FIT FÜR DIE ZUKUNFT Ressourceneffizienz in Produktionsprozessen - Redaktions Netzwerk Hessen Agentur
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technologieland-hessen.de FIT FÜR DIE ZUKUNFT Ressourceneffizienz in Produktionsprozessen Foto: Gregor Schuster
WISSEN FÜR DIE WIRTSCHAFT VON MORGEN Produktionsabläufe immer wieder zu überdenken, neu zu bewerten und zu optimieren, das zeichnet clevere Unternehmen aus. Aber mehr und mehr geht es dabei nicht nur um die Suche nach ökonomischer Effizienz, sondern ebenso sehr auch um die Wahrnehmung ökologischer Verantwortung. Schließlich wissen wir alle: Die meisten Rohstoffe sind endlich, die Erderwärmung beschleunigt sich und die Zeit zum Erreichen unserer Klimaziele verrinnt. Das von uns geförderte Transferprojekt „ArePron“ hat auf- gezeigt, wie Unternehmen mit einer standortübergreifenden Vernetzung von Produktionssystemen Ressourcen und damit Kosten einsparen können. Das Projektteam hat dazu konkrete Hilfestellungen erarbeitet, Unternehmen beraten und wichtige Anstöße vermittelt. Gute Ideen in die Praxis umzusetzen mag mitunter erst einmal Zeit und Geld kosten, aber die Investitionen zahlen sich aus. Ich wünsche mir, dass wir Ihnen mit dieser Broschüre Impulse für Ihre tägliche Arbeit an die Hand geben können. Ihr Tarek Al-Wazir Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Foto: HMWEVW - Oliver Rüther 2 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – VORWORT UND INHALTSVERZEICHNIS
S. 04 RESSOURCEN- EFFIZIENZ Machen Sie sich mit dem Thema, interessanten Daten und gesetzlichen Rahmenbedingungen vertraut. S. 16 AREPRON – EIN TRANSFERPROJEKT DER TU DARMSTADT Lernen Sie das „Agile ressourcen- effiziente Produktionsnetzwerk“ kennen. S. 22 TRANSPARENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN Erfahren Sie die Grundlagen zur Erhöhung von Transparenz in Ihrer Produktion. S. 38 RESSOURCENORIENTIERTE ANALYSE & BEWERTUNG Alles, was Sie zur genauen Analyse von Produktionsnetzwerken wissen sollten. S. 56 UMSETZUNG VON RESSOURCENEFFIZIENZ- MASSNAHMEN Lassen Sie sich inspirieren von konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz. S. 62 FÖRDER- UND BERATUNGS- MÖGLICHKEITEN Erfahren Sie, wie Ihr ressourcen- effizientes Investitionsprojekt gefördert werden kann. S. 68 LITERATURVERZEICHNIS UND IMPRESSUM 3
RESSOURCEN- EFFIZIENZ Wertvolle Ressourcen schon heute effizient einsetzen, um unser Klima von morgen nachhaltig zu schützen. Es ist nie zu spät, fangen wir an ... WAS IST RESSOURCEN- S. 06 EFFIZIENZ? ZAHLEN. DATEN. FAKTEN. S. 08 KLIMASCHUTZ UND S. 10 RESSOURCENEFFIZIENZ CARBON ACCOUNTING – S. 13 BASIS FÜR UNTER- NEHMERISCHEN KLIMASCHUTZ HEMMNISSE, NUTZEN UND S. 14 CHANCEN VON ENERGIE- UND Foto: SiNeeKan/Shutterstock RESSOURCENEFFIZIENZ- MASSNAHMEN 5
WAS IST RESSOURCEN- EFFIZIENZ? Unter dem Begriff „Ressourceneffizienz“ wird nach Definition der VDI-Richtlinie 4800 das „Verhältnis eines bestimmten Nutzens oder Ergebnisses zum dafür nötigen Ressourcen einsatz“ verstanden (VDI 4800-1:2016). Der Begriff „Ressourcen“ kann dabei prinzipiell sowohl für die betrieblich materiellen als auch für die natürlichen Ressourcen stehen. Die Er- fassung der betrieblich materiellen Ressourcen stellt immer die notwendige Datengrundlage für die Ermittlung des Verbrauchs der natürlichen Ressourcen dar. Welche Maschine verbraucht den meisten Strom in meiner Betriebsstätte? Welche Transportwege legt ein Bauteil innerhalb meiner Betriebsstätte zurück? Sind Betriebsmittel und Produktionsprozess zukunftsfähig? Und was passiert eigentlich mit dem Produktionsabfall? DER BEGRIFF RESSOURCE ... Know-how und Zeit angesehen. Eine betriebliche Res- source kann damit materieller oder immaterieller Art … wird sowohl für natürliche als auch betriebliche Res- sein. Die Schnittmenge zwischen natürlichen und be- sourcen verwendet. Der Begriff der natürlichen Ressour- trieblichen Ressourcen sind die materiellen Ressourcen, cen wurde in der europäischen Umweltpolitik geprägt also Materialien und Energie: So führt beispielsweise und umfasst sowohl Rohstoffe und Energie, die der Na- der Verbrauch von Strom im Betrieb zur Emission von tur entnommen werden, als auch die Beanspruchung Kohlendioxid im Kraftwerk. Dieses trägt dazu bei, die der natürlichen Umwelt durch Flächennutzung oder als Senkenfunktion der Atmosphäre zu übernutzen, wo- Schadstoffsenke zur Aufnahme von Emissionen (Wasser, durch ein Anstieg der Temperatur und damit der Klima- Boden, Luft). Aus Sicht eines Unternehmens werden als wandel verursacht werden. Ressourcen Betriebsstoffe, Werkstoffe, Kapital, Personal, 6 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 01 RESSOURCENEFFIZIENZ
CHECKLISTE: WER MATERIELLE KENNT NICHT RESSOURCEN BETRIEBLICHE RESSOURCEN VERSCHWENDUNG? Rohstoffe, Materialien, Vorprodukte Ineffiziente Betriebsstoffe z. B. Verwendung von Druckluftschrauber statt Elektroschrauber; Wahl von ungeeigneten Reinigungs- Energie (elektrisch, oder Schmiermitteln thermisch, chemisch, ...) Überdimensionierung z. B. zu große Aggregate Druckluft Ineffiziente Technologieform z. B. veraltete Maschinen oder Aggregate Wasser Tipp: verschiedene Effizienzklassen bei Elektromotoren beachten Fläche / Boden Überproduktion z. B. Produktion überschüssiger Ressourcen; zu hohes Druckluftniveau im gesamten Unternehmen Emissionen Leerlaufverluste z. B. kontinuierlich laufende Förderbänder oder durch- gängig aktive Kühlschmierstoffpumpen (obwohl keine Teile oder Güter befördert bzw. produziert werden) Transport- und Übertragungsverluste z. B. lange, verwinkelte Leitungen, an denen häufig Leckagen auftreten (kontinuierliche Ressourcenverschwendung) Foto: irin-k/Shutterstock Überkapazität z. B. mehrere Kälteerzeuger an einer Maschine oder mehr Druckluftkompressoren als nötig Bei Produkten: wenn z. B. mehr Varianten gefertigt werden, als zur Kundenzufriedenheit benötigt werden Prozessverluste Der optimale Einsatz von Ressourcen in der Produktion z. B. Bauteile werden im Produktions- und Ver gewinnt in der Industrie immer mehr an Bedeutung. arbeitungsprozess mehrfach erwärmt und wieder Ideen und Lösungen für optimierte Prozesse sowie digi- abgekühlt; ungenügende Dämmung; fehlende tale Lösungen sind gefragt. Der stark ansteigende Roh- Ressourcenrückgewinnung stoffbedarf zwingt die Industrie schon heute zum Import zahlreicher Produkte. Dieser Kreislauf schafft global wirt- schaftliche und auch politische Abhängigkeiten. Um- weltschäden wie Wasserverschmutzung und zum Teil weit von europäischen Standards abweichende Arbeits- bedingungen in Ländern, aus denen die Rohstoffe im- portiert werden, sind nur exemplarische Beispiele für die wirtschaftlichen und ethischen Herausforderungen produzierender Unternehmen in Deutschland. 7
ZAHLEN. DATEN. FAKTEN. Leisten Sie einen Beitrag zum Klimaschutz und profitieren Sie von einer ressourcenschonenden und effizienten Produktion CO2-Ausstoß im letzten Jahrhundert 40.000 CO2-Ausstoß in Millionen Tonnen 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2019 (Abbildung nach Global Carbon Project 2019) GLOBALE ERDERWÄRMUNG: ARKTISCHES EIS: MEERESSPIEGEL: + 1°C – 35,9 % + 25 cm ANSTIEG SEIT 1880 TEMPERATURANSTIEG GEGEN- VERLUST GEGENÜBER DEM Niedrig gelegene Staaten ÜBER DER VORINDUSTRIELLEN HISTORISCHEN DURCHSCHNITT sind durch den Meeresspiegel- ZEIT – TENDENZ STEIGEND! anstieg existenziell bedroht. Im Pariser Klimaabkommen haben sich die Länder das Ziel gesetzt, den globalen Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 °C zu begrenzen. CO2-KOSTEN ZERTIFIK ATSPREIS FÜR BRENNSTOFFE JE TONNE CO 2 Diese Preisentwicklung führt bis 2025 unter anderem zu einer Preiserhöhung um 15 Cent/Liter für 25 55 55–65 Dieselkraftstoffe bzw. 13 Cent/Liter für Superbenzin € € € (DEHSt 2020). Ab 2021 Ab 2025 Ab 2026 8 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 01 RESSOURCENEFFIZIENZ
POLITISCH MOTIVIERTE AUFFORDERUNG DURCH DEN „GREEN DEAL – KLIMANEUTRALITÄT BIS 2050 IN EUROPA“: HIER MUSS DIE INDUSTRIE EINEN GROSSEN ANTEIL LEISTEN. STROMVERBRAUCH IN ANTEIL DER MATERIALKOSTEN DEUTSCHLAND NACH SEKTOREN: IM VERARBEITENDEN GEWERBE: ~43 % 24,6 % * Haushalte 45,7 % INDUSTRIE DER GESAMTKOSTEN * betrifft Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, 56 % Materialeinsatz inkl. eingesetzte Handelswaren 27,4 % (Darstellung nach Statistisches Bundesamt 2019) Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 2,3 % Verkehr KOSTEN SPAREN POTENZIALE ZUR CO2-SENKUNG ERKENNEN RELEVANZ DER RESSOURCENEFFIZIENZ FÜR UNTERNEHMEN DES PRODUZIERENDEN GEWERBES Kostensenkung 87 % Wettbewerbsvorteil 72 % Image und Werbemöglichkeiten 53 % Technologievorsprung/ 49 % Innovativität (Öko-Innovationen) Versorgungssicherheit 28 % Sonstiges 11 % keine Angabe 4% (Abbildung nach Erhardt und Pastewski 2010) 9
„Der CO -Fußabdruck wird in der künftigen Produktion eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. Die Schaffung von Transparenz auf Maschinen- und Produktebene in der gesamten Fertigungskette ist hierbei der Grundstein für eine energieeffiziente, aber auch flexible Produktion. Die Ergebnisse aus »ArePron« werden sich für DATRON und produzierende Unternehmen als zukunftsweisend zeigen, dessen bin ich mir sicher.“ Dr.-Ing. Robert Rost, Foto: DATRON AG CTO der DATRON AG 10 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 01 RESSOURCENEFFIZIENZ
Foto: Andriano/Shutterstock KLIMASCHUTZ UND RESSOURCENEFFIZIENZ Der Klimaschutz von heute dient unserer gemeinsamen Zukunft. Innerhalb der Thematik Ressourcen- effizienz hat der Aspekt des Klima- schutzes eine besondere Aktualität gewonnen. KLIMAGASE/TREIBHAUSGASE/ CO2-ÄQUIVALENTE Treibhausgase (THG), umgangssprachlich auch Klimagase genannt, tragen durch Absorption von Infrarotstrahlung zur Erwärmung der Erd- atmosphäre bei. Diese Eigenschaft haben viele Substanzen, die teils natürlich vorkommen, teils durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre gelangen. Im Kyoto-Protokoll werden sechs – seit 2015 sieben – Klimagase genannt: • Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Der „Green Deal“ der EU und die deutsche Klimapolitik Lachgas (N2O), haben das Ziel der Klimaneutralität formuliert. Was • fluorierte Treibhausgase (F-Gase) bedeutet das für Ihre tägliche Arbeit als Unternehmer? Das Ziel der Klimaneutralität erfordert, Klimagase zu er- – HFKW (wasserstoffhaltige Fluorkohlen fassen und Maßnahmen zu deren Verringerung zu ergrei- wasserstoffe) fen, sowie ggf. nicht vermeidbare Emissionen zu kom- – PFC (perfluorierte Kohlenwasserstoffe) pensieren. Jedes Unternehmen muss sich daher heute • SF6 (Schwefelhexafluorid) mit der Bilanzierung seiner Treibhausgasemissionen und • seit 2015 zusätzlich NF3 (Stickstofftrifluorid) deren Management auseinandersetzen. Die in diesem Treibhausgase können in Bezug auf ihre Kli- Leitfaden vorgestellten Instrumente unterstützen Sie, die mawirksamkeit mit der Referenzsubstanz CO2 geforderten Ziele umzusetzen. verglichen werden, indem sie in sogenannte CO2-Äquivalente (CO2-eq.) umgerechnet wer- den. Das Treibhausgaspotenzial von Methan ist auf 100 Jahre bezogen beispielsweise 25 Mal höher als das von Kohlendioxid. Das heißt: 1 gCO = 1 gCO und 1 gCH = 25 gCO 2 2 – eq. 4 2 – eq. 11
3 GRÜNDE, warum Treibhausgasemissionen relevant für Unternehmen sind 1 KLIMASCHUTZ ALS Das Carbon Disclosure Projekt (CDP) ist eine gemeinnützige Organisation, die GESELLSCHAFTLICHE mit dem Global Disclosure System In- VERANTWORTUNG vestoren, Unternehmen und anderen Wir alle sehen und spüren es: Die zunehmende Häu- Organisationen die Möglichkeit bietet, figkeit von Wetter-Extremereignissen wie ansteigende ihre Emissionen transparent zu erfas- Temperaturen, Überschwemmungen oder Stürme ma- sen, zu dokumentieren und zu berichten. chen den Klimawandel real deutlich. Damit wird die In einem jährlichen Ranking bewertet CDP die von Frage drängender, wie jedes einzelne Unternehmen zur Unternehmen vorgelegten Berichte. Unternehmen, Minderung des Klimawandels beitragen kann. Kritische die als „CDP High Performer“ hinsichtlich ihrer Klima- Nachfragen, die von Klimaschutzbewegungen, Kunden anstrengungen gelten, erzielen sowohl mittel- als auch oder Stakeholdern zum Thema Klimaschutz oder dem langfristig höhere Renditen als der Gesamtmarkt (CDP Umgang mit wertvollen Ressourcen aufgeworfen wer- 2017). den, sollten KMUs transparent beantworten können. Dazu zählen unter anderem: „Welche Mengen CO2 wer- 3 den bei Produktion und Transport von Waren ausgesto- ßen? Sind auch Lieferketten und Subunternehmer an KLIMASCHUTZ die Grundsätze gebunden?“ UND KOSTEN Neben der freiwilligen Berichterstattung sind Unter Treibhausgasemissionen werden in Zukunft nehmen von öffentlichem Interesse dazu verpflichtet, zunehmend ein relevanter Kostenfaktor: ob durch den im Rahmen des nicht finanziellen Teils der CSR- europäischen Emissionshandel (EU-ETS), der bereits Berichterstattung (Corporate Social Responsibility) die Energiewirtschaft und die energieintensive Indus- unter anderem ihre Treibhausgas(THG)-Emissionen zu trie betrifft, oder über den im Januar 2021 angelaufe- veröffentlichen. Auch von Seiten der Politik werden nen nationalen Emissionshandel (nEHS), der eine CO2- immer mehr unternehmensbezogene Förderprogramme Bepreisung von Brennstoffen wie Benzin, Diesel, Heizöl, an den Nachweis der Reduzierung von THG-Emissionen Flüssiggas, Erdgas und Kohle innerhalb Deutschlands gekoppelt. Dadurch kann zukünftig eine fehlende einführt. Dementsprechend wirken sich CO2-Zertifikat- Erfassung von Ressourcen- und Treibhausgasen auch kosten durch steigende Brennstoffpreise negativ in der für KMU zu Wettbewerbsnachteilen führen. Unternehmensbilanz aus. Dadurch spielt ab 2021 die Kohlendioxidintensität der eingesetzten Brennstoffe erstmals eine preislich bemessbare Rolle im unterneh- merischen Rechnungswesen. 2 KLIMASCHUTZ UND UNTERNEHMENSERFOLG Klimaschutzprogramme von Unternehmen gelten als zunehmend relevant für die Marktbewer- tung von Unternehmen durch Investoren (Busch et al. 2020). Studien ergaben, dass ein Zusammenhang zwi- schen dem Börsenwert eines Unternehmens und einer freiwilligen transparenten CO2- sowie Treibhausgas- Emissionsberichterstattung besteht. Die Erstellung ei- ner Klimabilanz kann sich somit positiv auf den Unter- nehmenserfolg auswirken (EHA 2020). Immer mehr Un- ternehmen machen CO2 deshalb zum „Key Performance Indicator“ (KPI), unter anderem BASF SE, SAP oder Hei- delbergCement AG (CDP 2020). Aber auch für Banken spielt der CO2-KPI zunehmend eine Rolle bei Investi- tionsentscheidungen, sie nutzen Klimakennzahlen als Zukunftsindikatoren im Portfoliomanagement (Grudde et al. 2020). 12 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 01 RESSOURCENEFFIZIENZ
CARBON ACCOUNTING – BASIS FÜR UNTERNEHMERISCHEN KLIMASCHUTZ CO2 CH4 N2O HFCs PFCs SF6 purchased electricity, steam, CO2 CH4 purchasedN 2O electricity, steam, HFKW PFC SFheating 6 & cooling for own use CO2 CH4 heating N PFCs O & 2cooling for own HFCs use SF6 CO2 CH4 N2Opurchased electricity, HFCs steam, PFCs SF CO2 CH4 CO2 CO2N2O CH4 CHHFCs N2O N2O PFCsHFCselectricity, SF6 PFCs PFCs SF66 4 & cooling forHFCs heatingpurchased own usesteam, SF6 CO2 CH4 N2O HFCs PFCs SF 6 CO2 Scope CH 4 2 N2Oheating &Scope cooling for own use HFCs 1 PFCs transportation SFand 6 distribution processing of sold products CO2 CH4 CO2 N2O CH4 HFCs N2O PFCs HFCs SF6 PFCs SF6 INDIREKT DIREKT CO2 CHpurchased 4 N2O steam, company electricity, HFCs PFCs SF6 processing of transportation purchased electricity, steam, heating & cooling for own use facilities purchased transportation capital and distribution soldfuel processing and products of heating & cooling for own use purchased capital fuel and goods and and distribution goods energysold products related CO2 CH4 Ngoods 2O and HFCs goods PFCs energy related SF6 services activities company services purchased electricity, steam, activities facilitiescompany CO2 CH4 purchased N2Osteam, HFCs electricity, PFCs SF6 transportation processing of heating heating &&cooling cooling forown purchased own use capital fuel and facilities purchased electricity, steam, for goods and use purchased Scope 3 goods capital energy transportation fuel related and and distribution processing of sold products end-of-life and distribution treatment of products Scope 3 use of sold sold products purchased purchased electricity, steam, & electricity, services steam, goods and goods activities energy related transportation waste business heatingpurchased cooling for own use electricity, INDIREKT steam, services business activities sold products and distribution generated in INDIREKT travel heating & cooling for ownheating use & purchased cooling heating & for own use transportation electricity, cooling for own waste steam, use company and distribution company generated travel end-of-life operations use of sold purchased heating &electricity, cooling for own use in steam, facilities transportation processing of end-of-life use of sold purchased electricity, steam, purchased facilities operations capital fuel and transportation processing of treatment of products purchased electricity, steam, heating & cooling for own use company Bezogene and and distribution distribution sold sold products products treatment sold products of products heating & cooling forWaren capital & cooling own use heating fuel forand own use goods and waste goods business transportation purchased electricity, steam, energy related vehicles transportation processing of und Dienstleistungen goods energy related services generated activities sold products transportation and distribution heating & cooling for own use waste in transportation travel business processing Transport andof distribution processing sold of products activities transportation processing of and distribution operations andgenerated company distribution incompany travel und Vertrieb sold products sold products transportation processing Bezogene Elektrizität, and distribution company sold productsof end-of-life use of sold operationsfacilities facilities transportation processing employee of leasedtreatment assets purchased electricity, steam, Dampf, Heizung und Kühlung purchasedfür den Eigenbedarf capital fuel and company end-of-life and use distribution of sold vehicles company sold products of Investitionen products purchased heating & cooling for own use capital employee company fuel and Geleaste Objekte transportation company processing of investments treatment of transportationand processing distribution ofsold commuting products products vehicles leased assets sold franchises products goodsand and goods energy related facilities Firmen- goods goods commuting transportation energy related and distribution waste sold facilities products business and distribution sold products sold products purchased services capital businessfacilities fuel andactivities company einrichtungen transportation processing of transportation waste and distribution generated in travel purchased goods services Investitions-purchasedfuel and capital and purchased goods capitalenergy fuel and activities related fuel and company facilities transportation processing of and distribution sold products and distribution generated ingoods travelenergy related operations goods and güter goods and energy services related purchased goods and company employee capital activities goods energy fuel andleased related company assets and distribution investments facilities sold products end-of-life company use of sold leased assets Franchises operations servicespurchased company end-of-life use of sold leased assets services activities goods and services goodsactivities capital facilities commuting Pendeln fuel energyandrelated activities leased assets der facilities transportation investmentsVerarbeitung treatment of vehiclesproducts franchises company vehicles company end-of-life treatment use of of sold products purchased capital purchased goods Brennstoff- und services capital and goods fuel and energy Mitarbeiter related activities and distribution der verkauften sold products business facilities facilities end-of-life use of sold goods and goods goods andtransportation energiebezogene servicesgoodscapital waste purchased energy fuelrelated and activities end-of-life use of soldtreatment Produkte of sold products end-of-life products use of sold transportation waste purchased business capital fuel and services services and Aktivitätengoodsdistribution and generated goods in related travel activities energy Geschäfts-company treatment of productstreatment sold productstreatment ofproductsproducts of end-of-life use of sold transportationdistribution waste andservices generated operationsgoods and in activities goods travel soldenergy related products sold products end-of-life use products of sold business employee leased assetsFirmen- investments sold treatment products of Geleaste Objekte franchises transportation wastetransportation and distribution business transportation waste generated in operations services waste reisen facilities businessend-of-life activities Verwendung employee leased assets investments commuting use of sold company leased end-of-life end-of-life assets use of sold treatment sold franchisesof products products and distribution generated purchased andindistribution capital travel generated Transport undfuel and operations in wasteintravel business fahrzeuge commuting and distribution generated travel treatment of company products treatment of treatment of sold products products der verkauften goods andoperations goods transportation operations energy related Vertrieb Imgenerated Betrieb companyin business travel vehicles Verwertung der use of sold waste operations company sold products sold products Produkte transportation business sold products vehiclescompany products services transportation waste business verkauften Produkte transportation waste businessand and distribution distribution anfallende activities generated inoperations vehicles travel Abfälle travel vehicles vehicles company and distribution generated in and distribution travel generated in operations travel am Ende ihrer Lebensdauer transportation wastecompany company business vehicles use of sold operations employee operations leased assets investments vehicles end-of-life leased assets franchises commuting company and distribution generated incompany travel vehicles treatment of products employeeemployee leased leasedvehicles assets assets investments operations vehicles assetsleased assets franchises employeetransportation Vorgelagerte leased assetsemployeecommuting waste commuting investments Aktivitäten leasedbusiness assets investments investments Berichtende Unternehmen leased assets sold products franchises leased company leased assets Nachgelagerte franchises franchisesfranchises Aktivitäten employee leased assets investments vehicles leased assets commutingand distribution commuting generatedemployee in employee commuting travel leased assets investments leased assets investments leased assets franchises leased assets franchises Darstellung der Scopes der THG-Berichterstattung (Abbildung nach World Resource Institute 2021) Zur Beurteilung der unternehmerischen Carbon Perfor- mance – also der Leistungsermittlung im Klimaschutz SCOPE 1 umfasst ausschließlich direkte – wird das sogenannte Carbon Accounting eingesetzt. Emissionsquellen innerhalb des Unternehmens Dies ist der Überbegriff für unternehmerische Werkzeu- (z. B. Fahrzeugflotte oder selbst erzeugter Strom). ge von der rein physikalischen Erhebung von Treibhaus- gasen bis zur zusätzlichen monetären Bewertung von SCOPE 2 beinhaltet alle energiebedingten Klimawirkungen (Günther und Stechemesser 2010). Das indirekten Emissionen, die durch die Erzeugung der Carbon Accounting kann sich an verschiedenen interna- unternehmensintern genutzten Energie entstehen tionalen und nationalen Richtlinien orientieren, u. a. an (z. B. beim Strom- oder Wärmeverbrauch). den Standards der Global Reporting Initiative (GRI), des Carbon Disclosure Projekts (CDP), der Science Based Tar- get initiative (SBTi) oder der Deutschen Vereinigung für SCOPE 3 erfasst alle indirekten Emissionen, die Finanzanalyse und Asset Management (DVFA). Ein weit durch die jeweilige Unternehmenstätigkeit verursacht verbreiteter Standard zur Bestimmung von Treibhausgas- werden. Das beinhaltet auch solche, die nicht unter emissionen auf Unternehmensebene stellt die Green- der direkten Kontrolle des Unternehmens stehen house Gas Protocol Initiative in Form des „Greenhouse (z. B. verursacht durch Zulieferer oder Dienstleister). Gas Protocol“ (GHG-Protokoll) zur Verfügung. Darin wird die Treibhausgasberichterstattung je nach unterneh- mensintern festgelegtem Umfang der erfassten Emissi- onen in drei Betrachtungsrahmen – sogenannte Scopes – unterteilt, die im GHG-Protokoll definiert sind. 13
HEMMNISSE, NUTZEN UND CHANCEN VON ENERGIE- UND RESSOURCEN- EFFIZIENZ-MASSNAHMEN Es gibt zahlreiche Gründe, sich intensiv mit dem Energie- und Ressourcenbedarf von Produktions- und Versorgungsanlagen auseinanderzusetzen. HEMMNISSE NUTZEN Energie- und Ressourceneffizienz ist nach Steigerung der Ressourcen- und Energie wie vor ein Randthema, welches oft neben effizienz wirkt sich in vielerlei Hinsicht den typischen Produktionszielgrößen positiv auf das Unternehmen und seine (Zeit, Kosten, Qualität) vergessen wird. Angestellten aus. Energie- und Produktionssysteme sind meist Steigerung der Wirtschaftlichkeit durch komplex und eine Optimierung erfordert reduzierte Energie- bzw. Materialkosten. interdisziplinäres Systemverständnis, was nicht per se vorausgesetzt werden kann. Durch Demand-Side-Management kann ein No Data – trotz fortschreitender Digitalisie- Unternehmen von günstigeren Strompreisen rung in der Produktion gibt es zahlreiche profitieren (bspw. durch Lastspitzenglättung). Maschinen, die über keine datentechnischen Schnittstellen verfügen. Dies erschwert Die Überwachung und Regelung der automatisierte Prozessanalysen. Power Quality verhindert unerklärbare Maschinenausfälle. Oft werden Ressourcen-, Abfall- und Ener- giekosten als Gemeinkosten veranschlagt Zur systematischen Verankerung von und nicht auf die entsprechenden Abteilun- Nachhaltigkeit und Umweltschutz gen und Produktionsbereiche umgelegt, in der Unternehmenskultur kann ein Ener- was die Motivation zur Umsetzung von giemanagementsystem genutzt werden. Effizienzmaßnahmen seitens der Ein grünes Firmenimage führt zu einer Produktionsverantwortlichen senkt. steigenden Motivation unter den Angestell- ten und zu einer erhöhten Kaufbereitschaft beim Kunden. Auch der gesellschaftliche Nutzen bspw. mit Blick auf den Klimawandel steht im Vordergrund. CHANCEN Externe Beratung kann beim Verständnis und der Optimierung von komplexen Produktionssystemen helfen und auch auf passende Fördermöglichkeiten hinweisen. Big Data und die Verfügbarkeit immer größerer Mengen an Produktionsdaten stellen produzierende Unternehmen vor neue Herausforderungen, bieten aber gleichzeitig zahlreiche Chancen, wie bspw. die Nutzung eines automatisierten Stand-by-Managements oder die Berechnung einer kosten- bzw. ressourcenoptimierten Prozessführung. Förder- und Beratungsangebote können die Umsetzung von Effizienzmaßnahmen unterstützen. 14 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 01 RESSOURCENEFFIZIENZ
„Das ArePron-Projekt und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind von hoher Relevanz für die Ziele der Nachhaltigkeit, für unsere Umwelt und für die kommenden Generationen. Hervorzuheben ist der methodische, offene und holistische Ansatz.“ Siegfried Wagner, Geschäftsführer in-integrierte informationssysteme GmbH Foto: Jakob Maul GmbH 15
16 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 02 AREPRON – EIN TRANSFERPROJEKT DER TU DARMSTADT
Foto: Fotolia | Kalinovsky Dmitry AREPRON – EIN TRANSFER- PROJEKT DER TU DARMSTADT Spannende Einblicke und Erkenntnisse aus den wissenschaft lichen Musterfabriken (CiP* und ETA**) geben zukunftsweisende Ausblicke für die tägliche Arbeit in Unternehmen. LERNEN SIE AREPRON KENNEN S. 18 * Prozesslernfabrik CiP (Center für industrielle Produktivität) ** ETA-Fabrik (interdisziplinäre Forschungsgruppe ETA = Energietechnologien und Anwendungen in der Produktion) 17
LERNEN SIE AREPRON KENNEN AREPRON = Agiles ressourceneffizientes Produktionsnetzwerk Wie können Unternehmen ihre Ressourcen effizient einsetzen, Produktionssysteme intelligent und standortübergreifend vernetzen? Welche Technologien im Zeitalter der Digitalisierung können helfen, Kosten zu senken und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens zu reduzieren? Das ArePron- Projekt zeigt die vielfältigen Möglichkeiten auf, Ressourceneffizienz durch eine intelligente standortübergreifende Vernetzung von Produktionssystemen zu steigern. 18 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 02 AREPRON – EIN TRANSFERPROJEKT DER TU DARMSTADT
SIE WOLLEN MEHR ÜBER AREPRON ERFAHREN? Weitere Informationen über die Angebote der drei an ArePron beteiligten Institute der TU Darmstadt finden Sie auf den jeweiligen Web seiten. Erleben Sie, welche ökologischen und ökonomischen Auswirkungen die Optimierung von Produktionsprozessen auch auf Ihr Unter- nehmen haben kann: MEHR ERFAHREN www.ArePron.com Institut für Produktions management, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) www.ptw.tu-darmstadt.de Fachgebiet Stoffstrom management und Ressourcenwirtschaft www.iwar.tu-darmstadt.de/sur/ fg_sr/startseite_4/index.de.jsp Fachgebiet Foto: Gregor Schuster Datenverarbeitung in der Konstruktion www.dik.tu-darmstadt.de Foto: Sibylle Scheibner Das gefertigte Produkt „Kugellabyrinth“ im Projekt „ArePron“: ein klassisches Zerspanungsbauteil, das alle Stationen einer typischen industriellen Prozesskette für solche Teile durchläuft. 19
PRODUKTIONS- NETZWERK AUS 10 MASCHINEN PROZESS- LERNFABRIK CiP 6 SÄGEN: PRODUKTIONS- SCHRITTE ZUSCHNITT VON ROHTEILEN DREHEN FRÄSEN FABRIK ETA Zwei Fabriken, zehn Maschinen, sechs Produktionsschritte und ein ganzes Team von Wissenschaftlern: Die beiden Fertigungsstrecken in den Lernfabriken CiP* und ETA** an der TU Darmstadt bilden die Plattform für das wissenschaftliche Transferprojekt ArePron. Hier werden die typischen Fertigungsprozesse eines Zerspanungsbauteils überwacht, dokumentiert und optimiert. 20 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 02 AREPRON – EIN TRANSFERPROJEKT DER TU DARMSTADT
Fotos: Gregor Schuster LASER- REINIGEN BESCHRIFTEN HÄRTEN Neue Wege gehen, um natürliche Ressourcen effizient Produziert wird ein Kugellabyrinth, das verschiedene zu schonen, Prozesse zu optimieren und dem wachsen- Produktionspfade mit unterschiedlichen Maschinen den Umweltbewusstsein der Gesellschaft gerecht zu durchlaufen kann. Jedes Bauteil und jeder Produktions- werden. Wissenschaftler der TU Darmstadt haben ein schritt werden genau analysiert. Dokumentiert werden agiles ressourceneffizientes Produktionsnetzwerk – Are- neben dem Verbrauch von natürlichen Ressourcen Pron – ins Leben gerufen. Gefördert wurde es durch das (u. a. Rohstoffe) auch der Einsatz von Betriebsmitteln. Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr Mit Hilfe der Daten aus der Musterfabrik lässt sich eine und Wohnen sowie durch den Europäischen Fonds für agile und effiziente Produktionsplanung und -steuerung regionale Entwicklung (EFRE). realisieren. Grundlage des Projekts ist ein Produktionsnetzwerk zwi- Die Erhebung der relevanten Daten zum Verbrauch schen der Prozesslernfabrik CiP und der ETA-Fabrik auf von Ressourcen entlang des Produktionsprozesses ist dem Campus Lichtwiese der TU Darmstadt. der erste wichtige Schritt, um Optimierungspotenziale zu erkennen. * Prozesslernfabrik CiP (Center für industrielle Produktivität) ** ETA-Fabrik (interdisziplinäre Forschungsgruppe ETA = Energietechnologien und Anwendungen in der Produktion) 21
22 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 03 TRANSPARENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN
Foto: Vintage Tone/Shutterstock TRANSPARENZ IN PRODUKTIONS- PROZESSEN Daten sind Macht. Wissen zur Erhebung, Auswertung und Speiche- rung von relevanten Unternehmens- daten ist die Grundlage für erfolg reiche Veränderungsprozesse. METHODIK ZUR SYSTEMATISCHEN S. 24 TRANSPARENZSCHAFFUNG IN 3 SCHRITTEN SYSTEMATISCH S. 26 ZU MEHR TRANSPARENZ 1G robanalyse auf Unternehmens- und Maschinenebene 2F einanalyse auf Maschinen- S. 28 und Prozessebene Datenerfassung S. 29 3Ü bertragung auf Produktebene – Trace S. 32 ability-Systeme zur Transparenzschaffung TRACEABILITY BEI AREPRON S. 34 „WENN MASCHINEN S. 36 SICH VERNETZEN“ IoT- UND PLATTFORMLÖSUNGEN 23
„Der erste Schritt zu einer ressourcen- effizienten oder gar klimaneutralen Produktion beginnt immer mit der Transparenzschaffung. Hierbei können uns die Werkzeuge, die uns die Digitalisierung bietet, stark unter- stützen. Am Ende braucht es aber den Mut zur Umsetzung und kluge Köpfe, die den Transformations- prozess begleiten.“ Dr.-Ing. Philipp Schraml, Geschäftsführer, ETA-Solutions GmbH Foto: ETA-Solutions GmbH 24 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 03 TRANSPARENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN
METHODIK ZUR SYSTEMATISCHEN TRANSPARENZSCHAFFUNG IN ENERGIE- UND RESSOURCENSTRÖMEN Transparente Energie- und Ressourcenflüsse sind die Grundlage für Effizienz bewertungen. Hierbei können zwei Herangehensweisen unterschieden werden. Unternehmens- TOP-DOWN- ebene BOTTOM-UP- ANSATZ Gebäude- ANSATZ ebene Produktionslinien- ebene Maschinen- und Prozessebene Beim Top-Down-Ansatz wird die Transparenz von Ener- Beim Bottom-Up-Ansatz werden die Energie- und Res- gie- und Ressourcenströmen innerhalb der Fabrik von sourcenflüsse auf Maschinenebene erfasst und dann der Unternehmensebene hin zur Maschinen- und Pro- auf Produktionslinien- und Fabrikebene hochgerechnet. zessebene sukzessive gesteigert. Jedoch können die VORTEIL: Identifizierung von Effizienzpotenzia- Verbräuche nur selten auf einzelne Maschinen oder Pro- len auf Maschinenebene (bspw. eine Optimie- duktionsprozesse umgelegt werden, sogenannte „blin- rung des Produktionsablaufplans oder die Einführung de Flecken“ sind weit verbreitet. eines Abschaltmanagements in Nicht-Produktivzeiten). VORTEIL: Geringer Aufwand, um Energie und NACHTEIL: Die Schaffung der Transparenz auf Ressourcen hinsichtlich Relevanz zu priorisieren. Maschinenebene ist aufwändig und kosteninten- Eine produktspezifische Kennzahl (z. B. CO2 pro Bau- siv. Daher ist diese Herangehensweise vor allem bei teil) kann grob abgeschätzt werden. kleinen und mittelständischen Unternehmen kaum ver- NACHTEIL: Transparenz auf Maschinenebene breitet. fehlt meist. WARUM NICHT BEIDES ? KOMBINIERTER ANSATZ SIE WÜNSCHEN SICH UNTERSTÜTZUNG? Um Effizienzpotenziale auf Maschinenebene frühzeitig Die unabhängige PIUS-Beratung des RKW Hessen abzuschätzen und gleichzeitig bereits installierte Sen- für hessische Unternehmen bietet eine umfas- sorik auf Fabrik- und Produktionslinienebene zu berück- sende Analyse aller betrieblichen Abläufe und sichtigen, wird in diesem Leitfaden ein kombinierter An- unterstützt Sie gern auch bei der Beantragung satz aus Top-Down- und Bottom-Up-Ansatz verwendet. von Förderprogrammen. Hierbei werden die genannten Vorgehensweisen um die Komponentenebene erweitert, da dies für viele Effizi- enzmaßnahmen wie beispielsweise den Austausch inef- fizienter Maschinenkomponenten oder die Implemen- MEHR ERFAHREN tierung eines Stand-by-Managements notwendig ist. www.rkw-hessen.de/beratungs- foerderung/hessen-pius.html 25
IN 3 SCHRITTEN SYSTEMATISCH ZU MEHR TRANSPARENZ Um den Nutzen der Transparenzschaffung frühzeitig sicherzustellen und Sensorik effizient zu implementieren, wird ein stufenweises Vorgehen zur energetischen und ressourcentechnischen Transparenzschaffung herangezogen. 1 GROBANALYSE auf Unternehmens- und Maschinenebene 2 FEINANALYSE auf Maschinen- und Prozessebene 3 ÜBERTRAGUNG auf Produktebene Darstellung des Vorgehens bei der energetischen und ressourcentechnischen Transparenzschaffung (angelehnt an Blesl und Kessler 2018) 1 GROBANALYSE AUF UNTERNEHMENS- UND MASCHINENEBENE WORUM GEHT ES? Mit einer Grobanalyse auf Unternehmens- und Ma- schinenebene werden die gesamtbetrieblichen Ener- WAS IST ZU TUN? Auf Unternehmensebene erfolgt die Erfassung von Energieträgern, Ressourcen und Abfällen, die von der Fabrik bezogen und entsorgt werden. Für die Ermittlung können Zählerablesungen und (Ener- gie-)Rechnungen, aber auch interne Unterzähler ge- nutzt werden. Die relevantesten Ressourcen und Ener- gieflüsse können so in einem ersten Schritt zumindest aus Kostensicht identifiziert werden. Zudem empfiehlt sich die Erstellung einer Dauerlinie auf Werksebene, um Einsparmöglichkeiten beim Leistungspreis abzuschät- gieströme und Produktionsprozesse erfasst. Das Ziel zen, welcher maßgeblich von der höchsten elektrischen besteht in der Identifizierung relevanter Ressourcenströ- Lastspitze abhängt (siehe „Analysetools“ auf Seite 28). me, ohne zeitaufwändige Messungen durchzuführen. Durch die Grobanalyse lässt sich eine erste Priorisierung von Bereichen und/oder Produktionsmaschinen vor- nehmen, die in einer anschließenden Feinanalyse ge- nauer untersucht werden sollen. 26 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 03 TRANSPARENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN
Foto: Just Life/Shutterstock KOSTENFREIE IMPULS- BERATUNG VOR ORT Sie möchten Kosten, Material UND Energie sparen? Die zweistündige Beratung des RKW Hessen unterstützt Sie, ungenutzte Potenziale zu ermitteln und gibt Hinweise zu Sofortmaßnahmen. MEHR ERFAHREN www.energieeffizienz-hessen.de/ beratungsfoerderung ABC-ANALYSE ODER ANLAGEN-VERBRAUCHSMATRIX? Für die Grobanalyse auf Maschinenebene emp- fiehlt sich die ABC-Analyse oder eine Anlagen- Verbrauchsmatrix, um relevante Energieträger zu identifizieren und Maßnahmen zu priorisieren. Beide Analysetools wurden ursprünglich für elektrische Energieverbraucher konzipiert, las- sen sich aber analog auf andere Energieträger wie beispielsweise Druckluft oder Erdgas erwei- tern. Über die Einbeziehung von CO2-Äquivalen- ten ist ebenfalls eine Priorisierung von Hilfs- und Betriebsstoffen möglich. Bei der ABC-Analyse werden die Verbraucher der Größe nach sortiert und in Gruppen, abhängig vom kumulierten Energiebedarf, einsortiert. Auf Maschinenebene erfolgt eine grobe Zuordnung des Ressourcenverbrauchs zu einzelnen Produktions anlagen. A Gruppe der Hauptverbraucher: 70 % der elektrischen Gesamtleistung Gruppe weiterer Verbraucher, Hierfür können Verbrauchsdaten aufwandsarm von Typenschildern, Elektro-, Fluid- und Pneumatikplänen sowie Wartungsplänen abgelesen werden. B die kumuliert mit Gruppe A 90 % der Gesamtleistung benötigen C • Fluidpläne geben Rückschluss auf die verwendeten Gruppe der Hilfs- und Betriebsstoffe (wie beispielsweise Hydraulik übrigen Kleinverbraucher öle) inkl. Füllmengen. • Pneumatikpläne beinhalten die geforderte Druckluft- Der Nachteil der ABC-Analyse ist, dass die qualität, mit Mindestvolumenstrom und -druck. Einschaltdauer der Anlagen nicht in die Betrach- • Wartungspläne geben Aufschluss über Wechselzyklen tung einfließt. von Hilfs- und Betriebsstoffen (z. B. Filter). Da die Laufzeiten der Produktionsmaschinen in • Auf Typenschildern und in Elektroplänen ist die An- der Regel bekannt sind, ist die Priorisierung wei- schlussleistung vermerkt, über die eine grobe Ab- terer Analysen über eine Anlagen-Verbrauchs- schätzung des elektrischen Energiebedarfs erfolgen matrix zu empfehlen. Hierbei werden die Pro- kann. Aber Achtung, der reale Energieverbrauch liegt duktionsanlagen nach Anschlussleistung und meist deutlich unter der Anschlussleistung. geschätzter Einschaltdauer unterteilt. Anlagen mit hoher Laufzeit und hohem Verbrauch (hier in Gruppe A) sollten als erstes für Messungen und weitere Betrachtungen herangezogen werden. 27
Foto: Gregor Schuster 2 WORUM GEHT ES? FEINANALYSE AUF MASCHINEN- UND PROZESSEBENE Mit einer Feinanalyse auf Maschinen- bzw. Prozessebene werden kontinuierlich fließende Produktionsressourcen WELCHE TOOLS GIBT ES? Analysetools, die hierfür zum Einsatz kommen, sind z. B.: • Eine mit realen Messwerten überarbeitete ABC- wie Druckluft, Prozessgase oder elektrische Energie für Analyse bzw. Anlagen-Verbrauchsmatrix zur Priorisie- relevante Maschinen und Anlagen weiter messtechnisch rung der Produktionsmaschinen nach ihrem realen detailliert. Um die Kosten dieses Schrittes gering zu hal- Verbrauch. ten, erfolgt die Feinanalyse vorwiegend über temporäre • Mit Sankey-Diagrammen können Energie- und und mobile Messgeräte. Wenn ein dauerhaftes Monito- Ressourcenflüsse innerhalb einer Fabrik visualisiert ring erwünscht ist, können stationär verbaute Sensorik werden (siehe Abbildung auf Seite 42). oder virtuelle Messstellen implementiert werden. • Das Potenzial zur Lastspitzenglättung kann sowohl auf Unternehmensebene als auch auf Maschinen- und WIE FUNKTIONIERT ES? Prozessebene über Dauerlinien bestimmt werden. Der Unterschied zur Grobanalyse besteht darin, dass Hierfür wird der zeitliche Anteil des Energiebedarfs bei der Feinanalyse der reale Energie- und Ressourcen- einer Anlage auf der X-Achse über den Energiebedarf bedarf auf Maschinenebene vermessen wird, wodurch (bspw. für den Zeitraum von 15 Minuten) aufgetragen. Effizienzpotenziale genauer abgeschätzt werden kön- nen. Neben der Erfassung direkter Prozess- und Maschi- nenparameter je Bilanzraum ist für eine Zertifizierung nach ISO 50001 auf die Erfassung weiterer Rahmen- daten wie Raumklima, Produktionsportfolio, Durchsatz, Taktzeiten, Schichtbetrieb etc. zu achten. 28 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 03 TRANSPARENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN
Foto: Gregor Schuster DATENERFASSUNG ABER WIE? Nachdem in der Grobanalyse die kosten- bzw. umwelttechnisch relevan- ten Ressourcen identifiziert wurden, werden diese in der Feinanalyse mit Messdaten auf Maschinenebene untermauert. Neben den typischen Energieströmen wie Elektrizität, Druck- luft, Wärme/Kälte und Erdgas spielen häufig auch weitere Betriebs- und Abfallstoffe wie Kühlschmierstoff, Rohmaterialien und Späne eine Rolle. Um Transparenz über Ressourcenverbräuche zu erlan- In der folgenden Abbildung sind die verschiedenen gen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Ver- Ressourcen einer Werkzeugmaschine beispielhaft den brauchsdatenerfassung an: möglichen Erfassungsarten zugeordnet. ERFASSUNG ÜBER DOKUMENTE/AUF- BEISPIELHAFTES SYSTEMFLIESSBILD ZEICHNUNGEN/EXPERTENSCHÄTZUNGEN EINER WERKZEUGMASCHINE Angaben zu den benötigten Betriebsstoffen (z. B. Hyd- MIT DEN JEWEILIGEN ERFASSUNGSARTEN rauliköl oder Kühlschmierstoff) können beispielsweise Datenblättern oder Fluidschaltplänen entnommen Sensorgestützte Erfassung werden. Auch Rechnungen über den Ressourcen- oder Energie elektrisch Manuelle Erfassung Energieverbrauch eines gewissen Zeitraums sind Druckluft Erfassung über Dokumente/ hierfür aussagekräftig. Zudem kann die Befragung von Druckluft* Aufzeichnungen/ Expert/innen aus der Produktion erste Anhaltspunkte WERKZEUGMASCHINE Druckluftfilter Expertenschätzungen über den Ressourcenverbrauch liefern. Sie werden in Wartungsplänen dokumentiert haben, wie oft z. B. Fil- Sonst. Betriebsstoffe ter getauscht oder Betriebsstoffe nachgefüllt werden. KSS-Ölmenge KSS-Wassermenge Abfälle MANUELLE ERFASSUNG Kühlmittel Wasser Späne Kühlmittel Glysantin Ausschuss „Hands-on“ – oft ist auch ein pragmatischer Ansatz Hydrauliköl Althydrauliköl/ zielführend, bei dem man selbst Hand anlegt. Hydraulikölfilter -kühlmittel Beispielsweise können Produktionsabfälle wie Späne Schmierfett Altfilter, DL einer Fräsbearbeitung oder die Pulvermenge einer Pulverbeschichtung, die nicht wiederverwendet wer- Werkzeuge/Schneiden Abwärme den kann, für eine gewisse Anzahl produzierter Teile Rohteil Produkt händisch abgewogen werden. * Druckluft vom zentralen Kompressor SENSORGESTÜTZTE ERFASSUNG Bei der sensorgestützten Datenerfassung wird zwischen Nach der ersten Abschätzung der Ressourcenverbräuche temporären und kontinuierlichen Messungen unter- pro Bauteil gilt es, die Transparenz weiter zu erhöhen, schieden. Zudem gibt es noch virtuelle Messstellen, die um die wirksamsten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung als reine Softwarelösung günstig in der Anschaffung zu ermitteln. sind (siehe Seite 30). Wie mit den erfassten Maschinendaten weiter vorgegan gen wird, erfahren Sie im folgenden Kapitel 4. Mit diesen Informationen und der Kenntnis über die produzierten Stückzahlen in dem betrachteten Zeitraum kann dann ein Verbrauch pro Bauteil zumindest grob er- mittelt werden. 29
DATENERFASSUNG WAS GIBT ES ZU BEACHTEN? Bei der Auswahl der Datenerfassungsart spielen neben den Kosten verschiedene andere Faktoren eine Rolle. Hierbei sollte der zu erwartende Mehrwert stets in Relation zum Aufwand bzw. den Kosten stehen. Je nach Ressource oder Energieträger ist geeignetes AUFLÖSUNG ist die Fähigkeit, zwei benachbarte Messequipment auszuwählen, um die Größen inner- Werte voneinander unterscheiden zu können. halb der Feinanalyse sinnvoll zu erfassen. Bei der Aus- wahl von sensorgestütztem Messequipment sind die folgenden drei Aspekte zu beachten: WIE HÄUFIG PRO ZEITEINHEIT ? MESSBEREICH ist der Bereich, in dem der ange- zeigte oder abgelesene Wert eine vorgegebene Fehler- grenze nicht überschreitet. Besonders bei der Archivierung von Messwerten in Da- tenbanken sollte die zeitliche Auflösung der Zielgröße beachtet werden. Die Frage, ob bspw. der elektrische WIE GROSS IST DIE MESSGRÖSSE ? Energiebedarf einer Maschine sekündlich oder minüt- lich erfasst wird, hängt letztendlich davon ab, welche Optimierungsziele verfolgt werden. Wenn z. B. die Kos- ten der elektrischen Lastspitze reduziert werden sollen, Beispielsweise hat die Größe einer Messklemme zur Er- die in 15-Minuten-Intervallen abgerechnet werden, soll- fassung von elektrischen Strömen einen signifikanten ten die Energiedaten deutlich hochfrequenter erfasst Einfluss auf den Messbereich, in dem sich die Mess werden, um frühzeitig eine Verbesserungsmaßnahme werte bewegen sollten. einzuleiten. ALLES AN EINEM ORT – EINEN SCHRITT WEITER – WOHIN MIT DEN INFORMATIONEN? KONTINUIERLICHES Bereits zu Beginn der Grobanalyse sollte klar sein, wo RESSOURCENMONITORING die ganzen Informationen gesammelt werden. Ein zent- Während temporäre, mobile Messungen genutzt wer- rales Dokument bietet sich hier an, damit für die weite- den, um die geschätzten Verbräuche aus dem Schritt ren Analysen alle Informationen an einer Stelle gefun- der Grobanalyse einzugrenzen und den durchschnittli- den werden können. In der einfachsten Version handelt chen Verbrauch auf die produzierten Bauteile zu vertei- es sich dabei um eine Tabelle in einem Tabellenkalkula- len, eignen sich sowohl virtuelle als auch permanente, tionsprogramm, bei der für jede untersuchte Maschine stationäre Messstellen für ein kontinuierliches Ressour- ein neues Tabellenblatt erstellt wird. Für weiterführende cenfluss-Monitoring. Analysen der Daten ist eine richtige Datenbank sehr zu Ziel einer kontinuierlichen Überwachung (engl.: Moni- empfehlen. Im Rahmen des ArePron-Projektes wurde toring) ausgewählter Ressourcenströme kann beispiels- dafür das sogenannte „VaRA-Tool“ entwickelt, eine Java- weise die Wirksamkeitsüberprüfung einer umgesetzten basierte Datenbankstruktur, die sich über mobile End- Maßnahme hinsichtlich der Effizienzsteigerung sein. geräte bedienen lässt, so dass beim Durchlauf durch Für Unternehmen, die ihren Energie- und Ressourcen- die Produktion direkt Informationen an zentraler Stelle konsum verbessern möchten, stellt ein kontinuierliches festgehalten werden können. Monitoring, wie es beispielsweise in DIN ISO 50001 für Energieträger vorgesehen ist, den Grundstein dieses kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) dar. 30 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 03 TRANSPARENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN
Foto: metamorworks/Shutterstock MESSGENAUIGKEIT ist die Abweichung der erfassten Messgröße vom realen Wert. WIE FEHLER- BEHAFTET ? Während physikalische Modelle schnell komplex werden Innerhalb des Messbereichs ist die Messgenauig- und oft Expertenwissen bei der Erstellung benötigen, keit von kommerziell verfügbarer Sensorik in der sind hybride Modelle selbst für komplexe Produktions- Regel ausreichend hoch. Häufig entstehen größere maschinen einfach zu erstellen und in Echtzeit anwend- Ungenauigkeiten bei unsachgemäßer Installation bar. Die Modellerstellung besteht aus einer empirischen und Kalibrierung der Sensorik. Korrelation des temporär gemessenen Energie- oder Ressourcenverbrauchs mit dauerhaft verfügbaren Steu- erungsdaten der Maschine. Sobald das Modell erstellt ist, kann es in Echtzeit den aktuellen Energiebedarf, ba- sierend auf Maschinendaten, prognostizieren. EXKURS: VIRTUELLE MESSSTELLEN Um kostengünstig Energie- und Ressourcenflüsse inner- halb einer Fabrik zu überwachen, sind virtuelle Mess- Zustandsdaten der Maschine stellen eine interessante Alternative zu sensorbasierten (z. B. Maschine in Messstellen, die besonders KMUs in Betracht ziehen Bearbeitung/Standby) Energie- sollten (GUTcert 2018). Prinzipiell lassen sich virtuelle Virtuelle und Messstellen in folgende Gruppen unterteilen (Flick et al. Mess- Ressourcen- Betriebsdaten stelle 2018): bedarf • physikalische Modelle, welche eine Zielgröße über der Maschine physikalische Gleichungen abbilden, (z. B. Ofentemperatur = 550 °C) • hybride Modelle, die empirisch erstellt werden, • Disaggregationsmodelle (auch als „Nonintrusive Load Monitoring“ bekannt), bei denen ein übergeordneter Messwert (bspw. auf Produktionslinienebene) auf Schema einer virtuellen Messstelle untergeordnete Anlagen aufgeteilt wird. Da stets die Wirtschaftlichkeit der Messstelle zu beach- ten ist, sollte vor der Installation kontinuierlicher Mess- DEFINITION stellen stets Klarheit über den geplanten wirtschaftli- chen, juristischen oder ökologischen Nutzen herrschen. Eine virtuelle Energie- bzw. Ressourcenbedarfs- Nichtsdestotrotz empfehlen Studien, jährlich 3 % der messstelle ist ein virtuelles Abbild des physika- Energiekosten in Messequipment zu investieren (econ lischen Nutzenergie- bzw. Ressourcenbedarfs solutions GmbH 2015). einer betrachteten Einheit (Sossenheimer et al. 2020). 31
3 Foto: urbans/Shutterstock ÜBERTRAGUNG AUF PRODUKTEBENE: TRACEABILITY-SYSTEME ZUR TRANSPARENZSCHAFFUNG WORUM GEHT ES? Durch Traceability-Systeme werden Produkte zu aktiven Informationsträgern. So kann der komplette Produktent- stehungsprozess verfolgt werden – von der Anlieferung über die Produktion bis zum Versand an den Kunden. TRACEABILITY, TRACKING UND TRACING Traceability bezeichnet die Fähigkeit, alle Infor- mationen zu einem bestimmten Gegenstand über den kompletten Lebenszyklus zu erhalten. Dazu werden Identifikationsmerkmale festge- legt, die durch Technologien zur Autoidentifika- tion (kurz AutoID) erkannt werden. Tracking bedeutet die Verfolgbarkeit, also das Erfassen und Archivieren von aktuellen Informa- tionen, während Tracing die Rückverfolgbarkeit, d. h. das Nutzen der gewonnenen Informationen, beschreibt. WIE FUNKTIONIERT ES? Anwendung aktiver Systeme Der Einsatz aktiver Traceability-Systeme hingegen ist Tracking und Tracing stellen die Grundfunktion von deutlich jünger. In aktiven Systemen werden Traceability- Traceability-Systemen dar. Je nach Einsatzzweck können Daten unmittelbar in der Produktion genutzt. So kann Traceability-Systeme sowohl passiv als auch aktiv gestal- ein Produktionsprozess z. B. gesteuert oder verriegelt tet sein. werden. Anwendung passiver Systeme Passive Systeme werden bereits seit Jahrzenten ein- Digitale Arbeitsweise gesetzt. Sie beschränken sich auf die systematische Sammlung von Daten zum Produktwerdegang und dienen somit einer späteren Ursachenfindung bzw. Se- Dynamische Prozesssteuerung lektion betroffener Komponenten. Prozessanalyse Produkthaftung, Rückrufeingrenzung Echtzeitabbildung von Leistungskennzahlen Herkunftsnachweis Prozessverriegelung Produktauthentifizierung Lagermanagement Kundendienstleistung 32 RESSOURCENEFFIZIENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN – 03 TRANSPARENZ IN PRODUKTIONSPROZESSEN
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