank eines neuen Prozesses, den das Projekthaus Composites
     entwickelt hat. Interessant sind die Tapes unter anderem für die Öl- und Gasförderung.

     O
                    von Dr.-Ing. Andreas Szentivanyi
                    und Martin Risthaus

                      l- und Gasindustrie haben
                      ein Problem: Mit immer
                      empfindlicheren Explora-
                      tionsmethoden können sie
                      zwar neue Vorkommen tief
                      unter dem Meeresgrund
     erfassen, doch kommt das etablierte Equip-
     ment für die Förderung allmählich an sei-
     ne Grenzen. Werden Öl und Gas aus großen
     Wassertiefen geholt, müssen die Leitungen
     sehr hohe Außendrücke aushalten. Die der-
14   zeit verwendeten „Flexible Pipes“ enthalten
     deshalb stärkere metallische Karkassen, die
     dem Rohr die erforderliche Steifigkeit ver-
     leihen, aber auch das Gewicht deutlich er-
     höhen.
        Inzwischen stoßen Öl- und Gasindustrie
     in so große Tiefen vor, dass die Leitungen
     immer mehr versteift werden müssen; da-
     durch werden sie auch immer schwerer. Das
     macht nicht nur das Handling komplizier-
     ter, sondern erfordert auch zusätzliche Bo-
     jen. Wassertiefen von mehr als 2.500 Meter
     stellen eine große Herausforderung dar.
        Abhilfe kann ein Materialwechsel schaf-        Bald serienreif: Die Pilotanlage, die das Projekthaus Composites zur Herstellung unidirektionaler (UD)
     fen – zu Kunststoffleitungen, die mit Bän-        Tapes aufgebaut hat, liefert derzeit 160 Millimeter breite Tapes.
     dern aus Faserverbundwerkstoffen, soge-
     nannten unidirektionalen Tapes, versteift
     werden. Solche Leitungen weisen ein deut-
     lich günstigeres Verhältnis von Eigenge-
     wicht zu Länge auf als Stahlverstärkungen;
     zudem sind sie nicht korrosionsanfällig.          Polymer muss nicht, wie bei bisher übli-               Für eine homogene Verteilung im späte-
     Typischerweise bestehen diese Kunst-              chen Verfahren, zu Pulver gemahlen und                 ren Tape werden die Fasern zunächst ver-
     stoffrohrlösungen aus mehreren Schichten.         als Suspension aufbereitet werden, sondern             einzelt. Danach gelangen sie gemeinsam
     Einen optimalen Materialverbund erzielt           wird als Granulat direkt auf die Fasern ex­            mit der Polymerschmelze in eine Presse
     man hierbei, wenn die einzelnen Schichten         trudiert. Das spart Kosten, Zeit und Energie.          mit beheizbarem Werkzeug. Dort entsteht
     aus ein und demselben Polymer gefertigt                                                                  das 160 Millimeter breite, unidirektionale
     werden.                                           Skalierbare Pilotanlage                                Tape, das in einem Kalander abkühlt und
        Unidirektionale Tapes sind bandförmige         Der Prozess läuft seit knapp einem Jahr auf            über mehrere Walzen gezogen wird. Die
     Faser-Polymer-Verbundwerkstoffe, in de-           einer Pilotanlage, die das Projekthausteam             Pilot­a nlage ist skalierbar und soll in einem
     nen die einzelnen Endlosfasern parallel zu-       im Hinblick auf Faserführung und Impräg-               nächsten Schritt auf Tapes mit einer Breite
     einander angeordnet sind. Das Projekthaus         nierung optimiert hat. Die Anlage lässt sich           von 300 Millimeter umgerüstet werden.
     Composites hat einen Prozess entwickelt,          aus 20 bis 40 Faserbündeln, sogenannten                  Während sich UD-Tapes in der Luft-
     mit dem sich die unidirektionalen Tapes           Rovings, gleichzeitig speisen. Ein Roving              fahrtindustrie bereits seit Jahren bewährt
     direkt aus der Schmelze herstellen lassen         besteht aus mehreren Tausend bis zehntau-              haben, bearbeitet Evonik derzeit konkre-
     – eine Direktschmelze-Imprägnierung der           send Filamenten; zum Einsatz kommen bis-               te Anfragen von Kunden aus der Öl- und
     Fasern mit dem Polymer. Der Vorteil: Das          her Glas- oder Kohlenstofffasern.                      Gasindustrie. Doch auch die Automobil-

                                                         ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                                        branche ist an unidirektionalen Tapes in-          allein schon wegen der Herstellungskosten.      Die Experten
                                                        teressiert, um leichtere Fahrzeuge bauen zu        Vielmehr bieten Verbundwerkstoffe die
                                                        können. Bei einer Gewichts­einsparung im           Möglichkeit, die Fahrzeugkarosserie völlig
                                                        Fahrzeug von 100 Kilogramm rechnen Ex-             neu zu denken, etwa durch die Verstärkung
                                                        perten mit 0,3 bis 0,5 Liter weniger Kraft-        metallischer Strukturbauteile oder durch
                                                        stoffverbrauch auf 100 Kilometer.                  eine drastische Reduktion der Baugruppen.
                                                                                                           Hinzu kommt die größere Flexibilität bei
                                                        Rückenlehne verschlankt                            der Fertigung von Bauteilen aus Verbund-
                             Interessant auch für die   Dieser Markt befindet sich zwar noch in            werkstoffen im Vergleich zu Metallen.           Dr.-Ing. Andreas
                             Öl- und Gas­industrie:     einem frühen Stadium, doch zeichnet sich             Dieser Aspekt gewinnt an Bedeutung, je        Szentivanyi, Leiter des
                             Auf UD-Tapes basie-        ab, wohin die Reise geht. So hat das Projekt-      größer die Vielfalt bei den Antrieben wird –    Projekts Thermoplastic
                             rende Kunststofflösun-                                                                                                        Tapes im Projekthaus
                             gen machen es einfa-       haus Composites mit mehreren Partnern              Stichwort: Verbrenner versus Hybrid versus      Composites.
                             cher, sehr korrosives Öl   aus Forschung und Industrie im Projekt             Elektromotor –, denn dann muss sich die         andreas.szentivanyi
                             zu fördern.                CAMISMA (gefördert durch das Bundesmi-             Automobilindustrie auf variablere und klei-     @evonik.com
                                                        nisterium für Bildung und Forschung) eine          nere Losgrößen in der Fertigung einstellen.
                                                        um 40 Prozent leichtere Rückenlehne für            UD-Tapes aus einer Direktschmelze-Im-
                                                        einen Autositz hergestellt. Sie schneidet bei      prägnierung ermöglichen hier neue Bauteile
                                                        Steifigkeit und Stabilität von Ankerpunkten        und konkurrenzfähige Anwendungen.
                                                        genauso gut ab wie aktuelle Rückenlehnen
                                                        aus M
                                                            ­ etall.
                                                          Zusätzlich ließ sich eine weitere Kunst-
                                                        stoffkomponente problemlos am Bauteil
                                                                                                                                                           Martin Risthaus ist als
                                                        anspritzen. Das ermöglicht sowohl die                                                              Business Director bei
                                                        zwingend erforderliche System­      i ntegra­                                                      High Performance
                                                        tion als auch einen im Vergleich zur reinen                                                        Polymers verantwort-
                                                        Metalllösung wirtschaftlicheren Prozess­                                                           lich für die Leicht-
                                                                                                                                                           bauaktivitäten dieses
                                                        ablauf. Es ist absehbar, dass Verbundwerk-                                                         Geschäftsgebiets.
                                                        stoffe im Auto nicht einfach eins zu eins ge-                                                      martin.risthaus
                                                        schweißte Metallbauteile ersetzen werden,                                                          @evonik.com

                                                                                                                                                                                     15

                                                                                   Entwickelt im Projekthaus

                                                        HYBRIDPOLYMERE
                                  Mit einer neuen Materialklasse soll die Fertigung von Faserverbundwerkstoffen
                                      für den Leichtbau deutlich schneller werden: mit thermisch schaltbaren
                                  Hybridpolymeren, die sich leicht verarbeiten lassen und dem fertigen Bauteil sehr
                                                    gute mechanische Eigenschaften verleihen.

                             W
                             von Dr. Friedrich Georg Schmidt

                                                      enn es um die Poly­       gut damit imprägnieren. Allerdings bringt           solche Materialklasse hat das Projekthaus
                                                      m e rko m p o n e n te    die Struktur der Duroplaste einen Nachteil          im Projekt „Thermoreversibel vernetzbarer
                                                      für Faserverbund-         mit sich: Sie führt zu vergleichsweise lan-         Thermoplast-Duroplast-Hybrid“ entwi-
                                                      werkstoffe geht,          gen Verarbeitungszeiten bei der Aushär-             ckelt. Die neuen Polymernetzwerke las-
                                                      sind duroplasti-          tung und damit bei der Herstellung eines            sen sich vollständig reversibel vernetzen;
                                                      sche Matrixsyste-         Bauteils. Thermoplastische Polymere da-             ein Katalysator ist nicht erforderlich. Beim
                             me derzeit die bevorzugte Wahl. Sie weisen         gegen lassen sich schnell verarbeiten und           Aufheizen löst sich die Vernetzung, und das
                             einige sehr wünschenswerte Eigenschaften           umformen, sie erreichen aber nicht die gu-          System lässt sich rasch umformen. Beim
                             auf: Duroplastische Polymere sind mecha-           ten mechanischen Eigenschaften der Duro­            Abkühlen bildet sich das Polymernetzwerk
                             nisch, thermisch und chemisch sehr stabil,         plaste. Grund ist die fehlende Vernetzung           wieder zurück, und die Form wird stabil.
                             weil ihre Polymerketten im fertigen Ver-           der Thermoplaste, die auch ein Kriechen bei           Verantwortlich dafür ist eine chemi-
                             bundwerkstoff irreversibel miteinander             dauerbelasteten Strukturen zur Folge haben          sche Reaktion. Gesucht war ein Mechanis-
                             vernetzt sind.                                     kann. Zudem machen sie die Imprägnie-               mus, bei dem Vernetzung beziehungsweise
                               Auch im ersten Schritt der Herstellung           rung der Fasern aufwendiger, weil sie in der        „Entnetzung“ der Polymerketten in einem
Fotos: Evonik (3), fotolia

                             von Verbundwerkstoffen, der Imprägnie-             Schmelze hochviskos sind.                           Temperaturbereich erfolgt, der für die Her-
                             rung der Fasern, punkten sie: Da sie zu die-         Ideal wäre es, das Beste aus beiden Wel-          stellung von Faserverbundwerkstoffen inte-
                             sem Zeitpunkt noch aus kleinen Molekülen           ten in einem Material zu vereinen: die hohe         ressant ist. Fündig wurden die Forscher bei
                             bestehen, die nicht vernetzt sind, fließen         Stabilität der Duroplaste und die kurzen            einer speziellen Diels-Alder-Reaktion, die
                             sie gut. Die Fasern lassen sich deshalb auch       Verarbeitungszeiten der Thermoplaste. Eine          wie ein thermischer Schalter wirkt. Der

                                                                                  ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

        Reaktionstyp ist nach seinen Entdeckern                                                                                                            Der Experte
                                                        Schaltbares Materialverhalten ohne Katalysator
     Otto Diels und Kurt Alder benannt, die für
     ihre Arbeiten 1950 den Nobelpreis für Che-         Beim Aufheizen löst sich das polymere Netzwerk, das System kann umge-
     mie erhielten.                                     formt werden. Beim Abkühlen bildet es sich wieder aus, die Form ist stabil.
       Das Prinzip der hybriden Polymersyste-
     me lässt sich auf unterschiedliche Polymere
     anwenden. Eine Variante nutzt beispiels-

                                                    Vernetzungsgrad [%]
                                                                                                            Erhitzen
     weise ein Acrylat-Copolymer als Polymer-
     matrix. Die thermoplastischen Polymer-                                                                 Abkühlen                                        Dr. Friedrich Georg
     ketten werden über ein bifunktionelles                                                                                                                 Schmidt
     Dienophil in einer Diels-Alder-Reaktion                                                                                                                Leiter des Projekts
     kovalent miteinander vernetzt. Dabei stellt                                                                                                       T   ­Thermoreversibel
                                                                           vernetzt        Glasübergangs­          „Entnetzung“         thermoplastische    vernetzbarer Thermo­
     sich ein Gleichgewicht zwischen Dien und                                                temperatur                                     Schmelze
                                                                                                                                                            plast-Duroplast-
     Dienophil ein, das sich über die Temperatur                                                                                                            Hybrid im Projekthaus
     beeinflussen lässt.                                                         RT               100 °C               170 °C               220 °C
                                                                                                                                                            Composites.
                                                                                                                                                            friedrich-georg.schmidt
     Einfacher Prozess                                                                                                                                      @evonik.com
     Die Herstellung eines entsprechenden
     Faser­ verbundwerkstoffs ist bestechend
     einfach. Wie sie funktioniert, demonstrie-
     ren die Entwickler des Projekthauses an ei-                                                    sen bis zu Temperaturen von 100 °C eine
     ner eigens entwickelten Anlage, auf der sie                                                    konstante Performance auf. Bei Elastizität
     bereits Muster für potenzielle Kunden ferti-                                                   und Zugfestigkeit schneiden sie über einen
     gen. Verarbeitet werden Glas- und Kohlen­                                                      weiten Temperaturbereich genauso gut ab
     stofffaserhalbzeuge (Gewebe, Gelege). Das                                                      wie ein Epoxidharz-Laminat; Halbzeugen
     Faser­h albzeug fährt zur Imprägnierung                                                        mit thermoplastischem Polyamid 6 sind sie
     durch eine Dispersion der hybriden Poly-                                                       sogar deutlich überlegen. Auch die Wasser-
     mere, wird kurz erhitzt und anschließend                                                       aufnahme ist sehr niedrig und mit der eines
                                                      Das Projekthaus fertigt
     abgekühlt. Ergebnis dieses kontinuierli-         bereits erste Muster                          Epoxidharzes vergleichbar.
     chen Prozesses sind Prepregs – vorimprä-         für potenzielle Kunden.                         Das Echo potenzieller Kunden ist ent-
     gnierte Halbzeuge, aus denen sich dann                                                         sprechend groß. Für Anwendungen im
     bei Temperaturen oberhalb 170 °C die ge-                                                       Automobilbereich arbeitet Evonik eng
     wünschten Bauteile formen lassen.                                                              mit Maschinenbauern, Verarbeitern und
16     Die Prepregs sind nicht klebrig und müs-                                                     Forschungsinstituten zusammen, um die
     sen deshalb bei Lagerung und Transport                                                         vorimprägnierten Halbzeuge in Produk­
     nicht durch Folien getrennt werden. Etwa-                                                      tions­zellen zu erproben. Auch in der Sport-
     iger Verschnitt bei der Weiterverarbeitung                                                     artikel- und der Medizintechnikbranche
     lässt sich aufgrund der thermisch reversib-                                                    stoßen die Prepregs auf Basis der hybriden
     len Vernetzung des Hybridpolymers wie-                                                         Polymersysteme auf großes Interesse. Die
     derverwenden. Auch ein Recycling wird                                                          gute Nachricht für den Anwender lautet da-
     dadurch möglich.                                                                               bei: Um mit den Hybridpolymeren zu arbei-
       Aus mehreren Lagen Prepregs werden                                                           ten, sind keine gravierenden Änderungen
     konsolidierte Halbzeuge hergestellt, die als                                                   an bestehenden Thermoplast-Fertigungs­
     Laminate bezeichnet werden. Diese wei-                                                         linien erforderlich.

                                                                                                   Trocknung und
     Einfache Fertigung der Prepregs                                                               Filmbildung (130–150 °C)
     Schematische Darstellung des Herstellungs-
     prozesses in der eigens entwickelten Anlage.

             Imprägnierung bei
             Raumtemperatur

             Glas- oder Kohlenstoff-                                                                                    Abkühlung und
             fasergewebe                                                                                                Vernetzung

                                                                          ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: LEICHTBAU

                                         Gastkommentar

                                         Schwere Gründe
                                         für Leichtbau                                                                                     Prof. Dr.-Ing.
                                                                                                                                           Christian Hopmann
                                                                                                                                           ist Leiter des Instituts
                                                                                                                                           für Kunststoffver-
                                                                                                                                           arbeitung (IKV) an
                                                                                                                                           der RWTH Aachen
                                                                                                                                           University und
                                                                                                                                           erhielt 2014 den
                                                                                                                                           Innovationspreis des
                                                                                                                                           Landes NRW.

                                         von Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann

                                         L
                                                eichtbau ist ein Schwergewicht in der
                                                modernen Produktion. Ob Gebäude oder
                                                Fahrzeuge, Verpackungen oder die vielen
                                         Dinge des alltäglichen Gebrauchs – das Ziel, mit
                                         möglichst wenig Material komplexe Funktiona-                    »Forscher brauchen Raum und
                                         litäten zu erfüllen, eint nahezu alle Branchen.
                                         Leichtbau spart Kosten und Material bei der Her-                Zeit. Es ist widersinnig, in
                                         stellung, aber vor allem Energie und Ressourcen                 Forschungs­anträgen gleich nach
                                         in der späteren Gebrauchsphase und erfüllt so die               der Marktverwertung zu fragen.«
                                         Prämissen von Effizienz und Nachhaltigkeit.
                                                                                                                                                                      17
                                         Kunststoffe sind die Protagonisten im modernen
                                         Leichtbau, insbesondere gilt das für Faserver-                  Je wichtiger weltweit Klima- und Umweltschutz
                                         bunde. Deutschland ist die führende Nation auf                  werden, desto bedeutender wird die Funktion
                                         diesem Gebiet: Unsere Forscher und Werkstoff­                   von Leichtbau als technischer Erfüllungsgehilfe.
                                         entwickler gehören zu den Topleuten weltweit.                   Wenn wir künftig genauso erfolgreich Leichtbau
                                         Wir haben eine gut funktionierende Vernetzung                   betreiben wollen, müssen nicht zuletzt Förder-
                                         zwischen Hochschulen und Industrie in diesem                    mittel gezielter vergeben werden. Deutschland
                                         Bereich – wer hat das sonst? Doch die anderen                   verfügt über eine zunehmende Anzahl von Zen-
                                         schlafen nicht. Wir müssen sehen, dass wir auch                 tren für Leichtbau, doch nicht jedes ist lebens-
                                         in Zukunft weiter vorn mitspielen.                              fähig. Statt den Hype aus häufig regionalpoliti-
                                                                                                         schen Motiven mit kurzfristigen Megaprojekten
                                         Damit das gelingt, sind mehrere Punkte ent-                     zu befeuern, ist die nachhaltige Finanzierung
                                         scheidend: Neue Funktionalitäten erfordern die                  überdisziplinärer Zentren, die im Wechselspiel
                                         Weiterentwicklung der Werkstoffe und die Kom-                   zwischen Forschung und industrieller Anwen-
                                         bination unterschiedlicher Materialien. Im Wett-                dung agieren, zu fördern. Die Konzentration auf
                                         bewerb der Werkstoffe lassen sich neue Ansätze                  exzellente Standorte tut hier not.
                                         entwickeln. Hybridlösungen aus faserverstärk-
                                         tem Kunststoff und Metall beispielsweise könn-                  Außerdem gilt: Forscher brauchen Raum und
                                         ten sowohl Zug- als auch Schubkräfte hervor-                    Zeit. Es ist widersinnig, in Forschungsanträgen
                                         ragend aufnehmen. Ebenfalls neu ist die Vielfalt                gleich nach der Marktverwertung zu fragen. Wir
                                         in den Matrixsystemen, neben den Duroplasten                    müssen uns die Freiheit nehmen, unkonven-
                                         sind Thermoplaste immer mehr im Kommen.                         tionelle Wege zu gehen oder auch einfach mal
                                         Wir müssen die gesamte Bandbreite von leichten                  ausprobieren zu lassen. Die Leichtbauforschung
Infografik: C3 Visual Lab Foto: Evonik

                                         Werkstoffen austesten, denn bei carbonfaser­                    braucht mehr Vielfalt und Wettbewerb, mehr
                                         verstärkten Kunststoffen beispielsweise sind die                bottom-up statt top-down! So sind auch schon
                                         hohen Herstellungskosten der Fasern ein begren­                 in der Vergangenheit die tollsten Werkstoffe
                                         zender Faktor. Um die Systemkosten zu senken,                   entstanden, die die Basis für unseren heutigen
                                         müssen automatisierbare und kosteneffiziente                    Wohlstand darstellen. Als Modeerscheinung ist
                                         Herstellungsverfahren entwickelt werden.                        Leichtbau viel zu wichtig und viel zu kostbar.

                                                                                ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
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                                                  ELEKTRONIK AM KÖRPER

                                                  Rechenkraft
                                                  prêt-à-porter!
                                                  Die Computer rücken uns
                                                  zu Leibe: Füllten die ersten
                                                  Exemplare noch Lagerhal­
                                                  len, so ist mittlerweile das
                                                  Mitführen eines Smart­
                                                  phones für viele Menschen
                                                  ebenso selbstverständlich
                                                  wie das Portemonnaie in
                                                  der Hosentasche. Im Jahr
                                                  2016 wird rund ein Drittel
                                                  aller Menschen ein Smart­
                                                  phone besitzen.

                                                  Der nächste Entwick­
                                                  lungsschritt ist bereits in
                                                  vollem Gange: Mikrochips
                                                  sind so klein und günstig

ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
                                                  geworden, dass sie sich in
                                                                                      CORPOR ATE FORESIGHT: WEAR ABLES

                                                  Alltagsgegenstände inte­
                                                  grieren lassen, beispiels­
                                                  weise in Motorradhelme,
                                                  Kleidungsstücke oder
                                                  Zahnbürsten. Es beginnt
                                                  eine Zeit, in der vormals
                                                  „dumme“ Gegenstände
                                                  zu intelligenten Sammlern
                                                  und Sendern von Daten
                                                  werden. Smartwatches
                                                  wie etwa die Apple Watch
                                                  gehören zu den Vorboten
                                                  dieser Entwicklung. Wear­
                                                  ables sollen dazu beitra­
                                                  gen, unser Lebens bewuss­
                                                  ter, gesünder und sicherer
zu gestalten. So könnte
                                                       eine intelligente Kontakt­
                                                       linse den Zuckergehalt
                                                       in der Tränenflüssigkeit
                                                       von Diabetespatienten
                                                       messen und den ­Träger
                                                       warnen, sobald der
                                                       Blutzucker­spiegel außer­
                                                       halb der Norm liegt.

                                                       Noch kocht die Wearables-
                                                       Revolution auf kleiner
                                                       Flamme, weil es einige He­
                                                       rausforderungen zu über­
                                                       winden gibt: Wie sichert
                                                       man das Überleben des
                                                       Computers in einem smar­
                                                       ten T-Shirt beim Waschen?
                                                       Wie lassen sich Chips
                                                       und Leiterbahnen in Ver­
                                                       bandmaterial einbauen,
                                                       ohne den Tragekomfort
                                                       einzuschränken?

                                                       Mit solchen Fragen und
                                                       möglichen Wachstums­
                                                       chancen für Evonik im
                                                       Bereich der ­Wearables

ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
                                                                                                                                              CORPOR ATE FORESIGHT: WEAR ABLES

                                                       beschäftigt sich das
                                                       Corporate-­Foresight-
                                                       Team von Evonik in sei­
                                                       nem Fokus­thema Digital
                                                       ­Futures. Und wer weiß:
                                                        Vielleicht stehen wir in ei­
                                                        nigen Jahren vor der Wahl,
                                                        ob wir das nächste Smart­
                                                        phone als Jacke, Hose oder
                                                                                       Das T-Shirt als Ladestation: In das Solar Shirt
                                                        Brille kaufen.                 von Designerin Pauline van Dongen sind 120
                                                                                       Dünnschichtsolarzellen eingearbeitet. Bei
                                                                                       direkter Sonnen­einstrahlung erzeugen sie eine
                                                                                       elektrische Leistung von einem Watt – genug,
                                                                                       um in wenigen Stunden ein Handy zu laden.

                                                                                       Mehr Informationen:
                                                                                       bit.ly/1bqpfpg

                                                  Foto: Liselotte Fleur
                                                                                                                                         19
GLOBAL CHALLENGES: DIGITALISIERUNG

                                                         DIGITAL
                                                          WIRD
                                                         NORMAL
                                                                  Interview mit Dr. Henrik Hahn, Leiter
                                                                   Digitalisierungsstrategie bei Evonik,
                                                                 und Dr. Zhong Hong, verantwortlich für
                                                                     IT-Strategie und IT-Architektur.

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                                                D
                                                              igital ist normal – das gilt zu-      tragen – lokal, global, in privaten und in öf-
                                                              mindest im Alltag. Was aber           fentlichen Netzen. Mittlerweile aber ist die
                                                              bedeutet Digitalisierung für          Digitalisierung weiter fortgeschritten und
                                                              Chemieunternehmen, für                hat Entwicklungen hervorgebracht, die vor
                                                              Geschäftsprozesse, Verfah-            wenigen Jahren noch unvorstellbar waren.
     »Ich gehe davon aus,                                     ren, Mitarbeiter und Kunden?          Denken Sie an Haushaltsgeräte, die mit On-
     dass in fünf bis zehn                      „Digitalisierung ist ein Evolutionsprozess
                                                – kein radikaler Umbruch, wie es oft dar-
                                                                                                    line-Versandhändlern vernetzt sind. Auf
                                                                                                    Knopfdruck bestellen sie Verbrauchsmate-
     Jahren Anlagen über                        gestellt wird“, sagt Dr. Zhong Hong. „Wir           rialien wie etwa Waschpulver selbst nach.
      Kontinente hinweg                         wollen den digitalen Wandel zusammen mit
                                                den Segmenten und allen Konzerneinheiten
                                                                                                    Diese neue Einfachheit stiftet ohne Zweifel
                                                                                                    Nutzen für die Kunden, auch wenn wir uns
       gesteuert werden                         vorantreiben“, ergänzt Dr. Henrik Hahn.             erst noch daran gewöhnen müssen.
           können.«                             Gemeinsam erläutern sie, wie Evonik eine
                                                digitale Agenda im engen Schulterschluss            Verstehen Sie, wenn Menschen Vor-
                 Dr. Zhong Hong                 zwischen IT und Konzernstrategie nach-              behalte oder Ängste vor der rasanten
        IT-Strategieexperte bei Evonik,         haltig im Konzern verankern wird.                   Entwicklung haben?
      hat zuvor als Senior Vice President des                                                       Zhong Hong: Die Menschen sind an digi-
           damaligen Geschäftsbereichs          Die Digitalisierung hat unseren Alltag              tale Informationen längst gewöhnt. Um zu
           Coatings & Additives in Asien
     umfangreiche Erfahrungen im operativen     voll durchdrungen. Ist sie Segen oder               wissen, wie das Wetter wird, schauen die
              Geschäft gesammelt.               Fluch?                                              meisten lieber auf ihre Wetter-App als in
                                                Henrik Hahn: Ein Fluch ist sie bestimmt             den Himmel. Natürlich hat jede neue Tech-
                                                nicht. Informationen werden schon lange             nologie ihre eigene Dynamik und lässt sich
                                                digital gespeichert, verarbeitet und über-          nicht aufhalten, wenn sie mal begonnen

                                                  ELEMENTS #54 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
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