ESSEN. MACHT. ARBEIT. FEMINISTISCHE BLICKE AUF - FAIRFOOD IDEEN - Wide Switzerland
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
I N H A LT E VORWORT 1 ESSEN. RECHT AUF NAHRUNG UND DIE KOMMERZIALISIERUNG DER LANDWIRTSCHAFT 3 AUFGETISCHT: FAIRES ESSEN 8 ANNÄHERUNG AN DAS SCHWEIZER ERNÄHRUNGSSYSTEM MIT GENDERBRILLE 12 MACHT. INTERVIEW: HANDEL JA – ABER WIE? 18 PORTO LOKO DEKLARATION 24 PORT LOKO DEKLARATION 26 WANN STÄRKT NACHHALTIGER HANDEL DIE POSITION VON FRAUEN? 28 ARBEIT. INTERVIEW: ZUR SITUATION VON FRAUEN IN DER SCHWEIZER LANDWIRTSCHAFT 33 GESTEIGERTE NAHRUNGSMITTELPRODUKTION IN RUANDA – WER PROFITIERT? 36 GESPRÄCH: GENDER-GERECHTE WERTSCHÖPFUNG? 41 VORLÄUFIGES RESÜMEE 46 REDAKTION 48 März 2019, Bern Eine Publikation von WIDE Switzerland Mit finanzieller Unterstützung von www.wide-switzerland.ch
SECTV I OONR W NAOM RET 1 «Frauen ernähren die Welt, aber Männer erhalten den Ernährerlohn.» Vorwort Zwischen den Anfängen der Bananenfrauen um CEDAW) erweitert mit einer neuen Empfehlung Ursula Brunner und der Fair-Food-Initiative, die zur Situation von «Landfrauen» («rural women»). Maya Graf massgeblich vertreten hatte, liegen Gendergerechtigkeit besteht dann, wenn sich exakt 45 Jahre. In diesem Zeitraum ist sehr viel Frauen oder Männer gleichwertig für ihre Ziele geschehen in Sachen Nachhaltigkeit, nicht zuletzt einsetzen können und nicht mehr aufgrund ihres auch mit der Festlegung der Nachhaltigkeitsziele Geschlechts und der zugeschriebenen (und (SDG) der UNO-Agenda 2030. einstudierten) Rollen soziale und wirtschaft- «Frauen ernähren die Welt, aber Männer liche Benachteiligungen erfahren. Der Diskurs erhalten den Ernährerlohn» − Im Bereich der besteht, und doch bleiben konkrete Fortschritte Nahrungsmittelproduktion und der Ernährung ist harzig. In der Schweiz wird die Distanz zwischen die Geschlechterdimension deutlich. Geht es um Frauen und Männern wieder grösser, wie die Sorgearbeiten, so stehen mehrheitlich Frauen in neuesten Zahlen des Global Gender Gap Reports der Verantwortung. Geht es um Profite, haben vor des Weltwirtschaftsforums (WEF) zeigen: Die allem Männer das Sagen. Frauen werden zwar Digitalisierung – welche auch in der Land- und präsenter in Führungsetagen, auch im Geschäft Ernährungswirtschaft immer wichtiger wird – mit Nahrungsmitteln, aber die Diskrepanz schliesse die Frauen aus. bleibt bestehen: Bäuer*innen wird (zu) wenig Eine Diskussion über faires Essen in der für ihre Produkte bezahlt, die Arbeiter*innen im Schweiz muss somit die Geschlechterdimension Lebensmittelsektor haben (zu) tiefe Löhne und miteinbeziehen. Doch diese war in den letzten schlussendlich bleibt es meistens den Frauen Jahren, während der Debatten um die diversen überlassen, sich um das Essen der Familie zu Volksinitiativen zur Schweizer Land- und kümmern. Ernährungswirtschaft, kaum Thema. Eine relativ neue Debatte über «Food Dies veranlasste WIDE-Switzerland, die Systems» innerhalb der UN-Organisationen Auswirkung von nachhaltigen Ernährungs- erkennt die Komplexität der Thematik an systemen auf Geschlechterverhältnisse genauer und benennt drei Bereiche, die lokal und anzuschauen. Kann davon ausgegangen werden, global miteinander verknüpft sind: Nahrungs- dass Nachhaltigkeit beim Essen automatisch zu mittel-Lieferketten, das Lebensmittelumfeld mehr Gendergerechtigkeit führt, oder sind weitere und das Konsumverhalten. Ein Blick in die Massnahmen nötig? Wäre Gendergerechtigkeit Regale unserer Supermärkte zeigt, wie die Welt eine Voraussetzung, um nachhaltige Ernährungs- auch bei der Ernährung global zusammengerückt systeme zu entwickeln? WIDE geht diesen Fragen ist. Wertschöpfungsketten veranschaulichen aus feministischer Perspektive nach. den Weg der Lebensmittel. Hingegen wissen Frauen sind ebenso wie Männer unterschiedlich wir nicht, wie viel Arbeit hinter den einzelnen und längst nicht alle sind in der Lage, so initiativ Schritten steckt, wie diese durch Geschlechter- zu sein wie Maya Graf oder Ursula Brunner. rollen geprägt sind, und welche Akteure Und genau davon handeln die Artikel: Wie kann wirtschaftlich durchstarten können und welche ein Ernährungssystem organisiert werden, nicht. Die Genderperspektive bleibt aussen vor, welches Einschränkungen, Diskriminierungen wenn es um die Organisation und Analyse der und Genderungerechtigkeiten entgegen- Marktmechanismen geht. wirkt? Um diese Realitäten aus verschiedenen International ist die Stärkung der Frauenrechte Perspektiven zu beleuchten, kommen hier ein Dauerthema . In den letzten Jahren wurde Frauen in verschiedenen Rollen zu Wort: als die Frauenrechtskonvention (Convention on the Aktivistinnen, Forscherinnen, Bäuerinnen und Elimination of Discrimination against Women, Konsumentinnen. WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
2 ESSEN. Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
ESSEN. 3 RECHT AUF NAHRUNG UND DIE KOMMERZIALISIERUNG DER LANDWIRTSCHAFT ERFAHRUNGEN AUS KAMBODSCHA UND GHANA Joanna Bourke Martignoni, Fenneke Reysoo Weltweit sind Frauen und Mädchen Sozialschutzprogramme garantiert werden. überdurchschnittlich von Ernährungs- Gleichberechtigung und Nichtdis- unsicherheit betroffen. Die zunehmende kriminierung beim Zugang zu angemessenen Kommerzialisierung der Landwirtschaft und Lebensmitteln sind Schlüsselmerkmale der Veränderungen im ländlichen Bodenbesitz internationalen Menschenrechtspolitik und wirken sich auf die Versorgungssituation der sich darauf beziehenden Gesetze. aus; die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Nahrungsmitteln und deren Qualität In Kambodscha zeigte sich in der DEMETER- in städtischen und ländlichen Gebieten Forschung, dass sich die landwirtschaft- nehmen ab. Die Kommerzialisierung liche Bodennutzung in den letzten zwei von landwirtschaftlicher Produktion und Jahrzehnten durch die Zuweisung grosser von Land beeinflusst die Geschlechter- Flächen für Konzessionen im Agrarsektor verhältnisse, die den Geschlechtern erheblich verändert hat. Cash Crops wie zugeschriebenen sozialen, wirtschaftlichen Maniok, Kautschuk, Cashewnüsse und und politischen Bedeutungen sowie die Pfeffer verdrängen nicht nur Reis als Grund- dadurch verursachten Ungerechtigkeiten. nahrungsmittel der Bevölkerung in vielen Regionen des Landes. In der Folge nimmt Die landwirtschaftliche Kommerzialisierung auch die bäuerliche Landwirtschaft ab. Die und der Wandel in der Bodennutzung haben zunehmende Nutzung der Agrarflächen für sich weltweit in den letzten zwanzig Jahren den Anbau von Exportprodukten übt grossen beschleunigt. Produktion, Vermarktung und Druck aus auf die Subsistenzlandwirtschaft der Konsum landwirtschaftlicher Produkte, betreibende Bevölkerung. wie Lebensmittel und nachwachsende Viele von ihnen haben (oft unfreiwillig) Rohstoffe, nehmen auf allen Ebenen – von Land an Agrarunternehmen verkauft oder global bis regional, national und lokal – neue abgetreten. Heute brauchen sie den Zugang Formen an. zum Arbeitsmarkt, um sich ihren Lebens- Internationale Gesetze und Politiken unterhalt zu verdienen. Andere sind zur unterstreichen im Sinne des Rechts auf kommerziellen Landwirtschaft übergegangen, Nahrung die Notwendigkeit, sicherzu- sind da nun Preisschwankungen ausgesetzt stellen, dass die durch die landwirtschaft- und haben weniger Fläche und Zeit für die liche Kommerzialisierung verursachten Subsistenzwirtschaft. Prozesse den physischen und wirtschaft- Die massive Abholzung in den Hochgebirgs- lichen Zugang aller Menschen zu Lebens- regionen des Landes hatte erhebliche mitteln nicht beeinträchtigen. Lebensmittel Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und müssen verfügbar und zugänglich sein. Das Zugänglichkeit von Nichtholz-Ressourcen kann entweder durch Subsistenzproduktion für indigene Gruppen, die traditionell von erfolgen oder mittels des eigenen, aus diesen abhängig sind, und zwar sowohl für fairer und menschenwürdiger Arbeit erwirt- Nahrungsmittel als auch für die Einkommen. Foto linke Seite: (Daniel schafteten Geldes. Schliesslich kann die Andere Aspekte der Kommerzia- Angele) Verfügbarkeit der Nahrungsmittel auch über lisierung: Der Vertragsanbau, der durch WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
4 ESSEN. «Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem erhöhten Druck auf Bodennutzung und andere produktionsrelevante Ressourcen und die Zunahme von häuslicher Gewalt.» die Kommerzialisierung zugenommen und Zubereitung von Lebensmitteln im hat, der grossflächige Landerwerb und die Haushalt. Veränderungen in der landwirt- Privatisierung kommunaler Ressourcen, schaftlichen Produktion und Landnutzung einschliesslich von Wäldern, Weideland und beeinflussen die sozioökonomischen Rollen Wasserressourcen, haben sich für bestimmte von Frauen und Männern und schaffen Gruppen von Männern als vorteilhaft neue Interdependenzen. In diesem Prozess erwiesen, während Frauen im Allgemeinen können Frauen benachteiligt werden, indem benachteiligt werden. Diese geschlechts- sie stärker vom Einkommen männlicher differenzierten Auswirkungen der Agrar- Familienmitglieder abhängig werden. und Flächenvermarktung werden in den Die Entwicklung von Agrarunternehmen und folgenden Abschnitten näher beschrieben. die landwirtschaftliche Kommerzialisierung führen oft zu einer Verankerung struktureller Auch in Ghana haben Veränderungen in Formen der Diskriminierung von Frauen in der Agrarpolitik und neue Investitions- und der Beschäftigung. Sie arbeiten vor allem in Finanzierungsmechanismen dazu geführt, unregulierten Arbeitsmarktsegmenten, ihre dass Exportkulturen wie Kakao, Ölpalmen, Tätigkeiten gelten als gering qualifiziert. Ihre Gerste und Sorghum die traditionellen Lohnarbeit ist schlecht bezahlt, unsicher und Subsistenzkulturen ersetzt haben. Die Studie ohne Sozialversicherungsansprüche. zeigt, dass die Agrarindustrie zunehmend die Agrarpolitik und deren Umsetzung auf Familienzusammensetzung, nationaler und subnationaler Ebene beein- Geldmangel, Zeit flusst. Die Muster der landwirtschaftlichen Kommerzialisierung im Land unterscheiden Auf der Ebene der Haushalte gibt die Studie sich, jedoch ein deutlicher Trend ist der Hinweise darauf, dass die Kommerzia- Mangel an landwirtschaftlichen Arbeits- lisierung der Landwirtschaft in einigen kräften. Dies ist zum Teil auf den Erfolg Regionen zu einem Rückgang der Nahrungs- zurückzuführen, dass immer mehr Kinder mittelproduktion führt und zur Verringerung eine Schule besuchen. Es hat auch damit der Ernährungsvielfalt und der Qualität der zu tun, dass das ländliche Leben in der Nahrungsmittel beiträgt. Veränderungen Wahrnehmung der Menschen an Attraktivität betreffend Zugang zu Nahrungsmitteln, ihrer verloren hat. Landflucht ist auch hier ein Angemessenheit und die kulturelle Akzeptanz Trend. Interessanterweise ist aber auch ein können die Geschlechterrollen beeinflussen. deutlicher Anstieg von jüngeren Menschen In armen ländlichen Haushalten, wenn in der zu verzeichnen, die in den kommerziellen mageren Jahreszeit die Nahrung knapp wird, Gartenbau wechseln. müssen Frauen in ihrer Rolle als Köchinnen Menge und Zusammensetzung der täglichen Geschlechterbeziehungen Mahlzeiten den Gegebenheiten anpassen. bei Nahrungsmittelproduktion Die Lebensmittelverteilung folgt geschlechts- und -konsum spezifischen Normen, was in Wirklichkeit bedeutet, dass erwachsene Männer grössere Frauen sind entscheidend für die Ernährungs- und bessere Teile bekommen als erwachsene sicherheit in ländlichen Gebieten. Sie Frauen und Jungen werden gegenüber leisten einen Beitrag als Bäuerinnen und als Mädchen bevorzugt. Wir gehen davon aus, Arbeiterinnen und sie tragen in der Regel dass Frauen und Mädchen daher häufiger die Hauptverantwortung für die Beschaffung an Ernährungsmängeln leiden als Männer Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
ESSEN. 5 Frauen bündeln ihre Arbeitskräfte und setzen Cassava Setzlinge auf gerodetem Waldboden. Der Wald musste der kommerziellen Landwirtschaft weichen. (Joanna Burke-Martignoni, Kambodscha) und Jungen. Diese haushaltsinternen Umver- stärksten gefährdet. Familienzusammen- teilungsregeln wirken sich auch negativ auf setzung, Geldmangel und Nahrungs-(un) ältere Haushaltsmitglieder aus, die nicht aktiv adäquatheit sind eng miteinander verbunden. zum Einkommen oder zur landwirtschaft- Wenn Nahrung knapp wird, müssen Frauen lichen Arbeit beitragen. mehr Zeit und Ressourcen für die Versorgung der Familie aufwenden. Die Interviewdaten In Kambodscha stellt die Bodenknappheit, die zeigen ebenfalls einen Zusammenhang «Essen ist leicht sich aus der Kommerzialisierung der Landwirt- zwischen dem erhöhten Druck auf Boden- zugänglich. schaft ergeben hat, die Dorfbevölkerung nutzung und andere produktionsrelevante Vorausgesetzt, die (sowohl Männer als auch Frauen) vor eine Ressourcen und der Zunahme von häuslicher Familien haben Wahl: Entweder sie produzieren Lebensmittel Gewalt. Oft werden solche Phänomene Geld» selber, mit dem Risiko, wegen klimatischen als ein Fortbestehen diskriminierender Veränderungen schlechte Erträge zu erzielen. Traditionen erklärt. Oder sie verdienen als Arbeitskräfte Geld, mit Es ist erwiesen, dass die zunehmende welchem sie die Lebensmittel dann kaufen. Kommerzialisierung der Landwirtschaft Landwirtschaftliche Transformationen, weg zu einer spürbaren Verringerung sowohl vom kollektiven Zugang zu Waldprodukten der Quantität als auch der Qualität des und dem Wanderfeldbau, hin zum Anbau täglichen Nahrungsmittelkonsums in den von Nutzpflanzen und die Einführung Untersuchungsgebieten geführt hat. Die individueller Landnutzungsrechte, haben die daraus resultierenden Einschränkungen solidarischen Beziehungsnetze unterwandert. des Zugangs von Frauen zu guter Nahrung In qualitativen Interviews wurde häufig haben neue Formen der Ungleichheit festgestellt, dass «Essen leicht zugänglich zwischen den Geschlechtern geschaffen. ist, vorausgesetzt, die Familien haben Diese Veränderungen untergraben die Geld». Familien mit weniger Mitgliedern Verwirklichung des Rechts auf Nahrung in im produktiven Alter oder weiblich geführte Bezug auf Zugänglichkeit, Angemessenheit Haushalte, die sich nicht auf männliche und kulturelle Akzeptanz nicht nur für Frauen, Arbeitskräfte verlassen können, sind am sondern auch für ältere Menschen und WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
6 ESSEN. «Das politische Ziel der Verbesserung der Ernährungssicherheit durch eine Kommerzialisierung der Landwirtschaft wird zunichte gemacht: durch die steigenden Ausgaben für Lebensmittel, das Verschwinden der Gemeinschaftsgüter und dem wachsenden Druck auf Frauen, eine angemessene Ernährung für ihre Haushalte sicherzustellen.» Kinder. Die Auswirkungen dieser Prozesse ohnehin schon erheblichen Belastung durch sind für die indigenen Gruppen der Khmer «reproduktive» Arbeit, für die Subsistenz- und Nicht-Khmer unterschiedlich. wirtschaft und andere produktive Tätig- keiten aufwenden. Frauen in unseren In Ghana sind eher Männer in der Landwirt- Untersuchungsgebieten berichten, dass sie schaft tätig als Frauen, Sie besitzen und weniger Zeit für die Zubereitung von Lebens- bewirtschaften auch grössere Landflächen. mitteln verwenden und oft selbstgekochte Sowohl Männer als auch Frauen verkaufen Mahlzeiten durch neue Lebensmittel mit einen Teil ihrer Ernte; auch wenn der Anteil geringerem Nährwert ersetzen müssen. der Frauen eher kleiner ist. Gleichzeitig finden Das politische Ziel einer Verbesserung der wir aber Hinweise auf eine gleiche, wenn Ernährungssicherheit durch die Kommerzia- nicht sogar höhere Marktorientierung von lisierung der Landwirtschaft wird durch die Frauen. Die Daten bestätigen die Hypothese steigenden Ausgaben der Haushalte für nicht, dass mit zunehmender Rentabilität Lebensmittel, das Verschwinden der Gemein- mehr Männer in die Produktion einsteigen, schaftsgüter und den wachsenden Druck auf während Frauen der Anbau für den Eigen- Frauen, weiterhin angemessene Lebens- verbrauch bleibt. mittel und die Ernährung für ihre Haushalte Obwohl immer noch signifikant, stellen wir sicherzustellen, zunichte gemacht.» doch fest, dass die geschlechtsspezifische Differenzierung in den Anbaumustern nicht Rechtsbasierte Ansätze und mehr so ausgeprägt ist wie vor zehn Jahren. politische Repräsentation Wie in Kambodscha zeigen unsere Ergeb- nisse, dass die Kommerzialisierung vielfältige, In unseren beiden Studienländern sind aber meist negative Auswirkungen auf den Frauen in politischen, rechtlichen und Zugang zu den Bedürfnissen angepassten wirtschaftlichen Institutionen auf allen – von Lebensmitteln in Haushalten hat. den lokalen und subnationalen, bis hin zu den Die Notwendigkeit, die Produktivität zu nationalen - Ebenen der Regierungsführung steigern, führt häufig dazu, dass die in der nach wie vor stark unterrepräsentiert. Im Landwirtschaft tätige Bevölkerung, welche Kontext der landwirtschaftlichen Kommerzia- sich Inputs wie Düngemittel, Viehfutter oder lisierung bedeutet dieser Mangel an Pflanzenschutzmittel leisten kann, den politischer Repräsentation, dass die Rechte Einsatz von Agrochemikalien erhöht. Dies und Interessen von Frauen als Kleingrund- wiederum ist mit einer Verschlechterung der besitzerinnen, landlose Bäuerinnen oder Qualität der von ihnen angebauten Grund- landwirtschaftliche Lohnarbeiterinnen in nahrungsmittel und einer Verringerung der Verhandlungen, Politik und Gesetzgebung Verfügbarkeit derjenigen Forstressourcen häufig übersehen werden. verbunden, welche die Frauen für die Neben diesen strukturellen Formen der Zubereitung von Mahlzeiten brauchen. Ungleichheit in der politischen Repräsentation Mit zunehmender Kommerzialisierung und Entscheidungsfindung sind die Möglich- steigt die Zeit, welche die Frauen nebst ihrer keiten für die Erhebung von rechtsbasierten Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
ESSEN. 7 Ansprüchen im Zusammenhang mit Diskriminierung beim Zugang zu Nahrung, Land und natürlichen Ressourcen oft begrenzt. In Kambodscha gibt es zwar eine lebendige Zivilgesellschaft und Frauen waren bei vielen Protesten im Zusammenhang mit der «Landnahme/Bodennahme» an vorderster Front, aber Regierungsrepression und gerichtliche Korruption führen dazu, dass die Einforderung der Rechte weitgehend erfolglos geblieben ist. Während die ghanaischen Gerichte für das Recht auf Nahrung empfänglicher sind und es weniger Einschränkungen für die Aktivitäten zivil- gesellschaftlicher Gruppen gibt, die an der Förderung der Geschlechtergleichstellung und der Frauenrechte beteiligt sind, ist das Bewusstsein für das Recht auf Nahrung als Menschenrecht in der Justiz gering, ebenso wie das Engagement der sozialen Bewegungen in dieser Frage. DEMETER ( G e n d e r, Land Joanna Bourke-Martignoni ist Postdoc-Forscherin and the Right to Food) ist ein und als Senior Research Fellow ebenfalls interdisziplinäres Forschungsprojekt, Koordinatorin des DEMETER-Projekts am Geneva welches im Rahmen des Nationalen Graduate Institute of Development Studies (IHEID). Forschungsprogramms Research for Sie ist eine internationale Menschenrechts- Development (r4d) durchgeführt wird. anwältin und Historikerin mit den Schwerpunkten Es untersucht aus der Perspektive Geschlechtergleichstellung, wirtschaftliche, soziale der Geschlechtergerechtigkeit und und kulturelle Rechte sowie Südostasienwissen- des Rechts auf Nahrung den sozialen schaften. Wandel in ländlichen Gebieten von Kambodscha und Ghana. Die dafür Fenneke Reysoo (IHEID, Genf) setzt sich für die verwendeten Methoden sind vielfältig. Bekämpfung der sozialen Ungerechtigkeiten Einige der wichtigsten Ergebnisse der ein. Sie definiert diese als institutionalisierte qualitativen Forschung in den beiden Hierarchien kultureller Werte, die bestimmte Ländern wurden in diesem Text Personengruppen vom gesellschaftlichen Leben zusammengefasst und in den Kontext ausschließen. Ihre Forschung konzentriert sich breiter sozioökonomischer, politischer auf die geschlechtsspezifischen Auswirkungen und rechtlicher Trends gestellt, die der Landkommerzialisierung (Kambodscha), auf im Rahmen des Projekts analysiert Gesundheits- und Fortpflanzungsrechte (Marokko, wurden. Mali, Bangladesch) und den Status von Frauen im Islam (Marokko). Ihre Ausbildung befindet Weitere Informationen zum sich an der Schnittstelle von Anthropologie (PhD Forschungsprojekt DEMETER finden Radboud University, 1988), und Gender- & Sie unter: https://r4d-demeter.info Entwicklungstudien (ITC, 1982). WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
8 ESSEN. AUFGETISCHT: FAIRES ESSEN ÜBERLEGUNGEN ZUR FAIR-FOOD-IDEE AM BEISPIEL BOLIVIANISCHER QUINOA-PRODUZENT*INNEN Sabin Bieri Gesund und fair – so wollen wir auftischen eine Kampagne, die den gesundheits- in der Schweiz. Die Fair-Food-Initiative bewussten, vegetarisch oder vegan lebenden sollte dieses Anliegen verfassungsfähig Liebhaberinnen und Liebhabern von Quinoa machen. Was aber bedeutet die Nachfrage den Appetit gründlich verdarb. Ausgehend nach gesundem und fairem Essen für von einem Artikel im britischen Guardian diejenigen, die es produzieren? Wie viel stellte bald jedes kritische Blatt den Verzehr Fairness bleibt bei den Kleinbauern- von Quinoa in unseren Breitengraden an familien in Bolivien, deren Quinoa für den den Pranger, und schliesslich schwappte europäischen Konsum bestimmt ist? Könnte die Alarmstimmung auch auf Konsumenten- die politische Bestimmung von «fair» und magazine in der Schweiz über.2 «gesund» aus der Schweiz Signalwirkung erzeugen? Oder würde sie, wie gegnerische Essen wir den bolivianischen Stimmen argumentierten, vielmehr Kleinst- Kleinbäuer*innen die produzent*innen ausschliessen, weil diese Quinoa vom Teller? die Standards schon heute kaum einzuhalten vermögen? Gibt es in der Beurteilung export- Was ist an der Geschichte dran? Sind die orientierter Landwirtschaft im globalen Süden Ernährungsgewohnheiten wohlhabender auch einen feministischen Standpunkt? Amerikaner*innen und Europäer*innen der Grund für Mangelernährung und Ein sechsjähriges, von der Schweizer Geldknappheit der Andenbevölkerung? Entwicklungsagentur DEZA und dem Ächzen die Bäuerinnen unter der zusätz- Schweizerischen Nationalfonds kofinanziertes lichen Arbeitsbelastung des kommerziellen Forschungsprojekt1 ging den Auswirkungen Anbaus? der zunehmend kommerzialisierten Landwirt- Der Boom von Quinoa ist beispielhaft (siehe schaft in Binnenländern wie Bolivien nach. Grafik rechts). Parallel zur Preissteigerung Diese Auswirkungen wurden insbesondere steigen die Anbaufläche und die Produktions- nach geschlechterdifferenzierten Merkmalen menge. Die Familien, die näher an den sowie mit Blick auf die viel- beschworene Zentren und damit an den Märkten leben, Feminisierung der Landwirtschaft unter- erweitern ihre Fläche rasch. Die Lamaherden, sucht. Erhöht die Produktion für den Markt die die bisher zu ihrer landwirtschaftlichen Chancen von Frauen, sich auf dem Arbeits- Strategie gehörten – häufig der Bereich der markt zu betätigen? Frauen – werden entweder verkauft, um Sind sie in der Lage, mit dem bezogenen damit Landmaschinen anzuschaffen oder Lohn ihre soziale Stellung zu verbessern? an Verwandte in weiter entfernten Regionen Erwerben sie Kenntnisse, schaffen sie sich abgegeben. Söhne und Töchter, die in nahe neue Netzwerke, entwickeln sie Perspektiven gelegene Städte oder ins benachbarte – wenn nicht für sich, so doch zumindest für Ausland migriert sind, kehren zurück und ihre Kinder? beanspruchen, das Land ihrer Vorfahren Im Fall von Quinoa gab es vor 2013, bebauen zu können. Die traditionelle während der Hausse des Quinoa-Booms, Behörde, die den Landzugang organisiert, Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
ESSEN. 9 Steigende Preise und Anbauflächen für Quinoa in Bolivien ab 2005 führten zu mehr Wohlstand, Schulbesuchen von Kindern, Mechanisierung der Produktion, und einer Diversifizierung der Ernährung. Ab 2016 stürzten die Preise in sich zusammen. (Quelle: Fao Stats, Grafik von Maurice Tschopp) sieht sich mit einer kaum zu bewältigenden Quinoa auf dem internationalen Markt. Kaum Nachfrage konfrontiert. Quinoa wird vermehrt ein Bauer, eine Bäuerin, ist heute besser auf flachen Ebenen angebaut, dort, wo positioniert als vor dem Boom. Es profitierten Traktoren fahren können. Auch wenn sich allenfalls jene, die Kapital investierten und die Erzählungen von Konflikten häufen und ihre Produktion mechanisieren konnten – die Böden auf dieser Höhenlage fragil sind, dies sind meist Ausgewanderte, die mit dem gibt es keinen eigentlichen Landmangel. Sog des Booms wieder zurück ins Gebiet des Konflikte entstehen in Bezug auf die bevor- Salar kamen. zugten Zonen, und weil die Instrumente der Den Bäuerinnen aus dem bolivianischen traditionellen Behörde zu wenig ausgereift Hochland wurden die Exportstrategien sind, um die wachsende und zunehmend der eigenen Regierung sowie diejenige konkurrierende Nachfrage zu organisieren. der Nachbarländer, allen voran Peru, zum Verhängnis. Die Produktion wurde so rasch Dem Boom folgt der Preiszerfall nach oben geschraubt, dass die Preise in sich zusammenstürzten. Der Vorsprung, den Die Königsquinoa, die Quinoa Real, die im Bolivien als Hauptexporteur gehabt hatte, Gebiet rund um die Salzwüste von Uyuni schmolz innerhalb von wenigen Jahren. Die angebaut ist, gilt als eine der ursprüng- Kleinbauernfamilien werden wieder auf ihre lichen Sorten. Dank ihrer verhältnismässig ursprünglichen, diversifizierten Wirtschafts- grossen Körner, dem nussigen Geschmack weisen zurückgeworfen. und den hochwertigen Ernährungseigen- schaften verkauft sie sich gut. Zudem genügt Dennoch: Quinoa führte die Produktion, die ohne Zufuhr von künst- zu Wohlstand lichem Dünger und Pestiziden auskommt, den Kriterien des biologischen Anbaus. Trotzdem ist die Boom- und Bust- Geschichte Trotzdem stürzt der Preis seit 2016 in sich nicht ausschliesslich eine Geschichte des zusammen. Die Lagerhäuser sind voll, die Misserfolgs, auch wenn sie mit Sicherheit Bauern und Bäuerinnen zögern den Verkauf eine Geschichte der unterlassenen hinaus, solange sie nur einen Bruchteil Entscheidungen und mangelnden Weichen- des in den Boomjahren erzielten Preises stellungen für die Zukunft ist. lösen können. Der Preiszerfall kam nicht Viele Bauernfamilien erarbeiteten in den vollkommen überraschend, aber doch abrupt wenigen Boomjahren einen massgeblichen und schneller als erwartet. In der Boomphase Wohlstand, der ihnen über die ersten Monate ging es vor allem darum, schnelles und des Preisrückgangs hinweghalf. Einige Kinder viel Geld zu verdienen. Niemand arbeitete profitierten unabhängig vom Geschlecht an den Rahmenbedingungen für eine von besseren Schulen oder wurden an nachhaltige Quinoa-Wirtschaft. Es wurden Universitäten im Ausland geschickt. keine Anstrengungen unternommen, für eine Die Investition in die Maschinen erleichterte privilegierte Positionierung von bolivianischer die Produktion – allerdings nicht so sehr für WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
10 ESSEN. «Es änderte sich an der Rollenverteilung innerhalb der Haushalte wenig: Während Männer für technisierte Arbeiten zuständig sind, sind Frauen bei den aufwendigen Handarbeiten während der Ernte und den primären Verarbeitungsprozessen gefragt. Hierfür werden auch Frauen als externe Arbeitskräfte rekrutiert.» die Frauen, wie wir sehen werden. Die Ernährungsvielfalt in der Region nahm zu, da sich die Menschen aus dem Erlös für die Quinoa andere Produkte leisten konnten, die das Standardmenü aus Quinoa und Lamafleisch ergänzen und bereichern. ist, erzeugt hier eine Pufferwirkung und Zumindest ein Mythos ist damit widerlegt: verhindert somit zu grosse Verwerfungen. Der florierende Absatz von Quinoa in unseren Dennoch ist letztlich entscheidend, wer wie Breitengraden geht nicht auf Kosten der viele Arbeitskräfte zur Verfügung hat. Ernährungssicherheit oder der Ernährungs- souveränität der Produzentinnen von Quinoa. Die Frage des Geschlechts Wie mir Doña Andrea, eine erfahrene Quinoa- Bäuerin mitteilt: Welche Schlussfolgerungen lassen diese «Bei uns zu Hause essen wir keine Quinoa. Erkenntnisse im Rahmen einer feministischen Wir bevorzugen Reis und Teigwaren.» – Diskussion um «Fair Food» zu? Fragen, die Quinoa gilt als Armeleuteessen. Wer es etwa zu stellen wären, sind diejenige nach der sich leisten kann, steigt um. Die nationalen Verschiebung von geschlechterdifferenzierten Kampagnen zur Förderung des Binnen- Rollen, der Arbeitslast, den geteilten verzehrs von Quinoa sollen diesem Verantwortungen, den jeweiligen Chancen Trend Einhalt gebieten. Gleichzeitig kann sowie der gesellschaftlichen Stellung von festgestellt werden, dass die Ernährungs- Männern und Frauen ausserhalb der Familie. vielfalt gewachsen ist, seit einige sich durch Der ernüchternde Befund ist vorerst, den Verkauf von Quinoa auch etwas leisten dass sich an der Rollenverteilung innerhalb können. Wie sich dadurch die Qualität der der Haushalte wenig ändert, wenn von Ernährung verändert hat, wurde hier nicht der Produktion für den Eigengebrauch untersucht. auf Export umgesattelt wird. Während die Männer für technisierte Arbeiten zuständig (Un)Gleichheiten zwischen sind, sind die Frauen bei den aufwendigen Bauernfamilien Handarbeiten während der Ernte und den primären Verarbeitungsprozessen gefragt. Die zweite Entwarnung kommt bezüglich Hierfür werden auch Frauen als externe der Frage, ob die Produktion für den Markt Arbeitskräfte rekrutiert. Sie kommen aus die Ungleichheit unter den Bauernfamilien den umliegenden Dörfern oder es sind die verschärft. Auch hier ist die Antwort im eigenen Kinder, die abgewandert sind und bolivianischen Kontext ein Nein, so gibt es für die arbeitsintensiven Phasen zurück- bezüglich der staatlichen Sozialleistungen kommen. Ihre Löhne sind tiefer als diejenigen keinen Unterschied. Wer mehr Land fürs Pflügen oder die Aussaat. Die Hausarbeit besitzt, das gilt für Frauen ebenso wie für bleibt weitgehend in der Verantwortung der Männer, ist proportional bevorteilt. Es ist Frauen, ebenso die Kindererziehung. Die kaum eine Verschärfung der Ungleichheiten einzige Entlastung, die sie erhalten, erfolgt zwischen verschiedenen Haushaltstypen durch die Aufgabe oder Verschiebung der zu beobachten, einzig die «Single headed» Viehproduktion. Von der viel beschworenen Haushalte, in der Mehrheit von Frauen geführt, andinen Rhetorik der komplementären, aber sind stärker von Verdrängung bedroht. gleichwertigen Geschlechterrollen bleibt nicht Diese Schlussfolgerung ist mit Vorsicht zu viel übrig. geniessen: Das kommunale Landrecht, das Interessant ist die Rolle von in der bolivianischen Verfassung verankert Frauen in den mächtiger werdenden Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
ESSEN. 11 Stolz auf ihre Produktion, aber Sorgen um die Zukunft: Ein Paar auf ihrem Quinoafeld in der Nähe von San Pedro de Quemez, Provinz Nor Lípez, Bolivien. (Sabin Bieri, 2018) Produktionskooperativen sowie den lokalen Autoritäten, die an Einfluss eingebüsst haben. Während die lokalen Autoritäten zunehmend Frauen auf Posten berufen, so bleibt dies in den Kooperativen eher die Ausnahme. Auch die gemäss zahlreichen Studien mehrheitlich hier scheint sich zu bestätigen, dass trotz den Frauen angelastet werden. neuer wirtschaftlicher Chancen die Machtver- Die Folgen des Preiszerfalls in Bolivien hältnisse eher perpetuieren als aufgebrochen treffen jene hart, die ihre diversifizierten werden. In diesem Sinne stellt sich die Frage, Anbaustrategien aufgegeben und voll in die welche sogenannten «Frauenprojekte» Quinoa investiert haben. Fragen der sozialen gefördert werden. Gerade die Besetzung von Sicherheit und ihr Beitrag zu «Entwicklung» in «traditionellen Ämtern» durch Frauen mag Ländern des globalen Südens, insbesondere zwar ein gutes Bild abgeben, doch es kann für Frauen und im Landwirtschaftsbereich, ihre Position auch schwächen. Denn offen- müssen im Licht solcher Marktdynamiken und sichtlich werden die wichtigen agrar- und der Exportorientierung neu bewertet werden. sozialpolitischen Entscheide zunehmend Allenfalls müsste sich auch die internationale auf höherer politischer Ebene oder von den Zusammenarbeit intensiver mit der Frage der Funktionären der Kooperativen getroffen, wo Risikoabfederung und der sozialen Sicherheit Frauen kaum vertreten sind. in Arbeitsverhältnissen auseinandersetzen. Ein weiteres Thema, das viel stärker in den Fazit für die Fair Food Idee Blick genommen werden könnte, ja müsste, ist die Unterstützung der Organisation von «Fair» soll im Falle globaler Nahrungs-Wert- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im schöpfungsketten nicht einseitig zu Gunsten Bereich der landwirtschaftlichen Produktion derjenigen sein, die bereits zu besseren und des Verkaufs. Bedingungen starten. Im konkreten Fall hiesse das, dass man etwa die Arbeits- Sabin Bieri forscht am Interdisziplinären Zentrum bedingungen in eine Definition von «fair» für nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) an einschliesst und hierbei die Geschlechter- der Universität Bern. perspektive einfordert. Zudem wären Fragen zur Kinderbetreuung und der Arbeitsbelastung 1 Dieser Text basiert auf der Forschung mit dem Titel «Feminisation, agricultural transition von Frauen ganz allgemein angebracht. and rural employment (FATE)», welche unter der Leitung von Sabin Bieri im Rahmen eines Research-for-development-Programms finanziert wird. http://www.r4d.ch/modules/employment/ Biologische Produktion ist häufig mit mehr feminisation-agricultural-transition-and-employment (14.12.2018) Aufwand verbunden – etwa beim Jäten oder 2 https://www.theguardian.com/commentisfree/2013/jan/16/vegans-stomach-unpalatable- der Bekämpfung von Schädlingen. Arbeiten, truth-quinoa (letzter Zugriff 3.9.2018) WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
12 ESSEN. ANNÄHERUNG AN DAS SCHWEIZER ERNÄHRUNGSSYSTEM MIT GENDERBRILLE Heike Wach Im folgenden Artikel soll die Unterschiedlichkeit zwischen Frauen am Beispiel verschiedener Interessengruppen im Schweizer Ernährungssystem näher betrachtet werden: Frauen als Arbeiterinnen im Tieflohnbereich der Lebensmittelbranche, als Konsumentinnen und Ernährerinnen mit unterschiedlichem Einkommen, und als Stimmbürgerinnen hier in der Schweiz. Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für eine geschlechterdifferenzierte Debatte um nachhaltige Nahrungsmittel herleiten? Im Zusammenhang mit der Fair-Food-Kampagne war oft die Rede von mehr Ökologie und Sozialverträglichkeit im Spannungsfeld mit Wirtschaftlichkeit. Unterschiede zwischen Männern und Frauen wurden thematisiert, vor allem wenn es um Konsum und Abstimmungsverhalten in der Schweiz ging. Unterschiede zwischen Frauen fanden indes keine Beachtung. Arbeiter*innen im Schweizer Nahrungsmittelsektor In einem nachhaltigen Ernährungssystem Entsprechende Statistiken existieren zwar, sollten alle darin arbeitenden Menschen die Ergebnisse werden in der Öffentlichkeit einen gerechten Lohn für ihre Arbeit erhalten, indes kaum rezipiert. Wer sind diese Frauen, um ein gutes Leben zu führen. In der Schweiz die im Niedriglohnbereich Teilzeit arbeiten? sind die Preise von Nahrungsmitteln sehr tief, Reicht der effektive Lohn, um sich und was sich auch in der Lohnsumme dieser eventuell noch eine Familie zu ernähren? Branche manifestiert. Existenziell davon Warum arbeiten so viele Frauen in diesen betroffen sind die Arbeitskräfte, die sich in Branchen Teilzeit und was bedeutet das Tieflohnbereichen den Lebensunterhalt für ihre langfristige finanzielle und soziale verdienen, vor allem in Teilzeit und als Sicherheit, zum Beispiel im Alter? Droht Saisonarbeitende. gerade diesen Frauen Altersarmut? Im Nahrungsmittelsektor findet 11% der Bevölkerung Beschäftigung1. Ein erheb- Alle Menschen konsumieren Lebens- licher Anteil der Arbeitsplätze mit geringem mittel als Grundlage für Wohlbefinden und Einkommen liegt im Bereich der Nahrungs- Gesundheit. Von Armut betroffene Menschen mittelproduktion, -verarbeitung, -verpackung haben weniger Spielraum, im Supermarkt die und im -transport sowie im -verkauf. Auch teureren nachhaltigen Produkte zu kaufen als Arbeitsstellen im Restaurationsbereich Kund*innen mit höherer Kaufkraft. gehören zu dieser Kategorie, dort sind Personen mit einem geringen Einkommen, Menschen angestellt, die unsere Verpflegung Familien mit mehr als zwei Kindern und Allein- ausser Haus gewährleisten, sei es in erziehende tragen laut Caritas Schweiz ein Kantinen, Spitälern oder an Schulen2. Gerade hohes Armutsrisiko. Kurzarbeit, temporäre im Bereich der Hilfsarbeit bestehen zahlreiche Arbeitsverhältnisse, fehlende oder zu teure Jobs, die in Teilzeit und ohne formelle Kinderbetreuungsplätze verschärfen die Qualifikationen verrichtet werden können Situation. Das verfügbare Einkommen ist und deshalb schlecht bezahlt sind. Viele knapp. Menschen mit Migrationshintergrund, dieser Arbeiten werden von Migrant*innen die aufgrund ihrer Herkunft in verschiedener geleistet und mehr als 75% der Teilzeitjobs Hinsicht diskriminiert werden, erleben von Frauen. zusätzliche Hindernisse, ein ausreichendes Die Zahlen zur Arbeitsmarktsituation in Einkommen zu erzielen. diesen Branchen werden branchenspezifisch Alle diese Elemente haben eine Gender- kommuniziert, nicht aber nach Geschlecht. dimension. Dies manifestiert sich in einer Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
ESSEN. 13 «Durchschnittlich geben wir 6,4% vom Haushaltsbudget für Nahrungsmittel aus. Je geringer das Einkommen, umso grösser wird der prozentuale Anteil für Lebensmittel.» bestehenden Lohndifferenz von 17% in der Durchschnittlich geben wir 6,4% vom Schweiz. Zudem zeigen die Lebensläufe, Haushaltsbudget für Nahrungsmittel aus dass Familiengründung für Männer nach wie beziehungsweise 12,5%, wenn der Verzehr vor mehrheitlich mit einem Karrieresprung, ausser Haus mit einberechnet wird. Je für Frauen jedoch mit einem Karriereknick geringer das Einkommen, umso grösser einhergeht, was zu weiteren Lohneinbussen wird der prozentuale Anteil für Lebens- führt. Haushalte mit nur einem Elternteil mittel. Durchschnittlich wird bei den tiefsten werden zu 80% von Frauen geführt. Frauen Einkommen von einem Anteil zwischen arbeiten vorwiegend Teilzeit und haben 12 und 13% des Einkommens (exklusive folglich eine schlechtere Altersversorgung3. Ausser-Haus-Verpflegung ) ausgegangen6. Dies ist alles hinlänglich bekannt, Armuts- Wenn das Geld knapp wird, wird auch bei statistiken untermauern die Zuspitzung dieser den Lebensmitteln gespart. Bereits heute, Situation deutlich. «Armut ist weiblich», so bei verhältnismässig tiefen Preisen, können das Fazit der Caritas4. sich von Armut betroffene Menschen nicht «Working Poor», also armutsbetroffene die ihrem Bedarf entsprechenden Lebens- Erwerbstätige sind Personen, welche trotz mittel leisten7. Anstellung unter der Armutsgrenze leben. Damit wird es zu einem Privileg der besser Sie sind vor allem in Sektoren mit geringer Verdienenden, Produkte zu kaufen, welche Produktivität oder Niedriglöhnen beschäftigt5, als nachhaltig gelten und damit einen zu ihnen gehören die oben genannten Jobs entsprechenden Preis haben. Solange der in der Lebensmittelbranche, sowie in der Anteil sozialverträglicher Produkte marginal Primärproduktion. bleibt, ändern sich aber auch die Produktions- Die Preise würden bei Annahme der und Arbeitsbedingungen im Niedriglohn- Initiative ansteigen, so eines der Haupt- bereich der gesamten Branche entsprechend argumente der Gegner*innen der Fair-Food- wenig. Eine flächendeckende Sozial- Initiative. So könnten arme Familien ihr verträglichkeit bei der Lebensmittelproduktion Essen kaum noch bezahlen. Es stellt sich würde bestehende Machtverhältnisse in dabei aber die Frage, welche Verantwortung den Wertschöpfungsketten infrage stellen. die Lebensmittelbranche diesbezüglich hat. Wie sich das auf die Preise auswirkt, ist Wenn ausgerechnet die Löhne in der Lebens- schwierig vorherzusagen. Armutsbetroffene mittelbranche zu den tiefsten des Landes Familien sollten daher bereits jetzt gezielt gehören und Produzent*innen von der darin Unterstützung erhalten, sich nachhaltig Produktion der Lebensmittel ihren Lebens- ernähren zu können, unabhängig von den unterhalt nicht decken können, klingt dieses Lebensmittelpreisen. Argument zynisch. Vor allem, wenn es von Vertreter*innen mit der grössten Marktmacht der Kette kommt, wie z.B. dem Detailhandel oder den Lebensmittelkonzernen. Für das Gros der Schweizer Bevölkerung sind Lebensmittel so billig, dass ein Aufschlag das Portemonnaie wenig belasten würde. WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
14 ESSEN. wird erwartet, dass sie noch mehr Rollen erfolgreich unter einen Hut packen. Das Plakat unterstreicht, dass in Haushalten mit Kindern die Mutter/Frau für den Einkauf und die Zubereitung der Lebens- mittel verantwortlich ist. Vermutlich ungewollt, greift die Werbung indirekt auch das Thema der Betreuungslücke auf: In Haushalten, in denen alle Erwachsenen einer Lohnarbeit nachgehen müssen, fehlt oft die Zeit für Sorgearbeit, unter anderem auch aufgrund der langen Arbeitszeiten und einem geringen schulexternen Betreuungsangebot. Diesen Zeitmangel bekommen vor allem Frauen aufgrund der traditionellen Rollenaufteilung zu spüren. Mit entsprechenden finanziellen Mitteln ist es möglich, die Zeit fürs Kochen zu reduzieren: durch Verpflegung ausser Haus oder entsprechend aufbereitete Produkte, zum Beispiel aus der Tiefkühltruhe. Konsumentscheide haben vielfältige Werbeplakat für die «Mutter-Kind-Einkaufsliste»: Sind Mütter alleinig für Motive: Essen kann Stress kompensieren, die Zuwendung, das Kochen und den Einkauf verantwortlich? (Juli 2018) ist Ausdruck sozialer Zugehörigkeit, und wird auch eingesetzt, um Zuneigung zu zeigen und Anerkennung zu erlangen. Das breite Spektrum an Fertigprodukten bietet für jeden Von Konsumentinnen und Müttern Geldbeutel etwas an, aber billige Kalorien sind häufig auch ernährungsphysiologisch Sorgearbeit ist zeitintensiv, ob für Kinder, weniger nachhaltig. Wenn das Bewusstsein Alte, Kranke, die Umwelt. Ein nachhaltiger, für gesunde Ernährung gering ist, zum sorgsamer Konsum geht nicht auf Kosten von Beispiel aufgrund fehlender Informationen Umwelt, Arbeitsbedingungen und Tierwohl und Zugangschancen, kann das vielfältige und orientiert sich am lokalen und saisonalen Angebot der Lebensmittelbranche dazu Angebot. Das braucht Zeit und weitere verleiten, zu billigen, nährstoffarmen Ressourcen, wie Information, Mobilität Produkten zu greifen. Frauen tragen durch oder Netzwerke. Ziel könnte sein, dass der ihre Rollenzuschreibungen eine existenzielle Direktverkauf zwischen Produzent*innen und Verantwortung und es stellt sich die Frage, Konsument*innen gefördert wird. Die Preise wer den Preis für die billigen Lebensmittel für die Lebensmittel sind eher tiefer, da kein bereits heute zahlt. Zwischenhandel finanziert werden muss. Wer Im Zusammenhang mit einer nicht weniger Zeit hat, kann – wenn vorhanden - ausgewogenen Ernährungsweise ist mit Geld kompensieren und im Supermarkt Übergewicht häufig mit Fehlernährung zertifizierte Produkte kaufen. verknüpft, mit langfristigen Folgen für die Noch im Jahr 2018 kommt die Gesundheit und das Wohlbefinden. In der genderspezifische Rolle der Frauen im Schweiz gilt etwa ein Viertel aller Jugend- Zusammenhang mit Lebensmitteln in der lichen als übergewichtig, überproportional Schweiz auf einem Werbeplakat deutlich betroffen sind zum Beispiel in der Region zum Ausdruck: Die Werbung zeigt eine Basel Mädchen aus ökonomisch schwachen fürsorgliche Mutter, die aus Zeitmangel zur Familien8. Während in der Schweiz allgemein Fertigmahlzeit greift, denn das Elternsein ist Frauen weniger übergewichtig sind als heutzutage anspruchsvoll und von Frauen Männer, ist es bei der Gruppe mit geringer Bildung gerade umgekehrt9. Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
ESSEN. 15 «Sorgearbeit ist zeitintensiv, ob für Kinder, Alte, Kranke oder die Umwelt. Ein nachhaltiger, sorgsamer Konsum geht nicht auf Kosten der Umwelt, Arbeitsbedingungen und Tierwohl.» Stimmbürgerinnen für Fair Food? Die letzte Gruppe, die hier erwähnt werden soll, sind die Stimmbürgerinnen. Sie haben sich im Vergleich zu den Stimmbürgern im Vorfeld gesamthaft eher für die Fair-Food- Initiative ausgesprochen. Das Ergebnis deckt sich mit der Aussage, dass sich Frauen generell etwas stärker für Nachhaltigkeit aussprechen als Männer10. Dieses Phänomen wurde von der Presse aufgenommen. Der Kommentar von FDP-Nationalrat Walter Müller im Newsblatt «20 Minuten»: «Sie machen häufiger den Einkauf und haben eine grosse Affinität zu gesunden Lebens- mitteln aus der Region.» Frauen seien eben ein wenig emotionaler und hätten ein Herz für Tiere. Aber: «Jetzt müssen wir den Frauen erklären, dass die beiden Initiativen ihre Erwartungen nicht erfüllen werden. Rational gesehen führen die Initiativen nicht zu gesunden Lebensmitteln, die auch noch erschwinglich sind.»11 Walter Müller griff damit ein uraltes Vorurteil auf: Frauen sind emotional und verstehen die grossen wirtschaftlichen Zusammen- Fazit hänge nicht. Er widerspiegelt damit die starke Ablehnung der Fair-Food-Initiative Im Schweizer Ernährungssystem bei Männern aus der Deutschschweiz − hängt Gendergerechtigkeit mit einer im gehobenen Alter und mit höherem geschlechts-spezifischen Rollenzuordnung Einkommen. Menschen mit kleinem Budget und Bewertung der Arbeit zusammen. Frauen haben nämlich noch im September die sind wirtschaftlich tätig als bezahlte Arbeits- Fair-Food-Initiative am stärksten unterstützt12. kräfte und als unbezahlte Care-Arbeiterinnen. In den Tagen nach der Abstimmung wurde In der Wahrnehmung werden die noch gesagt, dass schweizweit 45% aller strukturellen Bedingungen zu Gunsten der Frauen der Initiative zugestimmt haben13. zugeschriebenen, oft verklärenden Rollen- In der entsprechenden VOTO-Studie wurde bilder verdeckt. Frauen, als Ernährerinnen allerdings festgestellt, dass die Unterschiede und Konsumierende erscheinen als Haupt- nicht signifikant waren14. In Genf, wo die verantwortlichen für die gesunde Ernährung Initiative angenommen wurde, haben somit ihrer Familien. wohl mehr Männer für die Initiative gestimmt Einkommensschwache Familien sind als Frauen im Kanton Obwalden, dem Kanton besonders betroffen, da hier knappe mit der deutlichsten Ablehnung. Derweil Ressourcen dazu führen, dass es im haben sich junge Leute, sowohl Frauen Ernährungsbereich überproportional zu als auch Männer, häufiger für Fair Food Defiziten kommt. Tiefe Preise von Lebens- ausgesprochen. Das stärkste Kriterium waren mitteln für alle auf Kosten der Nachhaltigkeit existierende Konsummuster – wer jetzt bereits kann dieses Problem nicht lösen. auf nachhaltige Lebensmittel und Ernährung Der Blick in die unterschiedlichen Nischen schaut, wünscht sich ein entsprechendes des Ernährungssystems zeigt Bereiche auf, in staatliches Engagement mit klaren Richt- denen der Anspruch von Sozialverträglichkeit linien, die für alle Lebensmittel gelten. mit einer feministischen Perspektive ergänzt WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
16 ESSEN. werden sollte. Aus der obenstehenden Reflexion ergeben sich folgende Handlungs- Heike Wach, Mitglied der Redaktion (siehe S.48) felder für Politik und Wirtschaft: −− Eine Debatte um Fairness entlang der 1 Taschenstatistik Landwirtschaft und Ernährung 2017 Wertschöpfungsketten müsste die 2 Sektoren mit den tiefsten Löhnen sind gemäss der entsprechenden Arbeitsplätze hier in der Lohnerhebung des BFS von 2016 in der «Verarbeitung: Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken» (15% Schweiz differenziert nach Geschlecht unter dem Medianlohn); im «Detailhandel» (−23%) analysieren, Trends aufzeigen und daraus und «Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie» (−18%) zu finden. Die Medianlöhne sind − bei einem entsprechende Massnahmen formulieren, Vollzeitäquivalent − alle weit über der Armutsgrenze. Mit die zu mehr Gendergerechtigkeit führen. Ausnahme des «weiblichen» Detailhandels sind beide Geschlechter gleichermassen vertreten. Zahlen für die −− In den am tiefsten bezahlten Segmenten Primärproduktion sind nicht geschlechterdifferenziert der Lebensmittelbranche wäre eine recht- verfügbar. Während in der Gesamtwirtschaft 70% aller Teilzeitarbeitenden Frauen sind, sind in diesen liche und wirtschaftliche Absicherung der Sektoren zwischen 76–82% der Teilzeitarbeitenden Angestellten auch bei kleinen Pensen weiblich. notwendig, um die bestehende Prekarität 3 M. Madörin: Die kleingerechnete Ungerechtigkeit. Widerspruch 71/18 zu vermindern; 4 https://www.caritas.ch/de/aktuelles/blog/detail/blog/ −− Die Verantwortung für Sorgearbeit sollte armut-ist-weiblich.html?no_cache=1 gesellschaftlich breiter abgestützt und 5 Crettaz E 2018: Working Poor in der Schweiz wirtschaftlich aufgewertet werden, indem – Ausmass und Mechanismen; https://www. alle Menschen Zugang zu ausreichend socialchangeswitzerland.ch/?p=1514 gesunden und fair produzierten 6 BFS-Haushaltsbudget-Statistiken von 2016 mit Daten bis 2014 Nahrungsmitteln erhalten, ohne dass dabei die Arbeitslast von Frauen weiter- 7 Luzerner Zeitung vom 8. Januar 2019: «Zu wenig Geld für ein Sandwich»; https://www.luzernerzeitung.ch/ wächst. Dies könnte durch qualitativ schweiz/zu-wenig-geld-fur-ein-sandwich-ld.1083636 hochwertige schulergänzende Angebote, 8 BZ- Artikel vom 8.12.2018 und http://www.statistik. gezielte Unterstützung für Haushalte mit bs.ch/zahlen/faltblaetter/gesundheit.html geringem Einkommen, sowie angepasste 9 MenuCH-Bericht 2017, Seite 34 Leistungen der Sozialversicherungen für 10 Gfs Hintergrundbericht 2. Welle der „SRG Trend- unbezahlte Care-Arbeit geschehen; umfragen“ zur Volksabstimmung vom 23.9. 2018 11 20 Minuten vom 29.8.2018: https://www.20min.ch/ schweiz/news/story/Fair-Food-Initiative-ueberzeugt-nur- Damit könnte eine breite gesellschaftliche die-Frauen-24053022 Diskussion über die Zusammenhänge 12 Gfs Hintergrundbericht 2. Welle der „SRG Trend- innerhalb des Schweizer Ernährungssystems umfragen“ zur Volksabstimmung vom 23.9. 2018 lanciert werden, in der auch die Sorge um 13 Tagesanzeiger vom 25.9.2018: https://www.tages- Mensch und Umwelt ein Anliegen ist und die, anzeiger.ch/schweiz/standard/deutlich-mehr-jastimmen- von-frauen-und-juengeren-bei-den-agrarinitiativen/ gendergerecht, neue Arten von politischen story/31065837 und wirtschaftlichen Ansätzen hervorbringt. 14 http://www.voto.swiss/wp-content/uploads/2018/11/ VOTO_Bericht_23.09.2018_DE.pdf Foto rechte Seite: Tina Goethe, Brot für Alle Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
17 MACHT. WIDE | Feministische Blicke auf Fairfood Ideen
18 M A C H T. HANDEL JA – ABER WIE? VON WELCHEM HANDEL PROFITIEREN KLEINBAUERN-FAMILIEN IN AFRIKA? INWIEWEIT SIND KLEINBÄUER*INNEN IN AFRIKA VON INTERNATIONALEN HANDELSABKOMMEN BETROFFEN? Gespräch mit Nyagoy Nyong’o, Elizabeth Mpofu, Marie Crescence Ngobo Marie Crescence Ngobo ist Geschäfts- Nyagoy Nyong’o ist Generalsekretärin E lizabeth M pofu ist General- führerin des Unternehmens Grenier, von Fairtrade Africa. koordinatorin von La Via Campesina. Koordinatorin des Netzwerks für Fairtrade Africa ist ein Zusammen- La Via Campesina ist eine inter- nachhaltige Entwicklung (RADD) und schluss aller Fairtrade-zertifizierten nationale Bewegung, die Millionen Vorsitzende des Verwaltungsrates Produzent*innenorganisationen in von Bäuer*innen zusammenbringt von COSECAM. Sie lebt und arbeitet Afrika. Die Organisation arbeitet mit und sich für Ernährungssouveränität in Kamerun. Produzent*innen, Unternehmen, als Mittel für soziale Gerechtigkeit Grenier ist ein Unternehmen auf dem der Zivilgesellschaft und den und Würde einsetzt. Sie lebt und Gebiet der Trocknung von Früchten Regierungen, um die Interessen arbeitet in Zimbabwe. und Gemüse. Es arbeitet in einem der Bäuer*innen sowie der Arbeit- Gebiet mit 30000 Einwohnern, nehmenden zu wahren. davon 80% Bäuer*innen mit sehr kleinen Landwirtschaftsbetrieben; COSECAM vereint etwa 15 von Frauen geführte Agrar- und Ernährungsunternehmen; RADD schult und unterstützt Frauen- gruppen bei der Verarbeitung und Vermarktung lokaler Produkte in verschiedenen Ländern Afrikas. Seit einigen Jahren engagiert sich RADD vermehrt auch für den Kampf von Frauen um ihre Rechte an Land und körperlicher Unversehrtheit. Essen. Macht. Arbeit. | WIDE
Sie können auch lesen