Finanzmarkttrends Die Stagflation ist bereits da! - Ausblick auf die Weltwirtschaft, den Euroraum, Deutschland, die USA, China sowie ...

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Finanzmarkttrends
Die Stagflation ist bereits da!
Ausblick auf die Weltwirtschaft, den Euroraum, Deutschland, die USA, China
sowie Anleihemärkte, Wechselkurse, Aktienindizes und Rohöl
Mai 2022
Inhalt

▪   Executive Summary: Die Stagflation ist bereits da!

▪   Prognosen: Überblick Konjunktur und Finanzmärkte

▪   Weltwirtschaft: Wirtschaftswachstum bleibt schwach und anfällig für Abwärtsrisiken.

▪   Eurozone: Ein Erdölembargo würde weiteres Wachstum kosten.

▪   Deutschland: Zurückhaltung beim Shopping

▪   USA: Diskussionen um eine mögliche Rezession nehmen zu, obwohl die Konjunkturindikatoren weiterhin sehr robust erscheinen.

▪   China: Null-Covid-Strategie mit dramatischen Folgen für Personen und Waren

▪   Aktienmärkte: Höhere Zinsen und der Ukraine-Krieg belasten die Aktienmärkte.

▪   Wechselkurse: Unumgängliche Sanktionen gegenüber Russland belasten den Euro vorerst. Knockout für JPY. GBP behauptet. CNY sollte wegen
    schwindender Zinsdifferenz allmählich abwerten.

▪   Ölmärkte: Ein Ölembargo der EU würde den Ölpreis kurzzeitig stützen.

▪   Ansprechpartner/Haftungsausschluss

2                 Mai 2022               Finanzmarkttrends                           Marketingmitteilung
Executive Summary: Die Stagflation ist bereits da!
▪ Weltwirtschaft: Die Weltwirtschaft wird durch eine ganze Reihe von Entwicklungen belastet: Dazu zählt der Krieg in der Ukraine, der Unternehmen und Konsumenten
  verunsichert, die Lieferkettenproblematik verschärft und die Inflation weiter ansteigen lässt. Des weiteren ist die Null-Covid-Strategie Chinas zu nennen, die eine ausgeprägte
  Konjunkturschwäche in diesem Land auslöst und auch in den mit China verbundenen Volkswirtschaften negative Spuren hinterlässt. Die weiter steigende Inflation veranlasst
  zudem die Notenbanken mit Zinserhöhungen gegenzusteuern, was zum einen die Aktienmärkte ins Wanken bringt und zum anderen direkte negative Auswirkungen auf die
  Investitions- und Konsumnachfrage und somit auf die Konjunktur hat. In dieser Gemengelage mehren sich zudem Handelssanktionen (wegen des Russland-Überfalls der
  Ukraine), Exportbeschränkungen (aus Gründen der Lebensmittelsicherheit) und Einreiseverbote (aus Covid-Gründen), die einer Fragmentierung der Weltwirtschaft Vorschub
  leisten können. Die Weltwirtschaft wird 2022 voraussichtlich um 3,2 % expandieren. 2023 erwarten wir ein globales Wirtschaftswachstum von 3,1 %.
▪ Eurozone: Die Eurozone ist im Grunde genommen schon in der Stagflation. Wir erwarten für das Gesamtjahr einen BIP-Zuwachs von 2,4 %, was angesichts eines
  statistischen Überhangs von fast 2 Prozentpunkten letztlich nur ein minimales Plus bedeutet, während die Inflation im Durchschnitt bei über 7 % liegen dürfte. Die EZB wird
  im Juli voraussichtlich eine erste Zinserhöhung durchführen, auf die dann bis Ende 2022 drei weitere Zinserhöhungsschritte folgen dürften.
▪ Deutschland: In Deutschland ist für dieses Jahr nur ein Wirtschaftswachstum von 1,6 % (bisher: 2,0 %) zu erwarten. Auch das zeugt von einer schwachen Dynamik, da der
  statistische Überhang bei 1 Prozentpunkt liegt. In Q1-2022 war der private Konsum, vor allem aber der sinkende Handelsbilanzüberschuss, eine größere Belastung für das
  Wachstum. In den kommenden Monaten dürfte sich der Konsum stabilisieren, während die bis jetzt relativ robuste Investitionsnachfrage wahrscheinlich zurückgehen wird.
▪ USA: In den USA wird die Notenbank den Leitzins relativ rasch anheben, so dass dieser per Ende des Jahres 2022 bei 2,75 % (obere Grenze der Bandbreite) liegen sollte.
  Auch die langfristigen Renditen werden laut unserer Prognose steigen, u.a. da die Fed beginnt, ihr Anleiheportfolio zu reduzieren. Wir erwarten ein Wirtschaftswachstum von
  2,9 % in diesem Jahr und von 2,5 % in 2023. Die Diskussion an den Finanzmärkten wird allerdings zunehmend von der Angst vor einer baldigen US-Rezession bestimmt.
▪ China: Aufgrund der Null-Covid-Strategie Chinas sind mittlerweile etwa 373 Mio. Menschen in 45 Städten von Lockdown-Maßnahmen in unterschiedlicher Intensität
  betroffen. Trotz Bemühungen, den Warenverkehr vor den negativen Konsequenzen der Lockdowns zu schützen, wird der Einbruch bereits in den Konjunkturdaten vom April
  sichtbar. Die Einzelhandelsumsätze, Industrieproduktion und Exporte haben im Jahresvergleich deutlich eingebüßt. Da die chinesische Führung keinen Strategiewechsel in
  ihrer Corona-Politik signalisiert hat, ist die Herabsetzung der BIP-Wachstumsprognose von 4,7 % auf 4,0 % unsererseits ein notwendiger Schritt.
▪ Aktien: Unter Berücksichtigung der Inflation haben Aktien in den Jahren von 1973 bis 1982 sowohl in Deutschland als auch in den USA negativ abgeschnitten. Angesichts
  der zunehmenden Wahrscheinlichkeit, dass wir in eine ähnliche Stagflationsphase geraten, wird die Situation für Anleger sehr herausfordernd.
▪ EUR/USD: Das Signal der Fed, den Leitzins rascher als bislang erwartet anzuheben, während der Krieg in der Ukraine zur Fragilität der Erholung der Eurozone beiträgt, hat
  den Euro gegenüber dem US-Dollar geschwächt. Der Tiefpunkt ist aber vermutlich bald erreicht. Prognose Dez 2022: 1,08 USD per EUR.
▪ Ölmärkte: Die Ölpreise könnten kurzfristig auf 120 US-Dollar pro Barrel Brent steigen. Per Jahresende sollte der Ölpreis dann wieder niedriger bei 110 USD-Dollar/Barrel
  liegen. Das relativ hohe Niveau hängt damit zusammen, dass die OPEC es nicht einmal annähernd schafft, die vereinbarten Förderquoten zu erfüllen. Dass der Ölpreis nicht
  explodiert, hängt an der Nachfrageschwäche aus China und der Tatsache, dass die USA ihre strategische Ölreserve angezapft haben.

3                    Mai 2022                   Finanzmarkttrends                               Marketingmitteilung
Prognosen: Veränderung des BIP

    Source: HCOB Economics, IMF

4                         Mai 2022   Finanzmarkttrends   Marketingmitteilung
Prognosen: Finanzmärkte
                                             23.05.2022               Jun 22    Dez 22       Jun 23   Dez 23

Euro area
Policy rate                                     0,00                   0,00       1,00         1,50    2,00
Deposit rate                                    -0,50                 -0,50       0,50         1,00    1,50
3 months Euribor                                -0,36                 -0,30       0,90         1,40    1,90
2 year Bunds                                    0,24                   0,35       1,15         1,65    2,00
10 year Bunds                                   0,96                   1,00       1,45         1,70    2,00
USA
Fed funds target rate (upper bound)              1,00                  1,50       2,75         3,25    3,50
3 months Libor                                   1,52                  1,90       2,95         3,45    3,70
2 year T-Notes                                   2,65                  2,55       3,45         3,95    4,00
10 year T-Notes                                  2,86                  3,00       3,65         3,85    3,95
FX                                           23.05.2022               Jun 22    Dez 22       Jun 23   Dez 23
EUR/USD                                         1,07                   1,05      1,08         1,13     1,15
EUR/GBP                                         0,85                   0,86      0,84         0,86     0,85
USD/JPY                                          128                   135       129          123      117
USD/CNY                                         6,65                   6,85      6,75         6,65     6,55
Stocks                                       23.05.2022               Jun 22    Dez 22       Jun 23   Dez 23
Dax                                            14175                  13380     13715        14060    14340
Stoxx Europe 600                                 437                   415       425          435      445
S&P500                                          3974                   3990      4090         4190     4280
Commodities                                  23.05.2022               Jun 22    Dez 22       Jun 23   Dez 23
Oil (Brent) in USD/USD                           113                   120       110           95       90
Oil (WTI) in USD/Barrel                          110                   117       107           92       87

Source: Macrobond, Hamburg Commercial Bank Economics

5                     Mai 2022                    Finanzmarkttrends            Marketingmitteilung
Weltwirtschaft: Dramatischer Rückgang der PMIs in China
In den meisten Volkswirtschaften sind Rückgänge von einem hohen Niveau aus zu beobachten.

ISM/PMI-Indices manufacturing sector and services sector (Index > 50 = improvement of economic situation in comparison to previous month,
Index < 50 = worsening), last available month

Source: Macrobond, Markit, HCOB Economics

6                   Mai 2022                Finanzmarkttrends                 Marketingmitteilung
Weltwirtschaft: Eine Rezession ist nicht ausgeschlossen.

7       Mai 2022    Finanzmarkttrends   Marketingmitteilung
Weltwirtschaft: Wirtschaftswachstum bleibt schwach und anfällig für
Abwärtsrisiken.
                                       ▪ Wir erwarten in diesem Jahr ein globales Wirtschaftswachstum von 3,2 %. Das
                                         Wachstumstempo in 2023 bewegt sich voraussichtlich auch in diesem Rahmen (3,1 %). Dies
                                         ist angesichts der Rezession von 2020 und der anschließenden unvollständigen Erholung als
                                         niedrig einzustufen. Einen wichtigen Anteil an diesem Ausblick hat nicht nur der Krieg in der
                                         Ukraine, sondern auch die Entwicklung in China. Durch die Null-Covid-Strategie bahnt sich
                                         dort für das zweite Quartal eine Stagnation oder gar ein Rückgang der Wirtschaftsleistung
                                         an, der vermutlich in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr kompensiert werden kann.
                                       ▪ Aber auch in der Eurozone dürfte die Dynamik noch stärker nachlassen, als wir das ohnehin
                                         erwartet haben. Man kann hier durchaus von Stagflation sprechen, da das Jahreswachstum
                                         von 2,4 % hauptsächlich auf den sogenannten statistischen Überhang zurückzuführen ist.
                                         D.h. das BIP startete im ersten Quartal auf einem im Vergleich mit dem Durchschnitt von
                                         2021 relativ hohen Niveau, im Quartalsverlauf wird die Eurozonen-Volkswirtschaft hingegen
                                         kaum expandieren.
                                       ▪ Die USA werden vermutlich im laufenden Jahr mit einer Rate von 2,9 % wachsen. Hier zeigt
                                         sich insbesondere der Arbeitsmarkt weiterhin sehr robust. Die Einkaufsmanagerindizes
                                         deuten aber bereits auf eine Wachstumsabschwächung hin.
                                       ▪ Die Inflation steigt weiterhin und hat in vielen Ländern zweistellige Raten erreicht. In den
                                         G20-Ländern lag die Teuerungsrate im April im Durchschnitt bei knapp 8 %. Wir gehen
                                         davon aus, dass die Inflation in der Eurozone und den USA in den nächsten Monaten auf
                                         dem relativ hohen Niveau verharren wird und erst zum Jahresende der Preisdruck etwas
                                         nachlassen dürfte.
                                       ▪ Der Welthandel ist gemessen am Containerumschlag zuletzt gegenüber dem Vorjahr
                                         gesunken. Dabei dürfte der umfassende Lockdown in Shanghai eine wichtige Rolle spielen,
                                         da dieser den Betrieb des weltweit größten Containerhafens in Mitleidenschaft gezogen hat.
                                         Der internationale Handel insgesamt (zu Wasser, Land und Luft) zeigte eine größere
                                         Dynamik, aber auch hier ist wegen der fortbestehenden Lieferkettenengpässe eine
                                         Abschwächung zu erwarten.

8       Mai 2022   Finanzmarkttrends              Marketingmitteilung
Eurozone: Ein Erdölembargo würde weiteres Wachstum kosten.
Die Öffnung der Volkswirtschaften im Zuge des wahrgenommenen Endes der Pandemie stützt die Dienstleistungssektoren.

9             Mai 2022          Finanzmarkttrends                Marketingmitteilung
Eurozone: Lieferengpässe schränken die Wachstumsmöglichkeiten
weiterhin ein.

10      Mai 2022   Finanzmarkttrends   Marketingmitteilung
Eurozone: Die EZB wird voraussichtlich im Juli den Leitzins anheben.
Die Inflation wird im kommenden Jahr vermutlich nicht unter 5 % fallen.

                                                               ▪ Das BIP in der Eurozone wird 2022 voraussichtlich nur um 2,4 % steigen. Wir erwarten,
                                                                 dass die EU in Kürze ein Erdölembargo gegenüber Russland beschließen wird. Ein
                                                                 Erdgasembargo würde insbesondere 2023 schwerwiegende Auswirkungen auf das
                                                                 Wirtschaftswachstum haben, ist bislang aber noch nicht unser Basisszenario. Insgesamt
                                                                 sorgt die Verunsicherung in Bezug auf die Verfügbarkeit von Energielieferungen aus
                                                                 Russland, sowie ganz generell die Lieferkettenproblematik, für eine Belastung der
                                                                 Wachstumsdynamik. Angesichts des statistischen Überhangs von 1,9 Prozentpunkten
                                                                 (Erklärung: Würde das BIP in jedem Quartal des Jahres 2022 auf dem Niveau von Q4-
                                                                 2021 bleiben, ergäbe sich eine Jahreswachstumsrate für 2022 von 1,9 %) muss man hier
                                                                 fast von einer Stagnation sprechen. Angesichts einer aktuellen Inflationsrate von 7,5 %
                                                                 (erwarteter Jahresdurchschnitt 2022: 7,3 %) erscheint der Begriff „Stagflation“ angebracht.
                                                               ▪ Für die EZB ist diese Konstellation eine große Herausforderung: Wir erwarten, dass sie
                                                                 mit vier Zinsschritten 2022 und vier weiteren 2023 reagieren wird. Notenbankchefin
                                                                 Christine Lagarde hat Ende Mai in einem Blogeintrag eine Beschleunigung der
                                                                 geldpolitischen Straffung angekündigt. Im Juli werde man den Leitzins anheben und zum
                                                                 Ende des dritten Quartals werde es keine negativen Einlagenzinsen mehr geben. Das
                                                                 lässt sich so interpretieren, dass man bis dahin zwei Zinsanhebungen à 25 Basispunkte
                                                                 durchführen wird. Hinsichtlich des weiteren Vorgehens sagte Lagarde, dass die EZB
                                                                 grundsätzlich so lange den Leitzins anheben werde, bis das „neutrale Zinsniveau“ erreicht
                                                                 ist. Das gilt allerdings nur unter der Bedingung, dass sich bis dahin ein Rückgang der
                                                                 Inflation in Richtung der Zielgröße von 2 % abzeichnet. Wenn das nicht der Fall ist –
                                                                 Lagarde spricht in diesem Zusammenhang von einer Überhitzung – werde man über das
                                                                 neutrale Zinsniveau hinaus den Leitzins erhöhen. Wir gehen davon aus, dass die EZB
                                                                 das neutrale Zinsniveau im Bereich von 2 bis 2,5 % verortet.
                                                               ▪ Die zehnjährigen Bundrenditen werden unseres Erachtens per Dezember 2022 auf
                                                                 1,45 % steigen und auch 2023 nochmals zulegen. Der Anstieg bleibt insgesamt moderat
                                                                 wegen der fragilen Wirtschaftslage sowie der Tatsache, dass die EZB auf dem Bondmarkt
                                                                 aktiv bleiben wird.

11             Mai 2022           Finanzmarkttrends                     Marketingmitteilung
Deutschland: Kaum Wachstum in Q1-2022 und möglicherweise erneute
Schrumpfung in Q2
Vor allem die Investitionsnachfrage dürfte bald in die Knie gehen.

12             Mai 2022            Finanzmarkttrends                 Marketingmitteilung
Deutschland: Zurückhaltung beim Shopping

                                       ▪ Mittlerweile erwarten wir für Deutschland in diesem Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum
                                         von 1,6 %. Im kommenden Jahr sollte das Wachstum bei 2,4 % liegen.
                                       ▪ Im ersten Quartal, in dem der Krieg in der Ukraine nur teilweise in die Investitions- und
                                         Konsumentscheidungen einfließen konnte, kam nur eine schwache Expansionsrate von 0,2 %
                                         zustande. Der Handelsbilanzüberschuss ist zurückgegangen und dies hat das Wachstum
                                         belastet. Die Industrieproduktion schwächelte wegen der anhaltenden und sich sogar noch
                                         verschärfenden Angebotsengpässe. Im Bausektor wurde die Produktion hingegen trotz der
                                         Beschaffungsprobleme noch erhöht. In beiden Sektoren dürfte es im zweiten Quartal zu einer
                                         Schrumpfung kommen. Im Wohnungsbausektor nimmt die Zahl der Stornierungen von
                                         Aufträgen deutlich zu, was unseres Erachtens vor allem mit den sprunghaft gestiegenen
                                         Baukosten und zu einem geringeren Teil mit den steigenden Zinsen für Baukredite zu tun hat.
                                       ▪ Des weiteren war im ersten Quartal ein rückläufiger privater Konsum zu beobachten,
                                         gemessen an den Umsätzen im Einzelhandel. Dies deckt sich auch mit den Antworten der
                                         Einzelhändler bei der ifo-Konjunkturumfrage. Die hohe Inflation sorgt offenbar für ein
                                         sparsameres Verhalten beim Shopping. Gleichzeitig ist aber zu erwarten, dass der Wegfall
                                         der meisten Corona-Beschränkungen die Nachfrage nach vielen Dienstleistungen (u.a.
                                         Konzerte, Sportveranstaltungen, Restaurantbesuche, Reisen, Messen) deutlich steigen
                                         lassen wird, so wie das teilweise bereits zu beobachten ist. Dazu passt die Entwicklung des
                                         ifo-Index für den Dienstleistungssektor, der seit einigen Monaten gegen den Trend der
                                         anderen Sektoren ansteigt.
                                       ▪ Derweil hängt das Damoklesschwert eines Erdgaslieferstopps weiterhin über dem
                                         Industriesektor. Betroffen wären davon besonders der Chemiesektor (Abhängigkeit von
                                         Erdgas: 39 % am Energieverbrauch dieses Sektors), der Maschinenbau (33 %) und der
                                         Sektor für Metalle und deren Verarbeitung (34 %). Auch die Nahrungsmittelindustrie setzt
                                         überdurchschnittlich viel Erdgas ein (54 %). In jedem Fall muss die deutsche Wirtschaft mit
                                         dauerhaft höheren Energiekosten zurechtkommen. Beim Erdölembargo gegenüber Russland
                                         könnte die EU sich in den nächsten Wochen einigen; ein Kohleembargo wurde bereits
                                         beschlossen.

13      Mai 2022   Finanzmarkttrends             Marketingmitteilung
USA: Diskussionen um eine mögliche Rezession nehmen zu, obwohl die
Konjunkturindikatoren weiterhin sehr robust erscheinen.
Es besteht die Befürchtung, dass die Fed den Boom abwürgen könnte, um die Inflation in den Griff zu bekommen.

14             Mai 2022          Finanzmarkttrends                 Marketingmitteilung
USA: Die Fed beginnt mit dem Bilanzabbau.
Die Inflation bleibt zunächst auf einem hohen Niveau, wird sich aber vermutlich in 2023 deutlich zurückbilden, ohne allerdings
die Zielmarke zu erreichen.
                                                                ▪ Die US-Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich mit einer Rate von 2,9 %
                                                                  expandieren. Für 2023 ist ein Wirtschaftswachstum von 2,6 % zu erwarten.
                                                                ▪ In Q1-2022 ist das BIP gefallen (-1,4 % QoQ, annualisiert). Die Ausweitung des
                                                                  Handelsbilanzdefizits hatte daran einen erheblichen Anteil. Gleichzeitig hat sich der
                                                                  Lagerbestandsaufbau reduziert. Offensichtlich führen die Produktionsengpässe in den USA
                                                                  dazu, dass verstärkt Güter im Ausland eingekauft werden. Der starke Anstieg bei den
                                                                  Importen hat auch mit dem stärkeren US-Dollar zu tun, der Einfuhren in relativer
                                                                  Betrachtung attraktiver macht. Einen negativen Wachstumsbeitrag lieferte auch der
                                                                  geringere Staatskonsum.
                                                                ▪ Gleichzeitig ist festzustellen, dass der private Konsum weiterhin robust ist und die
                                                                  Unternehmen ihre Investitionen (ohne Bauinvestitionen, die gefallen sind) kräftig
                                                                  hochgefahren haben. Dazu passt, dass die Beschäftigung in den vergangenen Monaten
                                                                  durchgehend deutlich gestiegen ist. Das ist grundsätzlich ein Zeichen der Zuversicht.
                                                                ▪ Allerdings ist der Himmel nicht vollkommen wolkenfrei: Die Kurseinbrüche an den
                                                                  Aktienmärkten, die unter anderem auf die Zinswende der Fed zurückzuführen sind, haben
                                                                  das Potenzial, die Wirtschaft zu schwächen. Schwierigere Finanzierungsbedingungen und
                                                                  ein negativer Vermögenseffekt sind in dieser Hinsicht belastend. Dazu kommt der
                                                                  unmittelbare Effekt höherer Zinsen, der die Aufnahme von Krediten verteuert, sei es für
                                                                  Investitionen, den Wohnungsbau oder für Konsumzwecke. Die Fed weiß um diese Risiken,
                                                                  hat aber dennoch den Leitzins im Mai um 50 Basispunkte erhöht und wird dies – so die
                                                                  Ankündigung – auch bei den nächsten beiden Sitzungen tun. Danach dürfte wieder eine
                                                                  kleinere Schrittgröße von 25 Basispunkten gewählt werden. Per Ende 2023 sollte der
                                                                  Leitzins dann bei 3,50 % (Oberes Band) liegen. Einen Durchmarsch auf über 5 % wie beim
                                                                  Zinsanhebungszyklus von 2004 bis 2006 erwarten wir nicht, da sich die US-Wirtschaft
                                                                  vermutlich im Laufe des kommenden Jahres deutlich abschwächen dürfte.
                                                                ▪ Käme es zu einer Intensivierung der Kurseinbrüche an den Aktienmärkten und einer
                                                                  gleichzeitigen Rezession, würde die Fed vermutlich eine Pause einlegen oder gar den
                                                                  Rückwärtsgang einlegen.

15             Mai 2022            Finanzmarkttrends                     Marketingmitteilung
China: Das zweite Quartal dürfte aufgrund multipler Krisen kein Wachstum
aufweisen. BIP-Prognose 2022: 4,0 % statt 4,7 %.
Bau-, Tech-, Industrie- und Dienstleistungssektor sind momentan vor allem stark von den Auswirkungen der Anti-Corona-
Maßnahmen betroffen.

16             Mai 2022          Finanzmarkttrends                 Marketingmitteilung
China: Folgen der Null-Covid-Strategie machen weder vor Personen noch
Waren halt.
                                       •   Wir haben unsere Prognose für das chinesische Wirtschaftswachstum angesichts der
                                           strikt umgesetzten Null-Covid-Politik von 4,7 % auf 4,0 % für 2022 reduziert. Die aktuellen
                                           Rückgänge der Einkaufsmanagerindizes sind die stärksten seit dem Lockdown in Wuhan
                                           in 2020. Für Q2 ist eine Stagnation zu erwarten.
                                       •   Der Dienstleistungsbereich leidet überproportional unter der Null-Covid-Strategie. Schwer
                                           wiegt dabei, dass die chinesischen Behörden de facto ein internationales Reiseverbot
                                           verhängt haben. Nach Angaben der Nationalen Einwanderungsbehörde (NIA) gingen die
                                           internationalen An- und Abflüge bereits 2021 im Vergleich zu 2019 um 79 % zurück.
                                       •   China schafft es nicht, die negativen Implikationen der Einschränkungen des
                                           Personenverkehrs vom Warenverkehr fernzuhalten. Der Einzelhandelsumsatz brach im
                                           April im Jahresvergleich (YoY) um 11,1 % ein. Auch die Zugpferde der chinesischen
                                           Ökonomie, also die Industrieproduktion (-2,9 %) und die Exporte (-3,9 %), brachen im
                                           April deutlich ein. Offensichtlich funktioniert die sog. Corona-Loop-Strategie, in der
                                           Arbeiter in Fabriken und Häfen abgeschottet in einer Blase unter Einhaltung spezieller
                                           Corona-Regeln weiter arbeiten sollten, nur unzureichend. Die Strategie leidet unter
                                           anderem an dem Umstand, dass die LKW-Fahrer wegen der Corona-Maßnahmen
                                           aufgehalten werden und nicht eine Just-in-time-Lieferung aufrechterhalten können.
                                       •   Der Einbruch der Wirtschaftstätigkeit hat den chinesischen Immobiliensektor, der bereits
                                           unter den behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung einer Immobilienblase litt, noch
                                           weiter unter Druck gesetzt. So sind die Verkäufe von Wohnimmobilien im April im
                                           Vergleich zum Vorjahr um mehr als 40 % zurückgegangen.
                                       •   Das von der chinesischen Führung gesteckte BIP-Wachstumsziel von 5,5 % scheint
                                           immer weiter in die Ferne zu rücken. Die geld- und fiskalpolitischen Instrumente
                                           sind entweder zu verhalten oder noch gar nicht erst bekanntgegeben worden. Das
                                           Festhalten an der Null-Covid-Strategie wirkt momentan wie eine selbst angelegte Fessel,
                                           aus der sich der Staat befreien könnte, wenn man ausländische mRNA-Vakzine zulassen
                                           und/oder mit heimischen Vakzinen eine Booster-Kampagne hochfahren würde. Falls dies
                                           nicht passiert, müssen wir uns weiter auf Lieferengpässe gefasst machen. Die
                                           Engpassfolgen dürften uns in Europa spätestens im Juni verstärkt erreichen.

17      Mai 2022   Finanzmarkttrends            Marketingmitteilung
Aktienmärkte: Höhere Zinsen und der Ukraine-Krieg belasten die Börsen.

                                       •   Man könnte meinen, dass der deutsche Dax empfindlicher auf den Überfall der Ukraine
                                           reagiert als der amerikanische S&P 500-Index. Tatsächlich liegen jedoch beide Indizes derzeit
                                           (19.05.) nur rund 10% unter dem Wert, der am letzten Freitag (18.02.) vor Kriegsausbruch
                                           erreicht wurde.
                                       •   Diskutiert werden an den beiden Märkten dennoch unterschiedliche Themen: In Deutschland
                                           steht ganz klar der Ukraine-Krieg im Vordergrund – insbesondere die tatsächlichen und
                                           drohenden Energiesanktionen. In den USA hingegen geht es in erster Linie um die
                                           Zinsanhebungen, die die US-Notenbank angekündigt hat. Es herrscht die Furcht, dass die Fed
                                           den Konjunkturaufschwung abwürgt und die Aktien in einen freien Fall schickt. Immerhin hat
                                           der technologielastige Nasdaq seit Jahresanfang einen Verlust von 23 % zu verzeichnen.
                                           Außerdem hat die US-Zinsstrukturkurve zwischenzeitlich invertiert, d.h., die Differenz zwischen
                                           den zehnjährigen und den zweijährigen T-Notes-Renditen wurde negativ, weswegen einige
                                           Auguren eine baldige Rezession für sehr wahrscheinlich halten.
                                       •   Angesichts des Risikos, dass die Eurozone in eine Stagflationsphase gerät, lohnt ein Blick auf
                                           die Jahre von 1973 bis 1982, als angesichts der steigenden Ölpreise die Welt ebenfalls eine
                                           Zeit hoher Inflation und einer angeschlagenen Konjunktur erlebte. Der Dax (total return) hatte in
                                           dieser Phase fünf Jahre einen Rückgang und fünf Jahre einen Anstieg zu verzeichnen. Per
                                           Saldo legte der Dax über zehn Jahre um 1,3 % zu und der S&P 500 (total return) um 94 %.
                                           Beides ist vor dem Hintergrund einer Inflation über diesen Zeitraum von 129 % (USA) bzw.
                                           69 % (Deutschland) für Anleger ein schlechtes Ergebnis. Im Nachhinein hätten sich Ölaktien
                                           als Absicherung angeboten, da der Ölpreis in diesem Zeitraum um 800 % gestiegen ist.
                                       •   Eine weitere Gefahr für die Aktienkurse stellt die chinesische Lockdown-Politik dar. Auch wenn
                                           sich in Shanghai die Anzeichen mehren, dass der bereits zwei Monate andauernde Lockdown
                                           allmählich aufgehoben wird, weicht Präsident Xi vom Prinzip her nicht von der strengen, aber
                                           letztlich schlecht gemanagten Corona-Politik ab. Wir haben unsere Prognose für das
                                           Wirtschaftswachstum Chinas von 4,7 % auf 4,0 % gesenkt, aber durch die sture Corona-Politik
                                           bestehen erhebliche Abwärtsrisiken. Denn diese wird sich auch in niedrigeren Gewinnen von
                                           Unternehmen niederschlagen, die in China einen Teil ihres Umsatzes machen oder von
                                           Zulieferungen aus China abhängen.

18      Mai 2022   Finanzmarkttrends              Marketingmitteilung
EUR/USD: Das Tal der Tränen durchwandern

                                       •   Das Motto dieser Ausgabe prägt auch das Wechselkursverhältnis zwischen Euro und Dollar.
                                           Die Realzinsen am langen - heißt 10-jährigen - Ende spiegeln die Auswirkungen stagflationärer
                                           Tendenzen sehr gut wider. Enteilte Inflation hat sich zum globalen Problem entwickelt. Durch
                                           den Krieg in der Ukraine wird dies nur noch verstärkt. Allein aus der räumlichen Nähe hat
                                           Europa jedoch viel mehr daran zu knabbern als Amerika.
                                       •   Die Bekämpfung der Inflation hat für die Fed oberste Priorität. Die Zinsen
                                           werden deutlich steigen, doch lange verwöhnte Aktienmärkte fragen sich
                                           angesichts der kommunizierten Aggressivität, ob dies nicht schneller als gewollt in eine
                                           Rezession führen wird. Die Fed will davon bislang aber nichts wissen. Das führt zu Volatilität an
                                           den Märkten, die dem Dollar bisweilen aber eher noch stärkt.
                                       •   Konjunktursorgen sind der zweite große Belastungsfaktor für den Euro. Der Krieg vor der
                                           Haustür ist das Eine, aber die Geschicke in Chinas Bemühungen dem schwindenden
                                           Wachstum entgegenzuwirken, entfalten nicht weniger Aufmerksamkeit. In dieser
                                           Hinsicht bleibt auch Covid ein entscheidender Faktor, der bei gutem Ausgang aber auch zu
                                           einer guten Stütze für die Einheitswährung werden kann.
                                       •   Damit das Tal der Tränen durchwandert werden kann, spielt natürlich auch das Verhalten der
                                           EZB eine große Rolle. Hier ist inzwischen Bewegung hereingekommen. Eine erste
                                           Zinserhöhung scheint bereits im Juli ausgemachte Sache zu sein. Selbst 50 Basispunkte
                                           will man nicht mehr ausschließen. Sogar zum Euro wurde eine Referenz gemacht, denn dieser
                                           importiere mit seiner ausgeprägten Schwäche nur noch mehr Inflation, was nicht mehr länger
                                           einfach so hingenommen werden könne.
                                       •   Ein längerfristig positiver Faktor für den Euro könnte auch die Abnabelung von russischen
                                           Energielieferungen werden. Der Zwang noch viel mehr auf erneuerbare Energien zu setzen ist
                                           nicht nur ökologisch begründet sondern auch ökonomisch, wenn die
                                           Industrie unabhängiger von investitionsfeindlichen Preisschwankungen werden will.
                                       •   In den nächsten zwei Quartalen sehen wir einen Kampf um die Marke von 1,05, jedoch
                                           nicht die Parität, wie einige unserer Mitbewerber. Technisch hegen wir dafür allerdings den
                                           Vorbehalt, dass der bisherige Boden bei 1,0350 weiterhin nicht durchlaufen wird.

19      Mai 2022   Finanzmarkttrends               Marketingmitteilung
Devisenmärkte: Abwertung des JPY sehr weit fortgeschritten. Stagflation
macht GBP zu schaffen. CNY im Kampf mit Covid und damit um Wachstum.
                                       ▪ EUR/GBP: Die Bank von England (BoE) war eine der ersten Zentralbanken, die
                                         mit Zinserhöhungen angefangen hat. Inzwischen ist die britische Inflation jedoch auf
                                         9,0 % gestiegen und gefährdet damit das Wachstum zusehends. Die BoE warnt
                                         höchstselbst vor einer drohenden Rezession. Das Thema Stagflation ist besonders für das
                                         Pfund schwer zu tragen. Vom Brexit spürt man immer noch Nachwehen und die hohen
                                         Volatilitäten an den Märkten bekommen der britischen Währung auch nicht besonders gut.
                                         Einen Ausbruch aus der Spanne zwischen 0,84 und 0,86 sehen wir derweil nicht, denn dazu
                                         sitzen EUR und GBP zu sehr in ein und demselben Boot.

                                       ▪ USD/JPY: Dieser Wechselkurs hat wohl den eindeutigsten Bezug zu den US-Zinsen im
                                         gesamten Devisenmarkt. Der Anstieg 10-jähriger US-T-Note Renditen über 3 % hinaus hat
                                         den Kurs bis auf ein Niveau von 131 JPY per USD mitgenommen. Jetzt, da sich besonders die
                                         Aktienmärkte Sorgen darüber machen, die Fed könnte gar zu aggressiv in der
                                         Inflationsbekämpfung sein, kann der Yen auf seine Attraktivität als sicherer Hafen zurückgreifen
                                         und bekommt dadurch Auftrieb. Überhaupt erntet die unverändert expansive Geldpolitik der Bank
                                         of Japan Kritik im eigenen Land. Über die Rohstoffpreise und den schwachen Yen wird so viel
                                         Inflation importiert, dass am Ende selbst die BoJ umdenken könnte. Einen Spitzenwert von 135
                                         JPY per USD halten wir im Angesicht einer aggressiven Fed kurzfristig noch für möglich,
                                         aber dann sollte sich der Yen auch wieder deutlicher befestigen, erst recht wenn Vorboten einer
                                         US-Rezession am Horizont auftauchen sollten.

                                       ▪ USD/CNY: Die avisierte Abwertung des Renminbi hat stattgefunden, jedoch viel schneller und
                                         weiter als angenommen. Tatsächlich hat sich die Zinsdifferenz 10-jähriger Staatsanleihen auch
                                         komplett zugunsten des Dollars gedreht. In der Spitze waren dies 30 Basispunkte. Der echte
                                         Brandbeschleuniger ist aber vielmehr in der unerbittlichen Zero-Covid-Strategie Chinas, die mit
                                         Shanghai das wirtschaftliche Zentrum ziemlich lahmgelegt hatte, zu sehen. Das ohnehin
                                         schwächelnde Wachstum macht also Sorgen mit weltweiter Ausstrahlung. Bekommt China
                                         die Covid-Situation wieder in den Griff und entfalten bereits durchgeführte Maßnahmen, jüngst
                                         z.B. die Senkung der 5 Jahre Loan Prime Rate um 15 Basispunkte, sowie noch zu Erwartende
                                         die gewünschte Wirkung, dann kann es auch gegen die zum Nachteil gewordene
                                         Zinsdifferenz für den Renminbi wieder aufwärts gehen. Den Gipfel sehen wir auf einem Niveau
                                         von 6,85 CNH per USD gar nicht so weit entfernt.

20      Mai 2022   Finanzmarkttrends             Marketingmitteilung
Ölmärkte: Ein Ölembargo der EU würde den Ölpreis kurzzeitig stützen.
Urals handelt mit einem Abschlag von 35 US-Dollar/Barrel gegenüber Brent.

                                                         ▪ Der Ölpreis hält sich auf einem hohen Niveau. Ganz offensichtlich überwiegen die Angebotsprobleme
                                                           im Zusammenhang mit Russland die durch China ausgelöste Nachfrageschwäche.
                                                         ▪ So ist die Ölproduktion Russlands kräftig zurückgegangen und trägt zur Hälfte dazu bei, dass die OPEC
                                                           Plus, bei der Russland eine wichtige Rolle spielt, im April ihre Produktionsquote um 2,6 Mio. Barrel/Tag
                                                           verfehlt hat. Nigeria und Angola sind bereits seit einigen Monaten nicht in der Lage, die vereinbarten
                                                           Quoten zu erreichen, was mit fehlenden Investitionen in der Vergangenheit, Öl-Diebstahl und
                                                           Sicherheitsproblemen zu tun hat. In Kasachstan wiederum ist unter anderem eine Pipeline beschädigt,
                                                           die bis Mai weitgehend unbenutzbar bleiben könnte.
                                                         ▪ Allerdings wird momentan das globalen Angebot an Öl durch Russland offensichtlich weniger stark
                                                           beeinträchtigt, als die Produktionszahlen suggerieren. Denn laut Daten von Kpler hat Russland im April
                                                           6,8 Mio. Barrel/Tag via Tanker verschifft, was weniger ist als im Februar (7,4 Mio. Barrel/Tag), aber den
                                                           Produktionseinbruch nur teilweise widerspiegelt. Außerdem fließen weiterhin große Mengen an
                                                           russischem Öl durch die Pipelines in die EU. Wir rechnen mit einem baldigen Beschluss der EU, ab
                                                           2023 kein weiteres Öl mehr aus Russland zu importieren, so dass insgesamt zwei bis drei Mio.
                                                           Barrel/Tag kurzfristig dem Weltmarkt entzogen werden könnten.
                                                         ▪ Auf der Nachfrageseite macht sich die Konjunkturschwäche Chinas bemerkbar. Im April dürfte die
                                                           Wirtschaftsleistung in China geschrumpft sein, da in diesem Monat der PMI von S&P Global für den
                                                           Dienstleistungssektor auf 36 gefallen (die Expansionsgrenze liegt bei 50), die Industrieproduktion um
                                                           7,4 % MoM gesunken ist und auch die Exporte eingebrochen sind. Wir haben die Wachstumsprognose
                                                           für China auf 4,0 % abgesenkt und rechnen mit einer zeitweise sinkenden Nachfrage nach Öl.
                                                         ▪ Während der Ölpreis vor diesem Hintergrund zunächst noch auf 120 US-Dollar/Barrel steigen könnte,
                                                           erwarten wir bis zum Jahresende einen Preis von 110 US-Dollar/Barrel (Brent). Zu diesem Rückgang
                                                           leistet die Freigabe der strategischen Reserve der USA einen Beitrag. Außerdem haben die Fracker in
                                                           den USA ihren Output gesteigert. Dazu kommt, dass sich der Markt angesichts der neuen
                                                           Gegebenheiten zunächst „zurechtruckeln“ dürfte (neue Lieferwege, sowohl aus der Sicht der Länder,
                                                           die bisher von Russland beliefert wurden, als auch aus russischer Sicht).

21             Mai 2022          Finanzmarkttrends                      Marketingmitteilung
Ansprechpersonen

     Redaktion und Versand                                                                 Weitere Ansprechpersonen der Hamburg Commercial Bank

     Economics
                                                                                           Institutional & Liability Sales
     Dr. Cyrus de la Rubia                        Christian Eggers
     Chefvolkswirt                                Senior FX Trader                         Thomas Benthien
     Tel.: +49 176 90180792                       Tel.: +49 171 8493460                    Tel.: +49 151 14833046
     E-Mail: cyrus.delarubia@hcob-bank.com        E-Mail: christian.eggers@hcob-bank.com
                                                                                           Corporate Treasury Sales
     Norman Liebke                                Tariq Chaudhry
     Junior Economist                             Junior Economist                         Fritz Bedbur
     Tel.: +49 171 5466753                        Tel.: +49 171 9159096                    Tel.: +49 151 14651131
     E-Mail: norman.liebke@hcob-bank.com          E-Mail: tariq.chaudhry@hcob-bank.com
                                                                                           Boris Gettkowski
                                                                                           Tel.: +49 175 2281619

                                                                                           Syndicate & Credit Solutions

                                                                                           Tim Boltzen
                                                                                           Tel.: +49 151 15244845

     Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 23. Mai 2022

     Gerhart-Hauptmann-Platz 50, 20095 Hamburg, Telefon 040-3333-0

22                      Mai 2022                      Finanzmarkttrends                        Marketingmitteilung
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23                       Mai 2022                      Finanzmarkttrends                                    Marketingmitteilung
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