ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL

 
WEITER LESEN
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
BIOKATALYSE:                       REAKTIONSTECHNIK:
      MEHR BIO IM VERBUND                   MIKRO MACHT MOBIL

       ELEMENTS             DEZEMBER 2015

                             # 53

                    DATENSTRÖME:
                  BIG BUSINESS DURCH​​
                       BIG DATA *

DAS INNOVATIONSMAGAZIN
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
www.evonik.de
                                                          Unsere Zukunftsexperten
                                                          beherrschen das Ideen-Kamasutra:
                                                          in 43 Stellungen zur besten Idee.

Evonik ist der kreative Industriekonzern. Mit Leiden-
schaft und Know-how entwickeln unsere Experten die
Lösungen von morgen – von Leichtbau bis Medizin-
technik. Unsere strategische Innovationseinheit Creavis
eröffnet als Impulsgeber unseren Kunden neue Märkte
und schafft so die Grundlage für eine langfristig
erfolgreiche Partnerschaft. Besuchen Sie uns in der
Zukunft unter www.creavis.de.
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
EDITORIAL

                                                                                                                     Elementar
                                                                                                                     Mehr Kooperationen wagen, offen kommuni­
                                                                              Prozessoptimierung
                                                                                                                     zieren: Das sind laut einer Innovationsstudie im
                                                                              durch Big Data. Seite 04               Auftrag des VCI wichtige Elemente, um Innova­
                                                                                                                                                                            Dr. Ulrich Küsthardt
                                                                                                                     tio­nen den Weg zu ebnen. Dahinter steht das           Chief Innovation

                                                                                     INHALT
                                                                                                                     Wissen, dass Innovation ein komplexer Prozess          Officer,
                                                                                                                                                                            Evonik Industries AG
                                                                                                                     ist, der in parallelen, sich gegenseitig beein­        ulrich.kuesthardt
                                                                                                                     flussenden Schritten verläuft. Wer ihn optimie­        @evonik.com

                                                                              04 Digitale Intelligenz                ren will, muss sich insbesondere auch mit der
                                                                                 Big-Data-Analyse als neues          Schnittstelle von Wirtschaft und Wissenschaft
                                                                                 Werkzeug für die Prozess­           auseinandersetzen. Deshalb suchen wir die Nähe
                                                                                 optimierung
                                                                                                                     zu Hochschulen, Forschungsinstituten und In­
                                                                              12 Biokatalyse                         dustriepartnern, um gemeinsam schneller zum
                                                                                 Neues Enzymsystem ermög-
                                                                                 licht Zugang zu 1-Alkenen           Ziel zu kommen. Beispiele sind unsere Zusam­
                                                                                                                     menarbeit mit dem Fraunhofer ICT-IMM in Mainz
                                                                              15 Gastkommentar
                                                                                 Prof. Dr. Harald Gröger über        (ab S. 22) oder unsere neueste Venture-Capital-­
                                                                                 das Potenzial der Biokatalyse       Beteiligung an Airborne Oil & Gas (S. 30).
                                                                                 für Basis- und Bulkchemikalien        Dazu gehört auch der offene Austausch. Vor
                                                                              16 Aceton aus Abgas                    13 Jahren haben wir die Zeitschrift elements an
                                                                                 Wie Bakterien CO2 in gefragte       den Start g­ ebracht, um insbesondere die wissen­
                                                                                 Wertstoffe verwandeln können
                                                                                                                     schaftliche Community über unsere Innovati­
                                                                              22 Anlagen im Kleinformat              onsaktivitäten auf dem Laufenden zu halten und                                03
                                                                                 Small-Scale-Chemie macht
                                                                                 die Möglichkeiten der Mikro-
                                                                                                                     unseren Dialog mit der Fachwelt zu unterstützen.
                                                                                 reaktionstechnik zugänglich         Ein Angebot, das gern angenommen wird, wie
                                                                              26 Den Wandel katalysieren             unsere Leserumfrage im Herbst 2014 gezeigt hat.
                                                                                 Die Bewegung im Energie-            Das positive Ergebnis hat uns ermutigt, elements
                                                                                 markt bietet neue Chancen für       inhaltlich und vor allem optisch weiterzuentwi­
                                                                                 die Katalysatorentwicklung          ckeln.
                                                                              34 Evonik-Innovationspreis 2015          Der Kern der Zeitschrift, die Vorstellung unserer
Fotos Seite 3: Maximus Chatsky, Dirk Bannert/Evonik, Stefan Wildhirt/Evonik

                                                                                 Die Finalisten                      Innovationsprojekte, hat sich nicht geändert.
                                                                              10 Data Mining                         Wir haben ihm aber einige neue Elemente hinzu­
                                                                                 Smarte Prozesse                     gefügt, unter anderem den Gastkommentar.
                                                                              20 Corporate Foresight                 Hier laden wir Hochschulforscher ein, ihre Sicht
                                                                                 Soft-Robotik
                                                                              29 CompanyNews
                                                                                                                     auf Forschungstrends darzustellen.
                                                                              32 Professionals Dr. Jens Busse          Bei dem fertigen Heft steht nun die gleiche
                                                                              38 Wunschzettel                        Frage im Raum wie bei einer neuen E    ­ ntwicklung:
                                                                                 Prof. Dr. Renée Schroeder           Wird es den Markt, in diesem Fall die Leser,
                                                                              39 Lesetipps / Impressum
                                                                                                                     überzeugen? Sagen Sie uns Ihre Meinung: Lassen
                                                                                                                     Sie es uns wissen, wenn Ihnen etwas besonders
                                                                                                                     gut oder überhaupt nicht gefällt. Nur so können
                                                                                                                     wir lernen, uns und auch das Heft weiterent­
                                                                                                                     wickeln und mit Ihnen in einen Dialog kommen.
                                                                                                                     Das ist für uns elementar.
Titel und Rücktitel: Maximus Chatsky

                                                                                                                                                                            Feedback
                                                                                                                                                                            Sagen Sie uns Ihre
                                                                              Dr. Jens Busse betritt immer wieder                                                           Meinung zur neuen
                                                                              Neuland – von Berufs wegen. Seite 32                                                          elements:
                                                                                                                                                                            elements@evonik.com

                                                                                                                     ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

04
     Illustration: Maximus Chatsky

                                     ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

BIG BUSINESS
DURCH
BIG DATA
Daten sind das Rohöl des 21. Jahrhunderts – aber nur, wenn sie umfassend
gespeichert und gewinnbringend genutzt werden. Ein interdisziplinäres Team
von Evonik hat nun damit begonnen, Big Data als neues, digitales Werkzeug
für die Prozessoptimierung zu erschließen.

                                                                                                                                05

                             D
                             von Dr. Kai Dadhe

                                            iese These ist nahezu unbe­          Data daher gar nicht hoch genug bewerten.
                                            stritten: Alles, was digitali­       Den meisten Unternehmen sind Bedeutung
                                            sierbar ist, wird digitalisiert      und Potenziale der Digitalisierung durch­
                                            werden. Damit steigt über            aus bewusst. Die eigentliche Herausforde­
                                            kurz oder lang der Grad der          rung ist die gezielte Nutzung der Datenfülle
                                            Digitalisierung auch im pro­         für die klassischen Zwecke des produzie­
                             duzierenden Gewerbe. Das betrifft sowohl            renden Gewerbes, also für Produktivitäts­
                             die horizontale Wertschöpfungskette zwi­            steigerung, Verfahrensoptimierung und
                             schen Zulieferern, Produktion und Kun­              Effizienz­
                                                                                          gewinn. In vielen Unternehmen
                             den als auch die vertikale Wertschöpfung            wächst zwar der Datenstrom ständig an,
                             entlang der verschiedenen Bereiche eines            aber nur ein sehr kleiner Teil davon wird
                             Unter­nehmens von Einkauf und Logistik              verwertet.
                             bis Marketing und Vertrieb. Digitale In­              Auch die Chemiebranche steht noch
Anlagen erzeugen einen       telligenz ist heute überall – jedes Bauteil,        ziemlich am Anfang. Denn in der Prozess­
stetig wachsenden Strom      Gerät oder Modul liefert mehr Daten als             industrie erfolgen Entwicklung und Ver­
an Daten. Richtig genutzt,
lassen sich damit die        sein Vorgänger, Prozesse und Mitarbeiter            besserung von Verfahren und M     ­ ethoden
Prozesse immer effizienter   erzeugen eine wachsende Fülle an digita­            per se langsamer. Sie haben weit länge­
steuern.                     ler Information. Man kann das Thema Big             re Taktzeiten als b   ­eispielsweise IT-,

                               ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

     Digitale Information ist eine neue und reiche Quelle
     für die künftige Prozessoptimierung. Aber: Erfahrung
     und Kompetenz bleiben so wichtig wie bisher.

                                                                                                                                   Der Abgleich digitaler
                                                                                                                        Infor­mation mit Expertenwissen
                                                                                                                               macht aus nackten Daten
                                                                                                                                  wertvolle ­Werkzeuge.

         ­Telekommunikations- oder Dienstleis­      Ahnung vom großen Bild zulassen, eröff­             Management und die Analyse von Betriebs­
     tungsunternehmen. Dennoch ist der Ein­         net erst das vollständige Puzzle neue Wege          zuständen gewinnen an Zuverlässigkeit und
     satz von Big Data für die chemische Indus­     für eine interdisziplinäre und strategische         Transparenz.
     trie eine Aufgabe, an der angesichts sich      Optimierung von Wertschöpfungsketten.                  Auch für Bereiche außerhalb der Produk­
     wandelnder Märkte, wachsender Kunden­                                                              tion ist digitale Intelligenz ein Zugewinn:
     erwartungen und steigender Energie- und        Big Data koppelt menschliche                        Gewinnmargen lassen sich in Abhängigkeit
     Rohstoff­kosten kein Weg vorbeiführt.          und digitale Intelligenz                            von den Kosten der Rohmaterialien simu­
       Natürlich waren Chemieunternehmen            In Zukunft gibt es kein Big Business in der         lieren. Wer Datenbanken intelligent ana­
     auch in den Zeiten vor der rasanten Digi­      chemischen Industrie ohne optimale Nut­             lysiert, kann Patent- und Marktrecherchen
     talisierung stets bestrebt, ihre Produktion    zung digitaler Intelligenz. Allerdings erzeugt      beschleunigen, die Volatilität einzelner
     auf modernem Stand zu halten. Bei Evonik       das Schlagwort Big Data oftmals Vorbehalte          Märkte besser abschätzen und seine Reak­
     werden Verfahren und Abläufe seit Langem       oder gar Ängste. Wird der Mensch überflüs­          tionsgeschwindigkeit auf Marktänderungen
     kontinuierlich optimiert und neuen Anfor­      sig? Übernimmt der Computer das Kom­                erhöhen.
     derungen angepasst. Kosten- und Energie­       mando? Was also heißt Big Data ganz kon­
     effizienz gehören zu den wichtigen Zielen      kret für die Produktion?                            Wie aus Daten praktikable
     jeder einzelnen Anlage, und Innovationen          Dabei geht es nicht um das Spiel mit gro­        Werkzeuge werden
     sind eine feste Grundlage für Wettbewerbs­     ßen Zahlen wie Tera-, Peta- oder Exabytes.          Die Integration digitaler Intelligenz gleicht
06   fähigkeit und Nachhaltigkeit.                  Big Data bedeutet nicht, dass künftig digitale      einem technologischen Evolutionsprozess,
       Doch die bisherigen Werkzeuge für Pro­       Intelligenz über Vorgehen und Abläufe ent­          bei dem bestimmte Voraussetzungen ge­
     zessoptimierung und Effizienzsteigerung        scheidet oder gar jeder einzelne Mitarbeiter        geben sein müssen. Das Unternehmen be­
     geraten an ihre Grenzen. Dafür gibt es meh­    sein eigener IT- und Statistikexperte wird.         nötigt beispielsweise die entsprechende
     rere Gründe: Verbesserungen fokussieren        Vielmehr ist digitale Information eine neue         Infrastruktur für die Nutzung aller verfüg­
     herkömmlicherweise auf einen einzelnen         und reiche Quelle für die künftige Prozess­         baren Daten. Dabei hilft die Tatsache, dass
     Verfahrensschritt oder Teilprozess – die       optimierung. Aber nicht die einzige: Erfah­         sowohl großer Speicherplatz als auch hohe
     Zusammenhänge mit vor- oder nachgela­          rung und Kompetenz bleiben so wichtig wie           Rechnerkapazitäten heute wirtschaftlich
     gerten Stufen der Wertschöpfung bleiben        bisher. In Zukunft werden menschliche und           darstellbar sind. Auch stehen alle notwen­
     oft ausgeblendet oder werden nur in Teilen     digitale Intelligenz sich ergänzen und eng          digen Tools bereits zur Verfügung: Verteil­
     berücksichtigt.                                verzahnen: Durch Abgleich digitaler Infor­          tes Rechnen und horizontal skaliertes Spei­
                                                    mation mit dem vorhandenen Prozess- und             chern sind mittlerweile Alltag, parallele
     Klassische Prozessoptimierung                  Expertenwissen werden nackte Daten zu               Algorithmen erlauben moderne Datenorga­
     gerät an ihre Grenzen                          praktikablen und gewinnbringenden Werk­             nisation und -kommunikation.
     Hinzu kommt, dass digitale Informationen       zeugen. Big Data bedeutet also eine ganz­             Die Tools sind es aber nicht allein. Von
     als Grundlage für die Prozessoptimierung       heitliche und interdisziplinäre Optimierung         entscheidender Bedeutung ist die Visuali­
     in voneinander getrennten „Daten-Silos“        unter Zuhilfenahme moderner Methoden                sierung. Denn wer seinen Computer nicht
     zwar vorhanden sind, ihre Verknüpfung          und Technologien zur Steigerung der Wert­           versteht, arbeitet nicht damit. Jeder Mitar­
     und die Vernetzung untereinander jedoch        schöpfung.                                          beiter muss die aus Daten erzeugten Infor­
     schwierig und mit Hindernissen verbunden          Was heißt das für die Praxis? Big Data kann      mationen, Grafiken und Darstellungen im
     sind. Viele heute schon verfügbare digita­     Vorteile in allen Bereichen der Wertschöp­          Arbeitsalltag intuitiv begreifen und rich­
     le Informationen gehen verloren, weil sie      fungsketten generieren; von großer Bedeu­           tige Entscheidungen treffen können. Diese
     schlicht nicht gespeichert werden können.      tung sind diese für den alltäglichen Produk­        Übersetzungsarbeit von ungerichteten In­
     Nicht zuletzt werden Daten meist manu­         tionsbetrieb. Beispielsweise liefern moderne        formationen in alltagstaugliche Sprache ist
     ell aufgearbeitet und ausgewertet – dieses     Sensoren, Durchflussmesser oder Motoren             unverzichtbar, zugleich aber eine nicht zu
     Vorgehen ist fehleranfällig, aufwendig und     heute nicht nur Standarddaten, sondern              unterschätzende Herausforderung. Sie er­
     langsam. Die Folge: Der Blick auf die gesam­   melden zusätzlich und kontinuierlich Funk­          fordert nicht nur spezielle IT-Instrumente,
     te Produktion ist verstellt, Optimierungs­     tionsprobleme, schwankende Betriebspara­            sondern vor allem auch Alltagswissen: Wel­
     potenziale bleiben unerkannt, Effizienz­       meter oder Kommunikationsfehler.                    che Probleme hat ein bestimmter Prozess?
     gewinne unerschlossen.                            Werden all diese Informationen erfasst,          Wo sind Schwachstellen und Ansatzpunkte,
       In dieser Mängelliste steckt bereits die     gespeichert und gezielt genutzt, wird der           an denen digitale Intelligenz Abhilfe schaf­
     Lösung: Durch Sammlung, Filterung, Auf­        Betrieb effizienter, Betriebszustände wer­          fen kann? Am Ende stehen praktikable und
     bereitung und Vernetzung aller verfügbaren     den feinteiliger erkannt und Fehleranalysen         maßgeschneiderte Werkzeuge, die den Be­
     digitalen Informationen entsteht eine ein­     einfacher und treffsicherer. Daneben kön­           trieb nicht nur effizienter und zuverlässiger,
     heitliche Sprache für das Gesamtsystem. So     nen Instandhaltung und Wartung für jedes            sondern – entgegen mancher Erwartung –
     wie einige wenige Puzzleteilchen kaum eine     einzelne Aggregat adaptiert werden. Das             in vielen Fällen auch einfacher machen.

                                                      ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

                                                                                  07
Illustration: Maximus Chatsky

                                ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

     Performance Mate-
     rials hat Daten-Silos
     aufgelöst und digitale
     Informationen aus
     unterschiedlichen
     Quellen zusammen-
     geführt. Das ist die
     Basis, um Produktions­
     abläufe, Instandhaltung
     und Energie- und
     Rohstoffverbräuche
     zu optimieren und
     Fehlerquellen schnell
     zu finden.

     BIG DATA IN DER PRAXIS:
     PROZESSOPTIMIERUNG AUF KNOPFDRUCK
     Wie viel Energie verbraucht mein Prozess gerade? Liegt die Katalysatoraktivität noch im Optimum? Funktionieren alle ­Aggregate
     störungsfrei? Diese Fragen tauchen tagtäglich in der Produktion auf. Big Data soll helfen, sie schneller zu beantworten.

     Es ist oft nicht so leicht festzustellen, ob ein Prozess bereits optimal       beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Aufgaben: zum einen mit
08   läuft. Die Bestimmung der entsprechenden Parameter kann sehr auf-              Predictive Maintenance, also der vorausschauenden Instandhaltung,
     wendig sein. Denn die herkömmliche Verfahrensweise basiert meist               zum zweiten mit konkreten Verfahrensfragen.
     auf vorgegebenen Zeitplänen und viel Empirie. So erfolgt in der
     Regel eine Wartung von Aggregaten nach bestimmten Intervallen,                 Hintergrund bei Predictive Maintenance ist die Frage, wie es mithilfe
     Katalysatoren werden nach festen Ablaufplänen erneuert, Energie-               digitaler Intelligenz gelingen kann, bestimmte Aggregate effizienter
     und Rohstoffverbräuche nur in großen Abständen kontrolliert.                   und flexibler zu warten und instand zu halten. Im bisherigen Betrieb
                                                                                    zeigte sich, dass diese Aggregate besonders anfällig für Ablagerun-
     Die Nutzung aller digitalen Informationen ermöglicht weit mehr,                gen sind, die die Effizienz des Verfahrens beeinträchtigen und einen
     nämlich eine zu jeder Zeit optimale Prozessführung und -über­                  erhöhten Instandhaltungsaufwand nach sich ziehen. Durch Nutzung
     wachung. Diese verwenden alle verfügbaren digitalen Informationen              und Auswertung aller verfügbaren digitalen Messdaten soll geklärt
     zur gezielten Optimierung wesentlicher Parameter. Sie erlauben                 werden, wie es zu den Ablagerungen kommt, welche Prozesspara-
     Momentaufnahmen, die einzelne Aggregate im Auge behalten und                   meter sie fördern und wie sie verringert werden können. Ziel ist die
     Energie- und Stoffflüsse in jeder Sekunde erfassen. Digitale Intelli-          Entwicklung angepasster Wartungsinstrumente, die den störenden
     genz liefert sogar Prognosen beispielsweise über den weiteren Ver-             Einfluss minimieren und Kosten sparen.
     lauf einer Reaktion oder über den exakten Zeitpunkt, an dem Geräte
     oder Bauteile gewartet oder ausgetauscht werden müssen.                        Das zweite Teilprojekt fokussiert in einem großtechnischen Ver­
                                                                                    fahren auf unerwünschte Schwankungen einer bestimmten Stoff­
     Evonik hat im Geschäftsgebiet Performance Intermediates bereits                eigen­schaft – ein Phänomen, das in der chemischen Produktion
     in den vergangenen Jahren untersucht, welche Vorteile die Nutzung              häufig auftritt. Hier soll Big Data klären helfen, warum der Parameter
     der Datenwelt für bestimmte Fragestellungen bringt. Am Beispiel                variiert und welcher vorangegangene Prozessschritt dafür ver­
     verfahrenstechnischer Prozesse konnte gezeigt werden, dass sich der            antwortlich ist. Sind es möglicherweise bereits Vor- oder Zwischen-
     Energieverbrauch spürbar senken lässt. Digitale Daten können                   produkte, die in ihrer Zusammensetzung schwanken? Mit diesen
     ­darüber hinaus klare Angaben liefern, wann genau der Katalysator              Untersuchungen wird deutlich, wie wichtig es ist, den Blick auf die
      gewechselt werden muss. Sie erlauben sogar Berechnungen zu                    gesamte Wertschöpfungskette zu richten, um schnell und sicher
      der Frage, welche monetären Verluste ein momentaner Abfall der                Fehler und Ursachen aufzuspüren.
      Selektivität nach sich zieht.
                                                                                    Das Pilotprojekt verfolgt mehrere Ziele: Hypothesen der Experten
     Auf diese ersten Schritte folgt nun ein größerer Sprung. Im Sommer             zur Fehlerursache können mit den vorhandenen Daten validiert
     2015 startete das Geschäftsgebiet in Kooperation mit dem Geschäfts-            oder falsifiziert werden. Die Mitarbeiter lernen, Ursache-Wirkung-­
     gebiet Verfahrenstechnik & Engineering von Technology & Infra-                 Beziehungen in einem komplexen digitalen Raum zu erkennen und
     structure und dem Bereich Global IT & Processes ein Pilotprojekt, mit          für die Produktionspraxis zu nutzen. Sie lernen, Daten zu nutzen
     dem die Potenziale digitaler Information für definierte Produktions­           und Daten zu vertrauen. Gelingt es in dem Projekt, Effizienz und
     verfahren genauer ausgelotet werden. Fragen zur Nutzung von                    Anlagenverfügbarkeit zu steigern und definierte Produktqualitäten
     Big Data für die Prozessoptimierung werden dabei aus technischer,              zu sichern, profitiert davon nicht nur der einzelne Bereich. Vielmehr
     methodischer und wirtschaftlicher Sicht unter Einbeziehung der                 wird dadurch bewiesen: Die großen Potenziale von Big Data für die
     Kompetenzen im gesamten Unternehmen beleuchtet. Das Projekt                    gesamte Wertschöpfungskette sind nicht nur blanke Theorie.

                                                           ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

                                                              Wer Big Data für sich nutzt, rüstet sich
                                                              für Fragen und Herausforderungen,
                                                              die wir heute noch gar nicht kennen.

                                  Big-Data-Analyse               Das Segment Performance Materials hat           heute, dass Prozessoptimierung mit neuen         Der Experte
                                  im Anlagenbetrieb           im Geschäftsgebiet Performance Interme­            digitalen Instrumenten auf großes Interesse
                                                              diates mit einigen der Evolutionsschritte          der Mitarbeiter stößt und Ideen und Vor­
                                                              bereits erste Erfahrungen gesammelt. Bei           schläge freisetzt, die zuvor nicht möglich
                                                              verschiedenen produktionsnahen Opti­               gewesen wären. Denn der Mehrwert ist für
                                                              mierungsprojekten wurden Daten-Silos               jeden schnell ersichtlich: Wenig nütz­liche
                                                              aufgelöst, die digitalen Informationen zu­         und wenig wertschöpfende Tätigkeiten
                                                              sammengeführt und in Kontext zueinan­              werden überflüssig, es entsteht Zeit für neue
                                  Nutzen Transparenz
                                  und tieferes Verständ-      der gebracht – Letzteres ist ein besonders         Aufgaben und komplexere Fragestellungen,          Dr. Kai Dadhe leitet
                                  nis, schnelle Beantwor-     wichtiger Schritt. Das Geschäftsgebiet             die eigene Tätigkeit wird aus ganz anderer        die Gruppe Manu-         09
                                  tung spezieller Frage-      hat ein sogenanntes Kontextmodell ent­             Perspektive durchdacht und an kommende            facturing Intelligence
                                  stellungen, schnelle                                                                                                             im Geschäfts­gebiet
                                                              wickelt. Dabei handelt es sich um eine             Anforderungen angepasst.                          Performance
                                  Entscheidungen, mehr
                                  Effizienz und Kosten­
                                                              Modellierungsvorschrift, die vorgibt, wie             Letzten Endes geht es um die Schaffung        ­Intermediates mit
                                  optimierung.                Daten aus unterschiedlichen Bereichen auf          einer analytischen, interdisziplinären Kul­       den ­Schwerpunkten
                                                              logische Art und Weise zusammengeführt             tur, bei der Prozess-, IT-, Geschäfts- und        Prozessführung,
                                                                                                                                                                   Prozessinformations­
                                                              werden können, um sie für konkrete Fra­            Methodenwissen eng miteinander verzahnt           management und
                                                              gestellungen nutzbar zu machen. Mit die­           sind. Im Idealfall wird es durch Schaffung        -optimierung. Dabei
                                                              sem – mittlerweile zum Patent angemelde­           konzerneigener Big-Data-Kompetenzen zur           werden sowohl techni-
                                                              ten – Kontextmodell entflechtet der Bereich        Selbstverständlichkeit, die Potenziale digi­      sche als auch Arbeits-
                                                              das babylonische Datengewirr und schafft                                                             prozesse mithilfe
                                                                                                                 taler Intelligenz für das alltägliche Geschäft
                                                                                                                                                                   moderner Methoden
                                                              Möglichkeiten, bestimmte Daten schnell             zu nutzen. In der Datenwelt beherrschen           und Systeme ganzheit-
                                  Voraussetzung
                                  Big-Data-Analyse ist        und einfach abzufragen und für den Prozess         Geschwindigkeit und Dynamik das Ge­               lich betrachtet.
                                  mehr als IT: Die An-        wichtige Kennzahlen zu entwickeln.                 schehen. Das gilt in gewisser Weise auch für      kai.dadhe@evonik.com
                                  forderungen kommen                                                             die Umsetzung: Nur wer frühzeitig beginnt,
                                  aus dem operativen          Digitale Intelligenz wird zum                      Big Data strategisch für die eigenen Zwecke
                                  Geschäft. Darüber           vertrauten Mitspieler
                                  hinaus müssen die
                                                                                                                 zu nutzen, kann die Geschwindigkeit dieser
                                  methodischen und            Big Data ist eine recht neue Herausforderung       digitalen Evolution selbst mitbestimmen
                                  technischen Voraus-         für die Prozessindustrie. Viele Fragen sind        und die Entwicklung mitgestalten.
                                  setzungen geschaffen        daher noch offen: Wo liegt das richtige Maß           Es ist schlicht eine Frage der Zukunfts­
                                  und die Mitarbeiter         an Transparenz? Wer erhält Zugang zu wel­          fähigkeit, ob ein Unternehmen in der Lage
                                  geschult werden.
                                                              chen (vorher verschlossenen) Informa­tio­          ist, aus der Datenflut einen gerichteten In­
                                                              nen? Unterschiedliche Kompetenzen müs­             formationsfluss zu erzeugen, die Daten­f ülle
                                                              sen auf optimale Art und Weise gebündelt           in praktikable Werkzeuge umzumünzen
                                                              werden – wie gelingt das?                          und die dafür notwendigen Änderungen der
                                                                Klar ist: Big Data ändert die Art und Wei­       Arbeits- und Organisationsprozesse zu ver­
Foto: Evonik

                                                              se, wie in den einzelnen Bereichen mit Daten       ankern. All das bringt nicht nur Gewinn für
                                                              umgegangen wird, es verleiht digitaler In­         Produktivität, Prozesse und Perfor­mance
                                   Ziel Jeder Mit­arbeiter
                                                              formation größere Bedeutung, berücksich­           – auch die Außenwirkung ist nicht zu un­
                                   hat jederzeit alle
Illustrationen: Maximus Chatsky

                                  ­notwendigen Infor­ma­      tigt sie bei allen Entscheidungsprozessen          terschätzen: Wer Big Data für sich nutzt,
                                   tionen zur Hand,           und löst Grenzen zwischen den Disziplinen          erweist sich als innovativer Arbeitgeber,
                                   um optimal agieren         und Arbeitsbereichen auf. Das ist eine Her­        sichert seine Technologieführerschaft und
                                   zu können. Die Daten       ausforderung für alle und bedarf einer pro­        festigt Vertrauen bei Lieferanten, Kunden
                                   werden dazu auto­
                                   matisch grafisch so auf-   fessionellen Moderation und Begleitung. Die        und Partnern. Vor allem aber rüstet er sich
                                   bereitet, dass sie         ersten Erfahrungen des Geschäftsgebiets            für Fragen und Herausforderungen, die wir
                                   schnell erfassbar sind.    Performance Intermediates zeigen schon             heute noch gar nicht kennen.

                                                                                        ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
ELEMENTS - DATENSTRÖME: BIG BUSINESS DURCH BIG DATA * - REAKTIONSTECHNIK: MIKRO MACHT MOBIL
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

10

     Quellen: Studien von Boston Consulting Group,
     PricewaterhouseCoopers, Roland Berger Strategy Consul-
     tants und Deloitte

                                                              ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIG DATA

                                              DATA MINING

                                              Smarte Prozesse
                                              Industrie 4.0, Big Data, Digitalisierung, Internet der Dinge: Hinter diesen Schlagworten
                                              verbergen sich die fortschreitende Vernetzung von Mensch und Maschine und der Wunsch,
                                              mit der Analyse riesiger Datenmengen komplexe Systeme besser zu verstehen und vorherzusagen.
                                              Für die Industrie bieten sie die Chance, Geschäfts- und Produktionsprozesse intelligenter zu
                                              gestalten. IT- und Geschäftswelt wachsen deshalb immer mehr zusammen. Doch was heißt das
                                              eigentlich genau? Eine Bestandsaufnahme.

                                                                                                                                             11
Grafik: C3 Visual Lab
Foto: Jetta Productions/Blend Images/Corbis

                                                                                  ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOK ATALYSE

     Mithilfe eines neuen Enzymsystems kann Evonik kurzkettige Fettsäuren in
     1-Alkene umwandeln. Jetzt arbeiten die Experten daran, das Enzymsystem
     in lebende Zellen – zum Beispiel Escherichia coli – zu transferieren.

     MEHR BIO IM
     CHEMIEVERBUND
     Die Industrie lebt von Netzwerken: In aus­
     geklügelten Verbundstandorten ­profitieren
12
     die Produktionsprozesse voneinander.
     Diese Synergien schaffen effiziente Wert­
     schöpfungs­ketten. Biotechnologische
     Verfahren sollten sich möglichst nahtlos in
     dieses etablierte System einfügen – so das
     Ziel der Evonik-Forscher. Sie haben jetzt die
     Basis für ein biokatalytisches Verfahren
     gelegt, mit dem sich ein wichtiges chemisches
     Zwischen­produkt gewinnen lässt.

                                                           ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOK ATALYSE

                                                                                                                            SE                           KO                                                         Konzept einer Bioraffinerie,
                                                                                                                          AS                               HL

                                                                                        o rg a
                                                                                                                         M                                   EN                                                     die Chemie und Biologie
                                                                                                                        O

                                                                                          nis
                                                                                                                      BI                                       D                                                    intelligent verknüpft.

                                                                                                                                                                                                     toffe
                                                                                           ch
                                                                                                eR

                                                                                                                                                                        IO

                                                                                                                                                                                                        ts
                                                                                                                                                                                                                    Quelle: Biokatalyse 2021, Clustermagazin,

                                                                                                  es
                                                                                                        off           Energie und

                                                                                                                                                                                                    Res
                                                                                                                                                                          XI
                                                                                                    ts t
                                                                                                           e                                                                                                        Ausgabe Nr. 2
                                                                                                                                                                                      CO2
                                                                                                                      (Fein)chemikalien

                                                                                                                                                                            D

                                                                                                                                                                                                 he
                                                                                                                                                                                              isc
                                                                                                                      auf Holzbasis

                                                                                                                                                                                                n
                                                                                                                                                                                              ga
                                                                                                    e
                                                                                                toff

                                                                                                                                                                                            or
                                                                                         s ts

                                                                                                                                                                                          an
                                                                                       Re                                             tige Nutzpflanzen/Biomass
                                                                                    he                                          neuar                          e
                                                                                 isc

                                                                            an
                                                                                                                                         lle Nutzpflanzen/Bio
                                                                                                                                  entione

                                                                          rg
                                                                                                                                                             mass
                                                                                                                              konv                               e

                                                                       ano
                                                                                                                                                                                          Kraftstoffe/Energie/
                                                                                                                              Re
                                                                                                                                cy
                                                                                                                                  cli
                                                                                                                                                                                          Wärme und
                                                                                                                                     ng                                                   neuartige Produkte

                                                                                                                                                                             FE
                                                                                                        ger

                                                                                                                                                                                   land
                                                                                                               PR
                                                                                                    tr ä

                                                                                                                                                                         OF

                                                                                                                                                                                    wi
                                                                                                                 OD
                                                                                                     ie

                                                                                                                                                                                  r ts toffe
                                                                                                                                                                                  Re
                                                                                                  rg
                                                                                                                     KT

                                                                                                                                                                      ST
                                                                                                                                                                        ST

                                                                                                                                                                                      ch
                                                                                                  e

                                                                                                                                                                                      sts
                                                                                                                   U
                                                                                               En
                                                                                                                          E

                                                                                                                                                                                        aft
                                                                                                                                                                   RE
                                                                                                                                                                                              he
                                                                                           e

                                                                                                                                                                                           lic
                                                                                           s                                               MA
                                                                                        sil

                                                                                         fo
                                                                                                                                              RK
                                                                                                                                                   T
                                                                                                                                                                     Deponie

                                       O
                                                                                                                                  Märkte und Verbraucher
                                       von Dr. Thomas Haas

                                                         hne Erdöl stünde die mo­                              auf biotechnologischem Wege herzustellen.
                                                                                                                                                                                           Abbildung 1. Fokus auf Nachhaltigkeit
                                                         derne Welt still. Doch nicht                          Die Experten haben sich auch zum Ziel ge­
                                                         nur unsere Mobilität und                              setzt, diese Verfahren und deren Zwischen­                                  Schwerpunkt der biotechnologischen Forschung
                                                         die Energieversorgung be­                             produkte auf Basis nachwachsender Roh­                                      bei Evonik ist es, Rohstoffe der dritten Generation
                                                         nötigen das schwarze Gold,                            stoffe in die chemische Verbundproduktion                                   zu verwerten.
                                                         auch die Chemieindustrie                              zu integrieren. Denn nur so lassen sich fos­                                                       Rohstoffe           Biotechnologie
                                       ist auf sichere Erdölquellen angewiesen. Auf                            sile und biogene Rohstoffströme gleicher­
                                                                                                                                                                                                                 Pflanzenöle
                                       der fossilen Ressource basieren Kunststof­                              maßen nutzen und damit die etablierten,                                         1.                  Weizen                  Direkte
                                       fe, Medikamente, Lacke, Farben, Textilien                               effizienten Wertschöpfungsketten der In­                                     Generation               Mais               Fermentation
                                                                                                                                                                                                                   Zucker
                                       und vieles mehr. Um dieses vielfältige Pro­                             dustrie erhalten und ausbauen, ebenso wie
                                       duktspektrum über verschiedene Verfah­                                  das über viele Jahre erarbeitete chemische
                                                                                                                                                                                                             Biomasse-Reststoffe Lignocellulose-
                                       renswege herstellen zu können, benötigen                                Prozess-Know-how sowie die bestehende                                           2.               aus Land- und       Hydrolyse                   13
                                       die Industriebetriebe molekulare Bau­steine                             Infrastruktur.                                                               Generation          Forstwirtschaft    Integrierte
                                       aus der Petrochemie, vor allem Kohlen­                                     Ganz gleich ob Rohstoffe, Produkte oder                                                                         Fermentation
                                       wasser­stoffe unterschiedlicher Kettenlänge.                            Prozesse – nur integrierte Konzepte machen
                                          Basierend auf diesen Ausgangsstoffen hat                             Industriestandorte auch künftig erfolg­                                                 Kommunale Abfälle
                                                                                                                                                                                               3.       Pflanzenreststoffe                Syngas-
                                       die Chemieindustrie in den vergangenen                                  reich. Diese ermöglichen es, einerseits die                                  Generation Industrielle Abgase              Fermentation
                                       Jahrzehnten sehr effiziente Wertschöp­                                  Vorteile der Biotechnologie zu nutzen und
                                       fungsketten und Produktionsverbunde                                     andererseits bereits bestehende Verbund­
                                       aufgebaut und etabliert. Was als Nebenpro­                              standorte weiterhin betreiben zu können.
                                       dukt im Prozess eines Unternehmens an­                                     Viele Industrieprodukte, b ­eispielsweise
                                       fällt, kann oftmals einem anderen Unter­                                Kunststoffe wie Polyethylen, lassen sich nur
                                       nehmen als Rohstoff dienen. Das Besondere                               sehr schwer komplett biotechnologisch er­                                   zern selbst als Rohstoff eingesetzt, etwa zur
                                       der Chemie­produktion ist zudem: Spezial­                               zeugen – Zwischenprodukte auf dem Weg                                       Herstellung von Weichmachern. Ein Team
                                       chemikalien werden nicht abgekoppelt von                                dorthin dagegen schon. Die Evonik-Exper­                                    der Creavis, der strategischen Innovations­
                                       Basis­substanzen erzeugt, sondern sie sind                              ten spüren diese molekularen Schnittstellen                                 einheit von Evonik, hat in Kooperation mit
                                       bei der Herstellung untrennbar miteinander                              auf und entwickeln alternative Prozesse auf                                 Wissenschaftlern der Universität Graz nun
                                       verknüpft. So lassen sich wertvolle Synergie­                           Basis nachwachsender Rohstoffe (Abb. 1).                                    einen biotechnologischen Zugang zu den
                                       effekte erzielen, die den Produktions­verbund                              Eine Schlüsselsubstanz sind 1-Alkene, also                               1-Alkenen gefunden 1. Die Experten entwi­
                                       letztlich wirtschaftlich machen.                                        Kohlenwasserstoffketten mit einer endstän­                                  ckelten dazu einen bereits bekannten For­
                                                                                                               digen C-C-Doppelbindung: Evonik nutzt                                       schungsansatz weiter 2: Als Ausgangsstoff
                                       Chemie und Biologie                                                     beispielsweise Propen als Ausgangsverbin­                                   für die 1-Alkene dienten hierbei kurzketti­
                                       intelligent verknüpfen                                                  dung für die Herstellung von Acrylsäure, die                                ge Alkansäuren, also gesättigte Fettsäuren.
                                       Aufgrund der schwindenden Erdölressour­                                 in die Superabsorberproduktion fließt, oder                                 Diese entstehen auf natürlichem Wege bei
Grafik: C3 Visual Lab

                                       cen, des Klimawandels und der CO2-Dis­                                  von Methionin, das in der Tierernährung                                     anaeroben, bakteriellen Prozessen. Um aus
                                       kussionen wird die Chemieindustrie aber                                 eine Rolle spielt. 1-Buten wird von Evonik                                  den kurzkettigen Fettsäuren die gewünsch­
                                       in Zukunft auf Alternativen aus regenerati­                             als Rohstoff verkauft, aber auch im Kon­                                    ten 1-Alkene herzustellen, wurde ein
                                       ven Quellen angewiesen sein. Auch Evonik
                                       arbeitet daran, den Anteil nachwachsender
Foto: Callista Images/cultura/Corbis

                                       Rohstoffe in seinen Produktionsprozessen
                                       zu erhöhen. Vor allem biotechnologische
                                       Verfahren spielen bei der Aufbereitung von
                                       Biomasse eine große Rolle. Hier überneh­
                                                                                                               Ob Rohstoffe, Produkte oder Prozesse:
                                       men Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze                                Nur Konzepte, die Biotechnologie in die
                                       oder spezielle Enzyme die chemischen Um­
                                       wandlungsschritte. Es geht bei Evonik aber
                                                                                                               chemische Produktion integrieren, machen
                                       nicht nur darum, etablierte Produkte jetzt                              Industriestandorte künftig erfolgreich.
                                                                                                                 ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOK ATALYSE

                                                                                      Fettsäuren, sehr kleine Moleküle sind, kön­
     Abbildung 2. Neues Enzymsystem arbeitet mit Luftsauerstoff
                                                                                      nen sie die Membran von Bakterien leicht
     Die oxidative Decarboxylierung gesättigter Fettsäuren zu 1-Alkenen mithilfe      passieren. Die Mikroorganismen wandeln
     des Enzyms OleT. Der Weg oben nutzt H2O2, um langkettige Fettsäuren (C12         diesen Ausgangsstoff mithilfe des entwi­
     bis C20) in 1-Alkene zu überführen. Der untere Weg verwendet das neue            ckelten Enzymsystems in ihren Zellen in die
     Enzymsystem (CamA/CamB), um Fettsäuren mit einer Kettenlänge zwischen
     vier und 22 C-Atomen mit Sauerstoff zu decarboxylieren.                          gewünschten 1-Alkene um. Da die 1-Alkene
                                                                                      leicht flüchtig sind, lassen sie sich durch An­
                                                                                      legen eines schwachen Vakuums einfach aus
                   O                       OleT
                                                                                      der wässrigen Lösung extrahieren.
                         OH                                                 + CO2        Die 1-Alkene bilden also eine molekulare
          n                                                        n                  Schnittstelle und eröffnen damit die Mög­
              n = 7–15            H2O2 + 2 H+     2 H2O
                                                                                      lichkeit, eine biotechnologische Synthese­
                                                                                      route mit den nachgelagerten petrochemi­
                                                                                      schen Verfahren zu verbinden. Mithilfe des
                   O                     OleT
                                                                                      neuen Enzymsystems von Evonik lässt sich
                         OH                                                 + CO2     jetzt im Labor Buttersäure zu 1-Propen um­
          n                                                        n
              n = 0–18        O2 + 2 H+ 2e–        H 2O
                                                                                      wandeln und daraus Superabsorber oder der
                                                                       O              Futtermittelzusatz Methionin herstellen.
                                     CamB
                                     CamA                                             Pentansäure bietet Zugang zu 1-Buten – und
                                                                           OH
                                                              n                       das eröffnet wiederum Wege in die weiter­
                                                                  OH            O
                                                                                      führende C4-Chemie, also Verbindungen,
                              NAD(P)H    NAD(P)+                                      die auf vier Kohlenstoffatomen basieren.
                                                              OH       O
                                              Glukose                           n
                                                                                         Biotechnologische Verfahren lassen sich
                                              Formiat                      OH
                                                              n                       aber auch über einen weiteren Rohstoff mit
                                              Phosphit
                                Dehydrogenase                Nebenprodukte            der industriellen Verbundproduktion kop­
                                                                                      peln: über Synthesegas. Es besteht aus ei­
                                                                                      ner Mischung von Kohlenmonoxid oder
                                                                                      Kohlendioxid und Wasserstoff. Synthesegas
                                                                                      wird aus kommunalen oder Agrarabfällen
                                                                                      erzeugt, aber auch in der Industrie – bei­
                                                                                      spielsweise als Abgas in der Stahlproduk­
                                                                                      tion. Seit Jahrzehnten wird es in der chemi­
                                                                                      schen Synthese eingesetzt. Bakterien sind
14       etabliertes Enzymsystem verwendet: die                                       in der Lage, aus den kleinen Gasmolekülen         Der Experte
     P450-Monooxygenase OleT. Sie katalysiert                                         größere chemische Bausteine zu bilden. In
     die entsprechende chemische Reaktion –                                           Laborversuchen haben die Evonik-Forscher
     eine oxidative Decarboxylierung – sehr ef­                                       Mikroorganismen dazu gebracht, r­eine
     fizient und substratspezifisch: So lassen sich                                   2-Hydroxy-Isobuttersäure, kurz 2-HIBS,
     gezielt und quantitativ Propen oder 1-Buten                                      zu erzeugen: den Grundbaustein für den
                                                          Vielversprechender
     produzieren.                                         Anfang: Im Labor            Kunststoff PLEXIGLAS®. Insbesondere die
        Neben dem Enzymsystem wird für die                konnten mit OleT            hier als Rohstoff eingesetzten kurzkettigen
     Reaktion aber auch ein Oxidationsmittel be­          sowohl Propen als auch      Fettsäuren lassen sich biotechnologisch gut       Dr. Thomas Haas
     nötigt. Bislang war dies Wasserstoffper­oxid,        1-Buten quantitativ         aus Synthesegas herstellen. Damit hat sich        leitet bei der Creavis
                                                          synthetisiert werden.                                                         den Bereich Science
     das jedoch nicht nur zu unerwünschten                                            Evonik nach dem 2-HIBS einen weiteren
                                                                                                                                        & Technology, der
     Nebenreaktionen führt, sondern auch das                                          Zugang zu Basischemikalien ausgehend von          die technologischen
     Enzymsystem schädigen kann. Das Team                                             Synthesegas eröffnet.                             Kompetenzen der
     aus Evonik-Experten und Wissenschaftlern                                            Um Biologie mit Chemie intelligent zu          strategischen Innova­
     der Universität Graz hat dafür eine optima­                                      verknüpfen, forscht Evonik weiter an dieser       tionseinheit in indus­
                                                                                                                                        trieller Biotechnologie,
     le Alternative gefunden: Eine Kaskade aus                                        sogenannten dritten Generation der Biotech­       Chemie, Physik und
     zwei weiteren Enzymsystemen sorgt jetzt                                          nologie. Sie hat zum Ziel, nicht nur Zucker       Technik bündelt.
     dafür, dass die benötigten Elektronen für                                        oder Pflanzenreste in Synthesegas umzu­           thomas.haas
     den Redox­prozess nicht mehr von H2O2 auf­                                       wandeln und so als Rohstoff zu nutzen, son­       @evonik.com
     genommen werden, sondern von Sauerstoff                                          dern auch Abfallstoffe anderen Ursprungs:
     aus der Luft (Abb. 2).                                                           beispielsweise kommunale Abfälle oder In­
                                                                                      dustrieabgase.
     Nächster Schritt: Transfer in Zelle                                                 Dieser Ansatz ermöglicht es der Industrie,
     Dafür musste das Forscherteam eine En­                                           unabhängiger sowohl von fossilen als auch
     zymkombination finden, die bestmöglich                                           von einzelnen nachwachsenden Rohstof­             1
                                                                                                                                         „Oxidative Decar­
     miteinander wechselwirkt und kompati­                                            fen zu werden. Denn alle Anstrengungen,           boxylation of Short-
     bel zueinander ist. Diese Aufgabe haben die                                      biotechnologische Routen zu etablieren und        Chain Fatty Acids to
     Experten gemeistert: In weniger als einem                                        marktreif zu machen, sind an den Ölpreis ge­      1-Alkenes“, Angew.
                                                                                                                                        Chem. Int. Ed. 2015,
     Jahr konnten sie das Enzymsystem etablie­                                        koppelt. Nach wie vor ist das schwarze Gold
                                                                                                                                        54, 8819–8822
     ren und arbeiten jetzt daran, es in lebende                                      der Hauptrohstoff, der durch die Adern der
     Zellen zu transferieren. Denn für eine späte­                                    Industriebetriebe strömt. Deswegen ist es         2
                                                                                                                                         M. A. Rude, T. S.
     re großtechnische Produktion, zu der noch                                        umso wichtiger, die Verbundstandorte zu           Baron, S. Brubaker,
     ein weiter Weg der Entwicklung und des                                           erhalten und auf eine breitere Basis zu stellen   M. Alibhai, S. B. Del
                                                                                                                                        Cardayre, A. Schir­
     Upscalings zu beschreiten ist, bietet diese                                      – also schwarze und grüne Rohstoffquellen         mer, Appl. Environ.
     In-vivo-Produktion einige Vorteile: Weil                                         je nach Wirtschafts- und Versorgungslage          Microbiol. 2011, 77,
     die Ausgangsstoffe, also die kurzkettigen                                        nutzen zu können.                                 1718–1727

                                                             ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOK ATALYSE

                                          Gastkommentar

                                          Biokatalyse trifft
                                          Petrochemie                                                                                 Prof. Dr. Harald Gröger
                                                                                                                                      hat seit 2011 einen
                                                                                                                                      Lehrstuhl für Organische
                                                                                                                                      Chemie an der
                                                                                                                                      Universität Bielefeld
                                                                                                                                      inne.
                                                                                                                                      harald.groeger
                                                                                                                                      @uni-bielefeld.de

                                          von Prof. Dr. Harald Gröger

                                          B
                                                iokatalytische Verfahren, unter denen
                                                man im engeren Sinne die Umwandlung
                                                von Chemikalien in wenigen definierten
                                          Schritten unter Einsatz von isolierten Enzymen
                                          oder diese enthaltenden Mikroorganismen ver­
                                          steht, finden bereits heute breite Anwendung in              »Enzyme als Biokatalysatoren
                                          der industriellen Chemikalienproduktion. Be­                 haben ein enormes Synthese-
                                          sonders erfolgreich hat sich die Biokatalyse im              potenzial auch für Reaktionen mit
                                          Bereich der Feinchemie und der pharmazeuti­
                                          schen Wirkstoffe etabliert.                                  nicht natürlichen Molekülen.«                             15

                                           Viele der Ausgangsverbindungen sind hierbei
                                           interessanterweise auf Petrochemie b  ­ asierende           gehend mit hoher Stabilität. Bis vor Kurzem
                                          Chemikalien, die dann in biokatalytischen                    konnten mit den verfügbaren Enzymen kaum
                                          ­Produktionsprozessen weiterveredelt werden.                 Produktionsprozesse entwickelt werden,
                                           Dies unterstreicht das enorme Synthesepotenzial             die diese technischen Anforderungen erfüllen.
                                           von Enzymen als „Katalysatoren aus der Natur“
                                           auch für Reaktionen mit nicht natürlichen Mole­             Eine der Ausnahmen, die zugleich das Potenzial
                                           külen. Eines der Erfolgskriterien der Biokatalyse           der Biokatalyse auch für den Bereich Basis- und
                                           in den Industriesegmenten der Arzneistoffe und              Bulkchemie illustriert, stellt die enzymatische
                                           Feinchemikalien mit ihren komplexen und in                  Produktion von Acrylamid im Mehrere-Zehn­
                                           vielen Einzelschritten aufzubauenden Zielstruk­             tausend-Tonnen-Maßstab dar. Zukünftig dürften
                                           turen ist die hohe Selektivität der Enzyme.                 aufgrund der beeindruckenden Entwicklungen
                                                                                                       in der Molekularbiologie mit der Konstruktion
                                          Im Gegensatz dazu gilt die Ausdehnung des                    maßgeschneiderter Enzyme und hocheffizienter
                                          ­Anwendungsspektrums der Biokatalyse auf den                 Mikroorganismen als Ganzzellkatalysatoren auch
Illustration: C3 Visual Labs

                                           Bereich der Basis-, Bulk- und weite Teile der               für diesen Industriechemikalienbereich bio­
                                          Spezialchemie bis heute als eine weitgehend noch             katalytische Produktionsverfahren an Bedeutung
                                          ungelöste Herausforderung. Diese ebenfalls                   gewinnen. Gepaart mit modernen verfahrens­
                                           ­typischerweise auf Petrochemie basierenden Aus­            technischen Ansätzen sollten sich somit zukünf­
                                            gangsverbindungen sind strukturell zwar einfa­             tig die Vorteile der Biokatalyse verstärkt auch
                                            cher und deutlich kostengünstiger, werden aber             auf den Bereich der erdölbasierten Bulk-, Basis-
Fotos: Dieter Debo, Frank Preuss/Evonik

                                            zugleich in wesentlich höheren Produktions­                und Spezialchemie übertragen lassen. Im Bereich
                                            tonnagen benötigt und weisen tendenziell deut­             der Oxidationschemie, beispielsweise, hat eine
                                            lich niedrigere Kilogrammpreise auf. Ein geeig­            Reihe kürzlich entwickelter, teilweise bereits im
                                            neter Katalysator für diese Produktklasse sollte           Pilotmaßstab erprobter Verfahren dieses hohe
                                            hohe Aktivitäten und Raum-Zeit-Ausbeuten                   Synthesepotenzial der Biokatalyse inzwischen
                                            ebenso aufweisen wie lange Standzeiten, einher­            eindrucksvoll bestätigt.

                                                                              ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOTECHNOLOGIE

     ACETON
     AUS ABGAS
     Das Projekt „CO2-basierte Acetonfermentation“ (COOBAF) hat gezeigt,
     dass kohlendioxidhaltige Industrieabgase zum wertvollen Rohstoff für die
     biotechnologische Herstellung von Aceton werden können.

     K
     von Dr. Marzena Gerdom, Dr. Jörg-Joachim Nitz

                   ohlendioxid ist ein Problem,       ebenso klimafreundlich wie ökonomisch               den Machbarkeitsnachweis erbracht, dass
                   so lautet eine weitverbreite-      Aceton mit Kohlendioxid als alleiniger              aus Industrieabgasen Produkte wie Aceton
                   te Meinung. Kaum jemand            Kohlenstoffquelle herstellen.                       gewonnen werden können (Abb. 1).
                   sieht darin mehr als ein             Bereits im Projekt VALERY (siehe ele-
                   Treibhausgas. Dabei hat das        ments 49) war es Evonik-Forschern ge-               Mehrere problematische
                   Abfallprodukt zahlreicher          lungen, gemeinsam mit Hochschulpart-                Abhängigkeiten
     Verbrennungsprozesse Potenzial für Gu-           nern einen Syntheseweg für Valeraldehyd             Auf dem Weltmarkt werden jährlich rund
     tes. Evonik-Forscher konnten zeigen, dass        zu entwickeln, der als einen Ausgangs-              sechs Millionen Tonnen Aceton umge-
     sich Kohlendioxid als Rohstoff für die Her-      stoff Kohlendioxid verwendet. Auch beim             setzt. Bei der Herstellung kommt fast aus-
     stellung von Basischemikalien eignet: Auf        nun abgeschlossenen Projekt COOBAF hat              schließlich die Phenolsynthese nach Hock
16   biotechnologischem Weg ließe sich daraus         Evonik zusammen mit Hochschulpartnern               zum Einsatz, wobei Benzol und Propen mit

     Abbildung 1. Die Idee hinter COOBAF
     Acetogene Mikroorganismen verwandeln Abgasströme in Aceton,
     das dann als Rohstoff für Isophoron oder PMMA genutzt wird.

                               H2                                                                                Gasfermentation mit acetogenen
                                    CO2                                                                                Mikroorganismen

     CO2- und H2-reiche
     Abgasströme als
     Rohstoff                                                                                                                            Acetogene
                                                                    CO2-basiertes Aceton                                                 Mikro-
                                                                als Rohstoff für verschiedene                                            organismen
                                                                          Produkte

                                                                            O

                                           +

                              Isophoron und                                                                 Polymethylmethacrylat
                              Folgeprodukte                                                                       (PMMA)

                                                        ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOTECHNOLOGIE

                          Sauer­stoff in einer Radikalreaktion letzt-
                                                                            Abbildung 2. Vergleich industrieller und biotechnologischer Herstellung von Aceton
                          lich zu den Koppelprodukten Phenol und
                          Aceton reagieren. Dieses Verfahren hat            Bei der biotechnologischen Produktion ist Aceton nicht an Phenol gekoppelt.
                          mehrere Nachteile: Zum einen basiert es auf
                          petrochemischen Rohstoffen und ist damit                                                                    OH
                          von deren Verfügbarkeit und dem Erdöl-                                                         O                                                            O
                          preis abhängig. Zum anderen resultiert aus                 +                                          +                     3 CO2    +     8 H2                   + 5 H2O
                          der Kopplung der Acetonproduktion an die
                          Produktion von Phenol, dass eine geringe          Propen        Benzol                       Aceton        Phenol        Kohlendioxid Wasserstoff        Aceton      Wasser
                          Nachfrage nach Phenol leicht zu einem re-
                                                                            Großindustrielle Herstellung                                           Alternative biotechnologische Herstellung
                          duzierten Angebot an Aceton führt.
                             Evonik stellt Aceton nicht selbst her.
                          Wohl aber benötigen verschiedene Ge-
                          schäftsgebiete das farblose Lösungsmittel,
                          beispielsweise um Isophoron und dessen
                          Folgeprodukte herzustellen, aber auch für
                          Polymethylmethacrylat (PLEXIGLAS®). So
                          entstand die Idee, nach einem neuartigen,
                          biologischen Syntheseweg zu suchen. Ziel
                          war es, mithilfe von Mikroorganismen aus          eingesetzt. Dafür haben die Forscher eine                              können. Denn dieses Gas ist ebenfalls in
                          Kohlendioxid und Wasserstoff – typischen          Reihe acetogener, weniger gut erforschter                              vielen Industrieabgasen enthalten.
                          Bestandteilen von Industrieabgasen – Ace-         Bakterien getestet, die vermutlich schon bei                              Mittels Gentransfer brachte das Team den
                          ton und Wasser zu erzeugen (Abb. 2). Die          der Entstehung von Leben auf der Erde eine                             vielversprechendsten Stämmen bei, das na-
                          Herstellung sollte keine Rohstoffe, sondern       Rolle gespielt haben.                                                  türlich gebildete Acetyl-CoA weiter zu Ace-
                          bisherige Reststoffe verwenden und so die           Um für die weitere Entwicklung infrage                               ton zu verstoffwechseln. Mitte 2012 schließ-
                          Atmosphäre nebenbei von etlichen Ton-             zu kommen, mussten die Mikroorganismen                                 lich erreichte das Projekt einen wichtigen
                          nen Kohlendioxid befreien. Denn bislang           mehrere Bedingungen erfüllen: Sie mussten                              Meilenstein: Die Forscher konnten nach-
                          werden die meisten so zusammengesetzten           CO2 über den Wood-Ljungdahl-Weg schnell                                weisen, dass ihre Bakterien aus Kohlendi-
                          Industrieabgase bestenfalls thermisch ge-         und in hohen Mengen in Produkte umsetzen                               oxid Aceton hergestellt hatten.
                          nutzt oder sogar teilweise einfach nur beim       (Abb. 3). Außerdem mussten sie langlebig                                  Während die Molekularbiologen der Uni-
                          Austritt aus dem Schornstein abgebrannt,          und robust sein, um eine ökonomische Fer-                              versitäten Ulm und Rostock nun das Erbgut
                          Kohlendioxid wird so der Atmosphäre wie-          mentation zu ermöglichen, und in Gegen-                                der Organismen weiter optimierten, begann
                          der zugeführt.                                    wart von Kohlenmonoxid, einem für viele                                bei Evonik die Entwicklung des Fermenta-
                             Gemeinsam mit Partnern der Universi-           Mikroorganismen toxischen Gas, wachsen                                 tionsprozesses. Die erste Schwierig­keit             17
                          täten Ulm (Arbeitsgruppe Prof. Dr. Peter
                          Dürre) und Rostock (Arbeitsgruppe Prof.
                          Dr. Hubert Bahl) hat Evonik deshalb Ende
                          2011 das vom Bundesforschungsministe-
                          rium geförderte Projekt COOBAF gestartet
                          (Förderkennzeichen 01RC1105A). Während
                          sich das Evonik-Team auf die Entwicklung
                                                                            Abbildung 3. Stoffwechsel der acetogenen Bakterien
                          des Fermentations- und Downstream-Pro-
                          zesses konzentrierte, fiel den Hochschul-         Bakterien, die CO2 über den Wood-Ljungdahl-Pfad zu Acetyl-CoA umsetzen
                          partnern vor allem die mikrobiologische           können, wurden die Gene zur Produktion von Aceton übertragen.
                          und gentechnische Arbeit zu. Denn zu-
                          nächst einmal bestand die Aufgabe darin,
                                                                                                  Wood-Ljungdahl-Weg                                                   Acetonsynthese
                          Mikroorganismen zu identifizieren, die                               (natürlicher Stoffwechselweg)                                    (synthetischer Stoffwechselweg)
                          Kohlendioxid für ihren Stoffwechsel ver-
                          wenden können – eine Fähigkeit, die außer-                     CO
                                                                                                            H 2O
                          halb des Pflanzenreichs wenig verbreitet ist.                                                                                                      Aceton
                                                                                               CO-Dehydrogenase
                                                                                         CO2
                          Hohe Anforderungen an                                                             2 [H]                   CO2                                            CO2
                                                                                               Formiat-Dehydrogenase
                          Mikroorganismen                                            Formiat
                          Tatsächlich nutzten bereits 1916 Wissen-                                       ATP, THF
                                                                                               Formyl-THF-Synthase                                                          Acetoacetat
                          schaftler Bakterien, um Aceton zu produzie-            Formyl-THF+
                          ren. Pionier dieser Entwicklung war Chaim                                           H    +

                                                                                               Methenyl-THF-Cyclohydrolase                                         H-S CoA            Acetyl-CoA
                          Weizmann, später der erste Staats­präsident           Methenyl-THF                                                         2 [H]
                          Israels. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts                                    2 [H]
                                                                                                                                     CO-Dehydrogenase/
                          wurde das Bakterium Clostridium aceto-                               Methylen-THF-Dehydrogenase            Acetyl-CoA-Synthase               H2O            Acetat
                                                                                Methylen-THF
                          butylicum genutzt, um in der sogenannten                                          2 [H]
                          ABE-Fermentation die Produkte Aceton,                                Methylen-THF-Reduktase                                                  Acetoacetyl-CoA
                                                                                 Methyl-THF
                          Ethanol und Butanol im industriellen Maß-                                      Co-FeS-P
                          stab herzustellen, mit Kohlenhydraten als                            Methyltransferase
                                                                                                                                                                                      H-S CoA
                                                                              Methyl-Co-FeS-P                                [CO]             CO
                          Substrat. Am Ende aber genügte die Aceton­                                       HSCoA
Grafiken: C3 Visual Lab

                          ausbeute des Verfahrens nicht mehr, um mit
                                                                                                   CO-Dehydrogenase/
                          der Hock-Synthese zu konkurrieren.                                       Acetyl-CoA-Synthase                                          Acetyl-CoA
                            Im Gegensatz zur ABE-Fermentation
                                                                                                     Acetyl-CoA                                                             Acetyl-CoA
                          wurden bei COOBAF nicht Kohlenhydrate,
                          sondern Kohlendioxid als Kohlenstoff­quelle

                                                                              ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOTECHNOLOGIE

                                                                                                                                                   bestand in der Suche nach einem Labor,
                Abbildung 4. Kontinuierliche Prozessführung
                                                                                                                                               das Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeit
                Indem die gebildeten Nebenprodukte laufend aus dem Fermenter entfernt                                                          sowohl mit Wasserstoff als auch Kohlen­
                werden, gelang es, das Wachstum der Bakterien deutlich zu steigern.                                                            monoxid besaß. Fündig wurde das Team
                                                                                                                                               bei der Reaktionstechnik in Marl, wo auch
                                              Feedgas                                                                                          geeignete Industrieabgase nicht weit wa-
                                                                 Offgas
                                                                                                                                               ren. Die Forscher bauten das Labor so um,
                                                                                Retentat                                                       dass es die Voraussetzungen für biologische
                                                                                                                                              ­A rbeiten auf S1-Niveau erfüllte.
                                  R1                                                                                          R2
                                  Feed
                                                                                                                                                  Das Evonik-Team entwickelte einen Fer-
                                                                                                                                               mentationsprozess im Zwei-Liter-Maßstab.
                                                                                                                                               Der eingesetzte Laborfermenter war dabei
                                                                                                          UF-                                  aus Stahl und nicht, wie bei Laboranlagen
                                                                                                          Membran                              üblich, aus Glas, um bei höheren Drücken
                                                                                       Externe                                                 arbeiten zu können. Denn Wasserstoff und
                                                                                      Schlauch-                                                Kohlenmonoxid sind bei Atmosphären-
                                                                                       pumpe                                                   druck nur mäßig wasserlöslich, müssen
                                                                                                                      Permeat
                                                                                                                                               aber als Substrat die Bakterien in der Nähr-
                                                                                                                                               lösung im Bioreaktor gut erreichen.
                                                                                                                                                  Außerdem betrachteten die Forscher un-
                                                                      Zell-                                                                    terschiedlich zusammengesetzte Gase. Da-
                                                                   suspension
                                                                                                                                               bei zeigte sich, dass das typische Abgas von
                                                                                                                                               Stahlwerken günstige Voraussetzungen für
                                                                                                                                               die Acetonproduktion bietet. Alternative
                                                                                                                                               Konzepte zur Begasung verbesserten die
                                                                                                                                               Versorgung der Zellen weiter.

                                                                                                                                              Kontinuierlicher
                                                                                                                                              Fermentationsprozess
            Abbildung 5. Schnelleres Wachstum                                             Das typische Abgas                                  Plötzlich aber stand das Team vor einem Pro-
                                                                                                                                              blem: Immer wieder hörten die Bakte­rien ab
            Das Wachstum bei kontinuierlicher und                                         von Stahlwerken                                     einem bestimmten Zeitpunkt der Fermen-
            diskontinuierlicher Prozessführung im Vergleich.
18
                                                                                          eignet sich besonders                               tation auf zu wachsen. Fehlte ein wichtiger
                                                                                                                                              Nährstoff? Entstand ein Produkt, das das
                                                           Kontinuierliche
                                                           Prozessführung                 gut für die Produktion                              Wachstum inhibierte? Letztlich zeigte sich,
                                                                                          von Aceton mit                                      dass ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren
                                                                                                                                              ursächlich war, vor allem aber die Kon-
                                                                                          acetogenen Bakterien.                               zentration des Nebenprodukts Essig­säure.
                                                                                                                                              Der Batch-Prozess musste deshalb auf eine
     Biomasse

                                                                                                                                              kontinuierliche Prozessführung umgestellt
                                                                                                                                              werden, bei der fortlaufend das Neben-
                                                                                                                                              produkt entnommen wurde. Gleichzei-
                                                               Batch-                                                                         tig musste ein Teil der ausgeleiteten Zellen
                                                           Prozessführung
                                                                                                                                              immer wieder in den Reaktor rückgeführt
                                                                                                                                              werden, da die Mikroorganismen nur rela-
                                                                                                                                              tiv langsam wuchsen (Abb. 4, 5). Darüber
                                         Fermentationsdauer                                                                                   hinaus erkannten die Forscher, dass sie den

            Abbildung 6. Höhere Produktivität
            Die Prozessentwicklung führte zu einer
            kontinuierlichen Steigerung der Aceton- und
            Biomassemenge.

                                   Aceton
          Aceton- und Biomasse-

                                   Biomasse
                                                                                                                                                                                              Grafiken: C3 Visual Lab
              konzentration

                                                                                                                                                                                              Fotos: Evonik

                                   Druck-     2-l-Fermenter       2-l-Fermenter
                                  flaschen     (Batch-Prozess-
                                                  führung)
                                                                   (Kontinuierliche
                                                                   Prozessführung)
                                                                                          S1-Labor mit Anaerobierbank (links) und Zwei-Liter-Fermenter.

                                                                                            ELEMENTS #53 DAS INNOVATIONSMAGA ZIN VON EVONIK
GLOBAL CHALLENGES: BIOTECHNOLOGIE

                                                                                                                               dern auch als geeignetes Strippgas. Es war                                               Die Experten
   Abbildung 7. Der Downstream-Prozess
                                                                                                                               möglich, das Aceton so schnell zu entfernen,
   Der auf Basis von Absorption entwickelte Prozess                                                                            wie die Prozessführung es erforderte. Sollte
   liefert hohe Ausbeuten und Reinheit.                                                                                        man nun das Aceton per Kondensation oder
                                                                                                                               Absorption aus dem Strippgas entfernen? Es
                                                                                                                               stellte sich heraus, dass die Absorption auf-
                                   CO2/H2-haltiger                                                 Absorbens                   grund ihrer höheren Ausbeuten die Metho-
                                   Gasstrom                                                                                    de der Wahl darstellt (Abb. 7).                                                          Dr. Marzena Gerdom
                                                                                          Aceton                                  In verschiedenen Simulationen haben                                                   ist seit 2011 als
                                                                                                                               die Forscher ein gutes Absorbens identifi-                                               Prozess­ingenieurin
                                                                                                                                                                                                                        in der Abteilung
                                                                                   Mit Aceton                                  ziert. Es kann große Mengen Aceton auf-                                                  Bioprocess Technology
                                                                                   beladenes                                   nehmen und wird nur in geringer Menge                                                    & LCM des Geschäfts-
                                                                                   Absorbens                                   selbst verbraucht. Vor allem aber stimmte                                                gebiets Verfahrens-
                                                    Mit Aceton                                                                                                                                                          technik & Engineering
                                                                                                                               die Reinheit des Acetons: Sie lag bei mehr
                                                    beladener                                                                                                                                                           von Technology &
                                                    Gasstrom                                                                   als 95 Prozent und ließe sich leicht auf mehr                                            Infrastructure tätig.
                                                                                                                               als 99 Prozent steigern. Da die wesentliche                                              marzena.gerdom
                                                                                                                               Verunreinigung Wasser ist und Wasser bei                                                 @evonik.com
                                                                                                                               Isophoron-Prozessen nicht stört, war damit
                                                                                                                               der nächste Meilenstein erreicht – und das
                                                                                                                               Projekt fast am Ziel.
                                                                                                                                  Abschließend erfolgte das Life Cycle As-
                                                                                                                               sessment (Abb. 8a, b). Verglichen mit dem
                                 Fermenter                           Absorber                Destillationskolonne
                                                                                                                               bloßen Verbrennen der Industrieabgase
                                                                                                                               fiel die CO2-Bilanz der biotechnologischen
                                                                                                                               Acetonproduktion deutlich positiver aus
                                                                                                                               (Szenario 1). Selbst wenn die Forscher be-                                               Dr. Jörg-Joachim
                                                                                                                               rücksichtigten, dass der Wasserstoff im Ab-                                              Nitz beschäftigt sich
                                                                                                                               gas thermisch genutzt werden könnte (Sze-                                                als Gruppenleiter im
                                                                                                                                                                                                                        Innovationsmanage-
                                                                                                                               nario 2), die verlorene Wärmequelle also in                                              ment Crosslinkers mit
                                                                  Ertrag deutlich steigern konnten, indem sie                  der Praxis durch Erdgas kompensiert wer-                                                 Forschungsprojekten
   Abbildung 8a. LCA                                                                                                                                                                                                    auf dem Gebiet der
                                                                  dem Nährmedium bestimmte Ko­faktoren                         den würde, lag der biologische Prozess noch
   Produktionsphasen, für                                         zusetzten: So förderte beispielsweise                        günstiger als der momentane großindus­                                                   Isophoronchemie.
   die das LCA erfolgte.                                          Magnesium selektiv die Acetonausbeute,                       trielle chemische Benchmark-Prozess.                                                     joerg-joachim.nitz
                                                                                                                                                                                                                        @evonik.com
                                                                  wogegen andere Spurenelemente unspezi-                          Bis zum Projektabschluss Ende 2014 wurde                                                                          19
             CO2,
            H2, CO                                                fisch die gesamte Produktivität erhöhten.                    die anfängliche Produktivität des Prozesses
                                                                  Die Prozessentwicklung führte zu einer                       um mehr als drei Zehnerpotenzen gesteigert.
                                                                  Steigerung des fermentativ gebildeten Ace-                   Jetzt wäre noch einmal ein Faktor 20 nötig,
                                                                  tons (Abb. 6), letztendlich stieg die Produk-                damit das neue Verfahren im industriellen
       Fermentations-
                                                                  tivität des Prozesses um mehrere Zehner-                     Maßstab mit der Petrochemie auch ökono-
          prozess
                                                                  potenzen.                                                    misch konkurrieren könnte. Ansätze dazu
                                                                     Jetzt stand der Downstream-Prozess an.                    sehen die Beteiligten sowohl auf genetischer
                                                                  Hier kam dem Evonik-Team der niedrige                        als auf prozesstechnischer Seite. Aber bereits
                                       Downstream-                Dampfdruck des Acetons zur Hilfe, der es                     jetzt konnte gezeigt werden, dass es auf bio-
                                         prozess
                                                                  ermöglichte, das Aceton aus der Fermen-                      technologischem Weg grundsätzlich mög-
                                                                  tationsbrühe herauszustrippen. Dabei er-                     lich ist, aus dem „Abfall“ CO2 gefragte Wert-
                                                                  wies sich die Mischung von Wasserstoff und                   stoffe herzustellen – und das auf ökonomisch
                                               Aceton
                                                                  Kohlendioxid nicht nur als Feedgas, son-                     wettbewerbsfähige Weise.

   Abbildung 8b. Ergebnis des Life Cycle Assessment (LCA)
   Je nach Szenario ergab das LCA der biotechnologischen Acetonherstellung eine mehr oder weniger große Reduktion des Beitrags zum Treibhauseffekt gegenüber
   dem chemischen Prozess. Links: Szenario 1, keine Substitution der thermischen Energie. Rechts: Szenario 2, Substitution der thermischen Energie durch Erdgas.

                                 3,0                                                                                                                         3,0
                                                                                     Benchmark: Phenolsynthese nach Hock                                                                                      Benchmark: Phenolsynthese nach Hock
Treibhauspotenzial (100 Jahre)

                                                                                                                            Treibhauspotenzial (100 Jahre)

                                 2,0                                                                                                                         2,0
                                                                                                                                                                                                                                            –0,2
     [kg CO2e/kg Aceton]

                                                                                                                                 [kg CO2e/kg Aceton]

                                                                   0,7
Sie können auch lesen