Ersetzt Klima- die Entwicklungshilfe? - Alliance Sud
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NUMMER 58 | SOMMER 2015 Globalisierung und Nord / Süd-Politik Arbeitsgemeinschaft Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle | Helvetas | Caritas | Heks | www.alliancesud.ch Ersetzt Klima- die Entwicklungshilfe? Die EZA, wie sie Bafu- Konzerninitiative FfD : Neuauflage des Direktor Oberle sieht schreckt das Business auf Nord-Süd-Konflikts
Kurz notiert Botschaft IZA: Drohender Spardruck das internationale Netzwerk OECD Watch, schwemmen hilft, überprüft werden. Und es. (Fast) alles dreht sich bei der Diskussion das 200 Klagen von NGOs aus den letzten es soll den reichen Ländern weiterhin er- über die Botschaft für die internationale Zu- fünfzehn Jahren untersucht hat. Folgende laubt bleiben, ihre Landwirtschaft zu sub- sammenarbeit 2017 – 2020 ums Geld. Die Punkte gilt es zu verbessern : Den NKP fehlt ventionieren, ohne gleichzeitig den Markt- Wachstumsprognosen für die Schweizer es ( zu ) oft an Unabhängigkeit und Unvorein- zugang für Länder des Südens zu verbessern. Euro-Wirtschaft haben sich nach Aufhebung genommenheit, was mit der Nähe der NKP Schwellen- und Entwicklungsländer zeigen des Mindestkurses durch die Nationalbank zu staatlichen Stellen zu tun hat, die Inves- kein Interesse daran, diese Rabatte zu ge- verschlechtert, Steuerreformen wie die Un- titionsförderung betreiben ; es gibt Wider- währen. ternehmenssteuerreform II hinterlassen stand, Verletzungen der Menschenrechte Löcher in der Staatskasse. Erst im Herbst in abschliessenden Erklärungen festzuhal- real21 – die Welt verstehen wird das Budget der Schweizer IZA für die ten ; es fehlen Sanktionsmöglichkeiten. Un- dh. Zusammen mit der Schweizer Journa- nächste Botschaftsperiode bekannt sein. der denselben Mängeln leidet auch der vom listenschule MAZ setzt sich Alliance Sud für Dann wird sich zeigen, ob die Verpflichtung, Seco betreute Schweizer NKP, wie der Bericht qualitativ hoch stehenden Auslandjourna- 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens « Remedy Remains Rare » zur Behandlung lismus ein. Die beiden haben den Verein für IZA auszugeben, eingehalten wird, oder des Falls Triumph von 2009 unterstreicht. « real21 – die Welt verstehen » gegründet, ob bei den Ärmsten weltweit gespart wer- www.oecdwatch.org der ausgezeichnete Berichterstattung über den soll. Derzeit wird die Zivilgesellschaft globale Entwicklung mit einem Fonds und zum Inhalt der Botschaft konsultiert. Im Doha-Zyklus : Zangengeburt in Nairobi? einem Preis fördert. Jährlich sollen 54 000 Dezember 2015 soll sie vom Bundesrat ver- ia. « Re-Kalibrierung » lautet das Zauber- Franken für Recherchen ausgeschüttet abschiedet werden, Ende 2016 vom Parla- wort, mit dem die Industrieländer Errun- werden, dazu kommen ein Hauptpreis von ment. genschaften des Doha-Zyklus der WTO in 10 000 sowie ein Förderpreis von 5000 Fran- Frage stellen und die Verhandlungsrunde ken. Die erste Ausschreibung des Medien- OECD-Leitlinien : Magere Bilanz beim nächsten Ministertreffen im Dezem- fonds läuft von Ende August bis Ende Okto- me. Vermittlungen nationaler Kontakt- ber in Nairobi zum Abschluss bringen möch- ber 2015. Die ersten Medienpreise werden im punkte ( NKP ) bei der Umsetzung der OECD- ten. Unter dem Vorwand der Vereinfachung Herbst 2016 vergeben. Finanziert wird real21 Leitlinien für multinationale Konzerne ha- wollen die reichen Länder Zugeständnisse von der Deza, die damit eine durch das Ende ben zuletzt zu einigen Zusagen geführt, es bei den Agrar- und Industrieprodukten wie- von InfoSud in der Deutschschweiz entstan- mit der Beachtung der Menschenrechte ge- der verwässern. In der Landwirtschaft etwa dene Lücke füllt. Weiterführende Informati- nauer zu nehmen. Aber das ist die Ausnah- soll der spezielle Schutzmechanismus, der onen gibt es auf der Website www.real21.ch. me statt die Regel. Zu diesem Schluss kommt den Entwicklungsländern gegen Import- Impressum Alliance Sud auf einen Blick GLOBAL + Präsidium – Konzerne und Menschenrechte erscheint viermal jährlich. Melchior Lengsfeld, Direktor Helvetas Michel Egger, Tel. + 41 21 612 00 98 michel.egger@alliancesud.ch Herausgeberin: Geschäftsstelle Alliance Sud Peter Niggli ( Geschäftsleiter ) – Medien und Kommunikation Arbeitsgemeinschaft Kathrin Spichiger Daniel Hitzig, Tel. + 41 31 390 93 34 Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle | Monbijoustrasse 31, Postfach 6735, 3001 Bern daniel.hitzig@alliancesud.ch Helvetas | Caritas | Heks Tel. + 41 31 390 93 30 E-Mail: globalplus@alliancesud.ch Fax + 41 31 390 93 31 InfoDoc Bern Website: www.alliancesud.ch E-Mail : mail@alliancesud.ch Jris Bertschi / Emanuela Tognola / Social Media: www.facebook.com/alliancesud, Entwicklungspolitik Emanuel Zeiter www.twitter.com/AllianceSud Tel. + 41 31 390 93 37 – Entwicklungszusammenarbeit : Redaktion: dokumentation@alliancesud.ch Eva Schmassmann, Tel. + 41 31 390 93 40 Daniel Hitzig ( dh ), Kathrin Spichiger ( ks ), eva.schmassmann@alliancesud.ch Tel. + 41 31 390 93 34/30 Regionalstelle Lausanne Bildredaktion: Nicole Aeby Isolda Agazzi / Michel Egger / Katia Vivas – Internationale Finanz- und Steuerpolitik Grafik: Clerici Partner Design, Zürich Tel. + 41 21 612 00 95/Fax + 41 21 612 00 99 Mark Herkenrath, Tel. + 41 31 390 93 35 Druck: s+z: gutzumdruck, Brig lausanne@alliancesud.ch mark.herkenrath@alliancesud.ch Auflage: 2400 Einzelpreis: Fr. 7.50 InfoDoc Lausanne – Klima und Umwelt Jahresabo: Fr. 30.– Pierre Flatt / Nicolas Bugnon / Jürg Staudenmann, Tel. + 41 31 390 93 32 Förderabo: mind. Fr. 50.– Amélie Vallotton Preisig juerg.staudenmann@alliancesud.ch Inseratepreise/Beilagen: auf Anfrage Tel. + 41 21 612 00 86 Bildnachweis Titelseite: In einem Lager documentation@alliancesud.ch – Welthandel und Investitionen für intern Vertriebene in Gareida in Isolda Agazzi, Tel. + 41 21 612 00 97 Süd-Darfur, Sudan. © Sven Torfinn/Panos Regionalstelle Lugano isolda.agazzi@alliancesud.ch Lavinia Sommaruga / Mirka Caletti Tel. + 41 91 967 33 66/Fax + 41 91 966 02 46 Die nächste Ausgabe von GLOBAL + lugano@alliancesud.ch erscheint Anfang Oktober 2015. 2 GLOBAL + SOMMER 2015
Mehr Klimaschutz, weniger Entwicklungshilfe? Der Klimawandel kommt teuer zu stehen. Wenn wir ihn nicht bremsen, Foto : © Daniel Rihs nehmen Ernteausfälle, Überflutungen tief gelegener Küstenregionen, Krankheiten, Massenwanderungen und bewaffnete Konflikte um Res- sourcen zu. Ihn zu bremsen, kostet ebenfalls. Dazu müssen Energie- gewinnungs-, Produktions- und Transportsysteme global auf erneuer- bare Energien umgestellt werden – was unter dem Begriff Klimaschutz verstanden wird. Moderate Schätzungen gehen von jährlich 200 Milliar- den Dollar aus, welche dafür ab 2020 in Schwellen- und Entwicklungs- ländern investiert werden müssten. Hinzu kommen 50 Milliarden jähr- licher Investitionen, um sich an den Klimawandel anzupassen. Dazu gehören Küstenschutzsysteme gegen den Meeresspiegelanstieg, Verän- derungen der Wasserläufe oder Umsiedlungen innerhalb betroffener Länder, um nur ein paar Punkte zu nennen. Diese 250 Milliarden fallen in den Entwicklungsländern zusätzlich zu dem an, was der weitere Ausbau der Bildungs- und Gesundheits- systeme oder der Infrastruktur kostet. Die Industrieländer versprachen in Kopenhagen 2009, sich an den gesamten Klimakosten mit 100 Milli- arden jährlich, also zu 40 Prozent, zu beteiligen. Und zwar zusätzlich zur Entwicklungshilfe von heute 135 Milliarden. Unsere Länder könnten die- se 100 Milliarden leicht und verursachergerecht generieren, wenn sie die heimischen Treibhausgasemissionen preislich mehr belasten, als sie es ohnehin tun müssen, wenn sie den eigenen Klimaschutz vorantreiben. Vom Willen, die dazu nötigen politischen und gesetzlichen Vorkehrungen zu treffen, ist in vielen Industrieländern, auch in der Schweiz, aber wenig Aus dem Inhalt zu spüren. Das zeigt exemplarisch das Interview mit Bruno Oberle, dem obersten Umweltschützer der Schweiz, in diesem Heft. Oberle behauptet apodiktisch, es sei politisch schon entschieden, Foto : © Daniel Rihs dass der Klimabeitrag der Schweiz aus dem Entwicklungsbudget finan- ziert werde. Da dieses auf 0,5 Prozent erhöht worden sei, handle es sich um « neues, zusätzliches » Geld. Das widerspricht den internationalen Vereinbarungen. Schon bisher nahmen die Schweiz und andere westliche Länder ihre homöopathisch dosierten Klimabeiträge aus dem Entwick- lungsbudget. Ab 2020 geht es aber um mehrere hundert Millionen Fran- ken jährlich zulasten der Entwicklungsaufgaben von Deza und Seco. Für Oberle ist das kein Problem. Die Prioritäten der Entwicklungshilfe seien ständigem Modewandel unterworfen. Habe man sich früher auf Gender Bafu-Chef vor Klimagipfel in Paris oder Dezentralisierung konzentriert, müsse man sich nun eben auf Klima ausrichten. Das nütze den Armen auch. Klima kann man aber so wenig 4 « Keine zu hohen Erwartungen, bitte ! » essen, wie man genug zu essen kriegt, wenn der Klimawandel völlig aus dem Ruder läuft. Ceterum censeo : Oberles Vorhaben widerspricht dem Unternehmen und Menschenrechte Entwicklungshilfegesetz. 8 Bund im Schlepptau der Wirtschaft PS : Das ist mein letztes Editorial. Dem Job entsprechend ist es nicht zu einem besinnlichen Rückblick, sondern zur Vorschau auf kommende TISA-Abkommen soll 2016 kommen Auseinandersetzungen geworden. Am 1. August übergebe ich die Ge- 10 Wikileaks legt Inhalte offen schäftsleitung in jüngere Hände. Peter Niggli, Geschäftsleiter von Alliance Sud Entwicklungsfinanzierung 12 Das Ringen um Kompromisse Peter Niggli wird pensioniert 15 Das Ende einer Ära GLOBAL + SOMMER 2015 3
Interview mit Bruno Oberle, Direktor des Bundesamtes für Umwelt ( Bafu ) « Klimazahlungen werden aus Entwicklungs- Budget bezahlt » Jürg Staudenmann und Daniel Hitzig Gegen eine Milliarde Franken jährlich soll die Schweiz ab 2020 an den internationalen Klimaschutz zahlen. Der für die Klima- politik zuständige Bafu-Direktor geht im GLOBAL+-Gespräch in die Offensive: Die Deza werde umdenken müssen. Statt auf Gender oder Gouvernanz zu setzen, soll die Schweizer EZA auf Klima umgepolt werden. GLOBAL+ : Was braucht es, damit der Klimagipfel in Paris in sechs Monaten nicht krachend scheitert wie jener in Kopen- hagen ( 2009 ) ? Bruno Oberle : Wir erwarten nicht, dass in Paris alle anstehen- den Probleme gelöst werden. Wir müssen aber vermeiden, all- zu hohe Erwartungen zu wecken, um Enttäuschungen vorzu- beugen. Ich fand das Ergebnis von Kopenhagen allerdings gar nicht so schlecht. Immerhin haben wir 100 Milliarden US-Dollar Klimafinanzierung pro Jahr für arme Entwicklungsländer ab 2020 beschlossen ; und wir hatten die Staatsoberhäupter ver- sammelt, also das Thema dort platziert, wo es hingehörte. Paris soll nun konkretisieren, was man sich in Durban ( 2011 ) vorgenommen hat : Die Aufteilung der Welt zu überwinden in eine Hälfte, die reich und schuldig ist und liefern muss. Und eine andere, die arm und unschuldig ist und abwarten darf. Ein zentraler erster Pfeiler dazu sind die INDC, die Intended Nationally Determined Contributions. Mit diesen kann jedes Land selber sagen, wie viel CO2-Aussstoss zu reduzieren es bereit ist. Ein wichtiger zweiter Pfeiler sind die Regeln : MRV steht für Measurable, Reportable, Verifyable, das heisst, die Ziele sind zwar nicht verpflichtend, müssen aber überprüfbar sein. Diese neu vereinbarten Zielvorgaben und prozeduralen Regeln erlauben es reichen Staaten wie den USA und gewissen Ent- wicklungsländern, an Bord zu kommen und jenes Tempo anzu- schlagen, das sie selbst für angebracht halten. Ein wichtiger dritter Pfeiler ist die Finanzierung, die in Kopenhagen beschlos- sen wurde. Dazu dienen verschiedene Quellen, der Green Climate Fund ist eines der Instrumente. Frankreich hat jetzt noch einen vierten Pfeiler definiert, und den finde ich klug : Fotos : © Daniel Rihs Nach dem Motto « Lasst tausend Blumen spriessen » will man schauen, was der private Sektor, was alternative Initiativen aus- richten können. 4 GLOBAL + SOMMER 2015
Klimakonferenzen setzen den Konsens aller Länder voraus, sie. Jetzt kann man uns nacheifern, oder auch nicht. Ein Element, weshalb man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen das hilft, Probleme zu lösen, sind Technologien ; die Schweiz ent- Nenner einigt. wickelt und exportiert solche. China etwa produziert massen- Über die einzelnen Staaten hinaus sind aber viele andere Player haft Sonnenkollektoren, zu denen die Schweizer Wirtschaft aktiv. Die Welt besteht nicht bloss aus einer Anzahl Regierun- massgebliche Technologie geliefert hat. gen. Man hat immer gewusst, dass der US-Senat die Kyoto-Ver- pflichtung nie ratifizieren wird. Hingegen sind US-Bundesstaa- Ihr Vergleich mit Deutschland unterschlägt allerdings, dass ten so gross wie europäische Länder und eine Vielzahl privater die Schweiz durch ihren viel höheren Konsum von impor- Akteure aktiv geworden. Generell gibt es überall lahme Enten tierten Gütern pro Kopf nochmals so viele Emissionen im und Pioniere. Die Pioniere handeln aus Überzeugung, weil sie Ausland erzeugt wie im Inland. wissen, dass es sie in der künftigen Welt konkurrenzfähiger Kyoto und UNFCCC ( UN-Klimarahmenkonvention ) sehen vor, macht. Im Zuge der Klimakonferenz in Paris öffnet man jetzt dass die Rechnung nur die nationalen Emissionen erfasst. Wür- quasi ein grosses Buch, in das jedes Land sein Reduktionsziel den alle Emissionen erfasst, für die wir verantwortlich sind, eintragen kann. Darin kann man später nachschauen und die dann müsste der Staat ein Steuerungsinstrument besitzen, Länder auf ihrem Wort behaften. also Importe mit viel grauer Energie verbieten können. Damit würde man aber gegen Handelsabkommen verstossen. Aber dabei gerät doch das Ziel aus den Augen, dass der glo- bale Temperaturanstieg 2 Grad Celsius nicht übersteigen darf ? Wie dem auch sei, Ende Mai ist Deutschland der « Carbon Das ist natürlich das alles überstrahlende Ziel, das stellt nie- Pricing Leadership Coalition » beigetreten. Das gibt der mand in Abrede. Aber das Klima ist nur ein Element in einer viel ursprünglich schweizerischen Idee eines globalen CO2-Preises breiteren Agenda, in deren Richtung wir uns entwickeln sollten. wieder Aufwind : Wäre die Zeit nicht reif für die Schweiz, Nämlich die der Sustainable Development Goals ( SDG ). Das ist den Vorschlag erneut aufzutischen ? « The World We Want » beziehungsweise « The World We Need ». In letzter Zeit gibt es ermutigende Signale. Es spricht nach wie vor sehr viel für einen globalen CO2-Preis, weil das ein ord- Wenn wir Sie richtig verstehen, schwingt eine gewisse nungspolitisch sauberes Instrument und eine ideale Quelle für Desillusionierung über die Regierungsebene mit : Die notwendige globale Investitionen wäre. Unser Vorschlag ging Einigung auf ein griffiges Abkommen mit ausreichenden aber davon aus, dass alle Emissionen in allen Ländern einer Ab- Reduktions- und eben auch finanziellen Zielvorgaben gabe unterworfen wären. Um den Entwicklungsländern entge- halten Sie für eine überzogene Erwartung. genzukommen, hatten wir einen unterschiedlichen Abgabesatz Wenn Sie es so formulieren, machen Sie wieder nichts anderes, für reiche und weniger reiche Länder vorgesehen. Zudem schlu- als die Enttäuschung vorwegzunehmen. Was ich sage ist : Um gen wir vor, dass die Erträge aus der Abgabe von Entwicklungs- Resultate zu erzielen, brauchen wir die Mitwirkung von ganz ländern in nationalen Fonds verwaltet und für lokale Klima- vielen. Mit dem erwähnten Buch geben Staatsvertreter und massnahmen verwendet werden sollten. führende Vertreter des privaten Sektors die allgemeine Rich- tung an und signalisieren, dass die Fragestellung relevant ist. Die Problemstellung, also das 2-Grad-Ziel, ist bekannt. Aber Die Schweiz und Deutschland Merkel, Putin, Modi und Obama werden das Problem nicht al- leine lösen. Sie werden quasi der Welt verkünden : « Dies ist ein sind sich sehr ähnlich – doch wichtiges Thema, dieses Ziel müssen wir anstreben, es geht in wir emittieren nur gut halb so viel diese Richtung. » Und dann werden sie, aber auch andere, ihre Beiträge liefern. CO2 wie sie. Jetzt kann man uns nacheifern, oder auch nicht. Es könnten sich ja auch einzelne Länder oder Gruppen quasi als « fortschrittliche Klima-Clubs » in dieses Buch eintragen und signalisieren : « Selbst wenn Ihr noch nicht so weit seid, Kommen wir zur internationalen Klimafinanzierung : wir schreiten voran. » Die 100 Milliarden Dollar sind zwar versprochen, aber es gibt Es können sich schon Koalitionen von Willigen bilden, aber wich- keinen Fahrplan, wie wir bis 2020 dorthin kommen sollen. tig bleibt, dass diese eine gewisse Durchschlagskraft haben. Deutschland hat vor Kurzem angekündigt, ab 2020 jährlich Wenn sich Vanuatu, Tonga und die Schweiz zusammenschlies- 4 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern bereitzustellen. sen, dann werden sie die Welt nicht ändern. Man weiss, welches Auf die Schweiz umgerechnet, würde das 750 bis 800 Mil- die grossen CO2-Emittenten sind. Wenn die nicht ein Teil dieser lionen Franken pro Jahr entsprechen. Ist die Schweiz bereit, Initiativen sind, dann könnte es bei schönen Worten bleiben. Deutschland zu folgen ? Das würde den Entwicklungslän- dern Mut machen, sich ebenfalls zu ambitiösen Reduktions- Verglichen mit unseren europäischen Nachbarn sind die Ziele massnahmen zu verpflichten. der Schweiz weit weniger ambitiös. Würden wir uns mit Differenzieren wir : « Die Entwicklungsländer » gibt es nicht. Es Deutschland oder anderen grösseren Akteuren zusammen- besteht absolut kein Zweifel, nirgendwo, dass die LDC, die Least tun, könnten wir auch als kleines Land viel mehr erreichen. Developed Countries, unterstützt werden müssen und dass sie, Die inländischen Pro-Kopf-Emissionen der Schweiz sind knapp zumindest heute, so gut wie nichts beitragen zur Klimaerwär- die Hälfte geringer als jene Deutschlands. Die zwei Länder sind mung. Das gilt aber nicht zwingend für alle G-77-Staaten. Gros- sich sehr ähnlich – doch wir emittieren nur gut halb so viel wie se, aufstrebende Industrieländer wie China, Brasilien oder Süd- GLOBAL + SOMMER 2015 5
Weiterbildungsangebot in Entwicklung und Zusammenarbeit Herbstsemester 2015 Planung und Monitoring von Projekten 21.09. - 25.09. Wirkungsanalysen: Methoden & Anwendungen 06.10. - 09.10. M4P - Making Markets Work for the Poor 12.10. - 16.10. Non-Renewable Resources - Fueling Development 20.10. - 23.10. or Undermining the Future? Participatory Approaches and Qualitative Methods 26.10. - 30.10. Aktuelle strategische Debatten in der IZA 18.11. - 20.11. Fragile States - Politics, Security and Development 23.11. - 27.11. VET between Poverty Alleviation and Economic 30.11. - 04.12. Development Auskunft über Zulassung und Anmeldung: www.nadel.ethz.ch
afrika sind nicht mehr im selben Ausmass auf ökonomische Hilfe angewiesen. Es wird im Gegenteil darüber diskutiert wer- den, inwiefern sich diese Länder künftig an der Klimafinanzie- rung beteiligen. Klar, wir sprechen von den ärmeren Entwicklungsländern. Aber gerade von diesen wird erwartet, dass sie das zustande bringen, was wir nicht schafften : Sich zu entwickeln, ohne auf diesem Weg massiv mehr Klimagase zu emittieren. Um die Menschheit auf diesem Planeten nachhaltig und wür- dig zu organisieren, braucht es ausserordentlich grosse Finanz- mittel. Heute ist dies dringender denn je, weil wir alle die ne- gativen Folgen des Klimawandels zu spüren beginnen. Eine Verzögerung der nötigen Investitionen würde uns enorm viel Geld kosten, ganz abgesehen von Menschenleben. In einer sol- chen Situation sind die öffentlichen Finanzen schlicht und ein- fach überfordert. Das Problem ist nicht die Höhe der benötigten Finanzen. Es werden sowieso Aber-Milliarden in Infrastrukturen, Trans- port- und Produktionssysteme investiert. Es geht doch darum, sie in die richtige, treibhausgasarme Richtung zu lenken. Und um solche notwendigen Anreize zu schaffen, braucht es öffentliche Gelder. Ja, es sind sehr hohe Beträge im Klimabereich, aber auch in an- deren Bereichen der Nachhaltigkeit. Und nein, es braucht nicht nur öffentliche Gelder. Sie werden ein Teil der Lösung sein, aber auch private Investoren müssen davon überzeugt werden, sich in diesem Bereich zu engagieren. Investoren, private und öf- fentliche, verlangen aber klar strukturierte Projekte, eine ver- trauenerweckende Gouvernanz und eine Rendite. Fotos : © Daniel Rihs Das ist ja der Punkt : Um private Investoren « zu überzeugen », weiterziehen. Aber weil die schweizerische ODA auf sind öffentlich finanzierte Marktsteuerungsmassnahmen 0,5 Pr0zent plafoniert ist, ginge die Finanzierung der inter- notwendig. Das macht der Privatsektor nicht allein. Aber nationalen Klimabeiträge ab 2020, wie Sie sie skizzieren, solche dürfen und können nicht aus dem Entwicklungshilfe- auf Kosten von Nahrung, Bildung, Gesundheit oder anderer budget finanziert werden, weil dies auch dem Entwick- klassischer Entwicklungsprojekte. lungshilfegesetz widerspricht ... Ja, das kann sein. Doch was heisst denn « klassische Entwick- Zurück zur Frage der 100 Milliarden Dollar für die Klimafinan- lungshilfe » ? Die Prioritäten der ODA werden sowieso in Zyklen zierung. Unsere Position unterscheidet sich von jener Deutsch- immer wieder neu gesetzt : Es war schon Gender, oder auch De- lands. Deutschland übernimmt 10 Prozent der 100 Milliarden, zentralisierung oder Demokratieförderung. Im Moment ist das und zwar zu 40 Prozent mit öffentlichen, zu 60 Prozent mit Klima im Fokus. Und es wurde entschieden, dass die Klimafi- privaten Geldern. Die Schweiz macht bei der Bestimmung des nanzierung im Rahmen der ODA stattzufinden hat. Im Übrigen eigenen Anteils an den 100 Milliarden eine Mischrechnung ist dies voll und ganz im Interesse der Ärmsten, denn sie wer- zwischen der Höhe des Bruttosozialprodukts und unserem den von den Folgen des Klimawandels am härtesten getroffen. inländischen Anteil an den Emissionen. Das entspricht der schweizerischen Gesetzgebung und ergibt einen Beitrag von Wir sind gespannt, zu erfahren, was die Direktion für Ent- grob geschätzt einer halben Milliarde. Davon sind ein Drittel wicklung und Zusammenarbeit ( Deza ) von Ihrer Inter- öffentliche, zwei Drittel private Gelder. pretation hält, was ODA ist und was daraus bezahlt wird. Die Entwicklungsleute sind eine Community, die lernen wird, Versprochen wurden die 100 Milliarden Dollar aber mit diesen neuen Aufgaben umzugehen. Sie müssen, weil das als zusätzliche Gelder zur bestehenden Entwicklungshilfe. die Verpflichtungen sind, weil das die Richtung ist, die die Poli- Die öffentlichen Mittel sind, wie in Kopenhagen beschlossen, tik vorgibt. Das ist eine vernünftige Politik, und wieso sollte sich neu und zusätzlich, und zwar im Rahmen der Aufstockung des diese Community auf die Länge dagegen sperren, ein Instru- ODA1-Rahmenkredites auf 0,5 Prozent des BNE. Sie sind in der ment einer guten Entwicklung zu sein ? Finanzplanung entsprechend vorgesehen. Bruno Oberle, danke für dieses Gespräch. Das war bis jetzt vielleicht so. Und wenn auf die inter- national vereinbarten 0,7 Prozent des BNE für ODA auf- gestockt würde, könnte man diese Argumentation sogar 1 ODA : Official Development Assistance, öffentliche Entwicklungshilfe GLOBAL + SOMMER 2015 7
Die Strategie gegen die Konzernverantwortungsinitiative Gemeinsam gegen verbindliche Regeln Michel Egger Die Konzernverantwortungs- Muttergesellschaften sind für Schäden, die von von ihnen kon- trollierten Firmen angerichtet wurden, zivilrechtlich haftbar, initiative befeuert die Debatte um ausser sie beweisen, dass sie notwendige Massnahmen getrof- Wirtschaft und Menschenrechte. fen haben. Die Unterschriftensammlung ( siehe Beilage in die- sem Heft ) kommt gut voran, Anfang Juni sind schon mehr als Weit auseinanderliegende Positionen 20 000 Unterschriften beisammen. sind in Bewegung geraten. Dabei Gespaltener Privatsektor zeichnet sich eine « unheilige Allianz » Das Business hat schnell reagiert. Die NGOs wurden eingeladen, die Initiative vor dem Global Compact Network Switzerland zu der Regierung mit der Wirtschafts- präsentieren, dasselbe gilt auch für die Generalversammlung der Anlagestiftung Ethos und den « Nachhaltigkeitsgipfel » der lobby ab. Migros. Dabei zeigt sich der Privatsektor alles andere als geeint. Ein kleinerer Teil begrüsst einen Smart mix aus freiwilligen Massnahmen und verbindlichen gesetzlichen Regeln, so wie es Die Ende April lancierte Volksinitiative zielt auf die Einführung die Uno-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte einer Sorgfaltsprüfungspflicht für Schweizer Unternehmen, da- vorsehen. Zu diesem Teil zählen aktive oder frühere Unterneh- mit auch deren Tochter- und Zulieferfirmen die Menschen- merInnen wie Antoinette Hunziker-Ebneter ( Forma Futura In- rechte und Umweltstandards überall auf der Welt einhalten. vest ), Marc Bloch ( La Semeuse ) und Jacques Zwahlen ( Veillon ), Foto : © Martin Bichsel / Konzernverantwortungsinitiative 8 GLOBAL + SOMMER 2015
aber auch die Verbands- beziehungsweise Stiftungsvertreter Der Initiative den Boden entziehen Nick Beglinger ( Cleantech ) und Dominique Biedermann ( Ethos ). Die Abteilung menschliche Sicherheit ( AMS, EDA ) setzt sich für Letztere hatten auch die Motion der aussenpolitischen Kom- einen weniger defensiven Ansatz in Sachen Unternehmen und mission des Nationalrats in der Frühlingssession aktiv unter- Menschenrechte ein. Der abtretende Direktor Claude Wild hofft, stützt, die eine Sorgfaltspflicht für Unternehmen verlangte und dass freiwillige Massnahmen dereinst eher de facto als de iure nur um Haaresbreite abgelehnt wurde. obligatorisch werden. Seiner Meinung nach ist dieses Vorgehen, Die Anhänger dieses Lagers sind zahlreicher, als man ver- auf das er mit den Rohstoffhändlern setzt, das vielversprechen- muten könnte. Zahlreiche Unternehmen haben schon heute dere als der mühsame Weg der Gesetzgebung. Das Ziel ist – Sorgfaltsprüfungen eingeführt und von der Initiative dement- indem man das Vertrauen der Unternehmen gewinnt und sprechend wenig zu befürchten. Sie leiden unter jenen Firmen, gleichzeitig die NGOs mit im Boot hat –, zu einer Anleitung zu welche die Schweizer Wirtschaft mit ihrer verantwortungslo- kommen, wie die Uno-Leitprinzipien umgesetzt werden und sen Haltung gegenüber Menschenrechten und Umweltstan- die Unternehmen auch darüber Rechenschaft ablegen müssen. dards in Verruf bringen. Dies öffentlich zu sagen, ist jedoch et- was anderes, denn niemand will die Wirtschaftslobbys gegen sich aufbringen. Offiziell haben Economiesuisse und Swissholdings noch Der Nationale Aktionsplan ( NAP ) keine Position bezogen, aber ihr Njet ist dasselbe wie gegen die APK-Motion. Für sie genügen freiwillige Massnahmen, und die- soll der CSR-Position unter- se müssen international von allen umgesetzt werden, damit geordnet werden. Um ihn damit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen ja nicht leidet. Was sie nicht sagen, ist, dass Lobbys wie die internatio- zu neutralisieren. nale Industrie- und Handelskammer alle entsprechenden Re- gulierungsversuche auf Uno-Ebene hintertrieben haben. Ein- zelne Schweizer Lobbyisten wie Stéphane Graber von der Die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit ( Deza ) hat Geneva Trade and Shipping Association ( GTSA ) sind aber ihrerseits vor Kurzem mit dem Global Compact Network Swit- überzeugt, dass der internationale Trend Richtung Regulierung zerland ( GCNS ) eine öffentlich-private Partnerschaft über drei geht. So zumindest hat er seine Unterstützung der Motion be- Jahre mit einem Budget von 1,2 Mio. Franken abgeschlossen. gründet. Gemäss Jean-Christophe Favre von der Deza « ist das Ziel, den Rahmen für einen geschützten Dialog mit dem Privatsektor Nationaler Aktionsplan soll neutralisiert werden und anderen Akteuren wie der Zivilgesellschaft und der akade- Im Grossen und Ganzen hat sich die Regierung die Position der mischen Welt zu schaffen. Er soll erlauben, ohne taktische Hin- Wirtschaft zu eigen gemacht und setzt auf die Selbstregulie- tergedanken zu diskutieren, aber auch um Instrumente zu ent- rung der Firmen. Ein gutes Beispiel hierfür ist ihr Positionspa- wickeln, die den im Ausland engagierten Schweizer KMU helfen, pier zur sozialen Unternehmensverantwortung ( CSR ), das sie die Uno-Leitprinzipien umzusetzen ». Dies sei eine der Haupt- am 1. April veröffentlicht hat. Ausgeheckt wurde es vom Staats- achsen der geplanten Aktivitäten. sekretariat für Wirtschaft ( Seco ), im Gegensatz zur EU wurde Diese Partnerschaft ist Teil eines Neustarts des Schweizer hierfür aber weder eine richtige Vernehmlassung durchgeführt, Netzwerks, das heute nur von 21 der 84 Schweizer Firmen un- noch wurde analysiert, welche Auswirkungen die CSR-Praktiken terstützt wird, die beim Global Compact der Uno mitmachen. der Schweizer Unternehmen haben. Rhetorisch bekennt sich Es wird von Antonio Hautle, dem ehemaligen Direktor des Fas- der Bundesrat zwar zum Smart mix, Fleisch ist aber keiner am tenopfers, geleitet. Ein flankierender Stakeholder-Rat mit fünf Knochen. Das lässt nichts Gutes erahnen für den Nationalen bis neun Mitgliedern, die Mehrheit davon aus der Zivilgesell- Aktionsplan ( NAP ) zur Umsetzung der Uno-Leitprinzipien, den schaft, soll die Glaubwürdigkeit, die Transparenz und die Effi- der Bundesrat als Antwort auf das Postulat von Graffenried am zienz des GCNS stärken. Eine Idee ist, dass das Schweizer Netz- Erarbeiten ist. Vorgesehen war die Veröffentlichung des NAP werk als Plattform dient, um Umsetzungsfragen der CSR-Posi- schon vor sechs Monaten, erwartet wird sie diesen Sommer. tion und des zukünftigen NAP zu behandeln. Die NGOs fragen sich besorgt, welchen Status denn der NAP mit den Menschenrechten im Zentrum gegenüber der CSR- Fazit : Es zeichnet sich ab, dass Regierung und Privatwirtschaft Position, die mit Themen wie Umwelt oder Korruption weiter an einer gemeinsamen Strategie arbeiten, um dem Druck auf gefasst ist, haben wird. Für den Bundesrat sind die beiden Pa- die Regulierung von Unternehmen entgegenzuwirken. Das piere « komplementär ». Wenn das wirklich der Fall ist, warum Prinzip : Nein zu gesetzlichen Massnahmen. Die Regel : kein hat das Seco dann alles daran gesetzt, die CSR-Position vor dem Schritt ohne die Zustimmung des Business. Der Motor : Multi- NAP zu veröffentlichen, und warum soll Letzterer eine der Mass- stakeholder-Prozesse. Wir erleben damit auf der Schweizer nahmen sein, um Erstere umzusetzen? Wenn nicht alles täuscht, Ebene dasselbe wie auf internationaler Ebene, wo erfolgreich geht es ( jedoch ) darum, einen Rahmen zu schaffen, dem man verhindert wurde, dass bindende Regeln für Unternehmen ein- den NAP unterordnen kann. Um ihn damit besser zu neutrali- geführt werden. Das Problem der Menschenrechtsverletzungen sieren. Genauso sieht es übrigens das Business. und Umweltverschmutzungen jedoch besteht weiterhin. Mit dem Smart-mix-Ansatz macht die Initiative einen wichtigen Schritt, dass der Graben zwischen Globalisierung und gesetz- Lancierung der von einer breiten NGO-Koalition getragenen lich verankertem Schutz der Menschenrechte und der Natur Konzernverantwortungsinitiative, Bern, 21. April 2015 endlich verkleinert wird. GLOBAL + SOMMER 2015 9
Multilaterales Dienstleistungsabkommen TISA Aus der Dunkelkammer auf die Zielgerade Isolda Agazzi Die Verhandlungen für das Dienst- Der Anhang über die Transparenz ist problematisch. Er wür- de ausländischen Firmen das Recht erteilen, sich in die Entwick- leistungsabkommen TISA könnten 2016 lung der Gesetzgebung jedes TISA-Drittstaates einzumischen. abgeschlossen werden. Am umstrittensten Jener über die innerstaatliche Regulierung sieht vor, dass na- tionale Gesetze und Regeln eliminiert würden, die es Multi- sind die Anhänge des Vertrages. Darin nationalen heute erschweren, ihre Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. bezeichnen die Staaten, auf welche Ge- Auch der Anhang über die Energie wirft Fragen auf. Dieser biete er sich genau beziehen wird. Sektor ist speziell sensibel in Bezug auf Umweltfragen. Wer die Philosophie solcher Verträge kennt, muss befürchten, dass die Auch Kantone und Gemeinden sind von Freiheit der Staaten, der Kantone und Gemeinden einge- schränkt werden soll, im Bereich Umweltschutz eigene Regeln TISA betroffen. zu erlassen. Zusammen mit der EU und den USA strebt die Schweiz im Bereich der Finanzdienstleistungen ( Banken und Versicherun- Seit 2012 verhandeln 24 Mitglieder der Welthandelsorganisa- gen ), des elektronischen Handels und der Telekommunikation tion WTO – jedoch ausserhalb dieses Rahmens – ein ausgedehn- eine weitgehende Liberalisierung an. Die EU und die USA haben tes Vertragswerk über Dienstleistungen, das unter dem engli- gemeinsam grosse Interessen bei Postdienstleistungen ( « de- schen Kürzel TISA ( Trade in Services Agreement ) bekannt livery » ). Die Schweiz und die EU wiederum spannen beim Luft- geworden ist. Auch die Schweiz sitzt am Verhandlungstisch. verkehr zusammen. Neu ist, dass die Verhandlungen 2016 abgeschlossen werden Verschiedene Länder, darunter die Schweiz, setzen alles da- sollen. Das mag damit zu tun haben, dass die geheimen Ver- ran, dass die innerstaatliche Regulierung auf ein Minimum handlungen dank NGOs, Medien und einiger Parlamente zu reduziert wird, namentlich bei der Gewährung von Lizenzen. einem öffentlichen Thema wurden. Die Unterhändler wollen Man weiss jedoch, dass beim Service public dieses Regulie- jetzt rasch zu einem Abschluss kommen und gegebenenfalls rungsinstrument eine wichtige Rolle spielt, vor allem wenn es auch auf den Druck reagieren. um die generelle Erbringung von staatlichen Leistungen geht. Das Abkommen soll 17 Anhänge umfassen, welche die Ver- Wird dieser Anhang erlauben, die ganze Breite der staatlichen pflichtungen der beteiligten Staaten in folgenden Bereichen Dienstleistungen im Rahmen von Lizenzregimes zu erhalten? regeln : Finanzdienstleistungen, elektronischer Handel und frei- Das ist gar nicht sicher. er Datenaustausch, Meeres-, Luft- und Strassentransporte so- Die industrialisierten Länder mit der EU und den USA an wie Logistik, Personenverkehr ( sogenannter Modus 4, s. unten ), der Spitze sind nicht bereit, beim Personenverkehr Konzessio- Post- und Energiedienstleistungen, öffentliches Beschaffungs- nen zu machen. Der diskutierte Modus 4 erlaubt Kurzaufent- wesen, freie Berufe ( auch solche mit Bezug zur Bildung ), Ex- halte, was für den Handel von Entwicklungsländern wie etwa portsubventionen, Dienstleistungen aus den Bereichen Touris- der Türkei zentral ist. Die Schweiz setzt sich, zusammen mit Ka- mus, Gesundheit und Umwelt, innerstaatliche Regulierung so- nada und Australien, für einen unbürokratischen Vorschlag ein. wie Transparenz. Parlamentarische Vorstösse auf Bundesebene Wikileaks schafft Öffentlichkeit Das Seco führt die Verhandlungen aus eigenem Antrieb, der Diese Anhänge sollten zwar geheim bleiben, doch das Staats- Bundesrat hat nie ein Mandat dafür erteilt. Bundesrat Schnei- sekretariat für Wirtschaft ( Seco ) hat fast alle auf seiner Web- der-Ammann und das Seco informieren die zuständigen parla- site zugänglich gemacht. Nicht darunter war namentlich jener mentarischen Kommissionen im Nachhinein nach dem Prinzip über den freien Datenverkehr, der den Staaten erlauben würde, der vollendeten Tatsachen. Das heisst, sie wurden nie konsul- ohne Einschränkung persönliche Daten zu sammeln und ins tiert, bevor über so Gravierendes wie die Negativliste, die Sperr- Ausland zu transferieren. Dieser und andere Anhänge sind klausel oder den Datentransfer verhandelt wurde. Zur Erinne- jedoch am 3. Juni via Wikileaks an die Öffentlichkeit gekommen. rung : Die Negativliste bedeutet, dass all jene Dienstleistungen, Im Rahmen dieses massiven, offenbar orchestrierten Lecks sind die jetzt nicht explizit aufgeführt werden, in Zukunft automa- jetzt auch die Anhänge über die innerstaatliche Regulierung, tisch liberalisiert werden. Die Sperrklausel besagt, dass eine die Transparenz und die Transporte bekannt. Vertragspartei niemals auf eine Liberalisierung zurückkommen 10 GLOBAL + SOMMER 2015
darf, die nach der Ratifizierung des Abkommens eingeführt würde. Ausser es würde jetzt explizit erwähnt. Diese Prinzipien kannte bis jetzt weder die EU noch die Schweiz, aber jedes am Abkommen beteiligte Land muss sie erfüllen. Und sie schei- Die Frage stellt sich, wie lange nen in unterschiedlicher Ausprägung auch für die Anhänge zu gelten. die Schweiz ihre Position halten 2014 gab es erste parlamentarische Vorstösse zu TISA. Nicht kann. Wie wird sie reagieren, weniger als dreizehn – Interpellationen, Fragen, eine Motion und ein Postulat – wurden eingereicht.1 Unruhe lösten vor al- wenn sie unter Druck kommt und lem die Auswirkungen von TISA auf den Service public aus. Der andere Staaten Forderungen zu Bundesrat antwortete, deren Liberalisierung stünde nicht zur Diskussion. Tatsächlich hat die Schweiz in ihrem Angebot2 der- ihrem Angebot stellen? massen viele Vorbehalte angebracht, dass es praktisch beim Selben bleibt wie im GATS-Abkommen der WTO von 2004, wo Post, Energie, Gesundheit und Bildung von der Deregulierung ausgeschlossen blieben. Die Frage stellt sich allerdings, wie lan- ge die Schweiz diese Positionen noch halten kann. Sie könnte eines Tages durch andere Staaten unter Druck kommen, zumal es immer wieder darum geht, neue Angebote zu unterbreiten. Und wie reagiert die Schweiz, wenn andere Staaten Forderun- gen zum Schweizer Angebot stellen? Handkehrum gibt sich der Bundesrat zugeknöpft, was ge- wisse Anhänge betrifft : Transporte, Post, Energie, öffentliche Beschaffung, freie Lehrberufe – das alles gehört auch zum Ser- vice public. Das ist umso beunruhigender, als das Verhältnis zwischen den Anhängen und den Schweizer Angeboten unklar ist. Es ist wahrscheinlich, dass die Anhänge Vorrang geniessen. Das hiesse nichts anderes, als dass Sektoren liberalisiert werden müssten, die die Schweiz in ihrem Angebot ausgeschlossen hat. Kantonale und Gemeindeebene Vor allem in den Kantonen Genf, Waadt, Zürich und Bern gab es auch zahlreiche Vorstösse auf kantonaler und Gemeinde- ebene, denn diese werden direkt von TISA betroffen sein. Das Seco bestätigt, dass die Schweiz die Sperrklausel auf Kantons- und Gemeindeebene ausgeschlossen hat. Aber kann es diese Position bis zum Schluss der Verhandlungen durchhalten? Und damit ermöglichen, dass Gemeinden, die es wünschen, ihre Energieversorgung wieder selbst in die Hand nehmen oder das Abfall-, Abwasser- und Entsorgungswesen weiter selbst or- ganisieren, so wie es heute in den meisten Schweizer Gemein- den der Fall ist. Wie auch immer die Verhandlungen ausgehen, Alliance Sud möchte, dass das Ergebnis dem fakultativen Referendum unterstellt wird, so wie es Art. 141 der Bundesverfassung für in- ternationale Verträge mit derartiger Tragweite vorsieht. 1 Alle Vorstösse auf einen Blick via www.admin.ch, http:// bit.ly/1ctkMSy 2 Überblick über das Schweizer Angebot via www.seco.admin.ch, http:// bit.ly/1sM9w7c Auch in der Schweiz schliessen sich immer breitere Kreise dem Protest gegen das TISA-Abkommen an. Foto : © Martial Trezzini / Keystone GLOBAL + SOMMER 2015 11
Der Streit über die Entwicklungsfinanzierung Diplomatisches Tauziehen im Schicksalsjahr Eva Schmassmann Im Juli will die internationale Staatengemeinschaft in Addis Abeba das Schlussdokument zur Entwicklungsfinanzierung verabschieden. Doch die Verhandlungen verlaufen harzig, in zentralen Fragen sind noch keine Kom- promisse in Sicht. Drei zusätzliche Verhandlungswochen sollen den Durch- bruch bringen. Die Analyse der Hauptstreitpunkte. Die Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung ( Financing for De- Schutz der Ozeane – ist diese Angst verständlich. Entsprechend velopment, FfD ) in Addis Abeba soll den Weg weisen, wie die fordert die G-77 eine klare Zusage für eine vierte Konferenz zur Uno-Agenda für nachhaltige Entwicklung ( Sustainable Deve- Entwicklungsfinanzierung. lopment Goals, SDG ) finanziert werden kann. Diese wird im Neben dieser grundlegenden prozessualen Frage haben September von der Uno-Generalversammlung verabschiedet sich in den Verhandlungen zwei inhaltliche Knackpunkte her- werden. auskristallisiert. Können sie nicht gelöst werden, droht sich der Streit auf den Uno-Gipfel im September zu übertragen. Ganz zu schweigen davon, dass sich die politischen Blockaden in den Klimaverhandlungen noch schwerer lösen lassen werden. Die G-77 fordert eine Zusage Streitpunkt 2 : Ein Gremium für Steuerfragen für eine weitere Konferenz Der Streit dreht sich um die Frage, wie Steuereinnahmen in den Dienst der Entwicklung gestellt werden können. Die Industrie- zur Entwicklungsfinanzierung. länder sehen in der Mobilisierung nationaler Steuereinnahmen Ausserhalb der SDG. in Entwicklungsländern grosses Potenzial. Effizientere Steuer- verwaltungen könnten somit einen wichtigen Beitrag im Be- reich Bildung, Gesundheit und Armutsbekämpfung leisten. Da- Streitpunkt 1 : Wie verhalten sich FfD und SDG zueinander? für wollen Länder wie die Schweiz auch Entwicklungsgelder in Die Industrieländer, allen voran die EU, sehen die Entwicklungs- die Hand nehmen und die entsprechenden Institutionen stär- finanzierung als integralen Teil der SDG-Agenda. Addis Abeba ken. Dies ist sicherlich wichtig. Allerdings lenkt es ab vom soll die Mittel zur Umsetzung der ambitiösen Ziele für eine eigentlichen Skandal der internationalen Steueroptimierung nachhaltige Entwicklung liefern und das Ziel 17 der SDG ( « Stär- und Steuerflucht, durch die den Entwicklungsländern je nach kung der Mittel zur Umsetzung » ) ausformulieren und die Um- Schätzung jährlich zwischen 170 und 280 Mrd. US-Dollar an setzung von Ziel 17 quasi vorwegnehmen. Anderer Meinung ist Steuereinnahmen entgehen. Die Entwicklungsländer beharren die G-77, der Zusammenschluss der Schwellen- und Entwick- daher zu Recht darauf, dass diese Geldabflüsse gestoppt wer- lungsländer. Sie wollen sich die Möglichkeit offen halten, bis den müssen. Dazu braucht es aus ihrer Sicht ein intergouverne- September über gewisse Umsetzungsoptionen der SDG zu ver- mentales Gremium, ausgerüstet mit den notwendigen Mitteln handeln. Ausserdem bietet für sie die bei der Uno angesiedelte und dem entsprechenden Mandat. Deutschland hat signali- FfD-Konferenz einen universellen Rahmen, um über Themen zu siert, dass es bereit wäre, das bestehende Komitee finanziell verhandeln, die ansonsten gern von den reichen Ländern unter stärker zu unterstützen. Dessen Mandat soll jedoch nicht aus- sich abgemacht werden, beispielsweise in der OECD. Wenn es gebaut werden. Den G-77 geht dies zu wenig weit. Sie bestehen künftig nur noch einen gemeinsamen Follow-up-Prozess zum darauf, dass die Ausgestaltung der Zusammenarbeit in Steuer- gesamten Post-2015-Rahmenwerk der SDG gibt, wie dies unter fragen nicht länger der OECD überlassen wird. Dieser exklusive anderem von der Schweiz und der EU favorisiert wird, so sehen Club der reichen Industrieländer hat derzeit die Federführung die G-77 die Gefahr, dass die traditionellen FfD-Themen ihre der internationalen Initiativen gegen Steuerflucht und Steuer- Eigenständigkeit verlieren. Angesichts des breiten Themen- hinterziehung. Die Entwicklungsländer sind vom Entschei- spektrums der SDG – vom Zugang zu sauberer Energie bis zum dungsprozess ausgeschlossen. Das neu zu schaffende Gremium 12 GLOBAL + SOMMER 2015
soll hingegen allen Ländern gleichberechtigte Mitsprache Der Dauerbrenner : Die Höhe der ODA garantieren. Doch auch in anderen Fragen herrscht Uneinigkeit. Darunter die Höhe und Rolle der öffentlichen Entwicklungszusammen- Streitpunkt 3 : Verfahren für Schuldenrestrukturierung arbeit ( Official Development Assistance, ODA ). Die Industrie- Auch beim zweiten inhaltlichen Knackpunkt stehen sich die länder wollen ODA stärker als Katalysator zur Mobilisierung G-77 und die Industrieländer diametral gegenüber. Die Entwick- privater und nationaler Mittel nutzen. Die Entwicklungsländer lungsländer fordern schon lange ein geregeltes Verfahren zur sehen dies skeptisch. Denn der Erhalt öffentlicher Gelder spielt Schuldenrestrukturierung. Da Staaten nicht Konkurs anmelden für sie weiterhin die zentrale Rolle in der Entwicklungsfinan- können, schleppen sich aussichtslose Verschuldungssituatio- zierung. Insbesondere fordern sie, dass das vor Jahrzehnten nen oft zu lange hin ( siehe GLOBAL+ Nr. 57, Frühling 2015 ). Um gegebene Versprechen, 0,7 Prozent des Bruttonationalein- die alten Schulden zu bedienen, müssen sie neue Kredite auf- kommens ( BNE ) für Entwicklungshilfe einzusetzen, endlich ein- nehmen, und die Schuldenspirale dreht sich immer schneller. gelöst wird – und zwar spätestens 2020. Die Industrieländer Diese Gelder könnten mit einem fairen und transparenten In- sind zwar einverstanden, das Ziel erneut zu bestätigen. Sie sind solvenzmechanismus für nachhaltige Entwicklungsprojekte jedoch nicht bereit, sich auf einen verbindlichen Zeitrahmen freigesetzt werden. einzulassen. Im September 2014 wurde in der Uno die Basis gelegt für Fazit : Bis Ende Juni soll ein bereinigter Entwurf des Schluss- Verhandlungen hin zu einem multilateralen Rechtsrahmen für dokuments für die Entwicklungskonferenz in Addis Abeba vor- die Restrukturierung von Staatsschulden. Die Entwicklungslän- liegen. Die Zeit drängt, sich in den zentralen Fragen zu einigen. der fordern, dass die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens Für Alliance Sud ist klar, dass es jetzt an den Industrieländern in Addis Abeba bestätigt wird. Doch insbesondere die USA sper- liegt, zu zeigen, dass sie bereit sind, die Entwicklungsländer bei ren sich dagegen. Für sie sollen weiterhin der Internationale der Erreichung der SDG zu unterstützen. Dazu braucht es ein Währungsfonds sowie die OECD die Debatte dazu führen. Im Entgegenkommen in zumindest einer der zentralen Forderun- IWF haben die USA aufgrund der Stimmgewichtung faktisch gen : dem internationalen Kampf gegen Steuerflucht und ein Vetorecht. -hinterziehung oder jener der Entschuldung. Es braucht aber Auch die Schweiz sperrt sich offenbar gegen die Erwäh- auch die Zusage für finanzielle Mittel. Damit würde sich wohl nung des Uno-Verfahrens im Schlussdokument. Damit gefähr- auch der Streitpunkt über die Eigenständigkeit des FfD-Pro- det sie nicht nur die Konferenz in Addis Abeba. Wenn die Indus- zesses entschärfen lassen. Wenn das in Addis Abeba unter- trieländer nicht mindestens in einem der beiden inhaltlichen schriebene Schlussdokument zufriedenstellend ist, kann auch Streitpunkte der Forderung der G-77 nachgeben, wird dies auch die G-77 es als Umsetzungsplan der SDG akzeptieren. die Klimaverhandlungen zusätzlich belasten. Eine ungewisse Zukunft erwartet diese Kinder. Von einer lokalen NGO geführte Krippe in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka. Foto : © Sven Torfinn / Panos GLOBAL + SOMMER 2015 13
Lesezeichen Zeitschriften-Lese ( n ) Kindheit in Afrika Eine letzte Druckausgabe « Entwicklung und Zusammenarbeit : E + Z » ist im Mai das letzte Mal als gedrucktes Afrikanische Kindheiten : Monatsheft erschienen und wird fortan als Soziale Elternschaft E-Paper angeboten. Das aktuelle Titelthe- und Waisenhilfe in der Sub- ma lautet « Benachteiligte Gruppen », die oft sahara / Michaela Fink, Reimer Gronemeyer ( Hg. ) Mehrfachdiskriminierungen ausgesetzt sind. Bielefeld : Transcript, Beispiele sind Frauen in Bolivien, die unter 2014. 262 S. geschlechtsspezifischer Gewalt leiden, Vertriebene infolge von Land Grabbing oder die Rohingya-Minderheit in Burma. Armut, Hunger, Gewalt, aber auch www.dandc.eu/de die Aids-Epidemie sind in Afrika mitverantwortlich für die sich rasch Ein fünfzigster Geburtstag ändernden Familienstrukturen. Ent- « Africa Spectrum », eine der führenden wissenschaftlichen sprechend komplex sind die The- Publikationen zu Afrika, begeht mit Ausgabe 1/2015 das 50-Jahr- men soziale Elternschaft und Wai- Jubiläum. Von den sechs Hauptbeiträgen sei die Analyse der an- senhilfe. Der Schwerpunkt der geblichen Proteste gegen « Charlie Hebdo » in Niger herausgegrif- Beiträge in « Afrikanische Kindheiten » liegt in Namibia, einem der fen. Für den Autor stehen nicht die Mohammed-Karikaturen, Länder mit der weltweit höchsten HIV-Prävalenzrate. also religiös-fundamentalistische Motive, hinter den Unruhen Gemäss Schätzungen haben gegenwärtig 15 Millionen Kinder vom Januar 2015, sondern die fehlende Perspektive der meist und Jugendliche in Afrika einen oder beide Elternteile durch Aids jugendlichen Protestierenden. verloren. Bislang sind diese Waisen meist von ihren erweiterten www.africa-spectrum.org Grossfamilien aufgenommen und versorgt worden. Wegen der gros- sen Anzahl an Waisen geraten die familiären Strukturen jedoch an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Auch Modernisierungsprozesse wie Mobilität und Urbanisierung bringen die traditionellen Familien- Monbijoustrasse 29/31, 3011 Bern zusammenhänge zunehmend durcheinander. Öffnungszeiten : 13.30 – 17.30 h ( Mo – Fr ) dokumentation@alliancesud.ch, www.alliancesud.ch/dokumentation > Ausleihbar bei Alliance Sud InfoDoc unter der Signatur : AF/af/129 Karussell — Nach fast zwanzig Jahren hat — Der Datenbankmanager Andreas Kür- dinatorin in der Botschaft in Amman, wird Albert Schnyder, Bereichsleiter Internatio- steiner stösst von World Vision zu Helvetas. neu stv. Sektionschefin Qualitätssicherung. nale Zusammenarbeit, Caritas zugunsten Der Personalentwickler Philippe Vaneberg Sie löst Lothar Seethaler ab, der als Pro- neuer Herausforderungen verlassen. Direk- hat sich selbständig gemacht. grammbeauftragter in den Niger geht. Die tor Hugo Fasel übernimmt ad interim. — Maya Tissafi, bisher Chefin der Regio- neue Programmbeauftragte in der Abtei- — Bei Brot für alle übernimmt Bernard nalen Zusammenarbeit und Vizedirektorin lung Westafrika ist Maria Brüning. Sie löst DuPasquier am 1. September die Geschäfts- der Deza, wird Botschafterin in den Vereinig- Nicole Gantenbein ab, die als stv. Koordi- leitung von Beat Dietschy. Die Leiterinnen ten Arabischen Emiraten. Ihr Nachfolger ist natorin ins Kobü Niamey wechselt. Robert zweier neu geschaffener Ressorts, Elke Fass- Thomas Greminger, bisher OSZE-Botschaf- Odile, bisher EDA-Generalsekretariat, wird bender ( Fundraising & Marketing ) und Re- ter in Wien. Silvio Flückiger, bisher stv. Koor- Programmbeauftragter in der Abteilung gula Reidhaar ( Kommunikation & Bildung ) dinator im Kobü Kigali, wird Stabschef der Ost- und Südliches Afrika. Aus dem EDA- sind neu auch Mitglieder der Geschäftslei- Humanitären Hilfe, er löst Nicole Ruder ab, Stab wechselt Melanie Büsch als Programm- tung. Die Leitung des Ressorts Knowledge die Chefin der Abteilung Globale Institu- beauftragte ins Kobü Kabul. Dort wird Sharing & Kooperationssysteme übernimmt tionen wird. Barbara Jäggi Hasler, bisher Esther Oester, bisher in Juba im Südsudan, Barbara Lutz von Bernard DuPasquier. Neuer stv. Koordinatorin im Kobü La Paz, wechselt die neue Koordinatorin. Sie löst Marianne Leiter von Bildung & Theologie ist der Pfarrer in derselben Funktion zum Regionalpro- Huber ab, die in die Zentrale in die Abteilung Jan Tschannen. Das Fundraising-Team wur- gramm Mekong in Vientiane, dies im Job- Südasien zurückkehrt. Géraldine Zeuner, de durch Mathias Raeber verstärkt. sharing mit ihrem Ehemann Martin Hasler. bisher Chefin IZA in Daressalam, wird neu — Die neue Fachverantwortliche Bildung In La Paz übernimmt Nadia Ottiger, bisher Programmbeauftragte für Kultur und Ent- und Theologie bei Fastenopfer heisst Son- Programmbeauftragte im Kobü Pretoria. wicklung in der Abteilung Lernen, Wissen, ja Kaufmann. Neu in den Fastenopfer-Stif- Olivier Chave wechselt aus Tansania in die Kultur. In Tansania wird sie von Romana tungsrat wurden Alt-Regierungsrat Luigi Schweizer Mission bei den UN-Organisati- Tedeschi abgelöst. Aus der Uno-Mission in Pedrazzini, die Ständerätin Anne Seydoux- onen in Rom. Irène Kränzlin Espinoza wird New York wechselt Beate Elsässer als Chefin Christe, der Unternehmer Beat Curau-Aepp- Programmbeauftragte in der Abteilung ins Kobü Dhaka. li sowie Peter Niggli ( S. 15 ) gewählt. Westbalkan. Lea Valaulta, bisher stv. Koor- 14 GLOBAL + SOMMER 2015
Zum Abschied von Peter Niggli von Alliance Sud Der Unpensionierbare Melchior Lengsfeld* Mit Superlativen soll man vorsichtig umgehen. Doch der Abschied von Peter Niggli Ende Juli als Geschäftsleiter von Alliance Sud markiert das Ende einer Ära. aufgrund genau recherchierter Fakten. Das gilt auch für seine beiden Bücher « Nach der Globalisierung » ( 2004 ) und « Der Streit um die Entwicklungshilfe » ( 2008 ), die zu eigentlichen Standardwer- ken geworden sind. Seine Arbeit bei Alliance Sud war für Peter mehr als ein Job. Ob in unzähligen Vorträgen, in der Bildungs- und Vermitt- lungsarbeit, bei der Einführung von neu- en Mitarbeitenden bei Alliance Sud oder ihren Träger- und Partnerorganisationen : Peters hoher persönlicher Einsatz und Engagement waren für ihn immer selbst- verständlich. Wie er es geschafft hat, sich Foto : © Daniel Rihs / Alliance Sud in den Aktenstössen, Artikelsammlun- gen und Analysen aus den verschiedens- Peter Niggli: Kein Mangel an Argu- ten Quellen, die sich in seinem Büro tür- menten für die Sache men, zurechtzufinden, das habe nicht von Alliance Sud. nur ich bewundert. Sein Gedächtnis, sein Sinn für das Ganze, seine Fähigkeit, Welt- Peter Niggli war schon sieben Jahre Ge- politischen Gespür, seiner Fähigkeit zu politik auch in kleinen Geschichten und schäftsleiter der Arbeitsgemeinschaft überzeugen, Koalitionen und Allianzen Anekdoten auf den Punkt zu bringen ! der Schweizer Hilfswerke, als ich 2005 zu schmieden, profitiert. Drei Direktoren Und nicht zu vergessen : Peter hat einen die Leitung von Helvetas übernahm. Also der nationalen Entwicklungsagentur unvergleichlichen Schalk und Humor – just in jenem Jahr, als unsere entwick- Deza hat er erlebt, die Entstehung und eine nicht zu unterschätzende Stärke im lungspolitische Fachorganisation den Umsetzungen von vier Botschaften über nicht immer einfachen Umfeld, in dem viel eleganteren Namen Alliance Sud an- die Ausgestaltung der Schweizer Ent- wir uns bewegen. nahm. Als Geschäftsleiter war Peter in wicklungszusammenarbeit hat Peter mit Dass Peter Ende Juli pensioniert den letzten 17 Jahren der Denker und Len- seinem scharfen Verstand mitgeprägt. wird, scheint schwer vorstellbar : Sein ker hinter zahlreichen Kampagnen, hin- Ein dicker roter Faden war dabei Peters Temperament und seine politische Ener- ter deren Argumentation und Strategie Pochen auf entwicklungspolitischer Ko- gie im Ruhestand? Und tatsächlich wer- und – das ist es, was letztlich zählt – hin- härenz, was ihm selbst bei den politi- den wir nicht ganz auf seine Stimme ver- ter deren Erfolg im politischen Räder- schen Gegnern bis weit ins konservative zichten müssen. Peter ist in den letzten werk der Schweiz. Der Einsatz für ein Ja Lager unverhohlenen Respekt verschaff- Wochen in den Vorstand von Fastenopfer zum Schweizer Uno-Beitritt, die Veran- te. Ob in der Politik oder in der Verwal- gewählt worden, der Generalversamm- kerung des Ziels, dass 0,5 Prozent des tung, unter NGO-Leuten, mit denen man lung von Helvetas ist er zur Wahl in den Schweizer Nationaleinkommens in die sich für eine gemeinsame Sache einsetz- Zentralvorstand vorgeschlagen. Und er Entwicklungszusammenarbeit fliessen te oder im Kontakt mit Medienschaffen- ist Mitglied im Initiativkomitee der Kon- sollen, und die erfolgreiche Petition den : Peters klare und kompetente Analy- zernverantwortungsinitiative. Für seinen « Recht ohne Grenzen », die schliesslich sen liessen niemanden unbeeindruckt. Einsatz und seine Verdienste für eine so- zur Lancierung der ersten ausschliesslich Und er liebt es zu debattieren, war und lidarische Schweiz, die sich ihrer Verant- von NGOs getragenen Volksinitiative ge- ist ein geschliffener Redner, dem zuzuhö- wortung in der Welt bewusst ist, gebührt führt hat, das sind nur die herausragen- ren eine Freude ist. Dabei ging es Peter ihm höchste Anerkennung. Ein ganz gros- den Stationen, die in Peters Amtszeit fal- bei aller Liebe zur Zuspitzung und zur ge- ses Dankeschön für alles, lieber Peter ! len. Alliance Sud, und überhaupt die schickt gesetzten Pointe immer um die ganze Schweizer NGO-Welt, hat dabei Sache. Unzulässige Übertreibung ist * Melchior Lengsfeld ist zurzeit Präsident enorm von Peters Sachkenntnis, seinem nicht seine Sache, dafür präzise Analyse von Alliance Sud. GLOBAL + SOMMER 2015 15
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