Gemein-schaft 2022/23 - Friesenkapelle.de

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Gemein-schaft 2022/23 - Friesenkapelle.de
WINTER
       2022/23

                                                            Gemein
                                                             schaft -

Die „Konfis“:
// Über Gott und die Welt
„Üüs Terp“
// Gemeinsam für Wenningstedt
Wählen gehen!                    JOURNAL DER KIRCHENGEMEINDE NORDDÖRFER
// Der neue Kirchengemeinderat
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Weisheit
Unsere Themen                                                                   des MOMENTS
3    EDITORIAL VOM PASTOR                                                      Die Tür zum
                                                                                            Glück
6    DAS THEMA: Die Kirchengemeinderatswahl 2022                              geht nach in
                                                                                           nen auf.
8    DIE KANDITAT*INNEN
11   IM PORTRÄT: Lucie und Malin
14   DAS THEMA: Der neue Dorfverein
18   DER CLUB – Die jungen Seiten                          Impressum
22   IM PORTRÄT: Pastorin Gundula Döring                   Herausgeber:          Kirchengemeinderat Norddörfer // Bi Kiar 3
25   IMMER WIEDER                                                                25996 Wenningstedt-Braderup
                                                                                 www.friesenkapelle.de
26   DAS FEATURE: 20 Jahre Wallhof                                               norddoerfer-kirchenbuero@t-online.de

29   NACHRICHTEN                                           Redaktion:            Imke Wein // imke@fofftein.net
                                                                                 Tel. 0162 1000925
30   EIN KESSEL BUNTES                                     Layout & Produktion: Anja Buchholz
33   TERMINE, TERMINE, TERMINE                             Ansprechpartner:      Rainer Chinnow
                                                                                 Tel. 04651 889 25 00 // 0170 207 52 27
                                                                                 Kathrin Wenzel
                                                                                 Tel. 04651 836 29 64 // Fax 04651 889 25 22
                                                           Fotos:                Roman Matejov // Ralf Meyer // Tini Schluck //
                                                                                 Oliver Strempler // Imke Wein // Kathrin
                                                                                 Wenzel // Katrin Wenzel-Lück // Kleemann
                                                                                 Fotografie Sylt // The Noun Project //
                                                                                 shutterstock.com
                                                           Druck & Verarbeitung: Eurodruck, Hamburg, www.eurodruck.org

                                    Norddörfer Kirchengemeinde:                 Stiftung „Üüs Serk“
     Spendenkonten                  IBAN DE79 2179 1805 0000 2209 30            IBAN DE90 2179 1805 0000 0009 30
                                    BIC GENODEF1SYL                             BIC GENODEF1SYL

                       Bi Serk – das Journal der Norddörfer Kirchengemeinde erscheint im Frühjahr und im Winter mit einer
                       Auflage von 3.000 Stück, im Sommer umfasst die Auflage 4.000 Exemplare. Bi Serk wird zudem als E-Jour-
                       nal elektronisch versandt und steht zum Download auf der Webseite www.friesenkapelle.de bereit.
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Liebe Freunde der
Norddörfer Kirchengemeinde!
Was braucht die inselgemeinschaft?
Mit Birgit und Heiko war ich gestern in                                                       Birgit nickt: „Ja, das Auseinandertreiben
Westerland. Birgit ist auf Sylt geboren.                                                      hat wirklich Konjunktur. Und die Wild-
Heiko ist mein Schulfreund vom Festland.                                                      camper in Westerland haben als Kataly-
Er besucht mich alle paar Wochen. Mitt-                                                       sator gewirkt. Wenn ich ehrlich bin: Die
lerweile ist er eine Art „kritischer Syltlieb-                                                meisten haben mir nichts getan, waren
haber“ geworden.                                                                              trotz Bierflasche in der Hand, meist nett
                                                                                              und höflich. Oft viel freundlicher als alle
„Da saßen sie wochenlang mit ihren                                                            anderen Passanten. Wahrscheinlich sind
bunten Haaren und den zerfledderten T-                                                        die meisten völlig okay. Ich ärgere mich
Shirts!“ Birgit zeigt auf die braunen Fle-                                                    einfach, dass sie vor aller Augen tun dür-
cken gegenüber vom Rathaus, über die                                                          fen, was allen Sylter Jugendlichen und Er-
nun wieder Gras wachsen soll.                    Forderung fand ich gut: ,Möwensichere        wachsenen verboten ist. Wir hätten auch
„Haben die Dich gestört?“ fragt Heiko.           Mülleimer für Sylt!‘ Ansonsten waren         gern mal am Strand oder wie früher am
„Genervt haben sie mich! Reden von So-           die meisten schon zu besoffen oder           Ellenbogen übernachtet.“
lidarität mit den Armen und hatten selbst        bekifft, um überhaupt eine politische
alle Stacheldraht in ihren Taschen!“             Überzeugung formulieren zu können!“          Heiko meint: „Waren ja auch nicht die
„Die Punks?“ fragt Heiko. „Wie kommst            Inzwischen sind wir in der Friedrichstraße   einzigen, die für Unmut gesorgt hatten.“
Du denn darauf?“ Birgit erwidert: „Zahl-         angekommen. Heiko bleibt stehen und          Birgit fragt: „Du meinst den Lindner und
ten nicht fürs Übernachten. Nahmen               sagt: „Was sagst Du denn, Rainer?“ Ich       seine Franca?“ Heiko nickt und Birgit
gern von anderen Leuten Geld. Ließen             überlege: „Man kann auf die Frage nur        fährt fort: „Ja, ein vorbildliches Promi-
sich von Staat und Gemeinde aushalten            richtig falsch antworten. Egal was Du        paar sieht anders aus.“ Heiko fragt: „Wie
und gaben selbst nichts ab. Sie behiel-          sagst, jeder und jede pickt sich ein Wort    meinst Du das denn?“ Birgit antwortet:
ten alles für sich. Vor den Zelten parkten       heraus, um jemand anders in die Ecke zu      „Herr Lindner und Frau Lehfeldt zahlten
monatelang Einkaufswagen vollgepackt             stellen. Debatten, Leserbriefe und Dis-      nicht für die Gemeinschaft der Kirche,
mit Bierkisten!“ Heiko schüttelt den             kussionen um die Camps haben für mich        aber nahmen gern deren Leistungen in
Kopf: „Birgit, du steckst voller Vorurteile!     ein eigentliches Thema: Wie wollen wir       Anspruch. Es war kein guter Sommer
Da waren auch junge Menschen dabei,              hier zusammenleben? Was fördert den          für die Sylter Gemeinschaft: Überdimen-
die für ihre politische Überzeugung ein-         Zusammenhalt? Und was treibt uns aus-        sionale Bauprojekte auf der einen Seite
traten!“ Birgit nickt grinsend: „Ja, eine        einander und gegeneinander?“                 und für die, die das Inselleben am Laufen
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4                              EDITORIAL

halten, gibt es noch immer zu wenige            Birgit unterbricht mich: „Wie soll das       Kreativität und Fantasie einsetzen. Ich
Wohnungen. Sylt wurde und wird ausge-           denn für Sylt funktionieren?“ „Ich gebe      habe die Vision einer Gemeinschaft, in
schlachtet von viel zu vielen Interessen-       zu“, sage ich, „es ist schwierig. Dieser     der Ehrlichkeit und Vertrauen unterein-
gruppen, denen die Insel nichts bedeutet        Sommer hat uns nicht enger zusammen-         ander so einen festen Grund haben, dass
und die das Leben der Einheimischen             gebracht, sondern weiter auseinander-        wir auf Sylt Fehler zugeben können –
nicht interessiert. Leute, die in ihrer Blase   driften lassen. Aber ich habe eine Vision    ohne Angst, dafür aus der Gemeinschaft
ungestört nur möglichst viel Spaß haben         von einer Gemeinschaft auf dieser Insel.     herauszufallen. Ich habe die Vision einer
wollen und mit die Kulisse Sylt wie eine                                                     Gemeinschaft auf Sylt, in der wir leben,
Zitrone auspressen, bis nichts mehr übrig          Frage nicht, was die                      so wie wir es uns wünschen, frei, mit der
bleibt. Dann ziehen sie weiter zur nächs-        Gemeinschaft für Dich                       Natur im Einklang, mit lebendigen und
                                                                                             fröhlichen Festen, umgeben von Men-
ten Luxusdestination.“
                                                tun kann, sondern was                        schen, die uns wohlgesonnen sind. Ich
Heiko überlegt und sagt dann: „Das ist              Du für die Gemein-                       habe die Vision einer Gemeinschaft, in
Dein Gefühl?“ „Ja,“, sagt Birgit, „wenn                                                      der die Menschen auf der Insel, die hier
über Sylt berichtet wurde, dann wurde
                                                     schaft tun kannst.                      leben, sich wohl fühlen – und in die alle,
                                                                           — J.F. KENnEDY
mal wieder ein Klischee ans nächste ge-                                                      die zu uns kommen, gern aufgenommen
reiht. Mit meiner Insel hatte es nichts zu      Eine Gemeinschaft, in der die Starken die    werden.“ Birgit nickt und sagt: „Ein biss-
tun. Es macht mich immer noch wütend            Schwachen tragen – und deshalb keiner        chen viel Pathos, aber schön gesagt. So
und traurig.“                                   durch das soziale Netz fällt. Die Vision     eine Insel-Gemeinschaft kann ich gerade
Heiko nickt. „Verstehe ich!“ Inzwischen         einer Gemeinschaft, in der die Menschen      nicht sehen.“ Und Heiko stimmt ihr zu
haben wir die fast menschenleere Fried-         auf ihre Worte achten: Sie lästern nicht     und meint: „Klingt irgendwie nach einer
richstraße hinter uns gelassen und haben        über die, die ihnen fremd sind. Sie halten   umformulierten Version von J.F. Kennedys
die Promenade erreicht.                         Klischees nicht für die Wahrheit – und       Spruch: ‚Frage nicht, was die Gemein-
                                                sie versuchen auch nicht, jedes Klischee     schaft für Dich tun kann, sondern was Du
„Siehst Du irgendwo Hoffnung?“ Birgit           zu erfüllen. Ich habe die Vision einer       für die Gemeinschaft tun kannst.‘“
schüttelt den Kopf.                             Insel-Gemeinschaft, in der nicht zählt,
„Und Du, Rainer, Du bist doch Experte           wer wie lange auf der Insel lebt oder        Hast Du denn irgendwelche Anzeichen
für Gemeinschaft. Du sagst doch immer           zu Gast ist, sondern wer diese Insel und     davon gesehen?“ Ich antworte: „Jeden
am Ende des Gottesdienstes: ,Unsere Ge-         das Leben hier mit den Menschen liebt.       Tag sah ich ein paar davon. Ich finde es
meinde bildet sich jeden Tag neu. Alle, die     Eine Gemeinschaft, in der die Menschen       gut, dass in Wenningstedt-Braderup ein
zu uns kommen und die da sind, gehören          gerne ihre Zeit schenken, um diese Insel     Verein gegründet wurde aus Einheimi-
dazu!‘“ Ich antworte: „Ja, das ist mein         zu erhalten, menschlicher zu gestalten       schen, Gästen und Zweitwohnungsbesit-
Bild einer lebendigen Gemeinschaft. Es          und lebenswerter für alle zu machen.         zern, um gemeinsam das Leben im Ort zu
gilt für die Kirche. Es gilt für unser Dorf.    Ich habe die Vision einer Gemeinschaft,      verbessern.
Und es ist meine Vision für diese Insel!“       in der alle ihre Talente und Gaben, ihre
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Es war ein wirklich tolles Dorfteichfest    Wir schauen auf den Horizont, die Sonne     Gemeinschaft zu bauen, werden wir nie
für unsere Gemeinde: Mehr als 50 Ehren-     steht hoch am Himmel und wärmt. Birgit      wissen, ob es gelingen kann!“
amtliche und Hauptamtliche für 14 Stun-     fragt: „Meinst Du, dass es eine solche
den haben gegrillt, gezapft, mit den Kin-   Gemeinschaft wirklich geben kann?“ Ich      Lasst uns die stille Zeit des Winters
dern gespielt, Bücher, Kuchen und Kaffee    antworte mit einer Gegenfrage: „Siehst      nutzen, um Gemeinschaft zu erle-
verkauft. Vor allem aber haben wir gere-    du den Horizont?“ Birgit nickt. Ich fahre   ben und vielleicht ganz neu zu den-
det und gelacht – und haben uns gern        fort: „Ich glaube, dass Gott ihn uns ge-    ken! Ich freu mich drauf!
für diese Sache engagiert. Das war das      schenkt hat, damit wir lernen, groß zu
Wichtigste: Mit Herz und Spaß dabei zu      denken und unser Herz zu weiten. Denn
sein für eine gute Sache auf der Insel!“    es ist der gleiche Gott, der uns dazu be-
                                            rufen hat, miteinander zu leben. Wenn
                                            wir jetzt nicht damit anfangen, diese       Ihr und Euer Pastor Rainer Chinnow

                          IT‘s always better
                                 when we are together.
                          — JACK JOHNSON, SINGER-SONGWRITER
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6                           DAS THEMA

                           DIE KIRCHENGEMEINDERATSWAHL 2022

                           Bewährte Kräfte
                           und ein Neuer

S
                 ALLE KANDIDAT*INNEN // ALLE INFOS // ALLE FAKTEN

           eit Oktober stehen sie         Kurz gefragt                          * Wenn Fragen auftauchen?
           fest: Die sieben Männer        und schnell geantwortet:              Einfach im Gemeindebüro anrufen:
           und Frauen, die sich am        * Wann wird gewählt?                  Di.-Fr. 8-13 Uhr, Tel. 04651/83 62 964
Sonntag, 27. November zur Wahl des        Am Sonntag, den 27. November 2022,    oder eine Mail schreiben: norddoerfer-
neuen Kirchengemeinderats stellen und     erster Advent                         kirchenbuero@t-online.de
in den kommenden sechs Jahren das         * Wo wird gewählt?                    * Wann tagt das neue
muntere Leben in der Kirchengemeinde      Die Wahlunterlagen wurden allen         ehrenamtliche Gremium
Norddörfer maßgeblich mitbestimmen,       Mitgliedern der Kirchengemeinde         das erste Mal?
Impulse geben, diskutieren, Konflikte     Norddörfer postalisch zugestellt.     Die Mitglieder des Rates werden
austragen und um die beste Lösung         Entweder man stimmt per Briefwahl     im Rahmen eines Gottesdienstes
ringen werden. Das Wichtigste             ab oder kommt am 27. November         im neuen Jahr feierlich in ihr Amt
vorweg: Es stellen sich sechs „alte und   von 11-17 Uhr ins Pastorat und        eingeführt. Der neue Gemeinderat tagt
bewährte Häsinnen und Hasen“ zur          wählt dort. Sechs ehrenamtliche       dann ab Januar etwa einmal im Monat
Wahl sowie ein „Neuer“. Mehr über         Wahlhelfer*innen sorgen für ein       im Pastorat.
die potenziellen Kirchengemeinderäte      ordnungsgemäßes Prozedere. Unser      * Wo erfahre ich
in unseren Mini-Porträts…                 Tipp: Den Gottesdienst besuchen und     das Wahlergebnis?
                                          gleich im Anschluss wählen gehen!     Die Sylter Rundschau wird unmittelbar
                                          * Wieviele Ehrenamtler                berichten, auf unserer Webseite
                                            stellen am Ende den                 www.friesenkapelle.de und auf
                                            Kirchengemeinderat?                 unseren Socialmedia-Kanälen erfährt
                                          Der Pastor hat qua seines Amtes       man natürlich auch, wer künftig zum
                                          automatisch eine Stimme im Gremium.   Kirchengemeinderat gehören wird.
                                          Sechs Vetreter*innen werden dazu
                                          gewählt.
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                                                    Im November dieses Jahres werden die Kirchengemeinderäte in der
                                                    Nordkirche neu gewählt. Was zählt offiziell eigentlich alles zu den
WAS MACHT DER
                                                    Aufgaben dieses Gremiums? Der Kirchengemeinderat – kurz: KGR –
KIRCHENGEMEINDERAT?
                                                    ist das zentrale Leitungsgremium der Gemeinde. Die Mitglieder des
                                                    Kirchengemeinderates tragen die Verantwortung für die Gemeinde.

*verantwortet die
 Gestaltung des
                                                    Ihre Aufgaben sind daher sehr vielfältig. Der Kirchengemeinderat:

  Gottesdienstes
  und der Gemeinde-
  aktivitäten.                                    * wirkt bei der Beset-
                                                    zung von Pfarr- und
                                                                                                    * istfürverantwortlich
                                                                                                             die
                                                     anderen Stellen in                                 Verwaltung der
                                                     der Gemeinde mit,                                  Finanzen.
                       *vertritt die
                        Kirchengemeinde
                                                     trägt die Personal-
                                                     verantwortung.
                          in der Öffent-

                                                                           *verwaltet
                          lichkeit.
                                                                                      die
                                                                            kirchlichen
*berät die Kon-
 zeption von
                                                                             Gebäude und
                                                                             Grundstücke und
  Kinder-,                                                                   entscheidet über
  Jugend- und                                                                deren Nutzung.
  Konfirmanden-
  arbeit, Angebote                                  *kümmert sich
                                                     um diakonische
  für Senior*innen,
  Kirchenmusik und
  Bildung.
                      *fördert die kulturellen,
                       sozialen und ökume-
                                                      Arbeitsbereiche.

                         nischen Beziehungen der
                         Kirchengemeinde vor Ort.

                                                                            Weil die Aufgaben so vielfältig sind, ist es
                                                                            gut, dass sich sehr unterschiedliche Menschen
                                                                            mit ihren Schwerpunkten und Fähigkeiten
                                                                            im Kirchengemeinderat engagieren.
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8                                 DAS THEMA
DIE KANDIDAT*INNEN

                                          *Karin Schmidt,
                                          langjährige Assistenz der
                                          Tourismusdirektion Kampen, 77
                                          „Diskussionen sind
                                          erlaubt und willkommen“
                                          Ob es nun der gemeinsame Einsatz
                                          aller verfügbaren ehrenamtlichen
                                          Kräfte beim Dorfteichfest ist oder
                                          der Besuchsdienst bei den runden
                                          Geburtstagen älterer Menschen in          *Hartmut Plambeck,
*Bernd Ußner,                             Kampen und Wenningstedt-Braderup:         ehemaliger Tankwart in Kampen,
Schulmeister i.R., 79                     Karin Schmidt plant und entscheidet       Küster a.D., 69
„Ein faszinierender                       nicht nur im KGR, sondern packt eben      „Buntes Expertengremium“
Gestaltungsprozess“                       auch gerne bei den Veranstaltungen        Die bestmögliche Diskussionskultur sei
Seit 45 Jahren wirkt Bernd Ußner          und regelmäßigen Aktionen der             die, die man im Rat der Kirchengemeinde
ehrenamtlich im Kirchengemeinderat        Kirchengemeinde mit an, wann              pflege – meint Hartmut Plambeck. Er
mit. 1977 ließ sich der langjährige       immer es ihr möglich ist. „Hier bei den   muss es wissen, denn der Ex-Küster ist
Leiter der Norddörfer Grundschule         Sitzungen unseres Gremiums sind wir       schon seit „wer weiß wievielen Jahren“
in das Gremium wählen und begann          durchaus nicht immer einer Meinung.       im Amt und hat zudem als Nachfolger
seine Aufgabe zeitgleich mit Pastor       Aber wir diskutieren eifrig und finden    von Fritz Hermann einen tiefen Einblick
Mohn. „In der Ära Chinnow herrschte       am Ende immer eine gute Lösung. In        hinter die Kulissen gewonnen. „Wir
gerade in der Anfangszeit sehr viel       unserer Unterschiedlichkeit ergänzen      haben im Rat einen Experten für
Dynamik und es gab Veränderungen          wir uns ganz erstklassig.“                beinahe jedes Thema und gehen immer
in fast allen Prozessen. Das war                                                    freundschaftlich miteinander um –
schon ganz schön aufregend. Aber                                                    das ist eine große Qualität“, meint
das Resultat kann sich sehen lassen,                                                Hartmut Plambeck, der sich auch für
wie ich finde. Es ist faszinierend, ein                                             die Partnerschaft mit der polnischen
Gemeindeleben wie dieses mit zu                                                     Gemeinde „Sorquitten“ engagiert und
gestalten. Darauf freue ich mich auch                                               im Vorstand der Stiftung „Üüs Serk“
in den nächsten Jahren. Bisher habe                                                 einen Sitz wahrnimmt. Die Vielfalt und
ich auch die Gemeinde auf der Synode                                                Qualität des augenblicklichen Portfolios
mit vertreten. Auch das übernehme ich                                               der Kirche in die Zukunft zu führen, sieht
gerne weiter.“                                                                      er als das große Ziel des Gremiums.
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                                                  Was dem
                                                Einzelnen
                                            nicht möglich
                                                   ist, das
                                                vermögen
*Matthias Waldherr,
                                                     viele.
Anwalt und Notar, 58                        — Friedrich-Willem Raiffeisen    *Katrin Wenzel-Lück,
                                                               (1818-1888)
„Die Kirche bleibt im Dorf!“                                                 Krankenschwester, Erzieherin
Ungefähr zur gleichen Zeit wie Pastor                                        und seit 2017 Küsterin, 52
Rainer Chinnow – nämlich 1998 – kam                                          „Mut zu neuen Wegen“
Matthias Waldherr mit seiner Frau                                            Als ihre drei Kinder aus „dem Gröbsten“
nach Sylt, um sich mit einer Kanzlei                                         heraus waren, begann sie sich Anfang der
selbstständig zu machen, eine Familie                                        2000er Jahre aktiv in die planerische Arbeit
zu gründen und aktiver und engagierter                                       der Kirchengemeinde einzubringen. Für sie
Teil der Sylter Gemeinschaft zu sein. Er                                     war das immer eine Ehrensache – denn die
ist schon seit mehr als zwei Jahrzehnten                                     Kirchengemeinde liegt ihr sehr am Herzen.
Ratsmitglied bei der Kirchengemeinde                                         „Neue Wege mutig zu gehen und die
und stellt in allen juristischen                                             bestehenden Strukturen zukunftsweisend
Belangen, wie beispielsweise bei                                             mit frischem Leben zu füllen“, das ist genau
der Gründung von Stiftungen oder            Vormerken:                       die Herangehensweise, die der Küsterin
bei Vertragsangelegenheiten, seine          Wahl am Sonntag,                 entspricht. Während der Fokus ihrer Arbeit
Expertise und sein Know-how zur             27. November 2022                am Anfang ihrer Ära als Gemeinderätin auf
Verfügung. „Dass wir hier auf lange Sicht                                    den Kinder- und Jugendthemen lag, ist das
eine so lebendige Gemeinde bleiben –                                         Engagement für die Älteren heute eines
das ist das Ziel meiner Arbeit in diesem                                     ihrer Schwerpunktthemen. Die Zukunft der
Ehrenamt“, meint Waldherr, der sich u.a.                                     Kirchengemeinde zu sichern, ist in ihren
auch im Vorstand der „Sölring Foriining“                                     Augen die größte Herausforderung der
engagiert.                                                                   nächsten Jahre.
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10                                   DAS THEMA

*Henning Sieverts,
Tourismusdirektor von Wenningstedt-
Braderup, 47
„Eine vorbildliche
Gemeinschaft“
Wenn der Vater zweier kleiner Kinder
auch mit der Haltung der Amtskirche

                                                                                             i
in mancherlei Hinsicht überhaupt
nicht einverstanden ist, so gefällt ihm
doch die Gemeinschaft rund um die         *Martin Jessen,
Friesenkapelle ganz außerordentlich.      Banker, Bäcker und Unternehmer, 43
„Ob Sylter, Zweitwohnungsbesitzer         Der Neue
oder Gäste, die nur für kurze Zeit bei    Es ist nicht so, dass Martin Jessen nicht schon
uns sind – in der Norddörfer Kirchen-     das eine oder andere Ehrenamt bekleiden
gemeinde fühlt sich jeder willkommen      würde. Dazu zählt der Vorsitz der Aufsichtsrats
und ist sofort Teil einer Gemeinschaft.   der „Sylter Bank“ und die Mitgliedschaft im        Sechs der sieben Kandidaten
So verstehe ich gelungenes Miteinander,   Vorstand der „Bäko“ (des Dachverbandes             werden in den nächsten
das wird hier gelebt. Mit Toleranz und    seines Handwerks), um nur zwei Beispiele zu        Kirchengemeinderat gewählt.
Offenheit. Dafür engagiere ich mich –     nennen. Als Rainer Chinnow den Multitasker         Scheidet ein Mitglied aus,
auch für den gesamten Ort in meiner       ansprach, ob er sich nicht auch als Kandidat       rückt ein*e Kandidat*in
Aufgabe als Tourismusdirektor“, meint     für den Kirchengemeinderat aufstellen lassen       nach. Pastor Rainer Chinnow
Henning Sieverts, der fachlich die        wollte, stimmt er sich mit seiner Familie          ist automatisch Teil des
touristische und die kaufmännische        ab und bekam das „Go“. „Ich bin ja kein            Gremiums. Innerhalb des
Expertise einbringt, wo immer nötig.      konsequenter Kirchgänger. Aber ich mag             Rates werden Entscheidungen
                                          Rainer Chinnow sehr und bin begeistert, wie        übrigens per Handzeichen
                                          bei uns Christentum und Gemeinschaft gelebt        abgestimmt. Die Sitzungen
                                          wird – ein Zuhause für jeden. Ich unterstütze      finden etwa monatlich statt
                                          diese Arbeit gerne und nach Kräften. Deshalb       und sind grundsätzlich immer
                                          möchte ich mich dafür engagieren, dass             öffentlich.
                                          unsere Gemeinde in Zukunft so kreativ
                                          und umfänglich weiterarbeiten kann wie             Die Kirchengemeinde trauert
                                          bisher“, meint der Chef des Familienbetriebs       um zwei langjährige KGR-
                                          „Bäckerei Jessen“. Seine Kuchenspenden z.B.        Mitglieder: Fritz Hermann und
                                          am Sonntag sind legendär.                          Birgit Lanz (wir berichteten.)
11

LUCIE & MALIN IM

WG-Trainingscamp
                                ie Community,      Malin Bernhardt… ist seit
                                in der man auf-    dem späten Sommer eine der bei-
                                wächst,    sucht   den FSJ-lerinnen der Norddörfer
                                man sich meis-     Kirchengemeinde. Im Gegensatz
                                tens nicht aus –   zu Lucie Spiess (siehe Sommeraus-
                   und doch bestimmt sie maß-      gabe) haben wir sie bislang noch
                   geblich alle weiteren Formen    nicht im Kirchenjournal vorgestellt.
                   von Gemeinschaft, die man       Die 20-jährige Abiturientin stammt
                   im Anschluss lebt. Entweder     aus Lilienthal bei Bremen. „Mei-
                   will man es nach dem ersten     ne Mama und der Vater von Freya
                   Auszug kurzfristig oder für     (FSJ-lerin 2021-22, Anm. der
                   immer anders machen oder        Redaktion) haben sich auf dem
                   man sucht sofort wieder ei-     evangelischen Kirchentag beruf-
                   nen Zusammenhang, der sich      lich getroffen und über das FSJ bei
                   ähnlich anfühlt wie das erste   der Norddörfer Kirchengemeinde
                   Zuhause. Im besten Fall lebt    gesprochen. Meine Mutter hat
                   man so bewusst und so ehr-      begeistert berichtet, und ich habe
                   lich, dass man im Laufe des     mich dann beworben. Das Vorstel-
                   Lebens ein*e Meister*in der     lungsgespräch lief super. So war
                   Gemeinschaft oder eben auch     der Weg für mich hierher ins Pasto-
                   des gewählten Alleinlebens      rat – stark zusammengefasst“, er-
                   wird. Gutes Zusammenleben       zählt Malin, die vielleicht nach dem
                   im Alltag ist jedenfalls eine   Jahr auf Sylt Pharmazie studieren
                   hohe Kunst. Wir haben zwei      möchte, aber auch gerade deswe-
                   Einsteiger*innen in das The-    gen ein Jahr akademische Pause
                   ma gefragt, wie sich das so     gesucht hat, um völlig neue Erfah-
                   anfühlt.                        rungen zu sammeln und herauszu-
12                          IM PORTRÄT

bekommen, was das Richtige für sie ist.      Erfahrung vorgelegt und ihr von dieser
Sozial und gesellschaftlich engagiert hat    Option nach dem Abi vorgeschwärmt.
sich Malin Bernhardt in ihrer Ortsgrup-
pe des DLRG. Dort hat sie sich auch mit      „Ich kam am letzten Augusttag an und
Leidenschaft um die Ausbildung von           war sooo aufgeregt. Ob die Chemie mit
Jung-Schwimmer*innen gekümmert und           Malin wohl passen würde? Das war eine
Fahrten begleitet.                           meiner Fragen, um die sich die Gedan-
                                             ken drehten. Und da hätte ich mir wirk-
Sich an den Arbeitsalltag auf Sylt zu ge-    lich gar keine Sorgen machen müssen,
wöhnen und an die völlig neuen Lebens-       denn es geht wunderbar mit uns. Das
umstände – damit hat sie sich im frühen      war schon nach dem ersten Gespräch
Herbst eingehend auseinandergesetzt.         klar“, freut sich Lucie. Die beiden teilen
„Bei uns lebt meine Oma mit im Haus.         Bad und Küche, kaufen auch zusammen
Unsere familiäre Gemeinschaft – das          ein, haben ähnliche Vorstellungen von
war jahrelang alles so schön selbstver-      Ordnung, Ruhezeiten und gemeinsamen
ständlich, das vermisse ich jetzt schon.     Aktivitäten. Beide lesen leidenschaftlich
Heimweh ist vielleicht das fal-              gerne. Malin meint: „Dinge zusammen
sche Wort – aber sie fehlen mir              zu unternehmen und gemeinsam zu ko-
alle. Ganz klar ist es eine wichtige, aber   chen – das wird sicher noch mehr wer-
auch krasse Erfahrung, zum ersten Mal        den. Der neue Alltag, da mussten
auszuziehen und alle Haushaltsthemen         wir uns erst einmal herantas-
selbst auf die Reihe zu bekommen. Aber       ten und dran gewöhnen. Das
ich finde, Lucie und ich sind auf einem      war auch anstrengend mit acht,
guten Weg“, meint Malin in aller Ehrlich-    neun Stunden Arbeit am Tag,
keit.                                        eine echte Umstellung.“

Lucie Spiess hatte beim Start einen          „Das wird schon alles. Von unserem
kleinen „Heimvorteil“: Sie kennt Sylt        Lebens-Rhythmus her passt es jedenfalls
richtig gut und ihre beiden Geschwister      ganz wunderbar mit uns“, meinte Lucie
– Antonia und Linus – haben beide in un-     am Anfang der gemeinsamen Zeit. Beide
terschiedlichen Jahren eine positive FSJ-    haben Sehnsucht nach den vielen fami-
13

   ZUSAMMEN IST MAN
         WENIGER ALLEIN.                                  Im letzten Moment
              — ROMANTITEL VON ANnA GAVALDA

liären Gewohnheiten, den Menschen, Strukturen und         Kurz vor Redaktionsschluss ist er glück-
Kleinigkeiten, die das Zusammenleben mit der Familie      lich gelandet: der „Bonus-Zivi“ des Jah-
ausmachen. Auch Gerüche, Energien und selbstver-          res. In Wirklichkeit heißt er Paul Esiku
ständliche Rituale gehören mit zu dem bunten Blu-         (22), kommt aus Uganda und hat sich
menstrauß an Faktoren, die ein Zuhause, die gewohnte      auf den Freiwilligen Sozialdienst in der
Gemeinschaft, definieren und zu einem Gesamtgefühl        Norddörfer Kirchengemeinde (heißt
machen.                                                   natürlich schon lange nicht mehr Zivi)
                                                          ganz formal vor ein paar Monaten be-
Die beiden jungen Frauen sind aber fest entschlossen,     worben.
sich dem leichten Heimweh nicht zu dolle hinzugeben.
O-Ton Malin: „Es braucht ja auch etwas Zeit               Die beiden offiziellen Posten waren
sich abzunabeln!“ Lucie meint: „In ein paar Wo-           da schon besetzt, aber es ist geglückt,
chen sieht das bestimmt schon ganz anders aus. Denn       dass das FSJ-Duo der Kirchengemeinde
am Ende der FSJ-Zeit wollen die meisten ja gar nicht      durch Paul für ein Jahr zum Trio werden
mehr weg von hier.“                                       kann. Alle Beteiligten freuen sich auf
                                                          das Kennenlernen und die gemeinsame
Die beiden wollen ihre Sylt-Zeit in jeder Hinsicht aus-   Zeit. Nach seiner Ankunft auf Sylt hat
kosten – auch und gerade, was die Arbeit anbelangt.       er gleich seinen ersten Gottesdienst
„Unsere Hausbesuche bei den älteren Gemeindemit-          erlebt, tatkräftig mit angefasst und ist
gliedern gehört jetzt schon zu meinen Lieblingsauf-       dann in seinen ersten FSJ-Lehrgang
gaben. Das fühlt sich null wie Arbeit an“, meint Lucie.   aufs Festland gegangen. In der nächs-
Und Malin ergänzt: „Unglaublich, wie offen und            ten Ausgabe stellen wir Paul natürlich
herzlich wir überall empfangen wurden.                    vor – mit allem was dazu gehört. Jetzt,
Obwohl es ja auch jedes Jahr eine Umstellung für die      ein paar Stunden vor Druckabgabe,
von uns betreuten Frauen ist, wenn plötzlich neue Men-    aber ersteinmal:
schen bei ihnen auftauchen. Es ist so schön, helfen zu
können und gleichzeitig so viel von anderen Lebenswe-     Herzlich
gen zu erfahren. Eine wunderbare Aufgabe.“                willkommen, Paul!
14                DAS THEMA

DER VEREIN FÜR UND VON MENSCHEN IN WENNINGSTEDT UND BRADERUP

Unser Dorf
 – Üüs Terp
15

                                      E
Rund 1.600 Menschen leben derzeit
                                                 in „Zuhause für Familien-     in Wenningstedt wird das ganze Jahr
mit erstem Wohnsitz in Wenning-                  menschen“ im umfäng-          über bewohnt – dörfliche Gemein-
stedt-Braderup. Wenn die Pläne für               lichen, freilassenden und     schaft ist nicht mehr so selbstver-
neue Wohnbauprojekte für Einhei-      individuellen Sinne – das ist das,       ständlich wie früher. Trotzdem Nähe
mische Wirklichkeit werden sollten,   was Wenningstedt-Braderup für sei-       und Verbindung bewusst herzustel-
kommen in ein paar Jahren noch        ne Bewohner*innen und Gäste sein         len, Gemeinschaft und Lebensquali-
weitere Dorfbewohner*innen dazu.      will. So hat es jedenfalls ein Work-     tät zu ermöglichen, das ist das Ziel
Eine wachsende Dorfgemeinschaft       shop definiert, der sich vor der letz-   der Vereinsarbeit“, meint Holger
                                      ten Kommunalwahl mit der Zukunft         Thies, Gastgeber der „Eremitage“ in
also. Die Gruppe der „amtlichen
                                      des Ortes beschäftigte. Ein Zuhause      Wenningstedt.
Locals“ erweitert sich in Wenning-
                                      mit allem, was dieser Begriff an
stedt-Braderup zudem um Menschen      Möglichkeiten, an Identifikation, an     Vorbild für eine solche Gemeinschaft
mit Zweitwohnsitz und Stammgäste,     Werten, an Emotion und Engage-           ist für beide die Kirchengemeinde
die sich im Doppeldorf zwischen       ment in sich trägt. Das Leitbild des     im Ort. „Durch regelmäßige Besu-
den Meeren beheimatet fühlen.         Ortes mit noch mehr gelebter Wirk-       che des Gottesdienstes – mein Sohn
„So verstehen wir jedenfalls unsere   lichkeit aufzuladen – das ist das Ziel   Levi ist Konfirmand und ich habe ihn
Form von Dorfgemeinschaft“,           des frisch gegründeten Vereins „Üüs      im letzten Jahr am Sonntagmorgen
                                      Terp“.                                   oft begleitet – wurde mir bewusst,
meint Kai Müller, zweiter Bürger-
meister im Dorf. Er hatte die Idee                           Gemeinwohl, Gemeingut,
für einen Verein, der das Leben im
                                                    Gemeinwesen sind die Paten jeder
Dorf noch liebens- und lebenswerter
machen wird.
                                                        geschichtlichen Entwicklung.
                                                                  — Friedrich Ludwig Jahn, „Turnvater Jahn“ (1778-1882)

                                      Den Impuls gab Kai Müller, einen         dass hier schon eine solche moderne
                                      tatkräftigen Mit-Realisierer fand er     Form von Gemeinschaft gelebt wird.
                                      in Holger Thies. Beide überzeugte        Die Kirchengemeinde bildet sich
                                      Dorfbewohner, die es lieben zu ge-       ständig neu, weil Menschen kom-
                                      stalten und Projekte Wirklichkeit        men und gehen und nicht alle stän-
                                      werden zu lassen. Zwei Männer, die       dig vor Ort sind. Trotzdem gibt es
                                      auch dem strukturellen Wandel im         Nähe, Beheimatung, Solidarität und
                                      Dorf etwas entgegensetzen möch-          Identifikation. Das wünschen wir
                                      ten. „Längst nicht mehr jedes Haus       uns für das ganze Dorf. Dazu möchte
16                           DAS THEMA

                                                                                         Die Gemeinde ist
                                                                                     die Elementarschule
                                                                                             der Freiheit.
                                                                                        — Émile Louis Victor de Laveleye, belg.
                                                                                                    Nationalökonom (1822-1892)

der Verein beitragen. Gemeinsam aktiv      Ohne viele vorgefertigte Ideen und        werk der Willigen“, offen für jeden,
sein für Wenningstedt-Braderup, zu er-     Erwartungen luden die beiden vor we-      der Lust hat, unbürokratisch und nied-
leben wie gut es einem selbst tut, seine   nigen Monaten zum Brainstorming in        rigschwellig gemeinsam für Wenning-
Stärken einzubringen. Ich habe Pastor      den Kursaal3 ein – Gäste, Zweitwoh-       stedt-Braderup zu gestalten. Wie in
Chinnow gefragt, ob die Vereinsgrün-       nungsbesitzer, Locals. Der lebendige      jeder guten Familie wird auch der Ver-
dung in seinem Sinne sei. Er war sofort    Austausch machte klar: Mit den facet-     ein Aufgaben nach Interessen, Stärken
begeistert von unserer Idee“, erzählt      tenreichen Talenten aller lassen sich     und Schwerpunkten bieten. „Gleich bei
Kai Müller von den Anfängen.               große und kleine Projekte und neue        unseren ersten Treffen wurde klar, dass
                                           Formen von Geselligkeit und Miteinan-     es eine Riesensehnsucht nach Gesellig-
Holger Thies beschreibt seine Initial-     der auf den Weg bringen.                  keit, nach Begegnung und gemeinsa-
zündung so: „Für mich ist Wenning-                                                   mem Tun gibt.“
stedt-Braderup ein kleines Paradies.       Der Verein bekam seinen Namen, die
Mit seiner menschlichen Wärme, dem         Gründungsformalitäten wurden auf          Um aus der Theorie in die Praxis zu
Wechselspiel aus Ruhe und Dynamik,         den Weg gebracht und sind inzwi-          kommen, mögen diese ersten Beispiele
der facettenreichen Natur. Dieses Pa-      schen erledigt. Jetzt ist „Üüs Terp“      für die Vereinsarbeit dienen: Im Okto-
radies zu wahren, gemeinschaftliche        eine eingetragene, notariell beglaubig-   ber bot „Üüs Terp“ Naturerkundungen
Projekte zu initiieren und auch negati-    te Institution mit einem ordentlichen     durch die Heide unter fachkundiger Lei-
ven Entwicklungen entgegenzusteuern        Vorstand, einer Satzung und 23 Grün-      tung an. Ein Stammtisch, der vielleicht
– das ist die Grundidee. Im Idealfall      dungsmitgliedern.                         bei jedem Treffen ein anderes Lokal
können bald noch mehr Menschen                                                       ansteuert, soll das Kennenlernen und
voller Stolz sagen: ,Hier fühle ich mich   Holger Thies und Kai Müller nennen        den Austausch in Zukunft in einen ge-
zuhause’“, formuliert es Holger Thies.     diese Start-Gemeinschaft das „Netz-       selligen Rahmen stellen. Ein größeres
17

                                                                               MINI-BIO

                                                                               *Holger Thies
                                                                               …führt zusammen mit seiner Frau
                                                                               Katrin die „Eremitage“ am Dorfteich.
Projekt könnte es sein, den Spiel-     tionen oder geselligen Ereignissen      Bevor der leidenschaftliche Vater Gast-
platz neben der Kirche zu moderni-     teilnehmen oder eben kontinuierlich     geber in Wenningstedt wurde, arbeitete
sieren und mit schönen Attraktionen    seine Zeit und seine Fähigkeiten zur    er als Unternehmensberater für große
zu versehen. „Die Spielplatzidee ist   Verfügung stellen. Jeder kann eine      internationale Firmen wie die Choco-
ein sehr anschauliches Beispiel für    Form des Engagements finden, die        laterie Lindt & Sprüngli. Holger Thies
ein mögliches Vereinsprojekt. Die      zu ihm passt“, erläutert Kai Müller.    liebt es, Sinnvolles für sich und andere
Menschen, die gerne planen, sind                                               zu tun. Er engagiert sich politisch und
gefragt, aber auch die, die finanzi-   Eine Liste möglicher Projekte steht     gesellschaftlich. Besonders mag er sein
ell das Ihre tun möchten – und na-     schon, vieles wird sich aber erst aus   Amt als Schiedsmann, für das er 2019
türlich diejenigen, die einfach mit    der Arbeit selbst heraus entwickeln.    im Amtsgericht Niebüll vereidigt wurde.
anpacken können und wollen. Wir        Das Leitbild der Vereinsarbeit, also
bringen zum Wohle des Dorfes Men-      quasi die Marke „Üüs Terp“, zu de-      *Kai Müller
schen zusammen. Im Verein kann         finieren – das wird ein Auftrag des     …lebt mit seiner Familie in Wenning-
man punktuell aktiv werden, an Ak-     Herbstes 2022 sein.                     stedt, füllte vor Jahren die Idee von der
                                                                               Funsporthalle mit Leben und ist für das
                                                                               gesamte Sportangebot des Tourismus-
                                                                               Service zuständig. Bei Bedarf unterrich-
                                                                               tet er auch Sport an der Grundschule.
                                                                               Bevor er sich für ein ständiges Leben
                                                                               auf Sylt entschied, pendelte er und
                                                                               machte Karriere im Sportmarketing. Der
                                                                               zweite Bürgermeister der Doppelge-
                                                                               meinde wird bei den Kommunalwahlen
                                                                               im Mai 2023 wahrscheinlich für das
                                                                               Amt des 1. Bürgermeisters kandidieren.
18                             DER CLUB

KONFITAG 2022

Team-Spiele
mit Lernfaktor
Wie es der Zufall so will, wenn es ihn         rin Tini Schluck. Die Hauptkonfirmanden der
denn gibt: Diese Ausgabe beschäftigt sich      Norddörfer erlebten den Sonntag als „ge-
mit dem Thema Gemeinschaft und beim            selligen Spieltag mit Lernfaktor“. Und so
Konfitag Anfang September ging es genau        ging’s: In Teams erprobten die Insel-Konfis
darum. Was bedeutet Gemeinschaft, wie          ihre Qualitäten als Gruppe. Sie versuchten
lebe ich meine Individualität in einer Grup-   sich in witzigen Bewegungsspielen mit ih-
pe? Was tut mir gut, wenn ich mit anderen      ren Stärken durchzusetzen, sie dachten über
zusammen bin, wie bringe ich mich ein, wo      die Qualität von Gemeinschaft nach und
nehme ich mich zurück und welche Dyna-         eben auch über mögliche Störfaktoren des
mik schadet mir, wo grenze ich mich ab?        gemeinsamen Tuns.
Um all diese Aspekte ging es beim Konfitag,    Ein gemeinsamer Gottesdienst und ein
zu dem alle Sylter Konfirmand*innen am         schönes Mittagessen (Danke an Mario!)
ersten Sonntag im September – erst in der      rundeten diese besondere Gemeinschafts-
Funsport-Halle und dann noch in der Kirche     Erfahrung ab. „Ein schönes Erlebnis. Und
gemeinsam Großes auf die Beine stellten.       das, obwohl das Ganze ja an einem ,heili-
Buchstäblich, denn unter anderem ging es       gen’ Sonntag – an dem wir eigentlich frei
darum, im Team möglichst hoch zu bauen.        haben – stattgefunden hat“, meinte einer
Organisiert hatten das Ganze die Pastoren      der Teamplayer nach dem Konfitag und
Ingo Pohl, Ulrich Simon und Jugendarbeite-     möchte lieber anonym bleiben.
D I E SE I TE N FÜR J UN G E LE SE R     19

UNTERRICHT AM STRAND

Über Gott und die Welt
Der Tag war dafür perfekt, die letzten Momente des Sommers wollten ausgenutzt sein:
So wurde der Konfi-Unterricht an einem Dienstag im späten September kurzerhand an den
Flutsaum verlegt. Journalistin Imke Wein, inhaltlich für das Bi Serk zuständig, war zu Gast, um
die Konfirmand*innen kurz über ihren Konfitag „auszuquetschen“. Das geriet allerdings im
Verlauf eher zur Nebensache. Es entwickelte sich ein angeregtes Gespräch mit dem Gemeinde-
Nachwuchs über essentielle Themen, wie die Qualitäten und die Nachteile der Kirche, über die
Wünsche an die Zukunft und den Sinn und Zweck der Konfirmation. Hier ein paar Stimmen…
20                               DER CLUB

    Warum hast Du Dich                                                              Möch-                             Bent: Für ein

für die Konfirmation                                                                 test                              paar Jahre weg
                                                                                                                      und dann wie-
  entschieden?                                                                      Du                                derkommen. So
                                  Ben: Vor allen Dingen bei den Ausflügen auf       auf                               könnte ich mir
                                                                                                                      das vorstellen.

                                                                                    Sylt
Luke: Ich freue mich vor          der Insel haben wir Spannendes erfahren,
allem auf das Fest mit mei-       z.B. über die Sylter Stolpersteine und die Men-                            Ben: Gerade jetzt würde
ner ganzen Familie am Kon-        schen, die von den Nazis verfolgt und getötet
firmationstag. Irgendwie ist      wurden. Oder in der Stadtkirche St. Niels in      leben?                   ich denken, ich lebe später
                                                                                                             irgendwo, aber garantiert
es dann ja auch ein Erfolgs-      Westerland, da haben Tini und Rainer noch-                                 nicht auf Sylt. Hamburg
erlebnis, weil wir die Zeit       mal erklärt, welche Objekte es in den Kirchen     Kimmy: Ja, auf je-
                                                                                    den Fall. Da habe ich    könnte ich mir gut vor-
gemeinsam erlebt, gestaltet       gibt und was sie für eine Bedeutung haben.                                 stellen.
und durchgezogen haben.                                                             gar keine Zweifel.
                                                      Lara: Meine Tante ist
                         Bent: Ich finde schon,       Pastorin in Neumünster.       Levi: Ich kann mir vorstellen, wiederzukommen,
Robert: Manch-           dass mir das was bringt.     Dadurch habe ich immer        wie meine Eltern. Aber erst nach dem Studium und
mal muss man sich        Allein schon, weil wir       viel über die Kirche und      einigen spannenden Berufsjahren in der Welt.
ganz schön überwin-      beim Unterricht so viel      den Glauben erfahren und
                                                                                    Luke: Man weiß ja nie,      Yul: Ich möchte die
den, wenn man zum        Spaß haben.                  darum wollte ich selbst
                                                                                    wie es kommt, aber ich      ganze Welt bereisen
Unterricht       muss.                                auch konfirmiert werden.
                                                                                    würde auch denken, ich      und wohne später eher
Aber wir hatten viele
                                                                                    lebe später hier.           in New York als hier.
spannende Nach-          Yul: Meine Brüder sind konfirmiert worden. Das ist si-
mittage und haben        cher ein Hauptgrund für mich, mich selbst auch für die
                                                                                    Jule: Ich finde Sylt als Lebensmittelpunkt für
eine Menge über          Konfirmation zu entscheiden. Natürlich spielt das Fest
                                                                                    Jugendliche sterbenslangweilig. Es gibt so wenig
Themen gelernt, die      selbst und die Geschenke auch eine Rolle. Da kann
                                                                                    Möglichkeiten. Ich bin auf jeden Fall nach dem
man in der Schule        man doch ehrlich sein, oder?
                                                                                    Abi weg zum Studieren und für das weitere Leben
halt nicht lernt.
                                                                                    wahrscheinlich auch.
                               Levi: Erst habe ich mich nur zum Konfir-
Pauli: Das gehört doch         manden-Unterricht angemeldet, weil viele
irgendwie dazu – zur           Freunde von mir auch dabei sind. Ehrlich ge-
Tradition und zum Er-          sagt, war ich dann ganz überrascht, wie gut
wachsenwerden.        Ich      es mir getan hat, sonntags zum Gottesdienst
habe auch häufiger mal         zu gehen. Ich hatte mein Heftchen mit den
gezweifelt, ob ich das         Pflicht-Gottesdiensten schnell voll – und jetzt
richtig entschieden habe.      vermisse ich es richtig – das Singen und die
Aber jetzt ziehe ich das       guten Anregungen vom Pastor jeden Sonn-
durch. Sind ja nur noch        tag. Obwohl, ich könnte ja auch gehen, ohne
ein paar Monate.               zu müssen. Bin ich aber noch nicht… !
D I E SE I TE N FÜR J UN G E LE SE R              21

                                                  Ben-Luca: Zur Berufsfeuerwehr ge-
                                                  hen – das wäre meine Aufgabe, die ich

                                                                                                      Neues
aufgabe in 15 Jahren?                             für mich in der Zukunft sehe. Ich bin jetzt
                                                  schon bei der Freiwilligen Feuerwehr in
                                                  Hörnum – und das macht mir richtig viel
                                                                                                      Filmprojekt:
       Lebens-

                                                  Spaß.

                        Ben: Ich sehe mich auf dem Red Carpet bei den Film-                           Ganz gespannt darf man jetzt schon auf
                        festspielen in Cannes oder in Berlin. Ich bin dann preis-                     Weihnachten sein. Aus den bekannten
                        gekrönter Filmemacher.                                                        Gründen. Aber auch, weil die nur drei
                                                                                                      Vorkonfis des Jahrgangs ein Krippenspiel-
                                          Bent: Ich werde Lehrer für Mathematik und                   Projekt umgesetzt haben, wie es moderner
                                          Sport und zwar ein guter und sorge dadurch für              und innovativer noch nie war. Der Krippen-
                                          eine neue Generation motivierter Menschen.                  spiel Film 2022 steht unmittelbar vor den
  Was ist Deine

                                                                                                      Festtagen auf dem Youtube-Channel der
                           Kimmy: Ich wohne ja           Levi: Es gibt so viele spannende             Friesenkapelle bereit.
                           in Hörnum und möchte          Lebensaufgaben. ich lass mir mit
                           dort Erzieherin werden        der Entscheidung noch ein wenig
                           und später den Kinder-        Zeit. Die meisten großen Dinge
                           garten leiten.                passieren ja eh plötzlich und un-
                                                         erwartet.

                          Jule: Für welchen Beruf ich mich entscheide?
                                                                                                   Termine
                          Mal sehen, weiß ich noch nicht! Ganz klar ist aber, dass ich in
                          einer großen Stadt leben möchte – mit einer tollen Aufgabe.              *AmKonfi rmation 2023?
                                                                                                        Sa. 29. April!
  Luke: Ich begeistere mich ja sehr
  für die Landwirtschaft. Mein Opa und
                                                     Lara: Ich glaube, ich werde nicht
                                                     unbedingt eine Familie gründen.
                                                                                                   *DieKonfer-Unterricht?
                                                                                                        beiden Gruppen wechseln sich ab:
  mein Onkel sind Bauern. Schwerpunkt:               Mal sehen. Was ich aber mit Stand             immer dienstags ab 15 Uhr im Jugendraum

                                                                                                   *TrifftJugendgruppe?
  Schafzucht
  Schafzucht. Ich könnte mit vorstellen,             jetzt weiß: Ich gehe zur Bundes-
  in die Fußstapfen meines Opas und                  wehr und sorge für mehr Sicherheit.
                                                                                                            sich jeden Mittwoch ab 18 Uhr im Pastorat.
  meines Onkels zu treten. Ich finde ja
                                                                                                   Alle Sylter*innen zwischen 12 und 17 Jahren sind
  Familie, Gemeinschaft und Traditionen                   Robert: Ich habe noch keinen
                                                                                                   herzlich willkommen.
  eh toll. Das alles lebendig zu halten,                  konkreten Plan, aber ich werde
  dafür könnte ich mich einsetzen, viel-
  leicht. Wenn das mit dem Bauersein
                                                          sicher wissen, was das Richtige
                                                          ist, wenn es mir irgendwann
                                                                                                   *DieAusfl ug // Work & Travel:
                                                                                                        Konfis planen einen Ausflug mit Kultur nach
  nichts wird, lerne ich ein Handwerk.                    begegnet.                                Hamburg und werden Anfang Januar in Däne-
                                                                                                   mark für zwei Tage ihren eigenen Gottesdienst
                                  Yul: Wenn ich alle Surfspots der Welt bereist habe,              vorbereiten, aber natürlich nach getaner Arbeit
                                  gründe ich ein Unternehmen und rette die Welt.                   auch die gemeinsame Zeit genießen.
22                       IM PORTRÄT

     PASTORIN GUNDULA DÖRING KULTIVIERT...

     Die Kraft
     der Stille
     Kontemplation – was für ein schönes Wort.
     Eines, das in der Arbeit von Gundula Döring
     eine zentrale Rolle spielt. Es kommt aus
     dem Lateinischen und bedeutet sowas wie
     „beschauliches Nachdenken“ oder „Einkehr
     des Geistes“. Vielleicht lässt es sich auch
     als „stille Innenschau“ beschreiben – als
     ein „sich öffnen für Gott“. Jedenfalls ist die
     Kontemplation ein Zustand der geistigen Ruhe
     und Balance – sie kommt im Leben der meisten
     Zeitgenossen aktuell garantiert etwas zu kurz.
     Denn der Alltag ist für viele am Limit von zu
     laut, zu vielschichtig und zu schnell. Aus der
     asiatischen Tradition lässt sich Kontemplation
     mit der Kunst der Meditation vergleichen.
     Da der Begriff aber ein Sammelbegriff
     für ganz Unterschiedliches ist, wird diese
     gegenstandsfreie Schweigemeditation schlicht
     „Sitzen in der Stille“ genannt.
     Dieses „Sitzen in der Stille“ lässt sich
     jedenfalls üben – dazu will Pastorin Döring
     motivieren. In ihren Wochen als Herbst-Ver-
     tretung von Pastor Rainer Chinnow hat sie
     Interessierte in einem Kurs an der Kraft der
     inneren Einkehr teilhaben lassen.
23

   Über dieses stille Thema                 Kolleg*innen tätig war. Diese städtische   zum Beispiel heißen, dass wir nicht
   und ihre Eindrücke von                   Großgemeinde war nicht nur sozial-         nur vom „Herrn“ und „Vater“ reden,
   der munteren Gemeinde                    diakonisch, sondern auch spirituell und    sondern die große Vielfalt der Gottes-
   am Dorfteich haben wir an                interreligiös ausgerichtet, was viele      Bilder ausschöpfen. Ich finde, dass
   einem sonnigen Herbsttag                 spannende Aufgaben, Veranstaltungs-        das schon einen feinen Unterschied
   mit der engagierten Gottes-              und Gottesdienstformate mit sich           macht, der aber natürlich nicht die
   frau gesprochen.                         brachte. Angefangen hatte sie ihre         großen Sachthemen der Gleichstellung

G
                                            Laufbahn als Studentenpastorin in          von Mann und Frau ersetzt. Ich freue
              undula Döring hat dieses      Flensburg. Zusammen mit ihrem
              erfüllte,  unaufgeregte       Ex-Mann, ebenfalls Pastor, war sie
              Lächeln, wenn sie über        etliche Jahre in einer Landgemeinde
ihre Lebensaufgaben spricht. Das            an der Kieler Förde tätig. In Kiel
Lächeln einer Frau, die aufgeht in all      hatte sie im Landeskirchenamt den
dem, was sie bewegt und was sie             Auftrag, die Gleichstellung von Frauen
ausmacht. Anders als Pastor Chinnow         voranzubringen. Auf der feministischen
hat sie sich in ihrer Arbeit nie über       Theologie lag lange ein Fokus ihrer
Jahrzehnte einer einzigen Gemeinde          Arbeit.
verschrieben, sondern ihre Arbeitskraft
auf viele „Lebensbaustellen“ verteilt.      „Die alten theolo-
                                            gischen Texte sind
„Mein Vater war Gemeindepastor
in Kaltenkirchen, meine Mutter eine         sehr eindeutig auf
klassische ‚Pfarrfrau‘. Ich wuchs           das Männliche aus-
also in einem dörflich geprägten
Gemeindeleben auf. Und mich reizte          gerichtet. Ich finde
es schon früh, auch andere Formen von       es wichtig, dass auch
Theologie, Gemeinde und Kirche zu
entdecken“, erzählt sie und berichtet
                                            Sprache sensibel
dann von ihren beruflichen Stationen.       genutzt wird.                              mich, dass die nächste Generation –
                                            Erstaunlich, wie sehr das Thema            also die unserer Töchter – schon ein
Zu ihren Orten gehört der Hamburger         Gendern die Gemüter aufbringt. Dabei       ganz anderes Selbstverständnis als
Stadtteil Eimsbüttel, wo sie bis zu ihrer   ist es ja nur das Bewusstmachen von        Frauen haben. Auch wenn es noch
Pensionierung vor zwei Jahren in            Sprache. In unserem Beruf als              viel zu tun gibt: Das Engagement
einer großen Gemeinde mit mehreren          Pastorinnen und Pastoren kann das          hat sich schon gelohnt. Die junge
24                                IM PORTRÄT

Generation Frauen hat deutlich andere       heraus. Das Wort steht im Mittelpunkt.       „Und ich bin wirklich sehr beeindruckt,
Ausgangsvoraussetzungen, auch wenn          Kirche darf aber auch gerne wieder eine      was ihr hier alles auf die Beine stellt,
es noch lange bis zur vollständigen         sinnliche Erfahrung sein. Man muss           wie gut die Gemeinschaft funktioniert,
Gleichberechtigung braucht“, meint          Spiritualität nicht ausschließlich in        wie die Jugend und die Älteren betreut
die engagierte Pastorin.                    anderen Religionen oder Kulturräumen         und gefördert werden. Es ist so ein
                                            suchen. Es gibt eine große Sehnsucht,        lebendiger Ort des Miteinanders. Und
Ihren ersten Kontakt mit der tiefen         das Göttliche unserer Existenz zu            wie die Gemeinde es geschafft hat sich
Erfahrung von innerer Stille hatte sie      erfahren – und das geht eben auch            wirtschaftlich von der Kirchensteuer zu
selbst bei einem Kurs am Pastoralkolleg     in der evangelischen Kirche“, meint          großen Teilen unabhängig zu machen,
der Nordelbischen Kirche in den 90er        die engagierte Pastorin, die heute in        beeindruckt mich auch. Außerdem ist
Jahren. „Auch im Christentum gibt           Rendsburg unmittelbar am Kanal lebt.         das Team fantastisch – was für eine
es eine Tradition der schweigsamen                                                       schöne Erfahrung“, schwärmt Gundula
Einkehr. Die Wüstenväter kehrten ein.                       Wenn einer                   Döring von ihrer Sylt-Zeit. Vor einer
In den Klöstern wurde und wird Stille                   alleine träumt,                  vollen Kirche zu predigen und die Natur
kultiviert. Manche Missionare brachten                                                   intensiv zu erfahren, gehört ebenfalls
auch Formen der östlichen Meditation
                                                 ist es nur ein Traum.                   zu den Eindrücken, die sie mitnehmen
mit und adaptierten sie auf unseren             Wenn viele gemeinsam                     wird, wenn sie Sylt Mitte November
Kulturkreis“, nennt Gundula Döring ein              träumen, dann ist                    wieder Richtung Rendsburg verlässt.
paar Beispiele. Ihren Kurs im Oktober           das der Beginn einer
und November im Pastorat hat sie                                                         „Ich komme bestimmt gern wieder auf
mit einem Vortrag initiiert, dem in den
                                                   neuen Wirklichkeit.                   die Insel!“ plant Gundula Döring für
                                                               — verfasser unbekannt
folgenden Wochen erste praktische                                                        die Zukunft. Die Kraft, die von der Stille
Erfahrungen folgten.                                                                     ausgeht, nimmt sie überall hin mit und
                                            Evangelische Kirche nicht nur in der         gibt sie weiter. Ein wenig davon hat sie
Zusammen mit ihrer Lehrmeisterin            diakonischen und sozialen Funktion           fest in der Kirchengemeinde Norddörfer
Gundula Meyer gründete sie vor Jahren       mit Leben zu füllen, ist ihr ein Anliegen.   verankert. Vielleicht finden sich ja in
den Verein „Oase der Stille“, der sich      Bestimmt ist es auch überhaupt               Zukunft Gemeindemitglieder, die diese
zum Ziel gesetzt hat, diesen spirituellen   kein Zufall, dass sie ihre zweite            Arbeit auch hier weiter entwickeln und
Übungsweg zu wecken, einzuüben und          Vertretungszeit nach der Pensionierung       kontinuierlich anbieten wollen.
zu vertiefen.                               in die Norddörfer Kirchengemeinde
                                            führte. Denn etwas Einkehr und Stille zu     Weitere Infos zu der Arbeit
„Gerade die evangelische Kirche             üben, tut der munteren Gemeinschaft          von Gundula Döring:
wirkt sehr aus der intellektuellen Kraft    am Dorfteich als Ausgleich ganz gut.         www.oase-der-stille.de
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Immer wieder...
bei uns in der Norddörfer
Kirchengemeinde
 SONN- & FEIERTAG                                Wir sind für Sie da:
 10 Uhr    Gottesdienst
                                                 Kirchenbüro Kathrin Wenzel
           (jeden 1. und 3. So. mit Abendmahl)   (Di.-Fr. 8-13 Uhr)                     Tel. 04651 / 836 29 64
           Friesenkapelle am Dorfteich           Pastor Rainer Chinnow                  Tel. 0170 / 207 52 27
 11.30 Uhr Kinderkirche                          Küsterin Katrin Wenzel-Lück            Tel. 0172 / 434 53 02
           Friesenkapelle am Dorfteich           Martina Schluck, Jugendarbeit          Tel. 0170 / 211 69 15
 MONTAG                                          Kirchenmusiker Oliver Strempler        Tel. 0172 / 451 15 29
 15 Uhr    Töpfern für Grundschulkinder
           Pastorat
 DIENSTAG
                                                 Nummern für den Notfall:
 9 Uhr     Tante Frieda                          Beratungs- und
           Betreuung von Demenzkranken           Behandlungszentrum Sylt                Tel. 04651 / 822 20 20
           Pastorat (mit Anmeldung)              Sylter Hospizverein                    Tel. 04651 / 92 76 84
 15 Uhr    Konfirmandenunterricht                Telefonseelsorge                       Tel. 0800 / 111 0 111
                                                                                        Tel. 0800 / 111 0 222
           (geschlossene Gruppe)
 MITTWOCH
 9 Uhr     Gemeindefrühstück (14-tägig)             Dies & Das
           Gemeindesaal im Pastorat
 15 Uhr    Gemeindenachmittag                       Unsere Online-Andachten finden Sie auf
           Gemeindesaal im Pastorat                 www.youtube.com/friesenkapelle
                                                    und www.friesenkapelle.de
 18 Uhr    Jugendgruppe 12+
           im Jugendraum des Pastorats              Die aktuellen Corona-Konventionen entnehmen
 DONNERSTAG                                         Sie bitte der Webseite www.friesenkapelle.de
 19.45 Uhr Probe Gospelchor Island Voices           Für unsere älteren Mitbürger: Bitte melden
           Pastorat (geschlossene Gruppe)           Sie sich, wenn Sie Hilfe z.B. beim Einkaufen
 FREITAG                                            benötigen. Unsere FSJler unterstützen gerne.
 18.00 Uhr Christlicher Skatclub (14-tägig)         Wenn Ihnen die aktuellen Ereignisse der Welt schwer
           Gemeindesaal im Pastorat                 auf der Seele liegen, melden Sie sich bei uns.
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20 JAHRE WALLHOF

Zusammen leben
Vor 20 Jahren zogen zehn Sylter Familien in das nagelneue, genossenschaftliche Wohnbauprojekt
am südwestlichen Dorfende von Kampen. Der „Wallhof“ – eine Vision für junges Wohnen unter
Reet. Das Grundstück gehört Kampen. Die „Gewoba“ hat gebaut. Die Gemeinde hat das Belegrecht
für die Vermietung der Hausscheiben. So geht das Wallhof-Konstrukt in Kürze. Entscheidend für die
menschliche Dynamik: Alle Familien zogen im Mai 2002 mit Kindern ein – ein buntes Miteinander
im Alter zwischen ein und 14 Jahren. Ein Spielplatz und eine Sandkiste bilden das Herzstück der
Anlage. Die wurden jahrelang wie verrückt bespielt und sind inzwischen ziemlich verwaist, denn
die Kinder sind fast alle erwachsen. Seit dem Einzug vor zwei Jahrzehnten hat nur in zwei Haus-
scheiben jemals ein Wechsel stattgefunden. Die meisten Familien lieben nicht nur den Standort
und die Wohnqualität in den Hausscheiben, sondern sind vor allem erfüllt und dankbar für die Soli-
darität, die menschliche Wärme und das ungezwungene Miteinander. Wir haben einige der Bewoh-
nerinnen der ersten Stunde gefragt, was ihnen diese Form des Zusammenlebens bedeutet.
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                                          Gruppe geschildert und ein paar Minu-
                                          ten später – schwuppdiwupp – stand
                                          köstliches Eis vor der Tür. Das heißt
                                          aber nicht, dass immer alle alles zusam-
                                          men machen. Hier bei uns bestimmt
                                          jeder Einzelne das Maß des Miteinan-
                                          ders. Wir respektieren alle auch unsere
                                          Unterschiedlichkeit. Mit den Lappoehns
Alexandra Morell,                         teile ich zum Beispiel einen Haus-Ein-
Mutter von Lilli und Louis,               gang. Als die Kinder klein waren, war
Mitarbeiterin im Team „Engel              es fast wie eine Wohngemeinschaft          Gitti Ronnebeck,
& Völkers“ in Kampen, Gäste-              zwischen unseren beiden Familien. Wir      Designerin und Schneiderin
führerin in Ausbildung                    sind eng befreundet. Für uns war das       der Kampen-Kollektion,
                                          ideal. Im Wallhof wurde ein Kind zu-       Mutter von Jasmin
„Dieses Beispiel beschreibt unsere Ge-    hause geboren und ein Nachbar ist ge-
meinschaft vielleicht ganz gut: Neulich   storben. Wir gehen zusammen durchs         „Ich finde die Zeit ist wahnsinnig
hatte ich Freunde zum Abendessen zu       Leben und können uns hundertprozen-        schnell vergangen. 20 Jahre leben wir
Gast. Nur das Eis zum Nachtisch – das     tig aufeinander verlassen. Ich kann mir    schon hier – unsere Kinder sind groß.
fehlte irgendwie. Ich habe das Dilemma    überhaupt nicht vorstellen, anders zu      Für Jasmin hat das Miteinander hier
kurz in unserer Wallhof-WhatsApp-         leben.“                                    immer bedeutet, dass sie ganz viele
                                                                                     Geschwister hatte, obwohl sie offiziell
                                                                                     Einzelkind ist. Die Verbindungen unter-
                                                                                     einander sind so herrlich ungezwungen
                                                                                     und selbstverständlich – das gilt für die
                                                                                     Kinder wie für die Erwachsenen. Ich fin-
                                                                                     de es ideal, wie wir hier zusammenle-
                                                                                     ben. Neulich haben wir ja das Jubiläum
                                                                                     mit einem wunderbaren Fest zusam-
                                                                                     men gefeiert. Da wurde uns klar, dass
                                                                                     wir jetzt, da die Kinder groß sind, un-
                                                                                     sere Verbindungen viel bewusster pfle-
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gen sollten. Gemeinsamkeit kreieren.       wenig selbstverständlicher mit den
Ein Teil davon ist es, auch regelmäßig     kleinen Kindern – jetzt müssen wir An-              um kinder groß-
zusammen zu feiern. Wir wollen unser       lässe finden oder kontaktieren uns über         zuziehen, braucht es
,Wallhof-Fest’ auf jeden Fall jedes Jahr   WhatsApp. Aber es ist nach wie vor so:
wiederholen.“                              Wenn jemand ein Ei braucht oder zum
                                                                                               ein ganzes dorf.
                                                                                                          — weisheit aus afrika
                                           Arzt gefahren werden muss – gibt es
                                           immer schnelle Unterstützung. Und alle      auch seinen Freundeskreis außerhalb
                                           fiebern mit, leiden mit, freuen sich mit    unseres Wohnprojektes. Viel Verbin-
                                           – eine Gemeinschaft für alle Lebensla-      dung gibt es dennoch. Ein Beispiel für
                                           gen. Wunderbar ist das, sehr besonders.     die Zusammengehörigkeit: Meine drei
                                           Ob ich für immer im Wallhof wohnen          Kinder arbeiten ja alle zusammen in
                                           möchte? Ich bin Neuem gegenüber             der ,Sturmhaube’. Lilli und Sören, auch
                                           auch immer aufgeschlossen. Was noch         beide Wallhofkinder, gehören jetzt auch
                                           alles ansteht, wird das Leben bringen.“     mit zum Team. Das ist als Eltern so
                                                                                       schön zu erleben, wie sich diese Ver-
                                           Bärbel Knochenhauer,                        bindungen aus Kindertagen weiterent-
                                           Coach & Beraterin, Mutter                   wickeln. Ich für meinen Teil – und für
                                           von Felix, Daniel und Amelie                Bernd kann ich da bestimmt auch spre-
                                                                                       chen – möchte auf keinen Fall irgend-
Kirsten Biss,                              „Bei unserem Fest Ende September            wo anders wohnen als genau hier.“
Mitarbeiterin im Kampener                  haben wir alte Fotos und Videoaufnah-
Gemeindebüro, Mutter von                   men angeschaut. Was wir alles mit den
Luzie-Henriette                            Kindern aufgestellt haben… Es ist ein
                                           Geschenk und Privileg so leben zu dür-
„Wenn man jetzt so unseren Spielplatz      fen, wie wir das hier tun – auf Sylt, in
sieht, fast ohne Geräte und ohne wirk-     der dörflichen Gemeinschaft und dann
liches Leben, dann spüre ich schon ein     noch in diesem fantastischen Mitein-
wenig Nostalgie. Damals waren einfach      ander im Wallhof. Zugehörigkeit und
überall die Türen auf. Die Kinder hatten   Gemeinschaft sind Ressourcen, aus
sogar alle zusammen die Windpocken         denen man immer schöpfen kann. Was
und wir haben uns bei der Betreuung        für eine Qualität. Wie toll, dass wir das
unterstützt. Das ist eine Qualität, die    unseren Kindern mitgeben konnten.
durch wenig aufzuwiegen ist. Die Ge-       Felix war damals mit 14 schon der äl-
meinschaft war damals natürlich ein        teste von allen und hatte damit dann
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