Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef

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Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
2020_Kurier_WINTER   10.11.2020    13:54 Uhr      Seite 1

  E VA N G E L I S C H E K I R C H E N G E M E I N D E      HENNEF

  KURIER                                 WINTER 2020/21

                                                             Uckerath

                                                              Hennef

                                  Ruppichteroth

                     Gemeinsam glauben
Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
2020_Kurier_WINTER        10.11.2020         5:27 Uhr        Seite 2

       Inhaltsverzeichnis
       Kurier Winter 2020/2021, gilt vom 1. Dezember bis 15. März 2021

        Aufgezeigt & Angedacht
           Liebe Gemeinde: Gemeinsam glauben prägt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

        Titelthema: Gemeinsam glauben
            Alles, nur kein Einheitsbrei! . . . . . . . . . . .      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    5
            Persönlichkeiten im Kooperationsraum . .                 .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    6
            Projekt Kanzeltausch . . . . . . . . . . . . . . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    9
            Drei ganz unterschiedliche Nachbarn . . .                .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   10
            Am Ende das gleiche Ziel . . . . . . . . . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   12
            Geschichtlicher Rückblick von alt bis jung               .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   14

        Evangelisch in Hennef
           Erntedank auf dem Wiesengut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
           10 Jahre Gemeindeschwester: Interview mit Margret Diedenhofen . . . . . . . . . . . . . . . 18
           157 Jahre Ehrenamt verabschiedet – Einführung des neuen Presbyteriums . . . . . . . . . 23

        Gottesdienste
           Gottesdienstplan Dezember bis März 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
           Kinderkirche: „Weihnachten in aller Welt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
           Von der Klarinette bis zur Arie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

        Angesagt und Vorgemerkt
           Abendgebet im Advent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
           Kinderfilmnachmittag im klecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
           Mutter-Tochter-Wochenende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

        Über den Tellerrand
           Gemeinsam glauben in Teheran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

        Glaube im Gespräch
           Webtipp: 19 S-Influencer auf einmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

           IMPRESSUM
           Für den Inhalt namentlich gekennzeichneter Artikel ist die Autorin / der Autor verantwortlich.
           Herausgeber:      Evangelische Kirchengemeinde Hennef
           Redaktion:        Dorothee Akstinat, Petra Biesenthal, Wolfgang Brettschneider,
                             Claudia Heider, Stefan Heinemann
           Anschrift:        Redaktion Kurier, Ev. Kirchengemeinde Hennef
                             Beethovenstraße 44, 53773 Hennef · kurier.hennef@ekir.de
           Bankverbindung: Evgl. Kirchengemeinde Hennef,
                             IBAN: DE17 3705 0299 0000 2001 21, Kreissparkasse Köln
           Die nächste Ausgabe erscheint zum 15. 3. 2021 · Redaktionsschluss ist der 5. 2. 2021 · Auflagenhöhe 6000
           Das Redaktionsteam behält sich vor, eingereichte Beiträge gekürzt oder überarbeitet abzudrucken.
           Gesamtherstellung: Ingo Hoffmann | Verlag und Printservice · E-Mail: i.hoffmann@zeitmag.de

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Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
2020_Kurier_WINTER    08.11.2020     2:34 Uhr     Seite 3

      Für Heiligabend ein paar Weihnachtsträume
      Heiligabend 2020 wird anders. Wenn dieser          dezentral gefeiert werden. Um 17.00 Uhr und
      Gemeindebrief in Druck geht, sind die              um 22.00 Uhr finden auf den Dörfern und in
      Corona-Maßnahmen gerade verschärft wor-            den Stadtteilen einfach gestaltete Andachten
      den. Wenn der Kurier in Ihrem Briefkasten          statt. Vor Wohnhäusern und in Wendehäm-
      liegt, ist hoffentlich absehbar, in welcher Form   mern singen und beten Menschen zu Weih-
      wir Weihnachten feiern können.                     nachten gemeinsam.
         Einstweilen träumen Presbyterium und
      Pfarrteam schon davon. Das sind die Veran-         Videogruß zum 4. Advent
      staltungen, die jetzt Anfang November für          Manche Menschen werden aber auch gar nicht
      Heiligabend in Vorbereitung sind. Ob und wie       unter Menschen gehen wollen. Dann kommt
      sie stattfinden – schauen Sie kurz vorher auf      die gute Nachricht zu Ihnen nach Hause. Am
      unsere Homepage evangelisch-in-hennef.de           4. Advent stellt das Pfarrteam eine Videogruß-
      oder in unsere Schaukästen, um das erfahren.       botschaft auf unserem Youtube-Kanal „Evange-
                                                         lisch in Hennef“ ein. Advent to go!
      Offene Kirche von 11 Uhr bis 23 Uhr
      Pfarrerin Antje Bertenrath träumt von einer        Krippenspiel und Christvesper online
      Christuskirche, die an Heiligabend den ganzen      Die Pfarrer Stefan Heinemann und Niko Herz-
      Tag offensteht. Wer den Kirchraum besucht,         ner träumen von einem Krippenspiel als Kurz-
      um Ruhe zu finden, stößt auf offene Türen.         film, das die Geschichte von Heiligabend ein-
      Das „Team Offene Kirche“ feiert außerhalb der      drücklich und kindgemäß erzählt.
      Gottesdienstzeiten Andachten: Es wird gebetet,         Pfarrer Stefan Heinemann träumt zudem
      die Weihnachtsgeschichte ist zu hören und ein      von einem echten Weihnachtsgottesdienst aus
      Weihnachtslied wird vorgesungen. Erfreuen Sie      der Christuskirche, der an Heiligabend ab 15
      sich am großen Tannenbaum und hören Sie            Uhr auf unserem Youtube-Kanal „Evangelisch
      die frohe Botschaft von Jesu Geburt – in der       in Hennef“ ausgestrahlt wird.
      Christuskirche.
                                                         Und danach?
      Openair-Gottesdienste vor der Kirche               Weihnachten ist mehr als Heiligabend. An den
      Als Pfarrteam träumen wir von sechs Freiluft-      Weihnachtsfeiertagen finden Gottesdienste in
      gottesdiensten auf der Beethovenstraße vor         der Christuskirche statt. Pfarrer Niko Herzner
      der Christuskirche. Wenn die Straße abgesperrt     träumt zusätzlich von geistlichen Spaziergän-
      ist, können dort bei trockenem Wetter mit Ab-      gen, die die Weihnachtsgeschichte nachempfin-
      stand bis zu 200 Menschen feiern, singen und       den lassen.
      beten. Mehr dazu im Gottesdienstplan auf
      Seite 24.                                          Aufruf: Wir brauchen helfende Hände!
                                                         Träume bleiben keine Schäume. Vieles davon
      Weihnachtsweg im Kurpark                           wird wahr werden an Weihnachten! Aber
      Und den Weg der Heiligen Familie Schritt für       2020 brauchen wir dazu noch mehr helfende
      Schritt nachvollziehen auf einem Spaziergang       Hände.
      durch den Kurpark? Pfarrer Stefan Heinemann           Könnten Sie bei einem unserer Gottes-
      träumt von gestalteten Stationen zur Weih-         dienste als Ordner auftreten? Trauen Sie sich
      nachtsgeschichte, die am Wegrand stehen.           zu, – nach Vorlage und mit Einweisung – eine
                                                         kleine Andacht in der Nachbarschaft anzulei-
      Andachten in der Nachbarschaft                     ten? Oder wollen Sie einen unserer anderen
      Aber nicht alle werden sich auf Plätzen mit vie-   Träume mitträumen und wahr werden lassen?
      len Menschen versammeln wollen. Pfarrerin             Melden Sie sich bei einem Mitglied des
      Annekathrin Bieling träumt von vielen An-          Pfarrteams oder im Gemeindebüro. Die Kon-
      dachten, die von Mitarbeitenden nach Vorlage       taktdaten stehen auf Seite 46.

       AUFGEZEIGT & ANGEDACHT                                                                       3
Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
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       Liebe Gemeinde,
       „Gemeinsam glauben“. Was für ein schöner          erzählt, wie andere ihn erleben. Mit Neugier
       Titel zu diesem Kurier. Jenseits der Fragen von   und meinem ganz eigenen Blick, auf meinen
       Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hin-          ganz eigenen Wegen konnte ich Gott finden.
       weg, kommen da vor meinem inneren Auge            Glaube als das Gefühl der Freiheit vor und
       gleich Bilder vom Kirchentag hoch. Inmitten       durch Gott. Darin fühle ich mich Jesus sehr
       hunderter, manchmal tausender Menschen zu         nahe. Diese Nähe kommt aus der Gewissheit,
       stehen und zu spüren: die alle glauben wie du.    dass mich niemand so kennt, wie Gott allein.
       Die alle spüren, dass es Gott gibt, dass er uns   Nicht mal ich selbst. Seine Beziehung zu mir ist
       in Jesus Auge in Auge begegnet, dass sein Geist   so genau auf mich zugeschnitten, dass sie mit
       in uns Wirkung entfaltet. Diese Momente sind      keiner anderen vergleichbar ist. Gott liebt mich
       wie ein tiefes Luftholen – nur größer.            wie keinen anderen. Und Dich oder Sie übri-
           Ja, gemeinsam glauben gehört zu den           gens auch.
       schönsten Momenten in meinem Leben! Sie              Wie kann da ein Mensch mir / Dir / Ihnen
       haben mich geprägt.                               vorschreiben, wie der Glaube zu sein hat? Jede
                                                         derartige Vorgabe würde doch Gottes ganz
       Manchmal kommen Schatten dazu                     persönliche Liebe zu uns in Frage stellen.
       Und noch während diese schönen Erinnerun-
       gen durch meine Gedanken wehen, kommen            Gemeinsam heißt nicht ‚gleich‘ glauben
       Schatten dazu. Denn auch die anderen Erfah-       Mein Bild von „gemeinsam glauben“ ist indivi-
       rungen kenne ich. Zum Beispiel die Erfahrung,     dueller, authentischer, vielseitiger. „Gemeinsam
       wenn ein Mensch, mit dem ich in Verbindung        glauben“ ist für mich geradezu das Gegenteil
       bin, seinen Glauben verliert. Dann trifft der     von „gleich glauben“. In den Leitsätzen der
       Zweifel des anderen auch mich, stellt mich        Evangelischen Kirchengemeinde Hennef ist das
       selbst gleich mit in Frage. Und manchmal bricht   mit der Vision „Gemeinschaft in Verschieden-
       dann etwas zwischen uns. Der Glaube verbin-       heit gestalten“ ausgedrückt. Ich möchte behaup-
       det dann nicht mehr, sondern trennt. Ein Stich,   ten, dass diese „Gemeinschaft in Verschieden-
       der mich berührt. Sogar, wenn ich die Person      heit“ zum Grundwesen unserer evangelischen
       gar nicht kenne; etwa beim Lesen der Namen        Kirche gehört. Von außen wird uns das gele-
       von Menschen, die jeweils im letzten Monat        gentlich als Beliebigkeit vorgeworfen, in Wahr-
       aus der Kirche, aus unserem „gemeinsam glau-      heit ist es die Anerkennung, dass Gott uns
       ben“ ausgetreten sind. An dieser Stelle fühle     immer unverfügbar bleibt, dass er uns in Jesus
       ich eine Traurigkeit. Das ist so ein Schatten.    jedem selbst Auge in Auge begegnet, und dass
          In anderen Situationen geht es über Traurig-   sein Geist in uns, so verschieden wir sind, seine
       keit hinaus. Dann kann ich Verzweiflung, ja       Wirkung entfaltet.
       sogar Glaubenswut spüren. Dann begreife ich,          Meine Erinnerungen an den Kirchentag
       dass die Frage des „gemeinsamen Glaubens“ zu      spiegeln genau das wider. Die Menschen dort
       den ganz verletzlichen Punkten an mir gehört.     um mich herum waren zu großen Teilen so an-
       So geht es mir überall da, wo von mir nicht nur   ders als ich und doch zugleich so gemeinsam
       ein gemeinsames Glauben erwartet wird, son-       im Glauben, so getragen in der Liebe Gottes.
       dern ein gleiches Glauben. Ich tue mich schwer    Vor uns liegt das Jahr mit dem dritten Ökume-
       mit jeder Form von engstirniger, von Autorität    nischen Kirchentag. Über Christi Himmelfahrt
       geprägter Kirche. Im Großen wie im Kleinen.       soll er in Frankfurt stattfinden. Angesichts von
                                                         Corona wird er andere Formen haben als wir
       Mein Glaube ist von Freiheit geprägt              es kannten. Ich wünsche uns und allen betei-
       Mein ganz persönlicher Glaube, meine eigene       ligten Kirchen, dass er dennoch neue Erinne-
       Beziehung zu Gott, war schon immer von            rungen prägen wird, die unserem „gemeinsam
       großer Freiheit geprägt. Ich „musste“ nie zum     glauben“ in aller gottgeliebten Verschiedenheit
       Gottesdienst gehen, aber ich hatte immer je-      Kraft und Lebendigkeit geben.
       mandem mit dem ich mitgehen konnte. Mir                                                 Niko Herzner
       wurde nie gesagt, wie Gott ist, aber mir wurde

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Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
2020_Kurier_WINTER    08.11.2020     2:34 Uhr     Seite 5

      Alles, nur kein Einheitsbrei!
      Herbstzeit ist Eintopfzeit. Einfach lecker …                             weils handelnden Personen überhaupt nicht
      diese herzhafte Wärme von innen, wenn es                                 mehr erkennbar sind.
      draußen ungemütlich kalt wird. Deswegen
      läuft mir das Wasser im Mund zusammen, als                               Orte mit unverwechselbarem Profil
      ich auf den angekündigten Gemüseeintopf zu-                              Wenn wir im Kooperationsraum zusammen-
      steuere, den das Tagungshaus für seine Gäste                             kommen, sind wir uns darin einig, dass dies
      bereithält. Die Augen sind größer als der                                nicht passieren darf. Denn ein solches Koope-
      Mund, der Teller randgefüllt. Doch kaum                                  rationsmenü wäre wenig bekömmlich. Es würde
      habe ich den ersten Löffel probiert, vergeht                             nicht nur denjenigen aufstoßen, die in ihrer
      mir auch schon der Appetit. Anstatt eines köst-                          Gemeinde ein unverwechselbares Zuhause ge-
      lichen Eintopfs stellt sich meinen Geschmacks-                           funden haben, es würde auch denjenigen den
      knospen ein aufgewärmter Einheitsbrei vor.                               Appetit verderben, die auf der Suche nach
      Keine Spur von bissfestem Gemüse, Würst-                                 einem kirchlichen Ort sind, der sich erkennbar
      chen und Co., vollkommen lasch und ohne                                  unterscheidet, ein unverwechselbares Profil hat.
      jeden Charakter. Wie es sich gehört, mache                                   Anstatt an einem Einheitsbrei zu kochen, ar-
      ich den Teller leer, aber mit Genuss hat dies                            beiten wir deswegen lieber an der Zubereitung
      wenig zu tun.                                                            eines köstlichen Eintopfs! Ein Eintopf, der umso
                                                                               köstlicher wird, umso mehr die einzelnen Be-
                                                                               standteile, aus denen er besteht, voneinander
                                                                               zu unterscheiden sind. Kurz gesagt: Wir möch-
                                                                               ten eine kooperative Einheit bilden, die auf der
                                                                               Verschiedenheit der jeweiligen Gemeinden ba-
                                                                               siert, diese wertschätzt und stärkt.

                                                                               Verschiedenheit der Gemeinden schätzen
                                                                               Im Übrigen liegen wir mit einem solchen Ko-
                                                                               operationsgericht genau auf der Linie unseres
                                                         @ kevberon, pixabay

                                                                               christlichen Glaubens. Ich denke z. B. an das
                                                                               berühmte Pauluswort von dem Leib und den
                                                                               vielen Gliedern. In 1. Korinther 12, Verse 12-14
                                                                               steht:
                                                                                   Es ist wie beim menschlichen Körper: Er bildet
      Kooperation ist alternativlos                                            eine Einheit und besteht doch aus vielen Körpertei-
      Ich denke an diese Alltagserfahrung, weil sie                            len. Aber obwohl es viele Teile sind, ist es doch ein
      für mich etwas mit dem Kooperationsprozess                               einziger Leib. So ist es auch mit Christus. Denn als
      zu tun hat, den wir Partnerkirchengemeinden                              wir getauft wurden, sind wir durch den einen Geist
      Hennef, Ruppichteroth und Uckerath gemein-                               alle Teil eines einzigen Leibes geworden – egal ob
      sam verantworten. Ein Prozess, der alternativ-                           wir Juden oder Griechen, Sklaven oder freie Men-
      los ist, weil sich immer weniger Menschen an                             schen waren. Und wir sind alle von dem einen Hei-
      die Kirche binden. Ein Prozess, der vor allem                            ligen Geist durchtränkt worden. Der menschliche
      auch deswegen alternativlos ist, weil es immer                           Körper besteht ja auch nicht nur aus einem einzigen
      weniger junge Frauen und Männer gibt, die                                Teil, sondern aus vielen.
      den Weg ins Pfarramt einschlagen.
         Wäre es nicht schrecklich, wenn bei unse-                             Vor zwei Versuchungen schützen
      rem Kooperationsmenü ein aufgewärmter Ein-                               Ich verstehe diese Worte so, dass sich jede
      heitsbrei herauskäme? Man stelle sich z. B. eine                         christliche Gemeinschaft vor zwei Versuchun-
      Großfusion vor, bei der die jeweiligen Kirchen-                          gen schützen muss. Die erste Versuchung be-
      gemeinden ihr persönliches Gesicht, ihre un-                             steht darin, sich selbst genug zu sein, zu glau-
      verwechselbare Identität verlieren. Man stelle                           ben, man könne ohne die anderen existieren,
      sich z. B. eine Großfusion vor, bei der die je-                          aus sich heraus einen funktionierenden Leib

       TITELTHEMA: Gemeinsam glauben                                                                                             5
Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
2020_Kurier_WINTER     08.11.2020     2:34 Uhr    Seite 6

       bilden. Die zweite Versuchung ist jedoch nicht     wir es befolgen, wird bestimmt kein fader Ein-
       weniger gefährlich. Sie besteht darin, dass der    heitsbrei dabei herauskommen, sondern eine
       Leib vergisst, dass er aus unverwechselbaren       köstliche Einheit in Verschiedenheit. Überhaupt
       Gliedern besteht. Gliedern, die gerade in ihrer    wird dann die Kooperation kein notwendiges
       Eigenständigkeit dem Leib seine besondere          Übel sein, sondern eine wirkliche Chance. Eine
       Form und Funktionalität geben.                     Chance, sich unter den gegebenen, gesell-
                                                          schaftlichen Bedingungen auf die gemeinsame
       Köstliche Einheit in Verschiedenheit               Sache zu besinnen und dieser Sache Raum zu
       Mit diesem paulinischen Grundrezept im Ge-         geben, indem wir uns wechselseitig entlasten
       päck können wir zuversichtlich mit dem Kochen      und stärken.
       unseres Kooperationsmenüs beginnen. Wenn                                             Christian Jung

       Persönlichkeiten im Kooperationsraum
       In diesem Artikel stellen wir Ihnen sechs Men-        In Hennef gefällt ihr besonders, dass viele
       schen mit Lebenserfahrung und ausgeprägten         verschiedene Angebote der Begegnung und
       Charaktereigenschaften vor. Die Pfarrerinnen       des Feierns möglich sind und angenommen
       und Pfarrer in Hennef, Uckerath und Rup-           werden. In den Nachbargemeinden hat Antje
       pichteroth wachsen immer mehr zu einem             Bertenrath kennen- und schätzen gelernt, dass
       Team zusammen. Seit längerer Zeit leben sie        es eine familiärere Atmosphäre gibt und der
       den Kanzeltausch und sind im Wechsel in den        Kreis der Mitarbeitenden überschaubarer ist.
       drei Gemeinden anzutreffen. Was denken sie
       über die zukünftige Zusammenarbeit und wie            Dort fallen ihr schöne Räume und eine gast-
       sehen sie sich selbst? Petra Biesenthal hat in     freundliche Atmosphäre auf. „Kooperation zwi-
       die Runde gefragt.                                 schen Gemeinden heißt für mich, Synergien zu
                                                          bilden, einander wahrnehmen und von den
                                                          Angeboten der Nachbarn zu profitieren.“
       Antje Bertenrath ist 56 Jahre alt und seit No-
       vember 1997 in der Evangelischen Kirchenge-           Mit Gott in Kontakt sein bedeutet für Pfar-
       meinde Hennef tätig. Sie beschreibt sich selbst    rerin Bertenrath, Stille zu üben, „ohne Unter-
       als aufmerksam, fürsorglich, kreativ, belastbar,   lass“ zu beten, also bewusst im Gegenüber zu
       zuverlässig, sorgfältig und ausgewogen.            Gott zu leben.

                                                          Christian Jung ist 42 Jahre alt und seit Juli
                                                          2013 in der Stephanuskirche Uckerath tätig.
                                                          Auf die Frage, was ihn auszeichne, antwortet
                                                          Pfarrer Jung „Vielleicht zeichnet mich aus, dass
                                                          ich mich ungern selbst auszeichne.“

                                                             In seiner Gemeinde in Uckerath gefällt ihm
                                                          besonders die Herzlichkeit untereinander. In
                                                          den Nachbargemeinden hat er den intensiven
                                                          Austausch über die gehaltene Predigt kennen-
                                                          und schätzen gelernt. Kooperation zwischen
                                                          Gemeinden heißt für Christian Jung, sich wech-
                                                          selseitig zu entlasten und zu stärken. Mit Gott
                                                          in Kontakt sein bedeutet für ihn, sich selbst,
       Antje Bertenrath, Telefon 0 22 42/25 42,           aber auch seinem Nächsten auf heilsame Weise
       E-Mail: antje.bertenrath@ekir.de                   nahezukommen.

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Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
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                                                         ders in der Christuskirche und bei Gottesdien-
                                                         sten. In den Nachbargemeinden mag er die
                                                         Kirchen, weil man sich dort so nahe ist. In Rup-
                                                         pichteroth genießt Niko Herzner den sehr klas-
                                                         sischen Kirchraum, in Uckerath die moderne
                                                         Flexibilität des Raums. Kooperation zwischen
                                                         Gemeinden heißt für ihn gegenseitige Entlas-
                                                         tung und Stärkung unter den Kollegen und
                                                         damit eine Zukunftsfähigkeit. Zudem genieße
                                                         er es, nach einer intensiven Vorbereitung einen
                                                         Gottesdienst auch mehrmals zu feiern und wei-
                                                         ter zu geben. „Für die Gemeinde erlebe ich es
                                                         als eine Weitung der Perspektiven.“

                                                            Mit Gott in Kontakt sein bedeutet für Niko
                                                         Herzner innere Erfüllung. „Wissen wo ich hin-
                                                         gehöre, wo ich meinen Halt habe. Mut, Dinge
                                                         auszuprobieren, weil ich weiß: Wenn’s schief
                                                         geht bin ich gehalten.“
      Christian Jung, Telefon 0 22 48 /44 68 05,
      E-Mail: christian.jung@ekir.de

                                                         Annekathrin Bieling ist 39 Jahre alt und seit
                                                         August 2015 in Hennef als Pfarrerin beschäf-
      Niko Herzner ist 47 Jahre alt und bald zehn        tigt. Sie bezeichnet sich als musikalisch, fröh-
      Jahre in Hennef als Pfarrer tätig. Sein Marken-    lich, ruhig, kreativ und zugewandt. In Hennef
      zeichen: „Der mit dem Zopf“. Er predigt meist      gefällt ihr besonders die Vielfalt, in den Nach-
      eher in Richtung der Herzen als in Richtung        bargemeinden hat sie die traditionsreiche
      der Köpfe. Musikalisch eher „schnell und laut“,    schöne Kirche in Ruppichteroth und das Ge-
      kann er sich recht gut auf die Glaubensgedan-      schick zur Einbindung von Musiker*innen in
      ken anderer einlassen und bezeichnet sich          Uckerath kennen- und schätzen gelernt.
      selbst als authentisch.
                                                            Kooperation zwischen Gemeinden heißt für
         In Hennef gefällt Pfarrer Herzner besonders     Pfarrerin Bieling, einander zu bereichern und
      die große Vielseitigkeit. Die Spielräume, beson-   gemeinsam für die Menschen in der Region da

      Niko Herzner, Telefon 0 22 42/8 06 18              Annekathrin Bieling, Telefon 02242/9 08 70 63
      E-Mail: niko.herzner@ekir.de                       E-Mail: annekathrin.bieling@ekir.de

       TITELTHEMA: Gemeinsam glauben                                                                  7
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       zu sein. Mit Gott in Kontakt sein bedeutet für     Begabungen der unterschiedlichen Pfarrer und
       sie, bei ihm aufzutanken und sich an seinem        Hauptamtlichen als Pool an Potentialen ge-
       Wort zu orientieren. Lobpreis für und Gespräch     meinsam entfalten zum Nutzen aller.
       mit Gott.                                             Mit Gott in Kontakt sein bedeutet für Pfar-
                                                          rer Neuhaus, an vielen Stellen am Tag so beten,
                                                          dass ich Menschen, Schicksale, Schönes und
                                                          Schweres in Gottes Hand lege und dabei Ge-
       Hans-Wilhelm Neuhaus ist 60 Jahre alt und          borgenheit, Beistand und Stärkung verspüre.
       seit 25 Jahren Pfarrer in der Evangelischen Kir-
       chengemeinde Ruppichteroth. Er beschreibt
       sich als hoffnungsfroh, erzählfreudig, ausdau-
       ernd, experimentierfreudig und mitfühlend.         Stefan Heinemann ist 42 Jahre alt und seit
                                                          2015 Pfarrer in der Evangelischen Kirchenge-
          In Ruppichteroth gefällt ihm besonders die      meinde Hennef. Er beschreibt sich als zuverläs-
       meditative Gestaltung der alten Dorfkirche, das    sig, engagiert, mitdenkend, umsichtig und auf-
       Miteinander der Hauptamtlichen, die Aufge-         merksam.
       schlossenheit für Neues und der Turmfalke
       oben im Glockenturm. In Hennef hat Pfarrer
       Neuhaus die Gottesdienstvielfalt kennen- und
       schätzen gelernt. In Uckerath gefällt ihm das
       persönliche Kirch-Café nach dem Gottesdienst
       und die Herzlichkeit in der Zuwendung.

          Kooperation zwischen Gemeinden heißt für
       Hans-Wilhelm Neuhaus Ressourcen bündeln,
       mehr voneinander wissen und sich der Hilfe
       der anderen sicher sein. Die Einheit der Ge-
       meinden zwischen ihnen bzw. die Grenzen
       übergreifend erleben, sich im gemeinsamen
       Auftrag verbunden wissen, gemeinsame Hand-
       lungsräume erschließen, die sich ergänzenden

                                                          Stefan Heinemann, Telefon 02242/9086878, E-
                                                          Mail: stefan.heinemann@ekir.de

                                                             In Hennef gefällt Pfarrer Heinemann beson-
                                                          ders der große Kreis fähiger und engagierter
                                                          Ehrenamtlicher, mit denen er immer wieder
                                                          gerne zusammenarbeitet. In den Nachbarge-
                                                          meinden hat er bis jetzt insbesondere die klei-
                                                          neren, aber sehr schönen Kirchräume – in
                                                          Uckerath eher modern und hell, in Ruppich-
                                                          teroth klassisch kennen- und schätzen gelernt.
                                                          Kooperation zwischen Gemeinden heißt für
                                                          ihn gemeinsam Sachen besser machen!

                                                            Mit Gott in Kontakt sein bedeutet für Stefan
       Hans-Wilhelm Neuhaus, Telefon 02295/5168,          Heinemann „glauben und erfahren, dass mein
       E-Mail: Hans-Wilhelm.Neuhaus@ekir.de               Leben einen Sinn ergibt im großen Ganzen!“

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Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
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      Kooperation beim Kanzeltausch
      Ab dem 1. Advent führen die Pfarrerinnen und       den weniger überarbeitete Pfarrer. Ressourcen
      Pfarrer der drei Kirchengemeinden Uckerath,        werden gebündelt!
      Ruppichteroth und Hennef einen gemeinsa-
      men Predigtplan. Häufiger noch wird es vor-        Ein zweiter
      kommen, dass ein Pfarrer von außerhalb auf         Gottesdienst ist meist schöner
      einer ortsfremden Kanzel steht. Warum das          Für uns Pfarrer bedeutet der Kanzeltausch eine
      ein echter Gewinn ist, erläutert Pfarrer Hans-     Möglichkeit, einen gehaltenen Gottesdienst in
      Wilhelm Neuhaus.                                   der Nachbargemeinde zu wiederholen. Dabei
                                                         kann nicht einfach alles Gesagte wiederholt
      Welchen Sinn macht das eigentlich,                 werden, sondern die Liturgie wird angepasst,
      wenn mehr Pfarrer im Wechsel predigen?             der Aufbau des Gottesdienstes noch mal ge-
      Einige Gemeindeglieder sagen: „Ich komme           prüft und verfeinert und auch die Predigt er-
      am liebsten, wenn Frau X oder Herr Y den           hält einen letzten „Schliff“. Die „zweite“ oder
      Gottesdienst hält“. Und das darf und kann auch     „dritte“ Variante eines fertigen Gottesdienstes
      weiterhin so sein. Seelsorger sind ebenso wenig    atmet einen besonderen Tiefgang. Eine Zeiter-
      beliebig austauschbar bzw. ersetzbar wie Predi-    sparnis von mehreren Stunden liegt zusätzlich
      ger. Wir Pfarrer bringen uns mit unterschied-      im Kanzeltausch, so dass dem Prediger mehr
      lichen Lebensgeschichten und Begabungen in         Raum bleibt für andere Dienste.
      unsere Gottesdienste ein und wollen uns auch
      unterscheiden und damit ergänzen.                  Geben Sie gerne Rückmeldung!
                                                         Ob alle Seiten profitieren werden von dem
      Mehr Anregung                                      jetzt geplanten Modell, hängt auch von Ihnen
      für Gottesdienstgemeinde                           als Leserin und Leser ab. Pfarrer erhalten im
      Es kann aber eine besondere Chance darin lie-      Regelfall von weniger als der Hälfte der Gottes-
      gen, denselben Predigttext in zwei Auslegun-       dienstbesucher eine Rückmeldung. Aber es
      gen zu hören, um sich so von der Tiefe der bib-    wäre wichtig, möglichst offen über die ver-
      lischen Botschaft berühren zu lassen. Vielleicht   schiedenen Kommunikationsformen (Film, Ge-
      höre ich meiner Lieblingspfarrerin oder Lieb-      spräch, Meditation, …) und über Wünsche
      lingsprediger mit noch anderen Fragestellun-       (mehr oder weniger abstrakte Predigten, mehr
      gen zu, wenn ich durch einen mir weniger ver-      oder weniger Alltagsbezug, …) im Gespräch zu
      trauten Prediger auf völlig andere oder Wider-     bleiben. Denn der Kanzeltausch will ja dazu
      spruch hervorrufende Aussagen gestoßen bin.        beitragen, dass viele verschiedene Bedürfnisse
      Auf jeden Fall wird durch mehr Pfarrer die         berücksichtigt werden, doch diese müssen dem
      Vielfalt der Gottesdienstformate größer, die       Pfarrer dazu bekannt sein.
      Auslegungshorizonte weiter und die Kontexte
      der Predigten variantenreicher. Die Gemeinde       Ich freue mich auf mehr Kanzeltausch!
      darf mit noch mehr Anregungen rechnen!             Für mich bedeutet Kanzeltausch eine entspan-
                                                         nende Autofahrt durch landschaftlich schöne
      Weniger überarbeitete Pfarrer                      Gegend, das Studieren neuer Gesichter und
      In allen drei Gemeinden haben immer schon          anderer Rückmeldungen, ein Erfühlen fremder
      mehrere Personen im Wechsel die Gottes-            Kirchräume und letztlich immer auch eine tie-
      dienste gestaltet. Gemessen am Stundenum-          fergehende Reflexion von dem, was ich mache.
      fang und an der Aufgabenvielfalt wird bei ge-      Ich freue mich auf Kanzeltausch mit Ge-
      meinsamer langfristiger Planung von noch           sprächen inklusive individueller Kritik.
      mehr Pfarrern mehr Gerechtigkeit in der Ar-
      beitsverteilung möglich, weil gegenseitige Ver-
      tretungen in „Engpässen des Pfarrer-Alltags“
      eine realistischere Möglichkeit werden. Diese
      gemeindeübergreifenden Planungen verteilen
      Entlastungen auf alle und sichern den Gemein-

       TITELTHEMA: Gemeinsam glauben                                                                  9
Gemeinsam glauben - KURIER WINTER 2020/21 - Evangelische Kirchengemeinde Hennef
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       Drei ganz unterschiedliche Nachbarn
       Die drei Kirchengemeinden liegen nahe beieinander. Trotzdem sind sie ganz unterschiedlich:
       In Ruppichteroth gibt es eine evangelische Kirche seit fast 350 Jahren, die Kirchengemeinde
       Uckerath ist erst seit 28 Jahren selbständig. Die Kirchengemeinde Hennef hat etwa 8.000
       Gemeindeglieder, Uckerath nur etwa 1.600.
          Die drei Gemeindebüros haben Daten zusammengetragen, die zeigen, wie unterschiedlich die
       drei Gemeinden sind – und wie ähnlich.                         Claudia Heider & Stefan Heinemann

       Evangelische Kirchengemeinde Hennef
       Sie besteht seit 1953 mit lutherischem Bekenntnisstand. Auf etwa 50 Quadratkilometer
       Gemeindefläche leben 8.000 Gemeindeglieder – die meisten davon in Hennef-Zentrum.
       Dort stehen auch die Christuskirche und das Gemeindezentrum sowie das Kinder- und
       Jugendhaus „klecks“ und die viergruppige Kin-
       dertagesstätte „Regenbogen“. Im Besitz der
       Gemeinde sind auch mehrere Mietshäuser.
       Unter 13 angestellten Mitarbeitenden sind vier
       Pfarrer (2 x 100 %, 2 x 75 % Stellenumfang). Der
       Gemeindebrief „Kurier“ erscheint vier Mal pro Jahr
       und wird an alle Gemeindeglieder verteilt.

       Leitwort:
       In der Evangelischen Kirchengemeinde
       Hennef wollen wir christlichen Glauben erleben,
       Begegnung ermöglichen und Gemeinschaft in Ver-
       schiedenheit gestalten, Verantwortung übernehmen
       und offen sein für Gottes lebendigen und unvorher-
       sehbaren Geist.
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      Evangelische Kirchengemeinde Ruppichteroth
      Gegründet in den Jahren 1570/1580 ist die Kirchengemeinde stolze Besitzerin eines der ältesten
      Kirchbauten in der Region – nämlich von 1683. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich
      das Gemeindehaus „Die Arche“ und das Gemeindecafé „Alte Schule“. Ebenfalls im Ortskern
      sind die Kreuzkapelle und die Spielgruppe ,Fuchsbau‘ sowie der evangelische Friedhof, das ,Alte
      Pastorat‘ und drei Mietshäuser im Besitz der Kirchengemeinde.
      Auf 61,95 Quadratkilometer Gemeindefläche leben aktuell 2588 Gemeindeglieder. Neben dem
      Pfarrer (100 %) gibt es weitere sieben hauptamtliche Mitarbeitende. Der Gemeindebrief „Wir“
      wird drei- bis viermal pro Jahr an alle evangelischen Haushaltsvorstände verteilt.

      Leitwort: „Als Evangelische Kirchengemeinde Ruppichteroth sind wir eine vom Geist Gottes bewegte
                Gemeinschaft, die Menschen in ihrer Einzigartigkeit und Vielfalt wertschätzt und ihnen
                liebevoll begegnet. Wir lassen uns von Lebensnöten und Lebensfreuden herausfordern und
                entdecken im Miteinander als Gebende und Nehmende geistliche Heimat.“

      Evangelische Kirchengemeinde Uckerath
      Vorher Teil der Kirchengemeinde Eitorf, ist Uckerath seit 1992 selbstständige Kirchengemeinde
      mit uniertem Bekenntnisstand. Auf etwa 50 Quadratkilometer Gemeindefläche leben etwa
      1.600 Gemeindeglieder. In Uckerath selbst steht das einzige Gebäude der Gemeinde, die
      Stephanuskirche. Außer dem hauptamtlichen Pfarrer (75 % Stellenumfang) gibt es drei weitere
      Mitarbeitende. Der Gemeindebrief „Gemeindepost“ wird vier Mal im Jahr an alle Gemeinde-
      glieder versandt.

      Leitwort: Wir verstehen uns als eine Herbergsgemeinde, in der das Ideal der Gastfreundschaft an
                oberster Stelle steht. Menschen sollen sich bei uns willkommen und wohl fühlen. Menschen
                sollen kommen, aber auch gehen dürfen, wann immer sie wollen. Darüber hinaus verstehen
                wir uns als eine verbindliche, inspirierende und experimentierfreudige Gemeinde, in der wir
                alle gemeinsam auf der Suche sind … auf der Suche nach dem göttlichen Geheimnis des
                Lebens, das in Jesus von Nazareth sichtbar geworden ist.

       TITELTHEMA: Gemeinsam glauben                                                                   11
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                          Am Ende das gleiche Ziel
            „Kooperationsraum Hennef — Uckerath — Ruppichteroth“ – das ist ein
        langer und sperriger Name für eine neu gedachte Zusammenarbeit zwischen
        den drei Kirchengemeinden. Wie kann die Idee praktisch umgesetzt werden?
              Claudia Heider und Petra Biesenthal haben Mitarbeiterinnen aus
                der Kinder- und Jugendarbeit zu einem Gespräch eingeladen.
          Nicole Gabriel arbeitet ehrenamtlich, Heike Hyballa und Regina Schippers
                              sind Angestellte ihrer Gemeinden.

       Danke, dass Sie sich Zeit nehmen,                   Was läuft gut bei Ihrer Arbeit?
       unsere Fragen zu beantworten.                       Was haben Sie neu entwickelt und
       Bitte stellen Sie ihre Arbeit kurz vor.             in Ihre Gemeinde eingebracht?
       Hyballa: Ich arbeite seit 20 Jahren in Hennef       Hyballa: Besonders freut mich, dass ich inzwi-
       und während dieser Zeit ist viel passiert. Ein      schen an einigen Grundschulen eine Kontakt-
       großer Schritt war der Umzug der Kinder- und        stunde anbieten kann. Mit diesem nieder-
       Jugendarbeit in ein eigenes Haus. Mein Arbeits-     schwelligen, religionspädagogischen Angebot
       bereich umfasst die Kinder von 6 bis 13 Jahren      kann ich viele Kinder erreichen. Die Zirkuswo-
       und Familien. Bei uns gibt es fest etablierte An-   che, die schon zehnjähriges Jubiläum hatte und
       gebote wie Kinderbibelwoche oder Ferienfrei-        an der bis zu 50 Kindern teilnehmen, oder der
       zeit und immer mal wieder neue Projektange-         „Lebendige Adventskalender“ sind Projekte,
       bote wie einen Steel-Panel-Workshop.                die ich ins Leben gerufen habe. Natürlich
                                                           haben die digitalen Angebote stark an Bedeu-
       Schippers: Bei uns in Ruppichteroth ist es          tung gewonnen. Froh bin ich über die gute Zu-
       ähnlich. Wir haben sowohl die „klassischen“         sammenarbeit mit der Stadt Hennef, aus der
       Gruppen und Veranstaltungen in der Gemein-          sich beispielsweise der jährliche Upcycling-
       dearbeit, aber auch immer wieder neue Pro-          Workshop entwickelt hat.
       jekte wie unseren „Escape Room“. Seit sieben
       Jahren bin ich für unsere Arbeit mit Kindern,       Schippers: Seit vielen Jahren gehören Kontakt-
       Jugendlichen und Konfirmanden zuständig. In         stunden zum festen Bestandteil unserer Kin-
       den letzten Jahren haben sich unsere digitalen      der- und Jugendarbeit. Unsere drei Grundschu-
       Möglichkeiten verbessert, so dass wir mit den       len sind sehr kooperativ. Ich freue mich immer,
       Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern auch         wie viele Kinder ich aus den Kontaktstunden
       über die Ortsgrenzen hinaus in Kontakt sein         bei unseren Ferienaktionen, Gruppenstunden
       können.                                             oder im Kindergottesdienst wiedersehe.
                                                              In den letzten Jahren konnte ich die Ferien-
       Gabriel: 2014 habe ich direkt nach meiner           wochen vor Ort als festen Bestandteil unserer
       Konfirmation mit der Teamerarbeit in der Kir-       Jugendarbeit etablieren. Dazu gehören alle zwei
       chengemeinde Uckerath begonnen. Nach und            Jahre besondere Projekte wie die Lego-Bau-
       nach kamen immer mehr Jugendgruppen hin-            Woche. In der Projektarbeit sind wir kreativ
       zu. Im Jahr 2015 entstanden dann die Stern-         und haben einen Spray-Workshop durchge-
       stunden, eine Art Kindergottesdienst, wo ich        führt, eine Upcycling-Gruppe für Teens einge-
       ebenfalls als Teamerin mitarbeite. Im Jahr 2016     richtet und studieren Mini-Musicals ein.
       durfte ich meine erste eigene Gruppe ins
       Leben rufen, eine HipHop-Gruppe, die noch           Gabriel: In Uckerath war die Nachfrage sehr
       heute unter meiner Leitung trainiert. 2018          groß als publik wurde, dass es nun eine Hip-
       habe ich den Jugendtreff JUMI (Jugend Ucke-         Hop-Gruppe und einen Jugendtreff im Dorf
       rath macht Interessant) übernommen, wo Ju-          gibt. Mittlerweile können wir eine durch-
       gendliche jeglicher Herkunft zusammenkom-           schnittliche Teilnehmerzahl von 15 bis 20 Leu-
       men und Zeit miteinander verbringen.                ten zählen. Ebenfalls sehr beliebt ist unsere

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                                                                              Herausforderung,    die
                                                                             gute Arbeit unter den
                                                                             neuen Bedingungen wei-
                                                                            ter zu führen. In der Zu-
                                                                           sammenarbeit im Koopera-
                                                                           tionsraum sehe ich vor
                                                                          allem das Problem des Zeit-
                                                                          faktors.

                                                                           Schippers: Bei uns ist die
                                                                          größte Herausforderung, mit
                                                                          geringeren personellen Res-
                                                                         sourcen dem steigenden Be-
                                                                         darf an Kinder- und Jugend-
                                                                        arbeit gerecht zu werden. Für
                                                                        unseren      Kooperationsraum
                                                                       sehe ich die Schwierigkeit
                                                                       darin, Zeit für gemeinsame Pro-
      Teilnahme am Uckerather Ro-                                     jekte zu finden und die weiten
      senmontagszug mit vorherigem Wagenbau und                       Entfernungen zu überbrücken.
      Kostümschneiderei.
                                                        Gabriel: Die momentane Herausforderung be-
      Welche Projekte gibt es in Ihrem                  steht darin, die Gruppen in der jetzigen Zeit
      Arbeitsbereich jetzt schon über                   am Laufen zu halten und Angebote, die so-
      Gemeindegrenzen hinweg?                           wohl für die Kleineren als auch für die Jugend-
      Hyballa: Die hauptamtlichen Jugendmitarbei-       lichen interessant sind, zu entwickeln. Den Fak-
      ter des Kirchenkreises und aus Bonn treffen       tor Zeit sehe ich ebenfalls als Schwierigkeit im
      sich regelmäßig zum Austausch und zur Fort-       Kooperationsraum.
      bildung. Als gemeinsame Aktionen gab es zum
      Beispiel das Hit-Kochduell, bei dem Jugendliche   Was erhoffen Sie sich in Zukunft vom
      aus den verschiedenen Gemeinden sich gegen-       neuen Kooperationsraum? Haben Sie
      seitig besucht und bekocht haben. In diesem       Ideen für gemeinsame Projekte?
      Sommer gab es ein digitales Angebot: sieben       Hyballa: Es wäre toll, wenn sich durch die ge-
      Gemeinden haben beim „Scavenger-Hunt“             meinsamen Angebote Zeit und Geld sparen
      mitgemacht.                                       ließen. Früher gab es mal einen Mädchentag.
                                                        Wäre das nicht etwas für eine gemeinsame Ak-
      Schippers: In der Vergangenheit gab es immer      tion?
      mal wieder gemeinsame Projekte über Ge-
      meindegrenzen hinweg. Beim Kirchentag in          Schippers: Denkbar wäre eine gemeinsame
      Berlin haben „unsere“ Jugendlichen einen Fair-    Teamer-Schulung, ein gemeindeübergreifender
      trade-Stand mitbetreut, wir waren beim Hit-       Konfi-Tag, vielleicht sogar ein gemeinsames
      Kochduell dabei und unsere Konfirmanden           Konfi-Camp und gemeinsame Jugendgottes-
      haben bei diversen Konfi-Cups mitgespielt.        dienste. Auch eine gemeinsame Jugend-Web-
      Außerdem nehmen unsere Jugendmitarbeiter          site wäre möglich.
      an den Juleica-Schulungen des Kirchenkreises
      teil.                                             Gabriel: Trotz unterschiedlicher Zielsetzungen
                                                        im Kleinen haben wir am Ende doch das glei-
      Vor welchen Herausforderungen                     che Ziel: den Kindern und Jugendlichen in den
      stehen Sie in Ihrer Gemeinde?                     Gemeinden Freude zu bereiten. Eine schöne
      Welche sehen sie im Kooperationsraum?             gemeinsame Aktion wäre ein Ferienprojekt mit
      Hyballa: In Hennef wird sich die räumliche        einem täglichen Ortswechsel in die anderen
      Situation der Kinder- und Jugendarbeit in den     Gemeinden.
      nächsten Jahren verändern. Ich stehe vor der

       TITELTHEMA: Gemeinsam glauben                                                               13
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       Geschichtlicher Rückblick von alt bis jung
       Obwohl direkt benachbart, schauen Uckerath,      nierte es zum Gemeindehaus um. Neuer Au-
       Hennef und Ruppichteroth ganz verschieden        ßenputz wurde angebracht und auf den Giebel
       auf ihre Geschichte zurück. Dorothee Akstinat    des ehemaligen Kinosaals ein Türmchen ge-
       rekapituliert die Historie der drei Gemeinden.   setzt, das den Bau auch äußerlich als Kirche
                                                        kennzeichnete.
       Uckerath: Seit 28 Jahren selbständig                1967 war die Uckerather Gemeinde so stark
       Vor 1945 lebte nur eine geringe Zahl evangeli-   gewachsen, dass ihr eine eigene Pfarrstelle zu-
       scher Familien in Uckerath, die ihren Glauben    gesprochen wurde. Am 2. Oktober 1989
       in gemeinsamen Hausgottesdiensten teilten        wurde die heutige Stephanuskirche einge-
       und dabei in unregelmäßigen Abständen von        weiht. Aus dem alten Gemeindehaus wurde
       einem Pfarrer aus Eitorf unterstützt wurden.     nicht nur das schlichte Holzkreuz und der Altar
       Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs änderte      mitgenommen, sondern auch das sich im Ein-
       sich dies. Der Flüchtlingsstrom und die über     gangsbereich befindliche Bleifenster mit der In-
       Jahre andauernde Vertreibung aus den Ostge-      schrift ‚Heimat für Heimatlose‘. Bis heute erin-
       bieten ließen die Anzahl der evangelischen       nert es die Gemeinde an ihren Ursprung und
       Christen beständig wachsen. 1947 wurde die       Auftrag.
       Kirchengemeinde Eitorf deswegen in die zwei         Im Jahr 1992 kam es nach einem langen,
       Wahlbezirke Eitorf und Uckerath aufgeteilt.      kräftezehrenden Prozess zur Trennung der ‚Dop-
          In Uckerath erwarb die Gemeinde 1954 ein      pel-Gemeinde‘ Eitorf — Uckerath. Die Uckera-
       ehemaliges Gasthaus mit Kinosaal und funktio-    ther Gemeinde wurde selbstständig.

                                                            Hennef:
                                                            Eine der jüngsten Gemeinden
                                                            Die Evangelische Kirchengemeinde Hen-
                                                            nef ist eine der jüngsten Gemeinden in der
                                                            Region. Während und nach der Reforma-
                                                            tionszeit gab es kaum Evangelische auf
                                                            dem Hennefer Stadtgebiet. 1828 werden
                                                            33 evangelische Bürger gezählt. Um an
                                                            Gottesdiensten teilnehmen zu können,
                                                            müssen sie weit laufen. Denn sie sind Mit-
                                                            glieder der Kirchengemeinde Herchen und
                                                            nehmen dort, in Waldbröl oder Nümbrecht
                                                            teil.
                                                                Ende des 19. Jahrhunderts beginnt mit
                                                            der Gründung der Industrie ein Auf-
                                                            schwung für die Evangelischen. Sie tragen
                                                            als Handwerker, Unternehmer und Ge-
                                                            schäftsleute zum Aufbau bei.
                                                                1885 gibt es 156 Gemeindeglieder, die
                                                            seit 1858 zur Gemeinde Siegburg gehören,
                                                            von Siegburger Pfarrern betreut werden
                                                            und ihre Gottesdienste in Hotelsälen fei-
                                                            ern. Daraufhin fassten die Hennefer den
                                                            Entschluss, eine eigene Kirche zu bauen,
                                                            die 1896 eingeweiht wurde.

                                                            Die Hennefer Christuskirche
                                                            vor ihrem Umbau
                                                            in den 1960er Jahren.

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          Nach 1945 kamen viele Flüchtlinge aus den         1591 setzte der Herzog von Berg für die
      deutschen Ostgebieten. Auch siedelten sich         Evangelische Gemeinde einen ersten lutheri-
      zahlreiche Menschen wegen der neuen Bun-           schen Pfarrer ein und unterstützte den Ort mit
      deshauptstadt Bonn in Hennef an. So wuchs          dem Bau einer Schule. Einer der Herzöge von
      die evangelische Gemeinde kontinuierlich und       Berg wurde neben der Evangelischen Kirche
      wurde 1953 selbständig.                            beerdigt.
          Eine Erweiterung der Kirche wurde not-            Weil aber nur die katholische Kirche einen
      wendig, die dank der Schenkungen der Familie       Glockenturm hatte und damit das „Läute-
      Cockeril / Horstmann von Schloss Allner er-        recht“, verlangte sie auch von den Evangeli-
      leichtert wurde. 1969 konnten die größere Kir-     schen das sogenannte „Glockengeld“. Das gab
      che, der Gemeindesaal und der Kindergarten         Ärger, besonders, weil den Evangelischen der
      eingeweiht werden.                                 Bau eines eigenen Glockenturms verweigert
          Heute hat die Evangelische Kirchengemein-      wurde. Deren Bauversuche wurden von den
      de Hennef ca. 8000 Mitglieder, 3,5 Pfarrstellen    Katholiken mehrfach eingerissen!
      und viele engagierte ehrenamtliche Mitarbei-          Endlich konnte 1792 ein „Evangelischer
      tende.                                             Turm“ gebaut werden, von dem heute drei
                                                         Glocken läuten. Erst 1834 wurde die Evangeli-
      Ruppichteroth ist die älteste der drei             sche Gemeinde von Abgaben an die Katholi-
      Es fällt auf, dass in dem kleinen Ruppichteroth    sche Gemeinde befreit.
      schon 1683 eine Evangelische Kirche gebaut            Später wurden noch ein Gemeindehaus
      wurde – allerdings noch ohne Turm.                 und ein Jugendheim gebaut. Heute hat Rup-
         In der Reformationszeit kam es wie vieler-      pichteroth ca. 2600 Gemeindeglieder und einen
      orts zu Streitigkeiten um Kirchengebäude. So       engagierten Pfarrer, Hans-Wilhelm Neuhaus,
      bekamen die Evangelischen zeitweise die ka-        der im Zuge des Kanzeltausches auch öfters in
      tholische Kirche, erbaut 1131, als Gottesdienst-   Hennef Gottesdienste feiert.
      stätte zugesprochen, da der katholische Pfarrer                                  Dorothee Akstinat
      zum evangelischen Glauben konvertiert war.

      Kooperation im Showbiz:
      No risk! No klicks!
      Eigentlich sollte es eine einmalige
      Sache sein – die Beteiligung von
      Christian Jung an den Videogrüßen
      aus der Hennefer Christuskirche.
      Doch der Pfarrer aus Uckerath
      wurde zum Wiederholungstäter. Von
      der Zusammenarbeit im Filmteam
      berichtet Jenny Gechert.

      Ob wir Interesse an einem digitalen
      Kanzeltausch hätten – so lautete,
      wenn ich mich richtig erinnere, die
      Anfrage aus Uckerath. Im Klartext:
      Christian Jung wollte sich an unseren
      Videogrüßen beteiligen. Klar, warum
      nicht?! Sehr gerne!
         Als am Ostermorgen pandemiebe-
      dingt alle Kirchen geschlossen waren,
      ging der erste Videogruß mit Stefan

       TITELTHEMA: Gemeinsam glauben                                                                15
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       Heinemann und Christian Jung online. Doch            Von Dreh zu Dreh spielte sich das Team
       dabei blieb es nicht.                             mehr ein. Die Ideen für besondere Drehorte
                                                         und Perspektiven wurden vielfältiger und die
       Christian Jung wurde Teil des Teams               Protagonisten zunehmend herausgefordert.
       Alle Beteiligten hatten so viel Spaß an der ge-   Doch Christian Jung machte auch dann keinen
       meinsamen Arbeit, dass der Uckerather Pfarrer     Rückzieher, als er im Sommer mit Anlauf die
       fest ins Team integriert wurde. Ab sofort stand   „Stachelhardt“ hinunterlaufen und kurz vorm
       er regelmäßig vor Bernd Jüschkes Kamera: Mal      Abgrund in die Luft springen sollte. Denn so ist
       ganz klassisch am Taufstein der Christuskirche,   das im „Showbiz“: No risk. No klicks.
       mal locker lässig mit Bollerwagen, Bier und
       Würstchen im Hennefer Kurpark und dann               Wir sind schon gespannt, was beim nächs-
       wieder „frei wie eine Vogel“ auf der Drachen-     ten Videogruß passiert.
       fliegerrampe „Stachelhardt“.

       Kooperation: Aktiv für Wohnungslose
       Fragt man in Hennef nach der städtischen          Uckerather Kirchengemeinde zusammengetan,
       Wohnungslosenunterkunft, so erntet man            um sich für die Bewohner der Unterkunft
       nicht selten ein Achselzucken. Die wenigsten      starkzumachen. Mit vereinten Kräften wurde
       Hennefer wissen, dass sich die städtische Not-    ein Termin beim Bürgermeister erwirkt, zu dem
       unterkunft im Uckerather Nachbarort Dahl-         auch ein Bewohner der Unterkunft mitkam.
       hausen befindet. Sie bietet denjenigen Zu-        Gemeinsam schilderten wir die Situation vor
       flucht, die ihr Dach über dem Kopf verloren       Ort und machten bei dieser Gelegenheit auf
       haben und ohne Unterstützung auf der Straße       Missstände aufmerksam.
       stehen würden.                                       Seit diesem gemeinsamen Einsatz ist viel in
                                                         Bewegung geraten. Die größte Errungenschaft
       Vereint aus beiden Gemeinden                      besteht darin, dass die Stadtverwaltung eine
       Im vergangenen Jahr haben sich die beiden         Sozialarbeiterin engagiert hat, die sich um die
       Diakonieausschüsse der Hennefer und der           vielfältigen Belange der Bewohner kümmert.

                                                                            Viel in
                                                                            Bewegung geraten
                                                                            Doch wir wollten nicht nur
                                                                            nach Verbesserungen rufen,
                                                                            wir wollten auch selbst zur
                                                                            Verbesserung beitragen!
                                                                               Deswegen stattet Pfarrer
                                                                            Jung den Bewohnern der
                                                                            Unterkunft nun regelmäßig
                                                                            Besuche ab und bietet
                                                                            ihnen – z.B. bei einem ge-
                                                                            meinsamen Mittagessen –
                                                                            ein offenes Ohr für ihre
                                                                            Sorgen und Probleme.
                                                                            Schön, was möglich wird,
                                                                            wenn Kirchengemeinden
                                                                            gemeinsam und nicht ein-
                                                                            sam unterwegs sind!
                                                                                          Christian Jung

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      Ein Wiedersehen auf dem Wiesengut
      Wer erinnert sich an den letzten Gottesdienst      etwas bekommt. Ähnlich wie auf dem Höhe-
      ,Kirche für Kleine und Große‘, der in der Kir-     punkt des Lockdowns, als es in den Super-
      che stattfand? Das war am Karnevalssonntag,        märkten von allem viel weniger gab. Damals
      23. Februar 2020. Seitdem ist alles, was mit       waren Mehl, Hefe, Toilettenpapier und einiges
      der ,Kirche für Kleine und Große‘ zu tun hat –     mehr knapp.
      so schrieb Anfang August Pfarrer Niko Herzner         Auch wenn wir vielleicht das Gefühl haben,
      in seiner E-Mail an das Team – „sooooooo weit      dass wir weniger haben, wofür wir dankbar
      weg“. In der Tat: Im April haben wir im Home-      sein können, hat uns unsere Diskussion mit
      office ein Ostervideo gemacht, zu Pfingsten mit    den Familien gezeigt, dass es trotz allem
      dem Team der Kindertagesstätte ,Regenbogen‘        Schlechten auch Gutes gab.
      einen Gottesdienst gefeiert und im Sommer
      einen Open-Air Gottesdienst am klecks mit          Dankbar für so vieles
      Pfarrerin Annekatrin Bieling gestaltet. Wir, das   Familien und Kinder erzählten von der tollen
      Team, haben uns sehr gefreut als wir die Nach-     Zeit, die sie miteinander verbrachten. Etwas,
      richt bekamen, dass wir nun endlich in der ge-     was sie normalerweise nicht tun würden, weil
      wohnten Konstellation wieder Gottesdienst fei-     alle am Arbeitsplatz oder in der Schule waren.
      ern können.                                        Wir konnten keine Verwandten oder Freunde
                                                         besuchen, sondern schickten stattdessen Post-
      Damit jeder etwas bekommt                          karten oder schrieben Briefe. Einige Familien
      Am Sonntag, 27. September war es so weit.          entdeckten auf kleinen Ausflügen neue Orte in
      Das Team um die ,Kirche für Kleine und             unserer Region. Es gibt sehr viel, für das wir
      Große‘ feierte einen sehr gut besuchten Got-       danken können.
      tesdienst auf dem Wiesengut. Trotz des grauen          Auch wenn wir an dem Sonntag kein
      und kalten Wetters kamen viele Familien mit        Abendmahl feierten, bekamen doch alle kleine
      dem Fahrrad. Um den aus einem Heuballen            Brötchen, die extra für diesen Erntedankgottes-
      gefertigten Altar versammelt, sangen Erwach-       dienst gebacken wurden. Alle waren sich einig,
      sene und Kinder bekannte Lieder, sprachen          dass die Größe dabei keine Rolle spielt und sie
      darüber, was sie während des Lockdowns             genauso köstlich waren wie alle anderen Bröt-
      getan hatten und teilten Brötchen. Rund um         chen. In den Fürbitten erinnerten wir uns an
      das Thema ,Kleine Brötchen backen‘ haben wir       die Zeit, in der wir leben, und beteten um die
      gelernt, dass, wenn es weniger gibt, man nicht     Kraft, geduldig, großzügig und verantwortungs-
      unbedingt darauf verzichten muss, sondern mit      bewusst zu sein.
      weniger zurechtkommen kann, damit jeder                                           Khanh-duc Kuttig

       EVANGELISCH IN HENNEF                                                                        17
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            „Ich wollte etwas mit Sinn machen“
          Margret Diedenhofen, examinierte Erzieherin, wohnt seit 1989 in Hennef
          und hat mit der Konfirmation ihres Sohnes engeren Kontakt zu unserer
            Kirchengemeinde aufgebaut. Sie arbeitet gern mit Menschen und ist
          seit nunmehr zehn Jahren als Gemeindeschwester tätig. Anlässlich ihres
               Dienstjubiläums sprach sie mit Michael Heider über ihre Arbeit.

       Wie wird man
       Gemeindeschwester?
       Ab 2001 war ich im Besuchsdienst im Hele-
       nenstift tätig. Die Zuwendung und Hingabe in
       der Seniorenarbeit haben mir viel Freude und
       Erfüllung gegeben. Dort habe ich meine tiefere
       Bestimmung gefunden. Ich habe dann auch im
       Presbyterium mitgewirkt, insbesondere im Dia-
       konie-Ausschuss. Als dann meine Vorgängerin
       aufhörte, wurde ich eines Tages gefragt, ob ich
       diese Stelle nicht übernehmen wolle. Vom Ar-
       beitgeber Kirche wurde ich auf die für mich
       neuen Anforderungen durch Ausbildung zur
       Seelsorgerin und zur Geistlichen Begleiterin
       sehr gut vorbereitet. Ich bin dankbar, zu einem
       Team zu gehören, in dem wir uns gegenseitig
       stärken und zuarbeiten, denn die Seelsorge ist
       eine persönlichkeitsfordernde Tätigkeit.           Haben Sie Unterstützung?
                                                          Ich habe eine Gruppe von ehrenamtlichen Hel-
       Wie sieht Ihr Berufsalltag aus?                    fern aufgebaut. Aktuell sind es zehn Personen,
       Ich besuche die älteren und kranken Mitglieder     die in unserer Gemeinde unterwegs sind, um
       unserer Gemeinde oder allgemein all diejeni-       die Menschen persönlich zu besuchen und zu
       gen, die Unterstützung benötigen. Dabei um-        begleiten. Jeder Helfende gestaltet dabei seine
       fasst meine Tätigkeit alles das, was die klassi-   Kontakte und die Besuchsintervalle entspre-
       sche Pflege nicht macht, eine Art seelische        chend seiner persönlichen Einschätzung der
       Pflege. Dazu gehören Gespräche gegen Ein-          Situation vollkommen selbstständig. Ich bin
       samkeit, Zuwendung, Trauer- und Sterbebe-          Ansprechpartnerin für sie und unterstütze,
       gleitung. Dem Menschen zeigen, dass er wich-       wenn die Situation es erforderlich macht. Wir
       tig ist, dass er von Gott geschätzt und behütet    treffen uns in diesem Kreis regelmäßig, um uns
       wird. Aber auch ganz praktische Tätigkeiten        Rückhalt zu geben und Informationen auszu-
       gehören dazu, Hilfe beim Einkaufen, Fried-         tauschen.
       hofsbesuche, Unterstützung bei Anträgen oder
       dem Ausfüllen einer Patientenverfügung. Ich        Hat sich die Tätigkeit
       kooperiere mit den anderen Hilfswerken vor         in letzter Zeit verändert?
       Ort und stelle den benötigten Kontakt her,         Gerade während der Quarantäne in der aktu-
       etwa zum Lotsenpunkt in Hennef, dem Sozial-        ellen Corona-Situation ist es noch einmal wich-
       amt, der Betreuungsstelle, dem Altenhilfever-      tiger geworden, Kontakte nicht abbrechen zu
       ein, dem Hospiz oder dem Seniorenbüro Hen-         lassen. Wir haben einen telefonischen Besuchs-
       nef. Es ist eine psychosoziale Arbeit nah am       dienst eingerichtet, um mit den Seniorinnen
       Menschen mit dem Ziel, die Selbstständigkeit       und Senioren die Sorgen zu teilen, zu trösten
       und Selbstbestimmung zu fördern und zu un-         und zu beten. Nach wie vor ist aber der per-
       terstützen. Auch Besuche zu Geburtstagen           sönliche, direkte Kontakt unverzichtbar. Durch
       gehören natürlich dazu.                            moderne Medien lässt sich das nicht ersetzen.

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      Wie erfahren Sie von Menschen,                     schwierig? Wie habe ich es gemeistert? Oder
      die Ihre Hilfe benötigen?                          auch: Was ist offengeblieben, belastet mich
      Häufig sind es aufmerksame Nachbarn oder           noch heute? Insbesondere ein gemeinsames
      Gemeindeglieder, die uns ansprechen und auf        Gebet ist für mich ein schöner Moment. Ich
      Menschen hinweisen, denen es schlecht geht         verbinde das oft mit der alten christlichen Tra-
      und die vielleicht unsere Hilfe benötigen.         dition des Handauflegens, die ich in der
      Manchmal ist es auch eine Pfarrerin oder ein       „Open-Hands-Schule“ von Anne Höfler gelernt
      Pfarrer, welche etwa bei einem Geburtstagsbe-      habe. Diese Form der Zuwendung und
      such Hilfebedarf erkennt und diesen an uns         Berührung wird oft als Trost, Linderung und
      weitergibt. Dass sich die SeniorInnen direkt bei   Stärkung empfunden.
      uns melden, ist eher die Ausnahme. Früher gab
      es den Besuchsdienst im Krankenhaus, von           Woran fehlt es?
      dem wir Hinweise bekommen haben, wenn              Eine Hilfe wäre für uns, noch mehr ehrenamt-
      Menschen Hilfe beim Übergang in eine häus-         liche Helfer zu bekommen, die Auto fahren,
      liche Pflege brauchten. Das erlaubt der heutige    um bei Einkäufen zu unterstützen oder den
      Datenschutz leider nicht mehr. Aktuell sind wir    SeniorInnen den Wunsch zu erfüllen, mal raus-
      mit der Klinikseelsorge und dem Synodalbe-         zukommen. Wer motorisiert ist und Lust auf
      auftragten für SeniorInnen im Austausch, um        Seniorenarbeit hat, kann sich gerne bei mir
      auch hier wieder Möglichkeiten zu schaffen.        melden.

      Was sind schöne Momente                            Fällt es dann nicht manchmal schwer los-
      in Ihrem Beruf?                                    zulassen? Wie belastend ist Ihre Tätigkeit?
      Schön ist es zu erleben, wie sich SeniorInnen      Verteilt auf vier Tage arbeite ich 25 Stunden in
      auf den Besuch freuen, Hilfe annehmen – was        der Woche. Ja sicher gehen mir schwere Schick-
      nicht selbstverständlich ist – und sich im Ge-     sale nach und beschäftigen mich weiterhin. Ich
      spräch öffnen. Gerade im Alter blicken viele       habe gelernt loszulassen, denn ich beziehe
      auf ihr Leben zurück und wenden sich spiritu-      meine Kraft aus dem Glauben und lebe aus
      ellen Fragen zu: Wo hat Gott mich getragen?        der Gewissheit, dass Gott niemanden fallen
      Wo bin ich beschenkt worden? Was war               lässt, dass wir alle getragen sind.

      Umweltkreis organisiert sich neu
      Seit über 30 Jahren besteht der ökumenische        tersstruktur, ist doch ein Großteil der Mitglie-
      Umweltkreis der evangelischen Kirchenge-           der seit den Anfängen dabei.
      meinde Hennef und der katholischen Kirchen-           Aus dieser Situation heraus wurde beschlos-
      gemeinde Liebfrauen-Warth.                         sen, dass sich der Umweltkreis als formale Ge-
         In dieser Zeit wurden unterschiedlichste        meindegruppe auflösen wird. Die noch beste-
      Projekte und Aktivitäten durch den Umwelt-         henden Aktivitäten, im Wesentlichen das Re-
      kreis durchgeführt: Vorträge und Diskussions-      paraturcafé und die Give Box, werden aber
      abende, Erholungsferien für Kinder aus Tscher-     weiterbetreut. Auf mittlere Sicht werden sich
      nobyl, Wertstoffsammlungen, Petitionen, Mit-       die Mitglieder des Umweltkreises auch hier
      gestaltung von Gottesdiensten, Reparaturcafé       zurückziehen müssen. Ein erster Schritt wurde
      und vieles mehr.                                   mit dem Umzug des Reparaturcafés in das
         Von Beginn an wurde der Umweltkreis von         Machwerk bereits getan.
      Wolfgang Rehl geleitet, der diese Aufgabe mit         Die Mitglieder des Umweltkreises werden
      viel Engagement und Freude wahrnahm. Nun           sich weiterhin regelmäßig treffen: jeweils am
      hat Wolfgang Rehl erklärt, dieses Amt abgeben      ersten Dienstag im Monat um 9.30 Uhr in un-
      zu wollen. Aus dem Kreis, der derzeit aus etwa     serem Gemeindezentrum. Gäste sind hierbei
      zehn Personen besteht, hat sich kein Nachfol-      gerne willkommen.
      ger gefunden. Sicherlich auch aufgrund der Al-            Wolfgang Rehl und Hans-Georg Schoneberg

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