Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash

Die Seite wird erstellt Dustin Rose
 
WEITER LESEN
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft         3 | Juli 2021 | 42. Jahrgang

                                         Verträge

                                         Wer exportiert,
                                         muss gut
                                         beraten sein

                                         Rahmenabkommen

                                         Wird der Export
                                         zum grossen
                                         Hürdenlauf?

                                         kgv und SOHK

                                         Wirtschaft und
                                         Gesellschaft
                                         müssen näher
                                         rücken

                                         Unternehmerpreis 2022

                                         Sinnvoll in
                                         die Zukunft
                                         investieren

Kantonal-Solothurnischer
      Gewerbeverband
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Neu:
        O    - 1 3  4 85-
 EN-I S
     e r t i fi z i ert
   z

IHRE PARTNERIN.

JETZT AUCH BEI DER HERSTELLUNG

                            IHRES MEDIZINPRODUKTS.

                            Paul Büetiger AG · Druck und Web · 4562 Biberist · www.buetiger.ch
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Editorial | Inhalt                                                                         Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 3

                                            Globalisierung nicht gefährdet
                                            Im Frühjahr 2020 geschah das Undenkbare. Zur Eindämmung des Coronavirus
                                            schlossen viele Länder ihre Grenzen. Die Warenausfuhren aus dem Kanton Solothurn
                                            gingen um über 10 Prozent zurück. Panik machte sich breit. Die Politik, die Bevölke-
                                            rung und die Wirtschaft machten sich Sorgen über unterbrochene Lieferketten. Geg-
                                            ner von offenen Märkten riefen das Ende der Globalisierung aus. Doch schon bald
                                            zeigte sich, wie rasch und flexibel die globalen Märkte auf Krisen reagieren können.
                                            Trotz anfänglichen Schwierigkeiten und bis heute bestehenden Hürden etablierte sich
                                            der internationale Warenaustausch schnell wieder. Die befürchteten Engpässe blie-
                                            ben mehrheitlich aus. Die Industrie befindet sich inzwischen wieder auf Wachstums-
                                            kurs. Das Gewerbe entpuppte sich mit Ausnahme der behördlich geschlossenen
                                            Betriebe als Fels in der Brandung. Der freie Markt machte das, was er am besten
                                            kann. Er organisierte den Austausch von Gütern und Dienstleistungen und stellte das
                                            Gleichgewicht wieder her. Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie die Solothurner Export­
 Daniel Probst
 Direktor Solothurner                       industrie die Krise bisher gemeistert hat und wie die Spitzen der beiden Wirtschafts-
 Handelskammer                              verbände die künftigen Herausforderungen gemeinsamen anpacken wollen.

Export                                                              reWork | SUVA

Umfrage                                                             Arbeitsunfähigkeit

04        Bei der Auslandsnachfrage im Kanton Solothurn
          hat sich in den letzten Monaten eine Aufwärts-
tendenz eingestellt. Doch wie geht es der exportierenden
                                                                    26       Langwierige Krankheiten oder Unfälle können den
                                                                             Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag erschweren. Um
                                                                    das zu verhindern, ist eine gute Kommunikation auf allen Ebe-
Solothurner Industrie? Unterschiedlich, von leicht rückgän-         nen essenziell. Kurt Jäggi, Leiter Human Resources der Glutz
gig bis stark wachsend, zeigt eine Umfrage.                         AG kennt die Faktoren, um die Rückkehr zu erleichtern.

Rahmenabkommen-Aus

economiesuisse

08        Die schrittweise Rückkehr zur Normalität nach der
          Pandemie wirkt sich positiv auf die Weltwirtschaft
aus. Was das Rahmenabkommen-Aus für die Wirtschaft be-
                                                                    12 | Grössenverhältnis: Konzerne und KMU
                                                                    20 | Solothurner Unternehmerpreis 2022
                                                                    22 | In Szene gesetzt: Industrienacht Solothurn
deutet, sagt Christoph Mäder, Präsident von economiesuisse.         24 | Nachhaltige Zahlen: Ökobilanz
                                                                    28 | Gewerbekongress kgv: ein hochkarätiger Event
                                                                    29 | Tag des Gründens und der Startups
Rechtliche Hürden                                                   30 | FHNW: CAS Reputationsmanagement
                                                                    32 | Schafft Raum: Technologiezentrum Witterswil
Jean-Claude Cattin                                                  34 | Impressum | kurz & informativ

10       Die Verwendung von Musterverträgen ist unter kei-
         nen Umständen ratsam. Jean-Claude Cattin kennt
als Wirtschaftsanwalt die Fallstricke für KMU, die exportie-
ren. Jeder Vertrag sei ein Einzelfall, betont der Anwalt.

Gesprächsrunde                                                                                   Export: Im schweizerischen Aus-
                                                                                                 senhandel setzte sich die Export­
Verbandsspitzen
                                                                                                                                      Bilder Adobe Stock | HO

                                                                                                 erholung im ersten Quartal 2021

14       Die Präsidien der SOHK und des kgv sind neu be-
         setzt. An einem Round Table haben die Verbands-
spitzen über ihre Zusammenarbeit und über das Verhältnis
                                                                                                 fort. Dank diesem dritten Quar-
                                                                                                 talsplus in Folge haben die Expor-
                                                                                                 te das Niveau vor Ausbruch der
                                                                       Titelbild
von Gesellschaft und Wirtschaft diskutiert.                                                      Corona-­Pandemie überschritten.
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Export | Umfrage Kanton Solothurn
Bild Adobe Stock

                      Nach deutlichen Rückgängen im vergangenen Jahr wurde im ersten Quartal 2021 ein leichter Exportanstieg festgestellt.

                                                                      Solothurner
                                                                   Exportumfrage
                      Im schweizerischen Aussenhandel setzte sich die Exporterholung im ersten Quartal 2021
                    mit + 4,8 Prozent fort. Dank diesem dritten Quartalsplus in Folge haben die Exporte wieder
                   das Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie überschritten. Wie sich im Kanton Solothurn
                       der Export entwickelt und was das Rahmenabkommen-Aus auslöst, zeigt eine Umfrage.
                                                                                                                    Simone Leitner und Christine Künzler

                   Die Exporte wuchsen gesamtschweize-         Elektronik (+ 5,8 Prozent; + 422 Millio-       Warenexporten. Nach deutlichen Rück-
                   risch im ersten Quartal 2021 saisonberei-   nen Franken) sowie jene von Metallen           gängen im vergangenen Jahr – die Solo-
                   nigt um 4,8 Prozent oder 2,7 Milliarden     (+ 9,3 Prozent; + 299 Millionen Franken)       thurner Warenexporte gingen 2020 um
                   Franken (real: + 4,9 Prozent). Damit wie-   setzten ihren Wachstumskurs im ersten          rund 15 Prozent zurück – konnte im
                   sen sie das dritte Quartalsplus in Folge    Quartal 2021 fort. Der Versand von Uh-         ersten Quartal 2021 ein leichter Anstieg
                   aus. Mit 58,1 Milliarden Franken über-      ren zeigte ebenfalls eine Steigerung           festgestellt werden. Die Auslandsnach-
                   schritten sie den Stand vor der Corona-­    (+ 4,0 Prozent oder 206 Millionen Fran-        frage wurde dabei einerseits durch die
                   Pandemie und verzeichneten zugleich         ken); mit 5,3 Milliarden Franken näherte       wieder anziehende Weltwirtschaft und
                   sogar den zweithöchsten vierteljährlichen   sich dieser wieder den Quartalsumsät-          andererseits dank einer leichten Ab-
                   Exportwert. Der Exportanstieg stützte       zen der Branche in den ergebnisstarken         schwächung des Schweizer Frankens
                   sich im Wesentlichen auf vier Sparten,      Jahren 2018 / 19.                              gestärkt. Doch wie geht es der expor-
                   die allesamt das Vor-Corona-Niveau wie-                                                    tierenden Solothurner Industrie? Un-
                   der übertrafen. Mehr als die Hälfte der     Auch bei der Auslandsnachfrage im Kan-         terschiedlich, von leicht rückgängig bis
                   Zunahme entfiel auf chemisch-pharma-        ton Solothurn hat sich in den letzten          stark wachsend: «2020 verzeichnete
                   zeutische Produkte (+ 1,4 Milliarden        Monaten eine Aufwärtstendenz einge-            JURA ein starkes Wachstum. Mit 448 000
                   Franken). Hier verzeichneten alle grossen   stellt. Dies spiegelt sich einerseits in den   Einheiten konnten wir im vergangenen
                   Segmente ein Plus – das höchste dabei       Umfragewerten des Solothurner Wirt-            Jahr 50 000 Vollautomaten mehr als
                   die Medikamente (+ 1,2 Milliarden Fran-     schaftsbarometers wider, andererseits          im Vorjahr verkaufen. Das Wachstum
                   ken). Die Ausfuhren von Maschinen und       aber auch in den Kennzahlen zu den             stammt aus dem Haushaltsbereich, der
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 5

                                             ternehmerinnen und Unternehmer nicht             gangenen Geschäftsjahr in der Schweiz
                                             vor grossen Herausforderungen gefeit.            über 100 neue Stellen geschaffen.» Nur
                                             Vor allem die Engpässe in der Lieferkette        bei den Schweizer Software-Spezialisten
                                             und Preissteigerungen sind sorgenerre-           hapert es: «Deshalb haben wir einen
                                             gend. Emanuel Probst von JURA bringt             Software-Hub in Barcelona aufgebaut.»
                                             die Situation auf den Punkt: «Die Knapp-         Ypsomed beschäftigt heute in diesem
                                             heit von Rohstoffen und der Mangel an            Bereich bereits über 200 Mitarbeitende.
                                             Transportkapazität wirkt sich negativ auf
                                             die Herstell- und Logistikkosten aus.»
                                             Auch Claudio Penna von HAKAMA be-
                                             mängelt die Verfügbarkeit. Und Sven
                                             Friesecke von Comax erklärt, dass das
                                             Unternehmen reagiert und das Kompo-
                                                                                                  «Ich hoffe auf
                                             nenten- und Warenlager wertmässig um                  Einigung mit
                                             etwa 50 % aufgestockt habe. «Dies, um
                                             unsere Kunden weiterhin innert vernünf-                 der EU.»
                                             tiger Frist beliefern zu können», so Sven
                                             Friesecke. Eine weitere Herausforderung                   Emanuel Probst | CEO JURA
                                             spricht Daniel Graf von Nachbur an:                          Elektroapparate AG
                                             «Krankheitsbedingte Vakanzen unserer
                                             Mitarbeitenden hindern uns, volle Leis-
                                             tung zu fahren. Verunsicherung und Miss-
                                             gunst gegenüber der Pandemie zerren an
                                             den Kräften vieler Kolleginnen und Kol-          Doch das grosse Reizthema für die Ex-
einen Rückgang im Officebereich mehr         legen, Führungspersonen werden da-               portunternehmen liegt auf der Hand:
als zu kompensieren vermochte», sagt         durch mehr beansprucht.» Simon Michel            Die Schweizer Regierung brach die Ver-
Emanuel Probst, CEO JURA Elektroap­          erläutert, dass sich Ypsomed in Zukunft          handlungen mit der EU ab. Aber wie
parate AG mit Hauptsitz in Niederbuch­       noch globaler aufstellen werde, also de-         gross sind die Sorgen darob wirklich?
siten. Bei der HAKAMA AG in Bättwil          zentraler. «Wir stellen aufgrund der Co-         «Sehr gross!», betont Emanuel Probst
hingegen sei der Export leicht rückläufig.   ronakrise eine Teil-Entglobalisierung fest,      und findet klare Worte: «JURA erzielt
Aber lediglich, weil das Unternehmen in      welche uns zwingt, mittelfristig näher           gut 60 Prozent der Absatzleistung in der
der Schweiz zweistellige Wachstums­          zum Kunden zu rücken. Gerade in der              EU. Für uns sind offene Märkte und klar
raten verzeichnet. «Der Export macht bei     Gesundheitsversorgung sehen wir eine             geregelte Verhältnisse mit unseren
uns rund 10 % aus», erklärt CEO Claudio      zunehmende Tendenz zur Selbstversor-             Hauptabsatzmärkten eminent wichtig.
Penna. «Dieses Wachstum ist von Kun-         gung.» Ein positives Fazit zieht Michel          Ich hoffe deshalb sehr, dass wir trotzdem
den in der Schweiz mit sehr hohem Ex-        bei den Fachkräften. «Wir haben im ver-          eine Einigung mit der EU erzielen.» Kei-
portanteil angetrieben.» Ganze 10 Pro-
zent Exporteinbusse musste die Comax
Industrielle Signaltechnik AG in Laupers-
dorf verschmerzen. «Zudem wurden ei-
nige bereits bestehende Aufträge einge-             Schweizer Exportzahlen
froren, sprich die Auslieferung der Waren
                                                     20
erfolgt verzögert», zieht Geschäftsführer
Sven Friesecke Bilanz. Doch aktuell spüre
die Comax eine leichte Besserung der                 10
Lage. Von geringen Verschiebungen im
Export durch die Pandemie spricht der                  0
CEO der Nachbur AG mit Sitz Holder-
bank, Daniel Graf und fügt an, dass die
                                                    -10
Jahre 2019 und 2020 in etwa dieselben
Exportraten verzeichneten. Nicht stark
von der Pandemie betroffen ist Ypso-                -20
med. CEO Simon Michel hält fest: «Un-
sere Injektions- und Infusionssysteme für           -30
die Verabreichung von flüssigen Medika-
menten sind systemrelevant. Unsere glo-
                                                    -40
bale Lieferbereitschaft konnte jederzeit                   Q1     Q2    Q3    Q4     Q1    Q2     Q3     Q4    Q1      Q2   Q3   Q4   Q1
aufrechterhalten werden.»                                  2018                    2019                       2020                    2021

Trotz der recht positiven Exportentwick-
                                                    Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
lung im Kanton Solothurn sind die Un-               Bemerkung: Veränderung gegenüber dem Vorjahresquartal in Prozent
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Export | Umfrage Kanton Solothurn

nerlei Verständnis für den Verhand­         nik AG fest. Diesen Aussagen schliesst       Penna von HAKAMA ist klar, dass für
lungsabbruch kann Sven Friesecke auf­       sich Daniel Graf an und doppelt nach.        regulatorische Fragen schnell Lösungen
bringen. Er sei von den involvierten        «Unklarheit ist im internationalen Ge-       gefunden werden müssen. «Wir sind in
Bundesräten enttäuscht. «Da die Konse-      schäft das Schlechteste. Bereits melden      der Medtech-Branche als Zulieferer tätig
quenzen der gescheiterten Verhandlun-       erste Schweizer Kunden von uns, dass         und sind besorgt, wie unsere Kunden
gen aktuell noch nicht vollständig abzu-    sie für Medizinal-Produkte als Drittstaat    davon betroffen sind – und wir eventuell
sehen sind, herrscht bei uns entspre­-      keine Marktzulassung mehr haben. Das         anschliessend auch.»
chende Unsicherheit über die wei­tere       wird für uns bedeuten, dass wir von die-
Entwicklung. Einzig der Umstand, dass       sen Kunden sicherlich weniger Bestellun-     «Die Schweiz ist keine Insel. Unser Land
wir in einem Nischenmarkt tätig sind,       gen erhalten werden. Weiter haben wir        verdient zwei von drei Franken im Ex-
sprich unsere Produkte nicht einfach        im Juni einen mittleren fünfstelligen Auf-   port. Ein Franken kommt aus der EU»,
austauschbar sind, führt zu einer gewis-    trag eines deutschen Kunden nicht er-        zeigt Simon Michel die Fakten auf. Ypso-
sen Gelassenheit», hält der Geschäfts-      halten, weil wir als Schweizer Lieferant     med selber exportiert deutlich über 90 %
führer der Comax Industrielle Signaltech-   ein Drittstaat sind.» Auch für Claudio       der hergestellten Produkte. «Wir haben
                                                                                         uns intensiv mit dem Rahmenabkommen
                                                                                         auseinandergesetzt. Die Mehrkosten für
                                                                                         Lohnschutz und Sozialhilfe stehen in kei-
                                                                                         nem Verhältnis zum angerichteten Scha-
Exportexperten                                                                           den. Das Abkommen hätte uns zudem
                                                                                         jederzeit das Recht gegeben, eine neue
                                                                                         Regelung aus der EU via unseren Gesetz-
Die Solothurner Handelskammer unterstützt kantonale                                      gebungsprozess abzulehnen.» Michel
Unternehmen bei Exportfragen. Sei es die allgemeine Be-                                  bedauert, dass der Bundesrat die Stim-
ratung, die Vermittlung von Kontakten oder die Ausstel-                                  mung im Land nicht drehen konnte.
lung der nötigen Dokumente – die SOHK informiert über                                    Doch aus allen Wolken gefallen ist der
aktuelle Entwicklungen im Aussenhandel und führt infor-                                  CEO von Ypsomed nicht: «Wir hielten
mative Länderdokumentationen.                       sls                                 dieses Szenario bereits vor drei Jahren als
                                                                                         möglich, weshalb wir alle Produkte neu
Dienstleistungen:                                                                        in Deutschland zugelassen haben.» Das
• Unterstützung beim Erstellen der Exportdokumente +                                     hat das Unternehmen einmalig rund 10
  Zollformalitäten                                                                       Millionen Franken gekostet. «Wir haben
• Basisinformationen zu Exportfragen                                                     zudem Gesellschaften in der EU gegrün-
• Vermittlung von Experten                                                               det, die auch in Zukunft den nahtlosen Ex-
• Durch die Partnerschaft mit «Switzerland Global Enter-                                 port ermöglichen werden.» Die Schweiz
  prise S-GE» kann die SOHK auf weitere Fachkräfte im                                    ist aus Sicht der Medizintechnik seit dem
  In- und Ausland zurückgreifen                                                          26. Mai 2021 ein Drittstaat. Die Ypsomed
• Export-Seminare                                                                        hat sich darauf vorbereitet. «Langfristig
• Länderdokumentation der Solothurner Handelskammer                                      kostet uns das 1 bis 2 % Marge. Das ist
                                                                                         bedauerlich. Diese Gelder hätten wir lie-
www.sohk.ch | export@sohk.ch                                                             ber in Forschung und Innovation ge-
                                                                                         steckt», findet der Unternehmer und
                                                                                         Politiker deutliche Worte. <

Anzeige

                                                                     CAS Reputationsmanagement
                                                                     Konzepte – Instrumente – Erfolgsfaktoren

                                                                               5.11.2021
                                                               Nächster Start:
                                                                               nlass: 24.8.2021
                                                               Nächster Info-A

                                                                                  fhnw.ch/wirtschaft/
                                                                             reputationsmanagement
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 7

              Unsere Business-Angebote –
              clever, modern und auf Ihre
              Bedürfnisse ausgerichtet

Ob Sie auf die modernste Cloud-Telefonie setzen,
das Beste aus Ihrer bestehenden Telefonanlage                   Weitere Vorteile der
herausholen oder von blitzschnellem Internet mit                Business-Produkte:
hohen Bandbreiten profitieren möchten:
Die Business-Produkte von Quickline / GAW bieten
                                                                • Proaktive Kontaktauf-
eine passgenaue Lösung für jedes Unternehmen
                                                                  nahme bei geplanten
und für jedes Budget.
                                                                  Wartungsarbeiten

 Basis-Startpaket für                 CHF 70.–/Mt.              • Separate Support-Hotline
                                                                  bei GAW und Quickline mit
 Inbegriffen sind Internet mit 50 Mbit /s,                        drei Servicestufen
 Business-Support 24 / 7 und ein Sprachkanal
 mit Minutentarif.                                              • Zahlungskonditionen:
                                                                  45 anstelle von 30 Tagen
 Das Basis-Startpaket kann durch weitere
 Optionen individuell ergänzt werden, z.B. schnel-              • Vergünstigungen bei
 leres Internet, weitere Sprachkanäle, Telefon-                   Mobile-Abos
 anlage, Mobile-Abos oder interaktives TV.

Sind Sie interessiert und
                                                           Unser Business-Kundenberater
möchten mehr erfahren?
                                                           Philipp Schwab freut sich, von
www.ga-weissenstein.ch/unsere-
business-produkte
                                                           Ihnen zu hören.
                                                           Erreichbar unter 032 9 429 413 oder
                                                           philipp.schwab@ga-weissenstein.ch

GA Weissenstein GmbH I Weissensteinstrasse 1 I 4503 Solothurn
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Export | Rahmenabkommen

                              Handelsbarrieren?
                Die schrittweise Rückkehr zur Normalität nach der Pandemie wirkt sich positiv
              auf die Weltwirtschaft aus. Laut dem Wirtschaftsverband economiesuisse dürfte
            das BIP im laufenden Jahr um 3,4 Prozent zulegen. Christoph Mäder, Präsident von
                                     economiesuisse äussert sich zum Rahmenabkommen-Aus.
                                                                                                        Interview Simone Leitner

Etwa die Hälfte aller Exporte aus         windbar sind diese Handelsbarrieren           Schweizer Exporteure von Medizinpro-
der Schweiz geht in die EU. Doch          nicht, aber sie verschärfen die Wettbe-       dukten in die EU neu eine zweite Zerti-
nun wurde das Rahmenabkommen              werbssituation für Schweizer Unterneh-        fizierung für den europäischen Markt
mit der EU beerdigt. Zeichnen sich        men in der EU.                                vornehmen und sie müssen eine stän­
bereits unüberwindbare Handels-                                                         dige Vertretung in der EU haben. Der
barrieren ab?                             Der Versuch, rund 120 bilaterale              Branchenverband Swiss Medtech rech-
Ich möchte betonen, dass die bilatera-    Verträge über Wirtschaftsbezie-               net für die rund 350 betroffenen Schwei-
len Abkommen auch ohne Rahmenab-          hungen in einem Abkommen zu                   zer Unternehmen mit einmaligen Kos-
kommen bestehen bleiben. Im Bereich       bündeln, ist gescheitert. Dabei wäre          ten von 110 Millionen Franken und jähr-
des Land- und Luftverkehrs, der Perso-    es auch um die Modernisierung der             lich wiederkehrenden Kosten von etwa
nenfreizügigkeit oder beim vereinfach-    laufenden Verträge gegangen. Was              75 Millionen Franken für die Einrichtung
ten Zollverfahren an den EU-Grenzen       passiert mit den alten Verträgen?             einer EU-Vertretung. Dieselben Regeln
sind derzeit keine negativen Auswirkun-   Das Rahmenabkommen hätte lediglich            gelten auch für den Import von Medi-
gen erkennbar. Anders sieht es beim       fünf Binnenmarktabkommen umfasst:             zinprodukten aus der EU in die Schweiz.
Abkommen über den Abbau der techni-       das Freizügigkeitsabkommen, das Luft-         Aber auch andere Branchen sind betrof-
schen Handelshemmnisse MRA aus, das       und das Landverkehrsabkommen, das             fen: Zurzeit wird in der EU die Maschi-
für die Exportwirtschaft sehr wichtig     Abkommen über landwirtschaftliche             nenrichtlinie durch eine Maschinenver-
ist. Dank diesem Abkommen können          Produkte und eben das MRA. Seit 2018          ordnung ersetzt. Sollte diese nicht in
Schweizer Unternehmen ihre Produkte       will die EU nach eigenen Aussagen ohne        das MRA überführt werden können,
ohne zusätzliche administrative Hürden    ein Rahmenabkommen keine neuen                müssen die meisten Schweizer Maschi-
in der EU auf den Markt bringen. Weil     Marktzugangsabkommen mit der Schweiz          nenhersteller voraussichtlich ab 2026
die EU das MRA aber nicht mehr aktua-     abschliessen und die bestehenden Ab-          ihre Produkte zu den Vorschriften für
lisieren will, zeichnen sich neue Han-    kommen nicht mehr aktualisieren. Es sei       Drittstaaten in den EU-Markt exportie-
delshürden ab. Konkret geht es um hö-     denn, sie hat ein überwiegendes eige-         ren. Und schliesslich wird voraussicht-
here administrative Hürden und damit      nes Interesse daran. Wenn die beste-          lich ab 2022 die Medikamentengesetz-
verbundenen höheren Kosten. Unüber-       henden Abkommen nicht mehr aktuali-           gebung der EU revidiert. Auch diese ist
                                          siert werden, verlieren sie langsam und       im MRA geregelt. Sollte diese Revision
                                            stetig an Bedeutung für die Schweizer       spätestens ab 2028 in Kraft treten, wür-
                                               Unternehmen.                             den für pharmazeutische Produkte eben-
                                                                                        falls die Einfuhrbestimmungen für Dritt-
                                                Die bilateralen Verträge gel-           staaten gelten.
                                                ten zwar weiterhin. In wel-
                                                 chen Branchen ist das Tages-           Zur Abfederung negativer Konse-
                                                   geschäft trotzdem empfind-           quenzen hat der Bundesrat seit län-
                                                    lich gefährdet?                     gerer Zeit begonnen, Auffangmass-
                                                     Dies gilt sicher für die Medizi-   nahmen zu planen. Im Bereich der
                                                     ­n­altechnik-Branche. Seit dem     Medizinprodukte hat er für den Fall
                                                     26. Mai 2021 gilt in der EU        der Nichtaktualisierung des MRA-
                                                    eine neue Medizinprodukte-          Kapitels bereits unilaterale Mass-
                                                  Verordnung. Diese konnte we-          nahmen beschlossen. Reicht das?
                                                 gen der Blockade durch die EU          Solche Massnahmen sind sicher ein gu-
                                                 nicht in das MRA aufgenommen           ter Ansatz, sie werden die negativen
                                                                    werden. Damit       Auswirkungen aber nicht vollumfäng-
                                                                             müssen     lich ausgleichen können. Langfristig
                                                                                                                                   Bild HO

                                                                                        sind Gegenmassnahmen, die beide Sei-
                                                                                        ten wirtschaftlich belasten, kontrapro-

                                                Christoph Mäder,
                                            Präsident economiesuisse.
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 9

duktiv und stärken lediglich andere           zieren und neue Absatzmärkte ausserhalb       men. Das wegen der Einspeisung von
Wirtschaftsräume wie Asien oder Nord-         der EU suchen. Dazu gehören auch mehr         Strom aus erneuerbaren Quellen wie
amerika.                                      Freihandelsabkommen mit Drittstaaten,         Wind und Sonne instabilere europäische
                                              zum Beispiel mit den Mercosur-Staaten,        Stromnetz braucht abrufbare Stromreser-
Ist die Schweizer Wirtschaft gegen-           um den Marktzugang für unsere Unter-          ven. Die Schweizer Stauseen könnten im
über der EU stark in die Rolle des Bitt-      nehmen ausserhalb der EU zu verbessern.       europäischen Stromnetz diese wichtige
stellers geraten?                                                                           Ausgleichsfunktion übernehmen.
Für die Schweizer Wirtschaft war Europa       Die EU hat immer wieder erklärt, dass
schon immer der eigentliche «Heim-            sie ohne institutionelles Abkommen            Es steht viel auf dem Spiel. Machen
markt». Noch immer gehen knapp 50 %           keine neuen Marktzugangsabkom-                Sie sich Sorgen?
der exportierten Produkte in die EU. Soll-    men abschliessen will. Was heisst das         Die gegenseitigen wirtschaftlichen Inte­
ten sich die Zugangsbedingungen zum           genau?                                        ressen bleiben auch ohne Rahmenabkom-
wichtigsten Exportmarkt verschlechtern,       Ganz so apodiktisch, wie die EU-Kommis-       men bestehen. Es muss deshalb auch im
wird sich die Schweizer Wirtschaft ent-       sion dies zurzeit sagt, ist ihr Verhalten     Interesse beider Handelspartner liegen,
sprechend anpassen: Durch Verlagerung         nicht. So haben die Schweiz und die EU        praktikable Lösungen zum Vorteil beider
von Produktionsstätten aus der Schweiz in     erst letztes Jahr ihre Emissionshandelssys-   Seiten zu finden. Bis solche auf dem Tisch
die EU und durch neue Partnerschaften         teme miteinander verknüpft, weil beide        liegen, können wir die Zeit sinnvoll nutzen
mit EU-Unternehmen. Ausserdem muss            Seiten ein Interesse daran haben. Von be-     und die Rahmenbedingungen für Unter-
die Exportwirtschaft sich weiter diversifi-   sonderer Bedeutung ist ein Stromabkom-        nehmen im eigenen Land verbessern. <

Anzeige

Gold glänzt nicht mehr
Die kräftige Erholung der weltweiten          zinsen steigen. Unterstützt wird diese Ten-   Realzinsen und ein sinkender Goldpreis be-
Volkswirtschaften von der Corona-Delle        denz durch die florierende Wirtschaft und     obachtet werden. Der erwartete Anstieg
führt zu einem Inflationsschub. Dieser wird   einem daraus folgenden leichten Anstieg       der Realverzinsung dürfte in nächster Zeit
von der Verknappung einzelner Rohstoffe       der langfristigen Zinsen. Was hat dies aber   den Glanz des Goldes trüben. Es ist des-
und Güter angeheizt. Die Notenbanken er-      nun mit dem Goldpreis zu tun?                 halb Zeit, sich Gedanken zu machen, wie
achten die aktuelle Teuerung als temporär                                                   man mit Goldanlagen umgehen möchte.
und erwarten in den nächsten Monaten          Betrachtet man die Entwicklung der Real­-     Dabei sollten die Faktoren Rendite und Ri-
wieder eine leicht sinkende Tendenz. Sie      zinsen in den USA im Vergleich zum Gold-      sikodiversifikation sowie die persönlichen
sehen derzeit keinen Handlungsbedarf bei      preis in USD, stellt man fest, dass sich      Bedürfnisse berücksichtigt werden.
den Leitzinsen. Die Realzinsen notieren       diese fast entgegengesetzt entwickeln.
noch deutlich im negativen Bereich. Sollte    Exemplarisch zu sehen in der Periode von      Stefan Kappeler
sich, wie von den Notenbanken erwartet,       Mitte 2018 bis Mitte 2020, in welcher die     Berater Private Banking
die Teuerung auf einem Niveau von ca.         Realzinsen sanken und der Goldpreis stieg.    Regiobank Solothurn AG
2.0 – 2.5 % einpendeln, werden die Real-      Umgekehrt konnte 2013 ein Anstieg der
Das Magazin der Solothurner Wirtschaft - wirtschaftsflash
Export | Jean-Claude Cattin
Bilder Adobe Stock | HO

                                                             Wo liegen die häufigsten recht­lichen Fallstricke für ein KMU, das exportiert?

                                                          Musterverträge
                                                            nicht ratsam
                              Die Verwendung von Musterverträgen ist unter keinen Umständen ratsam. Jean-Claude
                               Cattin kennt als Wirtschaftsanwalt die rechtlichen Fallstricke für KMU, die exportieren.
                            Jeder Vertrag sei ein Einzelfall und sollte individuell redigiert werden, betont der Anwalt.
                                                                                                                     Interview Simone Leitner

                                                         Wo liegen die häufigsten recht­             Können Sie zentrale Punkte nen-
                                                         lichen Fallstricke für ein KMU, das        ­n en?
                                                         exportiert?                                 Zentrale Punkte sind vor allem Spezifi-
                                                         In Vertragsverhandlungen ist auf die        kation, Bestellung, Lieferung / Verzug,
                                                         konkrete Interessenlage, die jeweilige      Prüfungs- und Rügeobliegenheit des
                                                         Verhandlungsmacht sowie die Dauer           Empfängers, Preisfestsetzung und Zah-
                                                         und Qualität der Vertragsbeziehung          lungsmodalitäten sowie Gewährleis-
                                                         Rücksicht zu nehmen. Dabei gilt es, die     tungen und Garan­tien. Hinzu kommen
                                                         wesentlichen Vertragspunkte zu identi-      oft Mindestbestellmengen und Liefer-
                                                         fizieren und zu priorisieren. Anschlies-    garantien. Wesentlich ist auch die Dau-
                                                         send kann bei der Ausformulierung von       er und Aufhebung des Vertrages sowie
                                                         den wichtigsten Grundsätzen ins Detail      die Folgen der Vertragsbeendigung (Rück-
                                                         gegangen werden, woraus sich erfah-         abwicklung, Nach- und Ersatzlieferungs-
                                                         rungsgemäss weitere Fragen ergeben,         anspruch, Lagerrück­kauf, nachvertrag­
                                                         welche einer klaren Regelung bedürfen.      liche Geheimhaltung und Konkurren-
                                                         Ein guter Vertrag bildet das zwischen       zierung). Jeder Vertrag ist ein Einzelfall
                                                         den Parteien erzielte Verhandlungser-       und sollte daher individuell redigiert
                                                         gebnis vollständig und korrekt ab und       werden. Die Verwendung von Muster-­
                                                         wird durch beide Parteien als ausgewo-      Verträgen ist unter keinen Umständen
                                                         gen und fair beurteilt.                     ratsam.
Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 11

Bei der Aufnahme einer neuen Ge-            dingten Wahrung der Interessen seines       figes Eskalationsverfahren. Primär soll
schäftsbeziehung kommen oft Ge-             Klienten nicht mehr nachkommen kann.        die Pflicht zu gegenseitigen, bilateralen
heimhaltungsvereinbarungen – Non-­          Letztlich befasst man sich als Anwalt       Verhandlungen im Vertrag statuiert wer-
Disclosure Agreements (NDA) – zum           und gerade als Wirtschaftsanwalt mehr       den. Führen diese zu keiner Einigung,
Einsatz. Ist nun ein Wirtschaftsan-         oder weniger täglich mit «heissen Eisen».   empfehle ich die Durchführung einer Wirt-
walt unerlässlich für ein KMU, das          Wer also damit Probleme hat, ist im fal-    schaftsmediation durch fachlich qualifi-
exportieren will?                           schen Beruf beziehungsweise im falschen     zierte, erfahrene und sprachlich versierte
Es ist immer sorgfältig zu prüfen, wer      Bereich.                                    internationale Mediatoren. Letztlich kön-
im Rahmen einer Vertragsbeziehung                                                       nen die Parteien eine Schiedsklausel
wem gegenüber welche Informationen          Was ist bezüglich Rechtswahl und            vereinbaren. In diesem Fall entscheiden
offenlegt und inwiefern diese als ver-      Gerichtsstand zu beachten?                  nicht staatliche Gerichte, sondern pri-
traulich zu klassifizieren sind oder gar    Exportierende Schweizer Firmen erbrin-      vate Schiedsgerichte über die Differen-
der strikten Geheimhaltung unterliegen.     gen den charakteristischen Teil der ver-    zen. Die Schweiz ist ein eigentlicher Hub
Bei eingetragenen Immaterialgüteran­        traglich geschuldeten Leistung. Ent-        für internationale Schiedsgerichtsbarkeit,
sprüchen wie Patente, Marken, Design,       sprechend gilt es, das schweizerische       weshalb ich die Anwendbarkeit der soge-
Modelle etc. ergibt sich der Schutz be-     Recht als das auf die konkrete Vertrags-    nannten «Swiss Arbitration Rules» emp-
reits aus dem Gesetz. Dennoch emp-          beziehung anzuwendende Recht fest-          fehle. Falls das Transaktionsvolumen sehr
fiehlt sich eine darüber hinausgehende      zulegen. Üblicherweise ist dabei das        gross ist, kann auch eine ICC-Arbitration
Regelung im Vertrag. Für rechtlich nicht    Bundesgesetz über das internationale        gemäss den Regeln der internationalen
geschützte geheimnisrelevante Informa­      Privatrecht (IPRG) sowie das UN-Über-       Handelskammer vereinbart werden.
tionen wie Know-how, Fabrikationsver-       einkommen über Verträge über den in-        Schiedsgerichte sind gut, schnell, aber in
fahren, Rezepturen und Anwendungen          ternationalen Warenkauf (CISG) auszu-       aller Regel teuer. Andere Vorteile – wie
ist es unabdingbar, eine strenge Ge-        schliessen und von der Wahl eines           etwa die hohe Vertraulichkeit – wiegen
heimhaltung zu statuieren. Dazu gehört      anderen, ausländischen Rechts oder gar      die Kostennachteile jedoch auf.
neben der Identifikation der geheimhal-     supranationaler Handelsbräuche abzu-
tungsrelevanten Informationen eine Be-      sehen. Mit derselben Begründung ist         Gibt es weitere wertvolle Tipps, die
schränkung des Adressatenkreises so-        der Sitz der schweizerischen Firma als      es zu beachten gilt?
wie ein scharfer Sanktionsmechanismus.      Erfüllungsort und ordentlicher Gerichts-    Natürlich ist es unerlässlich, Verträge von
NDA‘s sind keine Selbstläufer und sollten   stand zu vereinbaren. Einfach fällt die     bedeutendem Interesse oder mit hohen
im Einzelfall genau überlegt und ausfor-    Argumentation in jenen Kantonen, wel-       Haftungsrisiken durch spezialisierte Wirt­
muliert werden.                             che für vertragliche Beziehungen unter      schaftsanwälte aufsetzen resp. überprü-
                                            Firmen spezielle Handelsgerichte einge-     fen zu lassen. Dabei stellt sich immer die
Es gibt Unternehmen, die keine Ex-          richtet haben. Es sind dies die Kantone     Frage, wer den Erstentwurf vorlegt. In
portbewilligung vom SECO erteilt            Zürich, Bern, Aargau und St. Gallen.        aller Regel wird dies der Besteller sein.
bekommen und beispielsweise mit             Generell aber geniesst die schweize­        Dies gilt umso mehr, wenn es sich dabei
Ihrer Hilfe gegen den Entscheid kla-        rische Gerichtsbarkeit einen guten Ruf,     um einen grösseren Konzern oder global
gen. Sind das heisse Eisen für Sie als      gilt als fachlich kompetent und unab-       tätige Unternehmen handelt. Nebst allen
Anwalt?                                     hängig.                                     rechtlichen Anforderungen sollte immer
Bei diesen Exportgütern handelt es sich                                                 auch auf kulturelle Unterschiede Rück-
primär um Rüstungsgüter, um Güter,          Braucht es bei Streitigkeiten die Ge-       sicht genommen werden. Vertragsver-
die für die Entwicklung, Herstellung        richte oder stehen andere Möglich-          handlungen oder im schlimmsten Fall
oder Verbreitung von Massenvernich-         keiten zur Verfügung?                       Vergleichsgespräche mit chinesischen,
tungswaffen eingesetzt werden könn-         Gerade für internationale Handelsbezie-     arabischen, indischen oder amerikani-
ten sowie um Güter, die der Herstellung     hungen eignen sich sogenannte «Alter-       schen Firmen folgen anderen Gesetzmäs-
von konventionellen Waffen dienen           native Dispute Resolution»-Methoden.        sigkeiten als wir es im kontinentaleuro­
könnten. Es handelt sich dabei also stets   Ich empfehle in aller Regel ein mehrstu-    päischen Raum gewohnt sind. <
um umstrittene Exportgüter, welche na-
tionalen oder auch internationalen Ge-
setzen, Verordnungen und Richtlinien
unterliegen. All diese rechtlichen Vorga-
ben gilt es stets zu beachten. Wird eine
Ausfuhrbewilligung durch das SECO un-
rechtmässig verweigert, empfiehlt es                                  Jean-Claude Cattin
sich dagegen vorzugehen. Natürlich be-
wegt man sich dabei als Anwalt in ei-
nem kontroversen Gebiet. Letztlich                               Jean-Claude Cattin ist als Wirtschaftsanwalt vorwiegend in
steht aber das berechtigte Interesse des                         den Bereichen Handels-, Vertrags- und Gesellschaftsrecht
Klienten im Vordergrund. Ist dem An-                             tätig. Die Kanzlei KSCP betreut in Olten, Solothurn und Gren-
walt nicht wohl bei der Sache, sollte er                         chen sowohl nationale als auch internationale Mandate. sls
das Mandat besser nicht annehmen, da
er unter diesen Umständen der unbe-
Export | Konzerne und KMU
Bilder Adobe Stock

                                                       Die Hälfte der Wertschöpfung des Güterhandels wird von Grossunternehmen erwirtschaftet.

                                Vielfalt ist das Kapital
                                         Über 99 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU. Trotzdem sind
                                    in der Schweiz überproportional viele Weltkonzerne ansässig. Wie wirkt sich das
                                   Grössenverhältnis auf die Zusammenarbeit von KMU und Grossunternehmen aus?
                                                                                                                                         Simone Leitner

                     Die Zahlen, die das Bundesamt für Statis-   der Exporte und 35 % der Importe) sowie     zwei Drittel (68,4 %) der Beschäftigten
                     tik BFS Ende 2020 veröffentlichte, zeigen   die kleinen Unternehmen und die Mikro­      im marktwirtschaftlichen Sektor aus. Mit
                     die Tendenz: Die Schweizer KMU werden       unternehmen. Werden alle Grössenklas-       Ausnahme der Mikrounternehmen sind
                     kleiner und die Konzerne grösser. Als       sen gemeinsam betrachtet, schlagen sich     im Aussenhandel tätige Unternehmen
                     kleines Land im Herzen Europas ist die      die KMU betreffend Export- und Import-      und Beschäftigte in allen Grössenklassen
                     Schweiz mit zunehmend globalisierten        volumen (54 % bzw. 42 %) recht gut. Zwi-    in der Mehrheit, wobei Grossunterneh-
                     Wertschöpfungsketten konfrontiert. Die      schen der Unternehmensgrösse und dem        men vorwiegend im Export oder Import
                     Fragmentierung der Produktionstätigkeit     Wert der Importe und Exporte von Gü-        von Gütern tätig sind (92,9 % bzw.
                     wird stark von den multinationalen Un-      tern besteht ein direkter Zusammenhang:     96,5 %). Aus der Erhebung des BFS wird
                     ternehmensgruppen beeinflusst. Zu die-      Je mehr Beschäftigte ein Unternehmen        deutlich, dass zwischen der Unterneh-
                     sem Zweck wurden die Daten der Eid­         hat, desto grösser ist sein Anteil am Gü-   mensgrösse und der Teilnahme am Güter-
                     genössischen Zollverwaltung EZV her-        teraussenhandel.                            aussenhandel ein positiver Zusammen-
                     angezogen. Damit lassen sich die im                                                     hang besteht.
                     Güteraussenhandel tätigen Unternehmen       Um die Rolle der KMU beim Handel mit
                     identifizieren.                             dem Ausland detailliert zu untersuchen,     Die Konzerne bringen die Schweiz voran.
                                                                 müssen auch die Merkmale der Import-        Sie sorgen für viele Arbeitsplätze, tragen
                     Die Hälfte der Wertschöpfung des Güter-     und Exportunternehmen, unabhängig           massgeblich zum Bruttoinlandprodukt
                     handels zwischen der Schweiz und dem        von den absoluten Transaktionsbeträgen,     bei und sind wichtige Steuerzahler. Als
                     Ausland wird von Grossunternehmen er-       berücksichtigt werden. Knapp ein Viertel    Motor der Binnenwirtschaft sind sie Auf-
                     wirtschaftet. Sie generieren 58 % des Ex-   der Schweizer Unternehmen (24,3 %) ist      traggeber für lokale KMU und schaffen
                     ports und 46 % des Imports. Dahinter        im Aussenhandel tätig und exportiert Gü-    so indirekt viele weitere Jobs in der
                     folgen die mittleren Unternehmen (33 %      ter. Diese Unternehmen machen mehr als      Schweiz. Für den stv. Direktor des Schwei-
Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 13

                      zerischen Gewerbeverbandes sgv, Henri­       Auch das sei eine gute Nachricht, «denn
                      que Schneider, ist diese Aussage zu ein-     genau das macht die Schweiz zur wettbe-
                      seitig: «Die Wertschöpfungskette durch-      werbsfähigsten Wirtschaft der Welt – ge-
                      läuft mehrere Schritte. Grosse geben         mäss verschiedenen Rankings», freut sich
                      Aufträge an KMU und KMU geben Auf-           der stv. Direktor des sgv. <
                      träge an Grossunternehmen. Es ist gar
                      nicht möglich auseinanderzuhalten, wie
                      sich diese Flüsse verhalten.» Das sei gut
                      so, denn es zeige deutlich: Klein und
                      Gross wirtschaften zusammen. Als ab­
                      soluten Unsinn, bezeichnet Henrique
                      Schneider die Aussage, dass KMU vor
                      allem in der Binnenwirtschaft tätig seien.
                      «Etwa die Hälfte des Schweizer Aussen-
                      handels wird von KMU erbracht – gemäss
                      den Zahlen der Zollverwaltung.» Hen-
                      rique Schneider lässt eine Abhängigkeit
                      der KMU von Grossunternehmen nicht
                      uneingeschränkt gelten: Es gehe um Er-
                      gänzung, Kooperation und Wettbewerb.
                      «KMU und Konzerne ergänzen einander,
                      zum Beispiel wenn sie in der gleichen
                      Wertschöpfungskette als Zulieferer und
                      Auftraggeber miteinander verkehren.»
                      Doch sie machen sich auch gegenseitig
                      Wettbewerb. KMU und Konzerne über-
                      bieten sich in Innovation und Agilität.

Anzeige
Anzeigen

                                                                               Jetzt mehr
                                                                                erfahren:
                                                                                          /
                                                                               baloise.ch
     Baloise Life Advice: Die individuelle                                       anlegen
     Anlageberatung für Ihre Lebensziele.
Round Table | Verbandsspitzen

Diskutierten in der Villa Serdang: Andreas Gasche, Geschäftsführer kgv (vorne) und Rolf Riechsteiner (hinten), Präsident SOHK;

  Spitzen Zusammenarbeit
                  Die Präsidien des kgv und der SOHK sind neu besetzt. Die Verbandsspitzen sind an
                    einen Tisch gesessen und haben über sich, die Zusammenarbeit und den Kanton
                      Solothurn diskutiert. Und über das Verhältnis von Gesellschaft und Wirtschaft.
                                                                                           Interview Simone Leitner | Bilder Roy Matter

Die Präsidien des Kantonal-Solo-           einen Schritt weiterbringen, beziehungs-        Das ist ein wichtiges Ziel, doch zurzeit
thurnischen Gewerbeverbandes kgv           weise konkurrenzfähiger gestalten und           sind wir noch weit davon entfernt. Wir
und der Solothurner Handelskam-            weiterentwickeln.                               müssen in allen Bereichen in diese Rich-
mer SOHK sind neu besetzt. Wie                                                             tung arbeiten. Mit 99 Prozent KMU sind
hoch sind die Erwartungen?                 Ist denn eine Verbesserung nötig?               Unternehmungen mit weniger als 250
Pia Stebler, Präsidentin kgv: Ich          Daniel Probst, Direktor SOHK: Der               Mitarbeitenden gemeint. Wenn man un-
möchte, dass das Gewerbe und die KMU       Kanton Solothurn kann sich strukturell          sere Struktur betrachtet, haben wir vor
im Kanton Solothurn weiterhin eine star-   noch verbessern. Wir sind im schweizwei-        allem 1 bis 50 Mitarbeitende, was 98
ke Stimme in der Politik und in der Ge-    ten Vergleich eher strukturschwach. Wir         Prozent oder 97,5 Prozent von sämt­
sellschaft haben. Der Kanton Solothurn     haben vor allem in wertschöpfungsin-            lichen Unternehmungen sind. Wir sind
ist ein typischer KMU-Kanton, 99 % aller   tensiven Branchen wie in der Informa­           ein KMU-, aber auch ein Zulieferer-Kan-
Unternehmen sind KMU. Wenn es ihnen        tionstechnologie und Life Science noch          ton und da ist eine florierende Export-
gut geht, dann geht es auch unserer Be-    Potenzial. Deshalb ist es wichtig, dass         wirtschaft enorm wichtig. Sie ist der
völkerung gut – und dazu möchte ich        beide Wirtschaftsverbände am selben             Motor, durch den unsere Gewerbler
beitragen.                                 Strick ziehen und zusammen mit der Po-          existieren, liefern und leben können.
Rolf Riechsteiner, Präsident SOHK:         litik und dem Kanton an den Standort-
Ich erwarte eine florierende Wirtschaft,   faktoren arbeiten. Und es ist auch wich-        In den letzten Monaten hat die
dass wir auf einander achtgeben und gut    tig, dass wir den Kanton Solothurn be-          Pandemie Wirtschaft, Politik und
zusammenarbeiten. Sei dies innerhalb       züglich Steuerkraft von hinten ins vor­         Gesellschaft dominiert. Hat sich die
der Wirtschaftsverbände aber auch mit      dere Drittel bringen. Mittelfeld ist Pflicht,   Zusammenarbeit zwischen der Ge-
der Regierung und unseren Verwaltun-       das vordere Drittel sollte unser Ziel sein.     schäftsführung und den Präsidenten
gen. So, dass wir den Kanton Solothurn     Andreas Gasche, Geschäftsführer kgv:            verändert?
Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 15

                                                                                         KMU Frauen SO. Das ist für mich noch
                                                                                         gewöhnungsbedürftig.

                                                                                         Rolf Riechsteiner, Ihre Wahl zum
                                                                                         Präsidenten wurde medial nicht be-
                                                                                         gleitet. Ziehen Sie die Fäden im Hin-
                                                                                         tergrund?
                                                                                         Rolf Riechsteiner: Bei uns steht der
                                                                                         Präsident tatsächlich im Hintergrund und
                                                                                         dies soll auch so bleiben. Wir sind so auf-
                                                                                         gestellt, dass der Direktor nach aussen
                                                                                         auftritt. Deshalb ist es wichtig, dass wir
                                                                                         uns gut absprechen, uns austauschen
                                                                                         und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Wir
                                                                                         müssen nicht immer gleicher Meinung
                                                                                         sein. Aber wir sollten am selben Strick
                                                                                         ziehen. Sehr wichtig für meine Aufgabe
                                                                                         als Präsident ist mein breites geschäft­
                                                                                         liches und persönliches Beziehungsnetz.

                                                                                         Und wie ergänzen Sie sich mit dem
                                                                                         neuen Präsidenten?
                                                                                         Daniel Probst: Wie Rolf Riechsteiner
Daniel Probst, Direktor SOHK und Pia Stebler, Präsidentin kgv.                           gesagt hat, ist es wichtig, dass der Präsi-
                                                                                         dent im Kanton Solothurn gut vernetzt
                                                                                         ist. Das ist bei Rolf Riechsteiner sehr
                                                                                         stark der Fall. Wir ergänzen uns perfekt.
Daniel Probst: Rückblickend auf die         ein Kurzarbeitsformular gesehen. Alles       Ich bin nahe bei unseren Mitgliedern.
Zusammenarbeit mit dem abgetretenen         Aspekte und Fragestellungen, die uns in      Als Kantonsrat habe ich zudem gute
Präsidenten Hansjörg Stöckli hat die        der Geschäftsstelle wichtig waren und        Kontakte in die Politik und zur Verwal-
Pandemie an der Zusammenarbeit nicht        die wir auch rasch beantworten konn-         tung. Dort knüpft Rolf Riechsteiner an:
viel oder nichts geändert. Als Geschäfts-   ten. Der Draht zur Politik war essenziell.   Auch er hat gute Kontakte zur Verwal-
stelle sind wir auch während der Corona­    Unser Zentralvorstand, eine Art Verwal-      tung und ist durch seine berufliche Tä-
krise auf die Bedürfnisse und Anliegen      tungsrat für mich, tagt zehnmal pro          tigkeit stark in den Gemeinden präsent –
unserer Mitglieder eingegangen. Mit         Jahr, fast monatlich. Und die Präsiden-      das ist für die Handelskammer wichtig.
dem Präsidenten stimme ich wichtige         tenkonferenz tagt viermal im Jahr. So        Und natürlich hat auch er die Nähe zu
Entscheide meistens telefonisch ab und      haben wir per se schon einen engen           den Unternehmungen.
treffe ihn zusammen mit den Vizepräsi-      Kontakt mit dem Zentralvorstand und
denten vor den Vorstandssitzungen –         dem Präsidium.                               Und beim kgv, wie sieht die Rollen-
dreimal im Jahr. Das blieb alles gleich.                                                 teilung aus?
                                            Pia Stebler, Sie waren während Co-           Andreas Gasche: Diese ist grundsätz-
Der kgv hat fast wöchentlich seinen         rona als Präsidentin der KMU Frauen          lich sehr ähnlich wie bei der Handels-
Mitgliedern die neuen Corona-Mass-          SO aktiv. Sehen Sie Parallelen zu            kammer. Alles Operative liegt bei mir. In
nahmen schriftlich kommuniziert.            Ihrer neuen Aufgabe?                         vielen Fällen sind wir das Sprachrohr
Dort hat der Präsident auch immer           Pia Stebler: Die Aufgabe bleibt ähnlich.     zum Gewerbe und treten auch nach
unterschrieben. Haben Sie eng zu-           Als Präsidentin der KMU Frauen SO habe       aussen auf. Nur sind wir kleinräumiger,
sammengearbeitet?                           ich für die KMU Frauen gekämpft und          vielleicht hemdsärmeliger.
Andreas Gasche: Wir haben sehr viel         damit indirekt natürlich auch für die
zusammengearbeitet, da viele unserer        KMU Männer. Die Probleme, die Andreas        Sie sagen «hemdsärmelig», doch Sie
Mitglieder direkt Betroffene waren. Viele   Gasche angesprochen hat, waren ja für        sind beide Akademiker …
unserer Betriebe wurden geschlossen,        Frauen und Männer die gleichen. Wir          Andreas Gasche: Ich kann seit 25 Jah-
wieder geöffnet und wieder geschlos-        haben viele Newsletter geschrieben und       ren gut mit meiner Kundschaft umge-
sen. Da gab es auch viele politische Fra-   dabei eng mit dem kgv und der SOHK           hen und auch auf sie zugehen – ohne
gen. Zwischen Christian Werner als Prä-     zusammengearbeitet. Daniel Probst und        dass ich mich verstellen muss. Das ist
sident sowie Kantonsrat und mir als         ich sind auch gemeinsam im Wirtschafts-      wichtig, denn sonst würde ich nicht ak-
Geschäftsführer wurden viele Fragen         beirat und waren so an der Front, wenn       zeptiert.
abgesprochen. Es brauchte eine politi-      es um die kantonale Umsetzung von
sche Stimme. Es sind viele neue Fragen      Massnahmen ging. Es wird sich also nicht     Und wie viel Aufsehen erregt Ihr
aufgetaucht, beispielsweise das Thema       so viel ändern. Das öffentliche Interesse    Doktortitel, Pia Stebler?
Kurzarbeit. 90 Prozent der Betriebe, die    an der kgv-Präsidentin ist aber bedeu-       Pia Stebler: Mein Doktortitel war tat-
geschlossen wurden, haben noch nie          tend höher als an der Präsidentin der        sächlich ein Thema während meiner
Round Table | Verbandsspitzen

                    Der neue Präsident und die neue Präsidentin freuen sich auf einen guten und professionellen Austausch.

Kandidatur für das Präsidium. Die Frage       allen Arbeitnehmenden im Kanton. Zu-        Kann die Zusammenarbeit zwischen
tauchte auf, ob ich trotz dieses Titels       sammen mit dem kgv repräsentieren wir       kgv und Handelskammer noch opti-
denn auch mit Gewerblern sprechen             rund 50 000 Arbeitnehmende. Zusam-          miert werden?
kann. Ja, ich kann! Ich habe nicht zwei       men mit den fünf regionalen Industrie-      Rolf Riechsteiner: Wir haben einen sehr
linke Hände und kann auch ein Bier aus        und Handelsvereinen, den regionalen         guten und professionellen Austausch mit
der Flasche trinken. Ich bin zwar Akade-      Gewerbe- und Branchenverbände sind          dem kgv – ich kann es beurteilen, weil ich
mikerin, aber seit rund 25 Jahren nicht       wir eine gewichtige Stimme. Deshalb         schon länger im Vorstand bin. Auch bei
mehr in der Wissenschaft, sondern in          haben wir auch die Möglichkeit, Ein-        politischen Themen funktioniert die Zu-
der Praxis tätig. Das Volkwirtschaftsstu-     fluss zu nehmen – und das machen wir        sammenarbeit bestens. Den Austausch,
dium ist ein solides und gutes Funda-         auch.                                       das Brainstorming und den Gegenpol zu
ment, prägend für mich sind aber die                                                      haben, ist wichtig. Diskussionen können
späteren Berufserfahrungen.                   Gibt es inhaltliche Unterschiede?           intern geführt, intern ausgelotet und auf
                                              Andreas Gasche: Wir haben struktu-          den Punkt gebracht werden, um extern
Wie unterscheidet sich die Mitglieder­        relle Unterschiede. Daniel Probst hat       mit Stärke auftreten zu können. Und das
struktur der beiden Verbände?                 Einzelfirmen, wir haben Vereine und         ist mein Ziel, dies mit der neuen Zu-
Daniel Probst: Wir haben rund 500             Verbände. Berufsverbände mit all ihren      sammensetzung weiterführen zu können.
Mitglieder. Vom kgv unterschiedet uns,        Mitgliedern stärken unsere Position.
dass bei uns neben kleinen und mittle-        Zum Beispiel, wenn wir mit dem Amt          Für innovative Projekte wie die Nacht
ren Unternehmen vor allem auch grös-          für Wirtschaft und Arbeit Diskussionen      der Solothurner Industrie, das Weis-
sere, exportorientierte Unternehmen           haben. Wir wissen, dass die Berufsver-      senstein-Forum, tunSolothurn, wie
Mitglied sind. Sowie Zulieferer dieser        bände hinter uns stehen. In einigen po-     wichtig ist dabei die Unterstützung
Exportfirmen und auch jene, welche            litischen Fragen sind wir eher hetero-      des Präsidenten?
sich als Teil dieser Wertschöpfungs­          gen. Wir haben nur einen kleinen Anteil     Daniel Probst: Grössere Projekte lassen
kette verstehen. Die Mitgliedfirmen der       an Einzelmitgliedern wie Banken, Versi-     wir durch den Vorstand genehmigen.
Handelskammer sind mit einer Durch-           cherungen, Treuhänder oder Rechtsan-        Wichtig ist, dass von Anfang an das Prä-
schnittsgrösse von 67 Mitarbeitenden          wälte. Inhaltlich sind wir ganz klar eine   sidium dahintersteht. So ist die Chance
rund acht Mal grösser als im kantona-         Binnenmarkt-Organisation, die wenig mit     gross, dass auch der Vorstand bereit ist,
len Durchschnitt. Es ist aber nicht so,       Export-Fragen zu tun hat. Das unter-        auf die Pläne einzugehen. Wichtig ist,
dass wir nur grosse Firmen haben. Gut         scheidet uns inhaltlich von der Handels-    dass die Projekte und Aktivitäten den
70 Prozent unserer Mitglieder beschäf-        kammer. Mit rund 80 Prozent Kleinstbe-      Mitgliedern dienen und dass wir die Fi-
tigen 1 bis 49 Mitarbeitende, weitere         trieben, die einen bis fünf Mitarbeitende   nanzen im Griff haben.
22 Prozent haben 50 bis 249 Beschäftig­       haben, ist es unsere Pflicht, beispiels-
te. Wir haben also auch Klein- und Kleinst-   weise auch Dienstleistungen auf die         Bei welchen Themen und Projekten
firmen, die das Netzwerk der Handels-         Beine zu stellen, wie die Pensionskasse     ist es unerlässlich, die Präsidentin mit
kammer sehr schätzen. Insgesamt be-           für einen Alleinunternehmer und Ähn­        ins Boot zu holen?
schäftigen unsere Firmen 32 000 Mitar-        liches. Das ist etwas, was Daniel Probst    Pia Stebler: Natürlich wenn es um stra­
beitende, das sind rund 22 Prozent von        weniger braucht.                            tegische Ausrichtungen geht, wie neue
Wirtschaftsflash | Juli 2021 | Seite 17

Grossprojekte, welche auch etwas kosten      Millionenpotenzial an Investitionen für     partner. Im Moment sehe ich keinen
oder um Kooperationen. Aber auch,            die Sanierung von Gebäuden. Der Nach-       Plan B oder C. Im Moment ist nur klar,
wenn es um die Verfassung von Vernehm-       holbedarf ist extrem hoch. Und das wie-     was wir nicht haben. Nun ist das ganze
lassungsantworten und Abstimmungspa-         derum ist eine grosse Chance für das        Land gefordert – die Wirtschaft, Politik
rolen geht. Gerade beim CO2-Gesetz war       Gewerbe. Vor allem, sollte die Baukon-      und Gesellschaft, um die Situation zu
die Haltung des Gewerbes nicht eindeu-       junktur in Zukunft eventuell einmal ins     klären und die Verhältnisse wieder zu
tig. Wir kamen im Falle vom CO2-Gesetz       Straucheln kommen.                          stabilisieren. Derzeit erodieren die bila-
zum Schluss, dass wir das Geschäft im        Rolf Riechsteiner: Wir haben ein riesi-     teralen Verträge. Die oft hoch gelobte
Zentralvorstand traktandieren und da-        ges Potenzial beim Unterhalt und bei        Schweizer Stabilität, die sich positiv auf
nach sogar der Präsidentenkonferenz vor-     Erneuerungen von Infrastrukturen. Das       die Planungs- und Investitionssicherheit
legen. Es gilt immer die Interessen aller    Niveau in der Schweiz ist sehr hoch und     in der Wirtschaft auswirkt, ist am Wan-
Mitglieder unter einen Hut zu bringen. Da    muss erhalten, erweitert und ausgebaut      ken. Daran kann niemand ein Interesse
muss man ein Gspüri dafür haben.             werden. Klar ist auch, wer investiert,      haben, da es sich negativ auf unseren
                                             muss auch Geld verdienen. Deshalb ist       Wohlstand auswirkt. Die Medizinaltech-
Das heisst, Sie müssen bei Ihrer hete­       es wichtig, dass die Politik klare und      nik ist schon betroffen. Der Maschinenin-
rogenen Struktur eher den Mittel-            tragbare Voraussetzungen und Bedin-         dustrie ist als nächstes dran, danach folgt
weg suchen?                                  gungen für die Wirtschaft schafft. Un-      die Überarbeitung der EU-Bauprodukte-
Pia Stebler: Oft ist es eindeutig. Aber      ternehmen können selbst wirtschaften,       verordnung. Zudem brauchen wir drin-
das CO2-Gesetz war schon eine Vorlage,       sind innovativ und setzen selber um.        gend ein Stromabkommen und weiterhin
bei der die Meinungen im Gewerbe weit        Voraussetzung ist einzig, dass nicht zu     den Zugang zum europäischen Forschungs­
auseinander gingen.                          viele staatliche Eingriffe die Wirtschaft   netzwerk.
Andreas Gasche: Beim Co2-Gesetz              behindern.
waren wir wirklich gespalten. Wir haben      Andreas Gasche: Ich denke es gibt           Wie sieht es mit der Altersvorsorge
dies nie inhaltlich diskutiert, sondern      durchaus noch andere explosive Themen.      aus?
einen strategischen Entscheid gefällt –      Einerseits die kantonale Steuer- und        Daniel Probst: Das ist das zweite grosse
und Stimmfreigabe beschlossen.               Finanzpolitik, die uns weiterhin beschäf-   nationale Thema. Unsere Dachverbände,
Pia Stebler: Das war die Empfehlung          tigen wird. Sicher auch etliche Themen      economiesuisse und der Schweizerische
des Zentralvorstands. Entschieden hat        auf nationaler Ebene, wie das Verhältnis    Arbeitgeberverband, nehmen dabei die
dann die Präsidentenkonferenz.               zur EU. Und es gibt neben der Krise wich-   Interessen der Arbeitgebenden wahr.
Andreas Gasche: Genau, wenn das Duo          tige Geschäfte, die wieder in Angriff       Wir haben heute schon hohe Lohnne-
gut funktioniert und geschlossen auftritt,   genommen werden müssen – auf kanto-         benkosten und es werden immer mehr.
dann werden die Geschäfte auch durch-        naler und nationaler Ebene.                 Auf Kantonsebene haben im Moment Fi-
gebracht.                                                                                nanzthemen eine hohe Priorität. Weil un-
                                             Welche Themen sind derzeit pen-             ser Kanton strukturschwach ist und wir
Welches sind die explosiven Themen,          dent?                                       deshalb eine hohe Steuerbelastung haben,
Klimaschutz?                                 Daniel Probst: Viele (lacht). Auf natio-    wollen wir diese für Privatpersonen sen-
Andreas Gasche: Die ganze Klimapoli-         naler Ebene ist es sicher das Verhältnis    ken. Wir kommen deshalb in den nächsten
tik ist ein grosses Thema. Es geht um ein    zu Europa, unserem wichtigsten Handels­     Jahren nicht daran vorbei, uns mit Sparen

                                                          «Die ganze Klimapolitik ist ein grosses Thema», sagt Andreas Gasche.
Round Table | Verbandsspitzen

                  Daniel Probst betont: «Die nächsten schädlichen, oft moralisierenden Initiativen rollen bereits auf uns zu.»

und Verzicht zu beschäftigen. Neben den      mieren und wie wir dann schlussendlich      ­ alten, Sklaven- oder Kinderarbeit tole­
                                                                                         h
Energie- und Klimathemen glaube ich,         abstimmen, ist teilweise 180 Grad kon-      rieren, die der Abzocke und dem Boni-­
dass die Raumplanung immer wichtiger         trär. Das funktioniert so nicht. Dies ist   Exzess beschuldigt werden. Dabei han-
wird. Der Boden ist knappes Gut.             vielen Menschen nicht bewusst. All die      delt es sich doch nicht um «unsere» Un-
                                             Annehmlichkeiten die wir geniessen          ternehmen. Aber durch diese negative
Welches Thema brennt bei der Raum-           sind nur mit einer gesunden Wirtschaft      Medienpräsenz wird zuweilen die ganze
planung?                                     möglich. Und diese muss sich entwickeln     Wirtschaft in einen Topf geworfen. Mit
Rolf Riechsteiner: Im Grunde genom-          können, braucht Freiheit und keine Über-    passenden Massnahmen sollten wir der
men ist es unsere Gesellschaft, sind es      regulierungen. Wie wir leben und wie        Bevölkerung «unsere» Unternehmen wie-
unsere gesellschaftlichen Veränderungen,     wir uns politisch äussern ist nicht kon-    der näherbringen. Veranschaulichen, wie
welche die Raumplanung prägen. Alle          gruent.                                     unsere Wirtschaft wirklich funktioniert.
haben Ansprüche an Raum. Beispiels­                                                      Wir sind eine kleinräumige Gesellschaft
weise die Verkehrsinfrastruktur in unseren   Ist die Bevölkerung gegen die Wirt-         und sollten uns öffnen, das Gespräch
Zentrumsregionen macht es deutlich:          schaft?                                     suchen – auch zu Kritikerinnen und Kri­
Bahn­linien und Bahnhöfe werden ausge-       Andreas Gasche: Man versteht sich           tikern.
baut, wir reden von ÖV-Drehscheiben,         nicht mehr. Was wir in der Wirtschaft
welche wiederum einen grossen Druck          machen und umsetzen, wird vielfach          Oder eben via Politik?
auf den umgebenden Siedlungsraum             nicht mehr verstanden. Dies hat in der      Daniel Probst: Es ist wichtig, dass wir
ausüben. Die Siedlungen werden ver-          Vergangenheit zugenommen. Vielleicht        Vertreterinnen und Vertreter in der Poli-
dichtet, sie wachsen. Was wiederum For-      fehlt das Interesse. Vielleicht wird auch   tik haben. Vom Gewerbe, von der Indus-
derungen nach mehr Raum auslöst. Und         der Wirtschaft für gewisse Entwicklun-      trie, vom Handel und von den Dienstleis-
am Ende des Tages wird der Raum nicht        gen der Umwelt die Schuld gegeben. Es       tungsunternehmen. Ich bin schon lange
grösser. Die Schweiz ist so gross wie sie    scheint, als ob die Menschen nicht mehr     in der Politik und ich merke, dass ein
ist.                                         wissen, was die Wirtschaft alles für die    Durchschnittspolitiker – ich meine dies
                                             Umwelt macht. Das macht mir Sorgen.         nicht abwertend und ich überspitze auch
Ist denn dieses Verständnis von Um-          Man muss sensibilisieren. Wir versuchen     ein wenig – wenn er von Wirtschaft
welt und Wirtschaft überhaupt vor-           es damit, dass wir zweimal im Jahr sämt-    spricht, eigentlich den stationären Einzel-
handen?                                      liche Haushalte mit unserem SO Magazin      handel meint. Wird über Wirtschafts-
Rolf Riechsteiner: Das Verständnis ist       bedienen.                                   politik gesprochen, dann geht es ums
nicht vorhanden. Wir als Gesellschaft        Pia Stebler: Ich sehe einen Zusammen-       «Lädeli­sterben» und um genügend Park-
«predigen Wasser und trinken Wein».          hang zur Medienberichterstattung: Oft       plätze, und nicht etwa um das Verhältnis
Wenn wir überlegen, wie wir uns im All-      wird von Negativbeispielen berichtet,       zu Europa, um den Zugang zum euro­
tag verhalten, wie wir wohnen und ar-        beispielsweise von Grosskonzernen, wel-     päischen Forschungsprogramm oder um
beiten, wie wir uns bewegen und konsu-       che Umweltschutzbedingungen nicht ein-      Stromabkommen.
Sie können auch lesen