Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2017 - Bauma Immobilier
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Editorial Liebe Leserin Lieber Leser Die Eigenheimpreise sind regional rückläufig, die Leerstände bei Mietwohnun- gen nehmen zu, den Geschäftsliegenschaften fehlen wirtschaftliche Impulse und die Ausschüttungshöhe bei börsennotierten Immobilien ist gefährdet. Für Immobilieninvestoren, die sich in Sicherheit wiegen, ist es höchste Zeit aufzu wachen. Aber wie? Der argentinische Autor Jorge Bucay kennt sich aus: «Kindern erzählt man Märchen zum Einschlafen, Erwachsenen, damit sie aufwachen.» Ein Streifzug durch die Märchenwelt liefert unterschiedliche Strategien, wie man sich in einem Risikoumfeld verhält. Da sind die Bremer Stadtmusikanten, die aus Angst vor dem Tod fliehen und dabei keine Risiken scheuen, um selbst hintertriebene Halunken zu besiegen. Die reich gedeckte Tafel belohnt sie schliesslich für ihre Risikobereitschaft. Doch ihr Vorgehen gleicht dem Mut der Verzweiflung. Anders agiert der Froschkönig, der durch sein geduldiges Ausharren erlöst und zum Prinzen Heinrich wird. Sein Handlungsspielraum beschränkt sich allerdings auf das Warten, sodass er kaum die Möglichkeit hat, überhaupt Risiken einzugehen. Eine dritte, ausdifferenzierte Variante wählt hingegen die Märchenheldin Aschenputtel. Sie erreicht ihr Ziel, da sie dank ihres klugen strategischen Risikoverhaltens im richtigen Moment aktiv wird. Riskante, von Anlagenotstand getriebene Immobilienkäufe haben bisweilen den Anschein der Verzweiflung. Auch das Warten auf bessere Zeiten bei leer stehenden ausgedienten Objekten dürfte kaum noch Erfolg zeitigen. Vielmehr sind bei steigenden Risiken am Immobilienmarkt differenziertere Strategien gefragt, um die Chancen im richtigen Moment zu ergreifen. Mit unserem diesjährigen UBS Real Estate Focus unterstützen wir Sie gerne dabei. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre. Claudio Saputelli Daniel Kalt Leiter Global Real Estate Chief Economist Switzerland UBS Real Estate Focus 2017 3
Inhalt 6 14 UBS Real Estate Focus 2017 Diese Publikation wurde durch UBS Switzerland AG erstellt. Bitte Risiko Wohnen beachten Sie die wichtigen rechtlichen Informationen am Ende der Publikation. Aus der Performance der Vergangenheit kann nicht auf künftige Renditen geschlossen werden. Die angegebenen Marktpreise sind Schlusskurse der jeweiligen Hauptbörse. Herausgeber UBS Switzerland AG Chief Investment Office WM Postfach, CH-8098 Zürich Chefredaktion Elias Hafner Redaktion Viviane Vajda Redaktionsschluss 12. Januar 2017 6 Management 14 Eigenheime von Immobilienrisiken Im Fahrwasser der Zentren Korrektorat Risikomanagement 24translate GmbH, St. Gallen als Chance 18 Mehrfamilienhäuser Desktop Publishing Leerstand gehört zum Spiel Margrit Oppliger Werner Kuonen Fotos Manuel Stettler Fotografie, Burgdorf Titelbild Im Fokus Im Fokus Parkhaus Sihlcity, Zürich Druck 8 Management von Konjunk- 22 Kalkulatorischer Zinssatz galledia ag, Flawil, Schweiz tur- und Objektrisiken Reduktion ist ein Spiel mit Portfoliorisiken visualisieren dem Feuer Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch 10 Management von 25 Demografie unsystematischen Risiken Absicherung durch kleine Kontakt ubs-cio-wm@ubs.com Nicht alles auf dasselbe Wohnungen Pferd setzen Bestellungen oder Abonnemente Als UBS-Kundin oder -Kunde können Sie UBS Real Estate Focus abonnieren und 12 Management von Zinsrisiken zusätzliche Exemplare dieser Publikation bei der Finanzierung über Ihre Kundenberaterin oder Ihren Zinsschwankungen sind Kundenberater oder die Mailbox von Printed & Branded Products bestellen: kontrollierbar sh-iz-ubs-publikationen@ubs.com. Eine elektronische Abonnierung ist zudem über Investment views auf der e-banking-Plattform möglich. SAP-Nr. 83518D-1701 4 UBS Real Estate Focus 2017
28 42 50 Geschäft Börse Global 28 Büroflächen 42 Immobilienfonds 50 Globaler Markt der Nachfrageflaute trübt Impulse für Kursavancen Immobilienanleihen Perspektiven fehlen Auf dem Zenit 32 Verkaufsflächen 45 Immobilienaktien 53 UBS Global Real Estate Verdrängungswettbewerb Mehr Kundennähe und Bubble Index intensiviert sich neue Geschäftsfelder Blasenrisiko steigt rund um den Globus Im Fokus Im Fokus 36 Coworking-Flächen 48 Bewertungen der Immobilien 59 Überblick und Prognosen Eine Antwort auf aktien und -fonds Büroleerstand Jahre der Überrendite gehen zu Ende 39 E-Commerce Flexibles Flächenmanagement gefragt UBS Real Estate Focus 2017 5
Management von Immobilienrisiken Risikomanagement als Chance Claudio Saputelli Risiko Kaum eine andere Anlageklasse rentierte in den letzten zehn Jahren besser als der Schweizer Backstein. Doch die Luft auf dem hiesigen Immobilienmarkt wird dünner. Wohnen Ein professionelles Risikomanagement sichert eine attraktive Ertragslage. Geschäft Seit der Finanzkrise haben die Zinsen in der Ein aktives Risikomanagement fristete im Immo Schweiz eine einmalige Talfahrt hingelegt. Nach bilienwesen bisher bloss ein Mauerblümchen Börse dem Brexit-Votum Grossbritanniens Ende Juni dasein. Denn über Jahrzehnte galt die Immobilie 2016 lag gar die gesamte Eidgenossen-Zinskurve als wertbeständiges und inflationsresistentes für einige Tage im negativen Bereich. Der durch Investment. Doch spätestens seit dem Platzen das Tiefzinsumfeld hervorgerufene Anlagenot- von Immobilienblasen in den letzten Jahren, stand – verschärft durch die extrem expansive welche die Welt- und Finanzwirtschaft erschüt- Geldpolitik der Zentralbanken – beflügelte den terten, nahm das Interesse an der systematischen Global Immobilienmarkt in einem Ausmass, das noch Auseinandersetzung mit Risiken sowohl bei insti- vor wenigen Jahren unvorstellbar war. In der tutionellen wie auch privaten Immobilieninvesto- Folge wurden auch die Warnungen vor über ren deutlich zu. Ein effizientes Risikomanage hitzten Immobilienmärkten immer lauter. Doch ment verfolgt nicht das Ziel, Risiken generell zu rückblickend lässt sich feststellen: In den letzten vermeiden. Vielmehr soll damit das Erreichen der zehn Jahren gehörten Immobilien zu den Anlage Investitionsziele langfristig gesichert werden. klassen mit der besten Performance. Dies darf aber nicht über die teils zu hohe Bewertung Risiko als Produktionsfaktor nutzen hinwegtäuschen. Bereits vor Jahrhunderten wurde der Begriff Risiko – in Verbindung mit Versicherungen – als Risiken bewirtschaften statt ein Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und voreilig handeln Schadenhöhe definiert. Daher ist der Begriff bis Für den Immobilieninvestor stellt sich die Frage, heute negativ konnotiert, im Sinne von Wagnis, wie es nun weitergehen soll. Vereinfacht Gefahr oder Verlustmöglichkeit bei einem betrachtet, hat er drei Möglichkeiten: Er setzt unsicheren Vorhaben. Für viele Disziplinen greift weiterhin auf Immobilien, in der Überzeugung, diese einseitige Interpretation von Risiko jedoch dass ihm seine Marktkenntnisse auch künftig zu kurz. Eine ambivalente Betrachtungsweise Gewinne bescheren werden. Alternativ begeg- nach dem Beispiel östlicher Kulturen ist eindeutig net er den hohen Bewertungen mit Skepsis zielführender. So lautet die chinesische Bezeich- und entscheidet sich für Gewinnmitnahmen. nung für Risiko «Wei-ji» und setzt sich aus den Als letzte Variante verzichtet er auf einen vor- Schriftzeichen für «Gefahr» und «Chance» eiligen Entschluss und wählt stattdessen ein zusammen. Das Reich der Mitte betrachtet das professionelles Risikomanagement zur nach- Risiko nicht als Einengung, die es zu vermeiden haltigen Werterhaltung und -steigerung des gilt, sondern als ein natürliches Zusammenspiel Portfolios. aus potenziellem Gewinn und Verlust. 6 UBS Real Estate Focus 2017
JungfrauPark (zuvor Mystery Park) Interlaken «Ein effizientes Risikomanagement verfolgt nicht das Ziel, Risiken generell zu vermeiden.» Manche Ökonomen gehen gar einen Schritt Mehrere Faktoren dürften die künftige Wert weiter und sehen Risiko als einen Produktions- entwicklung beeinträchtigen: Erstens werden faktor an, dessen Einsatz durch eine Risiko die Zinsen kaum weiter sinken und sie werden prämie entlohnt wird. Risikovermeidung hin irgendwann wieder ansteigen. Zweitens hat der gegen bewirkt einen Stillstand, der in einer jahrzehntelang andauernde Trend des steigenden fortgeschrittenen Volkswirtschaft einem Rück- Flächenkonsums pro Kopf gedreht, was die schritt gleichkommt. Auch der australische inländische Zusatznachfrage beschränkt. Drittens Schriftsteller John Marsden erkannte, dass eine dürfte der Verdrängungswettbewerb aufgrund totale Risikovermeidung neue Risiken generiert: von Überkapazitäten nicht nur bei Geschäfts «The biggest risk is to take no risks.» Ein effizi- liegenschaften, sondern auch bei Wohnliegen- entes Risikomanagement verfolgt demnach das schaften härter werden. Und viertens durch- Ziel, bewusst mit Chancen und Risiken umzu dringt der Modernisierungsschub immer mehr gehen, um so die anvisierten Investitions- oder Nutzungsarten, was generell den älteren Objek- Unternehmensziele bestmöglich zu erreichen. ten arg zusetzen wird. Wer also am Immobilien- markt weiterhin seine Chancen nutzen will, Aktuelles Wirtschaftsumfeld ruft befasst sich am besten schon heute mit der nach Risikobewirtschaftung neuen Realität. Solange kaum Gefahren auftreten, ist die Moti- vation niedrig, Risiken zu managen, insbeson- dere wenn dies mit grösserem Zeitaufwand und Das Kapitel Risiko (Seiten 6 bis 13) ist angelehnt an: somit Kosten verbunden ist. Doch wir glauben, Maier, Kurt M.; Graf, Karl Herbert; Schwatlo, Winfried; Steinbrenner, Hans-Peter (2007): Risikomanagement im dass sich der Immobilieninvestor zunehmend auf Immobilien- und Finanzwesen – Ein Leitfaden für Theorie eine veränderte Realität einstellen sollte. und Praxis. Frankfurt am Main: Knapp. UBS Real Estate Focus 2017 7
Management von Konjunktur- und Objektrisiken Portfoliorisiken visualisieren Claudio Saputelli Risiko Immobilienanleger sehen sich einerseits mit konjunktu- rellen, andererseits mit objektspezifischen Risiken kon- frontiert. Professionelle Risikomodelle verknüpfen diese Wohnen Elemente, was als Basis für Strategieentscheide dient. Geschäft Zeiten mit Flächenknappheit während eines Methoden gemessen und ihre Wirkungsrichtung Aufschwungs und Flächenüberangebot bei wird ermittelt. Empirische Untersuchungen zei- einem Abschwung wechseln sich kontinuierlich gen beispielsweise, dass die Gesamtkonjunktur, ab. Der Zyklus des Immobilienmarkts – im Ideal- die Einkommensentwicklung und die Arbeits- fall als Sinuskurve dargestellt – lässt sich in vier marktlage einen stärkeren Einfluss auf die Ent- Börse verschiedene Phasen einteilen: Projektentwick- wicklung des Bauvolumens ausüben als – wie lung (in der Expansionsphase) und Überbauung vielfach angenommen – die Zins- und die Bevöl- (in der Kontraktionsphase) sowie Marktbereini- kerungsentwicklung. gung (in der Rezessionsphase) und Marktstabili- sierung (in der Erholungsphase). Basierend auf den Ermittlungsresultaten werden Prognosen über die künftige Immobilienmarkt- Global Die Phase der Expansion ist durch eine stark entwicklung erstellt, um das systematische ansteigende Flächennachfrage, oft ausgelöst Risiko von Immobilieninvestitionen zu bewerten. durch eine anziehende Gesamtkonjunktur, Das systematische Risiko, auch Marktrisiko gekennzeichnet. Dabei nehmen die Absorptions- genannt, beschreibt jenes Risiko, das alle Immo- raten zu und Leerstand wird abgebaut. Die Zahl bilienobjekte gleichermassen trifft. Es kann also der Fertigstellungen hält sich aufgrund der langen nicht durch ein breitgestreutes Immobilienport- Produktionsdauer von Immobilienprojekten trotz folio «wegdiversifiziert» werden. hoher Neubautätigkeit in Grenzen. Auf die posi- tive Stimmung folgt die Phase der Kontraktion, Standort- und Objektrisiken tangieren in der die Flächennachfrage wieder sinkt, gleich- einzelne Immobilien zeitig aber viele fertiggestellte Projekte die Leer- Während die Marktrisiken nicht nur einzelne standsquote erhöhen. Die Folge sind sinkende Investitionsobjekte, sondern die ganze Anlage- Mieten, welche in die Rezessionsphase münden. kategorie betreffen, werden mit der Standort- Ein konjunktureller Abschwung verschlimmert in analyse Entwicklungsmöglichkeiten und Risiko- dieser Phase die Situation auf dem Immobilien- potenziale im Hinblick auf die spezifische Lage markt zusätzlich, sodass sinkende Preise unum- des Objekts ermittelt. Dabei wird zwischen gänglich sind. Niedrige Mieten und eine höhere Makro- und Mikrostandortfaktoren unterschie- Flächennachfrage führen dann in der Erholungs- den. Der Makrostandort ist der Grossraum, in phase erneut zu einem Anstieg der Absorption. dem sich ein Grundstück befindet, sowie dessen Einzugs- und Verflechtungsbereich. Typische Marktrisiko betrifft alle Objekte Makrostandortfaktoren sind Wirtschaftsstruktur, Das Angebot und die Nachfrage an den Immo Flächenangebot, Mietniveau. Der Mikrostandort bilienmärkten werden durch wirtschaftliche, beschreibt hingegen das unmittelbare Umfeld gesellschaftliche und politische Determinanten eines Grundstücks wie Erschliessung, Verkehrs- beeinflusst. Gewisse Faktoren sind quantifizierbar anbindung oder Immissionen. und werden mittels verschiedener statistischer 8 UBS Real Estate Focus 2017
Bei der Objektanalyse wechselt der Fokus zur Punktzahl für die Dimension Marktchancen Qualität des Einzelobjekts und dessen spezifi- beziehungsweise Objektchancen einer Liegen- schen Eigenschaften. Wesentliche Elemente des schaft, die in einer Neun-Felder-Matrix visuali- Ertrags- und Risikopotenzials sind Grundstücks- siert werden kann (siehe Abbildung). Dies bildet beschaffenheit, Bausubstanz, Ausstattungs die Grundlage für die Entwicklung von risiko merkmale und rechtliche Situation. spezifischen Investitions- beziehungsweise Desinvestitionsstrategien. Zweidimensionaler Ansatz zur besseren Visualisierung Portfolio auf schwierigere Zeiten vorbereiten Die Markt-, Standort- und Objektanalysen kön- Bei der Entwicklung von Risikostrategien ist zu nen nicht nur isoliert betrachtet, sondern in beachten, dass der Investor die Marktfaktoren einem zweidimensionalen, portfoliotheoreti- kaum beeinflussen kann. Die Veränderungs- schen Ansatz miteinander verknüpft werden. möglichkeiten bei den Objektfaktoren sind hin- Das Ziel ist dabei nicht, einzelne Liegenschaften gegen vielfältig. Je nach Phase innerhalb des zu beurteilen, sondern vielmehr deren gegen Immobilienmarktzyklus lässt sich bei den Markt- seitige Wechselbeziehungen bezüglich Ertrags- chancen keine hohe Punktzahl erreichen. Der- und Risikosituation zu verdeutlichen. So werden zeit befinden wir uns in der Kontraktionsphase, Schwachstellen des Portfolios aufgezeigt und wobei die Abwärtsbewegung durch die tiefen gleichzeitig Ansatzpunkte für eine Strategie zur Zinsen abgebremst wird. Minderung der Risikoanfälligkeit geschaffen. In den kommenden Jahren ist jedoch mit stei- Im häufig verwendeten zweidimensionalen genden Leerständen und einer eher schwachen Markt- und Objektchancen-Modell werden die Konjunktur zu rechnen (siehe Beitrag Seite 6). wichtigsten Risikofaktoren selektioniert, gewich- Ein professionell aufgestelltes Markt-/Objekt- tet und schliesslich mit einer Punktzahl von 0 bis chancen-Modell kann dabei helfen, das Immo- 100 bewertet. Hohe Punktwerte stehen für bilienportfolio durch Gewinnmitnahmen und sehr günstige Bedingungen (zum Beispiel hohe Wertsteigerungsmassnahmen auf schwierigere Chancen bei geringen Gefahren) und umge- Zeiten erfolgreich vorzubereiten. Wer sich jetzt kehrt. Durch Addition der gewichteten Punkte damit befasst, ist auch für die bevorstehende einzelner Risikofaktoren ergibt sich jeweils eine Phase des Immobilienzyklus gut gewappnet. Die passende Strategie: Chancenmatrix Visualisierung von Markt- und Standortchancen sowie Objektchancen Gesamtwirtscha • Makrostandort • Mikrostandort Punkte 100 4 Investitionsvolumen der Liegenscha Markt- und Standortchancen hoch Kategorien der Risikofaktoren: 2 Mögliche Strategien 66 1 Verkauf, wenn noch möglich zu fairem Preis mittel 5 2 Objektbedingungen durch bauliche Massnahmen gezielt verbessern 33 Auf Erträge fokussieren, Marktentwicklung 3 3 aufmerksam verfolgen niedrig 1 4 Objekt aufgrund günstiger Renditeerwartungen halten; Gewinnmitnahmen bei Überhitzung ins Auge fassen 0 niedrig 33 mittel 66 hoch 100 5 Marktentwicklung aktiv beobachten: Punkte falls positiv, zusätzliche Objektinvestitionen tätigen; Objektchancen falls negativ, Veräusserung des Objekts in Erwägung ziehen Kategorien der Risikofaktoren: Grundstück • Bausubstanz • Ausstattung • Rentabilität Quellen: K. M. Maier u.a.: «Risikomanagement im Immobilien- und Finanzwesen», UBS UBS Real Estate Focus 2017 9
Management von unsystematischen Risiken Nicht alles auf dasselbe Pferd setzen Claudio Saputelli, Thomas Veraguth und Sandra Wiedmer Risiko Zur Reduktion von Anlagerisiken sollten sich die ein- zelnen Direktanlagen bezüglich ihrer Standort- und Objekteigenschaften möglichst voneinander unter- Wohnen scheiden. Mittels börsennotierter Immobilien lässt sich auch bei geringerem Kapitaleinsatz eine hohe Portfolio diversifikation erzielen. Geschäft Das Gesamtrisiko einer Immobilienanlage lässt Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Pra- sich in eine marktspezifische und eine objekt xis schwierig umzusetzen. Dennoch sollte der Börse spezifische Komponente aufteilen. Erstere wird Immobilieninvestor bei Direktanlagen versuchen, in der Portfoliotheorie als systematisches Risiko nach verschiedenen Kriterien zu diversifizieren. bezeichnet und beinhaltet beispielsweise das Dabei ist eine Durchmischung des Immobilien Konjunkturrisiko, die Inflation, das Regulierungs- bestands nach Standort, Nutzungsart sowie risiko oder das Zinsänderungsrisiko (siehe Bei- Objekteigenschaften (Alter, Grösse, Beschaffen- trag Seite 12). Die zweite Komponente sind heit und Mieterstruktur) anzustreben. Je stärker Global unsystematische Risiken, die lokal auf wirtschaft- sich die Einzelimmobilien in einem Portfolio von- licher Ebene auftreten (wie die Kaufkraftent- einander unterscheiden, desto weniger fällt ein wicklung einer Region) oder auf Objektebene objektspezifisches Risiko innerhalb des Portfolios (wie das Lage- oder Mietausfallrisiko). Da sich ins Gewicht. unsystematische Risiken auf eine bestimmte Immobilie konzentrieren, treten sie weitgehend Hohe Investitionsvolumen, ein aufwendiges unabhängig voneinander auf. Deshalb lassen Immobilienmanagement und langfristig gebun- sie sich – im Gegensatz zu den systematischen dene Liquidität sind jedoch potenzielle Hürden, Risiken – in einem Portfolio durch Diversifikation um bei Direktinvestitionen in Liegenschaften eine verringern. genügende Diversifikation zu erzielen. Mit deut- lich geringeren finanziellen Mitteln lässt sich hin- Gleiche Rendite bei geringerem Risiko gegen in eine Immobilienfondslösung investieren. Unter Risikodiversifikation versteht man also die Verteilung von (unsystematischen) Risiken auf Diversifikation innerhalb Schweizer verschiedene Investitionsobjekte. Dieser Grund- Immobilienfonds und -aktien satz ist allgemein bekannt: Man sollte nicht alles Breit diversifizierte Immobilienfonds bieten auf dasselbe Pferd setzen. Doch wie sieht ein den Vorteil, dass objektspezifische Risiken auf optimal diversifiziertes Immobilienportfolio aus? Portfolioebene praktisch eliminiert werden. In den 1950er Jahren entwickelte Harry Marko- Gemäss unseren Berechnungen korrelieren witz einen analytischen Ansatz für effiziente jedoch die Renditen der börsennotierten Portfolios (Portfolio Selection). Demnach hat die Schweizer Immobilienfonds mit unterschied Diversifikation derart zu erfolgen, dass keine licher geografischer oder sektoraler Ausrichtung andere Portfoliozusammenstellung den gleichen stark. Dies bedeutet, dass mit einem Portfolio Ertrag (erwartete Rendite) bei geringerem Risiko aus verschiedenen Immobilienfonds kaum eine (Standardabweichung) generiert oder mehr regionale oder sektorale Risikodiversifizierung Ertrag bei identischem Risiko. möglich ist. Die Performance von Immobilien- 10 UBS Real Estate Focus 2017
fonds wird demnach in erster Linie durch Immobilien eine relativ niedrige Korrelation zu systematische Risiken wie die Konjunktur- und einem solchen Portfolio aufweisen. Wissen- Zinsentwicklung bestimmt, die auf Landes- schaftliche Untersuchungen wie auch die prakti- ebene nicht «wegdiversifiziert» werden kön- sche Erfahrung von Anlegern deuten darauf hin, nen. Gleiche Ergebnisse liefern auch Berech- dass in einem gemischten Portfolio ein Immobili- nungen für Schweizer Immobilienaktien. enanteil zwischen 5 und 15 Prozent eine ange- messene Bandbreite darstellt, um das Rendite- Für Investoren empfiehlt es sich trotzdem, Risiko-Verhältnis deutlich zu verbessern. Je ehrere Immobilienfonds beziehungsweise m höher die Risikotoleranz des Anlegers, desto -aktien dem Portfolio beizumischen. Denn niedriger fällt die Allokation von Immobilien im dadurch lassen sich die unsystematischen Portfolio aus und umgekehrt. Risiken, die auf Titelebene vorhanden sind, reduzieren. Dazu gehören beispielsweise die Investitionsstrategie und die Qualität des Fonds- managements respektive der Geschäftsleitung. Auf unterschiedliche Anlagekategorien setzen Eine Kombination aus Schweizer Immobilien- fonds und -aktien bietet aufgrund unvollständi- ger Korrelation dennoch Möglichkeiten, unsys tematische Risiken auf Titelebene besser zu ver teilen. Dabei wird die Höhe des Aktienanteils im Portfolio durch die Risikobereitschaft und -fähigkeit des Investors bestimmt. Denn Immo bilienaktiengesellschaften unterscheiden sich von Immobilienfonds unter anderem durch einen höheren Fremdfinanzierungsgrad und ein aktiveres Portfoliomanagement. Dies führt dazu, Sinkende Risiken durch Diversifikation Rendite-Risiko-Profil gleichgewichteter Portfolios zwischen 2000 und 2016 dass Immobilienaktien im Durchschnitt eine höhere Rendite, aber auch ein höheres Risiko 9 Schweiz Durchschnittliche Jahresrendite (in Prozent) aufweisen als Immobilienfonds. Staatsanleihen P3 8 Aktien Schliesslich eröffnen sich mit Immobilienanlagen Immobilienaktien im Ausland auch zusätzliche Möglichkeiten zur Immobilienfonds Risikostreuung, weil so das marktspezifische 7 P2 Schweizer P1 Immobilienaktien Direkte Risiko eines Portfolios sinkt. Doch eine ausländi- P5 Immobilienanlagen sche Investition birgt Währungs-, Inflations- oder 6 Ausland spezifische Länderrisiken, deren Absicherung Schweizer Immobilienaktien Immobilienfonds (währungsgesichert) Zusatzkosten verursacht. 5 P4 Weiter entscheidend für das Rendite-Risiko-Profil 4 eines Portfolios ist der gestaffelte Markteinstieg. 4 6 8 10 12 14 Da Immobilienanlagen stark zyklisch geprägt Durchschnittliche Jahresvolatilität (in Prozent) sind, kann durch eine Staffelung das Risiko eines Erklärung: Bei den Immobilienportfolios wurde von 2000 bis 2016 mit der Beimischung von ungünstigen Markteinstiegs reduziert werden. direkten Immobilienanlagen eine höhere Rendite bei geringerem Risiko erzielt (Vergleich P1 und P2). Der Einbezug ausländischer Immobilienaktien erhöhte sowohl die Rendite wie auch das Risiko (P3). Immobilien dem traditionellen Portfolio Im gemischten Portfolio trugen Investitionen in Immobilien zur Risikoreduktion gegenüber dem traditionellen Portfolio bei (Vergleich P5 mit P4). beimischen Immobilienanlagen können die Effizienz eines Bemerkung: Das Rendite-Risiko-Profil der jeweiligen Portfolios hängt vom Investitionszeitraum ab. traditionellen Portfolios aus (globalen) Aktien Beispielsweise zeigten Schweizer Immobilienfonds aufgrund fallender Zinsen eine sehr gute Performance. Bei steigenden Zinsen düre ihre Performance jedoch deutlich niedriger ausfallen. und Anleihen klar verbessern, da sowohl Liegen- schaften im Direktbesitz als auch börsennotierte Quellen: Bloomberg, UBS UBS Real Estate Focus 2017 11
Management von Zinsrisiken bei der Finanzierung Zinsschwankungen sind kontrollierbar Claudio Saputelli Risiko Es sieht nicht danach aus, dass die Schweizer-Franken- Zinsen rasch steigen werden. Dennoch schützt ein akti- Wohnen ves Zinsmanagement vor unliebsamen Überraschungen. Dazu bieten sich mehrere Instrumente an. Geschäft Zinsrisiken gehören zu den Marktrisiken und Zinszahlungen tragen (Zinsänderungsrisiko)? sind somit aus portfoliotheoretischer Perspektive Wie gross ist die Gefahr, dass ich die Hypothek Börse systematische Risiken, die nicht auf Objektebene zum ungünstigsten Zeitpunkt erneuern muss diversifiziert werden können. Ein Investor ist den (Refinanzierungsrisiko)? Wie hoch sind die Kos- Zinsschwankungen jedoch nicht unkontrolliert ten, wenn ich den Hypothekarvertrag vorzeitig ausgesetzt, sondern kann deren Folgen durch kündigen muss (Bindungsrisiko)? Bei einer Libor- ein gezieltes Zinsmanagement abfedern. Hypothek trägt der Kreditnehmer das volle Zins- änderungsrisiko – positiv wie negativ –, hat aber Global Zinsmanagement schützt vor mehreren gleichzeitig eine relativ hohe Flexibilität. Eine Risiken Festhypothek eliminiert das Zinsänderungsrisiko, Folgende teilweise konkurrierende Ziele werden ist hingegen mit einem höheren Bindungs- und beim Management von Zinsrisiken angestrebt: Refinanzierungsrisiko verbunden. die Optimierung der Zahlungsströme je nach Bedürfnissen, die Steuerung der Zinsänderungs- Die Wahl der Laufzeit einer Hypothek hängt von risiken mittels geeigneter Instrumente und die der erwarteten Zinsentwicklung, der Risiko Minimierung der Zinskosten. tragfähigkeit sowie auch der benötigten Finan- zierungsdauer ab. Bei einer Diversifizierung der Diese Ziele können mit dem Einsatz von traditio- Hypothekarfinanzierung nach Laufzeiten wird nellen und derivativen Instrumenten erreicht ein Kreditportfolio gebildet. Damit lassen sich werden. Traditionelle Instrumente dienen dazu, einerseits das Zinsänderungs- und das Refinan- Marktzinsschwankungen durch den Abschluss zierungsrisiko reduzieren und andererseits die unterschiedlicher Kreditlaufzeiten auszugleichen. Flexibilität für den Fall einer notwendigen Rück- Derivative Produkte (zum Beispiel Zinsswaps) zahlung erhöhen. hingegen ermöglichen die Steuerung von Zins risiken im lang- und kurzfristigen Zeithorizont. Aktuell unterscheiden sich die Zinskosten nur geringfügig unter den verschiedenen Laufzeiten Traditionelle Instrumente (flache Zinskurve). Zehnjährige Festhypotheken Bei den traditionellen Instrumenten des Zins bieten die höchste Sicherheit bezüglich einer managements erfolgt die Zinsabsicherung durch Zinsänderung bei relativ geringen Mehrkosten. die gezielte Wahl der Darlehensform (variable Doch auch für konservative Hypothekarnehmer beziehungsweise Festzinshypotheken). Wer eine lohnt es sich, Libor-Hypotheken dem Portfolio Hypothek aufnimmt, muss sich grundsätzlich beizufügen, insbesondere um dem Refinanzie- drei Fragen stellen: Kann ich deutlich höhere rungsrisiko entgegenzuwirken. 12 UBS Real Estate Focus 2017
Derivative Instrumente im Negativzinsumfeld. Ein Swap-Geschäft dient Mit dem Einsatz von Zinsderivaten können auch bei negativen Zinsen als Absicherung und Finanzierungen gegen Zinsänderungsrisiken es bleibt ausgewogen. Denn der zu bezahlende abgesichert werden. Dies erhöht die Planbarkeit fixe Zinssatz entspricht approximativ den erwar- und schützt zudem vor ungünstigen Zinsent- teten variablen Zinssätzen. Demnach ergibt sich wicklungen. Zinsderivate eignen sich insbeson- im aktuellen Negativzinsumfeld auch ein tieferer dere für mittlere und grössere Unternehmen beziehungsweise sogar ein negativer fixer Zins- oder Immobiliengesellschaften, da sie meist auf satz. Ausserdem scheinen Payer-Swaps momen- individuelle Bedürfnisse abgestimmt werden und tan bei Unternehmen auch deshalb beliebt zu ein Mindestvolumen erfordern. Zu den wichtigs- sein, weil die Zinskurve zurzeit relativ flach ist ten Absicherungsinstrumenten in der Immobili- und somit der fixe Zinssatz nur wenig über dem enpraxis gehören Termingeschäfte oder börsen- aktuellen variablen liegt (tiefe Laufzeitprämie). gehandelte Zinsfutures (Sicherung des Zinssatzes Obwohl es nicht danach aussieht, dass die für den Anlagezeitraum) und Zinsoptionen (Kauf Zinsen schnell wieder steigen werden, entschei- eines Anrechts auf eine Ausgleichszahlung, falls den sich viele Unternehmen auch im aktuellen an bestimmten Stichtagen der Referenzzinssatz Umfeld, die Zinsrisiken nicht dem Zufall zu über- von einem vereinbarten Zinssatz abweicht). lassen, sondern aktiv zu steuern. Die mit Abstand gängigsten Zinsderivate sind Zinsswaps. Bei diesen wird über eine bestimmte Laufzeit der an vordefinierten Stichtagen gel- tende variable Zinssatz gegen einen zu Beginn festgelegten fixen Zinssatz ausgetauscht. Da- durch kann beispielsweise eine Libor-Hypothek über einen gewissen Zeitraum in eine fixe Hypo- thek «umgewandelt» werden: So bezahlt man beim am häufigsten abgeschlossenen Payer- Swap einen fixen Zinssatz und erhält im Gegen- zug den entsprechenden Libor-Zins, der wie- Asymmetrie bei Negativzinsen aufgrund derum für die variable Zahlung an den Hypothekargeber verwendet wird. der Null-Untergrenze Absicherung des Zinsänderungsrisikos mit Payer-Swap Zinsswap auch im Negativzinsumfeld Annahmen: 10-jähriger Swap zu 0,75 Prozent und Marge für ausgewogen Hypothekarkredit von 1,00 Prozent Seit der Einführung der Negativzinsen weisen variable Finanzierungen mit einer entsprechen- Szenario A: CHF 3-Monats-Libor = 0,25% den Absicherung durch Zinsswaps eine Asym- metrie auf: Zwar geben die Banken bei Libor- Libor = 0,25% Libor = 0,25% Hypotheken – aufgrund der angewandten Fixer Swapsatz Null-Untergrenze sowohl im Kreditgeschäft als Marge = 1,00% Kunde = 0,75% Hypothekar- Swapbank auch bei privaten Bankkonti – die Negativzinsen bank nicht weiter, das heisst beim aktuellen Libor-Satz von –0,75 Prozent erhält der Hypothekarnehmer Szenario B: CHF 3-Monats-Libor = –0,75% keine Zinszahlung von der Bank. Aber beim Swapgeschäft fordert die Bank den negativen Libor = 0,00%1 Libor = –0,75%2 Libor vom Hypothekarnehmer ein. Somit hat Fixer Swapsatz sich eine abgesicherte variable Finanzierungs Marge = 1,00% Kunde = 0,75% Hypothekar- Swapbank strategie gegenüber einem Umfeld mit positiven bank Zinsen verteuert; je stärker negativ die Zinsen Asymmetrie bei variablen Zinsen: sind, desto teurer wird also die Absicherung. Das 1 Bindende Untergrenze von 0 Prozent: Hypothekarbank zahlt keine Negativzinsen. Risiko, dass die Finanzierungskosten bei Zins 2 Keine Untergrenze: Kunde zahlt die geltenden Negativzinsen. erhöhungen ansteigen, besteht allerdings auch Quelle: UBS UBS Real Estate Focus 2017 13
Eigenheime Im Fahrwasser der Zentren Matthias Holzhey und Maciej Skoczek Risiko Die seit 2012 anhaltende Aufholbewegung der Eigenheim- preise in der Peripherie schwächt sich ab. Da makroöko Wohnen nomische Impulse fehlen, herrscht Unsicherheit über den weiteren Preisverlauf. Mittels einfacher Faustregeln lassen sich lokale Chancen, aber auch Risiken identifizieren. Geschäft Die grossen Wirtschaftszentren und ihre engsten Agglomerationsräume sind die Gewinner des Ein Prozent Rabatt pro Minute Fahrzeit Börse aktuellen Eigenheimbooms. Von 2004 bis 2012 haben hier die Eigenheimpreise teuerungsberei- nigt um rund 50 Prozent zugelegt. Die erweiter- Die Fahrdistanz zum nächstgelegenen Wirtschaftszentrum hat Ein- ten Agglomerationsräume verzeichneten eben- fluss auf das Preisniveau einer Gemeinde. Aktuell beträgt der Preis- falls starke Preisanstiege, aber die kumulierte abschlag bei bis zu 15-minütiger Fahrzeit zwischen 5 und 15 Pro- Preiswachstumsrate lag im selben Zeitraum zent gegenüber dem Zentrum. Doch schon bei einer Fahrzeit von Global bereits rund 15 Prozentpunkte tiefer als in Zent- bis zu 30 Minuten springt der durchschnittliche Preisabschlag auf rumsnähe. In der peripheren Agglomeration, das 25 bis 40 Prozent. Darüber hinaus erhöht sich die Preisreduktion heisst in Gemeinden mit einer Fahrzeit zwischen gegenüber den Zentren auf rund 45 Prozent. Doch nur jeder 30 und 45 Minuten zum nächsten grossen Wirt- sechste Pendler nimmt mehr als 45 Minuten Arbeitsweg in Kauf. schaftszentrum, notierten Eigenheime durch- Die Preisentwicklung in diesen peripheren Gemeinden steht somit schnittlich noch ein Plus von rund 25 Prozent. kaum noch im Sog der Wirtschaftszentren. Einzig in der Agglomeration von Genf sowie in einigen wenigen Agglomerationsgemeinden der anderen Grossstädte stiegen die Eigenheim- Kernagglomeration mit tiefer Dynamik preise stärker als im jeweiligen Zentrum. Durchschnittliche Eigenheimpreise, in CHF/m2 Preiswachstum seit 2012, in Prozent Peripherie hat aufgeholt 10 000 10 Die divergierende Preisentwicklung machte den 8000 –10% 8 Eigenheimkauf in der Peripherie relativ attraktiv. –30% 6000 –45% 6 Doch ab 2012 drehte der Trend in den Zentren sowie den Kernagglomerationen und die Preise 4000 4 stiegen kaum noch. Hingegen verzeichneten 2000 2 Gemeinden mit Fahrzeiten zu Zentren von mehr 0 0 als 30 Minuten immer noch relativ deutliche Zentren Kern- Erweiterte Periphere Gewinne. Ausnahmen bildeten die relativ güns- agglomeration Agglomeration Agglomeration tigen Städte Bern, Basel und St. Gallen, wo die Fahrzeit zum Zentrum: bis 15 Min. 15 bis 30 Min. 30 bis 45 Min. Preise im Zentrum weiterhin stärker als in der Agglomeration anstiegen. Preisniveau (linke Skala) Durchschnittlicher Preisunterschied Preiswachstum (rechte Skala) gegenüber Zentren Quellen: Wüest Partner, UBS 14 UBS Real Estate Focus 2017
Bächtelenpark Wabern (Köniz) «2017 erwarten wir ein Nullwachstum der Preise von Eigentumswohnungen und nur einen geringfügigen Preisanstieg bei Einfamilienhäusern.» Im Mittel der regionalen Preisveränderungen unter dem Niveau der Vorjahre stabilisieren, ergab sich auch im vergangenen Jahr nochmals während der Wohnungsbau auf dem hohen eine Verteuerung der Eigentumswohnungen um Niveau der Vorjahre verharren wird. Wir erwar- rund 1 Prozent und der Einfamilienhäuser um ten deshalb nominal ein Nullwachstum der knapp 1,5 Prozent. Unterstützung erhielt der Preise von Eigentumswohnungen und nur einen Eigenheimmarkt durch leicht sinkende Hypo geringfügigen Preisanstieg um 0,5 Prozent bei thekarzinsen. So sanken die Nutzungskosten Einfamilienhäusern. (Zinskosten, Unterhalt und Rückstellungen) eines Eigenheims im Vorjahresvergleich um Nach 17 Jahren Preisanstieg besteht grosse 2 bis 3 Prozent. Die beobachteten Preiswachs Unsicherheit über den weiteren Verlauf des tumsraten waren aber tiefer als im Vorjahr, was aktuellen Immobilienzyklus. Aufgrund der die allgemeine Tendenz zur Stabilisierung der makroökonomischen Grosswetterlage – die Eigenheimpreise bestätigt. Schweizer Volkswirtschaft ist international wettbewerbsfähig und die Europäische Zentral- Vor dem Wendepunkt herrscht Unsicherheit bank hält die Geldschleusen offen – ist eine Im laufenden Jahr dürften etwas verschlechterte deutliche Korrektur unwahrscheinlich. Aber Rahmenbedingungen weitere Preissteigerungen gleichzeitig sind auch kaum positive Impulse verhindern. Erstens ist nicht mit noch tieferen erkennbar, die weitere Preisanstiege in den Hypothekarzinsen zu rechnen. Zweitens wird Zentren oder einen Preisschub in der Peripherie sich das Bevölkerungswachstum voraussichtlich auslösen könnten. UBS Real Estate Focus 2017 15
Lokale Chancen und Risiken merationen (mit Ausnahme von Bern, Luzern Am Ende des aktuellen Preiszyklus bestehen auf- und St. Gallen) für den Durchschnittshaushalt grund der unterschiedlichen regionalen Entwick- nicht mehr in dieser Grössenordnung fremd Risiko lungen des Eigenheimmarkts lokal noch Chancen finanzierbar. Doch bei Fahrzeiten zum Zentrum für Wertsteigerungen. Es zeigen sich aber auch ab 15 Minuten ist die Tragbarkeit bei 80-prozen- klare Anzeichen von Übertreibungen. Lokale tiger Fremdfinanzierung wieder erfüllt, ausser Chancen und Risiken lassen sich anhand von drei am Genfersee. Sogar in der peripheren Agglo- Kriterien abschätzen: Ist Kaufen günstiger als meration von Genf beträgt das Preis-Einkom- Wohnen Mieten? Sind Eigenheime noch tragbar? Und ist mens-Verhältnis immer noch fast sechs, womit der Leerstand tief? Werden alle drei Fragen in ein Eigenheim nur knapp finanzierbar ist. einer Gemeinde mit «ja» beantwortet, so sind die Chancen für eine Aufwertung intakt, respektive 3. Kriterium: Besteht ein Nachfrageüberhang das Korrekturpotenzial im Falle eines Abschwungs (oder zumindest kein Angebotsüberhang) auf moderat. Falls jedoch alle Fragen mit «nein» dem lokalen Wohnungsmarkt? beantwortet werden, ist die Fallhöhe bei einer Die Leerstände auf dem Eigenheimmarkt Geschäft schweizweiten Korrektur deutlich grösser und liegen im Landesdurchschnitt auf einem tiefen lokal fallende Preise sind wahrscheinlicher. Niveau von 0,6 Prozent. Der Angebotsüber- hang beschränkt sich momentan auf den Miet- Ausprägungen der Kriterien variieren stark wohnungsmarkt. Doch ein Überschwappen des nach Region Preisdrucks auf den Eigenheimmarkt wird sich 1. Kriterium: Lässt sich mit dem Kauf eines nicht verhindern lassen, da sinkende Neubau- Börse Eigenheims gegenüber der Miete einer ver- mieten die relative Attraktivität von Mietwoh- gleichbaren Wohnung Geld sparen? nungen gegenüber Eigentumswohnungen ver- Übersteigt der Kaufpreis einer Wohnung die bessern. Aktuell liegen die Leerstandsquoten Jahresmiete einer vergleichbaren Mietwohnung (Eigenheime und Mietwohnungen) in den peri- um mehr als das 30-Fache, ist ein Eigenheim im pheren Agglomerationen mit einem Median- Durchschnitt nicht mehr kostengünstiger. Ab wert über alle Gemeinden von 1,6 Prozent am Global dem 35-Fachen liegen die Mietkosten klar unter höchsten – rund doppelt so hoch wie in den den Nutzungskosten eines Eigenheims – ein Kernagglomerationen – und haben in den letz- Wert, der in den meisten Gemeinden der Kern ten Jahren auch am stärksten zugelegt. agglomerationen von Zürich und Zug überschrit- ten wird. Nur in Bern und St. Gallen lohnt sich Nachzügler mit Potenzial finanziell gesehen der Eigenheimkauf in Zent- Wertsteigerungspotenzial herrscht typischer- rumsnähe. Ansonsten lässt sich bei kurzen weise in Regionen und Gemeinden mit guter Arbeitswegen von bis zu 15 Minuten mit dem Lagequalität, deren Preisentwicklung dem Kauf von Wohneigentum kaum Geld sparen. jeweiligen Agglomerationsdurchschnitt hinter- Finanziell attraktiv wird der Eigenheimkauf ab herhinkt. In den engsten Agglomerationsgür- den erweiterten Agglomerationen. In den peri- teln von Zürich, Zug und St. Gallen finden sich pheren Agglomerationen beträgt der Kaufpreis keine Gemeinden, die alle Kriterien erfüllen; noch das 25- bis 27-Fache der Mietkosten. Bei überall überschreitet mittlerweile die Höhe des einem Anstieg der Hypothekarzinsen um einen Leerstands oder das Verhältnis der Preise zu Prozentpunkt bliebe der Eigenheimkauf einzig Einkommen oder zu Mieten die festgelegten in den peripheren Agglomerationen attraktiv. Obergrenzen. 2. Kriterium: Sind die Eigenheime noch mit den Die Stadt Bern ist die bevölkerungsstärkste in der Region erzielten Einkommen finanzierbar? Gemeinde, die alle drei Chance-Risiko-Kriterien Übersteigt der Preis eines Eigenheims das Brutto erfüllt. Eine hohe Konzentration von Potenzial haushaltseinkommen um mehr als das Sechs gemeinden befindet sich in den Agglomerations- fache, so ist eine 80-prozentige Belehnung gürteln der Städte Basel, Lausanne und Lugano. gemäss den Tragbarkeitsrichtlinien der Banken Die attraktivsten Gemeinden im Wirtschaftsraum nicht mehr möglich (siehe Beitrag Seite 22). Ein Zürich liegen im Zürcher Unterland und vereinzelt mittleres Eigenheim ist damit in den Kernagglo- im Weinland und dem Freiamt. 16 UBS Real Estate Focus 2017
Überbewertete Seegemeinden und risiko Als zweite Gruppe erscheinen mehrheitlich behaftete Schlafgemeinden Wegpendlergemeinden in der erweiterten und Vor allem die zentrumsnahen Seegemeinden peripheren Agglomeration als risikoreich. Diese erfüllen keine der drei Chance-Risiko-Kriterien. sind konzentriert in den Freiburger Regionen An den meisten Seelagen sind Eigenheime weder La Sarine, La Gruyère und Glâne-Veveyse sowie für den Durchschnittshaushalt tragbar noch in der Region Aarau. In vielen dieser Gemeinden relativ attraktiv zu Mietwohnungen. So beträgt enteilte in den letzten Jahren das Angebot der in diesen Gemeinden im Durchschnitt das Preis- Nachfrage. Auch führten die starken Preisan- Einkommens-Verhältnis 7,5 und das Kauf- stiege zu einer Diskrepanz zwischen Eigenheim- Mietpreis-Verhältnis 38. Zusätzlich erhöht ein preisen, Einkommen und Mieten, wenn auch die überdurchschnittlich hoher Anteil leerstehender absoluten Niveaus nicht an die Werte in zent- Wohnungen die Gefahr eines mittelfristigen rumsnahen Gemeinden herankommen. Preisrückschlags. Seegemeinden mit erhöhten Risiken Agglomerationstypen nach Fahrzeit zum Zentrum Kernagglomeration Erweiterte Agglomeration Periphere Agglomeration Risikogemeinden Quelle: UBS Potenzialgemeinden Selektion der Potenzial- und Risikogemeinden Zur Beurteilung einzelner Gemeinden werden erstens die drei Chance-Risiko-Kriterien relativ zum Marktdurchschnitt für den jeweili- gen Agglomerationstyp bewertet. Was in der Kernagglomeration noch als knapp tragbar erscheint, kann in der peripheren Agglome- ration beispielsweise schon ein Warnsignal sein. Zweitens werden Einkommens- und Leerstandsdaten mittels Fahrdistanzen zu den umliegenden Gemeinden geglättet, sodass Ausreisser das Resultat nicht verzerren. Drittens gilt ein starker Anstieg der Risikokriterien über die letzten zehn Jahre ähnlich einem sehr hohen, aber stabilen Wert als Risikosignal. Viertens wird zur Bestimmung der Potenzial gemeinden zusätzlich eine überdurchschnittliche Lagequalität (gemessen an der Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen, Marktliquidität und Bodenknappheit) vorausgesetzt. Ausgewiesen werden nur Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern. UBS Real Estate Focus 2017 17
Mehrfamilienhäuser Leerstand gehört zum Spiel Matthias Holzhey und Elias Hafner Risiko Der Anlagedruck treibt die Preise und die Leerstände in die Höhe. Die Leerstandsquote ist allerdings ein unge- nauer Gradmesser für das eingegangene Risiko. Trotz Wohnen steigender Leerstände sind Mehrfamilienhausinvestitio- nen in den Agglomerationen attraktiv. Auch bieten Sanierungen in Zentrumsnähe eine Mehrrendite. Geschäft In der Schweiz stehen über 50 000 oder rund Anlagenotstands – immer höhere Preise. 2016 2 Prozent aller Mietwohnungen leer. Dies ist fielen die Spitzennettorenditen in den Schwei- Börse doppelt so viel wie beim Tiefststand 2009 und zer Grossstädten weiter von durchschnittlich nahe am bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2,8 Prozent auf 2,6 Prozent, was einen Kapital- 1998. Damals war die Leerstandsquote bei Miet- wertanstieg von 6 Prozent impliziert. Seit der wohnungen aufgrund des tieferen Wohnungs Aufhebung des Euro-Franken-Mindestkurses bestands mit knapp 3 Prozent noch höher als Anfang 2015 legten die Kapitalwerte bei Spit- heute. zenobjekten um fast 15 Prozent zu, seit 2008 Global gar um 50 Prozent. Renditejagd fördert Ungleichgewichte Der merkliche Anstieg der Leerstände ist im Wesentlichen auf zwei Gründe zurückzuführen. Erstens hat sich das Nachfragewachstum im Jahr 2016 weiter verlangsamt. Das Bevölkerungs- wachstum ist seit 2013 von 1,3 Prozent kontinu- ierlich gesunken und dürfte letztes Jahr noch Mehr Gemeinden mit hohen Leerständen knapp 1 Prozent betragen haben. Für das lau- Anzahl Gemeinden nach Mietwohnungsleerstandsquote fende Jahr erwarten wir gar nur noch einen Bevölkerungsanstieg von 0,9 Prozent. Zweitens 1200 sind die steigenden Leerstände der robusten Bau- 1000 tätigkeit geschuldet. Von 2011 bis 2016 wurden jährlich 53 000 bis 58 000 Wohnungen bewilligt 800 und die jüngsten Zahlen zu den Baugesuchen 600 deuten nicht auf eine Verlangsamung hin. 400 Eine wichtige Stütze des Wohnungsbaus ist 200 die ungebrochen hohe Nachfrage nach Rendite 0 liegenschaften. So nahm der Anteil von Miet- 0–1 1–2 2–3 3–5 5–7 >7 wohnungen an den Bauvorhaben über die Mietwohnungsleerstandsquote (in Prozent) letzten Jahre deutlich zu. Vor allem institutio- nelle Investoren wie Versicherungen und 2013 2016 Pensionskassen kaufen Entwicklungsprojekte und bezahlen – aufgrund des herrschenden Quellen: BFS, UBS 18 UBS Real Estate Focus 2017
Leerstandsquote unterschätzt Risiken … und mit sinkender Portfoliogrösse Da die Renditen für Mehrfamilienhäuser in den Gerade kleinere, ungenügend diversifizierte Schweizer Grossstädten sehr tief sind, steigt Immobilieninvestoren müssen dem Liquiditäts- der Anreiz für Investoren, an weniger zentralen management ausreichend Gewicht beimessen. Standorten eine Mehrrendite zu suchen. Die zu Denn mit zunehmender Zahl an Wohnungen erwartenden Ertragsausfälle scheinen hier trotz im Portfolio sinkt das Risiko eines signifikanten des gestiegenen Leerstands weiterhin moderat. Mietzinsausfalls. Bei einer Liegenschaft mit Doch die Leerstandsquote ist nur ein ungenauer fünf Wohnungen tritt ein Mietzinsausfall von Gradmesser für das Ausfallrisiko einer Immo 20 Prozent fast doppelt so häufig auf wie bei bilieninvestition. zehn Wohnungen. Bei 20 Wohnungen (in einer durchschnittlichen marktfähigen Liegenschaft) Mietzinsausfall ist höher ist es bereits unwahrscheinlich, dass vier Woh- Ein Leerstand von 2 Prozent ist nicht gleichbe- nungen ein ganzes Jahr leer stehen – sogar deutend mit einem zu erwartenden Mietzins wenn die lokale Leerwohnungsquote 10 Prozent ausfall von 2 Prozent. Der durchschnittliche beträgt. Mietzinsausfall liegt rund 1 bis 1,5 Prozent- punkte höher, da Zahlungsausfälle bei Mietern Mieten kommen unter Druck oder renovationsbedingte Mietzinsausfälle nicht Schliesslich erhält der Mieter bei steigenden als Leerstand erfasst werden. Leerständen mehr Verhandlungsmacht und kann tiefere Mieten durchsetzen. Durch das Konzentration in Teilmärkten höhere Angebot sind die Mieten bereits unter Die Leerwohnungsquote kann je nach Region Druck geraten. So sanken die Angebotsmieten und Segment stark schwanken. In jeder vierten 2016 – erstmals seit dem Jahr 2000 – um Gemeinde stehen über 5 Prozent der Mietwoh- 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr; Neubau- nungen leer; vor drei Jahren war es nur jede mieten gingen gar um 3,4 Prozent zurück. sechste. Zudem finden sich leere Wohnungen Generell führt ein anhaltender Leerstand zu tief- häufig in Liegenschaften an schlechten Mikro eren Mieten. Gemeinden mit einer Leerstands- lagen, in Teilsegmenten wie dem Luxus- oder quote von mehr als 2 Prozentpunkten über dem Ferienwohnungsmarkt sowie in Neubauten. Durchschnitt weisen ein um 10 Prozent tieferes Während das Leerstandsrisiko bei Mietwohnun- Mietpreisniveau auf als Gemeinden mit einer gen mit Mietpreisen deutlich unter den Markt- durchschnittlichen Leerwohnungsquote. werten vernachlässigbar ist, liegen die Leer- stände von Neubauten in einer Grössenordnung Für Investoren gehört es in der Schweiz wieder von 10 Prozent. Gerade in wenig liquiden Teil- zum Pflichtprogramm, höhere Leerstände und märkten (wenig Mieterwechsel) müssen sich Mietzinsausfälle in die Ertragsrechnung einzu Investoren auf eine langwierige und somit beziehen. Der Renditeaufschlag ausserhalb der kostspielige Vermarktung einstellen. Grosszentren bietet im Durchschnitt noch einen ausreichenden Puffer gegen Leerstand. Doch Wahrscheinlichkeit hoher Ausfälle steigt bereits heute kann die Mehrrendite schnell überproportional zum Leerstand … dahinschmelzen, wenn der Leerstand in einer Mit steigender Leerstandsquote häufen sich Region vermehrt auf die Mieten drückt, die Lie- auch grössere Mietzinsausfälle. Daten zu Kredit- genschaft zu einem wenig liquiden Marktseg- anträgen zeigen, dass im Jahr 2011 bei 6 Pro- ment gehört oder das Portfolio zu klein ist. zent der Liegenschaften ein 10-prozentiger Mietausfall verzeichnet wurde. Aktuell liegt die- ser Anteil zwischen 9 und 10 Prozent, obwohl die Leerstandsquote in dieser Zeitperiode «nur» um einen halben Prozentpunkt gestiegen ist. Die Häufigkeit eines 20-prozentigen Mietzinsausfalls hat sich sogar fast verdoppelt und steht zurzeit bei knapp 6 Prozent. UBS Real Estate Focus 2017 19
Hohes Wertsteigerungspotenzial bei Grossstadt sogar ohne Fremdfinanzierung eine Sanierung Rendite auf die Zusatzinvestition von mehr als Anstatt in diesem anspruchsvollen Marktumfeld 5 Prozent generieren. Dies liegt deutlich über Risiko weitere teure Liegenschaften zu erwerben, kann der Nettoanfangsrendite beim Erwerb einer das zu platzierende Kapital auch in den beste- weiteren Liegenschaft an derselben Lage. henden Gebäudepark gesteckt werden. Ob sich dies lohnt, hängt stark von dem Mietsteigerungs Regionale Analyse potenzial und dem Anteil des Bodens am Im Dilemma deutlich geschmolzener Renditen Wohnen Gesamtwert der Liegenschaft ab. und höherer Leerstände stellt sich die Frage, welche Regionen die besten Chancen-Risiko- Mietsteigerungspotenzial Profile für Wohnrenditeliegenschaften bieten. Angebotsmieten sind über die letzten zehn Jahre Ein Vergleich der lokalen Bewertungen, der um 25 Prozent gestiegen, seit dem Tief Ende Marktrisiken (wie Leerstandsrisiken) und der 1999 sogar um 50 Prozent. Dadurch besteht bei fundamentalen Zukunftsaussichten (wie lang einem Mieterwechsel ein erhebliches Mietsteige- fristiges wirtschaftliches Wachstumspotenzial Geschäft rungspotenzial, insbesondere wenn der Vormie- und Demografie) bietet eine Entscheidungshilfe. ter lange dort wohnte. In der Genferseeregion Die attraktivsten Wirtschaftsregionen für Mehr- liegen die Angebotsmieten mehr als 50 Prozent familienhausinvestitionen sind in den Regionen über den Bestandesmieten. Ein erhöhtes Miet- mittlerer und hoher Bewertung zu finden. Es steigerungspotenzial ist auch im Tessin und um lassen sich aber auch innerhalb der Regionen die Stadt Zürich zu beobachten. Gerade an die- mit relativ tiefen Bewertungen und unter den Börse sen Lagen vermag häufig eine Totalsanierung Top-Lagen jeweils attraktive und weniger attrak- mit anschliessender Neuvermietung den Wert tive Regionen unterscheiden. der Liegenschaft deutlich zu steigern. Allerdings unterbinden teilweise lokale Gesetze diese Stra- Bewertungskategorie: Tief tegie; am Genfersee sind die hohen Aufschläge Fernab von den Zentren bieten Wohnrendite auch das Resultat der starken Regulierungen liegenschaften teilweise noch Bruttoanfangs Global und Auflagen. In grossen Teilen des Mittellands renditen von deutlich über 5 Prozent. Dies hat und der Peripherie hingegen liegen die Ange- seinen Preis in einem höheren Mietwohnungs- botsmieten nur wenig über den laufenden Mie- leerstand; von 2014 bis 2016 sind die Leer- ten, sodass das Sanierungspotenzial gering ist. standsquoten an Lagen mit tiefen Bewertungen mit über 1 Prozentpunkt am stärksten angestie- Landwertanteil gen und betragen im Durchschnitt fast 4 Pro- Ein höherer Gebäudewertanteil erschwert eine zent. Attraktive Wirtschaftsregionen sind La wertvermehrende Sanierung zusätzlich. Wer Broye, Glâne-Veveyse und Willisau. Diese weisen an schlechteren Lagen eine Liegenschaft kauft, bei einer günstigen Bewertung neben vergleichs- erwirbt deutlich mehr Backstein, sprich eine weise tiefen Leerständen auch die jüngste Bevöl- grössere Anzahl an Wohnungen, als bei gleicher kerung aller Regionen dieser Kategorie auf. Investitionssumme in Zentrumsnähe. Dadurch Hingegen ist in den Regionen Uri, Solothurn, fallen höhere Betriebs- und Unterhaltskosten Mendrisio, Bellinzona und Sion nicht nur die sowie im Fall einer Sanierung höhere Renovati- Bevölkerung deutlich älter, sondern diese Regio- onskosten an. Diese können bei gleichem Lie- nen weisen bei einer ähnlichen oder gar höheren genschaftswert das Drei- bis Vierfache betragen. Bewertung durchwegs grössere Marktrisiken und Auch unter der Annahme eines Mietpreisauf- trübere wirtschaftliche Perspektiven auf. schlags von 20 Prozent ist eine Totalsanierung (Investition von einem Drittel des Gebäudewerts) Bewertungskategorie: Mittel an solchen Lagen unter wirtschaftlichen Krite- Sursee-Seetal, La Sarine (Fribourg) und Gros-de- rien nur sehr schwierig zu bewerkstelligen, da Vaud zeichnen sich durch gute wirtschaftliche höhere Mieterträge die Baukosten nicht kom- Perspektiven und ein hohes natürliches Bevölke- pensieren. Umgekehrt lässt sich mit einer Reno- rungswachstum aus. Zudem sind in diesen Regi- vation an Zentrumslage eine hohe Rendite erzie- onen die Mehrfamilienhausbewertungen und len. Bei einem Mietsteigerungspotenzial von die Leerstände auf einem moderaten Niveau. 20 Prozent kann eine Totalsanierung in einer In der Region Gros-de-Vaud steht nur eine 20 UBS Real Estate Focus 2017
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