Fachtagung 2022 Abstractsammlung zur - Ergotherapie Austria
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Liebe Teilnehmer*innen, wir freuen uns, Sie im Namen von Ergotherapie Austria bei der Fachtagung 2022 begrüßen zu dürfen. Die diesjährige Tagung steht unter dem Thema „Lebens(um) welt – mittendrin und drumherum“. Der thematische Schwerpunkt liegt darauf, dass Ergotherapie mehr als Symptombehandlung ist und der Mensch als Ganzes im Mittelpunkt steht. Als Teilnehmer*in dieser Fachtagung erwarten Sie spannende Vorträge zu den ver schiedenen Lebensumwelten von Patient*innen/Klient*innen und zu betroffenene Personengruppen abseits der Diagnose. Eine Reihe von Berichten aus der Praxis geben Einblick in Herausforderungen und mögliche Lösungen. Es sollen bewusst alle Bereiche umfassend aufgezeigt werden und es wird ausreichend Raum zur Diskussion von Unterstützungsmöglichkeiten geben. Wie jedes Jahr wird NETWORKING im Rahmen der Tagung wieder großgeschrieben. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich im fachlichen Umfeld mit Kolleg*innen auszutau schen und zu vernetzen. Gelegenheiten gibt es viele, wir sorgen für das passende Ambiente. Nehmen Sie sich die Zeit und besuchen Sie unsere Aussteller während der Tagungs zeiten. Wir wünschen Ihnen eine spannende, kurzweilige und interessante Fachtagung! Ihr Organisationsteam von Ergotherapie Austria 2
Programm Freitag, 8. Oktober 2021 12: 30 Registrierung 13:30 Eröffnung Marion Hackl, Präsidentin Ergotherapie Austria Annette Leja, Gesundheitslandesrätin Tirol 13:45 Keynote: Ergotherapie aus Sicht eines Patienten/Klienten mit chronischer Erkrankung Manfred Fischer 14:15 Lebensqualität und Teilhabe aus der Sicht von Menschen mit Multipler Sklerose. Mögliche Implikationen für die Ergotherapie Katharina Christe 14:45 Die Eltern mit ins Boot holen durch die Teilnahme an der ergotherapeutischen Gruppe Wirkraum Natur Angelika Reichartzeder 15:15 Aktive Pause 15:30 Workshops (finden parallel statt – bitte separat buchen) WS1: Das Betätigungsprofil als ergotherapeutisches Prozessinstrument Ursula Costa, Victoria Hartmann WS2: Das Handwerk in der Therapie – Werkzeug zwischen Digitalität und analogen Prozessen Kathrin Mühlhauser, Andrea Nobis WS3: Hinschauen und verantwortungsvoll handeln: Kinderschutz in der Ergotherapie Arbeitsgruppe Kinderschutzrichtlinie WS4: Identitätsbildung durch Handlung – eine Selbstverständlichkeit, oder? Identitätsarbeit in der Ergotherapie, Analyse einer konkreten Herangehensweise Christine Spevak 17:00 Kaffeepause 17:30 Workshops (finden parallel statt – bitte separat buchen) WS5: Die Ethik als Anker im ergotherapeutischen Denken und Tun – Evaluation der Praxisbeispiele des überarbeiteten Ethikleitbildes Ethikbeirat WS6: Level Up!: Ein partizipatives Projekt zur studentischen Gesundheits förderung Stefanie Jakl, Petra Paukowitsch WS7: Sichtweisen auf die Umwelten eines Menschen mit Hemiparese: Brücken bauen zwischen Praxis und Handlungswissenschaft (Occupational Science) AOS: Miriam Berger und Magdalena Nieder 19:00 Sektempfang 3
Samstag, 12. März 2022 9:00 Guten Morgen Innsbruck Powerband Tirol 9:20 Vorträge 09:20 Keynote: Vorstellung des Projektes Powerband Tirol Christoph Heiß | Musikalischer Leiter Powerband Tirol, Sozialpädagoge 09:50 Soziale und räumliche Umwelten partizipativ entwickeln – Das Projekt „Eine Bibliothek für alle – die demenzfreundliche Bibliothek Wiener Neustadt Verena Tatzer 10:20 Veränderung der Handlungsrollen und des Betätigungsprofils betreuender Partner*innen von Personen nach einem Schlaganfall Stefanie Jenni 10:50 Kaffeepause 11:15-11:30 Aspekte der Umwelt in unterschiedlichen Modellen der Ergotherapie Yara Peterko 11:30-13:00 Berichte aus der Praxis Schritt für Schritt… in ein möglichst selbständiges Leben – Vorstellung des Projekts vom Verein zur Förderung behinderter Kinder Susanne Schöllenberger-Baumgartner Inklusion – Illusion?! Wo stehen obdach- und wohnungslose Menschen in unserer Gesellschaft? Eine ergotherapeutische Perspektive Luise Koska und Ines Kerschbaumer Schulbasierte Ergotherapie – ein neues Arbeitsgebiet als Herausforderung für die Lehre und Praxis Erna Schönthaler Kurzbeitrag aus der Praxis: Wahrnehmungsstörungen bei Kindern Verena Stumptner „Einigspiarn“, Interaktion in neugelebter Ausrichtung Elisabeth Enthofer 13:00 Mittagessen 4
Samstag, 12. März 2022 14:45 Pause 15:00 Parallelveranstaltungen Vorträge 14:00 Posterausstellung 14:15 Vorträge 14:15 Der Covid-19 Yorkshire Rehabilitation Scale im österreichischen Setting – Eine Chance für Klient*innen & Ergotherapeut*innen Lisa Sperl 14:45 Die Ethik als Anker im ergotherapeutischen Denken und Tun – Präsentation des aktualisierten Ethikleitbildes mit Tipps für die Praxisanwendung Ethikbeirat 15:15 Einzigartigkeit macht es aus: Ergotherapie für Menschen „postCovid“ Ursula Costa 15:45 Gemeinsamer Schlusspunkt & Posterprämierung Wir freuen uns auf Ihr Kommen! 5
ORFICAST® THERMOPLAST AUF ROLLE Höchster Komfort für Ihren Patienten www.orfit.com Lohmann & Rauscher GmbH · Johann-Schorsch-Gasse 4 · A-1141 Wien orfit@at.LRmed.com · www.Lohmann-Rauscher.com 6
Poster P1 Von der Schule in den Arbeitsalltag – (ergotherapeutische) Begleitung Jugendlicher und junger Erwachsener mit IDD (intellectual and developmental disabilities) Elisabeth Faschinger P2 Diversity braucht Information - Ein erfolgreicher Hochschulabschluss für Studieren- de mit Sehbeeinträchtigung an der Fachhochschule Wiener Neustadt Stephanie Steinschaden P3 ET Interventionen bei Long Covid Theresa Segner, Jessica Stanciu P4 Befriedigend? Beitrag der Ergotherapie bei der Bewältigung sexueller Betätigungs- einschränkungen von Menschen mit Querschnittlähmung Verena Vieider, Martin Schusser 7
Fachpublikationen | Arbeitsmaterialien | Fachzeitschriften MUST HAVE ERGOTHERAPIE UND ergoscience REHABILITATION Wissenschaft in der Ergotherapie – Advances Wissenschaft │ Praxis │ Berufspolitik in Occupational Therapy ERGOTHERAPIE UND REHABILITATION ist die ergoscience ist die wissenschaftliche Fachzeit- führende Fachzeitschrift für Ergotherapie und das schrift für die Ergotherapie. Mit vier Ausgaben offizielle Mitteilungsorgan des Deutschen Verban- im Jahr richtet sie sich an deutschsprachige Er- des Ergotherapie e.V. (Herausgeber) und erreicht gotherapeut*innen und enthält Originalarbeiten, monatlich die Mitglieder des DVE sowie einen Zweitveröffentlichungen, leserfreundliche Studien- großen festen Abonnentenstamm, bestehend zusammenfassungen u.v.m. Ein internationales aus Ergotherapeut*innen in Kliniken, Praxen, Herausgeberteam gewährleistet die wissenschaft- medizinischen Schulungseinrichtungen und Re- liche Qualität und Aktualität der Artikel. Unter- habilitationszentren. In ERGOTHERAPIE UND RE- stützung erhält das Team dabei von einem wissen- HABILITATION werden zentrale Themen der ergo- schaftlichen Beirat. therapeutischen Theorie und Praxis vorgestellt und diskutiert sowie wichtige Informationen zur Be- rufs-, Gesundheits- und Verbandspolitik publiziert. Meldungen über Aus- und Weiterbildungsangebote sowie Neuerscheinungen und vieles mehr aus dem Bestellen Sie Ihre Jahresabonnements und profitieren Sie von unseren Vor- ergotherapeutischen Umfeld sind weitere Inhalte. teilen: � seriöse Berichterstattung und kompeten- te Fachbeiträge � zuverlässige Lieferung bzw. Bereitstellung Interessiert? Abonnementpreise und im Downloadportal SKVdirect weitere Informationen unter � eine attraktive Aboprämie on top www.skvshop.de oder sprechen Sie uns an. Nadine Vogler-Boecker Tel.: +49 6126 9320-11│Fax: +49 6126 9320-50 info@schulz-kirchner.de│www.skvshop.de Schulz- Kirchner Verlag 8
Vorträge Keynote: Ergotherapie aus Sicht eines Patienten/Klienten mit chronischer Erkrankung Manfred Fischer Abstract: Aufgrund einer chronischen neurologischen Erkrankung bin ich mobilitätsbehin dert und nutze physio- und ergotherapeutische Angebote. Mein Vortrag behandelt die Ergotherapie aus Sicht eines Patienten. Ich werde darüber berichten, welche Erwartungen ich als Klient an die Ergotherapie habe, als Erfahrungsbericht aus den letzten 30 Jahren. Da meine Erkrankung die Beweglichkeit meiner Beine fortschreitend einschränkt, ergaben sich ständig wechselnde Herausforderungen, um meine Mobilität zu erhal ten. Ich brauchte neue, mir oft unbekannte Hilfsmittel, um den Alltag selbständig zu bewältigen und die entstehenden Defizite ausgleichen zu können. Im Gegensatz zu Unfall-Patienten, die in den Rehazentren der AUVA (Bad Häring, To belbad, Weißer Hof) umfassend über die Palette vorhandener Hilfsmittel informiert werden, geschah dies bei mir, als Patient mit einer chronisch verlaufenden Krank heit nicht so systematisch. Vieles musste ich durch Eigeninitiative und -recherche ermitteln. Ich stellte fest, dass diese Erfahrung auf Menschen mit ähnlichen Krank heitsbildern ebenfalls zutrifft. Bei mir ging es anfangs um Gehhilfen, später den Rollstuhl, die Adaptierung meines Autos, ein Bett-im-Bett-System zum leichteren Aufstehen, Rutschbretter, Dusch- Rollstuhl, einen Indoor-Treppen-Lift und zuletzt die Anschaffung eines Zugrades (Klaxon) für den Rollstuhl - mit letzterem kann ich weitere Strecken selbständig zu rücklegen. Auch ein Rollstuhltraining war angesagt und bekam ich auf Nachfrage. Mein Ziel ist es immer zu erkunden, was, wie gehen könnte ... nicht darüber zu trauern, was nicht mehr funktioniert. Ergotherapeuten waren mir meist erst auf Nachfrage behilflich. In meinen Reha-Programmen war dafür wenig Platz einge plant. 9
Vortrag: Lebensqualität und Teilhabe aus Sicht von Menschen mit Multipler Sklerose. Mögliche Implikationen für die Ergotherapie Katharina Christe Abstract: Menschen mit der Diagnose Multiple Sklerose [MS] sind in einem meist jungen Lebensalter mit einer Erkrankung konfrontiert, die unvorhersehbare Varianten an Symptomen, Schweregraden und Verläufen mit sich bringt. Unabhängig der verschiedenen Ausprägungen können Lebensqualität und Teilhabe der betroffe nen Personen beeinflusst werden. Vorliegende Studie, welche im Rahmen einer Masterarbeit durchgeführt wurde, untersucht welche stärkenden Faktoren aus der Perspektive von Menschen mit MS, im Alter von 18 – 40 Jahren beschrieben werden. In der qualitativen Vorgehensweise wurden sechs Teilnehmende mittels einem Schneeballverfahren im süddeutschen Raum gewonnen und die Daten anhand von Problemzentrierten Interviews erhoben. Nach der Darstellung von Einzelfallana lysen der Teilnehmenden schloss sich eine vergleichende Fallanalyse an. Es wurde 14 stärkende Faktoren zu Lebensqualität und fünf stärkende Faktoren zu Teilhabe ermittelt. Exemplarisch zu nennen sind Faktoren, wie: - Ressourcenorientierung – persönliches Umfeld – Ausführen von bedeutungsvollen Aktivitäten, durch welche ein vertieftes Verständnis der Betroffenenperspektive möglich wird. Die ermittelten Faktoren wurden in Zusammenhang mit Coping-Strategien gebracht und diskutiert. Multiple Sklerose birgt neben Herausforderungen auch Ressourcen, so dass Betroffene durch Coping-Strategien und trotz bestehender Einschränkungen eine zufriedenstellende Lebensqualität und Teilhabe erfahren können. Ein vermehrter Einsatz von Assessments zum Thema Lebensqualität, sowie eine Er fassung der Betätigungsbalance im Rahmen des ergotherapeutischen Prozess kann zur individuellen Bewusstseinsbildung in Bezug auf Lebensqualität und Teilhabe sowie dem Identifizieren von Coping-Strategien beitragen. Durch den Einbezug von Zielsetzungen und Interventionen, die sich auf individuel le Alltags – und Handlungskompetenz, Krankheitsbewältigung und selbstbestimmte Lebensgestaltung in einem gesundheitsförderlichen Sinne, mitunter ohne spezi fische Symptomorientierung ausrichten haben Ergotherapeut*innen die Möglich keit gemeinsam mit der Zielgruppe größtmögliche Lebensqualität und Teilhabe zu erarbeiten. 10
Vortrag: Die Eltern mit ins Boot holen durch die Teilhabe an der ergotherapeutischen Gruppe im Wirkraum Natur Angelika Reichartzeder Abstract: Die familienzentrierte ergotherapeutische Gruppe in der Natur wurde zur Be handlung und Begleitung von auffälligen Kindern und deren Eltern von Angelika Reichartzeder (Ergotherapeutin) und Elisabeth Peschek-Tomasi (Naturpädagogin) entwickelt. Das Konzept kombiniert die Kompetenzen der Ergotherapie mit denen der Naturpädagogik, wobei der Fokus der Gruppenintervention auf dem gezielten Einsatz der positiven Wirkung der Natur und des Spiels zur Verbesserung der Betäti gungsperformanz und Partizipation der Kinder und der Familie liegt. Die Teilnahme der Eltern und Geschwister als wichtiger Bestandteil des Behandlungsprozesses ermöglichten einen erfolgreichen Transfer der Coping- Strategien in den Alltag des Kindes und der Familie. Die in der Gruppe erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten können direkt in den familiären Alltag übertragen werden. Die familienzentrierte Arbeitsweise erhöht die Compliance der Eltern und reduziert die elterlichen Belas tungserscheinungen wie Stress und Depression, die auf Grund der Schwierigkeiten der Kinder bei Eltern entstehen. Das gemeinsame Spielen wirkt beziehungsfördernd und baut Stress ab. Damit sich Kommunikations- und Interaktionsmuster innerhalb der Familie verändern, ist es notwendig die Mentalisierungsfähigkeit von Fami lien mit Reflexionsstrategien zu fördern. Durch den Kontakt mit anderen Familien lernen die Eltern von einander und können unterschiedliche Coping-Strategien beobachten. Sie fühlen sich weniger alleine mit ihren Problemen. In der Pilotstu die (2019) von Angelika Reichartzeder zeigte sich, dass die Eltern die Teilnahme an der Gruppe las hilfreich erlebte. Die Eltern haben erfahren, wie sie ihr Kind gezielt unterstützen und begleiten können, und erlebten oft einen Perspektivenwechsel. Das führte zu einer Steigerung der elterlichen Kompetenz und einer Verbesserung der familiären Interaktion. Notizen 11
Vortrag: Die POWERbandTIROL – 10 Jahre gelebte Inklusion Christoph Heiß Abstract: Die Powerband Tirol ist eine inklusive Band, die über einen eigenständigen Träger verein geführt und organisiert wird und versteht sich als ein musikalisches Projekt, mit der Grundidee musikalische Vielfalt durch das gemeinsame Musizieren unter schiedlichster Musiker*innen auf die Bühne zu bringen. Die Band zeichnet sich durch ein großes musikalisches Repertoire und die Freude an der Musik aus und versteht sich das Publikum zu begeistern und die Energie des musikalischen Moments auf die Zuhörer*innen zu übertragen. Die derzeit sieben Menschen mit Handycap aus Landeck, Imst, Ötztal Bhf und Inns bruck proben 14 tägig in ihrem Proberaum – gesponsert von Herrn Walser – Chef vom „der Grissemann“ in Zams – im Flüchtlingsheim in Landeck. Sie treten zusammen mit fünf professionellen Musikern auf, bzw. veranstalten im mer wieder Inclusive Sessions mit bekannten Tiroler Jazzmusikern. Notizen 12
Vortrag: Soziale und räumliche Umwelten partizipativ entwickeln – Das Projekt „Eine Bibliothek für alle – die demenzfreundliche Bibliothek Wiener Neustadt“ Verena C. Tatzer Koautor*innen: Petra Plunger, Barbara Pichler , Ulrike Fellinger, Rebecca Ullmer, Katharina Heimerl Abstract: Öffentliche Einrichtungen stehen vor der Herausforderung, ihre Angebote besser auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz/kognitiver Einschränkung auszurich ten. Das Projekt „Eine Bibliothek für Alle-die demenzfreundliche Bibliothek Wiener Neustadt“ hat das Ziel soziale Teilhabe und Gesundheitskompetenz von Menschen mit Demenz und deren pflegenden An- und Zugehörigen in einer Kommune zu erhöhen. Gesundheitsförderliche Entwicklung des sozialen und räumlichen Um felds sind dabei zentral. Neben der Bibliothek sind auch noch ein Museum und das Bürgerservice als öffentliche Einrichtungen beteiligt. „Eine Bibliothek für Alle“ ist als partizipatives Wissenschafts-Praxisprojekt angelegt, alle Interventionen wur den unter Einbeziehung von Mitarbeitenden der Bibliothek, des Museums und des Bürgerservice sowie von Menschen mit kognitiver Einschränkung und pflegenden Angehörigen entwickelt und durchgeführt. Prinzipien demenzsensibler Architektur und Designs wurden mit Inputs zu Kommunikation und Gesundheitskompetenz in Workshops vermittelt und werden in Praxisprojekten in den Organisationen um gesetzt. Ergebnisse aus wissenschaftlichen Erhebungen flossen direkt in die Inter ventionsplanung ein. Das interdisziplinäre Projekt mit Beteiligten aus Ergotherapie, Bibliothekar*innen, Forschenden aus Palliative Care und Public health mit Inputs aus Architektur und Gesundheitsförderung macht das Potenzial interdisziplinärer Zusammenarbeit auf Organisationsebene deutlich. Studierende der Ergotherapie sind ebenso einbezogen. Die partizipative Vorgehensweise auf Organisationsebene und direkte Beteiligung von Menschen mit Vergesslichkeit und der Selbsthilfegrup pe hat sich besonders in Zeiten der Pandemie bewährt. Zwischenergebnisse, Umset zungsbeispiele und Implikationen für Ergotherapie und andere Gesundheitsberufe werden präsentiert und diskutiert. Das Projekt DemBIB wird vom Fonds Gesundes Österreich gefördert. 13
Vortrag: Veränderung der Handlungsrollen und des Betätigungsprofils betreuender Part- ner/innen von Personen nach einem Schlaganfall Stefanie Jenni Abstract: Hintergrund und Relevanz der Arbeit: Betreuende Partner/innen stoßen nach der Rückkehr der Person nach Schlaganfall ins häusliche Umfeld an ihre physischen sowie psychischen Grenzen. Hinsichtlich der nachhaltigen Weiterversorgung im häuslichen Umfeld ist die Gesundheit der betreuenden Partner/innen essenziell. Forschungsfragen: Wie verändern sich das Betätigungsprofil und die Handlungsrol len betreuender Partnern/innen nach Rückkehr ins häusliche Umfeld einer Person nach Schlaganfall? Wie zeigt sich dieser Rollenwandel? Welche Ressourcen zur Orchestrierung ihrer Handlungsrollen benennen die betreuenden Partner/innen? Das Ziel dieser Arbeit war, Wissen zur Veränderung des Betätigungsprofils sowie der Handlungsrollen betreuender Partnern/innen und welche Faktoren die Veränderun gen erleichtern, zu generieren. Dank dieser Arbeit konnten Hinweise für die prak tisch-theoretische Arbeit und mögliche Praxisempfehlungen für die neurologische Rehabilitation gegeben werden. Methode: Mit fünf betreuenden Partnem/Partnerinnen („: 5) wurde ein problem zentriertes Interview geführt, ein Wochenplan zur Erhebung des Betätigungsprofils sowie die Rollencheckliste des Model of Human Occupation (MOHO) ausgefüllt. Die drei Datenquellen wurden fallbezogen trianguliert, angelehnt an Elo und Kyngäs (2007) sowohl induktiv als auch deduktiv analysiert. Darauf folgte eine vergleichen de Fallanalyse. Ergebnisse: Alle Teilnehmer/innen beschrieben eine Veränderung des Betätigungs profils sowie der Handlungsrollen. Vorwiegend werden auf Handlungen im Bereich der Freizeit und Erholung verzichtet. Die Koordination und Organisation von Ter minen wird zu einem wesentlichen Bestandteil des Betätigungsprofils. Alle Teilneh mer/innen weisen ausgeprägte personenbezogene Ressourcen auf (Reflexivitätsfä higkeit, Kommunikationsfähigkeit und Zufriedenheit). Diskussion und Schlussfolgerung: Betreuende Partner/innen befinden sich in einem Transitionsprozess und zeigen ein Betätigungsungleichgewicht. Viele Handlungen werden als ,Co-Occupation‘ durchgeführt. Mit dieser Studie werden bestätigende Hinweise gegeben, dass die Integration der betreuenden Partner/innen in den Re habilitationsablauf notwendig ist, um eine Orchestrierung ihrer Handlungsrollen zu erreichen. 14
Vortrag: Aspekte der Umwelt mit unterschiedlichen Modellen der Ergotherapie Yara Peterko Abstract: Aktuell werden an Österreichischen Fachhochschulen ca. ein Dutzend unterschied liche ergotherapeutische Modelle gelehrt. Der kleinste gemeinsame Nenner diese Modelle ist das Zusammenspiel aus Betätigung, den personenbezogenen Faktoren und den Umweltfaktoren. Wir alle wissen als Ergotherapeut*innen, dass wir das Umfeld bzw. die Umwelt der Klient*innen immer mit berücksichtigen sollten. Aber an welche Faktoren denken wir im ergotherapeutischen Alltag tatsächlich und welche finden eher weniger Be achtung? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen wurde eine Literaturrecherche durchgeführt und die einzelnen Umweltfaktoren der Modelle aufzulisten und mit persönlichen Erfahrungen aus der Praxis zu reflektieren. Ziel des Vortrags ist es die eigene berufliche Praxis anhand der Auflistung und der Beispiele reflektieren zu können. Notizen 15
Vortrag: Schritt für Schritt – ganzheitliche Förderung behinderter Kinder Susanne Schöllenberger-Baumgartner Abstract: Projektvorstellung - Schritt für Schritt fördert entwicklungsverzögerte oder behinder te Kinder und Jugendliche zu größtmöglicher Selbstständigkeit. Die beste Bewälti gung des Alltags steht im Vordergrund. Die Eltern bringen die Kinder nicht nur zur Therapie, sondern die Kinder sind durchschnittlich 2 Nachmittage/Woche bei Schritt für Schritt. Therapien finden Einzeln und in Gruppensettings statt. Der Alltag wird in das gesamte Förderangebot eingebaut. Für die Familien ist dies eine enorme Entlastung, da sie durch nicht jeden Nach mittag an einen anderen Ort fahren müssen, dort warten und retour. Sondern sie wissen, ihr Kind „gut und individuell gefördert“ und können die Zeit mit Geschwisterkindern verbringen / oder berufstätig sein. Notizen 16
Vortrag: Inklusion – Illusion?! Wo stehen obdach- und wohnungslose Menschen in unserer Gesellschaft? Eine ergotherapeutische Perspektive Luise Koska, Ines Kerschbaumer Abstract: Die Ergotherapie strebt danach, die Handlungsfähigkeit des Menschen zu fördern und sie damit zu befähigen, an individuell bedeutungsvollen Betätigungen des täglichen Lebens und an der Gesellschaft teilzuhaben zu können. Das Leben von wohnungs- und obdachlosen Menschen ist oft von politischer, kultureller, ge sellschaftlicher und wirtschaftlicher Ausgrenzung und Ungerechtigkeit geprägt. In unserer Rolle als Ergotherapeut*innen haben wir den Auftrag, Personen welche Einschränkungen im Alltag erfahren, bestmöglich zu unterstützen. Der Nutzen und Bedarf von ergotherapeutischen Angeboten in diesem Arbeitsfeld werden wir an hand unserer Praxiserfahrung im Zuge eines Praktikums in einem sozialbetreuten Wohnhaus in Wien erläutern. Weiters beleuchten wir, mithilfe von eigens erhobe nen empirischen Datensätzen, sowie mit aktueller Fachliteratur, das Thema aus wissenschaftlicher Sicht. Die durch Wohnungs- und Obdachlosigkeit entstehenden Herausforderungen und Chancen werden wir im Zuge des Workshops mittels Mik ro-, Meso- und Markoebene analysieren. Kritisch wollen wir uns der Frage stellen, ob Inklusion oft nur eine Illusion ist und was Ergotherapeut*innen tun können, um wohnungs- und obdachlosen Menschen zur individuellen und gesellschaftlichen Betätigungsgerechtigkeit zu verhelfen? Notizen 17
Vortrag: Schulbasierte Ergotherapie – ein neues Arbeitsgebiet als Herausforderungen für die Lehre und Praxis Erna Schönthaler Abstract: Seit den Anfängen der pädiatrischen Ergotherapie in Österreich sind Schulen ein wichtiges Arbeitsfeld. V.a. an Schulen für Kinder mit Körperbehinderungen ist die Er gotherapie gut etabliert. Neu sind Modelle der schulbasierten Ergotherapie wie das Response to Intervention Modell (RtI) oder das Partnering for Change Modell (P4C). Diese Modelle können in allen Schulformen eingesetzt werden und haben das Ziel, dass alle Kinder von Ergotherapie profitieren. Es ist immer eine Herausforderung ein neues Aufgabengebiet in die Ausbildung zu integrieren. Zusätzliche theoreti sche Inhalte und die Vermittlung von praktischen Fertigkeiten müssen in ein bereits dichtes Curriculum integriert werden. Am Beispiel der schulbasierten Ergotherapie wird dargestellt, wie dieses Aufgabengebiet an der FH Campus Wien gelehrt wird. Ein zentrales Element ist das Praktikumsprojekt. Seit sieben Jahren können einige Studierende einen Teil ihres letzten Praktikums an einer Volksschule absolvieren und werden von einer Lehrenden der FH angeleitet. Die Rückmeldungen der Leh rerinnen und Direktorinnen zeigen, dass die Kinder von der ergotherapeutischen Sichtweise und der Arbeit der Studierenden profitieren. Die praktischen Erfahrun gen mit Interventionen auf allen Ebenen des RtI Modells ermutigen und qualifizie ren Student*innen für dieses neue Aufgabengebiet. Der Einblick in den Schulalltag ist eine wertvolle Erfahrung für die spätere Arbeit mit Kindern und Zusammenarbeit mit Lehrer*innen, unabhängig davon, in welchem Setting die Studierenden später arbeiten. Mittlerweile arbeiten Absolvent*innen im Schulsetting und versuchen an ihren Arbeitsstellen die aktuellen Arbeitsmodelle zu etablieren. Notizen 18
Vortrag: Kurzbeitrag aus der Praxis: Wahrnehmungsstörungen bei Kindern verstehen Verena Stumptner Abstract: Herausforderung/ Thematik: „Ich halte das nicht aus – versteht ihr mich?“ – Kinder mit Wahrnehmungsstörung werden von ihrer Lebensumwelt oft missverstanden. „Warum halte ich mir die Ohren zu?“, „Warum kann ich nicht in der Reihe stehen?“, „Warum gehe ich lieber zum Judo als zum Fußball?“, „Warum kann ich im Morgen kreis nicht sitzen bleiben?“ Beispiele wie diese bleiben von der Umwelt oft ungehört und unverstanden. Bundy, Lane und Murray stellten fest, dass durch die Senso rische Integrationstheorie Verhaltensweisen von Kindern verstanden und erklärt werden können. Die Ergotherapie kann neben den Interventionen im Therapieraum dazu beitragen, dass Kinder von ihren Umwelten bzw. im Alltag verstanden werden und diese darauf reagieren können. Hauptteil Anhand eines Fallbeispiels werden von der Ergotherapeutin die Informationen von der Umwelt, welche im Rahmen der ergotherapeutischen Befunderhebung eru iert werden, für den ergotherapeutischen Prozess genutzt. Damit jedoch auch die verschiedenen Umwelten des Kindes, wie Kindergarten, Freizeitgruppen, andere TherapeutInnen, Familienmitglieder die Verhaltensweisen des Kindes verstehen und darauf reagieren können, bedarf es einer umfassenden Aufklärung bzw. In formationsweitergabe an die Umwelt. Dies kann in Form von Informationsmaterial, Anregungslisten, Telefonaten, Vernetzungstreffen, Fragebögen, Kindergarten- und Schulbesuchen, Videoanalysen etc. stattfinden, damit eine für das Kind individuell passende Lebensumwelt geschaffen und die Lebensqualität im Alltag verbessert werden kann. Conclusio Die Aufklärungsarbeit durch ErgotherapeutInnen kann maßgeblich zum besseren Verständnis von Verhaltensweisen von Kindern in deren Lebensumwelten bei tragen. Der kompensatorische Ansatz bietet Strategien und Möglichkeiten, um die Performanz des Kindes zu erleichtern. Die ergotherapeutische Behandlung bzw. die Förderung von bestimmten Fähigkeiten und Funktionen im Therapieraum bleibt jedoch unersetzlich. 19
Vortrag: „Einigspiarn“, Interaktion in neugelebter Ausrichtung Elisabeth Enthofer Abstract: Weitaus mehr Potential liegt in jedem einzelnen verborgen. Es hervorzuhieven, gelingt in veränderter Herangehensweise. Die Interaktion in einer Weise abzu ändern, dass das Potential meines Klienten sich zu entfalten vermag, ist Thema dieses Vortrags. Potentialserweiterung in einer Weise, die der Klient selbst initiiert, indem er auf seine innerlichen Ressourcen zuzugreifen befähigt wird, hilft Vor gangsweisen aus einem veränderten Blickwinkel zu beleuchten. Ich selbst bin es, die mich abwandeln musste, um meinem Klienten in seine Welt folgen zu können. Seine Begabungen hervorzuhieven, gelingt ihm, wenn ich in emotional bereinigter Weise ihm veränderte Ausgangslagen für Interaktionserfahrungen biete. Das Ent faltungspotential liegt in der wissenschaftlichen, explorierenden Erkundung seiner Erfahrungswelt. Die systemische Ausrichtung ermöglicht die Eltern am Prozess der Entfaltung teilhaben zu lassen. Notizen 20
Vortrag: Der Covid-19 Yorkshire Rehabilitation Screening (C19-YRS) – Eine Chance für Klient*innen und Ergotherapeut*innen im österreichischen Setting Lisa Sperl Abstract: Die Anzahl von Personen die an Long COVID-19 leiden, steigt kontinuierlich. Diese Personengruppe braucht gezielte und nachhaltige Behandlungsmöglichkeiten, um ihre Wohlbefinden und ihre Gesundheit verbessern zu können, doch Long COVID-19 Behandlungspfade in Österreich sind teilweise noch eingeschränkt geplant, etab liert und zugänglich. Im Rahmen meiner Master Arbeit übersetze ich das Covid-19 Yorkshire Rehabilita tion Screening Tool aus dem Englischen und versuche es für Österreich zu adaptie ren. Ziel ist es sowohl ein mutlidisziplinäres Assessment Tool für das österreichische Gesundheitswesen zur Verfügung zu stellen, sowie auch einen möglichen Behand lungspfad, der von der University of Leeds, den Urhebern der C19-YRS, etabliert wurde und auf diesem Assessment Tool basiert. Der ergotherapeutische Aspekt kann bei dieser Studie vor allem im Bereich der „occupational justice“ gesehen werden, da durch ein umfangreiches Assessment zu Beginn des Long COVID-19 Syndroms, ein barrierefreier Zugang zu individuell angepassten Behandlungsmöglichkeiten erreicht und erleichtert werden kann, und Personen dadurch befähigt werden, gesundheitsfördernde Betätigungen selbststän dig ausführen zu können. Hier kann die Rolle der/des Ergotherapeut*in vor allem als eine politische angesehen werden, mit dem Ziel, „occupational justice“, für die Personen die an Long COVID-19 leiden, zu erreichen. Notizen 21
Vortrag: Die Ethik als Anker im ergotherapeutischen Denken und Tun – Präsentation des aktualisierten Ethikleitbildes mit Tipps für die Praxisanwendung Ethikbeirat: Julia Steiner, Christine Spevak, Petra Paukowitsch, Hannes Außermaier, Bernhard Hohensinn Abstract: „Die Ethik im Herzen unserer Praxis zu behalten ist unerlässlich für das Wohl derer, die wir unterstützen und für das Ansehen unserer Profession in ihrer Gesamtheit.“ (WFOT, 2016) In der klient*innenzentrierten Ergotherapie steht der Mensch in seiner Gesamtheit im Zentrum des täglichen Handelns. Dabei ist die Kernaufgabe der Pro fession, die Teilhabe an individuell bedeutungsvollen Aktivitäten zu ermöglichen. Nicht selten werden Ergotherapeut*innen in diesem komplexen und multidimen sionalen Vorhaben mit Fragen nach dem konfrontiert, was „richtig“ und was „falsch“ ist, mit Fragen nach Gerechtigkeit und moralisch schwierigen Entscheidungen. Gleichwohl wissen wir, dass es in vielen Situationen keine “richtige” oder “falsche” Lösung gibt, sondern nur eine wohl überlegt “bessere”. Mit dem Ethikleitbild hat Ergotherapie Austria im Jahr 2013 ein Dokument auf Basis der weltweiten Entwick lungen der Ergotherapie erarbeitet. Es definiert ethische Werte der Profession und bietet damit einerseits Struktur und Orientierung bei Haltungsfragen und ethischen Dilemmata in der Praxis, andererseits ist es ein Versprechen an unsere Klient*innen für ein ethisches therapeutisches Handeln. Das Ethikleitbild der Ergotherapeut*in nen Österreichs wurde nun vom Ethikbeirat zeitgemäß adaptiert. Die überarbeitete Version, sowie Tipps und Anwendungsmöglichkeiten für die Praxis, sollen in einem 20 Minuten Vortrag vom Ethikbeirat vorgestellt werden. Der Ethikbeirat tritt dabei gesamt auf, um durch die persönliche Präsenz die Kontaktaufnahme für die Mit glieder des Verbandes zu erleichtern. Notizen 22
Vortrag: Einzigartigkeit macht es aus: Ergotherapie für Menschen „postCovid“ Ursula Costa Abstract: Ergotherapeut*innen verfügen über zahlreiche Möglichkeiten, Menschen, die von post-Covid-bedingten Symptomen betroffen sind, in ihrer Alltagsbewältigung, Ge sundheit und Lebensqualität zu stärken. Auf Einladung der Univ. Klinik für Inne re Medizin Innsbruck hin erarbeiteten wir im Ergotherapie-Forschungsteam seit Herbst 2021 gemeinsam mit Betroffenen, welche ergotherapeutischen Ansatzpunkte sie auf dem Weg in ein Leben, das ihren Handlungsmöglichkeiten, -interessen und -potentialen entspricht, unterstützen. Auch wenn die Betroffenen u.a. wegen Fatigue, Konzentrationsproblemen, Schlafstörungen, Depression, Problemen in der Handlungsplanung, wegen Arbeitsplatzunsicherheit oder -verlust zur Ergotherapie zugewiesen werden, ergeben sich jeweils gänzlich individualisierte Ansatzpunkte. In diesem Vortrag möchten wir Einblicke in erste Erfahrungen und wissenschaftli che Erkenntnisse geben, die für die ergotherapeutische Praxis relevant sind. Notizen 23
Workshop 1: Das Betätigungsprofil als ergotherapeutisches Prozessinstrument Ursula Costa, Victoria Hartmann Abstract: Im Zuge der jüngsten, Pandemie-bedingten Entwicklungen, gerieten zahlreiche Menschen aller Lebensalter durch sog. Betätigungsimbalance, Betätigungsdepriva tion, Betätigungsent- und -ausgrenzung an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Diese äußern sich z.B. als Schwierigkeiten in der Alltagsgestaltung, in der Orchestrierung der für eine erfolgreiche Bewältigung des Alltags notwendigen Tätigkeiten, im Nicht-Ausführen-Können notwendiger oder aber sinnstiftender Handlungen, auch aufgrund äußerer Faktoren (bspw. gesetzliche Vorgaben, gesellschaftliche Regeln). Die Erfahrung von Betätigungsunterbrechungen oder mangelnder Betätigungsba lance hat Auswirkungen auf Wohlbefinden, Lebensqualität und (damit) Gesundheit. Mithilfe eines Betätigungsprofils können all jene Handlungen, welche Klient*innen in der Vergangenheit ausgeübt haben bzw. welche sie gegenwärtig oder zukünftig ausüben (möchten), erhoben werden. US-amerikanische Kolleg*innen empfehlen den Einsatz von Betätigungsprofilen („Occupational profiles“) u.a. zur Erfassung von Handlungsbiographie, Routinen, Handlungsrollen sowie handlungs- und partizipationsrelevanten Umwelt- und Kontextfaktoren; ebenso kann mithilfe eines Betätigungsprofils erfasst werden, welche Interessen, Werte und (handlungsbezogene) Ziele Klient*innen haben (AOTA, 2020; Chisholm & Boyt Schell, 2013, S.269-271). Klient*innen sind dabei sowohl Einzelpersonen (neben Klient*innen im Gesundheits- und Sozialwesen auch deren Angehörige), als auch Gruppen, Communities oder Organisationen (AOTA, 2020; Costa, 2014a; 2014b). In diesem Workshop gehen wir der Frage nach, welche Einsatz möglichkeiten des Betätigungsprofils im ergotherapeutischen Prozess im Sinne der Förderung der Betätigungsgesundheit von Menschen beschrieben werden können. Notizen 24
Workshop 2: Das Handwerk in der Therapie – Werkzeug zwischen Digitalität und analogen Arbeitsprozessen Kathrin Mühlhauser, Andrea Nobis Abstract: „Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können.“ (Konfuzius, 551 v. Chr. †479 v. Chr.). Diese Worte verdeutlichen, dass das Einüben von Handlungsabläufen Kraft auf ein Individuum ausübt und die Bereitschaft, Neues auszuprobieren, Einfluss auf die Entwicklung der (inter-)agierenden Person hat. In der Therapie soll den Klient*in nen die Möglichkeit geboten werden, Handlungen im individuellen Tempo auszu führen und Rückfragen während und nach der Betätigung zu stellen. Darüber hin aus soll Platz für Fehler bestehen – denn aus diesen lernen wir am nachhaltigsten. Das Handwerk, als Werkzeug der Ergotherapie, rückte in den vergangenen Jahren zunehmend in den Hintergrund, obgleich es diverse Möglichkeiten bietet, das eige ne Handeln zu reflektieren oder die Interaktion mit einer zweiten oder mehreren Personen anzubahnen beziehungsweise zu festigen. Durch handwerkliche Tätigkei ten können Fragestellungen zutage treten, die fachübergreifendes Wissen erfordern. Sozialarbeiter*innen, Informatiker*innen, Architekt*innen, Wissenschaftler*innen, u.v.m. können im Behandlungsprozess zurate gezogen werden; die individuellen Belange der Klient*innen sollen dabei stets im Zentrum stehen und als gemein samer Nenner dienen. Unter Umständen kann dies eine Herausforderung sein, zugleich aber den größten Gewinn der interdisziplinären Zusammenarbeit dar stellen. Schlussendlich müssen Ergotherapeut*innen oftmals Pionierarbeit leisten, neue Wege beschreiten, um die Ecke denken – Altbekanntes, wie das Handwerk, in einem neuen Glanz erstrahlen lassen und in einen disziplinübergreifenden Kontext bringen. Notizen 25
Workshop 3: Hinschauen und verantwortungsvoll handeln: Kinderschutz in der Ergotherapie Arbeitsgruppe Kinderschutzrichtlinie, Workshopleitung: Natalie Knapp, Katrin Unterweger Abstract: Ergotherapie Austria bekennt sich zum Thema Kinderschutz, gegen Ge walt und für Kinderrechte. Aus diesem Grund folgt der Berufsverband den Empfeh lungen der österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit eine Kinder schutzrichtlinie zu erstellen. Ziel dieser Richtlinie ist es, Ergotherapeut*innen in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien für Kinderschutz zu sensibilisieren und Handlungsmöglichkeiten sowie Pflichten aufzuzeigen. Neben rechtlichen Rah menbedingungen beinhaltet diese Richtlinie auch Empfehlungen für die Umset zung in der Praxis. Im Sinne des Kompetenzerwerbs für Ergotherapeut*innen in Be zug auf Prävention und Handeln im Anlassfall bei unterschiedlichen Gewaltformen gegen Kinder und Jugendliche werden im Workshop in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzzentrum Innsbruck Fallbeispiele erarbeitet. Diese Fallbeispiele sollen für das Thema Kinderschutz sensibilisieren und Handlungsmöglichkeiten aufzei gen. Ebenso erhalten Sie Informationen zur Kinderschutzarbeit und zu relevanten Organisationen. Die Projektgruppe wird über ihre bisherigen Arbeiten berichten und einen Ausblick geben. Notizen 26
Workshop 4: Indentitätsbildung durch Handlung – eine Selbstverständlichkeit, oder? Indenti- tätsarbeit in der Ergotherapie, Analyse einer konkreten Herangehensweise Christine Spevak Abstract: Menschen mit Fluchterfahrung sind häufig von Posttraumatischer Belastungs störung (PTBS) betroffen. Durch die Veränderung der Umwelt und durch extreme Anforderungen vor, während und nach der Flucht ist der kontinuierliche Verlauf der Identitätsentwicklung unterbrochen. Der Sozialpsychologe Heiner Keupp be schreibt einzelne Aspekte die Identitätsbildung und sieht diese als permanenten Prozess. Der Ergotherapeut und Handlungswissenschaftler Gary Kielhofner legt den Fokus auf die Identitätsbildung durch Handlung, welche die Partizipation an der soziokulturellen Umwelt möglich macht. Zielsetzung: Studien untermauern die Relevanz der Identitätsarbeit bei Menschen mit Fluchterfahrung und Posttrauma tischer Belastungsstörung. Durch Migration verändern sich die alltäglichen Hand lungen. Modelle wie das Model of Human Occupation (MOHO) gewährleisten eine holistische Analyse des Menschen, dies ist wichtig, um bedeutungsvolle Handlung zu erkennen und infolgedessen die Identität zu stärken. Der Identität als eine der Domänen für Handlungszufriedenheit sollte in der Praxis ausreichend Beachtung geschenkt werden. Methode/Vorgehensweise: In Anlehnung an Keupp’s Theorie der Identitätsbildung werden Ergotherapeut*innen anhand eines halbstrukturierten Expert*inneninterviews über ihre Interventionsmaßnahmen bei Menschen mit Fluchterfahrung und PTBS befragt. Die Aussagen werden in Bezug auf das MOHO und Keupp’s Identitätstheorie analysiert. Ergebnisse und/oder praktische Implika tionen: Das Ergebnis untermauert die Wirksamkeit von ergotherapeutischer Inter vention in der Praxis zur Förderung der Identitätsentwicklung bei Menschen mit Fluchterfahrung und PTBS. Ergotherapie unterstützt die Identitätsentwicklung der Zielgruppe und hat somit eine tiefgreifende Auswirkung auch im Sinne der Sozial psychologie. Identitätsperspektiven und Identitätsgefühl werden in der Ergotherapie gefördert. Die Workshopleiterin ladet zur Selbstreflexion und Diskussion zum Thema der Identitätsarbeit in der Ergotherapie ein. Notizen 27
Workshop 5: Die Ethik als Anker im ergotherapeutischen Denken und Tun – Evaluation der Praxisbeispiele des überarbeiteten Ethikbildes Ethikbeirat – Julia Steiner, Hannes Außermaier, Bernhard Hohensinn Abstract: Um allen interessierten Ergotherapiekolleg*innen den Prozess der Entstehung des neuen Ethikleitbildes näherzubringen möchte der Ethikbeirat im Rahmen dieses Workshops einen Raum für Fragen und Anregungen schaffen. Anhand der überar beiteten Praxisbeispiele des neuen Ethikleitbildes sollen diese mit Hilfe des Prozess zur Beantwortung ethischer Fragestellungen bearbeitet und auf deren Praxisrele vanz überprüft werden. Seien Sie dabei und helfen Sie uns die Anker zu Lichten und das Leitbild hinaus auf die Hohe See zu schicken um die Kolleg*innen in deren täglichem Einsatz für die Klient*innen zu unterstützen. Notizen 28
Workshop 6: Level Up!: Ein partizipatives Projekt zur studentischen Gesundheitsförderung Stefanie Jakl, Petra Paukowitsch Abstract: Psychische Gesundheit ist während der Pandemie vermehrt in den Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit gerückt und es ist bewiesen, dass speziell die psychische Belastung der Studierenden bereits seit Jahren steigt und während der Pandemie einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Im Workshop werden einerseits aktuelle Entwicklungen der studentischen Gesund heitsförderung in der Lebensumwelt „Hochschule“ im deutschsprachigen Raum präsentiert, sowie die Rolle der Ergotherapie aus der Sicht der Gesundheitsförderung mit dem Schwerpunkt psychische Gesundheit erörtert. Andererseits wird das peer- to-peer Projekt „Level Up!“, das im Studiengang Ergotherapie für die gesamte FH Campus Wien entwickelt wird, vorgestellt. Der Workshop richtet sich an Studierende, Lehrende, aber auch an alle Interes sierten. Individuelle Belastungen im persönlichen Produktivitätsbereich (Job oder Studium) werden im Workshop gemeinsam mit den Teilnehmenden analysiert und Lösungsmöglichkeiten auf Organisationsebene interaktiv erarbeitet Notizen 29
Workshop 7: Sichtweisen auf die Umwelten eines Menschen mit Hemiparese: Brücken bauen zwischen Praxis und Handlungswissenschaft (Occupational Science) Miriam Berger, Magdalena Nieder Abstract: Hintergrund: Um Betätigung umfassend zu verstehen, sollte Betätigung und Umwelt nicht getrennt voneinander, sondern als Einheit betrachtet werden. Die Betätigung findet in der Umwelt statt, welche die Betätigung eines Individuums, aber auch von Gruppen beeinflussen kann (Hocking, 2020). Ergotherapeut*innen beachten neben individuellen Umwelten (z.B. physische und soziale Umwelten), auch fernere Um welten (z.B. politische und institutionelle Umwelten). Die Handlungswissenschaft (Occupational Science, kurz: OS) kann uns dafür eine Sprache liefern, aber auch Verständnis darüber geben, wie sich Umwelten auf das tägliche Tun/Betätigen, die Betätigungsrollen einer Person, aber auch auf die Gesundheit, Lebensqualität und Wohlbefinden auswirken. Ziel: Der Workshop verfolgt das Ziel, die OS für Ergotherapeut*innen verständlich und nutzbarer zu machen. Ein Bewusstsein für das Ausmaß des Einflusses der Um welt auf die Betätigung des Menschen soll geschaffen werden. Methode: Ein 10-minütiger Impulsvortrag leitet in die Thematik ein. Anschließend wird ein Fallbeispiel aus der neurologischen Rehabilitation vorgestellt. Die Um welten des Fallbeispiels werden im Rahmen eines Workshops ausgearbeitet, da Erkrankungen eine Wechselwirkung auf die Betätigung als auch auf die Umwelt unserer Patient*innen haben. Nach diesem theoretischen Input zu Begriffen der Handlungswissenschaft, werden mögliche Anhaltspunkte zwischen Betätigung und Umwelt diskutiert. Letztlich soll die Brücke zur Praxis gebildet und der Mehrwert dieser Erkenntnisse dargestellt werden. Ergebnisse: Die Ergebnisse werden mittels Flipchartprotokoll festgehalten und mit den Teilnehmer*innen geteilt. Dies dient als Grundlage für die weitere Nutzung in der Praxis. Literatur: Hocking, C. (2020). Occupation in context. A reflection on environmental influences on human doing. Journal of Occupational Science, 28(1), 1-14. 30
Poster 1: Von der Schule in den Arbeitsalltag – (ergotherapeutische) Begleitung Jugendlicher und junger Erwachsener mit IDD (intellectual and developmental disabilities) Elisabeth Faschinger Abstract: Einleitung: Die Transition von der Schule ins Erwerbsleben stellt besonders Jugend liche und junge Erwachsene mit IDD vor Herausforderungen, da sie in den wesent lichen Schlüsselqualifikationen der Arbeitsfähigkeit Defizite aufweisen. Ergothera pie kann zur leichteren Bewältigung des Transitionsprozesses beitragen. Ziel der Bachelorarbeit ist es Begleitungs- und Unterstützungsmöglichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit IDD auf dem Weg ins Arbeitsleben aus ergotherapeuti scher Sicht aufzuzeigen und zu untersuchen welche Aufgaben die Ergotherapie in Oberösterreich im Transitionsprozess Schule-Arbeit übernehmen kann. Methodik: Zu Beginn wurde ein integrativer Review verfasst. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgte anhand des PEO-Modells. Anschließend wurden Expert/innenin terviews mit Ergotherapeuten/innen, Sonderschullehrpersonal und Jugendcoaches durchgeführt. Dabei konnte die aktuelle Sachlage genauer betrachtet und Möglich keiten und Hindernisse für die Ergotherapie erfragt werden. Ergebnisse: Beeinträchtigungsspezifische Merkmale, die durch Therapie verbessert werden können, Arbeitserfahrung und die Erwartung der Eltern sind Prädikatoren wettbewerbsfähiger Beschäftigung. Die Familie scheint das wichtigste Unterstüt zungssystem zu sein. Best-Practice-Dimensionen sind Partizipation, Arbeits- und Wohntraining, individuelle Transitionsplanung und institutionsübergreifende Zusammenarbeit. Die Rolle der Ergotherapie in der Transitionsbegleitung wird von den anderen Berufsgruppen im Bereich des Alltags- und Arbeitstraining und der Elternberatung gesehen. Ergotherapeut/innen sehen ihre Kernkompetenz in der Aktivitäts- und Fähigkeitsanalyse im Rahmen der Berufsorientierung und Arbeits platzplatzierung, in der Arbeitsplatzgestaltung und in der Beratung der Eltern und Bezugspersonen. Insgesamt wird das ergotherapeutische Angebot in der Transi tionsbegleitung als unzureichend angesehen. Diskussion und Schlussfolgerungen: Ergotherapie trägt durch das Training der All tagskompetenz, Umweltgestaltung und Beratung des Umfelds, Arbeitstraining und Einsatz digitaler Medien zu einem bestmöglichen Verlauf des Transitionsprozesses bei. Daher sollten Ergotherapeuten/innen auch in Österreich mehr in Transitions teams eingebunden werden. 31
Poster 2: Diversity braucht Information – Ein erfolgreicher Hochschulabschluss für Studierende mit Sehbeeinträchtigung an der Fachhochschule Wiener Neustadt Stephanie Steinschaden Abstract: Hintergrund: Diese Bachelorarbeit bildet die Grundlage für das Pilotprojekt „Studie ren mit Sehbehinderung“ der Fachhochschule Wiener Neustadt. In diesem Zusam menhang beschäftigt sich die vorliegende Bachelorarbeit mit den Barrieren und Herausforderungen, die Menschen mit Sehbeeinträchtigung und Blindheit in ihrer Rolle als Studierende an Hochschulen erleben. Weiters werden die individuellen Strategien der Hochschüler*innen zur Bewältigung dieser Barrieren untersucht. Methode: Diese vorliegende Bachelorarbeit basiert auf einer umfassenden Literatur recherche in Datenbanken (z.B. EBSCOhost), einschließlich Literatur-Reviews und qualitativen Studien. Zur Erfüllung der Rahmenbedingungen der Bachelorarbeit wurden zehn wissenschaftliche Arbeiten ausgewählt. Ergebnisse: Die Resultate deuten darauf hin, dass Studierende mit Sehbehinderung in ihrer akademischen Laufbahn viele ähnliche Barrieren erleben. Zu diesen zählen Schwierigkeiten mit nicht-zugänglichen Lernmaterialien, erhöhter Zeit- und Mehr aufwand, nicht förderliches Verhalten seitens des Hochschulpersonals und Hilfsper sonen, sowie fehlende Offenlegung der eigenen Sehbeeinträchtigung. Schlussfolgerung: Diese Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die persönliche Ein stellung der Studierenden zu ihrer Sehbeeinträchtigung die wichtigste Ressource zur Umsetzung von Bewältigungsstrategien in ihrem akademischen Leben darstellt. Bedeutung für die Praxis: Im Rahmen unseres Bachelorprojekts ist geplant, dass der Beraterin für Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen eine Informationsbroschüre für Beratungsgespräche mit den jeweiligen Studie renden bzw. Studienwerber*innen vorliegt. Das Projekt trägt durch das Aufzeigen von Barrieren im Studienalltag von Studierenden mit Sehbeeinträchtigung sowie der Strategien zur Überwindung dieser Barrieren zur Gesundheitsförderung an der Fachhochschule Wiener Neustadt bei. 32
Poster 3: ET Interventionen bei Long Covid Theresa Segner, Jessica Stanciu Abstract: Einleitung: Da die Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung erst am Aufkommen sind, gibt es bislang kaum evidenzbasierte Interventionen. Die Ergotherapie kann bei der häufigen Spätfolge Fatigue als beratende und unterstützende Funktion agieren, beispielsweise mithilfe von Strategien zur Alltagsbewältigung. Anhand der Forschungsfrage „Welche ergotherapeutischen Interventionen können zur Behand lung von Fatigue bei Long Covid eingesetzt werden?“ sollen bisherige Therapiean sätze zur Behandlung von (chronischer) Fatigue aufgezeigt und mit der aktuellen Problematik des Long Covid verknüpft werden. Methodik: Aufgrund der derzeit noch lückenhaften Forschungslage in Bezug auf Long Covid, generierten die Autorinnen das vorhandene Wissen in Form eines Sco ping Reviews. Ergebnisse: Ergebnis der zehn inkludierten Studien war eine Vielfalt an möglichen Interventionen zur Behandlung chronischer Fatigue und ME/CFS, welche einzeln und/oder kombiniert angewandt werden. Hierzu zählen Kognitive Verhaltensthe rapie, abgestufte Bewegungstherapie, geführte abgestufte Übungen zur Selbsthilfe, Programm für körperliche Aktivität (Fokus auf Selbstregulation), Pacing sowie Pacing in Form von Selbstmanagement. Ansätze für die ergotherapeutische Praxis bieten beispielsweise der Einsatz von Broschüren zur Selbsthilfe, das Analysieren von ver schiedenen Aktivitätsmustern (im Hinblick auf das Energielevel) sowie das Identi fizieren hinderlicher Glaubenssätze. Diskussion und Schlussfolgerungen: Durch Parallelen von ME/CFS zu Fatigue bei Long Covid, dürften Teilaspekte der aufgelisteten Interventionen auch bei der Spät folge Fatigue, nach einer COVID-19-Erkrankung, eine Wirksamkeit zeigen. Beispiels weise kann in der Ergotherapie etwa der Ansatz der „vier P’s“ zum Energiemanage ment Einsatz finden (Probleme, Planen, Priorisieren, Pacing) sowie die Vorstellung vorhandener Energiereserven in Form einer Batterie. Weitere Forschung zur Identifi zierung evidenzbasierter Interventionen für die Behandlung von Fatigue bei Long Covid ist unerlässlich. Schlüsselwörter: Long Covid, Fatigue, ME/CFS, Interventionen 33
Poster 4: Befriedigend? Beitrag der Ergotherapie bei der Bewältigung sexueller Betäti- gungseinschränkungen von Menschen mit Querschnittlähmung Verena Vieider, Martin Schusser Abstract: Fragestellung/Hintergrund: Menschen mit Querschnittlähmung erleben häufig sexuelle Betätigungseinschränkungen, was sich negativ auf die Zufriedenheit und Lebensqualität ihrer selbst, aber auch möglicherweise vorhandener Partner*innen auswirken kann. Durch die ergotherapeutische Berufsphilosophie wird deutlich, dass dieser Bereich Handlungsfeld der Ergotherapie darstellt und somit ergo therapeutische Intervention gefragt ist. So ergab sich einerseits die Fragestellung, welchen Beitrag Ergotherapeut*innen nun konkret bei der Bewältigung sexueller Betätigungseinschränkungen von Menschen mit Querschnittlähmung leisten kön nen (=Theorie). Andererseits sollte erforscht werden, welche Erfahrungen Menschen mit Querschnittlähmung während ihrer sexuellen Rehabilitation in Hinblick auf die Ergotherapie tatsächlich machten (=Praxis). Vorgehensweise/Methode: Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden eine systematische Literaturrecherche und vier qualitative literaturbasierte Leitfragen interviews mit Menschen mit Querschnittlähmung durchgeführt. Ergebnisse/Erfahrungen: Die zahlreichen identifizierten ergotherapeutischen Inter ventionsmöglichkeiten beziehen sich sowohl auf die direkte Arbeit mit Menschen mit Querschnittlähmung und evtl. deren Partner*innen, betreffen jedoch auch Angebote für Gesundheitspersonal, Forschungstätigkeit, sowie Aktivismus auf poli tisch-wirtschaftlicher Ebene. Was Menschen mit Querschnittlähmung während ihrer sexuellen Rehabilitation erlebten, ist größtenteils noch weit von diesen Möglichkei ten entfernt. Schlussfolgerungen: Damit diese vielfältigen Interventionen künftig fixen Be standteil der beruflichen Praxis bilden, ist das Verankern von Sexualität in Aus- und Weiterbildung von Gesundheitsberufen wichtig. Außerdem müssen auf politisch-wirtschaftlicher und institutioneller Ebene entsprechende Rahmen bedingungen geschaffen werden. Weitere Forschung könnte dies unterstützen. Bedeutung für die Praxis: Mit ihrem Berufsverständnis und Fachwissen können Ergotherapeut*innen Menschen mit und auch ohne Querschnittlähmung direkt oder indirekt darin unterstützen, in einem der wohl wichtigsten Bereiche Lebens qualität zurückzugewinnen bzw. zu erhalten. Dadurch zu einer ganzheitliche(re)n Gesundheitsversorgung beizutragen, ist nicht ausschließlich ein enormes Potential der Ergotherapie, sondern ein wahrer Auftrag. 34
Sie können auch lesen