Erntezeit, Kelterzeit Ausgezeichnete Kommunen - Klima-Energie-Portal

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Erntezeit, Kelterzeit Ausgezeichnete Kommunen - Klima-Energie-Portal
Magazin der Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute

                                                        HERBST / WINTER 2021

   SAISONSTART

   Erntezeit,
   Kelterzeit
   STREUOBSTWIESEN

   Ausgezeichnete
   Kommunen
   OBSTBRENNEREIEN

   Die Kunst des
   Destillierens
Erntezeit, Kelterzeit Ausgezeichnete Kommunen - Klima-Energie-Portal
NEU
                    Rapp's

            STREU OBST

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Erntezeit, Kelterzeit Ausgezeichnete Kommunen - Klima-Energie-Portal
EDITORIAL                                     SEITE 3

                                                                                                   gen Jahren verschrieben hat. Deshalb

        Schutz und                                                                                 freue ich mich sehr, dass wir auch in die-
                                                                                                   ser Ausgabe des Apfelboten wieder da-
                                                                                                   rüber berichten können, wie wir all jene

        Erhalt der                                                                                 Aufgaben, zu denen wir uns in der
                                                                                                   „Lohrberger Erklärung“ 2018 verpflich-

     Streuobstwiesen
                                                                                                   tet haben, konsequent angehen: Die
                                                                                                   Reaktivierung des Wegenetzes, die
                                                                                                   Streuobstbörse, aktuell die Kartierung

        ist nur im                                                                                 der Wiesen und vieles mehr – einen
                                                                                                   Punkt nach dem anderem arbeiten wir
                                                                                                   derzeit auf unserer Liste ab. Und darauf

     Schulterschluss                                                                               sind wir auch etwas stolz.
                                                                                                        Doch natürlich geht das nur im

       aller Akteure
                                                                                                   Schulterschluss mit den Aktiven aus den
                                                                                                   Schleifen der Hessischen Apfelwein- und
                                                                                                   Obstwiesenroute: all die Vereine, Initiati-
                                                   Liebe Leserin,
      zu realisieren.                              lieber Leser,
                                                                                                   ven, Unternehmen, Einzelpersonen und
                                                                                                   nicht zuletzt die Kommunen. Bei ihnen
                                                                                                   allen möchten wir uns herzlich bedan-
                                                                                                   ken. Drei dieser Kommunen werden wir
                                                   nach drei Dürrejahren konnten wir uns           nun auch als Streuobstkommune 2021
                                                   2021 über mehr Regen freuen – was               auszeichnen. Dies machen wir als Würdi-
                                                   freilich manch einem, der in diesem             gung ihres bisherigen Engagements so-
                                                   Sommer trockenen Hauptes über unsere            wie ganz bewusst als Ansporn für die
                                                   schönen Streuobstwiesen spazieren,              Zukunft. Damit wir uns auch künftig
                                                   wandern oder radeln wollte, wahr-               über schöne Wiesen erfreuen können –
                                                   scheinlich auch nicht immer so recht            bei Sonnenschein oder auch bei Regen.
                                                   war. Für die Böden und die Bäume so-
                                                   wie für das ganze Ökosystem Streuobst-
                                                   wiese ist das Wasser jedoch das Lebens-
                                                   elixier. Und letztlich gilt: Wo kein Wasser,
                                                   da auch kein Äppelwoi!
                                                         Die Pflege und der Erhalt unserer
                                                   heimischen Streuobstwiesen ist eine             Rouven Kötter
                                                   Herkulesaufgabe, der sich der Regional-         Erster Beigeordneter
                                                   verband FrankfurtRheinMain vor eini-            Regionalverband FrankfurtRheinMain

INHALT

04   Aktuelle Meldungen
08   Ausgezeichnete
     Kommunen
10   Streuobst-Engagement                                          Im Zeichen des Apfels
11   Fruchtsafttechnik                                             Von Gießen im Norden bis Rödermark im Süden: In fünf Regionen
12   Interview mit Pomologe                                        Hessens haben Keltereien, Gastro-Betriebe, Direktvermarkter,
     Werner Nussbaum                                               Obst- und Gartenbauvereine, Naturschutzinitiativen, Baumschulen,
14   Brände & Brennereien                                          Obsthöfe, Museen sowie Städte und Gemeinden ihre Aktivitäten
18   Geschenke-Tipps                                               und Attraktionen zu „Regionalschleifen“ verbunden. Gemein-
20   Kolumne „Sauers Sicht“                                        sam bilden sie die hessische Apfelwein- und Obstwiesenroute.
21   Rezept: Himmel un Ääd                         Unter diesem Label setzen sich rund 700 Partner für Naherholung, Naturschutz
22   Veranstaltungsübersicht                       und die Förderung der regionalen Wirtschaft ein. Ziel ist es, ein typisches Stück
28   Neues aus den Schleifen                       Hessen zu schützen und erlebbar zu machen: die Natur und Kultur des Apfels.
30   Das besondere Bild
     Impressum                                     Gießen, Main-Kinzig, Stadt und Kreis Offenbach, Wetterau sowie Main/Taunus

Fotos: Pixabay (Titelbild); Regionalverband/Julia Rosenberger
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SEITE 4                        MELDUNGEN

SAISONSTART                                                                     LANDSCHAFTSOBSTBAUER

Auf die Wiesen
                                                                                Nächste Staffel
                                                                                Die große Nachfrage macht es nötig:
                                                                                Die vom Regionalverband Frankfurt-
Der Herbst ist Ernte- und Kelterzeit – beste Gelegenheit, die                   RheinMain eigens für Mitarbeiterin-
hessische Obstwiesenkultur zu erleben.                                          nen und Mitarbeiter der Verbands-
                                                                                kommunen organisierte Spezialfort-
In seiner aktuellen „Fruchtbehangschätzung“ rechnet der Verband                 bildung „Zertifizierter Landschafts-
der deutschen Fruchtsaft-Industrie für den Herbst bundesweit mit                obstbauer“ kommt so gut an, dass im
einer schwachen Streuobsternte von rund 300.000 Tonnen. Niedrige                Januar 2022 eine neue Kursstaffel
Temperaturen und viel Nässe zu unpassender Zeit haben manche                    starten wird. Ziel ist es, in den Kom-
Sorten, etwa Kirschen, massiv getroffen. Hinzu kommen die Folgen                munen das Fachwissen zu Pflege und
von drei Dürrejahren und Klimastress wie wachsende Anfälligkeiten               Erhalt von Streuobstwiesen bei den
der Bäume. Bei Äpfeln sind die Erwartungen in diesem Jahr je                    zuständigen Beschäftigten zu för-
nach Sorte und Lage unterschiedlich, insgesamt aber durchwachsen.               dern. Dem jahreszeitlichen Verlauf
Dennoch waren die starken Niederschläge wichtig, meint auch                     folgend, geht es bei zehn verpflichten-
Andreas Schneider vom Obsthof am Steinberg: „Das regenreiche                    den Terminen (Di. und Mi., von 9 bis
2021 hat unseren Obstbäumen sehr, sehr gutgetan.“ In den kommen-                17 Uhr) mit dem renommierten Aus-
den Wochen wird es nun darum gehen, möglichst viele Äpfel „vom                  bilder Josef Weimer um Pflanzung,
Baum ins Glas“ zu bekommen. Vielerorts können Streuobstbesitzer                 Pflege, Schnitt und Ernte von Obstge-
und Privatanlieferer ihr Kelterobst bei Keltereibetrieben vor Ort               hölzen in der Landschaft. Pro Kommu-
abgeben und dafür Geld, Getränkegutscheine oder Frischsaft erhal-               ne übernimmt der Regionalverband
ten; oder man nutzt die Möglichkeiten mobiler Keltereien. Und wer               für eine Mitarbeiterin oder einen
kein eigenes Obst hat, kann bei Ernten mithelfen – etwa bei den                 Mitarbeiter die Teilnahmegebühr von
Familien-Erntetagen im Main-Taunus-Kreis – oder bei den anstehen-               rund 1.000 Euro.
den Kelterfesten das flüssige Gold der Streuobstwiesen genießen.
                                                                                Rückfragen und Anmeldung bitte per E-Mail
Eine Übersicht über Apfelannahmestellen sowie Ernte- und Keltertermine in den   an den Regionalen Streuobstbeauftragten
Regionalschleifen siehe ab Seite 28.                                            Bastian Sauer (sauer@region-frankfurt.de)

Foto: Pixabay
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MELDUNGEN                               SEITE 5

                                                                                    BAUM-BESTELLUNGEN

                  Total regional                                                    Heute für morgen
                                                                                    Ab Oktober können wieder wurzel-
                     3 Fragen an Julia Guttulsröd,                                  nackte Jungobstbäume gekauft werden
          Projektleitung Ökomodellregion Main-Kinzig-Kreis                          – am besten aus regionaler Produktion.
                                                                                    Dies kann man direkt bei spezialisier-
                                                                                    ten Baumschulen tun, seien es die Baum-
                                                                                    schulen Rinn und Engelhardt in Gießen
                                                                                    oder bei Köhler in Bruchköbel bei
                                                                                    Hanau. Oder man nimmt an einer Obst-
                                                                                    baum-Sammelbestellung teil. Solche
                                                                                    werden auch in diesem Jahr unter
                                                                                    anderem wieder vom Landschaftspflege-
                                                                                    verband Main-Kinzig, MainÄppelHaus
                                                                                    Lohrberg oder auch von Keltereien wie
                                                                                    Heil oder Trageser organisiert. Besitzer
                                                                                    oder Pächter von Obstwiesen in und
                                                                                    um Bad Nauheim können auch über den
                                                                                    dortigen NABU hochstämmige Obst-
                                                                                    bäume beziehen. Ob Baumschule,
                                                                                    Verband, Kelterei oder Initiative: Auf
   Seit Beginn des Jahres ist auch der Main-Kinzig-Kreis eine vom                   fachkundige Beratung zur Sortenaus-
   Land Hessen geförderte Ökomodellregion. Ihre Erste Kreis-                        wahl, Standort und Anpflanzung sollte
   abgeordnete Susanne Simmler nennt es einen „wichtigen                            man nicht verzichten.
   Schritt in eine nachhaltige Zukunft“. Worum geht es?
   Wir wollen die ökologische und regionale Produktion von Le-
   bensmitteln stärken. Hierbei setzen wir auf die Vernetzung aller
   Akteure und den Ausbau regionaler Wertschöpfungs- und Ver-
   marktungsketten. Das betrifft Erzeuger – von Landwirten über
   Imker bis zu Kelterbetrieben –, aber genauso Gastronomie,
   Handel und Tourismus. Auch bei den Verbrauchern wollen wir
   das Bewusstsein für regionale Kreisläufe schärfen.                               STREUOBSTBÖRSE

   Wie machen Sie das? In den Landkreisen Gießen und Wetterau                       Erste Früchte
   gibt es Einkaufsführer mit ansässigen Direktvermarktern.
   Bei uns bald auch. Der neue Main-Kinzig-Führer zeigt, wo man                     Anfang Mai ist die digitale Streuobst-
   auf kurzem Weg lokale Köstlichkeiten beziehen kann. Ein anderes                  börse des Regionalverband Frank-
   Projekt ist ein Film über zwei Biolandwirte der Region. Schließlich              furtRheinMain gestartet. Seither hat
   sollen laut Ökoaktionsplan im Jahr 2025 in Hessen 25 Prozent der                 sie viel positives Feedback erhalten
   landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet werden.                    und reges Interesse verzeichnet. Ob
                                                                                    Wiesenfläche oder Mitpächter gesucht
   Beteiligen Sie sich auch an den ersten Hessischen BioTagen vom                   werden, ob Erntehilfe oder der Verleih
   10. bis zum 19. September?                                                       eines Anhängers angeboten wird – die
   Ja, wir haben mehrere Veranstaltungen geplant, darunter ei-                      Börse vernetzt Streuobst-Engagierte.
   nen Online-Vortrag zur ökologischen Bedeutung der Streuobst-                     Auf der übersichtlichen Plattform lassen
   wiesen. Und es gibt noch eine Premiere im September: In den                      sich Gesuche oder Angebote, sortiert
   „Obstgarten Spessart Apfelwochen“ werden Erzeuger, Kelte-                        nach Rubriken oder Kommunen bzw.
   reien und Gastronomiebetriebe unter einem gemeinsamen                            Kreisen, unkompliziert einstellen und
   Label zeigen, was sie und der Apfel alles können.                                anschauen. Der Service ist kostenlos.
                                                                                    Und je mehr ihn nutzen, umso stärker
   Mehr unter www.oekomodellregionen-hessen.de und                                  ist er.
   www.spessart-tourismus.de/apfelwochen – und bei den Terminen ab Seite 22
                                                                                    www.streuobst-frm.de/sb

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SEITE 6                       MELDUNGEN

REGIONALE DATENBANK

Mit Leben
füllen
Das Streuobst-Kataster ist startklar.
Bald sind die Kommunen gefragt.

In der „Lohrberger Erklärung“ haben
sich Städte und Gemeinden der Region
zu gemeinsamen Anstrengungen zum
Erhalt der Streuobstwiesen bekannt.
Hierzu sollte auch eine Datenbank er-
stellen werden, in der der Ist-Zustand
der Kulisse abgebildet wird: Das soge-
nannte Streuobst-Kataster bündelt
Angaben über Anzahl, Alter und Zu-
stand sowie Sorten der Bäume auf den
hiesigen Wiesen, ergänzt um Parame-
ter wie Pflegezustand, Krankheiten
oder Besitzverhältnisse, erweitert um
Kartierungen und Luftbilder. Auf einer
solchen Wissensbasis können Empfeh-
                                                                        APFELWEINMESSE
lungen zum Erhalt und Nachpflanzen,
auch im Hinblick auf nötige Klima-
anpassungen zielgerichtet getroffen
werden. Nun sind wichtige Schritte
getan.
                                               Zusammen kosten
      Der Regionalverband Frankfurt-                    Nach zwei nur virtuellen CiderWorlds ist für
RheinMain hat die Datenbank tech-                    Ende Oktober eine Präsenzveranstaltung geplant:
nisch entwickelt und mit einem differen-            ein Marktplatz mit Spitzen-Apfelweinen der Region.
zierten, Passwort-gestützten System
von Zugriffsrechten ausgestattet. Die      Corona-bedingt konnte die internationale Frankfurter Apfelwein-
Anwendung ist auch extern auf Daten-       messe CiderWorld auch in diesem Jahr nur im Online-Format
schutzaspekte abgeklopft worden.           stattfinden – samt digitalen Treffen mit Ausstellern aus aller Welt,
Schließlich ist ein sensibler Umgang       Online-Verkostungen und natürlich der Vergabe der begehrten
mit Angaben etwa zu Besitzern oder         Awards. Bei 77 teilnehmenden Betrieben aus 17 Ländern von drei
seltenen Obstsorten geboten. Damit         Kontinenten gelang auch einem Mitglied der hessischen Apfelwein-
die Struktur bald Wirkung entfalten        und Obstwiesenroute das Kunststück, die Höchstmarke von 120
kann, muss sie mit Leben, sprich Infor-    Punkten zu erzielen – der Manufaktur Pomolo Obstweine mit ihrem
mationen gefüllt werden. Nach einem        alkoholfreien Apfel-Quitte-Secco. Insgesamt gingen gleich drei
Pilotprojekt in einer Gemeinde sind        Goldmedaillen an die Manufaktur nach Karben, eine weitere nach
die anderen Verbandskommunen               Freigericht an die Kelterei Trageser für ihren „Cider mild“. Medail-
gefragt: In Zusammenarbeit mit dem         len in Silber gewannen auch die hiesigen Keltereien Herberth,
Regionalverband können sie ihre Daten      Gerhard Nöll und Heil.
einpflegen und das Kataster so zu               Endlich wieder in einem Raum gemeinsam Spitzen-Apfelweine
einem wirksamen Hilfsmittel auch für       kosten und fachsimplen – das soll am 30. Oktober immerhin einen
Streuobstakteure wie Landschafts-          Tag lang möglich sein. Bei der erstmaligen CiderWorld’21 TotalLokal
pflegeverbände, Pomologen oder Obst-       werden 20 Keltereien aus Hessen und angrenzenden Regionen im
 und Gartenbauvereine entwickeln.          Gesellschaftshaus Palmengarten in Frankfurt ihre Topprodukte
                                           ausschenken. Dazu gesellt sich Feines aus der hessischen Küche.
Rückfragen an den Regionalen
Streuobstbeauftragten Bastian Sauer        Mehr Infos zur CiderWorld’21 TotalLokal unter www.cider-world.de/event und zu
(sauer@region-frankfurt.de)                den Plänen für 2022 unter www.cider-world.de/messe.

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MELDUNGEN                               SEITE 7

                                 SORTENSCHILDER UND -ETIKETTEN

                         Was wächst
                         denn hier?
                  Ob für Ausstellungen, Bäume auf der eigenen Wiesen
                  oder in Lehrgärten: Längst gibt je nach Ort und Zweck
                             verschiedene Beschilderungen.

                                                A. Praktisch informativ
                                                Auf Streuobstwiesen ist es ein alt-
                                                bekanntes Problem: Wie lässt sich –
                                                heute und in einigen Jahren, bei
                                                wechselnden Zuständigkeiten oder
                                                gemeinsamer Bewirtschaftung – bei
                                                jedem Baum wissen, was er hervor-
                                                bringt? Einfach wäre es, die Sorte
                                                würde dranstehen. Genau das hat sich
                                                der Verein für Landschaftspflege im
                                                Kreis Kleve, kurz likk, gedacht und
                                                witterungsfeste Sortenschilder aus
                                                Hartschaum für Wiesenbewirtschafter
                                                vieler Art entwickelt. Inzwischen
                                                umfasst das Sortiment 500 Sorten –
                                                von A wie Aargauer Jubiläumsapfel          B. Beständig und anregend
                                                bis Z wie Zwiebelborsdorfer. Unter der     Ein streuobst- und naturpädagogisches
                                                Bezeichnung führt ein QR-Code zu           Angebot primär für Obstlehrpfade,
                                                einer pomologischen Beschreibung           Schulgärten, Umwelterlebniszentren
                                                im Internet. Die Schilder kann man         oder Naturparks kommt aus dem hohen
                                                günstig, 2,50 Euro pro Stück, über den     Norden: In Schleswig-Holstein vertreibt
                                                Verein beziehen. Oder man nutzt eine       der Obstgehölzpfleger und Fotograf
                                                neuartige Kooperation: Wer in diesem       Miklas Staiger hochwertige Schilder,
                                                Herbst bei der Sammelbestellung des        die aus beständigen Materialien wie
                                                MainÄppelHaus Lohrberg mitmacht            LKW-Plane, recycelten Aluminium-Ver-
                                                (siehe Seite 5), kann zu jedem Baum ein    kehrsschildern oder Hochdrucklaminat
                                                entsprechendes Sortenschilder dazu         gefertigt sind und vor allem für öffent-
                                                ordern.                                    liche Areale geeignet sind. Ihre Gestal-
                                                                                           tung zielt darauf, bei „Obstlaien“
                                                www.likk.eu/projekt/sortenschilder         Interesse und Faszination für Streuobst
                                                                                           zu wecken. So ziehen kunstvolle Foto-
                                                                                           grafien als „Eye-Catcher“ zu den Bäu-
C. Einfach aus Papier                                                                      men und regen auch optisch die Sinne
Wer es kostengünstig und einfach haben möchte, kann im Online-Shop des Pomo-               an. Tabellen informieren über Pflück-
logen-Verein dessen „Apfel-Sortenschilder-CD“ erwerben. Diese enthält Etiketten            und Genussreife, Texte erzählen von
zum Ausdrucken für über 400 verschiedene Apfelsorten. Jedes Schild gibt Informa-           Geschmack, Verwendung und Sor-
tionen zum Namen der Sorte, Bezeichnungen und Synonymen sowie zur Herkunft                 ten-Geschichte(n). All das kann ange-
und zum Entstehungsjahr der jeweiligen Sorte. Geeignet sind sie vor allem für die          passt, zum Beispiel um Logos ergänzt
Beschilderung von Apfelsortenausstellungen.                                                und individuell gestaltet werden.

https://shop.pomologen-verein.de                                                           www.kunstambaum.info

Fotos: likk (links) und Miklas Staiger
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SEITE 8                      THEMEN

WETTBEWERB                                                      wird, sich noch mehr für den Erhalt unserer Streuobstwiesen
                                                                einzusetzen“, so Kötter. „Bereits 2022 werden wir den Preis

The winner is ...                                               wieder ausschreiben und freuen uns schon jetzt auf die neu-
                                                                en Bewerbungen.“

Wer sind die engagiertesten Streu-                              Top in Sachen Vermarktung: Langen
                                                                Was hat Langen anderen Kommunen voraus, die sich eben-
obstkommunen der Region Frank-                                  falls für den Erhalt der hiesigen Streuobstwiesen einsetzen?
furtRheinMain? Der Regional-                                    Die Erkenntnis, dass mit der Ernte im Herbst nicht alles vorbei
                                                                ist, sondern die eigentliche Arbeit erst beginnt. Denn mit dem
verband wollte es wissen und lobte                              „Siebenschläfer“ hat Langen in Kooperation mit Nachbar-
einen Wettbewerb aus. Nun stehen                                kommunen eine Produktreihe geschaffen, mit der die eige-
                                                                nen Produkte der Streuobstwiese – vom Apfelwein bis zur
die Gewinner fest.                                              Praline – unter einem gemeinsamen starken Label vertrieben
                                                                werden können. „Damit wird Aufmerksamkeit auf das Thema
„Die Bewerber haben es uns nicht leicht gemacht“, lautet das    Streuobstwiese gelenkt und Teile des Erlöses fließen sogar di-
Fazit von Rouven Kötter, Erster Beigeordneter des Regional-     rekt wieder in den Erhalt der Wiesen“, sagt Jurymitglied Martin
verbands und Juryvorsitzender des Wettbewerbs „Streuobst-       Schmitz-Kuhl, Redakteur des Apfelboten. „Das könnte Vor-
kommune 2021“. Der Grund: Viele Bewerbungen waren vor-          bild für andere Kommunen sein.“
züglich, einen Preis hätten mehr als drei Kommunen verdient
gehabt. Doch die Jury – neben Kötter bestehend aus dem
regionalen Streuobstbeauftragten Bastian Sauer, Gerhard         Er ist „Markenbotschafter“
Weinrich vom MainÄppelHaus Lohrberg sowie Apfelbote-            von Streuobstwiesenpro-
Redakteur Martin Schmitz-Kuhl – musste sich entscheiden.        dukten aus Langen: der
Und so fiel die Wahl auf Langen, Maintal und Reichelsheim,      Siebenschläfer.
aus jeweils unterschiedlichen Gründen. Alle drei können sich
nicht nur über den Preis nebst Urkunde freuen, sondern auch
über je einen Gutschein für einen Tag mobile Kelter des Main-
ÄppelHauses in ihrer Gemeinde sowie für eine Fortbildung
ihrer Aktiven beim Streuobstwiesenexperten Josef Weimer.
Und die Kommunen, die nicht gewonnen haben? „Ich hoffe
sehr, dass dieser Preis als Anreiz und Motivation gesehen

Foto: Stadt Reichelsheim (oben) und Shutterstock
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THEMEN                                                     SEITE 9

                                                                                                                     LANGENER
                                                                                                                     BLUMEN-STUBB

                                                                          Das Advent-Event der Blumen-Stubb
                                                                         ADVENTISSIMO
                                                                            Entdecken Sie bei Lichterglanz in unserer urigen
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                                                                            Ganzjährig bei uns: Apfelweinprodukte der Kelterei „Stier“.
                                                                            Mittwoch          17.11.     von 17.00 bis 20.00 Uhr
                                                                            Donnerstag        18.11.     von 09.00 bis 20.00 Uhr
                                                                            Freitag           19.11.     von 09.00 bis 20.00 Uhr
                                                                            Samstag           20.11.     von 09.00 bis 17.00 Uhr
                                                                            Sonntag           21.11.     von 11.00 bis 17.00 Uhr
                                                                            Und in der Woche vor dem 1. Advent während
                                                                            der Geschäftszeiten.

Ansporn für die Zukunft: Reichelsheim                                                                    Wassergasse 2 · 63225 Langen
Als sich Lena Herget-Umsonst im vergangenen Jahr um das                                                        Telefon: 06103/201707
                                                                                                       www.langener-blumen-stubb.de
Amt der Bürgermeisterin in der Wetterau-Gemeinde Rei-
chelsheim bewarb, tat sie das auch mit dem Versprechen,                                                   Es gelten die vorgeschriebenen
                                                                                                                 Hygienebestimmungen.
sich künftig mehr um das Thema Streuobstwiesen zu küm-
mern. Nach der Wahl löst sie es ein. Nur ein Beispiel: Gerade
hat die Gemeinde hundert Nistkästen bei der Behinderten-                                 noch bis 10. Oktober 2021
werkstatt Wetterau bestellt, die nun in der Kommune auf-
gehängt werden sollen. Der Regionalverband möchte mit
der Wahl Reichelsheims zur Streuobstkommune 2021 diese
Bemühungen unterstützen. „Das sind zwar ganz bewusst
etwas Vorschusslorbeeren“, erklärt Jurymitglied Gerhard
Weinrich vom MainÄppelhaus, „aber diese sollen als weitere
Motivation und Anschub dienen, das Begonnene auch fort-
zuführen und zu stärken. Reichelsheim wird in den kom-                             Gärtnern Jetzt!
                                                                                                                                       Kleingarten. © Stefanie Kösling
                                                                                                                                       Gärtnerin in einem Frankfurter
menden Jahren zeigen, dass es diesen Titel verdient hat“.

Den Menschen mitnehmen: Maintal
Maintal – und hier insbesondere der Arbeitskreis Streuobst –
setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt und die Entwick-
lung der Wiesen ein, aktuell mit einem großen, über fünf Jah-
re angelegten Projekt, in dem alle Bäume aufwändig kartiert
werden. Bei den Maintaler Bemühungen geht es aber nicht
nur um den Schutz von Tier- und Pflanzenarten, im Mittel-
punkt steht immer der Mensch, ohne den dieses Engagement
nicht funktionieren, aber auch keinen Sinn machen würde.
Besonders zu würdigen ist dabei, dass die umweltpädagogi-
sche Arbeit bei den Kleinen anfängt, bei Kindergartengrup-
pen und Schulklassen. „Nur so können nachwachsende Gene-
rationen für das Thema begeistert werden“, weiß Jurymitglied    Saalhof 1, 60311 Frankfurt am Main
                                                                www.historisches-museum-frankfurt.de
Bastian Sauer, Regionaler Streuobstbeauftragter des Regional-
verbands FrankfurtRheinMain.
Erntezeit, Kelterzeit Ausgezeichnete Kommunen - Klima-Energie-Portal
SEITE 10                       THEMEN

ENGAGEMENT                                                                                   Schon seit einigen Jahren kümmern sich
                                                                                             die Kerbburschen um zwei Streu-

Von Burschen                                                                                 obstwiesen im Ort, allein im vergange-
                                                                                             nen Jahr haben sie 5.600 Liter Apfel-
                                                                                             wein gekeltert. „Und der ist mittlerwei-

und Bäumen                                                                                   le richtig gut“, betont Schmidt. Jetzt
                                                                                             jedoch hat sich der Verein ein größeres
                                                                                             Ziel gesteckt: So wird in den nächsten
Von nichts kommt nichts. Und deshalb trinken die Kalbacher Kerbeburschen nicht               Wochen eine rund 4.000 Quadratmeter
nur ihren Apfelwein. Sie kümmern sich auch um den Nachschub.                                 große Wiese übernommen, die im
                                                                                             Herbst mit 30 hochstämmigen Apfel-
                                                                                             bäumen bepflanzt werden soll. Diese
                                                                                             sind bereits bei der Baumschule Rinn in
                                                                                             Gießen bestellt. Denn der Verein hat
                                                                                             sich vorgenommen, nicht irgendwelche
                                                                                             Bäume zu nehmen, sondern vor allem
                                                                                             jene, die der hiesige Pomologenverein
                                                                                             jedes Jahr als „Hessische Lokalsorte“
                                                                                             auszeichnet.
                                                                                                  „Uns ist aufgefallen, dass das Wis-
                                                                                             sen über die Streuobstwiesen immer

                                                                                                Kalbacher Logik:
                                                                                                Ohne Äpfel kein
                                                                                              Apfelwein. Und ohne
                                                                                              Apfelwein keine Kerb.
Der Kerbeverein Kalbach legt hier im Herbst eine traditionelle Streuobstwiese neu an –
ausschließlich mit alten hessischen Lokalsorten.                                             mehr verschwindet. Doch damit ver-
                                                                                             schwinden auch die Wiesen selbst,“
Kalbach, im äußersten Norden Frank-                Nicht jeder in Kalbach findet das gut.    sagt Schmidt. Deshalb sei für die Kerb-
furts gelegen, ist eigentlich ein eher             Als vor fünf Jahren auch noch die all-    burschen nicht nur entscheidend, was
dörflicher Stadtteil. Und einer mit Tra-           jährliche Kerb – nachweisbar seit 1433    am Ende dabei herauskommt – hoffent-
dition! So wurde Caltebach erstmals                – vor dem Austand, wussten die Kerbe-     lich guter Apfelwein –, sondern genau-
754 urkundlich erwähnt – 40 Jahre be-              burschen, was zu tun war: ein eigener     so auch der Einsatz für die Wiese als
vor zum ersten Mal von Franconofurd                Kerbeverein musste her, um das Fest       schützenswertes Natur- und Kulturgut.
die Rede war. Doch das kleine Örtchen              weiterhin ausrichten zu können. Zweck     Und hierzu zähle nicht zuletzt auch In-
hat sich in den letzten Jahren stark ge-           des Vereins ist seitdem, so heißt es in   formation und Aufklärung. Hilfreich
wandelt. Die landwirtschaftliche Nut-              der Satzung, „den Erhalt, die Pflege      bei den Bemühungen des Vereins: all
zung wurde durch umfangreiche Ge-                  und die Förderung der Traditionen,        die Förderungen, die es mittlerweile für
bietsabtretungen für das Gewerbe-                  der Kultur, der Gepflogenheiten, des      Streuobstprojekte gibt (vgl. „Der Apfel-
gebiet „Am Martinszehnten“ und die                 Heimatgedankens und des Brauchtums        bote“, Ausgabe 1 / 2021). Denn nach dem
Siedlung Riedberg stark zurückge-                  der Kalbacher Kirchweih sicherzu-         Corona-bedingten Ausfall der Kerb
drängt. Von den einst 20 landwirt-                 stellen“. Und was hat das alles mit       herrscht jetzt natürlich erst einmal Ebbe
schaftlichen Betrieben sind heute gera-            Streuobstwiesen zu tun? „Ohne Äpfel       in der Vereinskasse. Doch Schmidt ist
de einmal zwei übrig geblieben. Heute              gibt es keinen Apfelwein und ohne         sich sicher, dass sie als echte Kal-
denkt man eher an das „Frischezen-                 diesen gibt es auch keine Kerb,“ lacht    bacher Kerbbuschen (und -mädchen!)
trum“ und das große Neubaugebiet,                  Thomas Schmidt, zweiter Vorsitzender      auch dieses Projekt erfolgreich meis-
wenn man den Ortsnamen hört.                       des Vereins.                              tern werden.

Foto: Privat
THEMEN                                       SEITE 11

DUALE AUSBILDUNG                                                                                telt, sei es Obstkelterung, Filtration,
                                                                                                Haltbarmachung und Aromagewin-

Saftmacher mit                                                                                  nung, sei es Lagerhaltung, Qualitäts-
                                                                                                kontrolle oder Umweltschutz. Der Be-
                                                                                                rufsschulunterricht erfolgt an den

Perspektive                                                                                     Beruflichen Schulen Rheingau in Gei-
                                                                                                senheim: Aus ganz Deutschland kom-
                                                                                                men die angehenden Fruchtsafttechni-
In den Keltereien der Region kann man Fachkraft für Fruchtsafttechnik werden.                   kerinnen und -techniker, einige Dutzend
Trotz bester Berufsaussichten wird Nachwuchs gesucht.                                           pro Jahr, dort für Monatsblöcke zusam-
                                                                                                men und büffeln Verfahrenstechnik, Le-
Der bislang beste Moment? Marc Berg-            klärt der Technische Betriebsleiter Mar-        bensmittelrecht oder EDV.
mann und Ingvar Thurow müssen nicht             tin Henke. Im Gegenteil, jahrelang habe               Neben Possmann bilden auch an-
lange überlegen. Kaum hatten die bei-           sich überhaupt niemand gefunden.                dere Keltereien der Region, von Heil
den im vergangenen Herbst ihre Ausbil-          Doch Henke meint, eine Bewusstseins-            über Rapp’s bis Walther, in Fruchtsaft-
dung bei der Kelterei Possmann begon-           veränderung festgestellt zu haben:              technik aus – sofern sich geeignete Kan-
nen, kamen die Äpfel an. Massen an              „Junge Leute wollen wieder wissen, wo           didaten bewerben. Martin Heil, Vorsit-
Äpfeln. „Mit anzupacken, als Tonne um           Lebensmittel herkommen und wie sie              zender des Verbandes der Hessischen
Tonne abgeladen und in der Mühle ver-           hergestellt werden.“ Und genau das ler-         Apfelwein- und Fruchtsaftkeltereien,
arbeitet wurde – das war toll“, erzählt         nen sie in dieser Ausbildung.                   kennt die Nachwuchs-Schwierigkeiten.
der 20-jährige Bergmann. Gemeinsam                    Fachkräfte für Fruchtsafttechnik          Doch er glaubt auch, dass es anders
haben sich die zwei Frankfurter Buben           stellen Obst- und Gemüsesäfte sowie             wäre, wüssten mehr junge Menschen,
auf den Weg gemacht, Fachkraft für              Fruchtweine, also auch Apfelweine her.          was Fruchtsafttechniker alles tun. „Das
Fruchtsafttechnik zu werden. Zwei Aus-          In der je nach Schulabschluss zwei oder         Faszinierende ist ja, dass man sowohl
zubildende auf einen Schlag – das gab           drei Jahre dauernden Ausbildung wird            mit hochmoderner Technologie zu tun
es seit langer Zeit nicht in der Traditi-       der gesamte Prozess von der Roh-                hat als auch mit Lebensmitteln, also mit
onskelterei in Frankfurt Rödelheim, er-         stoffauswahl bis zur Abfüllung vermit-          konkreten Produkten, die man anfas-
                                                                                                sen, riechen und schmecken kann.“ Und
                                                                                                nach der absolvierten Ausbildung stün-
                                                                                                den viele Türen offen, ob in Forschung,
                                                                                                Entwicklung oder Produktion, sei es in
                                                                                                der Fruchtsaftindustrie, bei Betreibern
                                                                                                von Mineralbrunnen oder in der Obst-
                                                                                                weinherstellung. Weiterlernen kann
                                                                                                man natürlich auch, vom „Industrie-
                                                                                                meister Fruchtsaft und Getränke“ bis
                                                                                                zum Bachelor-Studium Getränketech-
                                                                                                nologie ist einiges möglich. Hinzu
                                                                                                kommt: Die Branche gilt als zukunfts-
                                                                                                fest. Getrunken, zumal Apfelwein, wird
                                                                                                schließlich auch morgen noch.
                                                                                                      Ob sie einmal übernommen wer-
                                                                                                den oder sich lieber noch weiter qualifi-
                                                                                                zieren wollen, wissen Bergmann und
                                                                                                Thurow noch nicht. Nach dem ersten
                                                                                                Jahr sind die beiden Possmann-Azubis
                                                                                                jedenfalls sehr zufrieden mit ihrer Ent-
                                                                                                scheidung. Nur eines enttäuscht sie:
                                                                                                Ausgerechnet jetzt, wenn zum Kelter-
                                                                                                start wieder tonnenweise Äpfel angelie-
                                                                                                fert werden, müssen sie wieder zu ei-
                                                                                                nem Monats-Modul nach Geisenheim.

In den heiligen Kellern von Possmann lernen Ingvar Thurow (l.) und Marc Bergmann das            Mehr Infos unter
Handwerk an hochmodernen Anlagen.                                                               www.fruchtsaft.de/branche/berufe/

Foto: Christian Sälzer
SEITE 12                     INTERVIEW

                                  SORTENKUNDE   Fangen wir ganz grundsätzlich an: Womit be-
                                                schäftigen sich Pomologen wie Sie?

                     Pomonas
                                                Die Pomologie ist nichts anderes als die Sorten-
                                                kunde beim Obst. Viele Leute denken, das habe
                                                etwas mit dem französischen Wort „Pomme“
                                                (Apfel) zu tun, aber Namensgeberin ist Pomona,

                      Jünger
                                                die römische Göttin der Baumfrüchte.

                                                Aber Äpfel stehen trotzdem im Fokus der
                                                Pomologie?
                                                Auf jeden Fall. Das hat damit zu tun, dass der
                                                Apfel einfach am meisten Verwendung findet –
                                                gerade hier in unserer Gegend mit dem Ebbel-
 Als einer von Hessens führenden Pomologen      woi. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass es
                                                Ende des 19. Jahrhunderts sowie nach den bei-
kämpft Werner Nussbaum für die Artenvielfalt    den großen Weltkriegen einen großen Bedarf an
 auf der Streuobstwiese – keineswegs nur aus    sauberen und vitaminreichen Getränken gab.
                                                Deshalb wurden gerade in diesen Zeiten syste-
            kulinarischen Gründen.              matisch große Streuobstwiesen angelegt.

                                                Sie selbst sind als Pomologe auch auf den Apfel
                                                spezialisiert.
                                                Ja, und ein bisschen auf die Birne. Von den rund
                                                800 Sorten, die es heute noch gibt, kann ich al-
                                                lerdings nur die Standardsorten identifizieren,
                                                so rund 40 bis 50. Bei den Apfelsorten bin ich
                                                dagegen deutlich sicherer. Von den rund 2.500
                                                Sorten, die in Deutschland übriggeblieben sind,
                                                kenne ich zwar nicht alle, aber sehr viele.

                                                Wieso übriggeblieben: Wie viele Apfelsorten
                                                gab es denn in früheren Zeiten?
                                                Hierzulande gab es einst rund 8.000 Apfelsorten.
                                                Als jedoch in den 1960er-Jahren der Erwerbs-
                                                obstbau nach Deutschland kam, wurde diesen
                                                Sorten der Garaus gemacht. Es gab sogar staatli-
                                                che Rodungsprämien: Jeder, der seinen Obst-
                                                baum fällte, bekam 60 Mark – ein kleines Vermö-
                                                gen zu dieser Zeit. Damit sollte die Obstindustrie
                                                mit ihren niederstämmigen Plantagen unter-
                                                stützt werden, die genormte Früchte von gleich-
                                                bleibender Qualität versprachen. Heute be-
                                                kommst du noch maximal zehn Sorten im Laden,
                                                und mit den alten Sorten verschwindet natürlich
                                                auch das Wissen über sie.

                                                Mit der „Hessischen Lokalsorte“ prämiert der
                                                Pomologen-Verein jedes Jahr eine alte Sorte.
                                                Welche ist es in diesem Jahr?
                                                Die Hofheimer Glanzrenette. Die Sorte wurde
                                                1930 von dem Pomologen Richard Zorn beschrie-
                                                ben und benannt. Sie galt lange Zeit als verschol-
                                                len und erst vor wenigen Jahren wurden zehn Alt-
                                                bäume wiedergefunden. Durch die Prämierung
                                                wollen wir erreichen, dass der Baum wieder gezielt

Bild: „Pomona“ (1700) von Nicolas Fouché
INTERVIEW                                        SEITE 13

vermehrt und neu angepflanzt wird und somit           der Sorten veröffentlichen würden. Und schließ-
auch noch unsere Nachfahren in den Genuss dieses      lich die Kommunen: Die sind nicht immer begeis-
Apfels kommen. Ohnehin ist das ein riesiges Pro-      tert, weil eine solche Kartierung natürlich auf-
blem: Denn schon bald werden wir einen weiteren       wändig ist und auch Geld kostet.
horrenden Rückgang von Bäumen und damit auch
von Sorten erleben. Die ganzen Bäume, die in den      Was ist denn überhaupt so wichtig an einer
Hauptpflanzzeiten des 19. und 20. Jahrhunderts        Artenvielfalt? Was spricht für die alten Sorten?
gepflanzt wurden, sind nämlich mittlerweile so alt,   Erstens ist da die Aromenvielfalt der alten Sor-
dass sie bald komplett wegbrechen werden.             ten, sie schmecken zum Beispiel nach Waldmeis-
                                                      ter, Nelke oder Muskat. So etwas kennt man ja
Nicht zuletzt um das zu verhindern, hofft der Re-     gar nicht mehr von den handelsüblichen Äpfeln.          Werner Nussbaum,
gionalverband FrankfurtRheinMain auf eine um-         Zweitens gibt es bei den alten Sorten eine un-          Jahrgang 1954, ist gelernter
fassende Kartierung der Bestände durch die betei-     glaubliche Vielfalt der Verwendungsmöglichkei-          Gärtner und Fachwart für
ligten Akteure. Inwiefern könnte das helfen?          ten: saure Äpfel für den Apfelwein, süße für den        Gartenbau. Seit mehr als
Über ein solches Kataster kann man schauen, wo        Kompott. Oder Äpfel, die du im Sommer direkt            40 Jahren beschäftigt er
welche Sorten noch stehen und in welchem Pfle-        vom Baum essen musst oder andere, die du erst           sich mit der Pomologie. Er
gezustand der Baum ist – was ja eine Grundvor-        im Spätherbst erntest und dann viele Monate la-         ist Gründungsmitglied der
aussetzung ist, um die Sorten erhalten zu kön-        gern kannst. Und drittens sind alte Sorten auch         Landesgruppe Hessen im
nen. Ein Vorbild hierfür ist die Schweiz, die         viel unempfindlicher gegen Krankheiten, sodass          Pomologen-Verein sowie
längst vollflächig kartiert ist. Doch damit nicht     du keine Chemie spritzen musst.                         des Vereins MainÄppelHaus
genug: Von jedem kartierten Baum gibt es in der                                                               Lohrberg Streuobstzentrum.
Schweiz auch Nachkommen in einem guten Dut-           Viertens sollen alte Sorten auch für Allergiker         www.werner-nussbaum.de
zend Sortenpflanzungen, sodass der Genpool            besser geeignet sein.
dieser alten Sorten langfristig gesichert ist.        Richtig! Viele Menschen, die glaubten, keine Äp-
                                                      fel essen zu können, stellen plötzlich fest, dass sie
Als Pomologe haben Sie rund 23.000 Bäume be-          überhaupt keine Probleme mit den alten Sorten
stimmt und kartiert, zuletzt in der Gemeinde          haben, weil diese viel höhere Polyphenolwerte
Wölfersheim. Doch nicht alle sind von einer sol-      haben und damit verträglicher sind. Wir lassen          Apfelallergie? Bereits seit
chen Kartierung begeistert. Warum ist das so?         selbst bei unseren Hessischen Lokalsorten seit ei-      2005 lässt der BUND
Das hat unterschiedliche Gründe: Manch ein            nigen Jahren Polyphenoltests machen. Und siehe          Lemgo Apfelsorten auf
Landwirt will sich nicht in die Karten schauen las-   da: Die Sorten haben mindestens ein Wert von            ihren Polyphenolgehalt
sen, weil bei der Kartierung rauskommen könn-         800, eine hatte sogar 3.000, während die Sorten         untersucht. Dabei ließ sich
te, dass er zwar staatliche Zuschüsse für eine be-    aus dem Supermarkt selten über 500 kommen.              die Verträglichkeit vieler
stimmte Anzahl von Bäumen bekomme, er aber                                                                    alter Sorten im Vergleich
tatsächlich gar nicht so viele Bäume hat. Andere      Man sagt „An apple a day keeps the doctor               zu den „Supermarktsorten“
Streuobstwiesenbesitzer haben Sorge, dass wir         away“. Können Sie das bestätigen?                       nachweisen. Die aktuelle
auf ihre wertvollen Bäume hinweisen und diese         Ich esse jeden Tag nicht einen, sondern zwei bis        Liste mit knapp 100 Sorten
dadurch dann noch mehr von Obstdieben ge-             drei Äpfel. Ob das den Doktor dauerhaft fern-           gibt es auf der Website
plündert werden könnten – was natürlich Un-           hält, weiß ich nicht. An Vitaminmangel sterbe           zum Download.
sinn ist, weil wir ja nicht die konkreten Standorte   ich aber garantiert nicht.                              www.bund-lemgo.de

                                                                       Ihre Baumschule in Hessen
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                                                                       Hammersbacher Str. 56
                                                                       63486 Bruchköbel
                                                                       0 61 81 7 16 03
                                                                       www.baumschule-koehler.de
                                                                       info@baumschule-koehler.de

Foto: Martin Schmitz-Kuhl
SEITE 14       STORY

                                OBSTBRÄNDE & CO.

               Frucht in
             reinster Form
              Beim Destillieren gelangen die Aromen von Apfel,
              Mirabelle oder Birne hochprozentig in die Flasche.
           Brennereien in der Region bieten ihre „Handwerkskunst“
                      auch für private Obstbesitzer an.
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Vor allem zwei Eigenschaften haben Bernd             Keller und der Baum im Garten hängt schon wie-
Geckeler dazu gebracht, 1993 in Karben einen         der voll. Warum also nicht einmal seinen eige-
Brennkessel zu erwerben und seine „Wetterauer        nen Zwetschgenbrand herstellen lassen?
Obstbrennerei“ aus der Taufe zu heben. Zum                 Tatsächlich darf im Prinzip in Deutschland
einen stammt der Diplomlandwirt aus Baden-           jeder Erwachsene Spirituosen brennen lassen –
Württemberg, jenem Bundesland, in dem es             sofern man „Stoffbesitzer“ ist und seine Brenn-
rund dreimal so viele Brennereien gibt wie im        absichten beim zuständigen Zollamt hat geneh-
Rest der Republik zusammen. Geckeler brachte         migen lassen. Voraussetzung dafür ist, dass man
also sowohl Sachverstand als auch Herzblut fürs      über bestimmte selbstgewonnene Rohstoffe ver-
Destillieren mit ins eher „brennerarme“ Hessen.      fügt, seien es Früchte von eigenem Bäumen, sei-
Zum zweiten ist da eine persönliche Eigenart:        en es Beeren, die man gesammelt hat. Die er-
„Ich kann Obst nicht verkommen sehen.“ Aus           laubte Obergrenze pro Jahr ist mit 50 Liter
diesem Motiv ist das Schnapsbrennen denn auch        reinem Alkohol großzügig bemessen, möglich ist
historisch entstanden: als Technik, Überernten       es mitunter schon ab einem Zentner Maische. Ein
zu verwerten und zumindest die Aromen zu             ordentlicher Apfelbaum ist da bereits ausrei-
konservieren. Das Prinzip                                                    chend. Je nach Vereinba-
ist seit Jahrhunderten das                                                   rung liefert man die ge-
gleiche: Der Zucker der                                                      gorene Maische oder
Früchte wird in einem
Gärprozess in Alkohol
                                  Die Grundregel:                            aber das reife Obst und
                                                                             überlässt den Rest dem
umgewandelt; der Alko-
hol bindet die Aromen;
                                 Je aromatischer                             Brenner. Dieser unter-
                                                                             stützt bei den Zollforma-
                                                                                                         Brände, Wasser und Geiste

durch Erhitzen verflüchti-
gen sich beide vom Rest,
                              die Früchte sind, desto                        litäten, übernimmt dann
                                                                             das Destillieren und die
                                                                                                         Brände und Wasser sind
                                                                                                         im Prinzip das gleiche:
abgekühlt verflüssigt sich
das Destillat wieder, fer-
                                besser der Brand.                            Weiterverarbeitung zum
                                                                             trinkfertigen Brand. Wer
                                                                                                         Sie enthalten nur Alkohol
                                                                                                         enthalten, der aus dem
tig ist der Schnaps. Was                                                     will, kann beim Brennen     fruchteigenen Zucker
simpel klingt, ist im Detail                                                 dabei sein und erleben,     gewonnen wurde, und
eine Wissenschaft für sich. Die Herstellung von      wie die Temperatur im Kessel langsam steigt und     sind somit 100-prozentige
Bränden, Wassern und Geisten (siehe Spalte) er-      „Frucht in reinster Form“ aus der Tülle fließt.     Fruchtdestillate. Wasser
fordert viel Sorgfalt und Erfahrung, vor allem             Die Wetterauer Obstbrennerei ist keines-      werden dabei Destillate
dann, wenn es gut werden soll – es also nicht bloß   wegs die einzige in der Region, bei der man sein    aus Kernobstarten wie
ums Verwerten geht, sondern ums Verfeinern.          Obst veredeln lassen kann. Einige Beispiele: In     Kirsche genannt. Geiste
      So oder so: Seit fast drei Jahrzehnten trägt   Oberursel wird in der Brennerei Burkard bereits     hingegen sagt man bei
Bernd Geckeler dazu bei, dass Obst aus der Ge-       seit 1881 gebrannt, heute ist Edelbrandsomme-       Früchten, die kaum Zucker
gend nicht verkommen muss. Denn nur der klei-        lier Sven Burkard in der fünften Generation am      enthalten (z. B. Walnüsse),
nere Teil dessen, was bei ihm „durch den Kessel      Werk und aufs Lohnbrennen eingestellt. Weiter       oder deren Beschaffung
geht“, stammt von eigenen Früchten. Den weit         südlich, im Landkreis Offenbach direkt neben        aufwendig ist (z. B. Wald-
größeren Teil macht das Lohnbrennen aus: das         dem Flughafen Egelsbach, brennt Alexander           erdbeeren). Deshalb wird
Brennen für andere gegen Honorar – den               Werner, ebenfalls Edelbrandsommelier, neben         der Alkohol hier nicht
„Lohn“. Die anderen, das sind Keltereien und         eigenem Obst auch das seiner Kunden. In Fried-      aus der Frucht erzeugt,
Obsthöfe, vor allem aber sind es Privatleute, vom    berg können sich Stoffbesitzer gleich an drei       sondern zugegeben: Die
„Bankvorstand bis zum Gärtner“, meint Gecke-         Brennereien wenden. Da ist bereits seit 1988 die    Früchte ziehen in Neutral-
ler. Ein typisches Szenario: Jemand hat noch 15      Wetterauer Edelobstbrennerei von Reiner Em-         alkohol, bevor sie gebrannt
Gläser Zwetschgenmarmelade vom Vorjahr im            merich. Da ist, noch länger, der Obsthof Walther    werden.
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                               in Friedberg-Ossenheim, auf dem nicht nur aus         Reineclauden & Co. ins Elsass, wo er sie zusammen
                               eigenem Obst doppelgebrannte Destillate mit           mit seinem Partner, dem Destillateur Jean-Claude
                               dem trickreichen Namen „Calvadossenheimer“            Hoeffler, auf handwerklich-traditionelle Weise
                               entstehen: Stoffbesitzer können bei Dr. Hartmut       zweifach brennt. Zurück in Schlüchtern, kümmert
                               Walther auch brennen lassen und brennen ler-          er sich um die Vollendung. „Mindestens drei Jah-
                               nen. Und da ist Weidmann & Groh im Stadtteil          re reifen die Brände in Holzfässern, unser bislang
                               Ockstadt, wo in Nachfolge von Reiner Weid-            ältester Brand gar 14 Jahre.“
                               mann mit Schwiegersohn Norman Groh die                      Generell aber sind die „goldenen Jahre“
                               nächste Generation mit Erfolg am Kessel steht.        vorbei. Seit dem Gründungsboom um 1990 her-
                                    In Offenburg zum „Staatlich geprüften            um hat die Zahl aktiver Brennereien stark abge-
                               Brenner“ geschult, stellt Groh neben Apfel- so-       nommen. In der Gastronomie wird Hochprozen-
                               wie Perl- und Schaumweinen hochwertige Edel-          tiges seltener verlangt, schlichter Schnaps ist aus
                               brände und Liköre her, etwa zur Hälfte aus Obst       der Mode. Viele Brennereien, gerade die nachge-
                               von eigenen Streuobstwiesen und Obstanlagen,          wachsenen Generationen, haben allerdings re-
                               zur anderen „im Lohn“ vor allem für Privatleute.      agiert. Methoden wurden verfeinert, die Auftrit-
                               Was ihm am Brennen gefällt? „Ich finde es faszi-      te sind zeitgemäßer, das Marketing professioneller
                               nierend zu riechen und zu schmecken, wie sich         und die Vertriebswege vielfältiger geworden. Bei
                               die Aromen der Natur so konzentriert im Destil-       Burkard in Oberursel etwa können Interessierte
                               lat bündeln lassen.“ Der Prozess – vom Maischen       bei Betriebsführungen, Schaubrennen und De-
                               und Gären über das Brennen und Filtern bis zum        gustationen die heutige Brennkultur kennenler-
                               Lagern und Reifen – mag an jeder Stelle Sorgfalt      nen. Insgesamt hat ein Kulturwandel stattgefun-
                               und Erfahrung erfordern.                                                      den, bei dem es immer
                               Wie gut ein Brand aber                                                        weniger um Masse und
                               werden kann, entscheidet                                                      immer mehr um Klasse
                               sich laut Groh ganz am
                               Anfang: beim Obst und
                                                               Statt bloßem Schnaps                          geht. Statt „Schnaps mit
                                                                                                             Wirkung“ sind feinste
                               dem richtigen Erntezeit-
                               punkt. „Aus unreifem
                                                                 mit Wirkung sind                            Destillate und hochwerti-
                                                                                                             ge Edelbrände mit Bou-
Abfindungs- und
Verschlussbrennereien
                               Obst kann man keinen
                               guten Brand erzeugen. Es
                                                               feinste Destillate mit                        quet gefragt.
                                                                                                                   Hinzu kommt: In den

Die Erzeugung von
                               gibt eine einfache Regel:
                               Je höher die Aromenin-
                                                                  Bouquet gefragt.                           letzten Jahren haben die
                                                                                                             Betriebe ihr Sortiment
Alkohol wird vom Staat         tensität der Frucht, desto                                                    enorm erweitert und
streng kontrolliert. In        besser der Schnaps.“                                                          neue Kreationen entwi-
Verschlussbrennereien ist           Wie wichtig die Qualität des Obstes ist, be-     ckelt, neben Zwetschge und Kirsche gibt es auch
die Brennanlage so             tont auch Gerhard Bolender aus der Gegend             Topinambur und Aroniabeeren im Sortiment.
ausgestattet, dass jeder       Bergwinkel im Main-Kinzig-Kreis. 100 Jahre lang       Auf Basis der Erfahrung am Kessel und mit der
Tropfen Alkohol registriert    schon bringen Bauern und Gartenbesitzer ihr Kel-      Fasslagerung werden auch Terrains jenseits der
und keiner unbemerkt           terobst zu den Bolenders nach Schlüchtern. Inzwi-     Obstbrände erkundet, etwa Gins oder Whiskys.
entnommen werden kann.         schen wird es zwar nicht mehr gekeltert, längst       Am weitesten wagt man sich vermutlich in Krif-
Verschlussbrenner dürfen       aber – als Brennobst – zu den „Bergwinkel-Brän-       tel heraus, und das mit Erfolg. In der Brennerei
brennen, wann und so viel      den von Bolender & Hoeffler“ veredelt. „Die           Henrich wird neben vielem anderen sogar Rum
sie wollen, und zahlen         Früchte stammen von Bäumen, die auf Streuobst-        hergestellt und der hessische „Gin Sieben“ kom-
Steuern auf die destillierte   wiesen, an Feldrändern und in Hausgärten auf          poniert, der neben Wacholder auch die Essenz
Alkoholmenge. Daneben          kargen, steinigen Böden stehen“, erklärt Gerhard      der sieben Kräuter der Grünen Soße enthält. Der
dürfen Abfindungsbrenne-       Bolender. „Sie werden nicht gedüngt und nicht         Phantasie der Brenner setzt die Natur kaum
reien in begrenztem Maße       gespritzt. Solche Früchte sind im Aroma dem ge-       Grenzen. Fragt man sie aber nach ihren persönli-
Alkohol erzeugen. Hier         wässerten Plantagenobst weit überlegen und ha-        chen Brand-Favoriten, landet man meist doch
stehen die Anlagen nicht       ben einen hohen Extraktgehalt. Ganz wichtig ist       wieder bei den Klassikern der Streuobstwiese.
„unter Verschluss“, dafür      die Sortenvielfalt von überwiegend alten Sorten.“     Bernd Geckeler etwa schwärmt von Mirabelle,
muss jeder Brenngang und       Zu „Bergwinkel-Bränden von Bolender & Hoeff-          der Favorit von Gerhard Bolender ist Reineclau-
die Menge angemeldet           ler“ werden die Früchte mittels einer besonderen      de. Und für Norman Groh – typisch Ockstädter –
sein. Und der Zoll kann        Form der deutsch-französischen bzw. hessisch-         geht nichts über den intensiven Duft und das
jederzeit zur Kontrolle        elsässischen Freundschaft: Jahr für Jahr fährt Ger-   Aroma eines Kirschwassers. „Das macht mich
vorbeikommen.                  hard Bolender bei ihm vergorene Zwetschgen,           einfach am glücklichsten."
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Vom Obst zum Brand –
so läuft‘s

1.
Es beginnt mit vollreifem Obst. Die Früchte wer-
den zerkleinert, die Maische wird vergoren. Hier-     Mitten aus der Natur!
bei wandelt sich der Zucker der Früchte in Alko-
hol um, dieser verbindet sich mit den Aromen.
Der Gärprozess braucht Zeit, je nach Obstsorte
mehrere Wochen, bei säurestarken Früchten wie
einem Speierling deutlich länger.

2.
In einem Destilliergerät, dem „Brenner“, wird
die Maische in einem Wasserbad erhitzt. Mit an-
steigender Temperatur verflüchtigen sich Alko-
hol und Aromen. „Im Dampf verbunden“, stei-
gen sie im Kessel nach oben, bis sie an der Spitze
kondensieren und als flüssiges Destillat in einer
Rohrspirale nach unten fließen.

3.
Das Destillat wird vom Brenner aufgefangen. Was
am Anfang und am Ende herausläuft, der soge-
nannte Vor- und Nachlauf, wird abgetrennt. Es
enthält unliebsame Methyl- und Isopropyl-
alkohole, nur der Mittellauf bringt als „Herzstück“
den gewünschten Ethanol. All das entscheidet der
Brenner durch sensorisches Prüfen: riechen und
schmecken. Je strenger er abtrennt, desto gerin-
ger die Ausbeute und desto höher die Qualität.

4.
Nun wird „weiterverarbeitet“ – natürlich ohne
das Zusetzen von Zucker, Aromastoffen oder
Fruchtauszügen. Durch Zugabe von Wasser kann
der extrem hohe Alkoholgehalt des Destillats
von über 80 Prozent Vol. auf die gewünschte
Trinkstärke heruntergesetzt werden. Es folgt die      Kelterei Heil - An den Obstwiesen - 35789 Laubus-Eschbach
Reifung, von kurz und klar in der Flasche bis zu
                                                                          www.kelterei-heil.de
lange in Holzfässern, was den Bränden besondere
Noten und Farben verleiht. Wohl bekomm’s!
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Nicht flüssig
Ob zu Weihnachten, Geburtstag oder als Mitbringsel:                                       Handgehäkeltes aus Hessen
                                                                                          Claudia Stiller aus Maintal häkelt Bembel.
Rund um den Apfelwein und die Streuobstwiese                                              Unter ihrem Label ReWOLLte stellt sie
gibt es inzwischen jede Menge originelle Produkte,                                        Klorollenhüte, Eierwärmer oder Unterset-
                                                                                          zer im entsprechenden Look her. Der Klas-
die sich zum Verschenken eignen. Eine Auswahl.                                            siker ist jedoch die Bembelmütze (29,90
                                                                                          Euro). Zu kaufen gibt es das passende
                                                                                          Accessoire für alle Freunde des Stöffchens
                                                                                          in jedem gut sortierten Bembel-Shop –
                                                                                          oder direkt bei der Produzentin.
                                                                                          www.rewollte.de

                                            So kreiselt der Hesse
                                            Die Neuen Freunde sind ein Designstu-
                                            dio aus Frankfurt, das sich auf die Erfin-
                                            dung von originellem Spielzeug speziali-
                                            siert hat, in aller Regel aus Holz. Mit dem
                                            Hesse Kreisel (9,90 Euro) haben sie auch
                                            etwas für große Kinder im Programm.
                                            Damit kann man nicht nur normal krei-
                                            seln, sondern auch das „Hesse Kreisel
                                            Boule“ spielen: Derjenige, dessen Kreisel
                                            am weitesten entfernt vom Tablett zum
                                            Liegen kommt, muss trinken.
                                            www.neue-freunde.org

Spielend lernen
Fruchtertrag sticht! Oder vielleicht doch
eher die Lagerfähigkeit oder die Frucht-
größe? Spielerisch mehr über die hei-                                                     Quadrate vom Frankfurter Bubb
mischen Obstsorten erfährt man bei                                                        Hinter dem Label Frankfurter Bubb
diesem Quartettspiel mit 32 hessischen                                                    steckt der Fotograf Alex Habermehl. Sein
Apfelsorten (7,90 Euro). Erfunden hat es                                                  Markenzeichen sind kleine quadratische
Ottfried Schreiter, der mit seinen Obst-                                                  Fotos, die auf dicken MDF-Platten aufge-
wiesenshop in Solms unter anderem                                                         zogen sind (ab 19,90 Euro). Meist sind es
auch Geschenkpapier mit Streuobstmo-                                                      Detailaufnahmen, häufig Schriftzüge
tiven sowie Kunstdrucke, Postkarten                                                       oder schräge Bildausschnitte. Auf der
und Kalender im Angebot hat.                                                              Website sind die Motive nach Kategorien
www.obstwiesenshop.de                                                                     geordnet, darunter auch Apfelwein.
                                                                                          www.frankfurterbubb.de
THEMEN                                                                SEITE 19

                                           •
                                                          Bembelkultur in Eckenheim!

                                                 Der Homburger Hof ist der Ort für Frankfurter Lebensart. Seit 1880 bieten wir Ihnen
                                                 traditionelle Frankfurter Küche, Apfelweinkultur und unseren Selbstgemachten sowie
                                                 die einzigartge Bembelkegelbahn.

Sauber mit Ebbelwoi
In Apfelwein zu baden – wie einst an-
geblich Kleopatra in Eselsmilch – wäre
natürlich pure Verschwendung. Aber
„en Dröppsche Ebbelwei“ dürfte es
schon sein, dachten sich Elke Simmel                                                                           JETZT NEU:
                                                  • Großer Innenhof-Garten mit Heizpilzen                      Alle Räume sind
und Karin Huber von der Frankfurter               • Gemütlicher Gastraum                                       mit professionellen
Seifenmanufaktur. Ihr Badesalz der be-            • Einzigartige Bembelkegelbahn                               Luftfilteranlagen
sonderen Art gibt es für 12,90 Euro, zu-          • Hygienekonzept für Draußen und Drinnen                     ausgestattet
dem andere Produkte rund ums Stöff-               • Apfelwein auch aus eigener Herstellung
                                                  • Saisonale Frankfurter Küche
che wie eine Seife, Trocken-Shampoo
oder Duschgel – einzeln oder im prakti-                                          Engelthaler Str. 13
schen Geschenkset.                               homburger_hof               60435 Frankfurt-Eckenheim
                                                                                  069 - 95 41 62 42
www.die-seifenmanufaktur.de                     bembelkultur.de                 www.bembelkultur.de

                                           BEMBELTOWN
Let‘s have Bembelparty                     Design and more...
Die schönsten Geschenke sind die selbst-       DIE SPEZIALISTEN FÜR BEMBEL
gemachten! Möglich ist das bei den
                                           Bembelproduktion mit Leidenschaft und
Mal-Events von Bembeltown, sei es in
                                           Apfelwein im Blut.
Frankfurt-Bockenheim oder bei Typisch
Hessen in Friedberg. Angemalt werden
können Bembel in unterschiedlichen
                                                            Wir haben eine große Auswahl an traditionellen
Größen und Preisen (ab 49,90 Euro), al-
                                                            und modernen Bembel und produzieren auch gerne
les unter professioneller Anleitung. Die                    nach Kundenwunsch.
Bembelpartys können auch von Grup-
                                                            Lust auf den eigenen Bembel?
pen gebucht werden, zum Beispiel als
                                                            Bei unseren Bembel Party Mal-Events könnt Ihr
Weihnachtsfeier.
                                                            Eurer Fantasie freien Lauf lassen und Euren ganz
www.bembeltown.de                                           persönlichen Bembel bemalen.

                                           Ihr findet uns hier:
                                           Bembeltown Design and more
                                           Tilsiter Straße 10 · 60487 Frankfurt am Main
                                           069-90550613 · www.Bembeltown.de
                                           Bembel Shop im Hessen-Center
                                           Borsigallee 26 · 60388 Frankfurt am Main
                                           Typisch Hessisch · Spezialitäten & Äppelwoikeller
                                           Haingraben 13 · 61169 Friedberg
                                           06031-166 72 80 · www.Typisch-Hessisch.de
SEITE 20                  KOLUMNE

                                      Sauers Sicht
                            Drei Jahre Lohrberger Erklärung:
                 Das gemeinsame Bekenntnis und Engagement zum Erhalt
                           der Streuobstwiesen(kultur) wirkt.
Im August 2018 haben Vertreterinnen          Marketings. In dieser Hinsicht war die     Kataster“ die Verbandskommunen zur
und Vertreter von Städten, Gemein-           Übernahme der Hessischen Apfelwein-        Mitarbeit ein. Auf Grundlage dieser Da-
den, Landkreisen, Landschaftspflege-         und Obstwiesenroute und damit einher-      tenbank kann der Erhalt der Wiesen
verbänden, Interessen- und Fachgrup-         gehend die Neugestaltung des bisheri-      künftig noch zielgerichteter angegan-
pen die „Lohrberger Erklärung“ zum           gen Informationsmediums „Apfelbote“        gen werden (siehe Seite 6). Es ist also
Erhalt der hiesigen Streuobstwiesen          zu einem attraktiven Magazin ein Mei-      vieles auf den Weg gebracht. Aber da-
verabschiedet. Darin sind fünf Ziele for-    lenstein. Seit Frühjahr 2020 bringt der    mit ist es nicht getan. Die entwickelten
muliert, die der Regionalverband Frank-      Apfelbote in hoher Auflage Streuobst-      Instrumente müssen mit Leben gefüllt
furtRheinMain als zentraler Akteur um-       wiesen als artenreiche Biotope, als Räu-   werden. Ein Kataster will gepflegt, eine
setzen soll. In einem ersten Schritt hat     me des Erlebens und Erholens sowie in      Börse immer wieder beworben werden,
er die Stelle eines Regionalen Streuobst-    ihrer großen Bedeutung für die regio-      ein Magazin in allen Schleifen an die
beauftragten geschaffen und damit            nale Wirtschaft auch an „Streuobst-Lai-    Leserschaft gebracht werden. In diesem
eine Forderung schon zur Hälfte umge-                                                   Sinne gibt es noch Luft nach oben.
setzt. Nach bald drei Jahren in dieser                                                       Allerdings macht es die Corona-
Funktion kann ich sagen: Die Heraus-                                                    Pandemie uns allen seit eineinhalb Jahren
forderungen sind groß. Aber es ist
enorm viel geschehen. Deutlich wird
                                                Viel ist erreicht                       nicht leicht. Zahlreiche Veranstaltungen
                                                                                        mussten ausfallen, Existenzen gesichert,
das, wenn man die „Arbeitsaufträge“
Punkt für Punkt durchgeht.
                                              einiges noch geplant                      Prioritäten neu gesetzt werden. So gab
                                                                                        es entgegen den Absichten seit 2019
      Neben dem Streuobstbeauftragten                                                   kein regionsweites Vernetzungstreffen.
sollte – so Ziel eins – ein Infoportal die                                              Das soll sich ändern. Überhaupt wird es
Aktivitäten in der Region bündeln und        en“. In die gleiche Richtung weist ein     darum gehen, wieder stärker in Aus-
sichtbar machen. Anfang 2020 war das         gemeinsam mit dem Regionalpark und         tausch zu treten – zumal eine neu ge-
„Streuobst-Portal“ www.streuobst-frm.de      den Regionalschleifen der Hessischen       schaffene Projektstelle bald besetzt sein
freigeschaltet. Ziel zwei sah die Stär-      Apfelwein- und Obstwiesenrouten an-        wird: Die neue Kraft wird in enger Zusam-
kung von Schulungsmaßnahmen vor.             gegangenes Projekt: die Überarbeitung      menarbeit mit den Vereinsmitgliedern
Auch hier ist rasch gehandelt worden.        und Reaktivierung des Rad- und Wan-        der Hessischen Apfelwein- und Obstwie-
Neben Vernetzungstreffen und Vorträ-         derwegenetzes.                             senroute die Modernisierung der Rou-
gen hat der Regionalverband für Ange-            Auch Ziel vier und fünf sind in den    ten umsetzen. Auch das zeigt, wie weit
stellte von Verbandskommunen die             vergangenen Monaten entscheidend           wir in drei Jahren gekommen sind.
Spezialfortbildung „Zertifizierter Land-     vorangebracht worden. Im Mai wurde
schaftsobstbauer“ organisiert und ge-        die Streuobst-Börse zur Vermittlung        Bastian Sauer ist beim Regionalverband
fördert (siehe Seite 4). Die Kurse stoßen    von Angeboten und Gesuchen online          FrankfurtRheinMain als Regionaler Streuobst-
auf großes Interesse. Ziel drei benennt      geschaltet. Und in Kürze lädt das ei-      beauftragter tätig. Ihre Meinung zum Thema?
die Stärkung des regionalen Streuobst-       gens entwickelte digitale „Streuobst-      Schreiben Sie an sauer@region-frankfurt.de
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