Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier

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Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
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Real Estate
Focus
Chief Investment Office WM
2017
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
Editorial

     Liebe Leserin
     Lieber Leser

     Die Eigenheimpreise sind regional rückläufig, die Leerstände bei Mietwohnun-
     gen nehmen zu, den Geschäftsliegenschaften fehlen wirtschaftliche Impulse
     und die Ausschüttungshöhe bei börsennotierten Immobilien ist gefährdet. Für
     Immobilieninvestoren, die sich in Sicherheit wiegen, ist es höchste Zeit aufzu­
     wachen. Aber wie? Der argentinische Autor Jorge Bucay kennt sich aus: «Kindern
     erzählt man Märchen zum Einschlafen, Erwachsenen, damit sie aufwachen.»
     Ein Streifzug durch die Märchenwelt liefert unterschiedliche Strategien, wie
     man sich in einem Risikoumfeld verhält.

     Da sind die Bremer Stadtmusikanten, die aus Angst vor dem Tod fliehen und
     dabei keine Risiken scheuen, um selbst hintertriebene Halunken zu besiegen.
     Die reich gedeckte Tafel belohnt sie schliesslich für ihre Risikobereitschaft. Doch
     ihr Vorgehen gleicht dem Mut der Verzweiflung. Anders agiert der Froschkönig,
     der durch sein geduldiges Ausharren erlöst und zum Prinzen Heinrich wird. Sein
     Handlungsspielraum beschränkt sich allerdings auf das Warten, sodass er kaum
     die Möglichkeit hat, überhaupt Risiken einzugehen. Eine dritte, ausdifferenzierte
     Variante wählt hingegen die Märchenheldin Aschenputtel. Sie erreicht ihr Ziel,
     da sie dank ihres klugen strategischen Risikoverhaltens im richtigen Moment
     aktiv wird.

     Riskante, von Anlagenotstand getriebene Immobilienkäufe haben bisweilen
     den Anschein der Verzweiflung. Auch das Warten auf bessere Zeiten bei leer­
     stehenden ausgedienten Objekten dürfte kaum noch Erfolg zeitigen. Vielmehr
     sind bei steigenden Risiken am Immobilienmarkt differenziertere Strategien
     gefragt, um die Chancen im richtigen Moment zu ergreifen. Mit unserem
     dies­jährigen UBS Real Estate Focus unterstützen wir Sie gerne dabei.

     Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

     Claudio Saputelli                          Daniel Kalt
     Leiter Global Real Estate                  Chief Economist Switzerland

                                                                                      UBS Real Estate Focus 2017   3
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
Inhalt

                                                6                                    14
    UBS Real Estate Focus 2017
    Diese Publikation wurde durch
    ­UBS Switzerland AG erstellt. Bitte
                                                Risiko                               Wohnen
     ­beachten Sie die wichtigen rechtlichen
      Informationen am Ende der Publikation.
      Aus der Performance der Vergangenheit
      kann nicht auf künftige Renditen
      geschlossen werden. Die an­gegebenen
      Marktpreise sind Schluss­kurse der
      ­jeweiligen Hauptbörse.

    Herausgeber
    UBS Switzerland AG
    Chief Investment Office WM
    Postfach, CH-8098 Zürich

    Chefredaktion
    Elias Hafner

    Redaktion
    Viviane Vajda

    Redaktionsschluss
    12. Januar 2017                             6   Management                       14 Eigenheime
                                                    von Immobilienrisiken               Im Fahrwasser der Zentren
    Korrektorat
                                                    Risikomanagement
    24translate GmbH, St. Gallen
                                                    als Chance                       18 Mehrfamilienhäuser
    Desktop Publishing                                                                  Leerstand gehört zum Spiel
    Margrit Oppliger
    Werner Kuonen

    Fotos
    Manuel Stettler Fotografie, Burgdorf

    Titelbild                                   Im Fokus                             Im Fokus
    Parkhaus Sihlcity, Zürich

    Druck
                                                8   Management von Konjunk-          22 Kalkulatorischer Zinssatz
    galledia ag, Flawil, Schweiz                    tur- und Objektrisiken              Reduktion ist ein Spiel mit
                                                    Portfoliorisiken visualisieren      dem Feuer
    Sprachen
    Deutsch, Englisch, Französisch und
    Italienisch                                 10 Management von                    25 Demografie
                                                   unsystematischen Risiken             Absicherung durch kleine
    Kontakt
    ubs-cio-wm@ubs.com
                                                   Nicht alles auf dasselbe             Wohnungen
                                                   Pferd setzen
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    UBS Real Estate Focus abonnieren und
                                                12 Management von Zinsrisiken
    zusätzliche Exemplare dieser Pu­blikation      bei der Finanzierung
    über Ihre Kunden­bera­terin oder Ihren         Zinsschwankungen sind
    Kundenberater oder die Mailbox von
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    sh-iz-ubs-publikationen@ubs.com.

    Eine elektronische Abonnierung ist
    zudem über Investment views auf der
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4   UBS Real Estate Focus 2017
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
28                               42                               50
Geschäft                         Börse                            Global

28 Büroflächen                   42 Immobilienfonds               50 Globaler Markt der
   Nachfrageflaute trübt            Impulse für Kursavancen          Immobilienanleihen
   Perspektiven                     fehlen                           Auf dem Zenit

32 Verkaufsflächen               45 Immobilienaktien              53 UBS Global Real Estate
   Verdrängungswettbewerb           Mehr Kundennähe und              Bubble Index
   intensiviert sich                neue Geschäftsfelder             Blasenrisiko steigt rund
                                                                     um den Globus

Im Fokus                         Im Fokus

36 Coworking-Flächen             48 Bewertungen der Immobilien­   59 Überblick und Prognosen
   Eine Antwort auf                 aktien und -fonds
   Büroleerstand                    Jahre der Überrendite gehen
                                    zu Ende
39 E-Commerce
   Flexibles Flächenmanagement
   gefragt

                                                                                UBS Real Estate Focus 2017   5
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
Management von Immobilienrisiken

               Risikomanagement
               als Chance
               Claudio Saputelli
Risiko

                                      Kaum eine andere Anlageklasse rentierte in den letzten
                                      zehn Jahren besser als der Schweizer Backstein. Doch
                                      die Luft auf dem hiesigen Immobilienmarkt wird dünner.
Wohnen

                                      Ein professionelles Risikomanagement sichert eine
                                      attraktive Ertragslage.
Geschäft

               Seit der Finanzkrise haben die Zinsen in der           Ein aktives Risikomanagement fristete im Immo­
               Schweiz eine einmalige Talfahrt hingelegt. Nach        bilienwesen bisher bloss ein Mauerblümchen­
Börse

               dem Brexit-Votum Grossbritanniens Ende Juni            dasein. Denn über Jahrzehnte galt die Immobilie
               2016 lag gar die gesamte Eidgenossen-Zinskurve         als wertbeständiges und inflationsresistentes
               für einige Tage im negativen Bereich. Der durch        Investment. Doch spätestens seit dem Platzen
               das Tiefzinsumfeld hervorgerufene Anlagenot-           von Immobilienblasen in den letzten Jahren,
               stand – verschärft durch die extrem expansive         ­welche die Welt- und Finanzwirtschaft erschüt-
               Geldpolitik der Zentralbanken – beflügelte den         terten, nahm das Interesse an der systematischen
Global

               Immobilienmarkt in einem Ausmass, das noch             Auseinandersetzung mit Risiken sowohl bei insti-
               vor wenigen Jahren unvorstellbar war. In der           tutionellen wie auch privaten Immobilieninvesto-
               Folge wurden auch die Warnungen vor über­              ren deutlich zu. Ein effizientes Risiko­manage­
               hitzten Immobilienmärkten immer lauter. Doch           ment verfolgt nicht das Ziel, Risiken generell zu
               rückblickend lässt sich feststellen: In den letzten    vermeiden. Vielmehr soll damit das Erreichen der
               zehn Jahren gehörten Immobilien zu den Anlage­         Investitionsziele langfristig gesichert werden.
               klassen mit der besten Performance. Dies darf
               aber nicht über die teils zu hohe Bewertung           Risiko als Produktionsfaktor nutzen
               ­hinwegtäuschen.                                      Bereits vor Jahrhunderten wurde der Begriff
                                                                     Risiko – in Verbindung mit Versicherungen – als
               Risiken bewirtschaften statt                          ein Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und
               voreilig handeln                                      Schadenhöhe definiert. Daher ist der Begriff bis
               Für den Immobilieninvestor stellt sich die Frage,     heute negativ konnotiert, im Sinne von Wagnis,
               wie es nun weitergehen soll. Vereinfacht              Gefahr oder Verlustmöglichkeit bei einem
               betrachtet, hat er drei Möglichkeiten: Er setzt       ­unsicheren Vorhaben. Für viele Disziplinen greift
               weiterhin auf Immobilien, in der Überzeugung,          diese einseitige Interpretation von Risiko jedoch
               dass ihm seine Marktkenntnisse auch künftig            zu kurz. Eine ambivalente Betrachtungsweise
               Gewinne bescheren werden. Alternativ begeg-            nach dem Beispiel östlicher Kulturen ist eindeutig
               net er den hohen Bewertungen mit Skepsis               zielführender. So lautet die chinesische Bezeich-
               und entscheidet sich für Gewinnmitnahmen.              nung für Risiko «Wei-ji» und setzt sich aus den
               Als letzte Variante verzichtet er auf einen vor-       Schriftzeichen für «Gefahr» und «Chance»
               eiligen Entschluss und wählt stattdessen ein           zusammen. Das Reich der Mitte betrachtet das
               professionelles Risikomanagement zur nach-             Risiko nicht als Einengung, die es zu vermeiden
               haltigen ­Werterhaltung und -steigerung des            gilt, sondern als ein natürliches Zusammenspiel
               Portfolios.                                            aus potenziellem Gewinn und Verlust.

           6   UBS Real Estate Focus 2017
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JungfrauPark (zuvor Mystery Park) Interlaken
«Ein effizientes Risikomanagement verfolgt
nicht das Ziel, Risiken generell zu vermeiden.»

Manche Ökonomen gehen gar einen Schritt               Mehrere Faktoren dürften die künftige Wert­
weiter und sehen Risiko als einen Produktions-        entwicklung beeinträchtigen: Erstens werden
faktor an, dessen Einsatz durch eine Risiko­          die Zinsen kaum weiter sinken und sie werden
prämie entlohnt wird. Risikovermeidung hin­           irgendwann ­wieder ansteigen. Zweitens hat der
gegen bewirkt einen Stillstand, der in einer          jahrzehntelang andauernde Trend des steigenden
fortgeschrittenen Volkswirtschaft einem Rück-         Flächenkonsums pro Kopf gedreht, was die
schritt gleichkommt. Auch der australische            inländische Zusatznachfrage beschränkt. Drittens
Schriftsteller John Marsden erkannte, dass eine       dürfte der Verdrängungswettbewerb aufgrund
totale Risiko­vermeidung neue Risiken generiert:      von Überkapazitäten nicht nur bei Geschäfts­
«The biggest risk is to take no risks.» Ein effizi-   liegenschaften, sondern auch bei Wohnliegen-
entes Risikomanagement verfolgt demnach das           schaften ­härter werden. Und viertens durch-
Ziel, bewusst mit Chancen und Risiken umzu­           dringt der Modernisierungsschub immer mehr
gehen, um so die anvisierten Investitions- oder       Nutzungs­arten, was generell den älteren Objek-
Unternehmensziele bestmöglich zu erreichen.           ten arg zusetzen wird. Wer also am Immobilien-
                                                      markt weiterhin seine Chancen nutzen will,
Aktuelles Wirtschaftsumfeld ruft                      befasst sich am besten schon heute mit der
nach Risikobewirtschaftung                            neuen Realität.
Solange kaum Gefahren auftreten, ist die Moti-
vation niedrig, Risiken zu managen, insbeson-
dere wenn dies mit grösserem Zeitaufwand und          Das Kapitel Risiko (Seiten 6 bis 13) ist angelehnt an:
somit Kosten verbunden ist. Doch wir glauben,         Maier, Kurt M.; Graf, Karl Herbert; Schwatlo, Winfried;
                                                      ­Steinbrenner, Hans-Peter (2007): Risikomanagement im
dass sich der Immobilieninvestor zunehmend auf         Immobilien- und Finanzwesen – Ein Leitfaden für Theorie
eine veränderte Realität einstellen sollte.           und Praxis. Frankfurt am Main: Knapp.

                                                                                                                 UBS Real Estate Focus 2017                                                  7
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Management von Konjunktur- und Objektrisiken

               Portfoliorisiken
               visualisieren
               Claudio Saputelli
Risiko

                                      Immobilienanleger sehen sich einerseits mit konjunktu-
                                      rellen, andererseits mit objektspezifischen Risiken kon-
                                      frontiert. Professionelle Risikomodelle verknüpfen diese
Wohnen

                                      Elemente, was als Basis für Strategieentscheide dient.
Geschäft

               Zeiten mit Flächenknappheit während eines               Methoden gemessen und ihre Wirkungsrichtung
               ­Aufschwungs und Flächenüberangebot bei                 wird ermittelt. Empirische Untersuchungen zei-
                einem Abschwung wechseln sich kontinuierlich           gen beispielsweise, dass die Gesamtkonjunktur,
                ab. Der Zyklus des Immobilienmarkts – im Ideal-        die Einkommensentwicklung und die Arbeits-
                fall als Sinuskurve dargestellt – lässt sich in vier   marktlage einen stärkeren Einfluss auf die Ent-
Börse

                verschiedene Phasen einteilen: Projektentwick-         wicklung des Bauvolumens ausüben als – wie
                lung (in der Expansionsphase) und Überbauung           vielfach angenommen – die Zins- und die Bevöl-
                (in der Kontraktionsphase) sowie Marktbereini-         kerungsentwicklung.
               gung (in der Rezessionsphase) und Marktstabili-
               sierung (in der Erholungsphase).                        Basierend auf den Ermittlungsresultaten werden
                                                                       Prognosen über die künftige Immobilienmarkt-
Global

               Die Phase der Expansion ist durch eine stark            entwicklung erstellt, um das systematische
               ansteigende Flächennachfrage, oft ausgelöst             Risiko von Immobilieninvestitionen zu bewerten.
               durch eine anziehende Gesamtkonjunktur,                 Das systematische Risiko, auch Marktrisiko
               gekennzeichnet. Dabei nehmen die Absorptions-           genannt, beschreibt jenes Risiko, das alle Immo-
               raten zu und Leerstand wird abgebaut. Die Zahl          bilienobjekte gleichermassen trifft. Es kann also
               der Fertigstellungen hält sich aufgrund der langen      nicht durch ein breitgestreutes Immobilienport-
               Produktionsdauer von Immobilienprojekten trotz          folio «wegdiversifiziert» werden.
               hoher Neubautätigkeit in Grenzen. Auf die posi-
               tive Stimmung folgt die Phase der Kontraktion,          Standort- und Objektrisiken tangieren
               in der die Flächennachfrage wieder sinkt, gleich-       ­einzelne Immobilien
               zeitig aber viele fertiggestellte Projekte die Leer-     Während die Marktrisiken nicht nur einzelne
               standsquote erhöhen. Die Folge sind sinkende             Investitionsobjekte, sondern die ganze Anlage-
               Mieten, welche in die Rezessionsphase münden.            kategorie betreffen, werden mit der Standort-
               Ein konjunktureller Abschwung verschlimmert in           analyse Entwicklungsmöglichkeiten und Risiko-
               dieser Phase die Situation auf dem Immobilien-           potenziale im Hinblick auf die spezifische Lage
               markt zusätzlich, sodass sinkende Preise unum-           des Objekts ermittelt. Dabei wird zwischen
               gänglich sind. Niedrige Mieten und eine höhere           Makro- und Mikrostandortfaktoren unterschie-
               Flächennachfrage führen dann in der Erholungs-           den. Der Makrostandort ist der Grossraum, in
               phase erneut zu einem Anstieg der Absorption.            dem sich ein Grundstück befindet, sowie dessen
                                                                        Einzugs- und Verflechtungsbereich. Typische
               Marktrisiko betrifft alle Objekte                        Makrostandortfaktoren sind Wirtschaftsstruktur,
               Das Angebot und die Nachfrage an den Immo­               Flächenangebot, Mietniveau. Der Mikrostandort
               bilienmärkten werden durch wirtschaftliche,              beschreibt hingegen das unmittelbare Umfeld
               gesellschaftliche und politische Determinanten           eines Grundstücks wie Erschliessung, Verkehrs-
               beeinflusst. Gewisse Faktoren sind quantifizierbar       anbindung oder Immissionen.
               und werden mittels verschiedener statistischer

           8   UBS Real Estate Focus 2017
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
Bei der Objektanalyse wechselt der Fokus zur                                                                                         Punktzahl für die Dimension Marktchancen
  Qualität des Einzelobjekts und dessen spezifi-                                                                                       beziehungsweise Objektchancen einer Liegen-
  schen Eigenschaften. Wesentliche Elemente des                                                                                        schaft, die in einer Neun-Felder-Matrix visuali-
  Ertrags- und Risikopotenzials sind Grundstücks-                                                                                      siert werden kann (siehe Abbildung). Dies bildet
  beschaffenheit, Bausubstanz, Ausstattungs­                                                                                           die Grundlage für die Entwicklung von risiko­
  merkmale und rechtliche Situation.                                                                                                   spezifischen Investitions- beziehungsweise
                                                                                                                                       Desinvestitionsstrategien.
  Zweidimensionaler Ansatz zur besseren
  Visualisierung                                                                                                                       Portfolio auf schwierigere Zeiten vorbereiten
  Die Markt-, Standort- und Objektanalysen kön-                                                                                        Bei der Entwicklung von Risikostrategien ist zu
  nen nicht nur isoliert betrachtet, sondern in                                                                                        beachten, dass der Investor die Marktfaktoren
  einem zweidimensionalen, portfoliotheoreti-                                                                                          kaum beeinflussen kann. Die Veränderungs-
  schen Ansatz miteinander verknüpft werden.                                                                                           möglichkeiten bei den Objektfaktoren sind hin-
  Das Ziel ist dabei nicht, einzelne Liegenschaften                                                                                    gegen vielfältig. Je nach Phase innerhalb des
  zu beurteilen, sondern vielmehr deren gegen­                                                                                         Immo­bilien­marktzyklus lässt sich bei den Markt-
  seitige Wechselbeziehungen bezüglich Ertrags-                                                                                        chancen keine hohe Punktzahl erreichen. Der-
  und Risikosituation zu verdeutlichen. So werden                                                                                      zeit befinden wir uns in der Kontraktionsphase,
  Schwachstellen des Portfolios aufgezeigt und                                                                                         wobei die Abwärtsbewegung durch die tiefen
  gleichzeitig Ansatzpunkte für eine Strategie zur                                                                                     Zinsen abgebremst wird.
  Minderung der Risikoanfälligkeit geschaffen.
                                                                                                                                       In den kommenden Jahren ist jedoch mit stei-
  Im häufig verwendeten zweidimensionalen                                                                                              genden Leerständen und einer eher schwachen
  Markt- und Objektchancen-Modell werden die                                                                                           Konjunktur zu rechnen (siehe Beitrag Seite 6).
  wichtigsten Risikofaktoren selektioniert, gewich-                                                                                    Ein professionell aufgestelltes Markt-/Objekt-
  tet und schliesslich mit einer Punktzahl von 0 bis                                                                                   chancen-Modell kann dabei helfen, das Immo-
  100 bewertet. Hohe Punktwerte stehen für                                                                                             bilienportfolio durch Gewinnmitnahmen und
  sehr günstige Bedingungen (zum Beispiel hohe                                                                                         Wertsteigerungsmassnahmen auf schwierigere
  Chancen bei geringen Gefahren) und umge-                                                                                             Zeiten erfolgreich vorzubereiten. Wer sich jetzt
  kehrt. Durch Addition der gewichteten Punkte                                                                                         damit befasst, ist auch für die bevorstehende
  einzelner Risikofaktoren ergibt sich jeweils eine                                                                                    Phase des Immobilienzyklus gut gewappnet.

     Die passende Strategie: Chancenmatrix
       Visualisierung von Markt- und Standortchancen sowie Objektchancen
                             Gesamtwirtscha • Makrostandort • Mikrostandort

                                                                               Punkte
                                                                                  100
                                                                                                                                   4              Investitionsvolumen der Liegenscha
Markt- und Standortchancen

                                                                                  hoch
                                      Kategorien der Risikofaktoren:

                                                                                              2
                                                                                                                                           Mögliche Strategien
                                                                                   66
                                                                                                                                            1   Verkauf, wenn noch möglich zu fairem Preis
                                                                                 mittel                     5
                                                                                                                                            2   Objektbedingungen durch bauliche Massnahmen
                                                                                                                                                gezielt verbessern
                                                                                   33                                                           Auf Erträge fokussieren, Marktentwicklung
                                                                                                                                            3
                                                                                                                                 3              aufmerksam verfolgen
                                                                                niedrig   1
                                                                                                                                            4   Objekt aufgrund günstiger Renditeerwartungen halten;
                                                                                                                                                Gewinnmitnahmen bei Überhitzung ins Auge fassen
                                                                                     0
                                                                                           niedrig   33     mittel   66     hoch   100      5   Marktentwicklung aktiv beobachten:
                                                                                                                                Punkte          falls positiv, zusätzliche Objektinvestitionen tätigen;
                                                                                                     Objektchancen                              falls negativ, Veräusserung des Objekts in Erwägung ziehen
                                                                                              Kategorien der Risikofaktoren:
                                                                                   Grundstück • Bausubstanz • Ausstattung • Rentabilität

     Quellen: K. M. Maier u.a.: «Risikomanagement im Immobilien- und Finanzwesen», UBS

                                                                                                                                                                                                  UBS Real Estate Focus 2017   9
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
Management von unsystematischen Risiken

                Nicht alles auf
                dasselbe Pferd setzen
                Claudio Saputelli, Thomas Veraguth und Sandra Wiedmer
Risiko

                                       Zur Reduktion von Anlagerisiken sollten sich die ein-
                                       zelnen Direktanlagen bezüglich ihrer Standort- und
                                       Objekteigenschaften möglichst voneinander unter-
Wohnen

                                       scheiden. Mittels börsennotierter Immobilien lässt sich
                                       auch bei geringerem Kapitaleinsatz eine hohe Portfolio­
                                       diversifikation erzielen.
Geschäft

                Das Gesamtrisiko einer Immobilienanlage lässt        Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Pra-
                sich in eine marktspezifische und eine objekt­       xis schwierig umzusetzen. Dennoch sollte der
Börse

                spezifische Komponente aufteilen. Erstere wird       Immobilieninvestor bei Direktanlagen versuchen,
                in der Portfoliotheorie als systematisches Risiko    nach verschiedenen Kriterien zu diversifizieren.
                bezeichnet und beinhaltet beispielsweise das         Dabei ist eine Durchmischung des Immobilien­
                Konjunkturrisiko, die Inflation, das Regulierungs-   bestands nach Standort, Nutzungsart sowie
                risiko oder das Zinsänderungsrisiko (siehe Bei-      Objekteigenschaften (Alter, Grösse, Beschaffen-
                trag Seite 12). Die zweite Komponente sind           heit und Mieterstruktur) anzustreben. Je stärker
Global

                unsystematische Risiken, die lokal auf wirtschaft-   sich die Einzelimmobilien in einem Portfolio von-
                licher Ebene auftreten (wie die Kaufkraftent-        einander unterscheiden, desto weniger fällt ein
                wicklung einer Region) oder auf Objektebene          objektspezifisches Risiko innerhalb des Portfolios
                (wie das Lage- oder Mietausfallrisiko). Da sich      ins Gewicht.
                unsystematische Risiken auf eine bestimmte
                Immobilie konzentrieren, treten sie weitgehend       Hohe Investitionsvolumen, ein aufwendiges
                unabhängig voneinander auf. Deshalb lassen           Immobilienmanagement und langfristig gebun-
                sie sich – im Gegensatz zu den systematischen        dene Liquidität sind jedoch potenzielle Hürden,
                Risiken – in einem Portfolio durch Diversifikation   um bei Direktinvestitionen in Liegenschaften eine
                verringern.                                          genügende Diversifikation zu erzielen. Mit deut-
                                                                     lich geringeren finanziellen Mitteln lässt sich hin-
                Gleiche Rendite bei geringerem Risiko                gegen in eine Immobilienfondslösung investieren.
                Unter Risikodiversifikation versteht man also die
                Verteilung von (unsystematischen) Risiken auf         Diversifikation innerhalb Schweizer
                verschiedene Investitionsobjekte. Dieser Grund-       Immobilienfonds und -aktien
                satz ist allgemein bekannt: Man sollte nicht alles    Breit diversifizierte Immobilienfonds bieten
                auf dasselbe Pferd setzen. Doch wie sieht ein         den Vorteil, dass objektspezifische Risiken auf
                optimal diversifiziertes Immobilienportfolio aus?    ­Portfolioebene praktisch eliminiert werden.
                In den 1950er Jahren entwickelte Harry Marko-         Gemäss unseren Berechnungen korrelieren
                witz einen analytischen Ansatz für effiziente         jedoch die Renditen der börsennotierten
                Portfolios (Portfolio Selection). Demnach hat die     Schweizer Immobilienfonds mit unterschied­
                Diversifikation derart zu erfolgen, dass keine        licher geografischer oder sektoraler Ausrichtung
                andere Portfoliozusammenstellung den gleichen         stark. Dies bedeutet, dass mit einem Portfolio
                Ertrag (erwartete Rendite) bei geringerem Risiko      aus verschiedenen Immobilienfonds kaum eine
                (Standardabweichung) generiert oder mehr              regionale oder sektorale Risikodiversifizierung
                Ertrag bei identischem Risiko.                        möglich ist. Die Performance von Immobilien-

           10   UBS Real Estate Focus 2017
fonds wird demnach in erster Linie durch                Immobilien eine relativ niedrige Korrelation zu
­sys­tematische Risiken wie die Konjunktur- und         einem solchen Portfolio aufweisen. Wissen-
 ­Zinsentwicklung bestimmt, die auf Landes-             schaftliche Untersuchungen wie auch die prakti-
  ebene nicht «weg­diversifiziert» werden kön-          sche Erfahrung von Anlegern deuten darauf hin,
  nen. Gleiche Ergebnisse liefern auch Berech-          dass in einem gemischten Portfolio ein Immobili-
  nungen für Schweizer Immobilienaktien.                enanteil zwischen 5 und 15 Prozent eine ange-
                                                        messene Bandbreite darstellt, um das Rendite-
Für Investoren empfiehlt es sich trotzdem,              Risiko-Verhältnis deutlich zu verbessern. Je
­ ehrere Immobilienfonds beziehungsweise
m                                                       höher die Risikotoleranz des Anlegers, desto
-aktien dem Portfolio beizumischen. Denn                niedriger fällt die Allokation von Immobilien im
dadurch l­assen sich die unsystematischen               Portfolio aus und umgekehrt.
Risiken, die auf Titelebene vorhanden sind,
reduzieren. Dazu gehören beispielsweise die
Investitionsstrategie und die Qualität des Fonds-
managements respektive der Geschäftsleitung.

Auf unterschiedliche Anlagekategorien
setzen
Eine Kombination aus Schweizer Immobilien-
fonds und -aktien bietet aufgrund unvollständi-
ger Korrelation dennoch Möglichkeiten, unsys­
tematische Risiken auf Titelebene besser zu ver­
teilen. Dabei wird die Höhe des Aktien­anteils
im Portfolio durch die Risikobereitschaft und
-fähigkeit des Investors bestimmt. Denn Immo­
bilienaktiengesellschaften unterscheiden sich
von Immobilienfonds unter anderem durch
einen höheren Fremdfinanzierungsgrad und ein
aktiveres Portfoliomanagement. Dies führt dazu,
                                                           Sinkende Risiken durch Diversifikation
                                                               Rendite-Risiko-Profil gleichgewichteter Portfolios zwischen 2000 und 2016
dass Immobilienaktien im Durchschnitt eine
höhere Rendite, aber auch ein höheres Risiko
                                                                                                     9                                                                     Schweiz
                                                      Durchschnittliche Jahresrendite (in Prozent)

aufweisen als Immobilienfonds.
                                                                                                                                                                              Staatsanleihen
                                                                                                                                       P3
                                                                                                     8                                                                        Aktien
Schliesslich eröffnen sich mit Immobilienanlagen
                                                                                                                                                                              Immobilienaktien
im Ausland auch zusätzliche Möglichkeiten zur                                                                                                                                 Immobilienfonds
Risikostreuung, weil so das marktspezifische                                                         7              P2                              Schweizer
                                                                                                                                  P1             Immobilienaktien             Direkte
Risiko eines Portfolios sinkt. Doch eine ausländi-                                                                       P5                                                   Immobilienanlagen
sche Investition birgt Währungs-, Inflations- oder                                                   6                                                                     Ausland
spezifische Länderrisiken, deren Absicherung                                                               Schweizer                                                          Immobilienaktien
                                                                                                         Immobilienfonds                                                      (währungsgesichert)
Zusatzkosten verursacht.                                                                             5
                                                                                                                                       P4

Weiter entscheidend für das Rendite-Risiko-Profil                                                    4
eines Portfolios ist der gestaffelte Markteinstieg.                                                      4        6           8         10         12           14

Da Immobilienanlagen stark zyklisch geprägt                                                                  Durchschnittliche Jahresvolatilität (in Prozent)

sind, kann durch eine Staffelung das Risiko eines
                                                           Erklärung: Bei den Immobilienportfolios wurde von 2000 bis 2016 mit der Beimischung von
ungünstigen Markteinstiegs reduziert werden.               direkten Immobilienanlagen eine höhere Rendite bei geringerem Risiko erzielt (Vergleich P1 und P2).
                                                           Der Einbezug ausländischer Immobilienaktien erhöhte sowohl die Rendite wie auch das Risiko (P3).
Immobilien dem traditionellen Portfolio                    Im gemischten Portfolio trugen Investitionen in Immobilien zur Risikoreduktion gegenüber dem
                                                           traditionellen Portfolio bei (Vergleich P5 mit P4).
beimischen
Immobilienanlagen können die Effizienz eines               Bemerkung: Das Rendite-Risiko-Profil der jeweiligen Portfolios hängt vom Investitionszeitraum ab.
traditionellen Portfolios aus (globalen) Aktien            Beispielsweise zeigten Schweizer Immobilienfonds aufgrund fallender Zinsen eine sehr gute
                                                           Performance. Bei steigenden Zinsen düre ihre Performance jedoch deutlich niedriger ausfallen.
und Anleihen klar verbessern, da sowohl Liegen-
schaften im Direktbesitz als auch börsennotierte           Quellen: Bloomberg, UBS

                                                                                                                                                                     UBS Real Estate Focus 2017     11
Management von Zinsrisiken bei der Finanzierung

                Zinsschwankungen
                sind kontrollierbar
                Claudio Saputelli
Risiko

                                       Es sieht nicht danach aus, dass die Schweizer-Franken-
                                       Zinsen rasch steigen werden. Dennoch schützt ein akti-
Wohnen

                                       ves Zinsmanagement vor unliebsamen Überraschungen.
                                       Dazu bieten sich mehrere Instrumente an.
Geschäft

                Zinsrisiken gehören zu den Marktrisiken und          Zinszahlungen tragen (Zinsänderungsrisiko)?
                sind somit aus portfoliotheoretischer Perspektive    Wie gross ist die Gefahr, dass ich die Hypothek
Börse

                systematische Risiken, die nicht auf Objektebene     zum ungünstigsten Zeitpunkt erneuern muss
                diversifiziert werden können. Ein Investor ist den   (Refinanzierungsrisiko)? Wie hoch sind die Kos-
                Zinsschwankungen jedoch nicht unkontrolliert         ten, wenn ich den Hypothekarvertrag vorzeitig
                ausgesetzt, sondern kann deren Folgen durch          kündigen muss (Bindungsrisiko)? Bei einer Libor-
                ein gezieltes Zinsmanagement abfedern.               Hypothek trägt der Kreditnehmer das volle Zins-
                                                                     änderungsrisiko – positiv wie negativ –, hat aber
Global

                Zinsmanagement schützt vor mehreren                  gleichzeitig eine relativ hohe Flexibilität. Eine
                Risiken                                              Festhypothek eliminiert das Zinsänderungsrisiko,
                Folgende teilweise konkurrierende Ziele werden       ist hingegen mit einem höheren Bindungs- und
                beim Management von Zinsrisiken angestrebt:          Refinanzierungsrisiko verbunden.
                die Optimierung der Zahlungsströme je nach
                Bedürfnissen, die Steuerung der Zinsänderungs-       Die Wahl der Laufzeit einer Hypothek hängt von
                risiken mittels geeigneter Instrumente und die       der erwarteten Zinsentwicklung, der Risiko­
                Minimierung der Zinskosten.                          tragfähigkeit sowie auch der benötigten Finan-
                                                                     zierungsdauer ab. Bei einer Diversifizierung der
                Diese Ziele können mit dem Einsatz von traditio-     Hypothekarfinanzierung nach Laufzeiten wird
                nellen und derivativen Instrumenten erreicht         ein Kreditportfolio gebildet. Damit lassen sich
                werden. Traditionelle Instrumente dienen dazu,       einerseits das Zinsänderungs- und das Refinan-
                Marktzinsschwankungen durch den Abschluss             zierungsrisiko reduzieren und andererseits die
                unterschiedlicher Kreditlaufzeiten auszugleichen.    ­Flexibilität für den Fall einer notwendigen Rück-
                Derivative Produkte (zum Beispiel Zinsswaps)         zahlung erhöhen.
                hingegen ermöglichen die Steuerung von Zins­
                risiken im lang- und kurzfristigen Zeithorizont.     Aktuell unterscheiden sich die Zinskosten nur
                                                                     geringfügig unter den verschiedenen Laufzeiten
                Traditionelle Instrumente                            (flache Zinskurve). Zehnjährige Festhypotheken
                Bei den traditionellen Instrumenten des Zins­        bieten die höchste Sicherheit bezüglich einer
                managements erfolgt die Zinsabsicherung durch        Zinsänderung bei relativ geringen Mehrkosten.
                die gezielte Wahl der Darlehensform (variable        Doch auch für konservative Hypothekarnehmer
                beziehungsweise Festzinshypotheken). Wer eine        lohnt es sich, Libor-Hypotheken dem Portfolio
                Hypothek aufnimmt, muss sich grundsätzlich           beizufügen, insbesondere um dem Refinanzie-
                drei Fragen stellen: Kann ich deutlich höhere        rungsrisiko entgegenzuwirken.

           12   UBS Real Estate Focus 2017
Derivative Instrumente                               im Negativzinsumfeld. Ein Swap-Geschäft dient
Mit dem Einsatz von Zinsderivaten können             auch bei negativen Zinsen als Absicherung und
Finanzierungen gegen Zinsänderungsrisiken            es bleibt ausgewogen. Denn der zu bezahlende
abgesichert werden. Dies erhöht die Planbarkeit      fixe Zinssatz entspricht approximativ den erwar-
und schützt zudem vor ungünstigen Zinsent-           teten variablen Zinssätzen. Demnach ergibt sich
wicklungen. Zinsderivate eignen sich insbeson-       im aktuellen Negativzinsumfeld auch ein tieferer
dere für mittlere und grössere Unternehmen           beziehungsweise sogar ein negativer fixer Zins-
oder Immobiliengesellschaften, da sie meist auf      satz. Ausserdem scheinen Payer-Swaps momen-
individuelle Bedürfnisse abgestimmt werden und       tan bei Unternehmen auch deshalb beliebt zu
ein Mindestvolumen erfordern. Zu den wichtigs-       sein, weil die Zinskurve zurzeit relativ flach ist
ten Absicherungsinstrumenten in der Immobili-        und somit der fixe Zinssatz nur wenig über dem
enpraxis gehören Termingeschäfte oder börsen-        aktuellen variablen liegt (tiefe Laufzeitprämie).
gehandelte Zinsfutures (Sicherung des Zinssatzes     Obwohl es nicht danach aussieht, dass die
für den Anlagezeitraum) und Zinsoptionen (Kauf       Zinsen schnell wieder steigen werden, entschei-
eines Anrechts auf eine Ausgleichszahlung, falls     den sich viele Unternehmen auch im aktuellen
an bestimmten Stichtagen der Referenzzinssatz        Umfeld, die Zinsrisiken nicht dem Zufall zu über-
von einem vereinbarten Zinssatz abweicht).           lassen, sondern aktiv zu steuern.

Die mit Abstand gängigsten Zinsderivate sind
Zinsswaps. Bei diesen wird über eine bestimmte
Laufzeit der an vordefinierten Stichtagen gel-
tende variable Zinssatz gegen einen zu Beginn
festgelegten fixen Zinssatz ausgetauscht. Da-
durch kann beispielsweise eine Libor-Hypothek
über einen gewissen Zeitraum in eine fixe Hypo-
thek «umgewandelt» werden: So bezahlt man
beim am häufigsten abgeschlossenen Payer-
Swap einen fixen Zinssatz und erhält im Gegen-
zug den entsprechenden Libor-Zins, der wie-                Asymmetrie bei Negativzinsen aufgrund
 derum für die variable Zahlung an den
­Hypothekargeber verwendet wird.                           der Null-Untergrenze
                                                            Absicherung des Zinsänderungsrisikos mit Payer-Swap
Zinsswap auch im Negativzinsumfeld                          Annahmen: 10-jähriger Swap zu 0,75 Prozent und Marge für
ausgewogen                                                  Hypothekarkredit von 1,00 Prozent
Seit der Einführung der Negativzinsen weisen
variable Finanzierungen mit einer entsprechen-              Szenario A: CHF 3-Monats-Libor = 0,25%
den Absicherung durch Zinsswaps eine Asym-
metrie auf: Zwar geben die Banken bei Libor-                                       Libor = 0,25%                     Libor = 0,25%
Hypotheken – aufgrund der angewandten
                                                                                                                    Fixer Swapsatz
Null-Untergrenze sowohl im Kreditgeschäft als                                      Marge = 1,00%      Kunde
                                                                                                                       = 0,75%
                                                               Hypothekar-                                                                Swapbank
auch bei privaten Bankkonti – die Negativzinsen                   bank
nicht weiter, das heisst beim aktuellen Libor-Satz
von –0,75 Prozent erhält der Hypothekarnehmer               Szenario B: CHF 3-Monats-Libor = –0,75%
keine Zinszahlung von der Bank. Aber beim
Swapgeschäft fordert die Bank den negativen                                        Libor = 0,00%1                   Libor = –0,75%2
Libor vom Hypothekarnehmer ein. Somit hat
                                                                                                                    Fixer Swapsatz
sich eine abgesicherte variable Finanzierungs­                                     Marge = 1,00%      Kunde
                                                                                                                       = 0,75%
                                                               Hypothekar-                                                                Swapbank
strategie gegenüber einem Umfeld mit positiven                    bank
Zinsen verteuert; je stärker negativ die Zinsen
                                                           Asymmetrie bei variablen Zinsen:
sind, desto teurer wird also die Absicherung. Das          1
                                                               Bindende Untergrenze von 0 Prozent: Hypothekarbank zahlt keine Negativzinsen.
Risiko, dass die Finanzierungskosten bei Zins­             2   Keine Untergrenze: Kunde zahlt die geltenden Negativzinsen.
erhöhungen ansteigen, besteht allerdings auch              Quelle: UBS

                                                                                                                         UBS Real Estate Focus 2017   13
Eigenheime

                Im Fahrwasser
                der Zentren
                Matthias Holzhey und Maciej Skoczek
Risiko

                                       Die seit 2012 anhaltende Aufholbewegung der Eigenheim-
                                       preise in der Peripherie schwächt sich ab. Da makroöko­
Wohnen

                                       nomische Impulse fehlen, herrscht Unsicherheit über den
                                       weiteren Preisverlauf. Mittels einfacher Faustregeln lassen
                                       sich lokale Chancen, aber auch Risiken identifizieren.
Geschäft

                Die grossen Wirtschaftszentren und ihre engsten
                Agglomerationsräume sind die Gewinner des
                                                                     Ein Prozent Rabatt pro Minute
                                                                     Fahrzeit
Börse

                aktuellen Eigenheimbooms. Von 2004 bis 2012
                haben hier die Eigenheimpreise teuerungsberei-
                nigt um rund 50 Prozent zugelegt. Die erweiter-      Die Fahrdistanz zum nächstgelegenen Wirtschaftszentrum hat Ein-
                ten Agglomerationsräume verzeichneten eben-          fluss auf das Preisniveau einer Gemeinde. Aktuell beträgt der Preis-
                falls starke Preisanstiege, aber die kumulierte      abschlag bei bis zu 15-minütiger Fahrzeit zwischen 5 und 15 Pro-
                Preiswachstumsrate lag im selben Zeitraum            zent gegenüber dem Zentrum. Doch schon bei einer Fahrzeit von
Global

                bereits rund 15 Prozentpunkte tiefer als in Zent-    bis zu 30 Minuten springt der durchschnittliche Preisabschlag auf
                rumsnähe. In der peripheren Agglomeration, das       25 bis 40 Prozent. Darüber hinaus erhöht sich die Preisreduktion
                heisst in Gemeinden mit einer Fahrzeit zwischen      gegenüber den Zentren auf rund 45 Prozent. Doch nur jeder
                30 und 45 Minuten zum nächsten grossen Wirt-         sechste Pendler nimmt mehr als 45 Minuten Arbeitsweg in Kauf.
                schaftszentrum, notierten Eigenheime durch-          Die Preisentwicklung in diesen peripheren Gemeinden steht somit
                schnittlich noch ein Plus von rund 25 Prozent.       kaum noch im Sog der Wirtschaftszentren.
                Einzig in der Agglomeration von Genf sowie in
                einigen wenigen Agglomerationsgemeinden der
                anderen Grossstädte stiegen die Eigenheim-           Kernagglomeration mit tiefer Dynamik
                preise stärker als im jeweiligen Zentrum.            Durchschnittliche Eigenheimpreise, in CHF/m2
                                                                     Preiswachstum seit 2012, in Prozent
                Peripherie hat aufgeholt                             10 000                                                                          10
                Die divergierende Preisentwicklung machte den          8000                           –10%                                            8
                Eigenheimkauf in der Peripherie relativ attraktiv.                                                    –30%
                                                                       6000                                                           –45%
                                                                                                                                                      6
                Doch ab 2012 drehte der Trend in den Zentren
                sowie den Kernagglomerationen und die Preise           4000                                                                           4
                stiegen kaum noch. Hingegen verzeichneten              2000                                                                           2
                Gemeinden mit Fahrzeiten zu Zentren von mehr                0                                                                         0
                als 30 Minuten immer noch relativ deutliche                          Zentren           Kern-         Erweiterte       Periphere
                Gewinne. Ausnahmen bildeten die relativ güns-                                      agglomeration   Agglomeration    Agglomeration
                tigen Städte Bern, Basel und St. Gallen, wo die      Fahrzeit zum Zentrum:          bis 15 Min.    15 bis 30 Min.   30 bis 45 Min.
                Preise im Zentrum weiterhin stärker als in der
                Agglomeration anstiegen.                                 Preisniveau (linke Skala)                 Durchschnittlicher Preisunterschied
                                                                         Preiswachstum (rechte Skala)              gegenüber Zentren

                                                                     Quellen: Wüest Partner, UBS

           14   UBS Real Estate Focus 2017
Bächtelenpark Wabern (Köniz)
«2017   erwarten wir ein Nullwachstum
 der Preise von Eigentumswohnungen und
 nur einen geringfügigen Preisanstieg bei
­Ein­familienhäusern.»

Im Mittel der regionalen Preisveränderungen        unter dem Niveau der Vorjahre stabilisieren,
ergab sich auch im vergangenen Jahr nochmals       während der Wohnungsbau auf dem hohen
eine Verteuerung der Eigentumswohnungen um         Niveau der Vorjahre verharren wird. Wir erwar-
rund 1 Prozent und der Einfamilienhäuser um        ten deshalb nominal ein Nullwachstum der
knapp 1,5 Prozent. Unterstützung erhielt der       Preise von Eigentumswohnungen und nur einen
Eigenheimmarkt durch leicht sinkende Hypo­         geringfügigen Preisanstieg um 0,5 Prozent bei
thekarzinsen. So sanken die Nutzungskosten         Einfamilienhäusern.
(Zinskosten, Unterhalt und Rückstellungen)
eines Eigenheims im Vorjahresvergleich um           Nach 17 Jahren Preisanstieg besteht grosse
2 bis 3 Prozent. Die beobachteten Preiswachs­       Unsicherheit über den weiteren Verlauf des
tums­raten waren aber tiefer als im Vorjahr, was    aktuellen Immobilienzyklus. Aufgrund der
die allgemeine Tendenz zur Stabilisierung der      ­makroökonomischen Grosswetterlage – die
Eigenheimpreise bestätigt.                          Schweizer Volkswirtschaft ist international
                                                    wettbewerbsfähig und die Europäische Zentral-
Vor dem Wendepunkt herrscht Unsicherheit            bank hält die Geldschleusen offen – ist eine
Im laufenden Jahr dürften etwas verschlechterte     deutliche Korrektur unwahrscheinlich. Aber
Rahmenbedingungen weitere Preissteigerungen         gleichzeitig sind auch kaum positive Impulse
verhindern. Erstens ist nicht mit noch tieferen     erkennbar, die weitere Preisanstiege in den
Hypothekarzinsen zu rechnen. Zweitens wird          Zentren oder einen Preisschub in der Peripherie
sich das Bevölkerungswachstum voraussichtlich       auslösen könnten.

                                                                                                 UBS Real Estate Focus 2017                                  15
Lokale Chancen und Risiken                          merationen (mit Ausnahme von Bern, Luzern
                Am Ende des aktuellen Preiszyklus bestehen auf-     und St. Gallen) für den Durchschnittshaushalt
                grund der unterschiedlichen regionalen Entwick-     nicht mehr in dieser Grössenordnung fremd­
Risiko

                lungen des Eigenheimmarkts lokal noch Chancen       finanzierbar. Doch bei Fahrzeiten zum Zentrum
                für Wertsteigerungen. Es zeigen sich aber auch      ab 15 Minuten ist die Tragbarkeit bei 80-prozen-
                klare Anzeichen von Übertreibungen. Lokale          tiger Fremdfinanzierung wieder erfüllt, ausser
                Chancen und Risiken lassen sich anhand von drei     am Genfersee. Sogar in der peripheren Agglo-
                Kriterien abschätzen: Ist Kaufen günstiger als      meration von Genf beträgt das Preis-Einkom-
Wohnen

                Mieten? Sind Eigenheime noch tragbar? Und ist       mens-Verhältnis immer noch fast sechs, womit
                der Leerstand tief? Werden alle drei Fragen in      ein Eigenheim nur knapp finanzierbar ist.
                einer Gemeinde mit «ja» beantwortet, so sind die
                Chancen für eine Aufwertung intakt, respektive      3. Kriterium: Besteht ein Nachfrageüberhang
                das Korrekturpotenzial im Falle eines Abschwungs    (oder zumindest kein Angebotsüberhang) auf
                moderat. Falls jedoch alle Fragen mit «nein»        dem lokalen Wohnungsmarkt?
                beantwortet werden, ist die Fallhöhe bei einer      Die Leerstände auf dem Eigenheimmarkt
Geschäft

                schweizweiten Korrektur deutlich grösser und        ­liegen im Landesdurchschnitt auf einem tiefen
                lokal fallende Preise sind wahrscheinlicher.         ­Niveau von 0,6 Prozent. Der Angebotsüber-
                                                                      hang beschränkt sich momentan auf den Miet-
                Ausprägungen der Kriterien variieren stark            wohnungsmarkt. Doch ein Überschwappen des
                nach Region                                           Preisdrucks auf den Eigenheimmarkt wird sich
                1. Kriterium: Lässt sich mit dem Kauf eines           nicht verhindern lassen, da sinkende Neubau-
Börse

                Eigenheims gegenüber der Miete einer ver-             mieten die relative Attraktivität von Mietwoh-
                gleichbaren Wohnung Geld sparen?                      nungen gegenüber Eigentumswohnungen ver-
                Übersteigt der Kaufpreis einer Wohnung die            bessern. Aktuell liegen die Leerstandsquoten
                ­Jahresmiete einer vergleichbaren Mietwohnung         (Eigenheime und Mietwohnungen) in den peri-
                 um mehr als das 30-Fache, ist ein Eigenheim im       pheren Agglomerationen mit einem Median-
                 Durchschnitt nicht mehr kostengünstiger. Ab          wert über alle Gemeinden von 1,6 Prozent am
Global

                 dem 35-Fachen liegen die Mietkosten klar unter       höchsten – rund doppelt so hoch wie in den
                 den Nutzungskosten eines Eigenheims – ein            Kernagglomerationen – und haben in den letz-
                 Wert, der in den meisten Gemeinden der Kern­         ten Jahren auch am stärksten zugelegt.
                 agglomerationen von Zürich und Zug überschrit-
                 ten wird. Nur in Bern und St. Gallen lohnt sich     Nachzügler mit Potenzial
                 finanziell gesehen der Eigenheimkauf in Zent-       Wertsteigerungspotenzial herrscht typischer-
                 rumsnähe. Ansonsten lässt sich bei kurzen           weise in Regionen und Gemeinden mit guter
                 Arbeitswegen von bis zu 15 Minuten mit dem          Lagequalität, deren Preisentwicklung dem
                 Kauf von Wohneigentum kaum Geld sparen.             jeweiligen Agglomerationsdurchschnitt hinter-
                 Finanziell attraktiv wird der Eigenheimkauf ab      herhinkt. In den engsten Agglomerationsgür-
                 den erweiterten Agglomerationen. In den peri-       teln von Zürich, Zug und St. Gallen finden sich
                 pheren Agglomerationen beträgt der Kaufpreis        keine Gemeinden, die alle Kriterien erfüllen;
                 noch das 25- bis 27-Fache der Mietkosten. Bei       überall überschreitet mittlerweile die Höhe des
                 einem Anstieg der Hypothekarzinsen um einen         Leerstands oder das Verhältnis der Preise zu
                 Prozentpunkt bliebe der Eigenheimkauf einzig       Ein­kommen oder zu Mieten die festgelegten
                 in den peripheren Agglomerationen attraktiv.       ­Obergrenzen.

                2. Kriterium: Sind die Eigenheime noch mit den      Die Stadt Bern ist die bevölkerungsstärkste
                in der Region erzielten Einkommen finanzierbar?     Gemeinde, die alle drei Chance-Risiko-Kriterien
                Übersteigt der Preis eines Eigenheims das Brutto­   erfüllt. Eine hohe Konzentration von Potenzial­
                haushaltseinkommen um mehr als das Sechs­           gemeinden befindet sich in den Agglomerations-
                fache, so ist eine 80-prozentige Belehnung          gürteln der Städte Basel, Lausanne und Lugano.
                gemäss den Tragbarkeitsrichtlinien der Banken       Die attraktivsten Gemeinden im Wirtschaftsraum
                nicht mehr möglich (siehe Beitrag Seite 22). Ein    Zürich liegen im Zürcher Unterland und vereinzelt
                mittleres Eigenheim ist damit in den Kernagglo-     im Weinland und dem Freiamt.

           16   UBS Real Estate Focus 2017
Überbewertete Seegemeinden und risiko­                                Als zweite Gruppe erscheinen mehrheitlich
behaftete Schlafgemeinden                                             ­Wegpendlergemeinden in der erweiterten und
Vor allem die zentrumsnahen Seegemeinden                               peripheren Agglomeration als risikoreich. Diese
erfüllen keine der drei Chance-Risiko-Kriterien.                       sind konzentriert in den Freiburger Regionen
An den meisten Seelagen sind Eigenheime weder                          La Sarine, La Gruyère und Glâne-Veveyse sowie
für den Durchschnittshaushalt tragbar noch                             in der Region Aarau. In vielen dieser Gemeinden
­relativ attraktiv zu Mietwohnungen. So beträgt                        enteilte in den letzten Jahren das Angebot der
 in diesen Gemeinden im Durchschnitt das Preis-­                       Nachfrage. Auch führten die starken Preisan-
 Einkommens-Verhältnis 7,5 und das Kauf-­                              stiege zu einer Diskrepanz zwischen Eigenheim-
 Mietpreis-Verhältnis 38. Zusätzlich erhöht ein                        preisen, Einkommen und Mieten, wenn auch die
 überdurchschnittlich hoher Anteil leerstehender                       absoluten Niveaus nicht an die Werte in zent-
 Wohnungen die Gefahr eines mittelfristigen                            rumsnahen Gemeinden herankommen.
 Preis­rückschlags.

Seegemeinden mit erhöhten Risiken
Agglomerationstypen nach Fahrzeit zum Zentrum

                                                                                                          Kernagglomeration
                                                                                                          Erweiterte Agglomeration
                                                                                                          Periphere Agglomeration
                                                                                                          Risikogemeinden
Quelle: UBS                                                                                               Potenzialgemeinden

Selektion der Potenzial- und Risikogemeinden
Zur Beurteilung einzelner Gemeinden werden erstens die drei Chance-Risiko-Kriterien relativ zum Marktdurchschnitt für den jeweili-
gen Agglomerationstyp bewertet. Was in der Kernagglomeration noch als knapp tragbar erscheint, kann in der peripheren Agglome-
ration beispielsweise schon ein Warnsignal sein. Zweitens werden Einkommens- und Leerstandsdaten mittels Fahrdistanzen zu den
umliegenden Gemeinden geglättet, sodass Ausreisser das Resultat nicht verzerren. Drittens gilt ein starker Anstieg der Risikokriterien
über die letzten zehn Jahre ähnlich einem sehr hohen, aber stabilen Wert als Risikosignal. Viertens wird zur Bestimmung der Poten­zial­
gemeinden zusätzlich eine überdurchschnittliche Lagequalität (gemessen an der Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen, Marktliquidität
und Bodenknappheit) vorausgesetzt. Ausgewiesen werden nur Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern.

                                                                                                                                    UBS Real Estate Focus 2017   17
Mehrfamilienhäuser

                Leerstand gehört
                zum Spiel
                Matthias Holzhey und Elias Hafner
Risiko

                                       Der Anlagedruck treibt die Preise und die Leerstände in
                                       die Höhe. Die Leerstandsquote ist allerdings ein unge-
                                       nauer Gradmesser für das eingegangene Risiko. Trotz
Wohnen

                                       steigender Leerstände sind Mehrfamilienhausinvestitio-
                                       nen in den Agglomerationen attraktiv. Auch bieten
                                       Sanierungen in Zentrumsnähe eine Mehrrendite.
Geschäft

                In der Schweiz stehen über 50 000 oder rund         Anlagenotstands – immer höhere Preise. 2016
                2 Prozent aller Mietwohnungen leer. Dies ist        fielen die Spitzennettorenditen in den Schwei-
Börse

                doppelt so viel wie beim Tiefststand 2009 und       zer Grossstädten weiter von durchschnittlich
                nahe am bisherigen Rekordwert aus dem Jahr          2,8 Prozent auf 2,6 Prozent, was einen Kapital-
                1998. Damals war die Leerstandsquote bei Miet-      wertanstieg von 6 Prozent impliziert. Seit der
                wohnungen aufgrund des tieferen Wohnungs­           Aufhebung des Euro-Franken-Mindest­kurses
                bestands mit knapp 3 Prozent noch höher als         Anfang 2015 legten die Kapitalwerte bei Spit-
                heute.                                              zenobjekten um fast 15 Prozent zu, seit 2008
Global

                                                                    gar um 50 Prozent.
                Renditejagd fördert Ungleichgewichte
                Der merkliche Anstieg der Leerstände ist im
                Wesentlichen auf zwei Gründe zurückzuführen.
                Erstens hat sich das Nachfragewachstum im Jahr
                2016 weiter verlangsamt. Das Bevölkerungs-
                wachstum ist seit 2013 von 1,3 Prozent kontinu-
                ierlich gesunken und dürfte letztes Jahr noch             Mehr Gemeinden mit hohen Leerständen
                knapp 1 Prozent betragen haben. Für das lau-              Anzahl Gemeinden nach Mietwohnungsleerstandsquote
                fende Jahr erwarten wir gar nur noch einen
                Bevölkerungsanstieg von 0,9 Prozent. Zweitens             1200
                sind die steigenden Leerstände der robusten Bau-          1000
                tätigkeit geschuldet. Von 2011 bis 2016 wurden
                jährlich 53 000 bis 58 000 Wohnungen bewilligt             800
                und die jüngsten Zahlen zu den Baugesuchen                 600
                deuten nicht auf eine Verlangsamung hin.
                                                                           400
                Eine wichtige Stütze des Wohnungsbaus ist                  200
                die ungebrochen hohe Nachfrage nach Rendite­
                                                                               0
                liegenschaften. So nahm der Anteil von Miet-                            0–1          1–2      2–3       3–5        5–7      >7
                wohnungen an den Bauvorhaben über die                                            Mietwohnungsleerstandsquote (in Prozent)
                ­letzten Jahre deutlich zu. Vor allem institutio-
                  nelle Investoren wie Versicherungen und                     2013            2016
                 ­Pensionskassen kaufen Entwicklungsprojekte
                  und bezahlen – aufgrund des herrschenden                Quellen: BFS, UBS

           18   UBS Real Estate Focus 2017
Leerstandsquote unterschätzt Risiken                … und mit sinkender Portfoliogrösse
Da die Renditen für Mehrfamilienhäuser in den       Gerade kleinere, ungenügend diversifizierte
Schweizer Grossstädten sehr tief sind, steigt       Immobilieninvestoren müssen dem Liquiditäts-
der Anreiz für Investoren, an weniger zentralen     management ausreichend Gewicht beimessen.
Standorten eine Mehrrendite zu suchen. Die zu       Denn mit zunehmender Zahl an Wohnungen
erwartenden Ertragsausfälle scheinen hier trotz     im Portfolio sinkt das Risiko eines signifikanten
des gestiegenen Leerstands weiterhin moderat.       Mietzinsausfalls. Bei einer Liegenschaft mit
Doch die Leerstandsquote ist nur ein ungenauer      fünf Wohnungen tritt ein Mietzinsausfall von
Gradmesser für das Ausfallrisiko einer Immo­        20 Prozent fast doppelt so häufig auf wie bei
bilieninvestition.                                  zehn Wohnungen. Bei 20 Wohnungen (in einer
                                                    durchschnittlichen marktfähigen Liegenschaft)
Mietzinsausfall ist höher                           ist es bereits unwahrscheinlich, dass vier Woh-
Ein Leerstand von 2 Prozent ist nicht gleichbe-     nungen ein ganzes Jahr leer stehen – sogar
deutend mit einem zu erwartenden Mietzins­          wenn die lokale Leerwohnungsquote 10 Prozent
ausfall von 2 Prozent. Der durchschnittliche        beträgt.
Mietzinsausfall liegt rund 1 bis 1,5 Prozent-
punkte höher, da Zahlungsausfälle bei Mietern       Mieten kommen unter Druck
oder renovationsbedingte Mietzinsausfälle nicht     Schliesslich erhält der Mieter bei steigenden
als Leerstand erfasst werden.                       Leerständen mehr Verhandlungsmacht und
                                                    kann tiefere Mieten durchsetzen. Durch das
Konzentration in Teilmärkten                        höhere Angebot sind die Mieten bereits unter
Die Leerwohnungsquote kann je nach Region           Druck geraten. So sanken die Angebotsmieten
und Segment stark schwanken. In jeder vierten       2016 – erstmals seit dem Jahr 2000 – um
Gemeinde stehen über 5 Prozent der Mietwoh-         1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr; Neubau-
nungen leer; vor drei Jahren war es nur jede        mieten gingen gar um 3,4 Prozent zurück.
sechste. Zudem finden sich leere Wohnungen          Generell führt ein anhaltender Leerstand zu tief-
häufig in Liegenschaften an schlechten Mikro­       eren Mieten. Gemeinden mit einer Leerstands-
lagen, in Teilsegmenten wie dem Luxus- oder         quote von mehr als 2 Prozentpunkten über dem
Ferienwohnungsmarkt sowie in Neubauten.             Durchschnitt weisen ein um 10 Prozent tieferes
Während das Leerstandsrisiko bei Mietwohnun-        Mietpreis­niveau auf als Gemeinden mit einer
gen mit Mietpreisen deutlich unter den Markt-       durchschnittlichen Leerwohnungsquote.
werten vernachlässigbar ist, liegen die Leer-
stände von Neubauten in einer Grössenordnung        Für Investoren gehört es in der Schweiz wieder
von 10 Prozent. Gerade in wenig liquiden Teil-      zum Pflichtprogramm, höhere Leerstände und
märkten (wenig Mieterwechsel) müssen sich           Mietzinsausfälle in die Ertragsrechnung einzu­
Investoren auf eine langwierige und somit           beziehen. Der Renditeaufschlag ausserhalb der
kostspielige Vermarktung einstellen.                Grosszentren bietet im Durchschnitt noch einen
                                                    ausreichenden Puffer gegen Leerstand. Doch
Wahrscheinlichkeit hoher Ausfälle steigt            bereits heute kann die Mehrrendite schnell
überproportional zum Leerstand …                    dahinschmelzen, wenn der Leerstand in einer
Mit steigender Leerstandsquote häufen sich          Region vermehrt auf die Mieten drückt, die Lie-
auch grössere Mietzinsausfälle. Daten zu Kredit-    genschaft zu einem wenig liquiden Marktseg-
anträgen zeigen, dass im Jahr 2011 bei 6 Pro-       ment gehört oder das Portfolio zu klein ist.
zent der Liegenschaften ein 10-prozentiger
Mietausfall verzeichnet wurde. Aktuell liegt die-
ser Anteil zwischen 9 und 10 Prozent, obwohl
die Leerstandsquote in dieser Zeitperiode «nur»
um einen halben Prozentpunkt gestiegen ist. Die
Häufigkeit eines 20-prozentigen Mietzinsausfalls
hat sich sogar fast verdoppelt und steht zurzeit
bei knapp 6 Prozent.

                                                                                                   UBS Real Estate Focus 2017   19
Hohes Wertsteigerungspotenzial bei                    Grossstadt sogar ohne Fremdfinanzierung eine
                Sanierung                                             Rendite auf die Zusatzinvestition von mehr als
                Anstatt in diesem anspruchsvollen Marktumfeld         5 Prozent generieren. Dies liegt deutlich über
Risiko

                weitere teure Liegenschaften zu erwerben, kann        der Nettoanfangsrendite beim Erwerb einer
                das zu platzierende Kapital auch in den beste-       ­weiteren Liegenschaft an derselben Lage.
                henden Gebäudepark gesteckt werden. Ob sich
                dies lohnt, hängt stark von dem Miet­steige­rungs­   Regionale Analyse
                ­potenzial und dem Anteil des Bodens am              Im Dilemma deutlich geschmolzener Renditen
Wohnen

                 Gesamtwert der Liegenschaft ab.                     und höherer Leerstände stellt sich die Frage,
                                                                     welche Regionen die besten Chancen-Risiko-
                Mietsteigerungspotenzial                             Profile für Wohnrenditeliegenschaften bieten.
                Angebotsmieten sind über die letzten zehn Jahre      Ein Vergleich der lokalen Bewertungen, der
                um 25 Prozent gestiegen, seit dem Tief Ende          Marktrisiken (wie Leerstandsrisiken) und der
                1999 sogar um 50 Prozent. Dadurch besteht bei        ­fundamentalen Zukunftsaussichten (wie lang­
                einem Mieterwechsel ein erhebliches Mietsteige-       fristiges wirtschaftliches Wachstumspotenzial
Geschäft

                rungspotenzial, insbesondere wenn der Vormie-         und Demografie) bietet eine Entscheidungshilfe.
                ter lange dort wohnte. In der Genferseeregion         Die attraktivsten Wirtschaftsregionen für Mehr-
                liegen die Angebotsmieten mehr als 50 Prozent         familienhausinvestitionen sind in den Regionen
                über den Bestandesmieten. Ein erhöhtes Miet-          mittlerer und hoher Bewertung zu finden. Es
                steigerungspotenzial ist auch im Tessin und um        ­lassen sich aber auch innerhalb der Regionen
                die Stadt Zürich zu beobachten. Gerade an die-         mit relativ tiefen Bewertungen und unter den
Börse

                sen Lagen vermag häufig eine Totalsanierung            Top-Lagen jeweils attraktive und weniger attrak-
                mit anschliessender Neuvermietung den Wert             tive Regionen unterscheiden.
                der Liegenschaft deutlich zu steigern. Allerdings
                unterbinden teilweise lokale Gesetze diese Stra-      Bewertungskategorie: Tief
                tegie; am Genfersee sind die hohen Aufschläge         Fernab von den Zentren bieten Wohnrendite­
                auch das Resultat der starken Regulierungen           liegenschaften teilweise noch Bruttoanfangs­
Global

                und Auflagen. In grossen Teilen des Mittellands       renditen von deutlich über 5 Prozent. Dies hat
                und der Peripherie hingegen liegen die Ange-          seinen Preis in einem höheren Mietwohnungs-
                botsmieten nur wenig über den laufenden Mie-          leerstand; von 2014 bis 2016 sind die Leer-
                ten, sodass das Sanierungspotenzial gering ist.       standsquoten an Lagen mit tiefen Bewertungen
                                                                      mit über 1 Prozentpunkt am stärksten angestie-
                Landwertanteil                                        gen und betragen im Durchschnitt fast 4 Pro-
                Ein höherer Gebäudewertanteil erschwert eine          zent. Attraktive Wirtschaftsregionen sind La
                wertvermehrende Sanierung zusätzlich. Wer            Broye, Glâne-Veveyse und Willisau. Diese weisen
                an schlechteren Lagen eine Liegenschaft kauft,       bei einer günstigen Bewertung neben vergleichs-
                erwirbt deutlich mehr Backstein, sprich eine         weise tiefen Leerständen auch die jüngste Bevöl-
                ­grössere Anzahl an Wohnungen, als bei gleicher      kerung aller Regionen dieser Kategorie auf.
                 Investitionssumme in Zentrumsnähe. Dadurch          ­Hingegen ist in den Regionen Uri, Solothurn,
                 fallen höhere Betriebs- und Unterhaltskosten         Mendrisio, Bellinzona und Sion nicht nur die
                 sowie im Fall einer Sanierung höhere Renovati-       Bevölkerung deutlich älter, sondern diese Regio-
                 onskosten an. Diese können bei gleichem Lie-         nen weisen bei einer ähnlichen oder gar höheren
                 genschaftswert das Drei- bis Vierfache betragen.     Bewertung durchwegs grössere Marktrisiken und
                 Auch unter der Annahme eines Mietpreisauf-           trübere wirtschaftliche Perspektiven auf.
                 schlags von 20 Prozent ist eine Totalsanierung
                 (Investition von einem Drittel des Gebäudewerts)    Bewertungskategorie: Mittel
                 an solchen Lagen unter wirtschaftlichen Krite-      Sursee-Seetal, La Sarine (Fribourg) und Gros-de-
                 rien nur sehr schwierig zu bewerkstelligen, da      Vaud zeichnen sich durch gute wirtschaftliche
                 höhere Mieterträge die Baukosten nicht kom-         Perspektiven und ein hohes natürliches Bevölke-
                 pensieren. Umgekehrt lässt sich mit einer Reno-     rungswachstum aus. Zudem sind in diesen Regi-
                 vation an Zentrumslage eine hohe Rendite erzie-     onen die Mehrfamilienhausbewertungen und
                 len. Bei einem Mietsteigerungspotenzial von         die Leerstände auf einem moderaten Niveau.
                 20 Prozent kann eine Totalsanierung in einer        In der Region Gros-de-Vaud steht nur eine

           20   UBS Real Estate Focus 2017
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