Epidemiologisches Bulletin 34 2022 - RKI
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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH 34 Epidemiologisches 2022 Bulletin 25. August 2022 Masern in Deutschland und weltweit
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 2 Inhalt Aktuelles zu Masern in Deutschland und weltweit 3 Nachdem es in den Jahren 2017 bis 2019 zu einem globalen Wiederanstieg der Maserninzidenz gekommen war, sind die Masernfallzahlen in Deutschland seit Beginn der COVID-19-Pandemie stärker als die Fallzah- len anderer impfpräventabler Erkrankungen zurückgegangen. Dieser drastische Rückgang führt möglicher- weise hierzulande zu einer sinkenden Aufmerksamkeit hinsichtlich des Auftretens der Masern und dazu, die Gefahr neuerlicher Masernausbrüche zu unterschätzen. Der Beitrag stellt die aktuellen epidemiologi- schen Daten sowie neue Erkenntnisse zu Masern, ihrer Surveillance und zu den für die Masernelimination notwendigen Impfungen zusammen. Ausschreibung von Nationalen Referenzzentren und Konsiliarlaboren 19 Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten: 33. Woche 2022 24 Erste autochthone West-Nil-Virus-Infektion der Saison 27 Impressum Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung: Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull Telefon: 030 18754 – 0 E-Mail: EpiBull@rki.de Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Redaktion Dr. med. Maren Winkler Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Dr. med. Jamela Seedat (derzeit nicht im Dienst) Namensnennung 4.0 International Lizenz. Heide Monning (Vertretung) Redaktionsassistenz Nadja Harendt Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) ISSN 2569-5266 Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 3 Aktuelles zu Masern in Deutschland und weltweit (Datenstand: 01.08.2022) Die Masernfallzahlen sind aufgrund der weltweiten 76 Masernfälle übermittelt, die bis auf einen im No- und nationalen Eindämmungsmaßnahmen gegen vember importierten Fall von Januar bis April auf die Coronavirus Disease 2019-(COVID-19-)Pandemie getreten waren. Im Jahr 2021 waren es sogar nur in Deutschland erheblich zurückgegangen. Haben 10 Fälle. Dies ist die niedrigste jährliche Fallzahl seit wir die Masern nachhaltig zurückdrängen können Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001. Anhand und damit das Ziel der Elimination der Masern bald der Einsendungen von Proben an das Nationale Re- erreicht? Der folgende Artikel stellt aktuelle epide- ferenzzentrum Masern, Mumps, Röteln am RKI miologische Daten und neue Erkenntnisse aus wis- (NRZ MMR) zeigt sich ebenfalls ein historisches senschaftlichen Studien zusammen und zeigt auf, Tief: Einsendungen von 42 Patientinnen und Patien- dass die Masern in den kommenden Jahren wieder ten im Jahr 2021 führten zu 6 labordiagnostischen deutlich zunehmen könnten. Bestätigungen. Bis zum 31.07.2022 gingen für das Jahr 2022 Daten von insgesamt 13 Masernfällen am RKI ein. Aktuelle Epidemiologie der Masern Die nicht-pharmakologischen Maßnahmen zur Masern in Deutschland Bewältigung der Pandemie, wie Abstand halten, Die COVID-19-Pandemie hat seit 2020 die Epide- Masken tragen, Schul- und Kitaschließungen sowie miologie der Masern in Deutschland deutlich verän- Grenzschließungen mit dem daraus resultierenden dert (s. Abb. 1). Die Masernfallzahlen sind seit Pande- Rückgang des Reiseverkehrs, haben in Deutschland miebeginn stärker als die Fallzahlen anderer impf- und darüber hinaus zu einem Rückgang der Ma- präventabler Erkrankungen zurückgegangen.1–3 sernfälle geführt. Nicht relevant zum Rückgang der Dem Robert Koch-Institut (RKI) wurden im Jahr Fallzahlen beigetragen haben höchstwahrscheinlich 2020 gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) nur hingegen andere Faktoren, wie zum Beispiel eine Anzahl der übermittelten Masernfälle Inzidenz pro 1 Million EW 700 32,5 Übermittelte Masernfälle 30,0 30 Inzidenz pro 1 Mio EW 600 27,5 Anzahl der übermittelten Masernfälle 25 500 22,5 21,9 19,7 20 400 17,5 15 300 12,5 11,2 11,2 10 200 9,5 7,5 7 6,6 6,2 5,4 5 100 4,0 2,0 2,5 0,9 0 0,1 0,2 0 1 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 9111 3 5 7 911 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 (n=915) (n=572) (n=780) (n=1.608) (n=165) (n=1.769) (n=442) (n=2.466) (n=327) (n=926) (n=545) (n=516) (n=76) (n=10) (n=13) Monat und Jahr Monat und Jahr Abb. 1 | Anzahl der übermittelten Masernfälle pro Monat und Jahr in Deutschland 2008-2022 und Inzidenzen pro Jahr pro 1 Mio. Einwohner (EW) (Stand: 01.08.2022)
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 4 Untererfassung aufgrund der Nicht-Inanspruchnah- jahr bei 4,2 und bei den Einjährigen bei 3,4 Erkran- me medizinischer Hilfe aus Furcht vor einer Anste- kungen/100.000 Einwohner. In den übrigen Alters- ckung mit dem Severe Acute Respiratory Syndrome gruppen der Kinder und Jugendlichen bis 19 Jahre Coronavirus Type 2 (SARS-CoV-2) oder fehlende lag die Inzidenz zwischen 1,0 bis 2,0 Erkrankun- Ressourcen in Gesundheitsämtern zur Übermitt- gen/100.00 Einwohner. Für Erwachsene im Alter lung von Masernfällen (persönliche Korrespondenz von 20 bis 59 Jahren wurden Inzidenzen zwischen mit den Landesgesundheitsämtern der Länder). 1,6 und 0,1 Erkrankungen/100.000 Einwohner er- rechnet.5 Bedingt durch die größere Bevölkerungs- Die Anzahl der dem RKI gemäß IfSG übermittelten gruppe treten weit über die Hälfte der Masernfälle Fälle ging seit Einführung der Meldepflicht der Ma- jedoch seit einigen Jahren in der Altersgruppe der sern im Jahr 2001 aufgrund steigender Impfquoten 10- bis 49-Jährigen auf. Aufgrund der geringeren deutlich zurück. Von 2008 bis 2020 lagen die dem Masernzirkulation durch die steigende Immunität RKI übermittelten monatlichen Fallzahlen meist durch Impfungen in der Bevölkerung in den letzten zwischen 100 und 950 Fällen. Diese Fallzahl wurde Jahrzehnten sinkt die Wahrscheinlichkeit, mit den allerdings in den Jahren 2011 (n = 1.608), 2013 (n = MV in Kontakt zu kommen. Die Folge ist, dass im- 1.769) und 2015 (n = 2.466) deutlich überschritten mer mehr Jugendliche und Erwachsene bis etwa (s. Abb. 1). Die Ausbrüche beruhten überwiegend 50 Jahre erkranken. Der überwiegende Anteil der an auf Importen von Masernvirus-(MV-)Varianten Masern Erkrankten war bei Erkrankungsbeginn gar nach Deutschland. Die Auswirkungen wurden von nicht oder nicht ausreichend gegen Masern vielen Faktoren beeinflusst: Von Zeitpunkt und Ort geimpft. Der Anteil der Ungeimpften lag in den des Virusimports, der Immunität der betroffenen letzten 10 Jahren bei 83 % (bezogen auf 6.389 über- Bevölkerungsgruppe oder davon, ob durch zurück- mittelte Fälle mit entsprechenden Informationen liegende Masernausbrüche in der betroffenen Re zum Impfstatus). Ungeimpft waren 94 % der im gion eine natürliche Durchseuchung stattgefunden ersten Lebensjahr erkrankten Kinder, 83 % der Kin- hatte. Je nachdem gab es sporadische Masernfälle der bis zum 10. Lebensjahr, 86 % der Jugendlichen oder es kam zu kleineren bis ausgedehnteren Aus- bis zum 19. Lebensjahr und 78 % der Erwachsenen brüchen. Das individuelle Risiko, an Masern zu er- im Alter zwischen 20 und 49 Jahre (Daten des RKI). kranken, ist schwer einzuschätzen, da das Auftreten Etwa zwei Drittel der geimpften Erkrankten hatte Zufällen unterliegt und eine flächendeckende Ma- bisher nur eine Impfung erhalten. Neben der erhöh- sernausbreitung nicht mehr stattfindet. In einigen ten Vulnerabilität ungeimpfter Erwachsener wird Bundesländern treten die Masern nur noch selten ferner diskutiert, ob auch eine nachlassende Immu- in Erscheinung; besonders bevölkerungsreiche und nität gegen Masern nach Impfungen in der Kind- dicht besiedelte Bundesländer sind häufiger betrof- heit (waning immunity) aufgrund des selteneren fen. Das allgemein geschätzte Risiko für ungeimpf- Kontaktes mit MV zu einem sekundären Impfversa- te Kinder, in den ersten 10 Lebensjahren an Masern gen und damit zu erhöhten Erkrankungszahlen bei zu erkranken, lag nach Berechnungen des RKI aus Erwachsenen führt (siehe unten im Abschnitt Impf- dem Jahr 2016 bei etwa 1,5 %. Das heißt, eines von wirksamkeit). 66 ungeimpften Kindern wird statistisch an den Masern erkranken. Die übrigen Kinder profitieren Elimination der Masern von der Herdenimmunität, da um sie herum die Weltweit besteht das Ziel der Elimination der ende- meisten Menschen geimpft sind. Für Geimpfte lag mischen Masern. Der Status der Elimination ist in das Risiko einer Ansteckung etwa 300-fach niedri- der Europäischen Region der Weltgesundheitsorga- ger bei 0,005 %. Für die gesamte Lebenszeit wurde nisation (WHO) erreicht, wenn über 3 Jahre hinweg ein Risiko von etwa 3 % für Ungeimpfte berechnet.4 nachgewiesen werden kann, dass eine Virusvariante der Masern nicht länger als 12 Monate in einer geo- Die höchste altersspezifische Inzidenz wird regel- grafischen Region zirkuliert (Unterbrechung einer mäßig bei Kindern in den ersten beiden Lebensjah- endemischen Transmission). Die Verifizierung der ren beobachtet. Sie lag im Jahr 2019, vor Beginn der Elimination ist also nicht abhängig von der Anzahl COVID-19-Pandemie, bei Kindern im ersten Lebens- der Fälle, sondern erfolgt, wenn Infektionsketten
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 5 durch meist importierte MV jeweils schnell unter- wertungen der RVC zu den Berichten vom Jahr brochen werden können. Es wird geschätzt, dass 2020 bekannt. Der Bericht der NAVKO für das Jahr eine Immunität gegen Masern in der Bevölkerung 2021 wurde im Juni 2022 an die RVC versendet. von circa 95 % benötigt wird, um eine endemische MV-Transmission nachhaltig zu unterbrechen und Molekulare Surveillance: Neue Heraus einen Bevölkerungsschutz (Herdenimmunität) auf- forderungen in der Eliminationsphase zubauen.6–12 Die WHO gibt eine Impfquote von Masernwildviren werden nach der WHO-Nomen 95 % bei den Routineimpfungen als eine von vier klatur anhand der Nukleotidsequenz eines festgeleg- Schlüsselstrategien zum Erreichen des Elimina ten Genomabschnittes (450 Nukleotide des N-Gens) tionsziels vor.13,14 in 24 Genotypen unterteilt. Seit 2018 sind jedoch weltweit nur noch 4 Genotypen beobachtet worden, Was bedeuten die sinkenden Fallzahlen für den von denen lediglich B3 und D8 großräumig zirku- Stand der Elimination der Masern und Röteln in lierten.15,16 Dies kann als Erfolg auf dem Weg zur Deutschland? Die Nationale Verifizierungskommis- weltweiten Masernelimination gewertet werden. sion Masern/Röteln (NAVKO) kam bereits in ihrem Bericht an die WHO für das Jahr 2019 zu der Ein- In der Eliminationsphase ist die molekulare Surveil- schätzung, dass die endemische Transmission der lance auf die Analyse von Transmissionsketten ge- Masern sowie der Röteln in Deutschland unterbro- richtet, da die zeitliche Länge auftretender Ketten chen war. Dies beruhte auf der Einschätzung, dass das entscheidende Kriterium für die Bewertung des zwar relativ viele Fälle auftraten, diese aber unter- Masern-Eliminationsstatus ist. Die Zuordnung von schiedlichen Importereignissen und Transmis Masernfällen zu einer durch einen importierten sionsketten zugeordnet werden konnten. Die Regio Indexfall ausgelösten Transmissionskette basiert nale Verifizierungskommission des Regionalbüros auf der exakten Nukleotidsequenz eines Genombe- der Europäischen WHO-Region (RVC) bescheinigte reichs, die mit Hilfe der WHO-Sequenzdatenbank Deutschland jedoch für das Jahr 2019 bezüglich der als Distinct Sequence ID kodiert wird. Die geneti- Masern weiterhin den Status einer endemischen schen Daten der nachgewiesenen MV werden dann Transmission. Im Gegensatz dazu erfolgte im De- zur Abklärung der Transmissionswege mit den fall- zember 2020 die offizielle Anerkennung des Status bezogenen epidemiologischen Daten verknüpft. der Elimination der Röteln durch die WHO für Zahlreiche Beispiele im In- und Ausland haben je- Deutschland. Dem war eine retrospektive Analyse doch gezeigt, dass für die Abbildung von Transmis- der eingereichten Daten aus den Jahren 2017 bis sionsketten im nationalen oder länderübergreifen- 2019 durch die RVC vorausgegangen. Die Berichte den Kontext aufgrund der Verarmung an Genotypen der NAVKO sind auf der Internetseite des RKI zu höher auflösende genetische Virusdaten benötigt finden. werden. Diese Feintypisierung kann durch die Se- quenzierung weiterer variabler Bereiche des Virus- Angesichts des anhaltenden Rückgangs der ende- genoms oder des gesamten Genoms erreicht wer- mischen MV-Transmission in Deutschland seit den.17 Dafür werden gegenwärtig innerhalb des glo- April 2020 mit wenigen, hauptsächlich sporadi- balen Masern- und Röteln-Labornetzwerks der WHO schen Masernfällen, ging die NAVKO auch für 2020 geeignete Methoden entwickelt, die sowohl das Se- und 2021 von einer Unterbrechung der endemi- quenzierungsverfahren selbst als auch die Inter- schen MV-Transmission aus. Deutschland könnte pretation gewonnener Sequenzdaten betreffen.18 somit theoretisch 2023 den Status der Elimination Das NRZ MMR, welches auch als regionales Refe- der Masern erhalten, wenn die Masernfallzahlen im renzlabor der Europäischen WHO-Region fungiert, Jahr 2022 so gering bleiben und die NAVKO erneut ist in diesbezügliche Projekte einbezogen. eine endemische Transmission für das Jahr 2022 ausschließen kann. Es ist allerdings fraglich, ob die In Deutschland wurde aufgrund der Daten des NRZ RVC während der Pandemie die gleichen K riterien MMR deutlich, dass durch Erweiterung des sequen- und Maßstäbe hinsichtlich der Beurteilung der Da- zierten Genombereichs um die nichtkodierende Re- ten ansetzen wird. Bisher sind dem RKI keine Be- gion zwischen den MV-Genen M und F (MF-NCR)
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 6 Transmissionsketten besser abgebildet und vonei- Eine Masernsurveillance wird in allen Staaten der nander abgegrenzt werden können. Unmittelbar Erde durchgeführt, jedoch nicht immer mit der von vor der COVID-19-Pandemie wurde allerdings viel- der WHO geforderten Qualität.15 Die Inzidenz der fach die identische MF-NCR-Variante importiert. Masern sank in den Jahren von 2000 bis 2016 um Das zeigt, dass in Ländern, die sich der Eliminati- 88 % von 145 auf 18 Fälle/1 Million Einwohner und onsphase annähern, möglicherweise auf Dauer be- stieg im Jahr 2019 wieder auf 120 Fälle/1 Million Ein- vorzugt das gesamte MV-Genom sequenziert wer- wohner an. Mit Beginn der Pandemie ist es weltweit den sollte. Weiterhin wurden mit den MF-NCR- zu einem drastischen Absinken der Masernfallzah- Sequenzdaten Transmissionsketten identifiziert, len gekommen. Im Januar und Februar 2022 sind denen kein importierter Indexfall zugeordnet wer- die Fallzahlen im Vergleich zum gleichen Zeitraum den konnte. Dies zeigt, dass im deutschen Surveil- des Vorjahres allerdings wiederum um rund 80 % lance-System immer noch Fälle unerkannt bleiben angestiegen.19 und die Anzahl der an das NRZ MMR eingesende- ten Proben für eine lückenlose Nachverfolgung Von 2000 bis 2010 stieg die globale Impfquote für nicht ausreicht. Die Verknüpfung der fallbezogenen die erste Masernimpfung (MCV1) von 72 % auf 84 % epidemiologischen Daten mit den hochauflösenden an, stagnierte dann und erreichte 2019 einen Höchst- molekularen Daten muss weiter intensiviert wer- stand mit 86 %. Im Jahr 2020 betrug sie allerdings den, um die Unterbrechung der endemischen MV- nur noch 84 %, im Jahr 2021 sank sie weiter auf 81 % Transmission dokumentieren zu können. und damit den niedrigsten Stand seit 2008. Im Jahr 2020 erhielten rund 22 Millionen und im Jahr 2021 Das NRZ MMR unterstützt bei Auftreten von rund 25 Millionen Kinder keine MCV1 im Rahmen Masern-typischen Symptomen im zeitlichen Zu- sammenhang mit der Impfung. Durch zeitnahes Wie soll die Labordiagnostik der Masern erfolgen? Übersenden eines Rachenabstrichs und Durchfüh- rung einer spezifisch das Impfvirus nachweisen- Der Verdacht auf Masern soll unbedingt durch eine den PCR ist es möglich zu differenzieren, ob die Labordiagnose bestätigt werden, da Masern mit an- Impfung zu den Symptomen geführt hat (Impf deren fieberhaften und exanthematischen Erkran- masern) oder ob eine Infektion vorliegt. Damit ist kungen verwechselt werden können. Die Labor eine schnelle Abklärung und ggf. das Aufheben von diagnostik der akuten Masernvirus-Infektion soll unnötigen Quarantänemaßnahmen möglich. durch den Nachweis des Masernvirus-Genoms mittels RT-PCR aus Rachenabstrich oder Urin in den ersten sieben Tagen nach Symptombeginn er- Internationale Lage folgen. Dabei ist ein Blick auf die Zeitkinetik hilf- Alle Regionen der WHO haben sich dem Ziel der reich: Rachenabstrich ist ab Symptombeginn für Masernelimination verpflichtet. Ende des Jahres ca. 7 Tage positiv, im Urin lässt sich das Virus von 2020 hatte jedoch keine WHO-Region den Elimina- Tag 3 bis ca. Tag 10 nachweisen. tionsstatus erreicht oder beibehalten. Die Paname- rikanische Region hatte im Jahr 2016 den Status der Der alleinige Nachweis einer Masernerkrankung Elimination der Masern zugesprochen bekommen, durch Masern-IgM Serologie wird nicht mehr emp- ihn jedoch aufgrund ausgedehnter Ausbrüche in fohlen, da Masern-IgM in den ersten drei Erkran- Brasilien und Venezuela wieder verloren. Mit Aus- kungstagen nur in knapp 70 % der Fälle nachweis- nahme der Westpazifik Region wurde in keiner bar ist. Weiterhin nimmt der positive prädiktive WHO-Region eine Impfquote der Bevölkerung von Wert des Masern-IgM-Nachweises in Zeiten sin- kender Erkrankungszahlen ab; damit steigt die 95 % erreicht.7 In der Europäischen WHO-Region Wahrscheinlichkeit für falsch-positive Ergebnisse. hatten im Jahr 2017 37 von 53 Staaten den Status der Deswegen sollte der Nachweis von Masern vorran- Elimination erhalten, im Jahr 2018 waren es noch 35 gig über die PCR geführt werden; die Serologie und im Jahr 2019 nur noch 29 Staaten (Daten der kann zusätzlich zur Bestätigung einer Masernvirus- Regionalen Verifizierungskommission der europä Infektion sowie zur Aufklärung eines Impfversa- ischen WHO-Region). gens herangezogen.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 7 von Routineimpfungen. Das bedeutet ein Anstieg Wie soll die Masern-Diagnostik bei Geimpften von rund 3 bzw. rund 5 Millionen ungeimpften Kin- durchgeführt werden? dern gegenüber 2019. Dies war insbesondere in Ni- Der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung geria, Indien, der Demokratischen Republik Kongo, ist nach Masernimpfung oder früherer Erkrankung Äthiopien, Indonesien, Pakistan, Angola, auf den seropositiv. Masern treten bei Geimpften bislang Philippinen, in Brasilien und Afghanistan der Fall. selten auf. Es sind aber Fälle beschrieben, bei de- Fünf von 6 WHO-Regionen verzeichneten einen nen Menschen nach einer zurückliegenden zwei Rückgang der MCV1 zwischen 2019 und 2020.16 fachen Impfung erkrankten und die Infektion an 92 % aller Länder hatten im Jahr 2019 die zweite Ma- Dritte weitergegeben haben. Insofern soll auch der sernimpfung (MCV2) in ihre nationalen Impfpro- Verdacht auf Masern bei Geimpften labordiagnos- gramme aufgenommen. Die geschätzte globale tisch abgeklärt werden. Impfquote für MCV2 hat sich von 18 % im Jahr 2000 Hier ist eine komplexere Diagnostik angeraten. auf 71 % im Jahr 2019 fast vervierfacht und sank Eine Maserninfektion bei Geimpften ist nur dann 2020 wieder auf 70 %.16 nachgewiesen, wenn der Virusnachweis in der PCR positiv ausfällt. Die PCR ist also bei Verdacht auf Der globale Rückgang der Impfungen ist auf viele Masern bei Geimpften unabdingbar. Da die Virus- Faktoren zurückzuführen. Die COVID-19-Pandemie last bei Geimpften meist niedriger ist, sollte ein hat zu Einschränkungen des Zugangs zu oder der Rachenabstrich bis Tag 5 und ein Urin nicht später Inanspruchnahme von Impfungen geführt. Darüber als Tag 7 abgenommen werden. Als Ergänzung hinaus steigt die Anzahl von Kindern, die in Konflikt sollte die Art des Impfversagens durch serologi- gebieten leben, in denen der Zugang zu Impfungen sche Tests charakterisiert werden. Es werden zwei erschwert ist oder völlig fehlt. Ein zusätzliches Pro- Arten von Impfversagen unterschieden: Von einem blem stellen die weltweit zunehmenden Fehlinfor- primären Impfversagen geht man aus, wenn eine mationen über die Masernimpfungen dar, die das primäre Immunreaktion mit hohem IgM, anstei- Vertrauen in die Impfungen schwächen. Es wird ver- gender IgG-Produktion bei niedriger Bindekraft der sucht, durch regelmäßige zusätzliche nationale Antikörper an das Antigen (Aviditätsindex niedrig, Impfkampagnen bestehende Impflücken bei Kin- als negativ bewertet) nachgewiesen werden. Diese dern und besonderen Risikogruppen, insbesondere Konstellation wird beobachtet, wenn Fehler bei La- in Ländern mit einem niedrigen oder mittleren Ein- gerung oder Applikation des Impfstoffs auftraten kommen, zu schließen. In vielen Ländern mussten und die Impfung keine Immunreaktion auslöste. allerdings Impfkampagnen aufgrund der Pandemie Eine sekundäres Impfversagen liegt vor, wenn die im Jahr 2020 ausgesetzt werden.16 Die Zahl der Konzentration der schützenden IgG-Antikörper im Menschen ohne einen Schutz gegen Masern wächst Lauf der Zeit absinken und die Exposition aufgrund damit weiter.20,21 Die Pandemie könnte jedoch auch dessen nicht abgefangen werden kann. In diesem Fall kommt es zu einer sekundären Immunreak einen positiven Einfluss auf die Impfprogramme ha- tion: Die Produktion von IgM-Antikörpern unter- ben, weil vielen Menschen bewusst wurde, wie wich- bleibt oft, sodass der IgM-Befund negativ, grenz tig Impfungen sind, um eine sich schnell ausbrei- wertig oder positiv ausfallen kann und somit wenig tende und gefährliche Infektionskrankheit nachhal- aussagekräftig ist. Die IgG-Antikörper sind bei ehe- tig einzudämmen und wie schnell Impfstoffe zu ei- mals geschützten Personen bereits angelegt und nem knappen Gut werden können.20 in der Bindekraft (Avidität) ausgereift. Bei einem neuerlichen Kontakt ist die IgG-Synthese oft sehr Fazit zur aktuellen Epidemiologie der Masern stark, somit sind ein (hoch)positives IgG mit ei- Im Zeitraum 2000 – 2016 kam es weltweit zu einem nem hohen Aviditätsindex typisch für eine erneute erheblichen Rückgang der Maserninzidenz und der Infektion. damit verbundenen Sterblichkeit, gefolgt von einem globalen Wiederanstieg der Masernfallzahlen in den Das NRZ MMR berät gerne bei Fragen zur Ma- Jahren 2017 – 2019 und einem erneuten Rückgang serndiagnostik, wir sind per Mail unter NRZ- im Jahr 2020 während der COVID-19-Pandemie. MMR@rki.de erreichbar. Der weltweit pandemiebedingte drastische Rück-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 8 gang von Impfungen während der letzten Jahre halten hatten wie eine an Masern erkrankte Person, folgt einem Zeitraum, in dem Fortschritte der Ma- ohne dass ein direkter Kontakt stattgefunden hatte, sernimpfungen ohnehin ins Stocken geraten waren. wurden beschrieben. Ein direkter Kontakt ist für die Wegen dieses Defizits sind weltweit mehr Men- Masernübertragung also nicht erforderlich.23 – 28 Die schen ungeschützt gegen Masern als in den Jahren Masern gehören mit einem R0-Wert von 12 – 18 zu davor. Diese Impflücken bieten das Potenzial für den ansteckendsten Infektionen des Menschen. neue Masernausbrüche.22 Nachdem weltweit die Eine besonders hohe Ansteckungsgefahr besteht Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie gelo- bereits in der Prodromalphase der Erkrankung mit ckert wurden, steigen gegenwärtig die Masernfall- unspezifischen Symptomen wie Fieber, Schnupfen, zahlen wieder an. Damit sind auch erneute MV- Tracheobronchitis und Konjunktivitis. Das charak- Importe nach Deutschland zu erwarten. teristische makulopapulöse Masernexanthem ent- steht 2 – 4 Tage nach Auftreten der initialen Symp- Auch in Deutschland bestehen weiterhin erhebliche tome.28 Reservoire ungeschützter Bevölkerungsgruppen in allen Altersgruppen. Trotz Pandemie konnte im Bei bereits geimpften Personen kann die Sympto- Vergleich zu vorpandemischen Zeiten in den letzten matik, zum Beispiel durch ein sekundäres Impfver- Jahren eine leichte Verbesserung der Impfquoten sagen, deutlich abgeschwächt auftreten. Eine abge- bei den Kindern verzeichnet werden (siehe unten schwächte (mitigierte) Symptomatik wird mögli- im Abschnitt Impfquoten). Die immer noch zu cherweise zukünftig aufgrund hoher Impfquoten hohe Anfälligkeit der Bevölkerung, insbesondere zunehmend relevant werden. Besonders bei spora- bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bedeu- dischen Fällen besteht die Gefahr, dass die Masern tet allerdings weiterhin ein Risiko für Masernüber- nach sekundärem Impfversagen nicht oder zu spät tragungen. Die Masernfallzahlen werden mit hoher erkannt werden. Die aktuelle WHO-Falldefinition, Wahrscheinlichkeit nicht auf dem derzeitig niedri- die auch in Deutschland genutzt wird, fordert die gen Niveau bleiben. Symptome des klassischen Krankheitsbildes der Masern mit Fieber, einem Exanthem und katarrha- Der drastische Rückgang der Masernfallzahlen seit lischen Symptomen. Ein Verlauf mit abgeschwäch- Pandemiebeginn im Jahr 2020 führt möglicherwei- ten Symptomen nach Impfdurchbruch kann somit se hierzulande zu einer sinkenden Aufmerksamkeit möglicherweise nicht der Falldefinition entspre- hinsichtlich des Auftretens der Masern und dazu, chen. Das führt dazu, dass diese Erkrankungen, die Gefahr neuerlicher Masernausbrüche zu unter- wenn sie als Masern erkannt und gemeldet werden, schätzen. Mit dem folgenden Kapitel möchten wir vom RKI nicht gezählt und damit das Auftreten von über aktuelle Erkenntnisse zu den Masern und zur Masern nach sekundärem Impfversagen unter- Surveillance dieses hochansteckenden Erregers in- schätzt wird. Hier wird es notwendig sein, eine sen- formieren. sitivere Falldefinition zu entwickeln,28–30 ein entspre- chender Vorschlag wird bereits vom RKI erarbeitet. Überblick über weitere Erkenntnisse In Ausbruchsuntersuchungen wurde belegt, dass zu den Masern und Masernimpfungen eine Übertragung der Viren von Personen mit abge- schwächter Symptomatik seltener stattfindet und Übertragung, Krankheitsbild und Falldefinition dass diese Fälle epidemiologisch eine untergeord MV werden durch das Einatmen infektiöser Tröpf- nete Rolle spielen.31–41 Allerdings wurden wiederholt chen oder aerogen über Tröpfchenkerne beim Spre- Transmissionen und nachfolgende Ausbrüche mit chen, Husten oder Niesen sowie durch Kontakt mit Fällen mit einem sekundären Impfversagen insbe- infektiösen Nasen- oder Rachensekreten übertra- sondere in medizinischen Einrichtungen oder Schu gen. MV wurden noch nach 2 Stunden in der Raum- len beschrieben. Eine Übertragung auf Suszeptible luft nachgewiesen, in dem sich eine an Masern er- ist damit nicht ausgeschlossen, wenn auch auf- krankte Person aufgehalten hatte. Ansteckungen grund der geringeren Viruslast und einer kürzeren von Personen, die sich in denselben Räumen aufge- infektiösen Periode weniger wahrscheinlich. Schwe-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 9 re Verläufe der Masern wurden durch die zweifache gankomplikationen, wie zum Beispiel eine progre- Impfung allerdings verhindert.34,37,39,42–44 Hauptsäch- diente Riesenzellpneumonie oder die Masern-Ein- lich gefährden daher Ungeimpfte das Masernelima- schlusskörper-Enzephalitis (MIBE), zu entwickeln tionsziel deutlich mehr als Geimpfte. und/oder an den Masern zu versterben.28 Folgen der MV-Infektion Trotz der sehr erfolgreichen Impfungen stellen die MV infizieren Immunzellen und schränken somit Masern weltweit weiterhin eine häufige Todesursa- die Funktion des Immunsystems ein. Die MV-Infek- che von kleinen Kindern dar. In einkommensstar- tion führt zu einer Verminderung des Pools naiver ken Ländern liegt die Letalität der Masern zwischen B-Zellen wie auch zur Elimination vorhandener Ge- 0,01 % und 0,1 %. In einkommensschwachen Län- dächtniszellen. Damit kommt es zu einer (erneu- dern liegt sie durchschnittlich bei etwa 2 %, teilwei- ten) Prädisposition für andere Infektionskrankhei- se jedoch deutlich höher.14,63–65 Im Jahr 2019 starben ten, die über Monate bis Jahre anhalten kann und aufgrund von Masern weltweit rund 207.000 Kin- zum Beispiel das Auftreten von Pneumonien, der, zumeist im Alter von unter 5 Jahren.66 Nach Ge- Durchfällen oder Mittelohrentzündungen begüns- nesung hinterlässt die Infektion in der Regel eine tigt sowie zu einer erhöhten Kindersterblichkeit lebenslange Immunität. führen kann.45 – 49 Diese Immunschwäche erklärt möglicherweise, warum bei gegen Masern Geimpf- Impfstoffe und Impfempfehlung ten weltweit auch unspezifische Wirkungen der Ein Lebendimpfstoff gegen Masern mit abge- Impfungen, zum Beispiel eine niedrigere Morbidi- schwächten (attenuierten) Viren ist seit über 50 Jah- tät und Mortalität durch andere Erkrankungen, ren verfügbar. Bis Mitte der 1970er-Jahre standen in beobachtet werden.50–53 der damaligen Bundesrepublik Deutschland zudem Totimpfstoffe gegen Masern zur Verfügung (Fracti- In einem von etwa 1.000 Fällen tritt im weiteren vac [monovalent] oder Quintovirelon [DPT-IPV-M]). Verlauf der Infektion eine akute oder eine postinfek- Diese Impfstoffe induzierten jedoch eine unzurei- tiöse Enzephalitis auf.28,54,55 Erstere wird durch eine chende Immunität, die nicht mit der Wirksamkeit direkte Invasion der MV in das zentrale Nervensys- der heutzutage verwendeten Lebendimpfstoffe ver- tem (ZNS) ausgelöst und beginnt etwa 7 Tage nach gleichbar ist. Zudem führten sie im Falle einer MV- Beginn des Masernexanthems.54 Die Postinfektiöse Infektion zu schweren Verläufen und Pneumonien. Enzephalitis oder Akute Disseminierte Enzepha- Auch eine dreifache Impfung mit einem Masern- lomyelitis (ADEM) wird durch Autoimmunprozesse Totimpfstoff bietet keinen lebenslangen Schutz. verursacht und löst eine Demyelinisierung des ZNS Personen, die ausschließlich mit Masern-Totimpf- aus.54,56 – 58 Eine tödlich verlaufende Spätfolge der stoffen geimpft wurden, gelten als gegen Masern Masern ist die Subakute Sklerosierende Panen- ungeimpft und sollten alle von der Ständigen Impf- zephalitits (SSPE). Diese tödliche Erkrankung wird kommission (STIKO) empfohlenen Impfungen ge- nach WHO-Angaben bei 4 – 11/100.000 Masern gen Masern erhalten. fällen beobachtet59 und tritt durchschnittlich etwa 10 Jahre nach einer akuten MV-Infektion auf.59 Jün- Aktuell empfiehlt die STIKO eine zweimalige Imp- gere Kinder und Personen männlichen Geschlechts fung mit einem Masern-Mumps-Röteln-(MMR-) haben ein höheres Risiko, an der SSPE zu erkran- bzw. MMR-Varizellen-(MMRV-) Kombinationsimpf- ken.60,61 Die SSPE ist durch eine persistierende In- stoff im Alter von 11 bzw. 15 Monaten. Erwachsene, fektion mutierter MV gekennzeichnet, die zu einer die nach 1970 geboren wurden und bisher un- Zerstörung der Nervenzellen führt.59 Neuere in vitro- geimpft sind oder nur eine Impfung in der Kindheit Studien legen nahe, dass Mutationen im Fusions- erhielten oder bei denen der Impfstatus unbekannt protein den MV neuroinvasivere Eigenschaften ver- ist, sollten eine einmalige Impfung mit einem MMR- leihen und ihnen erlauben, sich im Hirngewebe Kombinationsimpfstoff erhalten. Für Erwachsene leichter auszubreiten.62 Personen mit einer primä- mit einem besonders hohen Risiko, mit den Masern ren oder sekundären Immundefizienz oder Immun in Kontakt zu kommen, gilt die Empfehlung einer suppression haben ein hohes Risiko, schwere Or- zweimaligen Impfung (Indikationsimpfung).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 10 Impfstoffsicherheit beschrieben.63,69 Die MMR-Impfung ist für Perso- Kombinationsimpfstoffe gegen MMR bzw. MMRV nen mit bestimmten Erkrankungen des Immunsys- wurden seit ihrer Zulassung millionenfach ver- tems kontraindiziert. impft. Häufig werden als Ausdruck einer Auseinan- dersetzung des Organismus mit dem Impfstoff Der Cochrane Review kam zu der Erkenntnis, dass Lokalreaktionen an der Injektionsstelle wie Rötung, das Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil der Impf- Schwellung und Schmerzen für 1 – 3 Tage beobach- stoffe die bestehenden bevölkerungsweiten Impf- tet.67 Ferner können Allgemeinsymptome wie Kopf- programme gegen Masern, Mumps und Röteln schmerzen, Mattigkeit und Fieber auftreten. Etwa rechtfertigen.74 Berechnungen mit Daten der Post- 5 – 15 % der Geimpften zeigen ein 1 – 2 Tage anhalten- Marketing-Surveillance unter allen Altersgruppen des mäßiges bis hohes Fieber zwischen dem 7. und ergaben, dass unerwünschte Wirkungen der MMR- 12. Tag nach Impfung. Ein Exanthem kann bei etwa Impfstoffe (einschließlich der häufig auftretenden 5 % der Geimpften in der 2. Woche nach der Imp- Lokal- und Allgemeinreaktionen) bei 31 von 1 Mil fung auftreten. Hierbei handelt es sich um eine lion Geimpften zu erwarten sind.75 Dies bestätigt nicht ansteckende, milde, selbstlimitierende Symp- eine konstante Analyse der Post-Marketingdaten in tomatik, die 1 – 3 Tage andauert. Das Auftreten von Deutschland, die am Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ge- Fieber und einem Exanthem kann zur Verwechs- sammelt und analysiert werden. Alle Masernimpf- lung mit einer Wildviruserkrankung führen, insbe- stoffe werden als sicher eingeschätzt.76 sondere nach Riegelungsimpfungen. Ein früher als 6 Tage nach Impfung aufgetretenes Exanthem deu- Impfstoffwirksamkeit tet eher auf eine parallel stattgefundene Infektion Die Masernimpfung induziert eine humorale wie mit dem Wildvirus hin. Die oben beschriebenen auch zelluläre Immunantwort, vergleichbar mit der- Symptome treten nach der 2. Impfung seltener jenigen nach einer natürlichen Infektion.69 Die auf.68,69 Eine labordiagnostische Abgrenzung zwi- Serokonversionsrate nach MCV1 wie auch nach schen akuten Masern und einer Impfreaktion kann MCV2 wurde in einer aktuellen Metaanalyse mit durch eine Differenzierungs-PCR erreicht werden, 96 % (95 % Konfidenzintervall [KI] 94,5 – 97,4 %) die im NRZ MMR durchgeführt wird. angegeben.77 Der Cochrane Review berechnete eine klinische Wirksamkeit (effectiveness) der MCV1 von Schwere unerwünschte Wirkungen der Impfung 95 % (95 % KI 89,7 – 98 %). Für MCV2 lag sie bei (Thrombozytopenie oder idiopathische thrombo 96 % (95 % KI 72 – 99 %).74 zytopenische Purpura oder Fieberkrämpfe) sind sel- ten. Es wird kontrovers diskutiert, ob die Masern Die Immunantwort nach MCV2 ist abhängig von impfung eine Enzephalitis mit einer Inzidenz von der Immunantwort nach MCV1. Personen, die auf etwa 1/1 Million Geimpften auslösen kann.70 – 73 Die MCV1 nicht angesprochen haben, erzeugen eine Autorinnen und Autoren des aktuellen Cochrane primäre Immunantwort nach MCV2. Bei Personen Reviews zur Untersuchung der Wirksamkeit und mit präexistierenden IgG-Antikörpern wird nach Sicherheit der MMR-Impfstoffe bei Kindern bis zu der zweiten Impfung ein kurzfristiger Anstieg der einem Alter von 15 Jahren kamen zu dem Schluss, IgG-Antikörper, seltener jedoch der IgM-Antikörper dass die vorliegenden Daten keine Assoziation zwi- beobachtet.69 Die zweite Impfung stellt somit keine schen der MMR-Impfung und einer Enzephalitis Boosterimpfung dar, sondern dient dem Schluss zuließen.74 Es besteht ferner keine Assoziation zwi- einer möglichen Impflücke und sollte möglichst schen der Impfung und dem Auftreten von Morbus zeitnah im Mindestabstand von 4 Wochen nach der Crohn, Colitis ulcerosa, Autismus oder aseptischer ersten Impfung gegeben werden. Während IgM- Meningitis. Letzteres bezieht sich auf den vornehm- und IgA-Antikörper nur vorübergehend im Körper lich in Deutschland angewandten Jeryl-Lynn-Stamm zirkulieren, werden IgG-Antikörper noch Jahre der Mumps-Komponente des Kombinationsimpf- nach der Impfung nachgewiesen; sie können im stoffs.74 Bei Personen mit einer Immunsuppression Verlauf jedoch unter die Nachweisgrenze sinken.78–82 wurden nach einer Impfung progressive Verläufe Die MV-Antikörper sinken um etwa 9 % in 10 Jah- mit schweren Komplikationen, wie einer MIBE ren,77 die zelluläre Immunität bleibt jedoch beste-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 11 hen. Die Auswirkungen dieses Absinkens auf die hen Anteil bis zum Eintritt in die Schule nachgeholt: Immunität gegen Masern (waning immunity) sind 97,2 % der Kinder (Spannweite auf Bundesland unklar.81,82 Ein relevanter Anstieg von geimpften ebene: 95,3–98,6 %) hatten in den Schuleingangs- Masernfällen ist in Deutschland bisher nicht aufge- untersuchungen die 1. Impfdosis und 92,7 % (Spann- treten. Es wird weiterhin ein lebenslanger Schutz weite auf Bundeslandebene: 85,0–95,8 %) auch die gegen Masern nach erfolgreicher Impfung mit dem 2. Impfdosis erhalten. In allen untersuchten Bundes- Lebendimpfstoff angenommen, auch wenn die ländern waren jeweils über 95 % der Kinder bis zur Antikörper gegen MV absinken.69 Einschulung wenigstens einmal gegen Masern geimpft. Für die zweite Impfung werden diese Quo- Es gibt keinen Anhalt dafür, dass bestimmte Geno- ten nach wie vor nur in Brandenburg und Mecklen- typen des MV weniger gut von den durch die Imp- burg-Vorpommern erreicht. Die Impfquote der fung induzierten Antikörpern neutralisiert werden zweiten Impfung stagniert seit Jahren bei einem können (Immunevasion).83 – 85 Weltweit erkranken Wert von etwa 93 % und es bestehen weiterhin er- unabhängig vom lokal zirkulierenden Genotyp wei- hebliche Unterschiede auf Kreis- und Landesebene terhin überwiegend Ungeimpfte.86 Es wird ange- (Spannweite auf Landesebene: 89,9 – 95,8 %).89 Die nommen, dass die antigenen Eigenschaften des MV im Nationalen Aktionsplan 2015 – 2020 zur Elimina- nur begrenzt variieren können, da die Fähigkeit, an tion der Masern/Röteln in Deutschland festgelegten den Rezeptor der Wirtszelle zu binden, erhalten Ziele zu Erreichung einer Impfquote für die alters bleiben muss. Die Masernimpfstoffe sind gegen die entsprechenden Impfempfehlungen von 95 % bei derzeit zirkulierenden Wildviren weiterhin hoch- 15 Monate alten Kindern und Kindern in den Schul wirksam.87,88 Ausbrüche werden verursacht durch eingangsuntersuchungen wurden nicht erreicht. Impflücken, die in Deutschland vor allem bei Ju- gendlichen und Erwachsenen bestehen, aber auch in Impfakzeptanz den älteren Bevölkerungsgruppen vorhanden sind.77 Über 90 % der befragten Eltern eines Surveys der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Impfquoten (BZgA) aus dem Jahr 2020 schätzten die Masern Aktuelle Daten der Impfsurveillance der Kassenärzt- impfung für ihre Kinder als besonders wichtig ein.90 lichen Vereinigungen (KV) am RKI zeigen, dass Die Gründe, warum sich Eltern fast immer für eine deutschlandweit 85,8 % der 15 Monate alten Kinder erste, weniger jedoch für eine (rechtzeitige) zweite des Geburtsjahrgangs 2018 einmalig mit einem Impfung entscheiden, sind vielfältig. Daten der be- MMR-Impfstoff geimpft worden sind (Geburtsjahr- völkerungsbezogenen Surveys der BZgA zeigen, gang 2017: 83,5 %; Spannweite auf Landesebene: dass diese Gründe weniger in einer grundsätzlich 77,1 – 90,5 %). 24 Monate alte Kinder des Geburts- impfkritischen Haltung zu suchen sind; dagegen jahrgangs 2018 hatten zu 92,5 % eine erste und zu spricht auch die hohe Impfquote für die erste MMR- 75,6 % eine zweite MMR-Impfung zeitgerecht nach Impfung. Vielmehr werden Impfungen z. B. wegen STIKO-Empfehlung erhalten (Geburtsjahrgang einer Erkrankung des Kindes verschoben und da- 2017: 89,8 % bzw. 69,9 %; Spannweite auf Landes nach vergessen.90 Ferner entscheiden sich anschei- ebene: 65,4 – 82,1 % für die MCV2). Eine leichte Ver- nend Eltern für eine serologische Untersuchung der besserung im Vergleich zum Vorjahr konnte höchst- Maserntiter ihrer Kinder nach der ersten MMR-Imp- wahrscheinlich durch das Masernschutzgesetz er- fung. Dabei berücksichtigen sie jedoch nicht die an- zielt werden.89 Dieses trat im März 2020 in Kraft deren Komponenten der Kombinationsimpfung. und sieht eine Nachweispflicht der Masernimpfung Insbesondere die Mumpskomponente bedarf einer oder -immunität unter anderem von Kindern in Ge- zweifachen Impfung, um eine sichere und mög- meinschaftseinrichtungen vor. Die Daten zeigen lichst langanhaltende Immunität aufzubauen. aber auch, dass die Masernimpfung in Deutschland weiterhin in vielen Fällen nicht zeitgerecht nach den Niedrige Impfquoten bei Kleinkindern führen lang- Empfehlungen der STIKO erfolgt und die Kinder zu fristig zu erheblichen Immunitätslücken bei älteren lange einen ungenügenden Impfschutz haben. Feh- Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Auch lende Impfungen werden allerdings zu einem ho- wenn hohe Impfquoten bis 95 % für die zweifache
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 12 Impfung bei den Kindern erreicht werden, finden Die diversen Gründe, eine Impfung zu verschieben sich weiterhin zu viele Menschen mit einer fehlen- oder darauf zu verzichten, erfordern vielfältige und den Immunität in den höheren Altersgruppen,7,91 zugeschnittene Kommunikations- und Informa bei denen in der Vergangenheit die Impfung verges- tionsstrategien zur Unterstützung der impfenden sen oder nur eine einmalige Impfung in der Kind- Ärztinnen und Ärzte sowie lokal zugeschnittene Lö- heit durchgeführt wurde. Daher werden die Masern sungen,100,101 wie sie auch in der aktuellen European seit einigen Jahren häufiger bei Jugendlichen und Immunization Agenda 2030 (EIA2030) der Europä- jungen Erwachsenen beobachtet. Das könnte dazu ischen WHO-Region als wichtiger Baustein zur Ver- führen, dass im Jahr 2050 auch in der älteren und besserung der Impfquoten angesehen werden.102 alten Bevölkerung eine hohe Empfänglichkeit für Ziel der EIA2030 ist der globale Aufbau stärkerer MV-Infektionen vorhanden sein und die Krankheit und widerstandsfähigerer Impfstrukturen auf den auch bei Hochbetagten regelmäßig auftreten könn- drei Grundpfeilern Impfgerechtigkeit, lebenslange te.92 Die Empfehlungen der STIKO, insbesondere Immunisierung und maßgeschneiderte lokale Lö- zur Impfung der nach 1970 geborenen Erwachse- sungen. Mit den Aktivitäten sollen die Morbidität nen, sollten konsequent vermittelt und umgesetzt und Mortalität impfpräventabler Erkrankungen wei- werden. 60 % der nach 1970 geborenen Befragten ter gesenkt, ein gerechter Zugang aller Menschen des im Jahr 2020 durchgeführten Bevölkerungssur- zu etablierten wie auch neu entwickelten Impfstof- veys der BZgA war diese Empfehlung allerdings fen unabhängig vom Alter, Identität und der geogra- nicht bekannt.90 fischen Region, in der sie leben, geschaffen sowie eine Verbesserung der globalen Gesundheit und Importe der Masern eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden. Das In einer Welt, in der viele Menschen aufgrund von Erfüllen spezifischer krankheitsbezogener Impfzie- humanitären Krisen wie Krieg, politischen Unru- le spielt eine nachrangige Rolle, wenngleich festge- hen, Naturkatastrophen, Hungersnöten oder aus legt wurde, dass alle Staaten im Jahr 2030 ihre aus- wirtschaftlichen Überlegungen ihre Heimat verlas- gesprochenen Ziele zur Elimination- oder Eradika- sen und nach Deutschland kommen, muss Unge tion bestimmter impfpräventabler Erkrankungen impften oder Personen ohne Impfdokumente sofort erreicht haben sollen. Darunter fällt auch die Erlan- bei ihrer Ankunft u. a. eine Masernimpfung angebo- gung des Status der Elimination der Masern.102 Die ten werden, um sicherzustellen, dass sie eine ausrei- WHO legt damit die Zielerreichung in die Hände chende Immunität entwickeln und geschützt sind.93 der einzelnen Staaten, unabhängig von der Zugehö- Masernfälle werden aktuell vereinzelt bei Kindern rigkeit zu einer Region. beobachtet, die aus Afghanistan oder Pakistan nach Deutschland kamen. Es konnte jedoch gezeigt wer- den, dass weder die hohe Zahl an Asylsuchenden Fazit zu den weiteren Erkenntnissen und Geflüchteten, die insbesondere 2015/2016 nach Eine MV-Infektion kann das Immunsystem über Europa kamen, noch Touristen für die wieder ange- viele Monate schwächen und damit, neben den be- stiegenen Masernfallzahlen in Europa verantwort- kannten Komplikationen, zu weiteren Folgeinfek lich waren, sondern die im Land erreichten Impf- tionen führen, die nicht unbedingt mit den Masern quoten die entscheidende Rolle spielen.28,94–96 Sero- in Verbindung gebracht werden. Aus diesem Grund prävalenzdaten aus Italien und Schweden zeigen fer- werden unspezifische Effekte der sicheren und ner, dass Erwachsene, die aus afrikanischen Staaten wirksamen Impfungen beobachtet. oder dem Mittleren Osten einreisten, einen, wenn auch immer noch nicht optimalen, aber besseren Um Fälle und Ausbrüche schnell erkennen, Trans- Schutz gegen Masern aufwiesen (rund 88 – 95 %), missionsketten verfolgen und Immunitätslücken als aus Europa Eingereiste (insbesondere Baltikum, dokumentieren zu können, braucht es weiterhin ein Balkan, neue unabhängige Staaten, Russland, weite- sensitives Surveillance-System. Mit der bestehen- re osteuropäische Staaten; 44 – 72 %).97–99 den Falldefinition besteht die Gefahr, dass insbeson- dere asymptomatische oder symptomarme Masern bei Geimpften nicht sicher erfasst werden und da-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2022 25. August 2022 13 mit die Gelegenheit verpasst wird, eine MV-Übertra- ist die Beobachtung von Impfversagen. Epidemiolo- gung durch diese Erkrankten untersuchen zu kön- gische und NRZ MMR-Daten zeigen bislang keinen nen. Ein entsprechender Vorschlag wird bereits zunehmenden Trend von Impfversagen; dies erfor- vom RKI erarbeitet. dert aber weitere Beobachtung. Die Anzahl der eingesendeten Proben an das NRZ Der Nutzen und die Sicherheit von Impfstoffen MMR am RKI sollte weiter erhöht werden, um mög- wurden und werden seit Einführung von Impfun- lichst jeden Fall molekulargenetisch charakterisie- gen in der Bevölkerung breit diskutiert. Eine aktuel- ren zu können. Die Verarmung an MV-Genotypen le Berichterstattung zu Impfungen, die den Nutzen, zieht einen Verlust an Stratifizierungsmöglichkei- die Sicherheit und die (auch unspezifische) Wirk- ten nach sich. Deswegen muss zukünftig zumin- samkeit der Impfstoffe gegen Masern hervorhebt, dest ein größeres Sequenzfenster, wenn nicht eine soll das Vertrauen in die Masernimpfungen verbes- Ganzgenomsequenz betrachtet werden. Eine Ver- sern. Es sollten weiterhin verstärkt Erinnerungssys- linkung der molekularen und epidemiologischen teme zur Durchführung fälliger Impfungen einge- Daten mit Berücksichtigung der Masernexposition setzt werden, um zu vermeiden, dass Kinder, Ju- trägt dazu bei, Transmissionsketten sicherer ein- gendliche und Erwachsene trotz bestehender Impf schätzen zu können. Ein weiterer wichtiger Punkt angebote an Masern erkranken. Literatur 5 Robert Koch Institut. Infektionsepidemiologisches 1 Ullrich A, Schranz M, Rexroth U, Hamouda O, Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2019. Schaade L, Diercke M, et al. Impact of the https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/ COVID-19 pandemic and associated non-pharma- Jahrbuch_2019.pdf?__blob=publicationFile; Berlin ceutical interventions on other notifiable infectious 2020 1. März 2020. diseases in Germany: An analysis of national sur- 6 Funk S, Knapp JK, Lebo E, Reef SE, Dabbagh AJ, veillance data during week 1-2016 – week 32-2020. Kretsinger K, et al. Combining serological and The Lancet regional health Europe. 2021;6:100103. contact data to derive target immunity levels for 2 Schranz M, Ullrich A, Rexroth U, Hamouda O, achieving and maintaining measles elimination. Schaade L, Diercke M, et al. Die Auswirkungen BMC medicine. 2019;17(1):180. der COVID-19-Pandemie und assoziierter Public- 7 Hayman DTS. Measles vaccination in an increa- Health-Maßnahmen auf andere meldepflichtige singly immunized and developed world. Human Infektionskrankheiten in Deutschland vaccines & immunotherapeutics. 2019;15:28-33. (MW 1/2016 – 32/2020). Epidemiologisches Bulletin. 2021;7:3-7. 8 Anderson RM, May RM. Directly transmitted infections diseases: control by vaccination. Science 3 Nicolay N, Mirinaviciute G, Mollet T, Celentano LP, (New York, NY). 1982;215(4536):1053-60. Bacci S. Epidemiology of measles during the COVID-19 pandemic, a description of the surveil- 9 Gay NJ, Hesketh LM, Morgan-Capner P, Miller E. lance data, 29 EU/EEA countries and the United Interpretation of serological surveillance data for Kingdom, January to May 2020. Eurosurveillance. measles using mathematical models: implications 2020;25. for vaccine strategy. Epidemiology and infection. 1995;115(1):139-56. 4 Matysiak-Klose D, Weidemann F, Wichmann O, Hengel H. Masernimpfung. Global denken, lokal handeln! Laborjournal. 2016;1-2:18-20.
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