GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns

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GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Jahrgang 2 / Heft 4 / 2017
                                       Volume 2 / Magazine 4 / 2017

Angewandte
GERONTOLOGIE
                        Appliquée

      Themenschwerpunkt
      Vielfalt – Jenseits der Normen
      des aktiven Alterns

      Thème central
      Diversité – au-delà des normes
      du vieillissement actif
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Aktuell
Erfahrungswissen 1:1

An dieser Stelle weisen wir Sie jeweils auf
interessante Studien und Schlussberichte
aus unseren Förderprojekten hin.

In eigener Sache                                        Dokumentation
Design hilft                                            Tagesstätte Gelterkinden
Die Age-Stiftung ist während acht Jahren Partner        Wenn alte Menschen länger zu Hause betreut wer-
bei Design Preis Schweiz. Für diese Partnerschaft       den, kann für die Angehörigen eine Zusammenar-
haben wir uns entschieden, weil es uns wichtig ist,     beit mit einer Tagesstätte äusserst wertvoll sein.
dass sich Designer über die Bedürfnisse von älte-       Der Schlussbericht über den Aufbau der Tagesstät-
ren Menschen Gedanken machen und diese bei              te in einer 4,5-Zimmer-Wohnung in Gelterkinden
der Gestaltung von Produkten und Dienstleistun-         dokumentiert die ersten 15 Monate und die dabei
gen berücksichtigen.                                    gemachten Erfahrungen aus Sicht der Projektträger.
                                                        Ein wichtiges Thema ist die Bezahlbarkeit des Ange-
Sechs Projekte sind in der Ausgabe 2017/2018 nomi-      botes. Tagesstätten haben ihren Platz als wichtige
niert worden. Gewonnen hat das Dienstleistungs-         Ergänzung im ambulanten System noch nicht ge-
angebot Claire & George, welches Menschen, die          funden – jedenfalls was deren Finanzierung angeht.
Spitex benötigen, ermöglicht, entspannte Ferien         Neben den Erlösen aus der Betreuung braucht es
zu geniessen.                                           auch hier weitere Geldgeber, wenn das Angebot
                                                        überlebensfähig bleiben soll.
Gewinner: claireundgeorge.ch
Veranstalter: designpreis.ch                            Projektträger: Verein Alterstagesstätte «Zum Lebenslauf»
                                                        Download: age-stiftung.ch/publikationen

Dokumentation
KISS                                                    Dokumentation
                                                        Wohnen im Hunziker Areal
Der Verein «KISS Schweiz» hilft, regionale Genos-
senschaften aufzubauen, die den Unterhalt und           Im Hunziker Areal hat sich die Stiftung «Züriwerk»
Betrieb eines langfristigen, nicht monetären Zeitvor-   eingemietet und bietet dort neben betreuten Wohn-
sorgesystems sicherstellen. Im Evaluationsbericht       gruppen auch eine Wohnbegleitung für Menschen
von Theo Wehner und Stefan Güntert wird nicht           an, die beim selbstständigen Wohnen Unterstüt-
nur die Entwicklung von KISS beschrieben, es wer-       zung brauchen. Das Modell für Menschen mit einer
den auch Unterschiede in der Motivation zwischen        Behinderung könnte auch die Altersarbeit inspirie-
Zeitvorsorgenden und Freiwilligen festgehalten,         ren.
und es werden Empfehlungen abgegeben, wie die
                                                        Projektträger: Stiftung Züriwerk
nachbarschaftliche Unterstützung gefördert wer-         Download: age-stiftung.ch/publikationen
den kann. Der interessante Evaluationsbericht steht
wie alle Schlussberichte zum Herunterladen zur
Verfügung.                                              age-stiftung.ch
Projektträger: KISS Schweiz
Download: age-stiftung.ch/publikationen
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Angewandte
GERONTOLOGIE
                   Appliquée

Jahrgang 2 / Heft 4 / November 2017
Volume 2 / Magazine 4 / Novembre 2017

                Themenschwerpunkt
                Vielfalt – Jenseits der Normen
                des aktiven Alterns

                Thème central
                Diversité – au-delà des normes
                du vieillissement actif

                Herausgeber/
                Editeur
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Herausgeber/Editeur                      Schweizerische Gesellschaft für Gerontologie SGG
                                         Société Suisse de Gérontologie SSG
Redaktionsleitung/Direction              Stefanie Becker, Redaktionsleitung, Präsidentin (past) SGG,
rédactionnelle                           Geschäftsleiterin Schweizerische Alzheimervereinigung
                                         gerontologie@sgg-ssg.ch
Redaktionsteam/Team rédactionnel         Pia Coppex-Gasche, Maître d’enseignement, M. A., Institut de Haute Ecole de la Santé La Source, Lausanne
                                         Valérie Hugentobler, Professeure HES·SO, Sociologue
                                         Hildegard Hungerbühler, Leiterin Stab Grundlagen und Entwicklung, Schweizerisches Rotes Kreuz, Vizepräsi-
                                         dentin Nationales Forum Alter & Migration
                                         Christoph Hürny, Prof. Dr. med., em. Chefarzt, Geriatrische Klinik, St. Gallen
                                         Miriam Moser, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Grundlagenarbeit, Pro Senectute Schweiz
                                         Delphine Roulet-Schwab, Professeure ordinaire HES, Docteure en psychologie,
                                         Institut et Haute Ecole de la Santé La Source – HES-SO, Lausanne
                                         Hans Rudolf Schelling, Geschäftsleiter Zentrum für Gerontologie, Universität Zürich
                                         Andreas Sidler, Leiter Forschung & Wissensvermittlung, AGE Stiftung Zürich
                                         Stefan Spring, Forschungsbeauftragter Schweizerischer Zentralverein für das Blindenwesen,
                                         Vorstand Fachgruppe Angewandte Gerontologie (SGG)
                                         Monika Steiger, Geschäftsleiterin SGG
                                         Dieter Sulzer, Leiter Pro Senectute Bibliothek, Zürich
                                         Urslua Wiesli, Vorstandsmitglied des Vereins für Pflegewissenschaft und Mitglied der Geschäftsleitung der
                                         Stiftung Drei Tannen, Wald
Verlag/Edition                           Hogrefe AG, Länggass-Strasse 76, Postfach, 3000 Bern 9, Tel. +41 (0) 31 300 45 00,
                                         zeitschriften@hogrefe.ch, www.hogrefe.ch
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                                         Einzelheft/Par numéro: CHF 35.– / € 27.–
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                                         Übrige Länder/Autres : CHF 26.–
Erscheinungsweise/Parution               4 Hefte jährlich/4 numéros annuels (= 1 ouvrage) (= 1 Band)
                                         © 2017 Hogrefe AG, Bern
                                         ISSN-L 2297-5160
                                         ISSN 2297-5160 (Print)
                                         ISSN 2297-5179 (online)
                                         Die Angewandte Gerontologie /Gerontologie Appliquée ist das offizielle Mitgliederorgan der
                                         Schweizerischen Gesellschaft für Gerontologie SGG
                                         Gérontologie Appliquée est l’organe officiel des membres de la Société Suisse de Gérontologie SSG
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                       toc/aga/current
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Inhalt/Sommaire
Editorial                   Vielfalt – Jenseits der Normen des aktiven Alterns                        5
                            Diversité – au-delà des normes du vieillissement actif
                            Stefanie Becker
Schwerpunkt/
Thème central
Überblick/                  Vielfalt und soziale Ungleichheit                                         7
Vue d’ensemble              Diversité et inégalité sociale
                            Hans Rudolf Schelling
                            Grund- und Menschenrechte Älterer                                        9
                            Libertés fondamentales et droits de l’homme des personnes âgées
                            Sabrina Ghielmini
Forschung/Recherche         Migrants africains et latino-américains âgés:                            13
                            trajectoires et conditions de vie
                            Afrikanische und lateinamerikanische Migranten im Seniorenalter:
                            Lebenswege und Lebensbedingungen
                            Claudio Bolzmann
                            Bildungsbezogene Ungleichheiten bei 65 bis 74-jährigen Menschen          16
                            in der Schweiz
                            Inégalités liées à l’éducation chez les personnes âgées de 65 à 74 ans
                            en Suisse
                            François Höpflinger
                            Vorläufig aufgenommene Menschen in der Schweiz                            19
                            Personnes admises à titre provisoire en Suisse
                            Luzia Jurt
Praxis & Theorie/
Pratique & Théorie
Internationales/            Lebensalter und Motive ehrenamtlichen Engagements – Eine Studie          21
Nouvelles internationales   für das Deutsche Rote Kreuz
                            L’âge et les motifs d’un engagement bénévole – une étude pour
                            la Croix-rouge allemande
                            Eike Emrich und Christian Pierdzioch
Transfer/Transfert          Le vieillissement des personnes avec handicap au Tessin                  24
                            Der Alterungsprozess behinderter Menschen im Tessin
                            Michèle Egloff und Rita Pezzati
                            Nationales Forum Alter & Migration – Engagement für eine vergessene      26
                            Zielgruppe der Altersbevölkerung
                            Forum national Age et migration – l’engagement pour un groupe cible
                            oublié de la population âgée
                            Hildegard Hungerbühler
                            Drogensenioren altern schneller                                          28
                            Les drogués âgés vieillissent plus vite
                            Elisabeth Granacher, Arche Zürich, im Gespräch mit Andreas Sidler
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Inhalt/Sommaire

                                    Sensibilität für Homosexuelle in Schweizer Pflegeheimen                         31
                                    Sensibilité aux homosexuels dans les maisons de retraite suisses
                                    Sabina Misoch
                                    Sehen im Nebel, Hören auf der Baustelle                                        33
                                    Voir dans le brouillard – entendre sur un chantier
                                    Stefan Spring
                                    queerAltern – das Schicksal in die eigenen Hände nehmen                        35
                                    queerAltern – s’approprier son destin
                                    Vincenzo Paolino
Forum
Nachgefragt/Nous avons              Seniorinnen verfechten eine Klimaklage gegen den Bund                          37
demandés                            Des seniores engagent un recours relatif au climat contre la Confédération
                                    Pia Hollenstein
Pro & Contra                        Aktives Altern stresst                                                         39
                                    Le vieillissement active est stressant
                                    Simone Gretler Heusser
Spotlights
Kolumne/Colonne                     Und welcher Gerechtigkeitstyp sind Sie?                                        41
                                    Et quel type de «justicier» êtes-vous?
                                    Stefanie Becker
Kultur/Culture                      Wir bleiben: Ältere Migrantinnen und Migranten in der Schweiz                  43
                                    Nous restons: les migrants plus âgés en Suisse
                                    Christa Hanetseder
                                    Nach Verlusten neuen Sinn suchen                                               45
                                    À la recherche d’un nouveau sens après les pertes
                                    Hanspeter Stalder
Alltag/Quotidien                    Appelez-moi Joseph                                                             47
                                    Nennen Sie mich Joseph
                                    Rita Pezzati et Patrizia Solari
Aufgefallen/Remarqué                Netzwerk 80+: Gesellschaftliche Teilhabe fördern                               49
                                    Réseau 80+: promouvoir la participation sociale
                                    Bettina Hübscher
Historisches/Historique             Geschlechter-Gerechtigkeit                                                     51
                                    Justice entre les sexes
                                    Kurt Seifert
Gerontologie in Zahlen/             Rätsel: Altersbevölkerung nach Herkunft                                        53
La gérontologie en chiff res        Devinette: La population âgée en fonction de ses origines
                                    Stefanie Becker
Aus den Gesellschaften/             Mitteilungen aus der SGG und der SGAP                                          54
Informations de sociétés            Informations de la SSG et de la SPP

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17                                                                  © 2017 Hogrefe
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Editorial                                                                                                                   5

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder der SGG

D
          er Begriff der «inter- und intraindividuelle Varia-    Die Angewandte GERONTOLOGIE erscheint zweispra-
          bilität» gehört zum Standard der gerontologi-          chig, wobei die Artikel in der Ihnen vorliegenden Druck-
          schen Erkenntnisse und Studierende der Alterns-        version jeweils in der Originalsprache gedruckt sind. In
forschung erfahren bereits in den ersten Stunden ihres           der Online-Version sind jedoch alle Artikel in Franzö-
Studiums mehr zu diesem Phänomen. Es beschreibt einen            sisch und Deutsch verfügbar. Sie gelangen zur jeweili-
wesentlichen Faktor für Vielfalt im Alter: Menschen ent-         gen Übersetzung, indem Sie entweder den Link ganz
wickeln sich nicht nur im Vergleich zu anderen Personen          unten im Impressum eingeben oder den danebenste-
(gleichen Alters) unterschiedlich (inter-individuell), son-      henden QR-Code verwenden. Mit einem QR-Reader auf
dern auch im Bezug auf verschiedene Aspekte ihrer eige-          Ihrem mobilen Gerät haben Sie so einfach und schnell
nen Person, also intra-individuell (z. B. kognitiv und phy-      Zugriff auf die gewünschte Übersetzung.
sisch). Beide Prozesse führen dazu, dass es eben nicht DAS
                                                                 Sie werden dann in beiden Fällen dazu aufgefordert den
Alter(n), sondern so viele verschiedene Lebensformen im
                                                                 Code der jeweils aktuellen Ausgabe einzugeben. Der
Alter gibt, wie es alte Menschen gibt.
                                                                 Zugangscode wechselt für jede Ausgabe. Sie finden ihn
   Entsprechend ist es Aufgabe der Gerontologie dieses
                                                                 jeweils im Impressum!
Phänomen nicht nur zu beschreiben und zu erklären, son-
dern es auch in der Praxis zur bestmöglichen Gestaltung
des Lebens im Alter mit einzubeziehen. Eine Standardlö-
sung für Altersfragen, die für alle gilt (und die natürlich
auch am einfachsten in der Realisierung wäre) kann es           Ich wünsche Ihnen allen einen abwechslungsreichen
daher nicht geben. Als Gerontologinnen und Gerontolo-           Lesegenuss
gen sind wir also in unserem Kompetenzbereich gefor-
dert, uns ständig mit Verschiedenartigkeit und Mehrdi-
mensionalität als genuine Aspekte des Lebens im Alter           Ihre
und des Alterns auseinanderzusetzen. Entsprechend viel-
fältig, abwechslungsreich und interessant ist die Geronto-
logie als Profession!
   Was Diversität im Alter alles bedeuten kann, zeigt Ihnen                             Dr. Stefanie Becker ist Präsidentin
die vorliegende Ausgabe der «Angewandten Gerontolo-                                     past der SGG und aktuell Chefredak-
gie» mit einem bunten Strauss von Forschungsthemen,                                     teurin der Angewandten GERONTO-
                                                                                        LOGIE. Sie ist Psychologin und
über aktive Seniorinnen oder mit Einblicken in das Leben
                                                                                        Gerontologin.
von in der Schweiz vorläufig aufgenommenen, drogenab-
hängigen oder auch homosexuellen älteren Menschen.                                      gerontologie@sgg-ssg.ch

© 2017 Hogrefe                                                                       Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
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Chères lectrices, chers lecteurs,
chers membres de la SSG,

L
        e terme de la «variabilité inter- et intra-indivi-       Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée paraît en deux
        duelle» fait partie des connaissances gérontolo-         langues, les articles de la version papier étant publiés
        giques standards et les étudiants de la recherche sur    dans la langue de l’auteur. Dans la version en ligne toute-
le vieillissement en apprennent plus sur ce phénomène dès        fois, tous les articles sont disponibles en français et en
les premières heures de leurs études. Il décrit un facteur       allemand. Vous parvenez à la traduction d’un article
essentiel de la diversité à l’âge: les personnes ne se déve-     donné en introduisant le lien correspondant qui se
loppent pas seulement différemment par rapport à d’autres        trouve tout en bas dans l’impressum ou en utilisant le
personnes (du même âge), c’est-à-dire inter-individuelle-        code QR en regard. Vous avez ainsi facilement et rapide-
ment, mais aussi par rapport aux différents aspects (p. ex.      ment accès à la traduction désirée avec le lecteur de
cognitifs et physiques), de leur propre personne, donc in-
                                                                 code QR de votre appareil mobile.
tra-individuellement. Les deux processus font qu’il n’existe
                                                                 Dans les deux cas, il vous sera demandé d’introduire
pas L’âge/LE vieillissement, mais autant de formes de vie
                                                                 le Code de l’édition actuelle. Le code d’accès est mo-
différentes à l’âge qu’il y a de personnes âgées.
                                                                 difié à chaque édition. Vous le trouverez dans chaque
   La tâche de la gérontologie n’est donc pas seulement de
                                                                 impressum!
décrire et d’expliquer ce phénomène, mais aussi d’en tenir
compte en pratique pour arriver à la meilleure organisation
de la vie à l’âge possible. Il n’existe donc pas de solution
standard qui serait valable pour tous (et dont la réalisation
serait bien sûr plus simple). Au sein de notre domaine de       Je vous souhaite une lecture variée et agréable
compétences et en tant que gérontologues, nous sommes
donc toujours obligés de faire face à l’hétérogénéité et à la
pluridimensionalité comme aspects de la vie à l’âge et du       Votre
vieillissement. Ceci aussi fait de la gérontologie une pro-
fession complexe, variée et intéressante!
   Cette édition de «Angewandte GERONTOLOGIE Ap-                                          Dre Stefanie Becker est présidente
pliquée» montre ce que la diversité à l’âge peut signifier,                               past de la SSG et actuellement ré-
avec un bouquet multicolore de thèmes, de la recherche                                    dactrice en chef de la revue GÉRON-
                                                                                          TOLOGIE Appliquée. Elle est psycho-
sur les seniores actives ou des aperçus de la vie en Suisse
                                                                                          logue et gérontologue.
des personnes âgées temporairement admises, toxico-
manes ou encore homosexuelles.                                                            gerontologie@sgg-ssg.ch

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17                                                                         © 2017 Hogrefe
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
Schwerpunkt/Thème central                                                                                                            7

Vielfalt und soziale Ungleichheit
Hans Rudolf Schelling

Die gesellschaftliche Vielfalt prägt immer mehr auch die Alters-    Diversité et inégalité sociale
bevölkerung. Ein Trend zur Heterogenisierung etwa infolge der       La diversité sociale marque également de plus en plus la po-
Migration und eines Wertewandels, der Verschiedenheit zu-           pulation plus âgée. La tendance à l’hétérogénéité, due par
lässt, war lange Zeit vorrangig in der jüngeren Bevölkerung zu      exemple à la migration, et un changement des valeurs autori-
finden, die interindividuelle Diversität verliert sich aber nicht    sant la diversité a longtemps concerné principalement la po-
mit dem Altern. Wie gehen wir mit dieser neuartigen Diversität      pulation plus jeune, mais la diversité interindividuelle ne se
um, und wie unterscheiden wir sie von sozialer Ungleichheit?        perd pas en vieillissant. Comment gérer cette nouvelle diver-
                                                                    sité et comment faire la différence avec l’inégalité sociale ?

                                                                    Accès à l’article traduit en introduisant
                                                                    le lien http://econtent.hogrefe.com/toc/aga/current
                                                                    ou en utilisant le code AGA-2017-04.

D
        er Begriff der Vielfalt oder – synonym – der Diver-
        sität steht im gesellschaftlichen Kontext zunächst
        für die Unterscheidung von Gruppenmerkmalen
und individuellen Merkmalen in einer Vielzahl von Di-
mensionen wie Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung,
etc. Neben solchen zugeschriebenen Merkmalen finden
auch erworbene, umwelt- und verhaltensbezogene Merk-
male Berücksichtigung (vgl. Charta der Vielfalt e. V., 2011).

Vielfalt – Diversity – Diversity Management:
nur moderne Schlagworte?

Vielfalt wird häufig normativ mit Chancengleichheit und
Gleichbehandlung verbunden: Insbesondere zugeschrie-
bene, vom Individuum nicht veränderbare, Merkmale sol-
len sich nicht auf Chancen im sozialen Kontext auswirken.
                                                                   Diversität im Alter (© logoboom/123RF.com)
Dies wird seit einigen Jahren vor allem im Personalwesen
thematisiert; der Begriff des Diversity Managements be-
zieht sich auf den Umgang mit einer zunehmenden sozia-
len und kulturellen Heterogenität von Belegschaften. Viel-         für Verhaltensspielräume spezifischer Gruppen und von
falt soll nicht bekämpft, sondern wertgeschätzt und als            Individuen. «Diversität» hat insofern auch einen poli-
Chance für den Unternehmenserfolg verstanden werden                tisch-normativen Charakter. Diversität bedeutet nicht ei-
(«Diversity Management», 2016).                                    nen Zerfall der Gesellschaft in unzusammenhängende
   Die Hochkonjunktur des Themas «Diversität» lässt                Einzelteile, sondern im Idealfall eine grössere Toleranz
sich einerseits auf strukturelle Veränderungen der Bevöl-          für Besonderheiten im Interesse einer abstrakteren Wer-
kerung infolge etwa der Migration zurückführen, anderer-           tegemeinschaft, ein Vermeiden von Ausgrenzung auf-
seits deutet sie auch auf binnenkulturelle Veränderungen           grund äusserlicher Merkmale. Wie weit die Gemeinsam-
hin: Verschiedenheit gilt heute weniger als früher als Ma-         keiten beziehungsweise eine mögliche Segregation von
kel, ein Zwang zur Assimilation an eine ominöse, schwie-           Gruppen unterschiedlicher Herkunftskulturen in einem
rig zu definierende «Leitkultur» hinsichtlich Sprache und          Gemeinwesen gehen sollen oder dürfen, wird häufig un-
Verhaltensnormen wird kritisch in Frage gestellt. Dies gilt        ter Stichworten wie «Multikulturalismus», «Interkultura-
nicht nur für Kulturen im klassischen Sinn, sondern auch           lität» und «Transkulturalität» diskutiert.

© 2017 Hogrefe                                                                             Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17
GERONTOLOGIE Angewandte - Themenschwerpunkt Vielfalt - Jenseits der Normen des aktiven Alterns
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Vielfalt in der Altersarbeit                                 Praktische Konsequenzen

Im Kontext der Altersarbeit und öffentlicher Angebote        Welche Lebensgestaltung im Alter, z. B. welche Wohnfor-
für ältere Menschen sind sowohl die beschreibende als        men, für wen passen, hängt von biographischen, kulturel-
auch die normative Ebene von Diversität wichtig: Die         len, sozialen, biologischen und gesundheitlichen Um-
Heterogenität der Zielgruppen von Dienstleistungen für       ständen und damit von individuellen Bedürfnissen ab.
das Alter nimmt – mit einer gewissen Verzögerung im          Ein Angebot muss sich an diesen individuell (und nicht
Vergleich mit der Gesamtbevölkerung – bezüglich kultu-       nur an «gruppenbezogen») unterschiedlichen Vorbedin-
reller und sprachlicher Hintergründe zu. Solche Unter-       gungen orientieren; es gibt keine Lebensform und Ange-
schiede sollen möglichst keinen Einfluss auf den Zu-         bote, die a priori «für alle» passen.
gang zu und die Nutzbarkeit der Dienstleistung ausüben,         Neben der Heterogenität der Bedürfnisse und Ansprü-
die Chancengleichheit ist ein zentrales Kriterium. Eine      che ist bei der Informationsvermittlung auch die Heteroge-
explizite Diversity Management-Strategie kann sich           nität der Erreichbarkeit und der verfügbaren Kommuni-
dann einerseits auf die Zugangschancen (Information          kationskanäle zu berücksichtigen. So wird auf der einen
und niedrige Schwellen) und die an unterschiedliche          Seite erwartet, dass Informations- und Beratungsangebote
Bedürfnisse der potenziellen Nutzer(innen) angepasste        heute auch digitale Kanäle nutzen, gleichzeitig ist zu beo-
Ausgestaltung selber, andererseits auf seine personelle      bachten, dass insbesondere hochaltrige, vulnerable, bil-
Struktur somit auf die interne Diversität, und die Kom-      dungsferne und fremdsprachige Menschen sowohl via
petenzen des Personals bezüglich Diversität beziehen,        herkömmliche als auch via digitale Medien schwerer zu er-
die wiederum der externen Diversität (der älteren            reichen sind als jüngere, ressourcenreiche, gebildete und in
Menschen als Nutzniessenden des Angebots) entgegen           der jeweiligen Mehrheitssprache kompetente Personen.
kommen.                                                      Gerade diese Gruppen sind aber in erhöhtem Mass auf In-
                                                             formation, Beratung und Unterstützung angewiesen.
                                                                Der Individualisierungsgrad von Informations-, Dienst-
Soziale Heterogenität und                                    leistungs- und Wohnangeboten ist skalierbar. Man könnte
Ungleichheit im Alter                                        nach dem Angebot suchen, das für alle durchschnittlich den
                                                             grössten Gewinn an Zufriedenheit erbringt, und würde da-
Neben dem genannten gesamtgesellschaftlichen Trend           mit die Bedürfnisse einer grossen Zahl übergehen, oder
zur Heterogenisierung und Diversifikation der Bevöl-         man könnte versuchen, für jede Person einzeln ein optimal
kerung, der sich nach und nach auch in der Altersbevöl-      an ihre Bedürfnisse angepasstes Angebot zu entwickeln,
kerung abbildet, gibt es schicht- und lebenslaufbezogene     und liefe damit Gefahr, ohne hinreichende Wissensbasis
Ursachen, die zu einer grösseren Differenzierung insbe-      (im Sinne einer «individuellen Theorie») und Erfolgssi-
sondere von Lebenslagen, aber auch von Ressourcen und        cherheit grosse Kosten zu verursachen.
Alltagskulturen im Alter führen können. Unterschiedli-          Ein optimales Angebot wäre eines, das anhand hinrei-
che Entwicklungschancen, Lebensereignisse und soziale        chender Kenntnisse allgemeiner Gesetzmässigkeiten und
Zugehörigkeiten machen Menschen im Verlauf des Le-           des Individuums mit den verfügbaren Mitteln den Nutzen
bens unterschiedlicher. In der sozialen Gerontologie wird    für das Individuum maximiert und die Risiken minimiert,
diskutiert, ob «[…] die Lebenslage in der späten Lebens-     und gleichzeitig dessen aktive Anpassungs- und Mitgestal-
phase stärker von der Altersbedingtheit (z. B. aufgrund      tungsfähigkeit fördert und für den Ausgleich verbleiben-
gesundheitlicher Beeinträchtigungen), von der gleich-        der «Ungenauigkeiten» nutzt.
bleibenden sozioökonomischen Differenzierung oder
von der Kumulation sozioökonomischer Differenzen ge-         Literatur
prägt ist» (Backes & Clemens, 2013, S. 283). Körperliche     Backes, G. M. & Clemens, W. (2013). Lebensphase Alter : Eine
Gebrechen oder der Eintritt in eine Alterswohneinrich-          Einführung in die sozialwissenschaftliche Alternsforschung (4.,
tung können Schichteffekte abschwächen, insbesondere            überarbeitete und erweiterte Auflage). Weinheim: Beltz Juventa.
                                                             Charta der Vielfalt e. V. (2011). Diversity-Dimensionen. Abgerufen
wenn sozialstaatliche Massnahmen Ungleichheiten kom-
                                                                von http://www.charta-der-vielfalt.de/de/diversity/diversity-di-
pensieren (ebd.). Die Ursachen für eine kumulative so-          mensionen.html
ziale Differenzierung («cumulative advantage and dis-        Diversity Management. (2016, November 29). In Wikipedia. Abge-
advantage», CAD) können lebensgeschichtlich früh                rufen von https://de.wikipedia.org/wiki/Diversity_Management
                                                             O’Rand, A. M. (2016). Long, broad, and deep. Theoretical approa-
angelegt sein, wobei die systematischen Auswirkungen
                                                                ches in aging and inequality. In V. L. Bengtson & R. A. Settersten
früher Vorteile geringer zu sein scheinen als diejenigen        (Eds.), Handbook of Theories of Aging (3rd ed., S. 365–379). New
früher Nachteile (O’Rand, 2016, S. 371 f.).                     York: Springer.
   Während zugeschriebene oder selbst gewählte individu-
                                                                                          Hans Rudolf Schelling, lic. phil., ist
elle bzw. gruppenbezogene Merkmale, die zur Diversität                                    Geschäftsführer des Zentrums für
beitragen, zu akzeptieren sind, solange sie den Handlungs-                                Gerontologie der Universität Zürich.
spielraum anderer nicht übermässig einschränken, kann
                                                                                          h. r.schelling@zfg.uzh.ch
eine kumulative sozioökonomische Differenzierung auf ei-
nen sozialpolitischen Handlungsbedarf hinweisen.

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17                                                                            © 2017 Hogrefe
Schwerpunkt/Thème central                                                                                                           9

Grund- und Menschenrechte Älterer
Sabrina Ghielmini

Herausforderungen im Alltag älterer Menschen weisen oft ei-        Libertés fondamentales et droits de l’homme des
nen Bezug zu den Grund- und Menschenrechten auf, ohne dass         personnes âgées
uns dies bewusst ist. Dazu zählen beispielsweise die Benach-       Les enjeux du quotidien des personnes plus âgées ont souvent
teiligungen Älterer auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt, Si-       un rapport avec les libertés fondamentales et les droits de
tuationen von Vernachlässigung oder aber Beeinträchtigungen        l’homme sans que nous en ayons conscience. Ceci concerne
des selbstbestimmen Lebens.1                                       par exemple la discrimination des plus âgés sur le marché du
                                                                   travail ou du logement, les siuations de négligence ou encore
                                                                   les atteintes à la vie autodéterminée.1

                                                                   Accès à l’article traduit en introduisant
                                                                   le lien http://econtent.hogrefe.com/toc/aga/current
                                                                   ou en utilisant le code AGA-2017-04.

D
         ie Grundrechte der Bundesverfassung und die in-       oder tatsächlichen Hindernissen bei der Verwirklichung
         ternationalen Menschenrechte gelten für alle          ihrer grund- und menschenrechtlichen Ansprüche kon-
         Menschen, auch für ältere. Im Unterschied zu an-      frontiert, ohne dass sie sich dessen bewusst sind.
deren besonders verletzlichen Gruppen wie Kindern oder
Menschen mit Behinderungen, enthält die Bundesverfas-
sung jedoch keine Bestimmung, die spezifisch auf den           Die Relevanz der Grund- und
grundrechtlichen Schutz älterer Menschen zugeschnitten         Menschenrechte für die Situation Älterer
wäre. Ähnlich präsentiert sich die Situation auf interna-
tionaler Ebene. Dennoch wird der menschenrechtliche            Die Studie des SKMR identifiziert verschiedene, ältere
Schutz älterer Personen zunehmend thematisiert.                Menschen betreffende, Lebensbereiche und Querschnitts-
                                                               themen, in welchen sich besonders häufig grund- und
                                                               menschenrechtliche Fragestellungen ergeben. Es han-
Internationale Entwicklungen                                   delt sich um die Lebensbereiche Arbeit/Pensionierung,
                                                               Wohnen/Mobilität, Gesundheit/Pflege sowie die The-
Die UNO hat im Jahr 2010 die Open-ended Working Group          men der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung,
on Ageing und 2013 das Mandat der Unabhängigen Exper-          der Autonomie und Partizipation sowie der Gewalt und
tin für die Menschenrechte Älterer geschaffen. Diese Or-       Vernachlässigung.
gane befassen sich aktuell mit der Frage, ob im Men-              Innerhalb dieser Lebens- und Themenbereiche sind un-
schenrechtsschutz Älterer Lücken bestehen und ob eine          terschiedliche Grund- und Menschenrechte von Bedeu-
spezifische Konvention für die Menschenrechte Älterer          tung, von denen die meisten sowohl durch die schweizeri-
notwendig ist. Auch das Ministerkomitee des Europa-            sche Bundesverfassung als auch durch internationale
rates hat sich der Thematik angenommen und eine an
die Mitgliedstaaten gerichtete Empfehlung zur Förde-
rung der Menschenrechte Älterer erlassen.2 Schliesslich
ist 2017 die Interamerikanische Konvention zum Schutz          1
                                                                    Der vorliegende Artikel beruht auf einer Studie des Schweizeri-
der Menschenrechte Älterer in Kraft getreten.3                      schen Kompetenzzentrums für Menschenrechten (SKMR): Schwei-
                                                                    zerisches Kompetenzzentrum für Menschenrechte, Menschen-
   In der Schweiz sind die Grund- und Menschenrechte Äl-
                                                                    rechte im Alter. Ein Überblick über die menschenrechtliche
terer ein bisher wenig beachtetes Thema. Eine Studie des            Situation älterer Personen in der Schweiz, verfasst von Eva Maria
Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrech-                 Belser/Christine Kaufmann/Andrea Egbuna-Joss/Sabrina Ghielmi-
te (SKMR) zeigt nun, dass auch in der Schweiz altersspe-            ni/Gabriela Medici, Bern, 2017.
                                                               2
                                                                    Recommendation CM/Rec(2014)2 on the promotion of human
zifische Benachteiligungen und Beeinträchtigungen von
                                                                    rights of older persons, 19. Februar 2014.
Grund- und Menschenrechten Älterer existieren. So sehen        3
                                                                    Inter-American Convention on protecting human rights of older per-
sich ältere Menschen im Alltag regelmässig mit rechtlichen          sons, 15. Juni 2015 (in Kraft getreten am 11. Januar 2017).

© 2017 Hogrefe                                                                            Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17
10                                                                                                        Überblick/Vue d’ensemble

Menschenrechtskonventionen4 garantiert werden. Aus-            Menschenrecht auf angemessene Unterbringung (Art. 11
gangspunkt aller Grund- und Menschenrechte ist dabei           UNO Pakt I). Dieses ist in der Schweiz zwar nicht einklag-
stets die Menschenwürde (Art. 7 BV). Sie garantiert, dass      bar, dennoch verpflichtet es den Staat, darauf hinzuwir-
der Staat die Würde jedes Menschen gleichermassen und          ken, dass Ältere für sie angemessenen Wohnraum finden
damit unabhängig von seinem Alter achtet. Zum Schutz           können. Schliesslich umfasst das Recht auf Selbstbestim-
der Menschenwürde gehört auch, dass der Staat dafür            mung auch das Recht auf einen selbstbestimmten Tod.
sorgt, dass Dritte wie zum Beispiel Privatpersonen als Ver-       Weitere Garantien, die für ein selbstbestimmtes Leben
mieter oder Arbeitgeber sie nicht verletzen.                   im Alter relevant sind, betreffen insbesondere die Bewe-
                                                               gungsfreiheit (Art. 10 Abs. 2 BV, Art. 12 Abs. 1 UNO Pakt
                                                               II), die Niederlassungsfreiheit (Art. 24 BV, Art. 12 Abs. 1
Schutz vor Gewalt und                                          UNO Pakt II) und das Recht auf Privat- und Familienleben
gesundheitliche Aspekte                                        (Art. 13 und 14 BV, Art. 8 EMRK, Art. 17 UNO Pakt II). So
                                                               gibt die Bewegungsfreiheit älteren Menschen das Recht,
Das Recht auf Leben (Art. 10 Abs. 1 BV, Art. 2 EMRK und        sich nach ihrem Willen an bestimmte Orte zu begeben
Art. 6 UNO Pakt II), das Recht auf körperliche und geisti-     oder an einem bestimmten Ort zu verweilen. Diese Garan-
ge Unversehrtheit (Art. 10 Abs. 2 BV) sowie das Verbot der     tie kann etwa durch ungerechtfertigtes Abschliessen von
grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Be-              Zimmertüren in Pflegeinstitutionen oder dem Verweigern
handlung und der Folter (Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 3 EMRK,       von Hilfsmitteln zur Fortbewegung beeinträchtigt sein.
Art. 7 UNO Pakt II) untersagen dem Staat zum einen ent-        Das Recht auf Privatleben garantiert die Privatsphäre auch
sprechende Handlungen. Zum andern verpflichten sie             in betreuten Wohnformen oder in Alters- und Pflegehei-
den Staat auch alle erforderlichen und zumutbaren Mass-        men. Es schützt ausserdem vor der Weitergabe vertrauli-
nahmen zu ergreifen, um Personen vor Beeinträchtigun-          cher Daten wie zum Gesundheitszustand oder der finanzi-
gen dieser Garantien durch Dritte zu schützen. Für ältere      ellen Situation eines älteren Menschen. Das Recht auf
Menschen bedeutet dies unter anderem, dass der Staat           Familienleben wiederum garantiert älteren Menschen frei
beispielsweise im Rahmen seiner Aufsichtsfunktion prä-         darüber zu entscheiden, mit welchen Menschen sie Bezie-
ventive Massnahmen zu ergreifen hat um Gewalt oder             hungen eingehen, pflegen oder auch abbrechen wollen.
Vernachlässigung in Pflegeinstitutionen zu verhindern.         Die Niederlassungsfreiheit gibt schliesslich das Recht,
Sensibilisierungs- und Unterstützungsmassnahmen für            auch im Alter frei über den Wohnort zu entscheiden.
pflegende Angehörige sind andere Beispiele, mit denen
die Behörden Übergriffe infolge von Überforderung der
Pflegenden verhindern können. Aus dem Recht auf kör-           Verbot der Altersdiskriminierung
perliche und geistige Unversehrtheit folgen weiter auch
das Verbot des Ruhigstellens mittels zwangsweise verab-        Die Thematik der Altersdiskriminierung hat sich im Rah-
reichter Beruhigungsmittel sowie das Verbot medizini-          men der Bestandesaufnahme des SKMR als besonders ak-
scher Eingriffe ohne vorgängige und umfassende Infor-          tuell herauskristallisiert. Alle befragten Personen erachten
mation. Schliesslich statuiert das in der Schweiz allerdings   die Benachteiligung älterer Menschen in unterschiedli-
nicht einklagbare Recht auf Gesundheit (Art. 12 UNO            chen Lebenssituationen wie beispielsweise im Bereich des
Pakt I) das für die jeweils betroffene Person erreichbare      Arbeits- oder Wohnungsmarktes, aber auch im Zusam-
Höchstmass an körperlicher und geistiger Gesundheit.           menhang mit dem Erhalt von Dienstleistungen (u. a. von
Bezogen auf ältere Menschen beinhaltet dies insbesonde-        Banken oder Versicherungen) als wichtiges Thema.
re den Anspruch auf die jeweils notwendige Pflege.                Auch wenn das Verbot der Diskriminierung aufgrund
                                                               des Alters gemäss Art. 8 Abs. 2 BV auf den ersten Blick klar
                                                               und eindeutig erscheint, ist dessen Umsetzung in der Pra-
Selbstbestimmtes Leben im Alter                                xis mit verschiedenen Hürden verbunden. Aus juristischer
                                                               Sicht ist es wichtig, in diesem Zusammenhang festzuhal-
Die Studie des SKMR zeigt, dass für die grund- und men-        ten, dass nicht jede Benachteiligung eines älteren Men-
schenrechtliche Situation Älterer gerade die Frage nach        schen auch eine verbotene Diskriminierung im Sinne der
einem selbstbestimmten Leben ein besonders bedeutsa-           Bundesverfassung darstellt. Eine Diskriminierung im
mes Spannungsfeld darstellt, in das verschiedene Grund-        rechtlichen Sinn liegt zum einen dann vor, wenn ein Ge-
und Menschenrechte hineinspielen. So garantiert das
Recht auf Selbstbestimmung (Art. 10 Abs. 2 BV) gemäss
Bundesgericht, dass alle Menschen über die «elementaren
Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung» selbst be-        4
                                                                   Insbesondere: Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
stimmen dürfen.5 Für ältere Menschen bedeutet dies bei-            Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention), SR
spielsweise, frei über ihre Wohn- und Lebenssituation und          0.101 (EMRK); Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über
                                                                   wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, SR 0.103.1 (UNO Pakt
die Art einer allenfalls notwendigen Betreuung entschei-
                                                                   I); Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche
den zu dürfen. In engem Zusammenhang mit dem Recht,                und politische Rechte, SR 0.103.2 (UNO Pakt II).
die eigene Wohnsituation zu bestimmen, steht auch das          5
                                                                   Vgl. z. B. BGE 138 IV 13, E. 7.1 S. 25 f.

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17                                                                                © 2017 Hogrefe
Überblick/Vue d’ensemble                                                                                                  11

setz oder eine staatliche Massnahme ältere Menschen ex-
                                                               Die Studie «Menschenrechte im Alter» des Schweizerischen
plizit ungleich behandelt, diese dadurch benachteiligt
                                                               Kompetenzzentrums für Menschenrechte befasst sich mit
werden und es dafür keine «qualifizierte Rechtfertigung»
                                                               den Grund- und Menschenrechten älterer Menschen in
gibt. Die genauen Anforderungen an diese «qualifizierte
                                                               der Schweiz. Darüber hinaus arbeitet das SKMR an einem
Rechtfertigung» lassen sich bislang jedoch nicht eindeutig
                                                               Grundrechtskatalog für Ältere. Es handelt sich dabei um eine
aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts erschliessen.
                                                               Zusammenstellung und Erläuterung der wichtigsten Grund-
Eine verbotene Diskriminierung kann zum andern dann
                                                               und Menschenrechte für die Praxis. Die Publikationen sind
vorliegen, wenn die ungleiche Behandlung zwar nicht di-
                                                               auf der Webseite des SKMR abrufbar: www.skmr.ch.
rekt am fortgeschrittenen Alter der Betroffenen anknüpft
und vordergründig als neutrale Regelung erscheint, im Er-
gebnis aber besonders häufig ältere Menschen benachtei-
ligt. Auch solche sogenannte indirekte Diskriminierungen      sie im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist
müssen qualifiziert gerechtfertigt sein.                      und wenn der Kerngehalt des Grundrechts gewahrt wird.
   Das Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung er-        Für ältere Menschen sind diese Voraussetzungen deshalb
fasst aber nur Gesetze und Massnahmen des Staates, nicht      relevant, weil viele der Herausforderungen, denen sie sich
hingegen Handlungen durch Privatpersonen oder Unter-          im Alltag gegenüber sehen, einen Bezug zu den Grund-
nehmen. Zwar hat der Staat die Pflicht, ältere Menschen       und Menschenrechten haben. Diese Herausforderungen
vor diskriminierenden Handlungen durch Private zu             aus einer grund- und menschenrechtlichen Perspektive zu
schützen und er nimmt diese Pflicht punktuell in der Form     betrachten und sich zu fragen, ob die praktisch erlebten
von einzelnen Normen beispielsweise im Bereich des Ar-        Einschränkungen vor den rechtlich geschützten Grund-
beits- und Mietrechts wahr. Insgesamt zeigt die Bestan-       und Menschenrechten standhalten, könnte zu neuen Lö-
desaufnahme des SKMR aber, dass im Bereich privater           sungsansätzen führen und älteren Menschen als Trägern
Diskriminierungen älterer Menschen grosse Schutzlücken        von Rechten eine aktivere Rolle in der Diskussion geben.
bestehen.

                                                                                        Sabrina Ghielmini (MLaw,
Grund- und                                                                              Rechtsanwältin) ist wissenschaft-
menschenrechtliche Perspektive                                                          liche Mitarbeiterin des Schweizeri-
                                                                                        schen Kompetenzzentrums für
                                                                                        Menschenrechte (Themenbereich
Nicht jede Massnahme oder Situation, welche die grund-                                  Menschenrechte und Wirtschaft)
rechtlichen Garantien älterer Menschen berühren, stellen                                sowie des Kompetenzzentrums
auch eine Grundrechtsverletzung dar. Vielmehr ist jeder                                 Menschenrechte der Universität
                                                                                        Zürich.
Einzelfall zu prüfen. Die Einschränkung eines Grund-
rechts ist gemäss Art. 36 BV zulässig, wenn für die betref-                             sabrina.ghielmini@
fende Massnahme eine gesetzliche Grundlage existiert,                                   menschenrechte.uzh.ch

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Die Alzheimer Schweiz ist eine unabhängige, konfessionell und politisch neutrale,
gemeinnützige Organisation mit Sitz in Bern. Sie setzt sich ein für Menschen mit
Alzheimer oder anderen Formen von Demenz und ihre Angehörigen, entwickelt
spezifische Dienstleistungen für diese Zielgruppen und ist gesellschaftspolitisch im
Rahmen der Nationalen Demenzstrategie der Schweiz aktiv. Mit ihren 21 kantonalen
Sektionen ist die Alzheimer Schweiz in der ganzen Schweiz vertreten.

Zur Unterstützung unseres Teams in der Geschäftsstelle suchen wir zum
nächstmöglichen Termin eine/n

        Wissenschaftliche/n Mitarbeiter/in (80-100%)
Ihre Kompetenzen
Sie verfügen über einen Masterabschluss in Sozialwissenschaften, Gerontologie,
Psychologie, Soziologie oder vergleichbarer Fachrichtung mit Knowhow im
Handlungsfeld Public Health. Ihre Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge verständlich zu
formulieren wird ergänzt durch praktische Erfahrung mit Menschen mit Demenz und ihren
Angehörigen. Sie arbeiten gerne in einem Team und haben gute Organisations- und
Koordinationsfähigkeiten. Sehr gute Kenntnisse zweier Amtssprachen sowie sehr gute
Englischkenntnisse setzen wir voraus. Weiterhin benötigt diese Position ausgeprägte
Kompetenzen in den Bereichen:
 x   Selbständiges und strukturiertes Arbeiten
 x   Kommunikationsfreude, Engagement, Eigeninitiative und Flexibilität sowie
 x   Interesse an und Bereitschaft zur Vereinsarbeit.

Ihre Aufgaben
  x Recherche, Aufbereitung und Verbreitung von Wissen zu allen Sachgebieten im
    Thema Demenz
  x Verschriftlichung der Erkenntnisse in Fachartikeln sowie Informationsbroschüren in
    leicht verständlicher Sprache
  x Präsentation der Erkenntnisse an Tagungen und Kongressen
  x Qualitätssicherung, Management und inhaltliche Begleitung von (Forschungs-)
    Projekten (interne und externe Mandate)
  x Vernetzung mit Partnern zur Koordination des Wissenstransfers
  x Mitarbeit an der Entwicklung eines übergeordneten Konzepts für das
    Wissensmanagement unserer Organisation.
Wir bieten
Ein gesellschaftspolitisch hoch aktuelles und dynamisches Umfeld mit diversen
Zielgruppen. Die Möglichkeit, das Wissensmanagement von Alzheimer Schweiz
entscheidend mitzuprägen sowie einen attraktiven Arbeitsort im Herzen von Bern (keine
5 Minuten vom Hauptbahnhof).

Ihre Bewerbung richten Sie bis zum 30. November 2017 an: stefanie.becker@alz.ch. Für
Fragen steht Ihnen die Geschäftsleiterin Stefanie Becker Tel. 058 958 80 05 gerne zur
Verfügung.
Schwerpunkt/Thème central                                                                                                     13

Migrants africains et
latino-américans âgés:
trajectoires et conditions de vie
Claudio Bolzman

La situation de ces personnes âgées n’est guère connue, proba-      Afrikanische und lateinamerikanische Migranten im Senio-
blement parce que la majorité des Africains et Latino-améri-        renalter: Lebenswege und Lebensbedingungen
cains n’ont pas encore atteint l’étape définie comme celle de la     Die Situation dieser Senioren ist kaum bekannt, wohl weil
vieillesse, que ce soit d’un point de vue démographique, social,    die meisten Afrikaner und Lateinamerikaner noch nicht den
administratif ou biologique. D’autre part, ces personnes ne re-     als Seniorenalter definierten Lebensabschnitt erreicht ha-
présentent qu’une faible part de presqu’un million et demi des      ben, sei es unter demografischem, sozialem, administrati-
personnes âgées de 65 ans et plus résidant en Suisse.               vem oder biologischem Aspekt. Zum anderen machen die-
                                                                    se Personen nur einen geringen Anteil der fast anderthalb
                                                                    Millionen Senioren im Alter ab 65 Jahren aus, die in der
                                                                    Schweiz ansässig sind.

                                                                    Geben Sie im Browser den Link
                                                                    http://econtent.hogrefe.com/toc/aga/current ein
                                                                    oder verwenden Sie den Code AGA-2017-04.

E
       n effet, les Africains sont près de 1200 et les Latino-
       américains un peu moins de 1000. Ces chiffres
       pourraient être cependant plus élevés si l’on tenait
compte des personnes naturalisées suisses issues de ces
régions du monde.

Trajectoires

Les conditions de vie à la vieillesse, ainsi que les manières
de percevoir la vieillesse sont influencées par les parcours
de vie précédents (Elder, Kirkpatrick Johnosn, 2002) : mi-
gratoires, de formation, professionnels, familiaux, etc.. Il
est donc nécessaire de préciser certaines des caractéris-
tiques des parcours des interviewés qui les distinguent de la
population suisse ainsi que des immigrés venus de l’Union
européenne (UE), tout en mettant en évidence que les tra-
                                                                   Quelle: Pixabay.
jectoires de ces personnes sont complexes et plurielles.
   En ce qui concerne les trajectoires migratoires, nous
mettons ici en évidence deux dimensions : le moment de la
migration et notamment de l’arrivée en Suisse d’une part,          vie adulte, souvent après 50 ans. Enfin, une petite minorité
les motifs de la migration d’autre part. En ce qui concerne        est arrivée après l’âge de la retraite dans le cadre d’une
la première dimension, la grande majorité des interviewés          migration tardive afin de rejoindre leurs enfants. Nedelcu
sont arrivés en Suisse, tout comme la plupart d’autres mi-         (2009) définit ces derniers comme la « génération zéro ».
grants, au début de leur vie adulte et ont vieilli dans ce            Si l’on considère les raisons de la migration vers la
pays. Certains sont arrivés vers la deuxième moitié de leur        Suisse, la grande majorité des Africains et des Latino-

© 2017 Hogrefe                                                                             Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17
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américains sont venus principalement dans le cadre de             tion de leur couple. Ainsi, presque la moitié des personnes
leurs études, de l’asile, du regroupement familial et très        interviewées vivent seules en raison d’un divorce, d’une sé-
peu pour des raisons professionnelles. Cette dernière             paration ou d’un veuvage. L’autre moitié a connu une vie
voie, qui est la principale forme d’entrée pour les ressor-       familiale stable ou a créé une famille recomposée.
tissants de l’UE, est en effet en principe fermée aux res-
sortissants des pays extra-européens. Ainsi, certains de
nos interviewés qui sont venus pour exercer une activité          Conditions de vie
professionnelle sont contraints d’exercer celle-ci sans
autorisation de séjour. D’une certaine manière, on peut           Plus de la moitié des personnes interrogées ont acquis la
affirmer que les personnes âgées africaines et latino-amé-        nationalité suisse, ce qui est le cas de moins de 15 % des
ricaines sont des résidents inattendus, car elles ont em-         personnes âgées venues d’Europe de Sud. Il est clair que
prunté d’autres voies que d’autres migrants pour vivre en         pour les ressortissants d’Afrique et d’Amérique latine, le
Suisse (Bolzman, Gakuba, Minko, 2016).                            fait de se naturaliser leur donne une certaine sécurité juri-
   Concernant leur niveau de formation, la majorité de nos        dique, davantage considérée comme acquise par les ressor-
interviewés (deux tiers) ont fait une formation tertiaire. Ils    tissants de l’UE. En revanche, une minorité d’interviewés
sont ainsi davantage formés que la moyenne de la popula-          ne dispose d’aucun statut de séjour en Suisse ou a encore
tion suisse âgée de 65 ans et plus (qui a plutôt un diplôme       un permis précaire lié à l’asile.
de formation professionnelle de niveau secondaire) ou que            Concernant la situation économique des interviewés,
les migrants venus du Sud de l’Europe qui ont dans leur           elle est largement tributaire des trajectoires profession-
majorité un certificat d’éducation primaire.                      nelles et familiales antérieures, ainsi que de leur statut juri-
   Cela ne veut pas dire qu’ils ont pu faire valoir leurs di-     dique en Suisse. Les personnes qui ont exercé une activité
plômes dans le cadre du marché du travail helvétique.             professionnelle pendant une longue période et qui vivent
Nombre d’entre eux ont connu une déqualification profes-          en couple ont en général une situation économique satis-
sionnelle et une réorientation par la suite, afin de pouvoir      faisante, même si la retraite peut amener une diminution
trouver du travail. Une fois cette réorientation faite, une       du revenu. Les personnes avec une insertion précaire (pas-
partie a eu des trajectoires stables dans leur nouveau mé-        sée ou présente) sur le marché de travail, sans statut de sé-
tier. D’autres ont connu des trajectoires discontinues, al-       jour et seules, ont en revanche une situation économique
ternant des périodes de travail, de chômage et de femme           plutôt difficile. Les femmes en particulier sont surrepré-
ou homme au foyer. Une troisième catégorie de personnes,          sentées parmi les personnes vivant avec moins de CHF
notamment ayant dû attendre longtemps une réponse à               2000 par mois et parmi les travailleur-e-s pauvres.
leur demande d’asile, ont plutôt connu des trajectoires de           En ce qui concerne le logement, on sait que les personnes
dépendance de l’aide sociale avec une insertion très diffi-       âgées bénéficient en général de l’ancienneté d’occupation
cile sur le marché de travail. Enfin, une dernière catégorie      de celui-ci. Nos interviewés ne constituent pas une excep-
d’interviewés, du fait de leur statut juridique de « sans-pa-     tion et la majorité d’entre eux connaît une situation satisfai-
piers », et malgré leur âge avancé, continuent à exercer des      sante sur ce plan. L’exception est constituée d’une part par
métiers précaires (économie domestique, garde des en-             des personnes ayant dû passer par la procédure d’asile qui
fants, aide à des personnes âgées) pour assurer leur subsis-      ont de la peine à sortir des foyers collectifs pour requérants,
tance. Ainsi, pour bon nombre d’interviewés, le rapport au        d’autre part par les personnes sans statut de séjour qui
travail n’a pas été satisfaisant et ils ont expérimenté des       doivent payer des loyers chers pour vivre dans des loge-
formes de souffrance par rapport à celui-ci.                      ments de mauvaise qualité qu’elles doivent partager avec de
   Si l’on s’intéresse aux trajectoires familiales, on constate   nombreuses autres personnes dans un espace réduit.
que celles-ci ne constituent pas non plus un « long fleuve           Pour ce qui est de la vie sociale des interviewés, à nou-
tranquille ». Des personnes ayant dû quitter leur pays en         veau les trajectoires antérieures ont une influence sur
raison de la violence politique, ont connu des séparations        l’étendue des relations. Ainsi, la majorité des personnes
douloureuses d’une partie de leur famille. Certains ont pu        arrivées en tant que jeunes adultes disposent d’un réseau
procéder au regroupement familial après l’obtention du sta-       social large et hétérogène. Les personnes arrivées plus tard
tut de réfugié, alors que pour d’autres la réunification fami-    et venues dans le cadre de l’asile et du regroupement fami-
liale a trop tardé ou s’est avérée impossible et l’éclatement     lial ont souvent un réseau familial, communautaire et ins-
familial a persisté dans le temps. Pour d’autres, un divorce,     titutionnel dans lequel elles peuvent s’insérer. Les per-
une séparation, un veuvage les ont poussés à quitter leur         sonnes qui se trouvent sans autorisation de séjour ont un
pays. C’est le cas notamment d’un certain nombre de               réseau communautaire et religieux, mais parfois expri-
femmes qui se sont trouvé confrontées à une diminution            ment des sentiments de solitude.
drastique de leurs ressources matérielles et ont effectué une        Quant à l’état de santé, près de la moitié des personnes
migration tardive dans l’espoir de pouvoir gagner leur vie        interviewées ont des maladies chroniques (musculo-sque-
ailleurs. D’autres personnes ont migré en famille ou en créé      lettiques, diabète et autres) ou ont connu des maladies
leur famille en Suisse, mais les difficultés socioécono-          graves qui pourraient être attribuées à l’âge. Mais certains
miques, culturelles ou juridiques liées à la migration ou sim-    problèmes peuvent être aussi liés au type de travail effec-
plement d’autres expériences de vie ont amené à la sépara-        tué, aux violences vécues au pays d’origine, aux séparations

Angewandte GERONTOLOGIE Appliquée 4/17                                                                             © 2017 Hogrefe
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