GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN - FEBRUAR 2020 ELBPHILHARMONIE GROSSER SA AL

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GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN - FEBRUAR 2020 ELBPHILHARMONIE GROSSER SA AL
GÜRZENICH-
ORCHESTER
   KÖLN

          24. FEBRUA R 20 20
 EL BPHIL H A RMONIE GROS SER S A A L
GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN - FEBRUAR 2020 ELBPHILHARMONIE GROSSER SA AL
THE 7

BMW IST LANGJÄHRIGER PARTNER DER ELBPHILHARMONIE

Abbildung zeigt Sonderausstattungen.
GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN - FEBRUAR 2020 ELBPHILHARMONIE GROSSER SA AL
Montag, 24. Februar 2020 | 20 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal
Elbphilharmonie für Kenner | 3. Konzert

GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN
PIERRE-LAURENT AIMARD KL AVIER
DIRIGENT FRANÇOIS-X AVIER ROTH

CHOREOGR AFIE        JÖRG WEINÖHL

»DIE NEUE AKADEMIE – EINE BEETHOVEN-SÉANCE«
Werke von Ludwig van Beethoven, Helmut Lachenmann
und Bernd Alois Zimmermann sowie neue Werke von
Francesco Filidei und Isabel Mundry

Das Detailprogramm wird nach Konzertende verteilt

Pause gegen 20:50 Uhr / Ende gegen 22:15 Uhr
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Es ist das Besondere,
das Wellen schlägt.

    Der offizielle Weinpartner
      der Elbphilharmonie

                                   Mehr Infos unter:
                                 hawesko.de/elphi
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WILLKOMMEN

  »Die neue Akademie« trägt den Geist, in
  dem Ludwig van Beethoven seine eigenen
  Akademie-­Konzerte in Wien veranstaltete,
  in unser Hier und Jetzt. Das Konzert taucht
  ein in Beethovens Universum, indem es ein-
  dringliche Momente seiner Klavier- und
  Orchestermusik zeitgenössischen Werken
  gegenüberstellt. Dabei beleuchtet es den
  Komponisten, dessen 250. Geburtstag die
  Welt dieses Jahr feiert, auch als politisch
  bewegten Künstler, Poeten und Visionär.
  Eine Reise ins Abenteuer des Neuen selbst,
  das Beethoven sein Leben lang gesucht hat.
  Mit Pierre-Laurent Aimard und François-­
  Xavier Roth stehen zwei der wagemutigsten
  Interpreten im Zentrum dieser sehr persön-
  lichen Auseinandersetzung mit Beethoven.
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FANPOST

    LIEBER LUDWIG,
    wir sagen »Du«, einverstanden? Denn Du bist, seit ich denken kann, ein wich-
    tiger Teil meines Lebens. Leider hast Du, lieber Ludwig, nicht so viel für
    Bläser als Solisten geschrieben. Das bedauere ich als ehemaliger Flötist sehr.
    Die Streicher haben da mehr Glück gehabt, jedenfalls was die Kammermusik
    betrifft. Aber ok, Du hast für Orchester so unglaublich komponiert, dass ich
    Dir verzeihe.
       Später dann habe ich Deine Musik als Dirigent lieben gelernt. Und ich würde
    gerne von Dir wissen: Wie hast Du es geschafft, dass wir Deine Musik brau-
    chen wie das Wasser zum Leben? Dass wir Deine Sinfonien immer und immer
    wieder spielen möchten? Und dass wir verstehen möchten, was Du mit Deiner
    Musik damals sagen wolltest?
       Sehr oft nach einer Probe mit Deiner Musik fühle ich mich total kaputt und
    fertig, weil ich tief im Inneren bewegt bin. Es ist kein Zufall, dass Du heute wie-
    der als ein politischer Komponist verstanden wirst. In dem Sinn, dass uns Deine
    Musik etwas über unser Leben und unsere Emotionen erzählt.
       Deine Musik ist wie eine philosophische Reise, bei der man zunächst zu
    wissen glaubt, wohin man geht oder was Du erzählst. Doch plötzlich, und das
    passiert mir immer wieder, überraschst Du uns mit revolutionären Gedanken!
    Nicht nur mit den Tönen, sondern auf einer menschlichen Ebene. Wir glauben,
    dass wir sind, was wir sind, aber dank Dir lernen wir einen anderen Teil unse-
    rer Persönlichkeit kennen und erfahren eine neue Perspektive darauf, wie wir
    als Menschen leben könnten. Denn das, was Du komponiert hast, erzählt ganz
    unmittelbar vom Leben! Deine Musik ist keine abstrakte Kunst, sondern sehr
    menschlich. Sie hat mit Blut, mit Atmen, mit Laufen, mit Freude, mit Traurig-
    keit, mit Melancholie und mit Nostalgie zu tun.
       Seit Jahren kombiniere ich, wie viele andere auch, in meinen Konzertpro-
    grammen Deine Musik mit Kompositionen von heute. Denn auch Du warst ein
    zeitgenössischer Komponist, ein sehr intelligenter Avantgardist. Man hört in
    Deinen frühen Kompositionen, dass Du der musikalische Sohn von Joseph
    Haydn oder Wolfgang Amadeus Mozart bist. Aber sehr schnell erfährt man
    auch, dass Deine Musik etwas total anderes ist. Sie beginnt im traditionel-
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François-Xavier Roth

len »Kostüm«, aber bald wird deutlich, dass Du mit den Voka-
beln deiner Zeit etwas anderes erzählen möchtest. Und diese
Modernität hat in meinen Programmen immer sehr gut mit
anderen, heutigen Komponisten harmoniert, die mit ihrer
Musik ebenfalls eine Utopie skizzieren. Viele Brücken zu
Deinen Werken finde ich in der Musik von Helmut Lachenmann,
Philippe Manoury oder von Francesco Filidei.
   In diesem Jahr 2020 nun, dachte ich, treibe ich diese Pro-
gramm-Philosophie auf die Spitze. Deswegen veranstalten wir
eine Akademie wie zu Deiner Zeit. Mit Komponisten, die einen
spannenden Kontrapunkt zu Deiner Musik bilden. Ich hoffe,       Aus der Sendereihe »Briefe an
Du hast Freude daran, diese Konzerte mit uns zu teilen, wo      Beethoven«. Zu hören montags
                                                                ab 20:10 Uhr auf Deutschlandfunk.
auch immer Du bist. Mir persönlich bedeuten diese Konzerte
                                                                www.dlf.de/beethoven
mit dem Gürzenich-­Orchester sehr viel! Denn ich finde, dass
man die Größe Deiner Musik verpasst, wenn man sie nur neben
anderen Komponisten der Klassik hört. Ich will Deine Musik
feiern, und das mit einem ambitionierten Kontrapunkt, um die
musikalischen und menschlichen Revolutionen, die in jedem
Deiner Stücke stecken, hochleben zu lassen!
                                     DEIN FR ANÇOIS-X AVIER
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DIE MUSIK

    DER GROSSE NEUERER
    Zum Programm des heutigen Abends

    Bislang hat noch niemand Beethoven klein gekriegt, auch wenn
    das diesjährige Beethoven-Jubiläum Ansätze dazu liefert. Bei der
    Überführung zur »Jubiläumsdachmarke« hat Beethoven bereits
    – hashtag-kompatibel – seine Vokale verloren und erduldet nun
    als BTHVN2020 wohl oder übel langmütig die Feierlichkeiten,
    als »B wie Bonner Weltbürger, T wie radikaler Tonkünstler, H
    wie Humanist, V wie Visionär und N wie Naturfreund«. Und eine
    Geburtstagsfeier als »nationale Aufgabe«, festgeschrieben im
    Koali­tionsvertrag der Bundesregierung »zwischen Mindestlohn
    und Energiewende«, wie das Online-Magazin niusic spöttelt: Das
    soll Beethoven erst einmal einer nachmachen.
       Kleiner geht es bei Ludwig van offenkundig einfach nicht. Schon
    bei seiner Trauerfeier 1827 in Wien soll seinem Sarg ein Trauerzug
    von 20.000 Menschen gefolgt sein. Die Errichtung dieser Statue
    in seiner Geburtsstadt Bonn 1845 wurde von einem mehrtägigen
    internationalen Musikfest begleitet. Die Regie führte kein Geringe-
    rer als Franz Liszt, der selbst knapp ein ­Drittel der Statue bezahlt
    hatte. Monarchen und Geistesgrößen wie Alexander von Humboldt
    reisten an, um in einem provisorischen – anschließend wieder
    abgebauten – hölzernen Konzertsaal den großen Sohn der Stadt
    Bonn hochleben zu lassen. Beethoven-Jubiläen waren stets kul-
    turelle Großereignisse, und als vor 50 Jahren die Schallplattenin-
    dustrie angesichts des 200. Geburtstages nicht ruhen wollte, bevor
    nicht jede Beethoven-Note vielfach aufgenommen worden war,
    setzte der Komponist Mauricio Kagel zur Notwehr an und schlug
    mit zynischer Zunge vor: »Beethoven wird eine Zeitlang nicht mehr
    aufgeführt, damit die Gehörnerven, die auf seine Musik reagieren,
    sich erholen können. Ich finde, wir tragen die Verantwortung dafür,
    die weitere Missbildung der Hörbevölkerung zu verhindern.«
       Blickt man aus heutiger Perspektive auf die Programme, die
    Beethoven seinem Publikum zumutete, so staunt man nicht
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wenig. Drei Stunden allerneueste, nie zuvor
    gespielte Musik versammelte etwa die
     »große musikalische Akademie«, die
      Beethoven am 22. Dezember 1808 auf
       eigene Rechnung abhielt. Nicht nur hatte
       Beethoven die Musik für diesen Anlass
       geschrieben, er hatte auch den Konzert-
       saal gemietet und das Orchester orga-
      nisiert, er dirigierte und spielte Klavier.
    Selbst die Karten verkaufte er eigenhändig.
     Die Schilderungen jenes Konzertabends
  sind berühmt. Nicht nur, weil gleich meh-
  rere Eckpfeiler unseres westeuropäischen
  Musikkanons zum ersten Mal zu erleben
  waren: Beethovens Fünfte und Sechste Sin-
  fonie (die Pastorale), das Vierte Klavierkon-
  zert und die Chorfantasie. Sondern auch,
  weil das Publikum in der Kälte des Saales
  fror und der Komponist am Klavier derart
 exaltiert agierte, dass er zunächst die Ker-
 zenständer vom Klavier fegte und später im
 Eifer des Gefechts die als Ersatz-Kerzenhal-
 ter herbeigerufenen Knaben versehentlich
 ohrfeigte. Die gesamte noble und großbür-
 gerliche Gesellschaft hatte sich im Theater
an der Wien versammelt, das Beethoven als
Konzert­ort diente.
   Die Vorstellungen darüber, was ein Kon-
zert sei und wie es abzulaufen habe, waren
  zu Beethovens Zeit also noch viel fließender
   als heute. Die Programme hatten keine feste
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Form, zudem kam das Publikum noch bis weit ins 19. Jahrhun-
                    dert hinein weniger, um geliebte Klassiker zu hören, sondern
                    vor allem, um Neues zu erleben. Als Hommage an den großen
                    Neuerer Ludwig van Beethoven und an die innovative Form des
                    Musikerlebens, die eine »Akademie« damals war, stellt das
                    heutige Konzertprogramm genau dies dar: einen neuartigen
                    Versuch, Musik zu präsentieren, und eine Präsentationsform,
                    in der die Lust am Neuen und Unerwarteten stets wach gehal-
                    ten wird – auch und gerade da, wo es sich der Begegnung mit
                    dem bereits Bekannten lustvoll stellt.
                       Damals schrieb Beethoven in Antizipation der hereinbre-
                    chenden Leserbriefflut an die Allgemeine Musikalische Zeitung:
                    »Es werden vielleicht wieder Schimpfschriften über meine
                    letzte musikalische Akademie an die Musikalische Zeitung
                    gesandt. Ich wünsche eben nicht, dass man das unterdrücke,
                    was gegen mich; jedoch soll man sich nur überzeugen, dass
                    niemand mehr persönliche Feinde hier hat als ich.«
                       Das Gefühl, von den Zeitgenossen – wenigstens moment-
                    weise – unverstanden zu sein, teilt Beethoven gewiss mit vie-
                    len seiner kompositorischen Nachfahren. Helmut Lachenmann
Helmut Lachenmann   sprach vom bürgerlichen Konzertsaal häufig als der »Höhle
                    des Löwen«. Inzwischen ist der Doyen der Neuen Musik mit sei-
                    nen Werken, die einem immer wieder ein neues Hören schein-
                    bar vertrauter Zusammenhänge ermöglichen, hier längst in
                    seiner »guten Stube« und wird weltweit geehrt. Dabei hat er die
                    Musik erneuert wie vor ihm wenige andere. Komponieren heiße
                    »ein Instrument bauen«, sagt Lachenmann, und so erschafft er
                    mit jedem seiner Werke das Instrument Orchester neu.
                       Wo soll man anfangen, will man Beethovens Universum
                    durchmessen? Mit dem Anfang vielleicht? Wo liegt dieser? In
                    jenen Tagen, da Beethoven von seinem Vater als Supertalent
                    präsentiert wurde? Der Beginn der Ersten Sinfonie könnte ein
                    guter Anfang sein. Denn noch bevor Beethoven loslegt, macht
                    er zunächst einmal die Türe zu: Anfangen, wo andere auf-
                    hören. So kann man diesen Auftakt auch interpretieren, der
                    eine klassische Schlussformel an den Anfang setzt. Was mag
                    das damals für ein Schock gewesen sein! Die Geburt der Musik
                    aus der Dissonanz. Was war aufwühlender für das dama-
DIE MUSIK

lige Publikum – dieser Beginn oder der Einsatz des Allegro-
Themas, das mit seinem punktierten Rhythmus und dem
Dreiklangsmotiv unmittelbar den Komponisten der Französi-
schen Revolution entlehnt scheint?
   »Von Herzen – möge es wieder zu Herzen gehen«. Diese
Worte, die Beethoven über seine Missa solemnis schrieb,
bezeichnen das Paradox, dessen er sich wie niemand zuvor zu
bedienen wusste. Der Widerspruch einer öffentlichen Zwie-
sprache der Herzen, der Rede an die größtmögliche Öffent-
lichkeit, die doch in ihrer radikalen Humanität jeden einzel-
nen meint. Beethoven hat solche intensiven Dialoge mit seinen
Mitmenschen immer wieder geschrieben, die man stets auch
als Dialoge mit dem Göttlichen verstehen kann – sei es in sei-
nen Klaviersonaten, in seinen Sinfonien oder seinen Streich-
quartetten. Und immer wieder schreitende Sätze, langsam
schreitende Sätze, wie ein Kondukt.
   Der zweite Satz seiner siebten Sinfonie irritiert in dieser Hin-
sicht. Einerseits schreitet die Musik gemessen, getragen, doch
lautet die Satzbezeichnung »Allegretto«. Über wenige Sätze
in Beethovens Schaffen gibt es derart verschiedene Auffassun-
gen von Dirigenten wie über diesen.
   Beethoven liebt es, sein Publikum mit auf die Suche zu
nehmen. Er lässt die Zuhörer teilhaben am Prozess der Ent-
stehung neuen Lebens. Doch wer zu schöpfen weiß, dem ist
bekannt, dass dazu auch das Zerstören gehört. »Beethoven
ist ein dekonstruktiver Komponist«, sagt Francesco Filidei,
»das musikalische Material in seinem Fünftem Klavierkonzert
sind allein Tonleitern und Arpeggien, beziehungsweise gebro-
chene Akkorde.« Beethoven führt die Musik immer wieder auf            Francesco Filidei
die Essenz, auf ihr Gerippe zurück.
   Wie soll man aufhören? Beethoven war kein guter Auf-
hörer. Oder ein besonders guter. Ein besonderer jedenfalls.
Man nehme nur das Ende seiner letzten Klaviersonate op. 111.
Nachdem Beethoven den Zuhörer »Adagio molto semplice e
cantabile« in einen Variationensatz mitnimmt, der in Thomas
Manns Doktor Faustus wohl seinen schönsten Nachhall gefun-
den hat, und der – fand jedenfalls Igor Strawinsky – die Pforten
zum Jazz aufstößt, führt er ihn schließlich an jenen Punkt,
HALT! Was machen Sie denn da?
Fassen Sie mich nicht an!
Ach Mensch Papa,
ich bin es doch – dein Sohn!
Demenz darf nicht vergessen werden.
Jedes Jahr erhalten 300.000 Menschen
die Diagnose. Spenden Sie für die
Forschung und helfen Sie, die Krank-
heit zu besiegen.
www.deutsche-demenzhilfe.com

SPENDENKONTO: Stifterverband / Deutsche Demenzhilfe
IBAN DE51 3604 0039 0120 7240 00 BIC COBADEFFXXX

Die Deutsche Demenzhilfe ist Charity-Partner des Gürzenich-Orchesters Köln.
DIE MUSIK

an dem die vor den eigenen Ohren kre-
ierte Musik sich gleichsam in sich selbst
auflöst. Und dort setzt er den lakonischs-
ten Schluss, den man sich denken kann.
Oder, anderes Beispiel, das Ende der Fünf-
ten Sinfonie: Sechsmal kadenziert Beetho-
ven von der Dominante zur Tonika-Grund-
tonart. Dann erklingt für 60 Schläge C-Dur,
die von weiteren acht Schlägen in C-Dur
abgeschlossen werden. Das wirkt so, als
würde jemand mit jedem Abschluss darum
flehen, dass es noch nicht zu Ende sein
möge. Oder aber so, als wolle jemand etwas
wirklich abschließen. Endgültig.
   Abschließen, zurückblicken, darum soll        Ludwig van Beethoven mit dem Manuskript der
es am heutigen Abend aber weniger gehen.         »Missa solemnis«
Vielmehr gilt es, Beethovens Impulse in
die heutige Zeit zu übertragen und aus
seiner Kunst neue Funken zu schlagen. Die Komponistin Isa-
bel Mundry, die am Programm des Abends maßgeblich betei-
ligt ist, formuliert es so: »An Beethovens Musik brauchen wir
nicht zu erinnern. Aber wir könnten ein Jubiläumsjahr wie
dieses zum Anlass nehmen, zu fragen, welche Formen des
Hörens wir vernachlässigen. Mich interessieren Ausführungs-
formen, in denen diese normalerweise verdrängten Katego-
rien wieder hervorkommen: das Licht, die Stille zwischen den
Stücken. Vermutlich hört man dann auch die Musik von Beet-
hoven anders. Solche Hörsituationen muss man inszenieren:
Aufführungen, in denen Präsenz und Absenz der Musik zusam-
menspielen – nicht im Sinne einer Relativierung, sondern einer
verschobenen Zuwendung. Beethovens Musik hält das aus.«
                                                 PATRICK HAHN
DIE KÜNSTLER

    DIRIGENT   FRANÇOIS-XAVIER ROTH
François-Xavier Roth, geboren 1971 in Paris und seit Beginn
der Spielzeit 2015/16 Gürzenich-Kapellmeister sowie General-
musikdirektor der Stadt Köln, gehört zu den charismatischs-
ten und mutigsten Dirigenten seiner Generation. Er ist Erster
Gastdirigent des London Symphony Orchestra und Associate
Artist der Pariser Philharmonie, die diese Position eigens für
ihn schuf, um die Vielfalt seines Wirkens zu würdigen. Auch
darüber hinaus arbeitet Roth mit führenden Orchestern zusam-
men, darunter die Berliner Philharmoniker, das Concert­
gebouworkest Amsterdam, das Symphonieorchester des Bay-
erischen Rundfunks und das Boston Symphony Orchestra.
     Roths Repertoire reicht von der Musik des 17. Jahrhunderts
bis zu zeitgenössischen Werken und umfasst alle Gattungen.
2003 gründete er das innovative Orchester Les Siècles, das je
nach Werk und oftmals in ein und demselben Konzert sowohl
auf modernen wie auch auf alten Instrumenten musiziert. Erst
vor wenigen Wochen gastierte er mit diesem Ensemble hier im
Großen Saal der Elbphilharmonie.
     François-Xavier Roths zahlreiche CD-Einspielungen, unter
anderem mit dem London Symphony Orchestra und dem SWR
Sinfonieorchester, dessen Chefdirigent er von 2011 bis 2016 war,
genießen hohe Wertschätzung und werden regelmäßig mit
bedeutenden Auszeichnungen gewürdigt. Anfang 2019 erschien
Mahlers Dritte Sinfonie mit dem Gürzenich-Orchester; bereits
2017 nahm man gemeinsam die Fünfte Sinfonie auf.
     Großen Wert legt François-Xavier Roth auf Nachwuchsför-
derung und Musikvermittlung. Kinder- und Mitmachkonzerte
sowie grenzüberschreitende Projekte wie das Lab.Oratorium
von Philippe Manoury mit mehreren Amateurchören, das im
vergangenen Jahr im Rahmen des Internationalen Musikfests
in der Elbphilharmonie zu erleben war, gehören zu den festen
Bestandteilen seiner Arbeit. Für seine großen Verdienste als
­Musiker, Dirigent und Lehrer wurde François-Xavier Roth 2017
 mit dem französischen Verdienstorden Chevalier de la Légion
 ­d’Honneur geehrt. Und erst diesen Monat erhielt er den Ehren-
  preis der Deutschen Schallplattenkritik.
Pierre-Laurent Aimard gilt als einer der bedeutendsten und international
bekanntesten Musiker unserer Zeit. Die Washington Post bezeichnete ihn als
»außergewöhnlichen Visionär«. 2017 wurde der Pianist, der als Pionier der zeit-
genössischen Musik sowie als herausragender Interpret von Klavierwerken
aller Epochen gefeiert wird, mit dem renommierten Ernst von Siemens Musik-
preis ausgezeichnet.
   Aimard verbindet eine enge Zusammenarbeit mit zahlreichen bedeutenden
Komponisten, darunter György Kurtág, Karlheinz Stockhausen, Elliott Carter,
Pierre Boulez und George Benjamin. Der Pianist wurde 1957 in Lyon geboren
und studierte in Paris und London. Frühe Erfolge feierte er 1973 mit dem Ers-
ten Preis beim Messiaen-Wettbewerb. Drei Jahre später wurde er auf Wunsch
von Pierre Boulez erster Solopianist des neugegründeten Ensemble Inter­
contemporain.
   Im Rahmen seiner fast beispiellos erfolgreichen Karriere tritt Aimard mit
namhaften Orchestern und Dirigenten auf, darunter Esa-Pekka Salonen, Peter
Eötvös, Sir Simon Rattle und Vladimir Jurowski. Er war Artist in Residence
bei vielen großen europäischen und US-amerikanischen Konzerthäusern. Von
2009 bis 2016 war er künstlerischer Leiter des Aldeburgh Festivals. In der Sai-
son 2017/18 begann Pierre-Laurent Aimard seine dreijährige Verpflichtung als
Artist in Residence am Southbank Centre in London. Recitals und Konzerte
mit Orchester führen ihn regelmäßig unter anderem nach Tokio, Peking, Sankt
Petersburg, Paris, Wien und New York. Neben seiner solistischen Tätigkeit hat
er eine Professur für Klavier an der Musikhochschule Köln inne.
   Von Pierre-Laurent Aimard liegen zahlreiche, oft mit hochkarätigen Aus-
zeichnungen prämierte Einspielungen vor. So erhielt seine Aufnahme von
Bachs Kunst der Fuge zahlreiche Preise und erreichte die Spitze der klassi-
schen iTunes-­Charts. Sein Album mit Werken von Elliott Carter wurde 2018
mit dem Jurypreis des BBC Music Magazine gewürdigt. Auch seine Gesamtein-
spielung von Olivier Messiaens Catalogue ­d ’oiseaux wurde mehrfach prämiert,
darunter mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik.
   Pierre-Laurent Aimard war in den vergangenen Spielzeiten regelmäßig in
Hamburg zu Gast, teils mehrfach pro Jahr. So gab er beim Internationalen
Musikfest im vergangenen Mai einen Soloklavierabend mit Werken von Béla
Bartók und György Ligeti.
DIE KÜNSTLER

PIERRE-LAURENT AIMARD   KL AVIER
GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN
Das Gürzenich-Orchester Köln steht für wegweisende Interpretationen und
innovative Programmgestaltung und zählt heute im Konzert- wie im Opern­
bereich zu den führenden Orchestern Deutschlands. Seit der Eröffnung der
Kölner Philharmonie 1986 ist das Gürzenich-Orchester eines der beiden Haus-
orchester und empfängt jede Saison in rund 50 Konzerten mehr als 100.000
Konzertbesucher. Seit der Saison 2015/16 ist François-Xavier Roth Gürzenich-­
Kapellmeister und Generalmusikdirektor der Stadt Köln.
   Die Wurzeln des Gürzenich-Orchesters, dem heute knapp 130 Musiker ange-
hören, reichen zurück bis zu den mittelalterlichen Ratsmusiken und den ersten
DIE KÜNSTLER

festen Ensembles des Kölner Doms. Ab 1857 konzertierte das
Orchester im Gürzenich-Saal, dessen Namen es bis heute
trägt. Seit 1888 ist es das Orchester der Stadt Köln. In sei-
ner langen Geschichte hat es stets die führenden Komponis-
ten und Interpreten seiner Zeit angezogen, bedeutende Werke
des romantischen Repertoires von Johannes Brahms, Richard
Strauss und Gustav Mahler erlebten mit dem Gürzenich-­
Orchester ihre Uraufführung.
   Zur Strahlkraft des Gürzenich-Orchesters tragen auch
gegenwärtige Komponisten bei: Von 2015 bis 2019 wirkte
Philippe Manoury auf Einladung des Orchesters als »Kompo-
nist für Köln«. In der aktuellen Saison entstehen für das Gür-
zenich-Orchester mehrere Auftragswerke von Miroslav Srnka,
Bernhard Gander, Isabel Mundry und Francesco Filidei.
   Geprägt wurde das Orchester durch seine Ehrendirigenten
Günter Wand und Dmitrij Kitajenko sowie seit 1986 durch seine
Chefdirigenten Marek Janowski, James Conlon, Markus Stenz
und heute François-Xavier Roth. Das digitale Streaming­angebot
Go Plus überträgt Live-Konzertaufnahmen des Gürzenich-­
Orchesters in die ganze Welt.
   Unter François-Xavier Roths Ägide hat das Orchester sein
Angebot für Kinder und Jugend­l iche wie auch für Senioren
erheblich ausgeweitet. Erst kürzlich fiel der Startschuss für das
erste Kölner Bürgerorchester, in dem Orchestermusiker und
Kölner Bürger jeden Alters gemeinsam musizieren. Ebenfalls
seit diesem Jahr arbeitet das Gürzenich-Orchester mit dem
Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und
der Stiftung Deutsche Demenzhilfe zusammen, um den positi-
ven Einfluss von Musik auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns
zu unterstützen. Das Ziel ist mehr Aufmerksamkeit für die
steigende Zahl von Demenzerkrankungen, die unsere älter
werdende Gesellschaft immer stärker herausfordert.
BESETZUNG

VIOLINE I                 VIOLONCELLO                FAGOTT
Natalie Chee              Ulrike Schäfer             Thomas Jedamzik
Dylan Naylor              Angela Chang               Diana Rohnfelder
Chieko Yoshioka-Sallmon   Georg Heimbach             Ignacio Muñoz Francés**
Petra Hiemeyer            Johannes Nauber            Felix Parlasca*
Demetrius Polyzoides      Franziska Leube
Elisabeth Polyzoides      Daniel Raabe               HORN
Rose Kaufmann             Klaus-Christoph Kellner    Egon Hellrung
Judith Ruthenberg         Sylvia Borg-Bujanowski     David Neuhoff
Anna Kipriyanova                                     Willy Bessems
Nicolai Amann             KONTRABASS                 Johannes Schuster
Johannes Blumenröther*    Christian Geldsetzer*      Andreas Jakobs
Hye-Bin Kim**             Konstantin Krell           Jens Kreuter
                          Jason Witjas-Evans         Jörn Köster
2. VIOLINE                Guillermo Sanchez Lluch    Stefano Cardiello**
Sergey Khvorostukhin      Joachim Stever-van Oepen
Zbigniew Szustak*         Daniel López Giménez**     TROMPETE
Marek Malinowski          Maria Krykov*              Bruno Feldkircher
Liz Macintosh             Jon Mikel Valgañón*        Matthias Kiefer
Sigrid Hegers-Schwamm                                Herbert Lange
Joanna Becker             FLÖTE                      Stefan Fleißner*
Jana Andraschke           Alja Velkaverh-Roskams
Anna Isabel Haakh         Antonia Heyne**            POSAUNE
Will Grigg                Gemma Corrales*            Carsten Luz
Akari Azuma               Günter Vallery*            Markus Lenzing
Eryu Feng**                                          Christoph Schwarz
Hyin-Yu Wu*               OBOE                       Jan Böhme
                          Tom Owen
VIOLA                     Sebastian Poyault          TUBA
Nathan Braude             Marie Tetzlaff*            Karl-Heinz Glöckner
Martina Horejsi-Kiefer    Emily Ross*
Bruno Toebrock
Gerhard Dierig            KLARINETTE
Rudi Winkler              Blaž Šparovec
Antje Kaufmann            Ekkehardt Feldmann
Annegret Klingel          Thomas Adamsky
Ina Richartz-Bichescu     Tino Plener
Eva-Maria Wilms
Felix Weischedel
PAUKE
Robert Schäfer

SCHLAGZEUG
Alexander Schubert
Christoph Baumgartner
Ulli Vogtmann
Josef Treutlein
Tibor Hettich*

HARFE
Antonia Schreiber

KLAVIER
Paulo Alvares*

ORGEL
Angela Metzger*            JÖRG WEINÖHL                 CHOREOGR AFIE

                           Jörg Weinöhl wurde 1970 in Rüsselsheim geboren und lernte
* Gast                     zunächst Flöte, bevor er sich im Alter von 18 Jahren dem Tanz
** Orchesterakademie des   zuwendete. Nach seiner Ausbildung an der Staatlichen Ballett­
Gürzenich-Orchesters
                           akademie Stuttgart wurde er vom Stuttgarter Ballett verpflich-
                           tet. Nach drei Jahren engagierte Martin Schläpfer Jörg Weinöhl
                           als Solotänzer für seine Compagnie in Bern. Ihre langjährige
                           Zusammenarbeit setzte sich, neben Gastspielen und TV-Auf-
                           zeichnungen, in Mainz und Düsseldorf fort. Zusammen mit
DRAMATURGIE                Schläpfer kreierte er in dessen Balletten prägnante Solo-
Patrick Hahn               rollen, etwa Beethoven in Diabelli-Variationen oder Der zwei-
                           felnde Mensch in Reformations-Sinfonie. Zudem erarbeitete
LICHT                      Jörg Weinöhl international beachtete Solopartien etwa in Cho-
Stefanie Erb               reografien von Hans van Manen, Paul Lightfoot und Sol León.
Konstantin Adam            Die Zeitschrift Tanz nominierte ihn mehrmals als besten Tän-
                           zer des Jahres; 2012 wurde er für den deutschen Theaterpreis
                           Der Faust nominiert.
                              Seit 2009 widmet sich Jörg Weinöhl zunehmend der Tätig-
                           keit als Choreograf. Von 2016 bis 2018 war er Ballettdirektor der
                           Oper Graz, seither ist er als freischaffender Choreograf tätig.
TIPP

INSZENIERTE MUSIK IM KLEINEN SA AL
Szenische Bühnenaktionen und die visuell-theatralische Seite
zeitgenössischen Musizierens rückt auch das Stuttgarter
Ensemble ascolta in den Mittelpunkt seiner Programme. Beim
Debüt in der Hamburger Elbphilharmonie stellen die sieben
Musiker aktuelle Werke zeitgenössischer Musik aus den letzten
zwölf Jahren vor. Darunter ist findet sich erneut ein Stück von
Francesco Filidei, das den sprechenden Titel »Die Oper (viel-
leicht)« trägt und sich als eine Art Choreografie für Sprecher
und sechs Spieler an Tischen darstellt, ganz ohne Instrumente.
Als Gast an Bord: Schauspieler Heikko Deutschmann.

Mi, 4. März 2020 | 19:30 Uhr | Elbphilharmonie Kleiner Saal

                  Es ist nicht gestattet, während des Konzerts zu filmen oder zu fotografieren.

                  IMPRESSUM
                  Herausgeber: HamburgMusik gGmbH
                  Geschäftsführung: Christoph Lieben-Seutter (Generalintendant), Jochen Margedant
                  Redaktion: Clemens Matuschek, Simon Chlosta, François Kremer, Laura Etspüler
                  Lektorat: Reinhard Helling
                  Gestaltung: breeder typo – alatur, musialczyk, reitemeyer
                  Druck: Flyer-Druck.de
                  Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier

                  Anzeigen: Antje Sievert, +49 40 450 698 03, antje.sievert@kultur-anzeigen.com

                  BILDNACHWEIS
                  François-Xavier Roth (Holger Talinski); Beethoven-Denkmal vor dem Beethovenhaus Bonn
                  von Jakob Daniel Burgschmiet (1849); Helmut Lachenmann (Lebrecht Music and Arts
                  Photo Library); Francesco Filidei (Orgue en France); Ludwig van Beethoven: Gemälde von
                  Joseph Karl Stieler, 1820 (Beethoven-Haus Bonn); François-Xavier Roth (Holger Talinski);
                  Pierre-Laurent Aimard (Marco Borggreve); Gürzenich-Orchester (Holger Talinski);
                  Ensemble ascolta (Astrid Karger)
WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN

PRINCIPAL SPONSORS   PRODUCT SPONSORS                   FÖRDERSTIFTUNGEN
BMW                  Coca-Cola                          Kühne-Stiftung
Montblanc            Hawesko                            Körber-Stiftung
SAP                  Lavazza                            Hans-Otto und
Julius Bär           Meßmer                             Engelke Schümann Stiftung
Deutsche Telekom     Ricola                             Haspa Musik Stiftung
                     Ruinart                            Hubertus Wald Stiftung
                     Störtebeker                        G. u. L. Powalla Bunny’s Stiftung
                                                        Commerzbank-Stiftung
                                                        Cyril & Jutta A. Palmer Stiftung
                     CLASSIC SPONSORS                   Mara & Holger Cassens Stiftung
                     Aurubis                            Programm Kreatives Europa
                     Bankhaus Berenberg                 der Europäischen Union
                     Commerzbank AG                     Stiftung Elbphilharmonie
                     DZ HYP
                     Edekabank                          Freundeskreis Elbphilharmonie
                     GALENpharma                        + Laeiszhalle e.V.
                     Gossler, Gobert & Wolters Gruppe
                     Hamburg Commercial Bank
                     Hamburger Feuerkasse
                     Hamburger Sparkasse
                     Hamburger Volksbank
                     HanseMerkur
                     Jyske Bank A /S
                     KRAVAG-Versicherungen
                     Wall GmbH
                     M.M.Warburg & CO

                     ELBPHILHARMONIE
                     CIRCLE
MODERNE KULTUR IN
          EINZIGARTIGER GESTALT.

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                   Julius Bär ist Principal Sponsor
                   der Elbphilharmonie Hamburg.

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