Energieversorgung - Kommunen in NRW
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Stgerat_5_09_titel 24.04.2009 12:30 Uhr Seite 1 63. JAHRGANG • MAI 05 2009 HERAUSGEBER STÄDTE- UND GEMEINDEBUND NORDRHEIN-WESTFALEN StGB NRW · Kaiserswerther Str. 199-201 · 40474 Düsseldorf G 20 167 PVSt · Deutsche Post AG · „Entgelt bezahlt“ · Energieversorgung Vergaberecht Tourismus
Stgerat_5_09_Inhalt 24.04.2009 12:34 Uhr Seite 3 EDITORIAL Die Fachzeitschrift für Kommunal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen Die hohen Energiepreise im Sommer 2008 haben uns vor Augen geführt: Erdöl- und Erdgasquellen sprudeln nicht ewig. Immer mehr Staaten wollen einen größeren Anteil davon abhaben, und die Vorräte sind begrenzt. Wenn ein Energieträger knapp wird, steigen die Preise auch für die anderen - etwa die Kohle. Das sind die Wirkungen des Marktes. Und wenn ein Gut erst einmal knapp ist, tun Spekulanten ein Übriges, um die Preise in Energie für ihre eigenen Einrichtungen wie auch für die die Höhe zu treiben. Bewohner. Viele Anforderungen gilt es da unter einen Dennoch können wir auf ständig verfügbare Energie - Hut zu bringen: notorisch steigende Energiekosten, gleich ob Strom, Gas oder Benzin - nicht verzichten. Unser Knappheit der Mittel für Investitionen, verschärfte Lebensstil, unser Alltag ist darauf gegründet. Selbst das gesetzliche Anforderungen und nicht zuletzt die Internet, das mittels intelligenter Bestellmasken die eine Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes. Wer will sich oder andere Besorgung erspart, funktioniert nur, wenn schon vorwerfen lassen, den Klimawandel mit all seinen unser Computer Strom hat, das Telefonsystem Strom hat, negativen Folgen wissentlich zu beschleunigen? der Knotenrechner Strom hat. Allerorts schlägt die Stunde der erneuerbaren Energien. Zu Recht machen sich Bürger und Bürgerinnen verstärkt Aufgrund ihres großen Bedarfs für Schulen, Gedanken über die Energieversorgung. Der liberalisierte Verwaltungsgebäude und Sportstätten haben die Markt - die Möglichkeit, unkompliziert den Kommunen eine starke Position bei der Energie-Wende. Stromanbieter zu wechseln - hat das Problem nicht Dabei gilt es auch die Bürger und Bürgerinnen entschärft. Im Gegenteil: die Menschen sind einzubeziehen. Dezentral gewonnene erneuerbare kostenbewusster und stellen höhere Anforderungen an Energie braucht Abnehmer vor Ort. Hier gilt es die den örtlichen Energieversorger. Das „freundliche Menschen zu überzeugen, dass „kleine Anlagen“ nicht Stadtwerk von nebenan“ zu sein, reicht für den zwangsläufig „unsichere Anlagen“ sind. Die Geschäftserfolg nicht mehr aus. Energieversorgung der Zukunft wird manches haben Städte und Gemeinden müssen sich daher intensiv mit von einem Flickenteppich. Aber sie wird flexibler sein, der Energieversorgung beschäftigen. Dabei geht es um Abhängigkeit verringern und das Klima weit weniger belasten als unsere derzeitige großtechnische Infrastruktur. Dr. Bernd Jürgen Schneider Hauptgeschäftsführer StGB NRW STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009 3
Stgerat_5_09_Inhalt 24.04.2009 12:34 Uhr Seite 4 BÜCHER UND MEDIEN / INHALT Die Daseinsvorsorge im Spannungsverhältnis von europäischem Wettbewerb und Inhalt 63. Jahrgang Mai 2009 Gemeinwohl Bücher und Medien Nachrichten 4 5 Eine sektorspezifische Betrachtung, hrsg. v. Andreas Krautscheid, NRW-Minister für Bun- Thema Energieversorgung desangelegenheiten, Europa und Medien, un- Dieter Emthaus ter Mitarb. von Eberhard Waiz u. Dr. Claudia Rekommunalisierung örtlicher Stromnetze am Münch, 14,6 x 20,8 cm, 455 S., 1. Aufl., 2009, Beispiel von acht Städten im Kreis Coesfeld 6 34,90 Euro, VS Verlag für Sozialwissenschaf- ten, ISBN 3-531-16686-5 Rainer Strotmeier Rekommunalisierung der Energieversorgung Abfall, Gas, Strom,Wasser oder Verkehr: Immer mehr europäische in Bestwig, Meschede und Olsberg 7 Vorschriften regeln den Bereich der Daseinsvorsorge. Der Um- gang mit dem europäischen Binnenmarkt- und Wettbewerbs- Guido Wallraven, Christian Voigt recht stellt die Städte, Gemeinden und Kreise, die sich in Deutsch- Die Gemeinde Saerbeck als Gewinnerin des land überwiegend um die Grundversorgung der Bürgerinnen und Wettbewerbs „NRW-Klimakommune“ 2009 8 Bürger kümmern, vor große Herausforderungen. Was soll Europa regeln, was nicht? Der Sammelband mit 19 Fachbeiträgen gibt ei- Silke Schlegelmilch ne Einführung in den europäischen Diskurs zu den Dienstleistun- Der Wettbewerb „NRW-Klimakommune“ 10 gen von allgemeinem Interesse, analysiert die einzelnen Sekto- ren und erläutert, inwieweit sie durch das Gemeinschaftsrecht Thomas Reisz betroffen sind. Außerdem wird die Organisation der Daseinsvor- Beratung von Kommunen durch die sorge in ausgewählten anderen Mitgliedstaaten der Europäi- EnergieAgentur.NRW 12 schen Union dargestellt. Auch die Entstehung des kommunal- wirtschaftlichen Engagements wird in einem kurzen historischen Fabio Longo Abriss geschildert. Bebauungspläne als Instrument zur Förderung örtlicher Energieversorgung 14 Annette Brandt-Schwabedissen Aktuelle Entwicklungen beim Frankreich am Rhein Konzessionsvertragsrecht 16 Die Spuren der Franzosenzeit im Wes- Markus Moraing ten Deutschlands, hrsg. v. Kerstin Theis Das Prinzip der Ortsbindung im u. Jürgen Wilhelm, 17 x 24 cm, 304 S., liberalisierten Energiemarkt 21 90 farb. Abb., Leinen mit Schutz- umschl., Veröff. des LVR, 32 Euro, ISBN Gottfried Hiesinger 3-7743-0409-3 Neue Regeln für die Steuerung von Stromnetzen 23 Norbert Portz Fast 20 Jahre - von 1794 bis 1813 - Die Novelle des Kartellvergaberechts aus war das Land links des Rheins fran- kommunaler Sicht 25 zösisch besetzt und zeitweilig Teil des französischen Staates. Insofern hat die „Franzosenzeit“ das Dokumentation: Thesen des StGB NRW zur Rheinland in seiner Kultur und Mentalität, aber auch in seiner po- Tourismusentwicklung 27 litischen Entwicklung nachhaltig geprägt. Der Sammelband ruft in 13 kürzeren Aufsätzen den Verlauf dieser Epoche ins Gedächt- Offener Brief an die gewählten Abgeordneten in nis und zeichnet die Auswirkungen auf spätere Jahrzehnte nach. Regional- und Kommunalparlamenten 28 Das Themenspektrum reicht vom Karneval über Werbung bis hin zu Wirtschaft und Recht. Vieles, was man zu kennen glaubte, wird Europa-News 29 historisch präzise bestätigt. Andere Vorstellungen, etwa zur Her- Gericht in Kürze 29 kunft bestimmter französischer Lehnwörter, werden als Legende entlarvt. Trotz seiner wissenschaftlichen Fundierung bietet der Titelfoto: BMU / Brigitte Hiss Band kurzweilige Lektüre. 4 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009
Stgerat_5_09_Inhalt 24.04.2009 12:34 Uhr Seite 5 NACHRICHTEN Städtebauförderung auf und Besucherinnen um 2,2 Prozent und die Zahl der Übernachtun- gen um 2,8 Prozent. Auch im Ausland konnte Nordrhein-Westfalen Redkordniveau 2008 weiter punkten. Bei den nichtdeutschen Gästen lag sowohl Mit 261 Mio. Euro ist die Städtebauförderung in diesem Jahr so die Zahl der Ankünfte mit 3,6 Mio. als auch die der Übernachtun- hoch wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Dies gab der neue NRW- gen mit 8,1 Mio. weit über dem Vorjahresergebnis. Im deutschland- Bau- und Verkehrsminister Lutz Lienenkämper bei der Vorstellung weiten Vergleich liegt Nordrhein-Westfalen bei den Gästeankünf- des Städtebau-Investitionsprogramms bekannt. Im Vorjahr waren ten damit weiterhin auf dem zweiten Rang nach Bayern. es noch 218 Mio. Euro. Lienenkämper sieht die Aufstockung des Städtebauprogramms als Beitrag zur Stützung der Konjunktur. Ins- gesamt würden 301 Vorhaben in 172 Städten, Gemeinden und Krei- Leitfaden für Kommunen zur sen unterstützt. Damit erhalte nahezu jede zweite Kommune in NRW in diesem Jahr Fördermittel für die Stadtentwicklung. Die Breitband-Förderung Gelder fließen vor allem in den Ausbau der Innenstädte, die Sanie- Das nordrhein-westfälische Umweltministerium hat einen Leitfa- rung unattraktiver Stadtteile sowie in Projekte des Strukturpro- den erarbeitet, um Kommunen die Grundlagen für eine mögliche gramms Regionale. Breitband-Förderung zu erläutern und Fragen zum Förderverfah- ren zu beantworten.Wie das Umweltministerium mitteilt, enthält der Leitfaden alle Informationen und technischen Hinweise rund Fahrräder auf Gehwegen und Plätzen um das Verfahren zur Förderung sowie Musterschreiben, die den Kommunen helfen sollen, Angebote von Netzbetreibern einzuho- grundsätzlich erlaubt len und die Anträge auf Förderung einfacher und schneller auszu- Kommunen dürfen abgestellte Fahrräder nicht aus optischen füllen.„Auch der ländliche Raum muss flächendeckend mit einem Gründen entfernen. Das hat das Oberverwaltungsgericht Lüne- leistungsfähigen Breitband-Netz ausgestattet werden, alleine in burg in einem Beschluss entschieden und damit ein Urteil des Ver- diesem Jahr stellen wir rund 2,2 Mio. Euro an Fördermitteln zur Ver- waltungsgerichts Göttingen bestätigt. Nur ein behinderndes oder fügung“, sagte NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg. belästigendes Parken könne den Abtransport rechtfertigen. In dem verhandelten Fall hatte sich ein Fahrradbesitzer dagegen zur Wehr gesetzt, dass die Stadt Göttingen sein vor dem Bahnhof abgestell- Neue „Landmarke“ am Nordwestrand tes Rad entfernt und ihm die dabei entstandenen Kosten berech- net hatte. Das Gericht entschied jedoch, dass das Abstellen nicht des Ruhrgebiets rechtswidrig gewesen sei, weil das Fahrrad niemanden belästigt Die Metropole Ruhr bekommt eine weitere Landmarke. Ab dem oder behindert habe. Kulturhauptstadtjahr 2010 soll eine Zitadelle die Halde Lohberg- Nord/Erweiterung zwischen der Stadt Dinslaken und der Gemein- de Hünxe krönen. Geplant ist eine aus Gabionen - mit Steinen ge- Erneut weniger Import und Export von füllte Drahtkörbe - gebaute beleuchtete Zitadelle. Die Halde wird in den kommenden Jahren weiter aufgeschüttet. Die Gestaltung Abfällen der Halde soll dabei mit möglichen Nutzungen und den Anforde- Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Jahr erneut weniger Ab- rungen des Umfelds wie etwa dem Freizeitgebiet Tenderingsseen fälle importiert oder exportiert. Insgesamt wurden etwa 1,72 Mio. sowie den Siedlungen Lohberg und Bruckhausen zusammen ge- Tonnen Abfälle eingeführt.Wie NRW-Umweltminister Eckhard Uh- plant werden. Für das Projekt arbeiten die RUHR.2010 GmbH, die lenberg mitteilte, seien dies vier Prozent weniger als im Jahr 2007. Kommunen Hünxe und Dinslaken, der Regionalverband Ruhr Die Menge der ins Ausland ausgeführten Abfälle nahm sogar um (RVR), die Ruhrkohle AG und die RVG GmbH zusammen. 36 Prozent auf gut 327.000 Tonnen ab. Bezüglich gefährlicher Ab- fälle dominierten sowohl bei den Versand- als auch bei den Emp- fängerstaaten die Niederlande und Belgien. Dies sei mit dem Prin- Stärkung des Radverkehrs auf zip der Nähe vereinbar, erklärte der NRW-Umweltminister. Ein Transport in oder aus Staaten außerhalb Europas sei unverändert deutschen Straßen verschwindend gering, und gefährliche Abfälle würden in diese Der Bundesrat hat sich für eine Stärkung des Radverkehrs einge- Staaten überhaupt nicht ausgeführt. setzt und eine Novelle der Straßenverkehrsordnung beschlossen, die zum 1. September 2009 in Kraft treten soll. Wichtigste Neue- rung ist nach Ansicht des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, Glänzendes Jahr für den dass nicht mehr bevorzugt Radwege angelegt werden sollen, son- dern der Radfahrstreifen auf der Fahrbahn dem Radweg gleichge- NRW-Tourismus stellt werden soll. Ob der Radverkehr auf der Fahrbahn, auf einem Zum fünften Mal in Folge hat der Tourismus in Nordrhein-Westfa- Radfahrstreifen oder auf einem Radweg geführt wird, kann dann len ein Rekordergebnis erzielt. Wie NRW-Wirtschaftministerin je nach örtlicher Situation entschieden werden. Außerdem soll die Christa Thoben mitteilte, besuchten im vergangenen Jahr insge- bestehende Radwegebenutzungspflicht auf ein sinnvolles Maß samt 17,7 Mio. Gäste die Beherbergungsbetriebe und Camping- beschränkt werden und die Ampeln auf Fahrbahnen sollen auch plätze im Land. Dabei wurden 41,5 Mio. Übernachtungen gezählt. für Radfahrer gelten. Fußgängerampeln müssen dann nicht mehr Gegenüber dem Vorjahr 2007 stieg damit die Anzahl der Besucher beachtet werden. STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009 5
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:42 Uhr Seite 6 THEMA ENERGIEVERSORGUNG Acht Städte und Gemeinden im Kreis Coesfeld FOTO: BMU / BERND MÜLLER wollen die Energieversorgung in Eigenregie betreiben und dafür die Stromnetze übernehmen Doch so einfach, wie das Vorhaben auf den ersten Blick aussieht, ist es nicht. Schließlich haben die acht Städte und Gemeinden im Kreis Coesfeld unterschiedliche Größen und unterschiedliche Einwohnerzahlen. Dies führt wiederum zu unterschiedlich großen Versorgungsnetzen, die auch noch ein un- terschiedliches Alter und somit auch einen unterschiedlichen technischen Zustand aufweisen. ÖRTLICHE NETZE VERPACHTET So einigten sich die acht Städte und Ge- meinden auf das so genannte Pachtmodell. Jede Gemeinde gründet in einem ersten Schritt eine zu 100 Prozent von ihr be- herrschte Netz GmbH (Eigengesellschaft). Alle acht Netz GmbHs gründen wiederum eine gemeinsame Netzbetriebsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG, die „Münster- land Netzbetriebsgesellschaft GmbH & Co. KG“: Die gemeindeeigenen Netz GmbHs sind dort als Kommanditisten beteiligt. Per- Versorgungsnetze sönlich haftende Komplementärgesell- schaft ist eine GmbH. Die stadt- oder gemeindeeigenen Netz zurück an Kommunen GmbHs bewerben sich vor dem Hinter- grund, dass die erteilten Konzessionen an die bisherigen Energieversorger in enger zeitlicher Abfolge auslaufen oder schon Acht Städte und Gemeinden im Kreis Coesfeld wollen eine ausgelaufen sind, um die Übertragung der jeweiligen Konzessionen nach § 46 Energie- Betriebsgesellschaft gründen, um gemeinsam die Strom- und wirtschaftsgesetz. Für die Vergabe der Kon- Gasnetze zu betreiben, und rechnen mittelfristig mit Gewinn zession, welche die jeweilige Stadt oder Ge- Stromzähler im Kreis Coesfeld sollen künftig DER AUTOR schaft zu beteiligen, eine Patt-Situation. wieder direkt für die Kommunen laufen Somit kam kein positiver Beschluss zu- Dieter Emthaus ist stande. Bürgermeister der Umso enger arbeiten aber die verbleiben- Gemeinde Ascheberg den acht Städte und Gemeinden zusam- men, um das gemeinsame Ziel, die Energie- netze in den Stadt- und Gemeindegebieten gemeinsam zu betreiben, zu erreichen. Es U rsprünglich waren es neun der insge- sind dies Ascheberg, Billerbeck, Havixbeck, FOTO STADTWERKE MENDEN GMBH samt elf Städte und Gemeinden im Lüdinghausen, Nordkirchen, Olfen, Rosen- Kreis Coesfeld, die mit einer gemeinsamen dahl und Senden. Sie haben sich auf den Gesellschaft die Strom- und Gasnetze in Weg gemacht, die Strom- und Gasnetze ihrem Gemeindegebiet betreiben wollen. von den bisherigen Energieversorgern, Von den elf Kommunen im Kreis Coesfeld nämlich RWE und Gelsenwasser AG zu haben zwei seit langem eigene Stadtwer- übernehmen und in einer eigenen Gesell- ke. In einer Gemeinde gab es bei der ent- schaft mit den Arbeitstitel „Münsterland scheidenden Ratssitzung, in der es darum Netzbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG“ zu ging, sich an der gemeinsamen Gesell- betreiben. 6 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:42 Uhr Seite 7 Bestwig, Meschede und Olsberg planen gemeinsam FOTO: HOCHSAUERLANDWASSER GMBH FOTO: STADTWERKE LIPPSTADT GMBH Die Stadtwerke Lippstadt GmbH (links) und die Hochsauerlandwasser GmbH werden jeweils zur Hälfte Anteilseigner der zu gründenden HochsauerlandEnergie GmbH W as vor wenigen Jahren beim Trinkwasser bereits bestens funktionierte, soll nun auch bei Strom DER AUTOR Rainer Strotmeier ist Region mit positiven Effekten unter an- derem für das Steueraufkommen, die örtliche Partnerschaft mit Handwerk und - später - Gas gelingen. Im Hochsau- Erster Beigeordneter und Mittelstand und Ähnliches, erland wollen die drei benachbarten und Kämmerer der • Optimierung des Aufkommens an Kon- Kommunen Bestwig, Meschede und Stadt Lippstadt zessionsabgaben, Olsberg ihre Energieversorgung rekom- • Nutzung des steuerlichen Querverbun- munalisieren, also in die eigene Hand munale Bindung als 100-prozentige des mit dem defizitären Bereich der Bä- nehmen. Zum Ende 2009 läuft dort der Tochtergesellschaft der Stadt und - vor der, mit RWE - ursprünglich VEW - geschlos- allem - die Geschäftspolitik möglichst • kommunaler Einfluss auf die Festset- sene Stromkonzessionsvertrag aus. Die niedriger Tarife. zung der Tarife, zuständigen Räte beschlossen dazu im • stärkerer Einsatz regenerativer Ener- März 2009 überwiegend einstimmig, ei- SPEZIELLE STÄRKEN EINBRINGEN gien aus der Region und bürgerschaftli- ne neue Gesellschaft - die Hochsauer- che Beteiligung an der Energiegewin- landEnergie GmbH - zu gründen. An die- Beide Gesellschafter werden ihre spe- nung (beispielsweise Bürger-Solarkraft- ser sind die Hochsauerlandwasser ziellen Stärken zugunsten der gemein- werk). GmbH - eine 100-prozentige Tochterge- samen Aufgabe in die Gesellschaft ein- sellschaft der drei Kommunen - und die bringen - die vorhandene Infrastruktur, Sollte das ambitionierte Vorhaben gelin- Stadtwerke Lippstadt GmbH jeweils zur das bestehende Know-how, das dual gen,wäre es ein Beispiel für eine fruchtba- Hälfte beteiligt. ausgebildete Personal, die enge Verbin- re interkommunale Kooperation auch Aufgabe dieser neuen Gesellschaft wird dung zum Kunden und die hohe örtliche über Kreisgrenzen hinweg und ein weite- sein, die Stromnetze zu übernehmen Akzeptanz in der Kommunalpolitik, beim rer Erfolg bei der Rekommunalisierung und vorab in den Vertrieb einzusteigen, Kunden und bei der gewerblichen Wirt- von Aufgaben der Daseinsvorsorge - zu- also Kunden mit Strom zu versorgen. Für schaft. Die Kommunalpolitik verspricht gunsten der betroffenen Städte und Ge- die Kooperation mit Lippstadt sind fol- sich von der Rekommunalisierung der meinden und ihrer Bürger. Diese Strategie gende Gründe maßgeblich: deren Erfah- Stromversorgung insbesondere folgen- heißt auch die Kommunalaufsicht gut, rung mit dem Erwerb eines Stromnetzes de Vorteile: denn die Bezirksregierung Arnsberg hat in etwa gleicher Größe vor 14 Jahren, das ihre Zustimmung zu diesem kommuna- Know-how im Aufbau einer neuen Be- • Konzentration der aus der Versorgung len „Joint Venture“ bereits im Vorfeld sig- FOTO: STADTWERKE MENDEN GMBH triebssparte, die uneingeschränkte kom- resultierenden Wertschöpfung in der nalisiert. l meinde vornimmt, ist kein bestimmtes das Strom- oder Gasnetz,steht ihr ein gesetz- BETRIEB AUS EINER HAND Ausschreibungsverfahren vorgeschrieben. licher Anspruch gegen den derzeitigen Net- Jedoch ist die Erteilung der Konzession an zeigentümer auf Übertragung des Netzes zu. Anschließend verpachtet jede stadt- oder sachliche Kriterien gebunden und muss Natürlich hat sie dafür eine angemessene gemeindeeigene Netz GmbH das von ihr er- diskriminierungsfrei entschieden werden. Vergütung zu zahlen,die mit dem bisherigen worbene Netz an die gemeinsame Müns- Erhält die Netz GmbH die Konzession für Eigentümer ausgehandelt werden muss. terland Netzbetriebsgesellschaft GmbH & STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009 7
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:42 Uhr Seite 8 THEMA ENERGIEVERSORGUNG Co. KG. Ebenso bringen sie dort ihre Kon- FOTO: ALOIS PLÜSTER zessionen ein. Der große Vorteil dieses Vorhabens ist, dass die acht Stromnetze oder acht Gasnetze wie ein einziges gro- ßes Netz aus einer Hand betrieben wer- den können. Das ist wirtschaftlich und bringt Synergieeffekte. Aber wie finanziert sich der Netzbetrieb? Die Münsterland Netzbetriebsgesell- schaft GmbH & Co. KG betreibt die an sie verpachteten Netze und erhält somit von den Netznutzern - den Energielieferanten - Netzentgelte. Die dadurch bei der Netz- betriebs GmbH & Co. KG erwirtschafteten Erträge sollen an die Kommanditisten - sprich: an die stadt- und gemeindeeige- nen Netz GmbHs - verteilt werden, um den Netzerwerb zu finanzieren. Hier einig- ten sich die acht Städte und Gemeinden auf einen Verteilungsschlüssel, der eine Kombination aus Fläche, Größe sowie Ein- wohnerzahl darstellt. Unter dem Strich bedeutet dies, dass für In Saerbeck erfahren Jugendliche im Rahmen von Schulprojekten etwa der Bildungsstätte den Netzbetrieb Arbeitsplätze vor Ort ge- CAJ-Werkstatt viel über die Nutzung von Sonnenenergie schaffen werden, Aufträge an Fremdfir- men vor Ort vergeben werden können und dass die mittelfristig erwirtschafteten Ge- winne vor Ort bleiben und nicht etwa Großkonzernen oder deren Aktionären zu- Auf dem Weg in eine gute kommen. MAXIMALE KONZESSIONSABGABE klimaneutrale Zukunft Neben diesen Erlösen ist die Münsterland Als Siegerin im Wettbewerb „Klimakommune NRW“ hat sich Netzbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG verpflichtet, die höchstmögliche Konzessi- die Gemeinde Saerbeck vorgenommen, bis 2030 eine positive onsabgabe nach den Regelungen der Kon- zessionsabgabenverordnung zu zahlen. Energiebilanz zugunsten regenerativer Energien zu erreichen Konzessionsabgabe ist das Entgelt des Netzbetreibers für die Benutzung der stadt- oder gemeindeeigenen Straßen und Wege, um dort Energieleitungen zu verle- gen und zu warten. D ie Gemeinde Saerbeck (Kreis Stein- furt) ist im März 2009 gemeinsam mit der Stadt Bocholt als Siegerkommune im DIE AUTOREN Dipl.-Ing. Guido Wallraven ist freiberuflicher Stadtplaner im Langfristig betrachtet wollen die acht Städ- landesweiten Wettbewerb „Klimakommu- Büro Stadt•Land•Fluss Bonn te und Gemeinden aber noch enger zusam- ne NRW“ prämiert worden. Damit ist der Dipl.-Ing. Christian Voigt ist menrücken. So denken sie beispielsweise Startschuss zur Umsetzung einer ambitio- freiberuflicher Stadtplaner im darüber nach, weitere Aufgaben wie bei- nierten Klimaschutz- und Klimaanpas- Büro Stadt•Land•Fluss Berlin spielsweise Müllabfuhr, Bäder und Abwas- sungsstrategie gegeben. serreinigung - oder auch Telekommunikati- Die Gemeinde hat per Ratsbeschluss im Ju- ons-Dienstleistungen zu übernehmen. li 2008 entschieden, die Energieversorgung • Förderung, Entwicklung und Einsatz er- Der Spielraum des § 107 der Gemeindeord- bis zum Jahr 2030 auf regenerative Ener- neuerbarer Energien - etwa Photovoltaik nung für Nordrhein-Westfalen soll mittel- gien und nachwachsende Rohstoffe umzu- mit sechs Bürgerkraftwerken auf kom- fristig ausgeschöpft werden. Die Verträge stellen und damit einen nachhaltigen Bei- munalen Dächern, Windkraftanlagen sind so gestaltet, dass jede Kommune für trag zum Klimaschutz zu leisten. Dieser Be- mit rund sieben Megawatt (MW) elek- sich entscheidet, an welcher dieser mögli- schluss ist die logische Fortsetzung einer trischer Leistung und Wasserkraftanla- chen Spartengesellschaften sie sich betei- kommunalen Klimaschutzpolitik, die über gen sowie Biogastechnologie ligen möchte. Für die Bündelung dieser einen mehrjährigen Vorlauf in vielen klei- • Übernahme strategischer Eigenverant- Aktivitäten wird zusätzlich eine Holding- nen Schritten etabliert wurde, wie bei- wortung in der kommunalen Energiever- gesellschaft gegründet. l spielsweise: sorgung durch Gründung der Saerbecker 8 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:42 Uhr Seite 9 SCHAUBILD: STADT•LAND•FLUSS BERLIN/BONN Ver- und Entsorgung GmbH (SaerVE) so- Das Integrierte wie durch Übernahme des Stromnetzes Klimaschutz- und für ein Teilgebiet der Gemeinde (Konzes- Klimaanpassungskonzept sionsvertrag RWE) der Gemeinde Saerbeck • kontinuierliche Umsetzung eines kom- umfasst ein Netzwerk von Maßnahmen munalen Energiemanagements - bei- spielsweise energieeffiziente Gebäude- leittechnik in Schulen und Sporthallen sowie Thermografie-Service für private genheit gewürdigt Bauherren (2. Platz Solarbundes- • Maßnahmen zur Anpassung an die Fol- liga NRW, Auditierung gen des Klimawandels - etwa hochwas- zur European Energy serfreie Ortsmitte, Versickerung von Nie- Award-Kommune). derschlagswasser bei allen Neubauge- Das im Zuge des bieten seit 1990, Krisenmanagement für NRW-Klimakommune- besondere Klima-Ereignisse (SAE) wettbewerbs erarbei- • langjährige offensive Informations- und tete Integrierte Klimaschutz- und Klima- und öffentlichen Gebäude, Entwicklung umweltpädagogische Bildungsarbeit - anpassungskonzept (IKKK) der Gemeinde eines kommunalen Klimaschutz-Stan- zum Beispiel der Jugendbildungsstätte - baut auf dieser kommunalen Initialkraft dards für Neubauten, Aufbau einer Mar- CAJ-Werkstatt und in der Maximilian- auf und zeigt konkret die Maßnahmen- ketingzentrale, Intensivierung der Öffent- Kolbe-Gesamtschule schritte zu einer klimaneutralen Kommu- lichkeitsarbeit, Aufbau eines Energie-Er- • frühzeitige Einbindung von Einrichtun- ne auf. Dazu wurde ein Katalog mit etwa lebnis Parks, begleitende Bürgerinforma- gen aus Wissenschaft und Forschung 150 Einzelmaßnahmen in sieben verschie- tionen, Ausstellungen und vieles mehr. wie etwa durch die Biogaspotenzialstu- denen Handlungsfeldern sowie drei Leit- die Saerbeck der FH Münster Fachbe- projekten erarbeitet. LEUCHTTURMPROJEKTE DEFINIERT reich Energie•Gebäude•Umwelt Diese Maßnahmen sind das Grundgerüst • Vorreiterrolle der Gemeindeverwaltung für die Umsetzung des IKKK im Zeitraum Drei Leuchtturmprojekte bilden als „Erste mit dem vorhandenen, langfristig ge- der Klimakommune-Förderung. Dazu zäh- unter Gleichen“ wichtige Umsetzungs- wachsenen Know-how durch Projekte len beispielsweise Aufbau einer kommu- schwerpunkte: und verbindliche kommunale Zielset- nalen Energieberatung, aktive Bildungs- zungen getragen durch Beschlüsse des arbeit (Leben lernen mit der Sonne), Auf- • Saerbecker Sonnenseite - Umrüstung Gemeinderates bau eines Gesundheitsnetzwerks zur Be- und Einsparung im Bestand (Leitprojekt • Einbindung des land- und forstwirt- handlung der gesundheitlichen Folgewir- 1): Bei etwa 1.300 Gebäuden in der Ge- schaftlichen Potenzials der Gemeinde kungen der Klimaveränderungen, diverse meinde Saerbeck (Wohnen, Gewerbe, insbesondere zur Nutzung von Biomasse Studien zur Klimafolgenabschätzung in Landwirtschaft) werden umfangreiche und nachwachsenden Rohstoffen (85 der Kommune, Entwicklung neuer Pflan- Potenziale hinsichtlich der Nutzung so- Prozent landwirtschaftliche Nutzfläche) zenanbaustrategien für die Landwirt- • gezielte Ansiedlung bedeutender Ge- schaft, Aufbau eines regionalen Biomas- Wenn Saerbeck alle geplanten Maßnahmen werbe- und Industriebetriebe aus den semanagements, Intensivierung der ener- durchführt, kann die Gemeinde bis 2030 Bereichen Umwelt- und Klimaschutz getischen Optimierung der kommunalen energieautark werden (EnviTec Biogas AG, SaerTex) SCHAUBILD: STADT•LAND•FLUSS BERLIN/BONN DEUTLICH WENIGER CO2 Die Erfolge sind messbar. Bis Ende 2007 sind die von der Gemeinde zu verantwor- tenden CO2-Emissionen um 24,6 Prozent zurückgegangen. Mehr als die Hälfte des Strombedarfs der Gemeinde wird bereits aus erneuerbaren Energien gedeckt. Das kommunale Engagement wurde durch mehrere Auszeichnungen in der Vergan- Das Integrierte Klimaschutz und Klima- anpassungskonzept der Gemeinde Saerbeck ist im Internet zu finden unter http://www.saerbeck.de STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009 9
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:43 Uhr Seite 10 THEMA ENERGIEVERSORGUNG Der Wettbewerb „NRW-Klimakommune“ DIE AUTORIN sungen entwickeln, wie sie künftig auf tisch zu erproben. Nachdem sich nahezu steigende Temperaturen und zunehmen- 60 Kommunen aus dem ländlichen Silke Schlegelmilch ist de Wetterextreme - Sturm, Hochwasser, Raum beworben hatten, wurden im Referentin im NRW- Hitze - reagieren können. In welchem Ma- März 2009 die Siegerkommunen ge- Ministerium für Umwelt ße nordrhein-westfälische Kommunen kürt: die Stadt Bocholt und die Gemein- und Naturschutz, heute bereits durch den Klimawandel un- de Saerbeck. Die knapp 74.000 Einwoh- Landwirtschaft und mittelbar betroffen sein können, haben ner starke Stadt Bocholt steht beispiel- Verbraucherschutz das Hochwasser in Dortmund im Jahre haft für ein ländlich geprägtes Mittel- 2008, der Zusammenbruch der Stromver- zentrum, Saerbeck mit etwas mehr als sorgung im Westmünsterland im Jahr 7.000 Einwohnern für eine dörflich ge- V iele Kommunen in Nordrhein-West- falen haben längst erkannt, dass ih- nen beim Klimaschutz eine bedeutende 2005 und insbesondere der Sturm Kyrill im Jahre 2007 deutlich gezeigt. prägte Gemeinde. Beide Kommunen werden nun als Mo- dellkommunen die Umsetzung des neu- Rolle zukommt. Die große Zahl guter Pro- FAST 60 BEWERBER en Ansatzes der lokalen Klimapolitik de- jektbeispiele überall im Land dokumen- monstrieren. Für die Realisierung ihrer tiert diese erfreuliche Entwicklung. In Zu- Das NRW-Umweltministerium hat im „Integrierten Klimaschutz- und Kli- kunft werden die kommunalen Aktivitä- vergangenen Jahr den Wettbewerb „Ak- maanpassungskonzepte“ erhalten sie ten zum Klimawandel allerdings über lo- tion Klimaplus - NRW-Klimakommune eine Förderung von zusammen mehr als kale Einzelmaßnahmen hinaus gehen der Zukunft“ ins Leben gerufen, um so drei Millionen Euro. Die in den Modell- müssen. die Verknüpfung von Klimaschutz und Projekten gesammelten Erfahrungen Es ist an der Zeit, dass in den Kommunen Klimaanpassung in Kommunen prak- sollen weitere Städte und Gemeinden in umfassende Handlungskonzepte zur Kli- Nordrhein-Westfalen zur Nachahmung mapolitik vor Ort erarbeitet werden. Be- inspirieren. nötigt werden Konzepte, die sowohl die Eine Verzahnung von Klimaschutz- und Aktivitäten zum Klimaschutz als auch Klimaanpassungsmaßnahmen in einem Maßnahmen zur Anpassung an den Kli- umfassenden Handlungskonzept geht mawandel einbeziehen. über die üblichen meist sektoralen Lö- So wichtig es ist, die Minderung der Treib- sungen hinaus und verlangt ein inte- hausgasemissionen durch die Förderung griertes Denken und Handeln. Hierbei der Energieeinsparung, der Energieeffi- ist nicht nur ein ressortübergreifendes zienz und der erneuerbaren Energien zu Handeln der Verwaltung gefordert, son- erreichen, so notwendig ist es gleichzei- Die Gemeinde Saerbeck, eine Gewinnerin des dern eine Zusammenarbeit aller rele- tig, dass die Städte und Gemeinden Lö- Wettbewerbs „NRW-Klimakommune“ vanten gesellschaftlichen Akteure. l larthermischer und photovoltaischer BHKW ein Nahwärmenetz aufgebaut, an SCHAUBILD: STADT•LAND•FLUSS BERLIN/BONN Vereine / Bürger Anlagen sowie in der Umstellung der Pri- das weitere Gebäude sukzessive ange- er Ge Bürger äg Fremdenverkehrsverein märenergieversorgung auf nachwach- schlossen werden. Energetisch wirksame m tr ei Ärzteschaft gs nd un CAJ e Kirchengemeinden Bauamt sende Rohstoffe und durch Gebäude- Einzelmaßnahmen werden sinnvoll ge- Sa Bildungsstätte ld Vereine Bi er Kolping be Beirat Bildungswerk Gemeinderat dämmung mobilisiert. Dies erfolgt auf bündelt. An den einzelnen „Stationen“ ei- ck Kathol. Bildungswerk Bürger- Marketing meister Gebäudemanagement der Grundlage einer umfangreichen Er- nes innerörtlichen Energie-Erlebnis-Pfa- - ts VHS Zweckverband i t ei be k ar lich Schulen/Kindergärten .. hebung mit lokalen Akteuren (Oberstu- des - etwa Neubau Pfarrheim (Nullener- nt .. ffe .. .. Ö .. . Kindergärten Projektsteuerung Kreissparkasse Energiemanagement Bioenergiepark Weitere Partner management Steinfurt fenkurs Gesamtschule). Die Kopplung giehaus), Neubau Kindergarten (Passiv- Biomasse- Klimakommune Kreis Steinfurt Maximilian-Kolbe Gesamtschule SaerVER Gemeinde Ferrières-F der Potenzialerhebung mit einer Ener- haus), Umrüstung Sporthallen (Solarther- St. Georg Grundschule Gemeinde Rievastas-LT gie- und Förderberatung sowie ein ei- mie), Umrüstung Heizversorgung auf Bio- ng Fö ru rd ie er nz un na g masse (Holzhackschnitzel BHKW) - wer- Fi Handwerk Energieberatung FH Münster FB Energie.Gebäude.Umwelt gens aufgelegtes Förderprogramm des EnviTec FH Münster SaerTex FB Dienstleistungs- und lokalen Geldinstituts sichern eine zielge- den die unterschiedlichen Möglichkeiten Ha en NLF Produktmarketing nd rt Naturstoff- und richtete Umsetzung möglichst vieler der Energieeinsparung von der Energie- w Stadt•Land•Fluss pe Gewerbe Dienstleistungszentrale er Ex Forst und Land k Architektenschaft / e rn Ge energetischer Sanierungsmaßnahmen. gewinnung bis zum sinnvollen Energie- te w örtliche Landwirte Ex er be Land- Forstwirtschaft • Saerbecker Einsichten - Zukunftsenergien einsatz für die Öffentlichkeit didaktisch transparent gemacht (Leitprojekt 2): Im aufbereitet und transparent gemacht. Als zentrale Koordinierungsstelle soll das Zuge der Umrüstung der Heizzentrale des • Saerbecker Stoffströme - Der Kreis Energiemanagement Saerbeckplus alle Aktivitäten Schulkomplexes auf nachwachsende schließt sich (Leitprojekt 3): Zentrales und Akteure unter einer „Marke“ zusammenführen Rohstoffe wird auf der Grundlage eines Element ist die Mobilisierung maximaler 10 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:43 Uhr Seite 11 Synergieeffekte im Bereich der Stoffströ- me und Wertschöpfungsketten unter Nutzung der Potenziale der Region REGIONALE STANDORTANALYSE (Land- und Forstwirtschaft, biogene PER MAUSKLICK Reststoffe). Das Leitprojekt ist eng ver- flochten mit der Umsetzung der Agenda 21-Strategie des Kreises Steinfurt (Zu- kunftskreis Steinfurt - energieautark W ie sind die Lebensverhältnisse in den unterschiedlichen Re- gionen Deutschlands? Welcher Land- 2050). In einem ersten Schritt wird dies kreis hat die geringste Arbeitslosig- durch die Installation eines Wallhecken- keit? In welchen Regionen altert die managers durch die Gemeinde und die Bevölkerung am schnellsten? Unter in Saerbeck ansässige Naturstoff- und www.raumbeobachtung.de gibt es Dienstleistungszentrale Land und Forst im Internet umfassende Informationen (NLF) umgesetzt. Dieser Ansatz wird mit Karten, Grafiken und Tabellen zu den schrittweise durch weitere Biomasse- regionalen Lebensbedingungen in cluster erweitert und in ein regionales Deutschland. Dabei wurde das Portal Biomassemanagement eingebunden. des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundes- MUNITIONSDEPOT ZUM amt für Bauwesen und Raumordnung BIOENERGIEPARK (BBR) nun um interaktive Anwendungen erweitert. Somit stehen politischen Entscheidungsträgern, Journalisten, Lehrern, Planern und interes- Einen zentralen Stellenwert für die Umset- sierte Bürgern sowie Bürgerinnen anschaulich aufbereitete und rasch zugängliche Informationen etwa zung innovativer Ver- und Entsorgungs- für einen regionalen Standortvergleich zur Verfügung. konzepte auf der Basis regenerativer Ener- gien besitzt das laufende Konversionsver- fahren zum Munitionshauptdepot der fassenden Abstimmungsprozesses, in der fristige Umsetzung der Maßnahmen ge- Bundeswehr. In diesem Zusammenhang lokale Akteure und externe Fachleute in- setzt. bildet die Entwicklung eines Bioenergie- tensiv zusammengearbeitet haben. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Maß- parks auf dem ehemaligen Bundeswehr- nahmen wird derzeit eine zentrale Koordi- gelände (rund 90 Hektar) einen weiteren BÜRGERVORSCHLÄGE WILLKOMMEN nierungsstelle eingerichtet, das Energiema- Baustein in der Umsetzung des Klima- nagement Saerbeckplus. Dieses stimmt Akti- schutz- und Klimaanpassungskonzeptes Bestandteil der Konzepterstellung war die vitäten aufeinander ab, steuert zielführend, der Gemeinde. Die Nutzung durch die Bun- Beteiligung und Einbindung der Bürger, der sichert und kontrolliert Ergebnisse und deswehr läuft Ende des Jahre 2010 aus. lokalen Wirtschaft und der breiten Öffent- fasst diese unter einer „Marke“ zusammen. Es sind verschiedene Nutzungen von An- lichkeit. Im Zuge einer Ideenbörse konnten Die begleitende Kommunikations- und passungsfeldern für die Landwirtschaft, Bürgerinnen und Bürger Vorschläge zum Marketingstrategie Saerbeckplus macht den Energieproduktion Photovoltaik (PV), IKKK einreichen. Es wurden projektbeglei- Weg zur klimaneutralen Kommune trans- Energieproduktion Biomasse/Biogas, tend mehrere Informationsveranstaltun- parent, erreicht eine hohe Identifikation Energieproduktion Windkraft, CO2-freies gen durchgeführt. Diese stießen auf ein für nach Innen wie Außen und zeigt konkret Gewerbe, Bildung/Know-how-Transfer alle Beteiligten überraschend positives Handlungsmöglichkeiten zum Klimaschutz Gegenstand des Konzeptes. Der geplante Echo und erzeugten eine große Bereit- sowie zur Klimaanpassung auf. Die Gemein- Mix an Anlagen zur Erzeugung von Strom schaft zur Mitwirkung in weiten Teilen der de Saerbeck soll als innovative Kommune und Wärme auf der Basis nachwachsender Bevölkerung sowie bei lokalen Akteuren mit Modellcharakter wahrgenommen wer- Rohstoffe, Biomasse sowie Sonne und (Vereine, Verbände, Schule, Pfarrgemein- den, der es gelingt, mit zukunftsweisenden Wind bildet die „Hardware“ des Klima- den, Ärzteschaft, Gewerbe, Einzelhandel). Konzepten Klimaschutz und Klimaanpas- schutzkonzeptes der Gemeinde. Die Ver- Damit sind wichtige Bausteine für die kurz- sung erfolgreich zu praktizieren. l handlungen zum Erwerb der Flächen durch die Kommune sind abgeschlossen, die planungsrechtliche Sicherung der künftigen Nutzung ist in Arbeit. Eine auf der Grundlage des umfangrei- chen Maßnahmenpakets vorgenommene Machbarkeitsprüfung zeigt, dass es für Saerbeck möglich ist, auf der Grundlage Anzeige der im Klimaschutzkonzept verankerten Maßnahmen bis zum Jahre 2030 energie- autark zu werden. Die Erarbeitung des IKKK erfolgte durch eine interdisziplinäre Steuerungsgruppe im Rahmen eines um- STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009 11
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:43 Uhr Seite 12 THEMA ENERGIEVERSORGUNG Haushaltsposten, ja sogar ein existentiel- les Problem. Dass gerade große Städte energetisch zu- nehmend einem „centro storico“ - einer liebenswerten, in einer früheren Zeit ste- hen gebliebenen Altstadt - gleichen, hat vor allem zwei Gründe: • nicht ausreichendes Fachwissen über die fortschreitenden technischen Möglich- keiten von Outsourcing und • Skepsis bei kommunalen Mitarbeiten, neue Möglichkeiten der Finanzierung und Förderung zu nutzen. Der daraus folgende museale Charme mancher Städte wird spätestens dann un- praktisch, wenn Siedlungen ihre Tauglich- keit als Funktionsräume verlieren - zum FOTOS (2): ENERGIEAGENTUR.NRW Beispiel durch ineffiziente Beleuchtung. Anlagen, die technisch veraltet sind, lie- gen nicht nur dem Kämmerer schwer im Magen, sie sind bisweilen auch ein Sicher- heitsrisiko. In dieser Gemengelage, in diesem Konflikt zwischen So-Sein und Sein-Sollen ist es Aufgabe der EnergieAgentur.NRW, durch Die EnergieAgentur.NRW berät Kommunen beispielsweise zu energie- und kostensparender Beratung und Weiterbildung neue Hand- Straßenbeleuchtung lungsoptionen zu erschließen - sprich: in vielen Fällen die Handlungsfähigkeit zu- rückzugewinnen. Mit Starthilfe aus der HANDLUNGSFELD BELEUCHTUNG „Energieklemme“ Beleuchtung ist dabei ein Paradebeispiel für die Veränderung der technischen Rah- menbedingungen. Nach der Erfindung der Glühbirne hat sich die Welt über Dekaden praktisch auf dieser Errungenschaft zur Die EnergieAgentur.NRW unterstützt Kommunen bei der Aufgabe, Ruhe gesetzt, bevor Umweltproblematik und steigende Energiepreise die Entwick- Energieversorgung und Energienutzung zu optimieren und somit lung von Alternativen forcierte. Inzwi- Bürgern und Bürgerinnen ein Beispiel zu geben schen sorgen Schlagworte - Vorschaltge- räte, tagelichtabhängige Steuerung, Ak- zent- oder Zonenlicht, Reflektorlampen, DER AUTOR Georg Simmel - ein Konflikt zwischen dem Stecksockellampen - wiederum für Ver- vitalen Geschehen (einerseits) und der wirrung. Thomas Reisz ist Form (anderseits). Denn das Bedürfnis des Fakt ist: Die Beleuchtung in kommunalen Pressereferent der einen hat die Funktionstüchtigkeit des an- Liegenschaften macht mitunter bis zu 30 EnergieAgentur.NRW deren vielfach überdauert. Oder anders Prozent des Gesamtenergieverbrauchs ausgedrückt: Es gibt großen Sanierungs- aus. Denn nur fünf Prozent des Stroms, bedarf. den zum Beispiel eine Standard-Halogen- Kommunen gehören zu den energeti- lampe oder eine Glühlampe benötigt, W enn das Leben in einer Kommune das vitale Geschehen ist, und wenn die „Hardware“ - Gebäude, Architektur schen Großverbrauchern in Deutschland. Als Betreiber von Immobilien wie Schulen, Rathäusern oder Schwimmbädern ver- wird tatsächlich zu Licht. Die übrigen 95 Prozent werden in Wärme umgewandelt - ein verheerend schlechter Wirkungsgrad. und Ähnliches - die Form ausmachen, brauchen sie überdurchschnittlich viel Der Sanierungsbedarf in praktisch allen dann gilt für die Städte in Deutschland: In Strom, Wärme und Wasser. Und damit Bereichen der Beleuchtung ist immens. den meisten von ihnen tobt - frei nach sind Energiekosten ein beträchtlicher Nach Schätzungen des Fachverbandes 12 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:43 Uhr Seite 13 Elektroleuchten und Elektrische Lampen Auch historische werden in 50 Prozent der deutschen Kom- Straßenlaternen können munen noch Straßenbeleuchtungen be- mit Energiesparlampen trieben, die auf dem technischen Stand betrieben werden der 1960er-Jahre sind. Nur drei Prozent der Effizienz-„Oldtimer“ werden jährlich er- oder - im Rahmen von Tagun- setzt. gen oder In-House-Schulun- Das deutschlandweite Einsparpotenzial gen - weiterbildet. So waren wird auf 2,7 Milliarden Kilowattstunden die Wuppertaler Ingenieure oder rund 400 Millionen Euro geschätzt. beteiligt am Beleuchtungs- Alternativen sind technisch ausgereift Contracting in der Stadt Me- und im Einsatz bewährt. Längst sind zu chernich. Seit 2005 muss sich dimmende Systeme durch Spannungsab- der Eifel-Ort seinen Haushalt senkung - in Mechernich, Hagen oder Ber- von der Bezirksregierung ge- lin - im Einsatz. Dabei wird in Nachtpha- nehmigen lassen. Das struk- sen mit geringem Verkehrsaufkommen turelle Defizit betrug rund 2,5 die Helligkeit unmerklich, der Stromver- Millionen Euro pro Jahr. brauch aber spürbar reduziert werden. Vor diesem Hintergrund wur- de nach Möglichkeiten ge- SPAREN DURCH LEUCHTDIODEN sucht, die Kostenbelastung zu reduzieren. Die Sanierung In Düsseldorf werden inzwischen an zwei der Beleuchtung in einem Standorten in Pilotprojekten Lumineszens- Schulzentrum gewann durch oder Leuchtdioden (LED) zur Straßenbe- die Möglichkeit externer Fi- leuchtung eingesetzt. Nach ersten Erfah- nanzierung durch einen Con- rungen bringen LED gegenüber DIN-gerech- tractor wirtschaftlich an At- ten Beleuchtungen auf Gas-Basis eine Ein- traktivität. Daraufhin wurden sämtliche Be- teln wurde aufgrund knapper Kassen nicht sparung von rund 1.800 Euro pro Jahr und leuchtungseinrichtungen in den Schulen weiterverfolgt. Straßenzug. der Stadt gegen energiesparende Modelle Als siegreichem Wettbewerber wurde der In diesem Zusammenhang ist die Energie- ausgetauscht und Präsenzmelder instal- Fernwärmeversorgung Niederrhein GmbH Agentur.NRW ein möglicher Partner der liert. aus Dinslaken der Zuschlag erteilt. Ende April Kommune, der unentgeltlich vor Ort berät 2006 wurden durch den Contractor die alten CONTRACTING IN MECHERNICH Anlagen demontiert, die neue Heizzentrale ZUR SACHE mit Blockheizkraftwerk (BHKW) sowie die ENERGIEKONZEPT Der Kämmerer spart nach der Sanierung per Lüftungsanlage installiert und im Mai 2006 in anno rund 49.000 Euro Stromkosten. Zu- Betrieb genommen. Gemäß den Regelungen FÜR RECYCLING- dem spart Mechernich jährlich rund 6.000 des 20 Jahre laufenden Wärmelieferungsver- INDUSTRIE Euro, weil der Contractor die Wartungs- trages wird der BHKW-Strom in das örtliche und Reparaturarbeiten übernimmt. Die Stromnetz eingespeist. Bei Auslaufen der ge- Die Recyclingindustrie könnte bis zu 15 Kommune wurde durch die EnergieAgen- setzlich geregelten Einspeisevergütung wird Prozent ihrer Energiekosten einsparen. Zu tur.NRW auf die Finanzierungsform Con- die Stadt den KWK-Strom abnehmen. diesem Ergebnis kommt die EnergieAgen- tracting aufmerksam gemacht und an- tur.NRW in ihrem Energiekonzept für die schließend während der Projekt-Planung WÄRME AUS BIOGAS Recyclingbranche. Eine Verringerung des sowie -Umsetzung beratend begleitet. In- Energieeinsatzes sei vor allem durch tech- zwischen ist Mechernich für die Beleuch- Die EnergieAgentur.NRW beteiligt sich zu- nische Verbesserungen möglich. Wärme, tungssanierung von der EU-Kommission dem an der Moderation neuer Allianzen zur die bei der Verdichtung des Öls in hydrau- mit der Greenlight-Plakette ausgezeichnet effizienten Energieversorgung. Im Kreis lischen Antrieben entsteht, könne zur Hei- worden. Steinfurt werden öffentliche Einrichtungen zung der Arbeitsräume oder zum Vorwär- Zunehmend setzen sich Projekte der de- mit Wärme aus Biogas versorgt. Das Projekt men von Einsatz- und Hilfsstoffen verwen- zentralen Energieversorgung durch. Mit ist mehrfach bemerkenswert. Außerge- det werden.Auch bei der sensorgestützten Hilfe der EnergieAgentur.NRW wurde das wöhnlich ist zum einen die technische Um- Sortierung von Abfällen sei Einsparpoten- Hallenbad im Bonner Ortsteil Beuel als eu- setzung. Die Bioenergie Steinfurt GmbH & zial vorhanden. So betrage der Druckluft- ropaweit erstes Energieliefer-Contracting Co. KG in Steinfurt-Hollich reinigt das Bio- stoß, mit dem Abfallbestandteile aus dem für ein öffentliches Schwimmbad ausge- gas von Schwefelanteilen und sonstigen Stoffstrom „herausgeschossen“ werden, schrieben. Die Heizzentrale war 35 Jahre Schadstoffen, speichert überschüssiges bis zu acht bar. Jedoch ließen sich auch bei alt und musste mit der gleichaltrigen Lüf- Gas, trocknet und verdichtet das Biogas, geringerem Druck die Bestandteile aussor- tungsanlage saniert werden. Eine städti- damit es dann ohne Wärmeverlust über 3,6 tieren. sche Lösung in Eigenregie auf der Grundla- Kilometer zur „Wärmeinsel Kreishaus“ trans- ge einer Sanierung mit städtischen Mit- portiert werden kann. STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009 13
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:43 Uhr Seite 14 THEMA ENERGIEVERSORGUNG Die dort bei der Stromerzeugung anfallen- FOTO: BMU / BRIGITTE HISS de Wärme wird an den Kreis Steinfurt ver- kauft, um damit das Kreishaus, das Gebäu- de der Wirtschaftsförderung, das Gesund- heitsamt, eine Schule mit Sporthalle und ein Altenwohnheim zu beheizen. Außerge- wöhnlich ist zudem die Finanzierung durch örtliche Landwirte, die sich zu einer Betrei- bergesellschaft zusammengeschlossen ha- ben. Außergewöhnlich ist schließlich die Ge- schichte des Projekts, dessen Umsetzung durch die jahrelange Arbeit des Agenda-21- Arbeitskreises,der sich intensiv mit Energie- gewinnung aus Biogas befasst, vorbereitet wurde. Aus dem Agenda-21-Prozess heraus hat sich im Jahr 2002 eine Standortoffensi- ve für erneuerbare Energien entwickelt. Be- standteil dieser Offensive sind unter ande- rem regelmäßige Treffen der Arbeitsge- meinschaft Biogas. REGELMÄßIGE TREFFEN Hier tauschen Landwirte,Vertreter regiona- Sonnennutzung als ler Unternehmen und Ingenieurbüros, Ver- treter aus Wissenschaft und Forschung so- wie Vertreter der zuständigen Behörden Er- fahrungen aus und entwickeln innovative Pflicht für Häuslebauer Projekte. Neben der Fachhochschule Stein- Bebauungspläne können in begrenztem Umfang als Instrument furt ist auch die EnergieAgentur.NRW als Fachgremium mit einem Ingenieur in die- dienen für die Förderung einer örtlichen Energieversorgung, die sem Agenda-Kreis vertreten. Inzwischen ausschließlich auf erneuerbare Energien gründet1 werden allein im Kreis Steinfurt rund 20 Biogasanlagen mit rund 15 Megawatt Leis- tung, deren Projektierungen auf den Ar- DER AUTOR len hat mit dem Programm „100 Solarsied- beitskreis zurückgehen, betrieben. lungen“ früh den Praxistest gewagt und Die Stadt Soest hat 2003 eine neue energie- Fabio Longo ist Rechtsanwalt sammelt dabei wertvolle Erfahrungen. effiziente Sporthalle in Betrieb genommen. in der Wirtschafts- und Grundvoraussetzung für energieautonome Die Warmwasserbereitung erfolgt über So- Kommunalkanzlei Kleymann Siedlungen sind planerische Konzepte, die larthermie, die Beleuchtung wird in Abhän- & Karpenstein & Partner einen möglichst geringen Energiebedarf gigkeit vom Tageslicht gesteuert. Und die (KKP) in Wetzlar hervorrufen.2 In der Folge stellt sich die Fra- Dachfläche wird über 20 Jahre an eine priva- ge, welche baurechtlichen Möglichkeiten es te Betreibergesellschaft, die dort eine Pho- gibt, den reduzierten Energiebedarf durch tovoltaik-Anlage installiert hat, verpachtet. Die EnergieAgentur.NRW prämierte das Projekt 2005 mit der „Solarauszeichnung I mmer mehr Städte und Gemeinden ver- folgen das Ziel, die örtliche Energieversor- gung auf heimische erneuerbare Energien erneuerbare Energien - insbesondere Solar- energie - zu decken. NRW“. umzustellen. Dabei geht es ihnen neben Kli- KOMMUNALE SOLARSATZUNGEN Die „città ideale“ - optimierte Stadt nach maschutz um die nachhaltige Sicherung des dem Konzept des italienischen Künstlers Wohlstands ihrer Einwohner. Um diese Auf- Kommunale Solarsatzungen enthalten Ge- Leonardo da Vinci - ist also nicht bloß ästhe- gabe der Daseinsvorsorge zu erfüllen, wer- botsnormen über den Einsatz der Solarener- tisch stringent. Sie ist - nicht nur, weil es sich den vielerorts die Fähigkeiten von Stadt- und gie in Gebäuden und eröffnen im Idealfall reimt - vor allem energieeffizient. Oder pro- Gemeindewerken mobilisiert. Welchen Bei- faner gesagt: Die Erfahrung zeigt, dass sich trag können und dürfen Bebauungspläne Gewerbeflächen deutlich leichter besetzen leisten? 1 Der Aufsatz ist eine überarbeitete Fassung eines Vortrags lassen, wenn Kommunen eine moderne Vor Jahren galten energieautonome Sied- auf der IfR-Fachtagung „Rekommunalisierung der Energie- energetische Infrastruktur anbieten kön- lungen noch als utopisch. Heute sind die nö- versorgung - Erneuerbare Energien und Planungsrecht“ am 25. Februar 2009 im Landtag NRW (Düsseldorf). nen. Energieeffizienz ist ein Wettbewerbs- tigen Technologien ausgereift und wirt- 2 Praxisorientiert: Denny/Spangenberger, Planung einer So- vorteil. l schaftlich preiswürdig. Nordrhein-Westfa- larsiedlung, Bundesbaublatt (BBB) Heft 5/2001, S. 20 ff. 14 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009
Stgerat_innen_neu 24.04.2009 12:43 Uhr Seite 15 FOTO: BMU / BERND MÜLLER Immer mehr Kommunen machen bei Energieversorgung Neubauten die Installation von Solaranlagen werden neben dem zur Pflicht Klimaschutz wirt- schaftliche und soziale Spielräume für rationelle Energieversor- Zielsetzungen ver- gungskonzepte von Gebäuden und Ortstei- folgt: len. Dieser Begriff wird auch auf Bebauungs- pläne angewendet, weil diese nach § 10 Abs. 1 • Nachhaltige Siche- Baugesetzbuch (BauGB) als Satzung be- rung der Energiever- schlossen werden.Erstmalig in Europa hat die sorgung durch die Stadt Barcelona eine Solarsatzung eingeführt Ersetzung endlicher (Ordenanza Solar 2000). Parallel dazu ist in durch unerschöpfli- der hessischen Stadt Vellmar ein vergleichba- che erneuerbare res Vertragsmodell auf den Weg gebracht Energieträger, worden (Städtebaulicher Vertrag für klima- • langfristige Bezahl- und umweltschonendes Bauen 2001). 3 barkeit der Energieversorgung in Gebäu- Mit einem neuen Programm „Solare Stadt“ In Hamburg sind Installationspflichten auf- den durch Stabilität der Energiepreise, könnten vermehrt auch ältere Gebäude energetisch grund von Solarverordnungen nach dem dor- weil Investitionskosten in Solaranlagen optimiert werden tigen Klimaschutzgesetz in Bebauungsplä- kalkulierbar sind und die solare Strah- nen enthalten (neue Hafen-City 2004)4. Die lungsenergie im Gegensatz zu Erdöl, Erd- zur wirtschaftlichen Betätigung - etwa Ge- erste kommunale Solarsatzung für ein ge- gas, Kohle und Uran kostenlos ist, werbebetriebe - von Bedeutung, sondern samtes Stadtgebiet hat in Deutschland die • Aufbau lokaler Wertschöpfung durch die auch im Hinblick auf gebäudebezogene Fest- Stadt Marburg für Neubauten und Gebäude- Ersetzung von Importenergieträgern setzungen innerhalb eines Plangebiets, mit bestand als örtliche Bauvorschrift beschlos- durch heimische erneuerbare Energien, denen bestimmte wirtschaftliche Ziele er- sen.5 In den vergangenen Jahren haben Bun- • Schaffung neuer Beschäftigung im Zuge reicht werden sollen. des- und Landesgesetzgeber das Modell der des Aufbaus heimischer Energieprodukti- Zusätzlich kann die Gemeinde eine Solarfest- Solarsatzung in Teilen übernommen. Als ers- on im Handwerk und in der mittelständi- setzung auf den städtebaulichen Belang der tes Bundesland hat Baden-Württemberg ein schen Industrie, „Nutzung erneuerbarer Energien“ stützen (§ Landesgesetz erlassen, das Installations- • Ermöglichung wirtschaftlicher Teilhabe 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. f) BauGB). Es kommt da- pflichten auch für den Gebäudebestand vor- durch die breite Eigentümerstreuung der her nicht allein darauf an, ob der globale Kli- sieht (EWärmeG - 2008). neuen Anlagen zur Nutzung erneuerbarer maschutz ein eigenständiger städtebaulicher Im Bund ist ein solches Gesetz ausschließlich Energien, Grund ist. für Neubauten in Kraft getreten (EEWärmeG • Lokale Bindung des Kapitals durch ver- Die hier vorgenommene integrierte Sicht- - 2009). Der Spielraum für Solarfestsetzun- stärkte Investition in dezentrale Anlagen weise sozialer, wirtschaftlicher und ökologi- gen in Bebauungsplänen ist aber auch im und gleichzeitig Rückführung der Ausga- scher Belange ist wegen der Gewährleis- Neubaubereich erhalten geblieben, da der ben für fossile Importenergieträger. tung einer „nachhaltigen städtebaulichen Bundesgesetzgeber die entsprechende Be- Entwicklung“ als Oberziel der Bauleitpla- fugnisnorm beibehalten hat. Aus dem Fest- Diese Zielsetzungen müssen die Städte nung nicht nur gerechtfertigt,sondern auch setzungskatalog des § 9 Abs. 1 BauGB kommt und Gemeinden in ihrer Bauleitplanung geboten. Denn das Leitbild der Bauleitpla- die Nr.23 Buchst.b) für Solarfestsetzungen im auf einen gesetzlichen städtebaulichen nung besteht darin, die „sozialen, wirt- Bebauungsplan in Betracht.Jede Festsetzung Grund zurückführen (§ 1 Abs. 5 und 6 schaftlichen und umweltschützenden An- in Bebauungsplänen muss zunächst „aus BauGB), wobei hier insbesondere die Be- forderungen auch in Verantwortung gegen- städtebaulichen Gründen“ erfolgen. Darüber lange der Wirtschaft betrachtet werden hinaus müssen die Voraussetzungen der Nr. sollen (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB). Diese er- 3 Zum hier nicht näher behandelten Instrument des städte- 23 Buchst. b) vorliegen. möglichen es den Gemeinden, Zielsetzun- baulichen Vertrags siehe Krautzberger, DVBl. 2008, S. 737 ff.; gen der Steigerung der lokalen Wertschöp- Klinski/Longo, ZNER 2007, S. 41 (44 f.). STÄDTEBAULICHE GRÜNDE NÖTIG? fung und der örtlichen Daseinsvorsorge zu 4 Zum Ganzen näher Longo/Rogall, Baupflichten für Solaran- lagen, Deutsche Bauzeitschrift (DBZ) Heft 2/2004, S. 78 f. verfolgen. 5 Befugnisnorm für die Marburger Solarsatzung ist § 81 Abs. Nach einer verbreiteten Herangehensweise 2 Hessische Bauordnung. Das Regierungspräsidium Gießen wird vorausgesetzt, dass erneuerbare Ener- AUCH WIRTSCHAFT RELEVANT hat diesen Satzungsbeschluss kommunalaufsichtlich bean- standet, wogegen die Stadt Marburg vor dem Verwaltungs- gien ausschließlich dem Gemeinwohlbe- gericht Gießen klagt. Im juristischen Schrifttum liegen meh- lang des globalen Klimaschutzes dienen So gehören die Belange der „Wirtschaft, auch rere Stellungnahmen vor, die eine Solarsatzung nach dem Marburger Modell für zulässig erachten: Böhm, in: Jahrbuch würden (vgl. § 1 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 Nr. 7 Buchst. ihrer mittelständischen Struktur…“ (Buchst. des Umwelt- und Technikrechts 2009, im Erscheinen; Klin- a) BauGB). Daher wird häufig zwingend für a) ebenso zum kommunalen Aufgabenspek- ski/Longo, ZNER 2007, S. 41 (46 f.); Ekardt/Schmitz/Schmidt- erforderlich gehalten, dass der globale Kli- trum wie die „Erhaltung, Sicherung und ke, ZNER 2008, S. 334 (340 f.); Zeiss/Longo, UPR 1998, S. 217 (218 ff.); andere Auffassung: Pollmann/Reimer/Walter, LKRZ maschutz ein städtebaulicher Grund sein Schaffung von Arbeitsplätzen“ (Buchst.c) und 2008, S. 251 (252 ff.). 6 Auf der Seite der Befürworter des globalen Klimaschutzes muss.6 Dies ist eine verkürzte Sichtweise. die „Versorgung, insbesondere mit Energie als städtebaulichen Grund siehe nur Koch, Die Verwaltung 37 Denn mit dem Einsatz erneuerbarer Ener- und Wasser“ (Buchst. e). Diese Belange sind (2004), S. 537 (541 ff.); auf der Seite der Gegner siehe nur Jä- gien zum Aufbau einer neuen örtlichen nicht nur für die Ausweisung von Standorten de, in: Jäde/Dirnberger/Weiß (Hg.), BauGB, § 9 Rn. 65, 70. STÄDTE- UND GEMEINDERAT 5/2009 15
Sie können auch lesen