Fünfzig Jahre Landesverein Badische Heimat
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Fünfzig Jahre Landesverein Badische Heimat Von E u g e n F is c h e r , Freiburg i. ßr. Zum 50. Geburtstag des Landesvereins sozusagen Gedankengänge und Gefühle der „Badische H eim at“ dürfte ein Rückblick über Rom antiker wieder lebendig geworden. An seine Entstehung und sein Leben berechtigt hiesiger Hochschule haben drei Germanisten, sein. Ich folge daher gerne der freundlichen Friedrich Kluge, Elard Hugo Meyer und Frid Aufforderung des gegenwärtigen Landesvor rich Pfaff, deren wissenschaftliche Pflege über sitzenden, Herrn Prof. Dr. Schwarzwebers, aus nommen; sie bildeten eine kleine A rbeits meinen persönlichen Erinnerungen seine gemeinschaft und gaben einen Fragebogen Schicksale zu erzählen. Es soll also hier keine zur V olkskunde heraus, der an die Lehrer und lückenlos getreue Geschichte des Vereins ver Pfarrer im Lande hinausging. Ganz besondere sucht werden, vielmehr seien die handelnden Pflege fand die V olkskunde bei Professor Personen und das Leben des Vereins so ge Pfaff, Bibliothekar an der Freiburger U niversi zeichnet, wie ich sie erlebt habe. V on den tätsbibliothek. Er wurde einer der besten K en M itgliedern der beiden alten, sozusagen ner dieses Gebietes, während in Heidelberg Elternvereine, werden nur noch ganz wenige Prof. Kahle in Schrift und Unterricht dasselbe leben, und von den V orstands- und Ausschuß Ziel verfolgte. Diese beiden Forscher grün mitgliedern der ersten Jahre unseres Vereines deten zur Erweckung allgemeinen Interesses bin ich wahrscheinlich der einzige. Ich war im Juni 1904 in Baden-Baden einen Badischen damals der Jüngste. Verein für V olkskunde. Der V orsitz sollte Unser Landesverein (LV) ist bekanntlich aus jährlich zwischen den beiden Herren wechseln. der Verschmelzung des damaligen „Badischen Um 1900 war auch ich in den Kreis von Vereins für V olkskun de“ und des „Vereins Prof. Pfaff gekommen. Nähere Bekanntschaft für ländliche W ohlfahrtspflege in Baden“ ent wurde in der U niversitätsbibliothek geschlos standen. Die Verschmelzung wurde auf Lan sen, wo Pfaff mich, den neugebackenen Privat desversammlungen der beiden Vereine be dozenten, in größter Hilfsbereitschaft in die schlossen und trat auf 1. Januar 1909 in Kraft. Geheimnisse der K ataloge und Bücherregale Die erste Landesversammlung des neuen Lan einführte. Er warb mich bald als M itglied und desvereins, der sich den Namen „Badische meine damaligen prähistorischen Arbeiten H eim at“ gab, fand dann in Achern am 3. Juli (Ausgrabung der „Löhbücke“ , Gräber aus der 1909 statt. Der neue Verein zählte etwa 1400 H allstattzeit, bei Ihringen) gaben mir erste M itglieder. Zum ersten Landesvorsitzenden Themen zu werbenden V orträgen im jungen wurde Prof. Dr. Fridrich Pfaff, zum zweiten V olkskundeverein, und so holte mich Pfaff Prof. Dr. Eugen Fischer, zu Schriftführern bald in den engeren V orstand. Die beratenden Dr. H. Flamm und Sekretär E. Glatz gewählt. Sitzungen im engen Kreis pflegte Pfaff in der Rechner war Obersteuerkom m issär Fuchs und gemütlichen alten W einstube im „Storchen“ , als Beisitzer wählte man M onsignore Dr. außen am Schwabentor, abzuhalten. Da lernte Werthmann, D ekan Nuzinger und Privat- ich ihn als Menschen näher kennen und D ozent Dr. Konrad Guenther. schätzen. Er stamm te aus einem hessischen Zunächst ein Blick auf die eben angedeutete Forsthaus, und seine stille Liebe gehörte zeit Vorgeschichte. Um die Jahrhundertwende wa lebens der „grünen Farbe“ . Er trug stets einen ren in neuerwachendem Interesse für V o lk s grünen Hut, eine grüne Kraw atte, in der kunde (Folklore), V olkslieder, Naturschutz eine N adel mit zwei Hirschkränen steckte.
Bildnis Eugen Fischer 1959
In größerer Gesellschaft etwas scheu und über Sagen und Geschichte der alten Burg, ungewandt, war er im kleinen Kreis und bei oder ich konnte bei der Ehrentrudiskapelle einem guten V iertele ein anregender Erzähler. berichten, wie einst am Fuß des Tuniberg- Geradezu mitreißend war sein Planen für abfalles in der abklingenden Eiszeit Rentier die V ereinstätigkeit. Damals galt seine ganze jäger hausten, deren Gerätereste der Anatom A rbeit einer Feuerprobe m it dem sog. feuer Alexander Ecker und der A potheker Kübler in sicheren Gernentz-Strohdach. Sämtliche alten Munzingen aufgedeckt haben. Und die K ennt Höfe im Schwarzwald trugen noch das tief- nis von Sage und Vorgeschichte bildete auch herabreichende, mächtige Strohdach, das im eine Wurzel für Denkmalpflege und H eim at Winter das ganze Haus warmhielt und im kunde. Dann vereinigte eine K affeetafel oder Sommer kühlte. Aber ein Brand wurde durch ein Dämmerschoppen im ländlichen W irtshaus ein solches Dach fast immer zur furchtbaren die Ausflügler fast wie eine große Familie. Katastrophe. Dieses Strohdach mit seinen Vielleicht hat dann Prof. Konrad Guenther ökonomischen und unerhört ästhetischen und noch über Vogelschutz gesprochen, oder man traditionellen Werten zu erhalten, war das hörte Pläne zur Erhaltung bedrohter D enk Ziel einer chemischen Imprägnation, die das mäler. Und befriedigt zog die ganze G esell Stroh unbrennbar macht. Der kurze Hinweis schaft zum Lokalbahnhof und fuhr nach Hause. muß genügen. Pfaff erreichte es, daß im N o Heute führt unser LV seine M itglieder in be vember 1909 eine polizeilich genehmigte quemen großen Wagen über die Alpenpässe Feuerprobe vorgenomm en wurde. Am Sand oder ins Herz Frankreichs und man lernt die fangweg zwischen Kartäuser- und Schwarz H eimat auch am fremden Beispiel kennen und waldstraße, damals weithin unbebautes G e schätzen. Andere Zeiten — andere Sitten. biet, wurden eine Reihe kleiner Häuschen auf Zwei Jahre früher als der V olkskundeverein gebaut, die mit Stroh und Holz gefüllt waren hatte sich (1902) in Karlsruhe ein „V erein für und die verschiedensten Dächer trugen, Ziegel, ländliche W ohlfahrtspflege in Baden“ gebildet, Schindeln, gewöhnliches Stroh, imprägniertes der die materielle und vor allem die geistige Stroh usw. Unter den Zuschauern waren an- K ultur unseres Bauernstandes zu pflegen und dere Vereine, vor allem der Architekt- und hegen sich mit Erfolg bemühte. An der Spitze Ingenieurverein, der Landeskomm issär, der stand der Freiburger Professor für N ation al Am tsvorstand, der Karlsruher O berbaurat ökonom ie Dr. Fuchs, die tätigsten M itarbeiter Stürzenacker, Stadtbaum eister Thoma und an waren die nachher genannten Herren des dere vertreten, und halb Freiburg war hinaus späteren V orstandes. Ich selbst trat, von geström t. Die Probe legte einwandfreies Prof. Fuchs geworben, dem Verein bei und Zeugnis für die Brauchbarkeit und Sicherheit wurde 1907 in dessen geschäftsführenden des feuerfesten Strohdaches ab. Ausschuß kooptiert. Wenn ich heute das damalige Vereinsleben Ich sehe jene Männer in den Ausschuß ins Gedächtnis zurückrufe, kommt ein Lächeln sitzungen noch vor mir. Die vornehme Art, über den damaligen, an Biedermeierzeit er in der Herr Prälat Werthmann seinen klugen innernden Stil. Die M itglieder, dreißig oder R at gab, auch im Widerspruch vornehm, über vierzig, großenteils mit ihren Frauen oder zeugend und sachgemäß. Dekan Nutzinger, größeren Kindern, sammelten sich zu einem für alle allgemeinen Fragen sehr aufgeschlos wissenschaftlichen Ausflug am Bahnhof, ein sen und kenntnisreich. Der D irektor des „L ok alzu g“ führte uns nach Emmendingen Badischen Bauernverbandes, Dr. Aengenheister, oder Schallstadt, und wir wanderten nach der Sohnrey, der berühmte Vorkäm pfer für unser Hochburg oder im anderen Fall zur Tuniberg- Landvolk, Architekt Luckscheiter mit seinen kapelle. Herr Pfaff hielt oben einen V ortrag Plänen für moderne Bauernhofbauten, Excel.
Ferd. von Beck, sehr korrekt und für rück habe und den Ruf annehmen werde und bat sichtsvolles Vorgehen, und andere, saßen in mich um die Erlaubnis, mich als seinen Nach bunter Reihe. Prof. Fuchs wohnte damals in folger im Verein vorzuschlagen. Ich hatte dem schönen Flause an der Ecke Goethestraße stärkste Bedenken, mir lagen die Aufgaben des bis herüber zur Kronenstraße, gegenüber der V olkskundevereins näher. Doch es kam anders. Dreisambrücke. Im vorigen Jahr wurde es vom Im Anschluß an die Frage, wieweit die Re Evang. Seminar für W ohlfahrtspflege und G e gierung, die beide Vereine mit Zuschüssen meindedienst, dem es schon lange als Heim unterstützte, zum Ausbau der Zeitschriften er diente, umgebaut, eine eigene Fügung, wie heblich höhere Beihilfen geben wolle, wurde hier Wurzeln der W ohlfahrtspflege zusammen auf den Vorschlag des Herrn M inisterialrat laufen: Im Garten dieses Anwesens stand da Bartning, der unsere Belange sehr wohlwollend mals, dem alten Freiburger Brauch des 18. und sachverständig vertrat, eine Verschmel Jahrhunderts nachgeahmt, ein kleines G arten zung der beiden Vereine vorgeschlagen. Sie haus, ein steinernes kleines Häuslein mit fand großen Anklang. Nach allerlei Beratungen barockem Ziegeldach, etwas altertümlichen wurde sie auf 1. Januar 1909 vollzogen. Prof. Fenstern, aber einem großen gemütlichen Zim Pfaff wurde Erster Landesvorsitzender des mer im Erdgeschoß. Hierher verlegte Prof. neuen LV, ich wurde Zweiter, die übrigen M it Fuchs die Vorstandssitzungen und an schönen glieder der bisherigen V orstände traten in Sommerabenden tagten wir in idyllischer Um den engeren und weiteren Ausschuß des V er gebung, in behaglichem Raum bei offenen eins ein. Die ganze Schwerkraft des Vereins Türen und Fenstern, fast im verträum ten lag nun noch mehr als bisher in Freiburg. Die Garten. schönen Bestrebungen waren allmählich der Der gewissenhafte und stille Schriftführer breiten Ö ffentlichkeit bekannt und von ihr des Vereines war Dr. Flamm. Er war auf der anerkannt worden. Die M itgliederzahl stieg Volksschule mein Schulkamerad gewesen. langsam, das erste Tausend war überschritten. Jetzt nahmen wir die alte Beziehung wieder Aber noch immer war die Tätigkeit des auf. Er trug mit bewundernswerter Geduld eine neuen Vereines in der Hauptsache belehrend, auf frühe überstandene Kinderlähmung zu werbend und nur in kleinem Umfang in den rückgehende Verkürzung eines Beines, so daß einzelnen Fällen drohender Zerstörung von er schwer gehemmt am Stock gehen mußte. Denkmälern für deren Erhaltung eintretend. Sein scharfer V erstand und seine reichen Das V erdienst, m it aller K raft in die Fragen Kenntnisse kamen den Zeitschriften des V er des Heimatschutzes und der Denkmalpflege eines sehr zugute, die in sehr bescheidener einzugreifen, gebührt dem damaligen neu Form und kleinem Umfang, mit dem Titel ernannten Custos (später D irektor) der Städt. „D orf und H o f“ monatlich erschienen, zusam Sammlungen Dr. M ax W ingenroth (1872 bis men mit den „Badischen H eim atblättern“ des 1922). Er stellte sein großes Wissen und V olkskundevereins, die Vorgänger unseres seine stürmische Energie rückhaltlos dem LV späteren reichen Schrifttums. Leider hat Dr. zur Verfügung. A uf der Landesversammlung Flamm, noch nicht 44 Jahre alt, am 17. Januar in Haslach, 1918, legte H ofrat Prof. Pfaff 1915 sein Leben beenden müssen, von schwe aus Gesundheitsgründen den Landesvorsitz rer Krankheit heimgesucht. Seine Freunde, Dr. nieder. Er wurde damals zugleich mit Pfarrer Münzel und Dr. Schwarzweber, schrieben dem Hansjakob zum Ehrenmitglied ernannt. Mich verdienten Manne hier ihre Nachrufe. wählte man zum Ersten Landesvorsitzenden, Auf einem gemeinsamen Heimweg von welches Am t ich mit großen Bedenken wegen einem V ortrag vertraute mir Prof. Fuchs an, meiner sehr starken beruflichen Belastung daß er eine Berufung nach Tübingen erhalten annahm. Ich rechnete stark auf W ingenroths
M itarbeit, und ich täuschte mich nicht. Der M itgliederzahl kletterte auf 3, auf 4 und tem peramentvolle Pfälzer aus alter M ann 5 Tausend. Ich kann die Namen aller derer, heimer Familie verband m it großem kunst die ihre ganze A rbeitskraft zur Verfügung geschichtlichem und geschichtlichem Wissen stellten, nicht alle nennen, es seien nur die eine ehrliche Begeisterung für die A uf alten M itarbeiter Werthmann, Nuzinger, gaben der Denkmalpflege. Aus der Schule Guenther, Ferdinand von Beck, Kümmel, Eck eines Franz Xaver Kraus und Thode, ge hardt und andere, die oben schon erwähnt bildet im Nürnberger Museum und in der sind, genannt, jetzt traten stärker hervor: Karlsruher Sammlung, kannte er im ganzen M etzger Überlingen, Prof. Dr. Sauer, D irektor Land Kunst- und Naturdenkm äler wie Dr. Schindler, Prof. Linde, die M aler Liebich kaum ein anderer. Und er kannte ganz un und Hasemann, Prof. Wetz, Prof. John Meier, glaublich rasch all die Männer und Frauen, die Architekt C. A. Meckel, Prof. Mombert, als M itarbeiter gewonnen werden konnten und Eisenlohr, Bankier Krebs und viele andere. mußten — irgendeinen Gemeindeschreiber im Es war ein frohes Schaffen, das mir mit letzten Schwarzwalddorf, der Sinn hatte für W ingenroth beschert war. Und es war vor den alten Uhrenbau, einen Landpfarrer, der allen Stücken für unsere Zeitschriften unter seine Ortsgeschichte schrieb, einen Geheimen der außerordentlich geschickten Redaktion Regierungsrat, der sich geschichtlich-litera W ingenroths ein glänzender Erfolg. Der risch betätigte, einen Lehrer, der Natur- Schriftwechsel für diese, aber besonders der geschichtler war, und nicht zuletzt einen ver mit Behörden und Einzelpersonen in Fragen ständnisvollen Industriellen, dem begeisternde des Heimatschutzes wuchs gewaltig an. Ich Beredsam keit einige Tausend für die V ereins kann hier die einzelnen Aufgaben, am Schluch kasse entlocken konnte. A lle waren M ax see, am H ohenstoffeln, an Heimatmuseen, W ingenroth bekannt, alle zog er in den Kreis gegen Verunstaltungen der Landschaft (Re und D ienst der Badischen Heimat. Wir mach klameschilder, Starkstrom leitungen usw.) un ten zusammen zahllose Reisen und hielten möglich im einzelnen aufzählen. M it W ingen V orträge. roth besprach ich alle Pläne und die V o r In vielen Eingaben an staatliche und kom bereitungen der Landesversammlungen. Wir munale Stellen, in Beratungen ländlicher mußten dazu — tagsüber beruflich unabköm m Bürgermeister oder privater Bauherren oder lich — von Zeit zu Z eit abendliche Sitzungen Industrien versuchten wir, das Denkmalgut, einrichten, teils nur wir beide, teils unter wo es gefährdet war, zu retten, das D orfbild, Zuzug von Fachberatern. O ft saß ich mit Kirchen oder Schlösser, Rathäuser, Fachwerk W ingenroth in der W einstube zum Hirschen häuser, Brücken, W asserfälle, Pflanzen und in der Bertoldstraße in wirklich eingehenden Tiere und was alles zu schützen war. Man Beratungen. Und dabei lernte ich den fein muß sich erinnern, daß es damals weder ein sinnigen Künstler und den warmherzigen Schutzgesetz noch ein staatliches Denkmalam t Menschen W ingenroth kennen. Leider mußten noch eine geregelte Einsetzung von Denkm al wir den Mann, dem wir so viel für den LV ver pflegern gab. Es galt, das öffentliche Denken dankten, allzu früh verlieren. Er selbst hatte, und Gewissen mit den Begriffen Denkm al wie ich heute, so lange nach seinem Hin schutz und Naturschutz überhaupt erst zu scheiden, wohl verraten darf, schon einige füllen und es dafür zu begeistern. W ingenroth Zeit schwere Todesahnungen, die den sonst stellte das ganze Schrifttum darauf ein, und so fröhlichen Gesellschafter o ft still werden diese Werbungen hatten glänzenden Erfolg. ließen. D as öffentliche Ansehen und die Bedeutung Er beriet mit mir im Frühsommer 22 die des LV s stieg wirklich im ganzen Land, die bevorstehende Bruchsaler Tagung und das 102
Bildnis Prof. Wingenroth „K raichgau-H eft", an dem damals zum ersten Finger der Schnitter Tod sein heißes, pläne mal auch Hermann Eris Busse im A uftrag volles, heim atliebes Herze für immer still. W ingenroths m itgearbeitet hat. Wir hatten Er hatte noch wenige Stunden vor dem letzten das N ötige beredet und p lau d e rttJ noch bei Atemzug an die Bruchsaler Tagung gedacht einem letzten Glas Wein im Hirschen. Ich und seine Genesung bis dahin erhofft. wollte gehen — „ach, noch ein allerletztes", Ich fuhr nach der Beerdigung auf dem meinte er — „ich möchte lieber heim " — da Freiburger Friedhof zur Versamm lung nach vertraute er mir seine trüben Gedanken an, Bruchsal, über der nun die schwarze Trauer er glaube, er müsse bald sterben. Das lag nun lag. seiner sonstigen und auch meiner fröhlichen A ber die Heim atarbeit durfte ja nicht Natur so fern, daß ich freundschaftlich offen stehen bleiben. Ich erinnere mich gut daran, ihn des „Jam m ers" als Folge unseres genos daß wir auf der Bahnfahrt — Excellenz von senen Weines zieh. Und wir gingen zusammen Beck, C. A. Meckel, Bankier Krebs, und einige heimwärts. — Ich sollte ihn erst wieder auf andere, — lebhaft erörterten, ob der noch dem K rankenbett sehen, auf das ihn eine recht junge Hermann Eris Busse als Nach wohl auf einem Familienausflug zugezogene folger W ingenroths schon geeignet wäre, ob Erkältung, die eine Lungenentzündung ver er es wohl schaffen könnte. Ich selbst war ursachte, geworfen hatte. Drei T age vor Be sehr dafür, man solle auf junge K raft „setzen ", ginn jener Versamm lung stellte mit sanftem mindestens zur Probe. Einige Tage später
berief ich eine Sitzung des engeren A us uns immer besser kennen und wurden Freunde. schusses. Wir tagten damals im Bibliotheks Er bereitete immer wieder irgendwo im Land saal der nach der Bombenzerstörung (im einen Heimatabend oder einen V ereinstag Jahrei 1917) neu errichteten Anatomie, deren vor, gewann einen Redner und organisierte Direktor ich 1918 geworden war. Als in der das Programm. Dann fuhren wir beide hin, Tagesordnung der Punkt „N achfolge Wingen- ich leitete und eröffnete als Landesvorsitzen roth s“ gekommen war, bat ich Herrn Busse, der, ich besuchte den Landrat, die Bürger uns eine Weile zu verlassen, das kleine Zim meister, Pfarrer oder einflußreiche Privat mer neben der Bibliothek stehe ihm zur personen und wir saßen später im Kreis der Verfügung. Busse bekam einen tiefroten Kopf Einheimischen. Wir waren bald sozusagen und verließ, sichtbar gekränkt, den Saal. — populäre Figuren, „der große Mann mit dem Viel später, als wir gute Freunde geworden kleinen Hut und der kleine Mann mit dem waren, erzählte er mir, er habe eine gewaltige großen H u t.“ Zur untersetzten Körperform Wut bekommen, daß man ihn „rausgeschm is Busses gehörte ein großer schwarzer Schlapp sen“ , also beleidigt habe. Er kannte damals hut, gehörte eine dicke Zigarre, gehörte eine den allgemeinen Brauch bei der Behandlung N elke im Knopfloch. Und ich trug und trage solcher Personalfragen nicht. heute noch wie seit mehr als 50 Jahren aus Er wurde gewählt, und die nächste Landes schließlich dieselbe Form eines ganz flachen versammlung bestätigte ihn als stellvertre braunen Hutes, den meine Studenten als das tenden Landesvorsitzenden. Und es war nie „A natom enhütle“ bezeichneten. zu bereuen. Was W ingenroth an kunsthisto W underbar verstand es Busse spendewillige rischen Fachkenntnissen und an Erfahrung oder von ihm allmählich zum Spenden über über den Stand der Denkmäler des Landes redete Persönlichkeiten aufzuspüren, denn das voraushatte, ersetzte Busse durch sein Schauen Schrifttum und das Leben des Vereins kosteten als Dichter, durch sein feines künstlerisches sehr viel Geld und wir hatten es immer. Der Urteil und dann durch eine ganz ungeheure LV wuchs, in den ersten zwei Jahren von A rbeitskraft. Unm ittelbar nach Übernahme Busses T ätigkeit stieg die M itgliederzahl von seines Amtes brachte er den Band „Kraich- 7000 auf 12 000, im folgenden Jahr auf 13 000. gau “ heraus, den er als ersten als H eraus Vielleicht war aber noch erfreulicher, wie geber zeichnete. Und nun prägte er unserem Ansehen und Bedeutung und unser Ruf bei Schrifttum ganz seinen originalen Stempel den übrigen Heimatvereinen im Reich ge auf. Systematisch wurden die einzelnen Gaue wachsen sind. und Städte unseres Badenerlandes von be Dem Landesvorsitzenden hat, wie man rufenen Sachkennern in je einem Band nach sieht, Busse die A rbeit leicht gemacht. Er ihrer Natur- und G eistesart geschildert. Das mußte nur in bestimmten Dingen eingreifen, gab eine Reihe von M onographien, die fast er mußte in zahllosen Beratungen entschei einzig in ihrer A rt sind und auf die für alle den. Busse sprudelte nur so von Plänen, Bes Z ukunft immer wieder zurückgegriffen wer serungen, neuen Vorschlägen usw. Er scheute den wird. Auch „M ein H eim atland“ , dann die Mühe nicht, mich alle paar Tage nach die Hefte „V om Bodensee zum M ain“ und 12 Uhr, dem Ende meiner V orlesung, in der Kalender „E kkh art“ wuchsen unter seiner meiner A natom ie aufzusuchen, und wir be Hand. sprachen das Wichtigste. Es eilte, denn ich Unermüdlich bereiste Busse das ganze Land, hatte stets um 2 Uhr wieder Unterricht und besuchte die Ortsgruppen, gründete neue. dazwischen mußte ich beim Essen meine Fa Wir arbeiteten wunderbar zusammen, lernten milie sehen. Gründlichere Beratungen fanden
dann alle paar Wochen im „R öß le“ statt, wo wohl, über 30 Jahre und heute noch, Frl. D or wir dann bis tief in die Nacht hinein bei ner. Auch des langjährigen Buchhalters Emil sammen saßen. Da durfte ich dann auch den Busse, Bruders von Herrn. Eris, sei dankbar Menschen und Dichter kennen lernen und in gedacht, sowie des Hausmeisters Krüger. beginnender Freundschaft Einblick tun in sein Nur angedeutet soll hier die dauernd wach dichterisches Schaffen. Er sprach nur ab und sende Arbeit werden, die der N atur- und zu und zögernd von den Menschen und Schick Denkmalschutz erforderte: Eingaben, G ut salen, die vor seiner Dichterseele langsam achten, die von Fachkennern erbeten wurden, Leben annahmen und der D arstellung in Tagfahrten und Sitzungen. Wir haben zu seinen Romanen harrten. Es ist hier nicht jeder auf tauchenden Frage Stellung genom Raum und Aufgabe, den Dichter zu schildern, men und konnten schöne Erfolge verzeichnen. ich stand bewundernd vor dem gewordenen Erwähnt sei auch die große Arbeit, die Herr und werdenden Werk. Als die gemeinsame Landrat Strack der Einführung der Familien A rbeit angefangen hatte, im Sommer 1922, forschung widmete. machte ich mit meiner Frau meinem neuen Ich schreibe es nicht zuletzt der denkm al Stellvertreter einen Besuch. D as Ehepaar Busse pflegerischen Arbeit des LV zu, daß Staat und wohnte damals sehr bescheiden beim „Kohler- Gemeinde und private K reise die Aufgaben beck“ in Oberlinden. Eine alte Holztreppe der Denkmalpflege, des Naturschutzes usw. führte vom Hof ins Hinterhaus hinauf, und auch als die ihren erkannten. Es kamen V er da lernten wir auch Frau Erika (Eris) Busse ordnungen und Gesetze zustande, bis schließ kennen, deren Vorname der Dichter seinem lich auf Grund der großen sachgemäßen und eigenen zugesetzt hat. Frau Eris war eine sehr gründlichen Arbeit des Herrn M inisterialrats feinsinnige, ihn verstehende, fördernde Dr. A sal ein Denkmalschutzgesetz geschaffen wahre Lebenskameradin und M itarbeiterin. wurde, das allerdings erst 1949 in K raft trat. Später haben wir V ier manches schöne K affee Als ich 1927 Freiburg verließ, einem Ruf stündchen bei jenen erleben dürfen — da an die U niversität und an ein Kaiser-W ilhelm- waren Busses inzwischen in das „H aus der Forschungsinstitut nach Berlin folgend, nahm Badischen H eim at“ übergesiedelt, das die ich zunächst die Wiederwahl an, nachdem ich eigenwillige hohe K unst des Architekten Carl die Zusage erhalten hatte, daß mein Freund Anton Meckel dem Verein an der H ansjakob- Dr. Heinrich Brenzinger für alle Fälle meine Straße errichtet hatte. Hier hatte Busse im Stellvertretung übernehmen würde. Aber ich Erdgeschoß und bei Tage seinen Arbeitsraum sah bald, daß dies bei aller Einsatzfreudigkeit für den LV, und er stellte immer größere der M itarbeiter auf die Dauer kein guter Z u Ansprüche, und oben den Tisch, an dem sein stand war, ich trug das Amt und andere die dichterisches Werk in nächtlicher A rbeit ge Arbeit. So erbat ich 1929 meinen Rücktritt. formt wurde. Hier hatte jetzt auch die ge Herr Landeskomm issär Paul Schwoerer über waltig gewachsene Geschäftsstelle mit ihren nahm mein Amt. Auch ihm hielt Busse, der fleißigen M itarbeiterinnen schönen Raum unermüdliche M itarbeiter, die eigentliche erhalten, nachdem sie so lange recht ungün Seele der Heimatbewegung, die Treue. stig in Hinterzimmern des alten A ugustiner Er war es auch, der damals die erste museums vorlieb nehmen mußten. „Alemannische Woche“ — später auch eine Es sei hier dankbar aller jener gedacht, „Pfälzische Woche“ in Mannheim — einführte insbesondere der Fräulein Aschoff, Dorner, und glänzend organisierte. Sie verlief in den Heer, Schüler, die alle lange Jahre treu und ersten M aitagen 1928 in Freiburg und war ein gewissenhaft ihre A rbeit taten — am längsten großer Erfolg. 105
filigran, das ist großdeutsches Ausgleichglück in unserer einsamen Südwestecke. Daß ein modernes Mädchen mit einem feinen Bubikopf einen der Steuerer des großen Alemannen schiffes bittet, sie mit einem der Vorarlberger bekannt zu machen, weil diese doch wirklich am vornehmsten tanzten im ganzen Saal, das ist Stammesstolz, der sich zu seiner Wurzel bekennt. Daß ein Intendant staunend vor dem Leben und Weben zwischen U niversitäts professoren und Bauernmädchen, K ünstler töchtern und Riedburschen in die W orte aus bricht: ,Endlich wieder einmal kein T h eater!', das ist ein Zeugnis, das nur der geheimnisvollen Erscheinung innerer Nähe zwischen Menschen gleichen Blutes gilt. Die Alemannenwoche war aber m e h r a l s H e i m a t p f 1 e g e. Sie war der Weg vom Alemannen zum Menschen . . .“ Fendrich be wundert dann die Lörracher Schülerchöre mit ihren M undartliedern und noch mehr: „Daß die Hanauer und Peterstäler Kapellen wieder ihre gut genähten weißen Jacken mit den H. E. Busse Fuchspelzmützen und die rot gefütterten schwarzen Schoßröcke tragen, das könnte auch gute und kostspielige M askerade sein. Ich kann nicht widerstehen, eine Bespre Aber daß sie ihr Blech, bei dem auch das chung großenteils im W ortlaut hier anzu Fagott nicht fehlte, so blasen, daß zwei führen, weil kein geringerer als der be alte M usikpedanten sich sprachlos verwun kannte sozialdemokratische Politiker und fein dert in die Augen sahen ob solcher letzten sinnige Schriftsteller Anton Fendrich in der Glockenreine und Fülle des Tons und solcher Frankfurter Zeitung (vom 17. 5. 28) sie mitreißenden Stahlschärfe des Rhythmus, das geschrieben hat, und sein Urteil ist ganz war die herrlich-bedrohliche K raft in diesem gewiß erhaben über jeden Verdacht beson vermeintlichen Trachtenrepräsentanten. Daß derer Zuneigung zu den V eranstaltern und der sozialdemokratische Redakteur und Frei ihren bürgerlichen Kreisen. Fendrich schreibt: burger Stadtrat es sich in der Alemannenwoche „ . . . festlich straff der Begrüßungsabend in nicht nehmen ließ, zu dem seit einem Jahr der alten immer noch schönen Sängerhalle. hundert in Hausen stattfindenden Hebelmahl Aber nicht erst im Tanz lockerte er sich auf zu wallfahrten, das ist ein Zeichen der um zu einem großen Sichfinden. Daß wir die schlingenden K raft und U niversalität dieses Österreicher bei uns haben können wie V et vermeintlichen Talpatriotism us. Es gibt auch tern und Basen, die nervigen, hochgewach einen kategorischen Imperativ des V olkes, senen Bregenzerwälder mit ihren keck auf langsam aus den Tiefen steigend, aber von dem K opf sitzenden Tuchzylindern und die sprengender und doch erfüllender Wucht. schon südlich vollen M ontafonerinnen mit Wir erleben zur Zeit Ähnliches in seinen A n den mächtigen Haubenkronen aus Gold- fängen in Rußland. Sie werden sich wundern, 106
die maschinenzahmen Menschen, die im Rauch die wogenden Chorschleier gewebt, nicht den der Technik ihre Gottähnlichkeit entdecken, Menschen hört, der ein Übergang ist, den wenn das alles einmal aufsteht und die M asse n e u e n M e n s c h e n , dem ist nicht zu Mensch neu durchflutet und durchwärmt. helfen. Der Eichendorff-Zyklus Franz Philipps Alles das, nur in ganz anderen Worten, ist die vernehmbare Offenbarung, daß der sagte Eugen Fischer, der A nthropologe, in seiner alemannische K osm os nicht eine Idee, son Rede am Begrüßungsabend. Sie war ein Ereig dern lebendige W irklichkeit ist." Es mag mit nis, weil es eben keine R e d e war. Er s a g t e diesem, ganz der Eigenart Fendrichs entspre etwas. Der W issenschaftler stand da, ohne chendem Bericht gezeigt werden, wie stark Pult und ohne M anuskript, zusammenge damals die Heimatbewegung in den breiten krümmt unter der Wucht des Unaussprech Schichten unseres V olkes wirkte und verbrei lichen und sich wieder aufreckend in der tet war. Die alemannische Woche bot damals Befreiung durch die Sprache. M it dem Wort eine größere Anzahl V orträge namhafter G e ,Erbliniengut‘ spannte er das Geheimnis nur lehrter und Lesungen von Dichtern in den auf wie einen großen toten Falter. Aber sel Räumen der U niversität, abendliches Theater, ber im tiefsten eine glühende Dichternatur Führungen im Münster und in Museen, A us ließ er den geheimnisvollen Schmetterling in flüge und gesellige Abende, und am Sonntag der Hand wieder lebendig werden und ent fehlten nicht die Gottesdienste. Es war w irk fliegen, weit über den Saal und alles Aleman- lich keine Unterhaltungswoche, sondern ein nentum hinaus. Nahe am Flammenrand des Sichbesinnen auf die ewigen Werte der Hei Metaphysischen hinschreitend, wies er auf mat, des eigenen V olkes, seiner V ergangen den Reichtum des anderen Blutes rings um heit und vielleicht seiner Zukunft. Ein Be unseren großen Kreis zwischen Lech und den kenntnis zu den seelischen und geistigen V ogesen, zwischen Murg und dem Gotthard W erten in unserem V olk stellte sich gegen hin, das die Heimat, aber eben nur die Heimat über und inmitten des unerhörten Hetzens um einzuschmelzen die K raft und oft auch die materielle Gewinne vor die Teilnehmer und siegreiche Lust habe. Tief stieg er hinein in vor alle, die im Land etwas davon vernahmen. den zeugenden Wirbel zwischen G ottheit und Wäre es heute nicht um vieles nötiger? Erde, sprach in mühsamen Glutworten einer Der Chronist kann über die späteren Jahre prophetischen N atur von dem Geheimnis kurz hinweggehen, sie sind ja von der M ehr reiner Schöpfung, und vor ihm wurde mitten zahl unserer Leser und der M itglieder selbst im Festtrubel alles auf eine V iertelstunde erlebt und in frischer, teils trauriger Erin ganz still. Denn hier stand einer, in dem nerung. Paul Schwoerer hat in schönster Z u durch den Alemannen und den W issenschaft sammenarbeit die schönen A ufgaben des LVs ler hindurch das weißglühende Schmelzgut der im alten Geiste mit größtem Erfolg w eiter Ewigkeit leuchtete. geführt. Aber besonders dankbar müssen wir Aber erst der Eichendorff-Zyklus von Heutigen diesen beiden Männern dafür sein, Franz Philipp tauchte den Abend in einen daß sie und wie sie mit Klugheit, aber cha seltenen Glanz von Licht und Nebel. In die raktervoll den LV über die Z eit des H itler ser neuesten Schöpfung Philipps ist der R o reiches und dann des Zusammenbruches und mantik mit sicherer Hand alle A ffektbetonung die Periode der französischen M ilitärregierung genommen, ihr inneres Leben aber dafür zu hindurchgeleitet haben. einer effektlosen Intensität gesteigert, daß Schon 1934 wurde das „Führerprinzip" an uns der Atem ausgeht. Wer in diesem Chor geordnet. Der Kultusm inister Dr. Wacker werk mit den wirren und wehen Hornrufen „ernannte" Herrn Landeskomm issär Schwoe und den tröstenden Orgelwunden, locker in rer zum Ersten Landesvorsitzenden, zum
stellvertretenden Herrn Prof. Dr. Eugen heimtückischen Leiden. Auch nach seinem Fehrle, M inisterialrat in seinem Ministerium, Tode hängte sich noch Häßliches an diesen und Hermann Eris Busse wurde zum Geschäfts- großen Sohn Freiburgs, dessen Wirken und führenden Landesvorsitzenden „b estellt". Schaffen auch heute noch nicht die ihm ge Wir müssen Herrn M inister Wacker ehrlich bührende Anerkennung gefunden hat. dankbar sein, daß er dauernd seine schüt Vier Jahre schlief der Verein. 1949 wurde zende Hand über dem LV hatte und ihm seine W iederzulassung bei der M ilitärregie größere V erluste und Zwang fernhielt. M i rung beantragt, wurden vorschriftsmäßig neue nister Wacker war wirklich erfüllt von echter Satzungen vorgelegt und wurde in einer von Heimatliebe. A ls damals ein hoher Partei den Herren des engeren Ausschusses des auf funktionär im Haus der Badischen Heimat er gelösten Vereins einberufenen Versammlung schien und Herrn Busse dieA bgabe des Hauses, im Freiburger K aufhaussaal die W iederbe der K asse und der Bankkonten abverlangte, gründung auf den 1. 1. 1950 beschlossen. lehnte dieser es kurz und bündig ab, entließ Wir alle sind jenen Männern zu größtem den unwillkommenen G ast und fuhr sofort Dank verpflichtet, dem auch hier wärmster nach Karlsruhe. Und er erreichte beim Innen Ausdruck gegeben werden soll. Sie erweckten minister Pflaumer und M inister Wacker einen das stolze und nun gebrochen am Boden augenblicklichen Schutzbefehl für den Verein liegende Werk wieder zum Leben. Die Herren und sein Gut. Busse brachte noch 1940 den Schwoerer, Schlippe, Brenzinger, Noack und prächtigenElsaßband und im folgenden Jahr den einige andere führten in der Versammlung ebenso wertvollen Breisgauband heraus. Die die W iedergründung durch. Herrn Schwoerer Reihe hieß damals „Oberrheinische H eim at". lehnte eine Wiederwahl aus Altersgründen Auch ein Heft „M ein H eim atland" erschien ab. Und es muß leider hier vorgreifend in noch 1942, und das Jahr darauf ein letzter tiefer Trauer gemeldet werden, daß dieser Ekkhart. Von der Reihe „V om Bodensee zum treue Freund der Heimatbewegung, der M ain" waren 47 Hefte erschienen, von 15 Jahre den LV mit so großem Erfolg und einigen auch Neuauflagen, dann hörten sie schließlich in schwerster Z eit geführt hatte, auf. am 29. April d. J. die Augen schloß, wenige Im April 194 5 wurde das Haus von den M onate vor Vollendung seines 8 5. Lebens Franzosen besetzt, welcher Zustand ein Jahr jahres. dauerte. Dann traf das Gesetz der M ilitär Die damalige Versamm lung wählte Herrn regierung, das alle Vereine auflöste, natürlich M inisterialrat a. D. Prof. Dr. Thoma, K arls auch den unsrigen, er wurde verboten. ruhe, zum Landesvorsitzenden und Herrn Sehr schlecht ging es dem getreuen Ekkhart Rudi Keller zum geschäftsführenden V orsit der Badischen Heimat, dem armen Hermann zenden. M it großer Energie und bester Sach Eris Busse. Am 1. 1. 45 entriß ihm der Tod kenntnis wurde der Verein wieder aufgebaut. seinen besten Lebenskameraden, Frau Erika Keller brachte 1950, die beiden Zeitschriften Busse starb nach kurzem Leiden. Dieser V er unter dem Titel „Badische Heimat — Mein lust, dann der Zusammenbruch der Heimat, H eim atland" vereinigend einen I. Band, als die ungerechte Behandlung und neidische A n 30. Jahrgang heraus. Seitdem erscheinen diese schuldigungen und V erfolgungen zermürbten schönen Hefte wieder regelmäßig, seit 1952 den Mann. Er kränkelte, aus seinem Heim von Prof. Schwarzweber redigiert. In diesem vertrieben, dürftig untergebracht, schließlich Jahr gab Herr M inisterialrat Thoma sein Amt wieder in eine Dachkammer des Hauses wegen zu starker Belastung ab, ihm folgte zurückgekehrt. Der Flug seiner Dichterseele auch Herr Keller, und die in Freiburg war gebrochen. Er erlag am 15. 8. 47 einem tagende Hauptversammlung wählte Herrn 108
Paul Schwoerer Prof. Schwarzweber zum Landesvorsitzenden. Dieser unermüdlichen T ätigkeit des neuen Er hatte auch in der eben vergangenen Zeit Landesvorsitzenden verdankt der Verein unermüdlich für den Verein gearbeitet, orga wirklich neues Leben. Der M itgliederbestand nisatorisch und schriftstellerisch. Ihm verdankt stieg wieder auf mehr als die H älfte seiner auch die Freiburger Ortsgruppe, die er seit Höchstzahl, auf rund 7000. Die V ortrags 1926 bis heute leitet, ihren W iederaufbau. tätigkeit und die Zeitschriften wirkten im alten
Geist, große Reisen trugen der neuen Zeit das Pflichtbewußtsein aller öffentlichen Stel Rechnung. len für diese Aufgabe. Heute hat sie Staat, V or 65 Jahren wurde ich, ein junger Gemeinde, Verbände jeglicher A rt als selbst M edizinstudent, aber aus Neigung ein eifriger verständlich übernommen. Hörer des damaligen Professor Elard Hugo Wir dürfen an diesem 50. Geburtstag stolz Meyer über deutsche V olkskunde und einiger und zufrieden auf unseren Verein zurück Vorlesungen des berühmten Germanisten blicken. Aber wir blicken auch zuversichtlich Friedrich Kluge in die V olks- und H eim at und hoffnungsvoll in die Zukunft, wir wollen kunde eingeführt, 65 Jahre durfte ich Ent und müssen die treuen Wächter und Mahner wicklung und Schicksal dieser schönen Be der Heimatpflege bleiben, die Wecker und strebungen warmen Herzens verfolgen, davon Förderer des Wissens um die Heimat, der 24 Jahre als Zweiter und Erster Landesvor Liebe zur Heimat, ist doch die Heimat die sitzender, und seitdem als Ehrenvorsitzender. Wurzel und eine der Kraftquellen für unser Ich durfte sehen, wie unser LV, aus kleinen ganzes V olk. Anfängen erwachsen, es fertig brachte, in unserem ganzen badischen V olk das Gewissen D as Bildnis unseres Ehrenpräsidenten verdanken für alle brennenden Fragen der Heimat zu wir dem V erlag Hans Ferd. Schulz, Freiburg, der aus dem liebensw erten und erlebnistiefen Erinne wecken und Schutz, Pflege, Kenntnis und rungsbuch Eugen Fischers „Begegnungen mit Liebe in ihm wachzurufen. D arauf wuchs auch T o te n “ . 1959, den Druckstock freundlichst überließ. 0piegelbi(b (zum Titelbilö unferee Freiburger Heltee) Motio aue öem Freiburger Staötgarten Mein Schritt oerharrt am Weg, öenn unoermutet Der Himmel roolhenloe, öie Luft hriftallen hlar, trifft Öen beglückten Blich im Waffer öort - öae Waffer unberoegt - entftieg Dem ßunöe, oon einem lanften Wellenftrich umfluter, geheimnieooll geroirht unö rounöerbar umrahmt oon einem blumenreichen ßorö - öae Spiegelbilö - öerTurm - ein Funö zur Stunöe, befchattet nur oon meinem Augenliöe: er kann mir nur in finftrer Nacht ertrinken, öae Spiegelbilö öer Miinfterpyramiöe. nie aber öer Erinnerung oerfinken. Unö roae öem Münfterturme jekt gefchieht, roenn um fein Haupt öie Golögefchuppten kreifen, um öae, zu gleichem Spiel, ein Falke zieht — fo finö öiee nicht allein öer Träume Weifen, ee kommt nicht aue öem Reich öee Ungefähren — auch Wirklichkeit kann grenzenloe geroähren. Gertruö Äl br c cht 110
Sie können auch lesen