Geschäftsbericht 2010 - ITI Germany
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Geschäftsbericht 2010 Internationales Theaterinstitut Zentrum Bundesrepublik Deutschland
Geschäftsbericht 2010 Zentrum Bundesrepublik Deutschland des Internationalen Theaterinstituts (ITI) e.V. Vorgelegt der Mitgliederversammlung vom 26./27. März 2011 Gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und durch die Kulturstiftung der Länder (KSL) 1
2 INTERNATIONAL THEATRE INSTITUTE - www.iti-worldwide.org PRESIDENT WORLD CONGRESS EXECUTIVE COUNCIL EXECUTIVE BOARD NATIONAL AND ASSOCIATED CENTRES GENERAL SECRETARY INTERNATIONAL MUSIC THEATRE INTERNATIONAL THEATRE EDUCATION COMMUNICATION DANCE COMMITTEE COMMITTEE PLAYWRIGHTS‘ FORUM & TRAINING COMMITTEE COMMITTEE COMMITTEE FOR CULTURAL DRAMATIC INTERNATIONAL YOUNG PRACTITIONER‘S NEW PROJECT GROUP IDENTITY & DEVELOPMENT THEATRE COMMITTEE MONODRAMA FORUM COMMITTEE INTERNATIONAL FESTIVAL FORUM Geschäftsbericht 2010
Das Internationale Theaterinstitut - ITI Das Internationale Theaterinstitut (ITI) ist Arbeitsgruppen Kontakt: das weltweit agierende Netzwerk des The- Cultural Diversity aters. 1946 auf Betreiben der UNESCO be- actions against violation of human rights of International Theatre Institute gründet, dient es dem wechselseitigen Aus- theatre people (gegründet auf 128. EC Sit- UNESCO tausch der Theaterschaffenden der Welt mit zung, Fujeirah 2009) 1, rue Miollis dem Ziel einer tieferen, gleichberechtigten 75732 Paris cedex 15, France Verständigung der Kulturen. Seit nunmehr Ende 1998 wurde in Bukarest (Rumäni- sechzig Jahren ist das ITI unter dem Schirm en) der UNESCO Lehrstuhl „Theater und Tel.: +33 (0)1 - 45 68 48 80 der UNESCO tätig, in rund 90 Ländern ar- die Kultur der Zivilisationen“ durch die Fax: +33 (0)1 - 45 66 50 40 beiten nationale Zentren. Diese repräsen- UNESCO, das ITI und die rumänischen Part- Email: iti@iti-worldwide.org tieren – in möglichst umfassender Weise ner, insbesondere die Ministerien für Kultur www.iti-worldwide.org – die nationale Theaterszene und erklären und für Bildung, gegründet. Seine Aufga- ihre Übereinstimmung mit den Inhalten ben realisiert der Lehrstuhl durch jährliche und Werten der Charta des ITI. Sie initiie- Workshops und Regieklassen internationa- ren und koordinieren gemeinsame Projek- ler Dozenten, durch die Organisation inter- te und Kooperationen in den internationa- nationaler Treffen von Theaterhochschulen len Komitees des ITI. Koordiniert wird die und Festivals mit Szenenstudien, theatrali- Kommunikation zwischen den ITI Zentren schen Recherchen und Produktionen der durch das Generalsekretariat des ITI mit Sitz Schauspielschulen. in Paris. Seine herausragende Position als Nichtre- Organe des weltweiten ITI Die Vertreter der nationalen ITI Zentren fin- gierungs-Organisation (non governmen- den sich alle zwei Jahre zum Weltkongress tal organization – NGO) auf dem Gebiet Nationale Zentren (Generalversammlung) zusammen. Der des Theaters gewann das ITI in der zweiten letzte Weltkongress fand vom 21. bis 27. Hälfte des 20. Jahrhunderts als Brückenbau- Weltkongress September 2008 in Madrid (Spanien) statt. er zwischen den Fronten des Kalten Krie- Exekutivrat ges. Heute hat sich diese Ost-West-Relation Generalsekretariat Der Exekutivrat / Executive Council (EC) in eine Nord-Süd-Relation gewandelt. Das bildet das Leitungsgremium zwischen den ITI unterstützt Theaterkünstler und Akteure Komitees und Foren Kongressen. Ihm gehören 14 von der Ge- der Kulturszene dort, wo Theater aus poli- Arbeitsgruppen neralversammlung jeweils für zwei Jahre tischen, ökonomischen, religiösen oder kul- gewählte Mitglieder an. turellen Gründen marginalisiert oder vom ITI/ UNESCO Chair Kontakt zu Kollegen und Theaterentwick- Zum Präsidenten des Internationalen The- lungen isoliert wird. aterinstituts wurde Ramendu Majumdar (Bangladesh) gewählt, als Vize-Präsidenten In enger Verbundenheit zu den Zielen und wurden Ali Mahdi (Sudan) und Christina Aufgaben der UNESCO hat sich das ITI für Babou-Pagoureli (Griechenland) bestimmt. das Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucks- Der 33. ITI-Weltkongress wird vom 19. bis formen engagiert. In Zeiten der Globalisie- zum 25. September 2011 in Xianmen (Chi- rung und der drohenden Dominanz markt- na) stattfinden. wirtschaftlicher Kräfte im Kulturbereich ist es die vornehmste Aufgabe des weltwei- Die inhaltliche Arbeit wird in den internati- ten Netzwerks, die Vielfalt der Theaterspra- onalen Programmkomitees, Foren und Ar- chen, der kulturellen Ausprägungen, der beitsgruppen koordiniert: Theatertraditionen und der aktuellen ästhe- tischen Konzepte als kulturellen Reichtum Komitees und Foren der Menschheit zu bewahren und zu kom- Communication Committee munizieren. Cultural Identity and Development Com- mittee Dramatic Theatre Committee International Dance Committee International Festival Forum International Monodrama Forum International Playwrights Forum Music Theatre Committee New Project Group Theatre Training and Education Commit- tee Young Theatre Practitioners Committee 3
4 ITI DEUTSCHLAND - www.iti-germany.de PRÄSIDENT VIZE-PRÄSIDENTEN MITGLIEDERVERSAMMLUNG VORSTAND PERSÖNLICHE MITGLIEDER KORPORATIVE MITGLIEDER GESCHÄFTSSTELLE THEATER DER EINZELVERANSTALTUNGEN WELT / KOOPERATIONEN MITGLIEDSCHAFTEN IN THEATER IN TANZ / GESELLSCHAFT KONFLIKTGEBIETEN IN BEWEGUNG INTERNATIONALEN KOMITEES UND INTERNATIONALE INTERNATIONALES PROJEKTGRUPPEN GEGENWARTSDRAMATIK MUSIKTHEATER DES ITI INFORMATIONSDIENSTE NETZWERKE KOMMUNIKATION Geschäftsbericht 2010
Das deutsche Zentrum des ITI Die deutsche Sektion des Internationalen Das deutsche ITI-Zentrum unterstützt die Kontakt: Theaterinstituts existiert seit 1955 und ist Arbeit der internationalen Komitees des ITI seit 1957 aktives Mitglied des internationa- bei Projektreisen und Arbeitsbegegnungen, Zentrum Bundesrepublik Deutschland des len Netzwerks. so Music Theatre NOW, das internationa- Internationalen Theaterinstituts (ITI) e.V. le Meeting des Music Theatre Committee, Schloßstraße 48, D-12165 Berlin 1959 wurde das DDR-Zentrum gegründet und die Workshopserie „My Unknown PF 41 11 28, D-12121 Berlin und ebenfalls in das ITI aufgenommen. Ers- Enemy“ des Cultural Identity and Develop- Tel.: +49 (0)30 - 791 17 77 ter Präsident war Wolfgang Langhoff, In- ment Committee. Die Projekte zum Thea- Fax: +49 (0)30 - 791 18 74 tendant des Deutschen Theaters Berlin. Bei- ter in Konfliktgebieten haben inzwischen Email: info@iti-germany.de de deutsche Zentren arbeiteten parallel im mit der Gründung des Centre for Theatre www.iti-germany.de ITI und richteten 1975 in West- und 1983 in Conflict Zones in Khartum (Sudan) – in in Ost-Berlin jeweils den ITI-Weltkongress Kooperation mit dem ITI Sudan – eine neue Präsident: aus. Qualität erfahren. Dr. Manfred Beilharz Vize-Präsidenten: 1991 erfolgte, im Zuge des Beitritts der Das Institut unterstützt auf kulturpolitischer Dr. Roberto Ciulli, Kay Wuschek neuen Bundesländer, über die Aufnahme Ebene den internationalen Austausch und namhafter Theaterleute der ehemaligen berät Künstler, Veranstalter und Produzen- Direktor: Dr. Thomas Engel, DDR eine Zusammenführung mit dem ten zu Fragen internationaler Zusammen- Stellv. Direktor: Michael Freundt DDR-Zentrum. Heute zählen rund 200 arbeit. Hierbei ist das deutsche Zentrum in Theaterkünstler – Intendanten, Regisseure, fast allen internationalen Komitees des ITI Choreografen und Journalisten – sowie Ver- vertreten und aktiv an der Diskussion und Kontakt NEU ab 02. Mai 2011: treter von Verbänden und Institutionen aus Erforschung ästhetischer und sozialer Zu- allen Bereichen der Darstellenden Künste sammenhänge des Theaters beteiligt. Zentrum Bundesrepublik Deutschland des zu den Mitgliedern des Zentrums Bundes- Internationalen Theaterinstituts (ITI) e.V. republik Deutschland des Internationalen Besondere Bedeutung kommt hierbei dem im Kunstquartier Bethanien Theaterinstituts (ITI) e.V. Monitoring für die UNESCO-Übereinkunft Mariannenplatz 2, D-10997 Berlin zum Schutz der Kulturellen Vielfalt zu. Vor Das deutsche ITI versteht sich als Kompe- diesem Hintergrund engagiert sich das ITI tenzzentrum für internationale Theaterar- für eine Stärkung der Lebens- und Arbeits- beit und als kulturpolitischer Streiter und bedingungen der lebendigen Träger kultu- Mittler für die künstlerischen Akteure, als reller Vielfalt, der Künstler. offene Plattform und als Ort der Debatte. Die Geschäftsstelle des Zentrums Bundes- Es verwirklicht seine Ziele, indem es Grund- republik Deutschland unterrichtet die na- lagen und aktuelle Informationen über das tionalen Kulturinstitutionen laufend über deutsche Theatergeschehen und über in- internationale Entwicklungen theaterpoliti- ternationale Entwicklungen erfasst und be- scher, struktureller und ästhetischer Natur. reitstellt, die Vernetzung künstlerischer Ak- teure vorantreibt sowie Wissensaustausch Das ITI Zentrum ist in den europäischen und Weiterbildung fördert. Netzwerken für Kulturpolitik und Informa- tionsaustausch vertreten, so im Informal In vielfältigen Kooperationsformen mit European Theatre Meeting (IETM), Culture nationalen und internationalen Partnern Action Europe (vormals: European Forum for initiiert und verfolgt das deutsche ITI Pro- the Arts and Heritage / EFAH), im European jekte zur nachhaltigen Umsetzung seiner Network of Information Centres for the Aufgabenbereiche. Zu den künstlerischen Performing Arts (ENICPA), seit 2008 im EU- Schwerpunkten seiner Arbeit gehört seit Pilotprojekt SPACE (Supporting Performing 1981 die regelmäßige Ausrichtung des in- Arts Circulation in Europe) und seit 2009 im ternationalen Festivals “Theater der Welt”. Mobilitäts-Portal on-the-move.org. Auf dem Gebiet der Gegenwartsdramatik Das ITI wird durch den Beauftragten der wird seit 2001 die Internationale Plattform Bundesregierung für Kultur und Medien Gegenwartstheater aufgebaut. Als Projekt- sowie die Kulturstiftung der Länder (KSL) serie mit Kooperationspartnern in ganz aus Mitteln des Landes Berlin und der Län- Europa (und Kanada) initiiert die Plattform dergemeinschaft finanziert. Förderung von Workshops mit Autoren, Übersetzern und Projekten erfolgt auch durch das Auswärti- Regisseuren, fördert Stückübersetzungen, ge Amt und weitere in- und ausländische Lesungen, Erstaufführungen und Gastspiele Förderer und Projektpartner. zeitgenössischer Dramatik. 5
Theater der Welt – Ein Festival des ITI Kontakt: Theater der Welt ist das bedeutendste Schau- Theater der Welt 2010 Mülheim an der spielfestival Deutschlands – ein Festival des Ruhr und Essen Theater der Welt - Ein Festival des ITI Internationalen Theaterinstituts, das seit c/o Internationales Theaterinstitut 1981 im Zweijahresrhythmus, seit 1993 Ein Festival des Internationalen Theater- PF 41 11 28 als Triennale unter jeweils wechselnder instituts (ITI), ausgerichtet von Theater an D-12121 Berlin Künstlerischer Leitung und an wechselnden der Ruhr und Schauspiel Essen in Koope- Spielorten ausgerichtet wird. Das Festival ration mit der Kulturhauptstadt Europas wurde begründet von Ivan Nagel und gas- RUHR.2010. tierte seither in Köln (1981), Frankfurt am Main (1985), Stuttgart (1987), Hamburg Vom 30. Juni bis 17. Juli 2010 war Theater (1989), Essen (1991), München (1993), der Welt zu Gast in Mülheim an der Ruhr Dresden (1996) und Berlin (1999). Im Jahr und Essen. Während des Festivals trafen 2002 fand das Festival in den Städten der fast 400 Künstler aus der ganzen Welt mit Rheinschiene Bonn, Düsseldorf, Duisburg den unterschiedlichsten Hintergründen und Köln statt, 2005 in Stuttgart, 2008 in und Perspektiven aufeinander – darunter Halle an der Saale. Im Kulturhauptstadtjahr einerseits bekannte Namen wie William 2010 durchbrach Theater der Welt seinen Kentridge, Guy Cassiers und Pichet Klun- dreijährigen Turnus: Zwei Jahre nach der chun, andererseits aber auch Künstler, die letzten Ausgabe 2008 folgte das Festival ihr Werk zum ersten Mal in Europa präsen- der Einladung der Kulturhauptstadt Euro- tierten. Gemeinsam war ihnen, dass sie, ge- pas RUHR.2010, des Theaters an der Ruhr mäß dem Festivalmotto, den Zuschauer in und des Schauspiel Essen. ihren Arbeiten dazu eingeladen haben, ei- nen Perspektivwechsel zu wagen, den eige- Die Künstlerischen Leiter der jeweiligen nen Blickwinkel in Frage zu stellen und die Ausgaben von Theater der Welt sind in Kon- scheinbar fixe Trennlinie zwischen dem Ei- zeption und Programmatik ihres Festivals genen und dem Fremden neu abzustecken. gänzlich unabhängig. Sie werden vom ITI Teilweise wurden die Produktionen vor Ort mit der Entwicklung ihres ganz persönli- erarbeitet, fast die Hälfte der Arbeiten wa- chen Programms beauftragt; ihre Autono- ren Uraufführungen, sodass das Publikum mie gewährleistet die künstlerische Einzig- insgesamt zehn Welt-, sechs Europa- und artigkeit einer jeden Festivalausgabe. neun Deutschlandpremieren sehen konn- te. Theater der Welt kann nach zwanzig Jahren sinnvoll nur weiterleben: Nicht als Festival Für das Festival 2010 konnte die Belgierin einer Weltorganisation des Theaters – son- Frie Leysen, Gründerin des renommierten dern als ein Festival des Welttheaters. Ob das „Kunstenfestivaldesarts“ in Brüssel und in- „Welttheater“ dabei faßbar, erahnbar wird ternationale Kuratorin, gewonnen werden. oder nicht, muß sich in jeder Spielzeit von Roger Christmann wurde zum Kaufmän- Theater der Welt neu erweisen. nischen Geschäftsführer des Festivals er- Je größer die Freiheit und das Risiko derer, die nannt. in sechs Erdteilen nach dem erregend Neuen, nach Theater, das nicht entbehrlich ist, su- Präsentiert wurden 32 spartenübergreifen- chen – je größer wird die Wahrscheinlichkeit de Produktionen aus den Bereichen Theater, des Unwahrscheinlichen: daß in einer nor- Tanz, Oper, Musik, bildende Kunst und Per- malen deutschen Stadt plötzlich Welttheater formance, für deren Aufführung klassische geschieht. (Ivan Nagel, anlässlich Theater der Theaterräume, aber auch Industriebauten, Welt 1999) die Essener Innenstadt oder eine Fabrikan- tenvilla in Mülheim einen stimmungsvollen Innerhalb des Festivals Theater der Welt ge- Rahmen bildeten. staltet das Internationale Theaterinstitut einen eigenen, die einzelnen Produktionen Das vom ITI organisierte künstlerische Be- übergreifenden Schwerpunkt in Form eines gleitprogramm umfasste das Symposium künstlerischen Begleitprogramms. „Play Young“ zu aktuellen Debatten im Kindertheater und ein Programm mit drei Theater der Welt wird gefördert durch die künstlerischen Laboratorien, die „Akademie Kommune und das Bundesland, welche das für generationsübergreifendes Sehen“. Eine Festival ausrichten, sowie durch den Beauf- Publikation entsteht aus diesen Begegnun- tragten der Bundesregierung für Kultur und gen. Medien. Die nächste Ausgabe von Theater der Welt wird 2013 stattfinden, in einer anderen deutschen Stadt, mit einer neuen Festival- leitung und einem neuen Team. 6 Geschäftsbericht 2010
Vorwort Auf einer außerordentlichen Mitgliederver- bei über der Hälfte der an Theatern Beschäf- sammlung des Zentrums Bundesrepublik tigten zwischen 5 und 10 Euro beträgt und Deutschland des ITI wurden am 17. Janu- die Rentenerwartung bei 500 Euro liegt, ist ar 1991 vierunddreißig persönliche Mitglie- Dank der Studie zur sozialen und arbeits- der des wenige Wochen zuvor aufgelösten rechtlichen Lage der Theaterkünstler in kur- ITI Zentrums DDR per Zuwahl aufgenom- zer Zeit zum öffentlichen und regelmäßig men. So wurde ohne größere Verwerfun- in der Presse zitierten Missstand geworden. gen die deutsche Einheit zweier jahrzehnte- Weniger zitiert, aber in diesem Zusammen- lang praktisch kooperierender und politisch hang keinesfalls irrelevant ist, dass Deutsch- konkurrierender deutscher ITI-Zentren ge- land weltweit auf Platz drei der Waffenex- stiftet. porteure steht und in der zweiten Hälfte der letzten Dekade seine Rüstungsexporte Für die künftige Arbeitsfähigkeit des deut- um 100 % gegenüber dem Zeitraum 2000 schen Zentrums war es ein Glücksfall, denn bis 2004 gesteigert hat. Denn diese Hypo- ein von verschiedenen Geschäftsführern thek haben deutsche Theatermacher auch jahrelang so zäh wie erfolglos verfolgtes im Nacken, wenn sie in Schwellen- und Ent- Ziel, wurde plötzlich möglich. Die deutsche wicklungsländer eingeladen werden, jenes Einheit gebar dem ITI eine wissenschaft- Theater als Agora demokratischen Diskurses liche Mitarbeiter- und eine Finanzverwal- zu vermitteln, das mit Namen wie Lessing, tungsstelle und stockte so das Büro auf die Brecht, Pollesch oder Loher verbunden ist. auch heute noch vorhandenen vier Vollzeit- Wenn Jessica Kaahwa in ihrer Botschaft zum stellen auf. Damit konnten auch an die um- diesjährigen Welttheatertag fordert, Thea- fangreichen Aktivitäten des mit sieben Mit- ter als Alternative zu waffenstarrenden Frie- arbeitern seinerzeit bestens ausgestatteten densmissionen einzusetzen, so ist das eine DDR-Zentrums angeknüpft und das nun- dringliche Bitte, die sich aus eigener Erfah- mehr gesamtdeutsche Zentrum weltweit ei- rung jahrzehntelangen bewaffneten Kon- nes der leistungsfähigsten Zentren werden. flikts in Uganda speist und die alles andere Das deutsche ITI-Zentrum erhält eine stabile ist als ein wohlfeiler Allgemeinplatz. Förderung, deren Bestand von den öffentli- chen Geldgebern auch unter den Bedingun- Wir stellen auf der Jahrestagung dieses Jah- gen verschärfter Reduzierung der öffentli- res die Frage, was Theaterarbeit auf frem- chen Ausgaben nie in Frage gestellt wurde. dem Terrain, in anderen Theaterkulturen, Damit wurde seitens der öffentlichen Geld- bedeutet, welche Erwartungen erfüllt oder geber die Bedeutung der deutschen The- enttäuscht werden, welche Spuren diese aterkultur auch durch die kontinuierliche Arbeit hinterlässt, bei den Gastgebern und Sicherung der Arbeit der internationalen den Zurückkehrenden. Und wir freuen uns Theaterorganisation ITI unterstrichen. auch auf den Dialog mit Kollegen aus der arabischen Welt, in der sich Stephane Hes- Das deutsche ITI Zentrum baute seinerseits sels Aufforderung „Empört Euch!“ gerade die Projektarbeit aus: In den 90er Jahren so machtvoll umsetzt. führten wir jährlich noch ein bis zwei in- ternationale Projekte durch, im neuen Jahr- Das Büro des deutschen ITI Zentrums be- tausend steigerten wir uns auf bis zu sieben zieht in diesem Jahr einen neuen Standort. Projekte, Theater Der Welt nicht mitgerech- Es geht unter dem Dach des Kunstquartiers net, nachzulesen auch auf den folgenden Bethanien in Berlin-Kreuzberg mit vielen Seiten. Das wäre ohne einen zunehmenden Akteuren aus der darstellenden und der bil- Anteil sogenannter Drittmittel nicht mög- denden Kunst bis hin zur Musikschule eine lich gewesen. Der Umfang der inzwischen enge Nachbarschaft mit großem Entwick- Offene Fenster im Bethanien (c) Milena Oswald eingesetzten Arbeitskraft ist aber längst lungspotential ein. 20 Jahre nach der Verei- nicht mehr ausreichend finanziert, so dass nigung beider deutsche Zentren, nunmehr die Schere zwischen Leistung und Haus- mit dem Mime Centrum Berlin als stän- haltsmitteln des ITI nach zwanzig Jahren er- digem Projekt, präsentieren wir uns künf- neut heftig auseinander gegangen ist. tig mit einem wesentlich erweiterten Tä- tigkeitsspektrum. So verbindet sich unser Eine Schere, die uns im Kleinen wie im Gro- Umzug auch mit dem Beginn eines neu- ßen beschäftigt: Wenn die Kulturfinanz- en Kapitels ITI Geschichte. Allen, die diese berichte in Deutschland von stabiler und Geschichte in den vergangenen Jahrzehn- wachsender Zuwendung sprechen, so wird ten gestaltet und begleitet haben gilt gro- darin ebenfalls erwähnt, dass preisbereinigt ßer Respekt. Herzlich willkommen zu neuen die öffentlichen Pro-Kopf-Kulturausgaben Herausforderungen! gesunken sind: 2007 über 14% gegenüber dem Niveau von 1995 (Kulturfinanzierungs- Thomas Engel, Direktor bericht 2010). Dass z.B. der Stundenlohn Februar 2011 7
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Inhaltsverzeichnis Das Internationale Theaterinstitut (ITI) 3 Einführungstexte Das deutsche Zentrum des ITI 5 Überblick zu Geschichte, Aufbau und Theater der Welt - Ein Festival des ITI 6 Arbeitsweise des Netzwerks sowie des Editorial 7 Festivals Theater der Welt ITI weltweites Netzwerk / Struktur 10 Netzwerk und Struktur Die Arbeit des Executive Council 12 Personen und Projekte, Aktivitäten und Internationale Komitees und Foren 13 Debatten auf internationaler und Das ITI-Zentrum Bundesrepublik Deutschland 19 nationaler Ebene Jahrestagung und Vorstandssitzungen 20 Arbeitsfelder und Projekte - Kalender 22 Die Projekte des deutschen ITI-Zentrums Theater der Welt 2010 24 Gegliedert nach den Themenbereichen: Festivalprogramm 25 - Theater der Welt ITI-Begleitprogramm zum Festival - - Kulturpolitik und Kulturelle Vielfalt Akademie für generationsübergreifendes Sehen - Symposium „Play Young“ 28 - Internationale Gegenwartsdramatik - Europäischer Austausch Kulturpolitik, Kulturelle Vielfalt und die Vielfalt der Theatersprachen 30 sowie weitere Welttheatertag - 27. März 2010 30 - Kooperationen und Veranstaltungen Internationale Botschaft 30 Preis des ITI zum Welttheatertag 31 Welttanztag - 29. April 2010 32 Botschaft zum Welttanztag 32 Zur Lage der Tanz- und Theaterschaffenden – Publikation zum internationalen Symposium 33 Internationale Gegenwartsdramatik 34 Übersetzerwerkstatt im Rahmen der Theaterbiennale Neue Stücke aus Europa 34 Neue Theaterstücke aus Kanada: Auswahl 2010 35 Europäischer Austausch 36 „Plan C“ – Meeting des Europäischen Netzwerks IETM vom 15. bis 18. April in Berlin 36 Meeting junger Kuratoren im Rahmen des EU-Projektes SPACE 37 Ost-West-Passagen – Symposium im Rahmen der 20. euro-scene Leipzig 38 Balzan-Preis Forschungsprojekt von Manfred Brauneck 39 Kooperationen und Veranstaltungen 40 Netzwerk Wiederaufbau der Theaterkultur im Irak / Prager Quadriennale / Internationales Projekt zum Theater im Gefängnis / Festival THESPIS Berlin – Paris. Eine interkulturelle Kooperation 40 Cairo International Festival for Experimental Theatre (CIFET) 41 Hospitationsprogramm 41 Informationsdienste und Publikationen 42 Informationsarbeit Internetpräsenz / Publikation Impuls 42 Ein Überblick zu den verschiedenen Publikation PlayService / Redaktion Tanzplattform ProgrammBUCH 43 Kommunikationsmedien des ITI und den Pilotprojekt Statistik Internationaler Theateraustausch / Presseinformationen 44 Wissensressourcen, die das ITI für Künstler Quellen der Informationsarbeit / Präsenzbibliothek und Archivbestand / national und international aufbaut Publikationsaustausch 45 Internationale und EU-Netzwerke 46 Netzwerkarbeit Deutsche UNESCO-Kommission / Culture Action Europe (CAE) 46 Berichte zur Arbeit in den internationalen International Network for Contemporary Performing Arts (IETM) 47 Netzwerken - mit kulturpolitischem Fokus European Network of Information Centres for the Performing Arts (ENICPA) und zur Qualitätssicherung und Erweiterung Supporting Performing Arts Circulation in Europe (SPACE) / Travelogue 48 der Wissensressourcen On the move – Netzwerk und Portal 50 Beratung und Vernetzung 51 Dank 52 Dank und Anhang Die Mitglieder des deutschen ITI-Zentrums 2011 53 Bilanzen 55 9
ITI – weltweites Netzwerk / Struktur Executive Council, International Executive Council Internationale Komitees und Committees, General Secretariat Arbeitsgruppen Seit dem Weltkongress 2008 in Madrid Das Executive Council (EC) ist das höchste (Spanien) arbeiten folgende internationale Organ des ITI. Es arbeitet zwischen den Vertreter im Executive Council: Communication Committee / Weltkongressen an der Realisierung der Kommunikationskomitee Beschlüsse der Mitgliederversammlung. Präsident: Das EC umfasst bis zu 20 Mitglieder. Bei Ramendu Majumdar (Bangladesh) Präsident: Mofidul Hoque (Bangladesh), dringendem Handlungsbedarf agiert das Sekretariat: Heino Byrgesen (Dänemark), Executive Board (EB) als kleineres, schneller Vize-Präsidenten: Vertreter des ITI Deutschland: Thomas einzuberufendes Organ. Christina Babou-Pagoureli Engel (Griechenland) Ali Mahdi (Sudan) Cultural Identity and Development Committee / Komitee für kulturelle Mitglieder: Identität und Entwicklung Mohammed Saif Al-Afkham (Mitglied EB; Fujairah/UAE) Präsident: Ali Mahdi (Sudan), Co- Emilya Cachapero (Mitglied EB; USA) Präsidentinnen: Cecile Guidote-Alvarez Dong Wei (Mitglied EB; China) (Philippinen), Isabel Quintanar (Mexiko), Generalsekretariat Henk Scholten (Mitglied EB; Niederlande) Sekretariat: Alexander Stillmark Tatjana Ažman (Slowenien) (Deutschland) Generalsekretär: Tobias Biancone Manfred Beilharz (Deutschland) Assistenten: Barbara Steinbeck, Heino Byrgesen (Dänemark) Petya Hristova Ann Mari Engel (Schweden) Dramatic Theatre Committee / Cecile Guidote Alvarez (Philippinen) Schauspiel-Komitee International Theatre Institute Jean-Pierre Guingané (Burkina Faso)* UNESCO, 1 rue Miollis Christoph Haering (Schweiz) Präsidentin: Faynia Williams 75732 Paris cedex 15 Giorgos Neophytou (Zypern) (Großbritannien), Vize-Präsidenten: France Yoko Odagiri (Japan) Reinhard Auer (Österreich), Giorgos Tel: +33 (0)1 - 45 68 48 80, Il Soo Shin (Republik Korea) Neophytou (Zypern), Sekretariat: Gleey C. Fax +33 (0)1 - 45 66 50 40 Neville Shulman, C.B.E. (Großbritannien) Atienza (Philippinen) Email: iti@iti-worldwide.org Željka Turcinovic (Kroatien) www.iti-worldwide.org Berater: International Dance Committee / Reoti Saran Sharma (Indien) Internationales Tanz-Komitee Jean-Henri Dreze (Belgien) Vidar Eggertsson (Island) Präsident: Neville Shulman Georgette Gebara (Libanon) (Großbritannien), Vize-Präsident: Joseph Corneliu Dumitriu (Rumänien, ITI UNESCO Fontano (Italien), Sekretariat: Sari Lakso Chair) (Finnland), Vertreterin ITI Deutschland: Bettina Milz Ehrenpräsidenten: Jeong-Ok Kim (Korea) Martha Coigney (USA) International Playwrights Forum / André Louis Perinetti (Frankreich) Internationales Dramatiker Forum Radu Beligan (Rumänien) Rosamond Gilder (USA) Präsident: Jasen Boko (Kroatien), Janusz Warminski (Polen) Sekretariat: Ursula Werdenberg (Schweiz), Vertreterin ITI Deutschland: Andrea Zagorski * Jean Pierre Guingané, Vizepräsident des ITI Weltverbandes, Präsident des Afrikanischen Re- gionalbüros und Gründer des Festivals FITMO, starb nach kurzer heftiger Krankheit am 23. Januar 2011. 10 Geschäftsbericht 2010
International Monodrama Forum / Young Practitioners Committee / Komitees und Foren Internationales Monodrama Forum Komitee Junger Theaterschaffender Die Mitglieder der ITI-Zentren weltweit Präsident: Mohammed Al-Afkham Koordination: Kevin Bitterman (USA), organisieren ihre Zusammenarbeit (Fujairah/UAE), Vize-Präsidentinnen: Valerie Cordy (Belgien) in den offiziellen internationalen Jolanta Sutowicz (Deutschland), Nina Fachkomitees (International Committees) Mazur (Ukraine), Sekretariat: Olga Pozeli sowie den weniger formellen Foren und (Griechenland) International Festival Forum / Arbeitsgruppen. Die (seit dem letzten Internationales Festivalforum Weltkongress) verantwortlichen Akteure sind nebenstehend aufgeführt, ergänzt um jene Music Theatre Committee / Koordination: Christoph Haering (Schweiz) Mitglieder, die das deutsche ITI-Zentrum Musiktheater-Komitee vertreten. Ein vollständige Übersicht findet sich auf Präsidentin: Laura Berman (Deutschland), ITI European Forum www.iti-worldwide.org Vize-Präsident: Roland Quitt (Deutschland)), Sekretariat: Paola Sarcina Sprecher: Thomas Engel (Deutschland) (Italien) Arbeitsgruppe Cultural Diversity und New Project Group Vertretung des ITI bei den UNESCO Intergovernmental Conferences on Koordination: Ellen Alvares (Niederlande), Cultural Diversity: Günther Beelitz (Deutschland), Kevin Koordination: Dieter Welke (Deutschland) Bitterman (USA), Emilya Cachapero (USA), Liz Engelman (USA), Frank Düwel (Deutschland) Arbeitsgruppe actions against violation of human rights of theatre people Theatre Education Committee / Ann Mari Engel (Schweden), Ausbildungskomitee Vertreter des ITI Deutschland: Thomas Engel Präsidentin: Christine Schmalor (Deutschland), Vize-Präsidenten: Shafi Ahmed (Bangladesh), Peter Goldfarb (USA), Nick Lizaso (Philippinen), Sekretariat: Philippe Laurent (Belgien) Thespis Festival 2010 (c) Axel Nickolaus 11
Die Arbeit des Executive Council Sitzungen des Präsidiums des Weltverban- auch Neugründungen von ITI Zentren wa- des, des Executive Board (EB) und seines ren zu verzeichnen (Irak – hier die kurdische Vorstands, des Executive Council (EC) fan- Theatergemeinde; Brasilien; Südafrika; Ita- den statt am 15./16. Januar in Fujairah, VAE lien). (EB) und am 15./16. April in Dhaka, Bang- Biancone, Majumdar (c) GenSec ladesh (EC) sowie am 24./25. September in Am Vorabend der Sitzung des Executive Paris (EC). Council (EC) in Paris fand eine kleine Feier zu Ehren von Jennifer Walpole statt. Jenni- Das deutsche Zentrum war in Fujairah wie fer Walpole war jahrzehntelang Büroleiterin in Paris von seinem Präsidenten Manfred des Generalsekretariats in Paris und in der Beilharz vertreten, während an der Sitzung Nachfolge des aus Altersgründen zurück- in Dhaka der Geschäftsführer Thomas Engel getretenen Generalsekretärs André-Louis teilnahm. Perinetti sechs Jahre lang amtierende (kom- missarische) Generalsekretärin des Weltver- Hauptthema aller Sitzungen waren Überle- bandes. Sie hat in dieser Zeit die Ausrich- gungen zum Weltkongress 2010 des ITI, für tung dreier Weltkongresse (Mexiko 2004, den bis dato kein gastgebendes Zentrum Manila 2006 und Madrid 2008) begleitet gefunden war. Als Austragungsort hatten und organisiert. Die Feier war als kleiner sich beworben China und Doha/ VAE, beide Dank und Anerkennung ihrer immensen konnten jedoch ihre Bewerbung nicht kon- Verdienste für das ITI gedacht. solidieren. Im Executive Council mussten Überlegungen für den Fall angestellt wer- Das Executive Council wählte auf seiner Pa- den, dass bis zum Herbst 2010 kein Austra- riser Sitzung die französische Tänzerin und gungsort für den Weltkongress gefunden Choreografin Sylvie Guillem zur Botschafte- wäre – bereits auf der Frühjahrssitzung in rin des Welttanztages 2011 am 29. April. Dhaka war klar, dass die Zentren zu diesem Die Wahl für die Botschafterin zum Welt- Zeitpunkt mehrheitlich nicht mehr über die theatertag 2011 am 27. März fiel auf die Haushaltsmittel zur Entsendung einer De- Schriftstellerin, Schauspielerin und Theater- legation verfügten. Die Überlegung, einen wissenschaftlerin Jessica Kaahwa aus Ugan- Kongress in kleinerem Format in Paris abzu- da, bekannt durch ihr Engagement für die halten, wurde aus demokratisch-partizipa- Menschenrechte. torischen Gründen (hohe Vor-Ort-Kosten, die letztlich von vielen nicht-europäischen Der Exekutivrat des ITI (EB) hat eine neue Zentren nicht getragen werden könnten) ITI-Medaille für Verdienste um das Theater fallen gelassen. Damit war indirekt ent- beschlossen, deren erste Träger der engli- schieden, dass der gemäß der ITI-Charta für sche Theatermann Peter Brook und Sheikh 2010 anberaumte Weltkongress erst im Jahr Sultan al Quasimi, Regent des Emirats Shar- 2011 wieder stattfinden kann. Die Funktion jah und großzügiger Sponsor des ITI, sein des Weltkongresses entspricht der der jähr- werden. Beide haben die Auszeichnung an- lichen Mitgliederversammlung der lokalen genommen. Zentren. Es werden die Arbeitsschwerpunk- te der internationalen Fachkomitees für die nächsten beiden Jahre festgelegt und ihre Vertreter gewählt; die Theaterschulen welt- weit haben unter Leitung des ITI/ UNESCO Chair ihren Auftritt und präsentieren ihre Arbeit; neben dem Dialog mit der lokalen Theaterszene findet ein international be- setztes und erarbeitetes ITI-Projekt statt. Für den inhaltlichen Zusammenhalt der Welt- organisation ist dieses zweijährliche Treffen von immenser Bedeutung. Auf der ExCom-Sitzung in Dhaka fand eine erste Auswertung der Überprüfung nach den im Vorjahr vom Executive Council in Khartum verabschiedeten Richtlinien der ITI Zentren (rules and guidelines) im Hin- blick auf ihre Aktivitäten statt. Viele Zentren wurden angemahnt, reaktivierten teilweise ihre Aktivitäten bzw. traten in Verhandlun- gen mit dem Generalsekretariat über aus- stehende und künftige Beitragszahlungen, 12 Geschäftsbericht 2010
Internationale Komitees und Foren Kommunikationskomitee Im September 2010 fand in New York im La Die Arbeitsweise der Komitees und Foren (Communication Committee / Mama Theater ein Symposium zum Thema ComCom) „Theater and Peace Forum for Theater in Das ITI strukturiert seine inhaltliche Arbeit Conflict Zones “ statt, zu dem auch das Al in Komitees, Foren und Arbeitsgruppen, Das Communication Committee unter Prä- Bugaa-Theatre (Khartum) unter der Leitung deren Mitglieder Delegierte der nationalen sidentschaft von Mofidul Hoq (Bangladesh) von Ali Mahdi eingeladen war. Anschlie- Zentren oder der kooperierenden Mitglieder beschränkte seine Tätigkeit seit dem letzten ßend gelang es ein Board Meeting abzu- sind. Die Komitees organisieren sich nach Weltkongress auf die Herausgabe der neu- halten und durch den Einsatz von skype die demokratischen Prinzipien und wählen ihre en Ausgabe des Kompendiums „The World Mitglieder in Deutschland, USA und Mexi- Vorstände aus den eigenen Reihen. Die of Theatre“, das fertig gestellt ist und zum ko zu verbinden. Das Zentrum in Khartum Mitglieder formulieren ihr Arbeitsprogramm diesjährigen Welttheatertag erscheint, da steht durch den Wandel der politischen selbstständig – in Übereinstimmung mit den der eigentlich vorgesehene Präsentations- Situation im Sudan vor großen Herausfor- Aufgaben und Zielen des ITI. Die Komitees, termin – der 33. Weltkongress – um ein derungen. Foren und Arbeitsgruppen berichten dem Jahr verschoben wurde. Das Buch enthält Weltkongress. Das Entstehen neuer Theater- 51 Länderartikel und erscheint in Englisch, Die Projektgruppe zum Migranten-Thema Phänomene oder die aktuelle Fokussierung produziert vom ITI Bangladesh, und in Zu- unter Leitung von George Ortoll (USA) ar- auf eine bestimmte Problematik führen dann sammenarbeit mit dem Verlag Peter Lang beitet kontinuierlich, wie auch die Gruppe oft zur Neugründung von internationalen und dem Belgischen ITI-Zentrum auf Fran- des Maya-Projektes unter Leitung von Car- Foren und Arbeitsgruppen. zösisch. Der deutsche Beitrag wurde nach los Düring (Mexiko). Die Gründung des Sparten aufgeteilt. Die Autoren waren Eva geplanten lateinamerikanischen Zentrums Behrendt (Schauspiel), Laura Berman (Mu- für Theater in Konfliktregionen in Bogotá siktheater), Annette Dabs (Figurentheater), ist noch nicht realisiert worden. Wir unter- Michael Freundt (Tanz) und Gerd Taube stützten die Initiative der GAZA-MONOLO- (Kinder- und Jugendtheater). GE des Ashtar Theaters in Ramallah. Andere Kommunikationsansätze sind auf Mit dem international erfahrenen, lang- der Strecke geblieben, unter anderem jährigen Goethe-Leiter und Kulturpolitiker auch, weil seit 2008, dem Zeitpunkt des Dieter Strauss sind wir endlich in der Lage, Neustarts der vom Generalsekretariat be- Dieter Welke einen Mitstreiter an die Seite triebenen Website, die Seiten aller Komitees zu stellen. abgeschaltet und bisher nicht wieder neu aufgesetzt wurden. Das Komitee wird sich Es muss wieder betont werden, dass alle auf dem nächsten Weltkongress neu kon- Anstrengungen unternommen werden stituieren und seine Aufgabenstellungen müssen, um diese äußerst umfangreiche erweitern. Dazu gehören neue Vertriebs- und komplizierte internationale UNESCO- wege für „The World of Theatre“ (digitale Arbeit endlich auch finanziell abzusichern. Varianten / print on demand, Vertrieb digi- taler Drucklizenzen), die Neuprojektierung Das Astragali Teatro in Lecce (Italien) konn- der Datenbank „World Theatre Directory“ te in das CIDC aufgenommen werden. Seit sowie der Kompetenzaustausch in den Be- Jahren engagiert es sich mit Erfolg für die reichen Digitalisierung und Archivierung. Verständigung von Künstlern aus Konflikt- gebieten im Mittelmeerraum. Bericht von Thomas Engel Bericht von Dieter Welke und Alexander Still- mark Komitee für kulturelle Identität und Entwicklung (Cultural Identity and Development Committee / CIDC) Schauspiel-Komitee (Dramatic Theatre Committee / An dieser Stelle sei unserer Ehrenpräsiden- DTC) tin und Gründungmitglieds Ellen Stewart gedacht, die am 13. Januar 2011 in New Mit Foren und Symposien widmet sich York starb. das Komitee grundlegenden Fragen des Schauspieltheaters und der professionellen Der ausstehende Weltkongress hat die Ar- Schauspielkunst. Ein Beispiel hierfür war das beitsverbindungen innerhalb unseres Ko- in den letzten Jahren entwickelte Projekt mitees sehr gelockert, einige Mitglieder „The Fool on the World’s Stages“. arbeiten aber trotzdem sehr effektiv (und wir erfahren es auch), während der Kontakt zu anderen Mitgliedern abbrach. Trotzdem gelang es, unsere Vorstandstreffen abzuhal- ten. Die neuen Richtlinien machen es mög- lich und erleichtern die Arbeit. 13
Internationales Tanz-Komitee In Kaunas (Litauen) trafen sich Festival- (International Dance Committee / teilnehmer aus dem Ostseeraum beim IDC) „Monobaltija“-Festival, in Luxemburg jene aus Frankreich, Deutschland und Luxem- Aufmerksamkeit für den Tanz zu schaffen, burg, in Russland und in der Ukraine kamen Ausbildung und Kunstpraxis zu stärken – die meisten Teilnehmer aus Osteuropa. In dies sind die Ziele des Komitees. Die Arbeit Kiew gab es zusätzlich das „Maria“-Festival, realisiert sich in der Zusammenarbeit mit nur für Solistinnen. Die Kollegen von den internationalen Festivals und Wettbewer- Philippinen und aus Benin beschränken sich ben, Workshops für junge Künstler und Ver- (auch aus finanziellen Gründen) fast nur auf anstaltungen – insbesondere in Verbindung nationale Teilnehmer. In Polen waren dies- mit dem Welttanztag. mal arabische Länder ein Schwerpunkt, in Armenien, den Arabischen Emiraten und in Deutschland waren verschiedene Länder Internationales Festival-Forum vertreten. (International Festival Forum / IFF) Die Kontakte sind unterschiedlich eng, aber fast alle Monodramenfestivals beraten sich Das Forum entstand vor zwei Jahren und gegenseitig, es ist eine weitere Verstärkung widmet seine Aufmerksamkeit bedeuten- der Zusammenarbeit geplant. Dank der den Festivals weltweit und der Zusam- Einladungen und Kontakte konnten wir menarbeit mit ihnen. Auch ist es Ziel des auch in Kiel bei der 7. Ausgabe von „Thes- Forums, die öffentliche Wahrnehmung für pis“ interessante Gäste begrüßen. den Anteil des ITI an herausragenden Festi- In Kiel waren im November Künstler/innen vals zu stärken. Die Arbeit des Komitees ließ aus Deutschland, Armenien, Frankreich, sich jedoch nicht verstetigen wird derzeit, Chile, Kuba, Israel, Finnland, Russland, Li- unterstützt durch das Schweizer Zentrum tauen, der Schweiz, Schottland, USA und und mit Blick auf den Weltkongress 2011, Polen anwesend, ebenso die Direktoren reaktiviert. und Vertreter der Festivals aus Iran, Arme- nien, Litauen, Deutschland, Israel, Russland und Weißrussland, die weltweit die Mono- Internationales Monodrama dramenfestivals vernetzen und gegenseiti- Forum / IMF ge Kontakte vermitteln. Außerdem fanden zusätzliche öffentliche 2010 fanden Treffen in den Arabischen Emi- Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen raten, in Albanien, Armenien, Benin, Bulga- statt, Symposien, Workshops und Gastspie- rien, Deutschland, Lettland, Litauen, Luxem- le. Das Programm umfasste verschiedene burg, Philippinen, Polen, Russland, Ukraine Perspektiven und Themen, es wurden auch und Weißrussland statt. verschiedene Stile und Kulturkreise reprä- Im Januar lud der Präsident des Mono- sentiert. drama-Forums, Mohamed Al Afkham, fast Dank der Begegnung in Kiel sind weitere alle Monodrama-Festivalleiter/innen nach Projekte, Zusammenarbeit und Teilnahme an Fujairah ein, um dort gemeinsam mit dem anderen Festivals geplant. Die Gäste aus dem Generalsekretär, Tobias Biancone, über ge- Iran nahmen zum ersten Mal an einem aus- meinsame Projekte zu diskutieren: Es wur- ländischen Monodramafestival teil, sie sind de über eine Datenbank gesprochen, über sehr an einer Zusammenarbeit interessiert. In eine gemeinsame Internetseite, über einen den vergangenen drei Jahren haben sich in Wettbewerb für Ein-Personen-Stücktexte Teheran diverse Aktivitäten auf dem Gebiet und nicht zuletzt über die finanziellen und des Monodramas entwickelt (monatliche organisatorischen Probleme. Monologperformances im iranischen Künst- In der Theaterhochschule von Wroclaw (Po- lerforum, Foren über das Monodrama, Vor- len) ist ein Zentrum für europäische Mono- stellungen im Stadttheater Teheran etc.). dramen entstanden, dort wurde auch ein Dank der Unterstützung und Hilfe des ITI- Ein-Personen- Stück produziert: der Text Zentrums in Deutschland konnten wir die „Sandkasten“ des polnischen Autors M. Vertreter der Festivals aus Iran, Russland, Walczak wurde mit zwei Schauspielern aus Litauen und Weißrussland zu „Thespis“ ein- Polen und Russland zweisprachig aufge- laden, wo in der Redaktion der Kieler Nach- führt. richten rege Diskussionen über die Koope- Alle Leiter des Festivals sollen sich 2012 wie- rationen stattfanden. Besonderer Dank geht der in Fujairah treffen. Bis dahin aber können an die nach Kiel angereisten Mitglieder des die Organisatoren aus finanziellen Gründen ITI, deren Engagement uns wesentlich zum nur einige Vertreter, mit denen man beson- Erfolg geholfen hat (in alphabetischer Rei- deres eng zusammenarbeitet, zur Teilnahme henfolge): Annette Doffin, Thomas Engel, an ihren jeweiligen Festivals einladen. Milenko Goranovic, Hedda Kage und Jury- 14 Geschäftsbericht 2010
mitglied Bettina Sluzalek, sowie an unseren tings „Music Theatre NOW“ - vor allem auf Stückwettbewerb 2008 „Clash“ Kollegen aus Kiel, Eberhard Elmar Zick. Konzeption und Gestaltung der nächsten Die achte Ausgabe des Festivals ist für den Ausgabe von Wettbewerb und Treffen. 1. Preis (5000 US$): Herbst 2012 geplant. Zuerst aber werden Nichtsdestoweniger waren und sind die Ndifor Eleves (Elvis) F. Abdul „Because of noch in 2011 die Festivals in Albanien, Ar- positiven Auswirkungen von Music Theatre my brother“, Volksrepublik Nigeria menien, Bulgarien, Israel, Tschechien, Lett- NOW 2008 spürbar, insbesondere in Berlin, 2. Preis ( 3000 US$): land, Litauen, Polen, Russland, Ukraine, Un- wo die Neuköllner Oper mit ihrem neuen Pascal Nordmann „Les Guetteurs“, garn, Weißrussland stattfinden. Festival zum zeitgenössischen Musikthe- Schweiz ater „Open Op“ gleich zwei der im Jahr 3. Preis (2000 US$): Bericht von Jolanta Sutowicz 2008 bei Music Theatre NOW präsentier- Andreas Flourakis „Psychic Force“, ten Komponisten einlud, Jiri Adamek aus Griechenland Tschechien und Guy Coolen/ Muziekthater Dramatiker Forum (International Transparant/ Antwerpen, Belgien. Playwrights’ Forum / IPF) Künftige Ausgaben von Music Theatre Stückwettbewerb 2010 NOW, entschied das Komitee, werden an „Refugees / Exile / Identity / Das Forum wurde 1997 während des Welt- wechselnden Austragungsorten in Europa Migration“ kongresses in Seoul gegründet. Die Mit- stattfinden und jeweils an ein Festival zu glieder im IPF sind Autoren, Regisseure, zeitgenössischem Musiktheater angebun- 1. Preis (3000 US$): Dramaturgen und Übersetzer. Willkommen den sein. Maya van den Heuvel-Arad „The im Forum ist jeder, der sich mit Dramatik Der dem Meeting vorausgehende Wettbe- Diamond Stars“, Niederlande beschäftigt und aktiv den internationalen werb wird weiterhin vom deutschen ITI- 2. Preis (2000 US$): Austausch von Gegenwartsdramatik unter- Zentrum ausgeschrieben und betreut. Philip St John “Maxine”, Irland stützen möchte. Das Ziel ist einfach zu be- Die nächste Ausgabe von Music Theatre 3. Preis (1000 US$): nennen: Gegenwartsdramatik übersetzen NOW wird im Rahmen des Festivals „Ope- Kathleen Desmond “Unravellling Myths” und auf die Bühnen bringen; Vernetzung radagen Rotterdam“ im Jahr 2013 in den Irland von Autoren und Verbreitung von Informa- Niederlanden stattfinden, dem voraus geht tionen zur Gegenwartsdramatik weltweit. der Wettbewerb Music Theatre NOW 2012 Mehr Informationen zum IPF auf der In 2010 fanden mehrere Arbeitstreffen statt. zur Auswahl der Produktionen, die in Rot- Website: www.playwrightsforum.com Beim 4. Fujairah International Monodrama terdam präsentiert werden. Festival (14. bis 22. Januar 2010 in Fujairah) wurden die Sieger des Stückwettbewerbs Bericht von Laura Berman 2008 „Clash“ präsentiert. Weitere Treffen fanden vom 25. bis 28. März 2010 Kranj (Slovenien) während des New Project Group (NPG) Slovenian Drama Festival und vom 27. bis 31. Oktober 2010 in Athen (Griechenland) Die New Project Group (NPG) fragt nach statt. Themen der Arbeitstreffen waren vor theatralen Momenten zur Ideenwelt von Be- allem der intensive Austausch mit Autoren, haustheit und Beheimatung. Öffentliche Diskussionsrunden und Vorle- Die NPG ist ein Labor zur praktischen Zu- sungen zu Theater und Gegenwartsdrama- sammenarbeit von Theaterschaffenden aus tik sowie die Durchführung des Stückewett- unterschiedlichen Regionen der Welt für bewerbs 2010 „Refugees / Exile / Identity die Erprobung des Dialogs zwischen un- / Migration“. So hatte die Jury, bestehend terschiedlichen Theatersprachen und Deu- aus Alice Hubball (Belgien), Ursula Wer- tungswelten, ein Labor über Möglichkeiten denberg (Schweiz) und Fray Paolo Casua- aber auch Grenzen der gemeinsamen The- ro (Philippinen), 163 Einsendungen aus 43 aterarbeit. Ländern zu sichten und die drei Preise zu Nach der Präsentation des nun vierten Pro- vergeben. jektes der NPG – „IFdentity“ in Madrid - wur- Vom 9. bis 12. Juni 2011 wird in Bremer- de deutlich, dass die NPG die sehr offene Ar- Music Theatre Now 2008 (c) Sophie Boitel haven (Deutschland) während des Festivals beitsweise im Projekt weiter führen möchte. „Odyssee: Heimat“ die Ehrung der Sieger „Offen“ meint zum einen ergebnisoffen, in- des Stückwettbewerbs 2010 stattfinden. dem die gemeinsame Arbeit der Gruppen in ihren sehr unterschiedlichen Ansätzen wich- Bericht von Andrea Zagorski tiger ist als eine Aufführung. Offen aber auch in dem Sinn, dass die Produktionsbedingun- gen aus künstlerischer und organisatorischer Musiktheater Komitee (Music Sicht den offenen Prozess sehr wach und fle- Theatre Committee / MTC) xibel begleiten, um Inhalte aus der Struktur heraus nicht zu sehr zu beeinflussen. Diese Im Geschäftsjahr 2010 konzentrierte sich Weiterentwicklung der Produktionsbedin- das Musiktheaterkomitee - nach der Absa- gungen stand nach dem IFdentity-Projekt ge der Finanzierung durch die Stadt Berlin zunächst im Zentrum der Kommunikation für die Ausgabe 2011 des triennalen Mee- innerhalb der NPG. 15
Speed of Life – Time faster than Life Theaterausbildungs- und Trainings- komitee (Theatre Education & Trai- In der inhaltlichen Weiterentwicklung und ning Committee / TECOM) der Themenfindung für ein neues Projekt wurde nach- IFdentity deutlich, dass wei- Im Jahr 2010 bestand keine Möglichkeit terhin kein an Literatur gebundenes Thema eines Board Meetings. Erst anlässlich des (wie noch beim Borghes-Projekt in Manila) Joint Committee Meetings im Januar 2011 im Zentrum der NPG-Arbeit stehen würde. in Fujairah (UAE) konnte ein Treffen im klei- Die offene, assoziative Themensetzung er- nen Kreis realisiert werden. Grundsätzlich öffnet den beteiligten Gruppen mit ihren hat die Struktur sich bewährt (vgl. Bericht sehr unterschiedlichen Arbeits- und Denk- des Vorjahres) weisen den größtmöglichen Zugang für Die Komiteearbeit ist eher dezentral organi- eine Zusammenarbeit. siert. Die Verantwortung liegt bei den drei Im Jahr 2010 erschien zunächst eine The- Vizepräsidenten: Shafi Ahmed, Bangladesh, mensetzung sinnvoll, in der Theaterschaf- der in dieser Region Aktivitäten vorantreibt; fende aus unterschiedlichen Regionen der Peter Goldfarb (USA), der sich v.a. in Latein- Welt die Globalisierung zum Thema ma- und Südamerika engagiert und der TECOM chen könnten. Mit “Speed of Life - Time bei der 1st Baku International Theatre Con- faster than Life“ wurde ein Arbeitstitel be- ference repräsentiert hat; Nick Lizaso (Phil- nannt, der Phänomene der Globalisierung ippinen), der im ganzen süd-ostasiatischen aus der Entwicklung der weltweiten Kom- Raum aktiv ist. Afrika ist im Moment nicht munikation heraus betrachtet. Tatsächlich direkt repräsentiert. Das Festival Les Recréâ- aber erschien dieses Thema schon nach trales fand unter der Schirmherrschaft von wenigen Monaten des Diskurses als eher TECOM im Oktober-November 2010 statt. am Lebensgefühl westlicher Industriestaa- Es entwickelt sich mit großem Erfolg immer ten orientiert und damit als ein Thema mit weiter. Die Präsidentin Christine Schma- geringem theatralem Resonanzraum. lor (Deutschland) konzentriert sich auf die Anlässlich des Komiteetreffens in Luxem- Projekte in Europa. Mit dem TECOM Re- burg wurde mit HOME-OPEN-HOUSE ein search Centre AKT-ZENT in Berlin können Projekttitel und -thema entwickelt, der die Forschungs- und Bildungsprojekte realisiert Möglichkeit, Behaustheit in seiner Komple- werden. Das Forschungsprojekt “The Art of xität auch als ein „in der Welt Zuhause“ Dialogue”, das bereits im Oktober 2008 be- zu deuten zulässt und damit das Thema gonnen hat, erreichte mit einem Festival in „Speed of Life“ integriert. Wir meinen, dass der Toscana seinen Höhepunkt: an verschie- das neue Thema Theaterschaffenden mit denen Orten wurden in San Miniato offene unterschiedlichen kulturellen Hintergrün- Trainings, Dialoge der Weltliteratur und die den ein weites Feld öffnet. europäische Produktion Eutyphron von Pla- Auf die theatralen Ausdeutungen und den ton gezeigt, im Teatro Era der Fondazione Diskurs sind wir sehr gespannt Pontedra wurden Dostojewski’s Dämonen Gleichfalls auf dem Treffen in Luxemburg präsentiert. wurden Ideen zusammengefasst und struk- Das Projekt im Überblick: 16 Organisationen turiert, die die praktische Theaterarbeit der – Theaterzentren, Hochschulen, nationale NPG zwischen den Kongressen ermöglichen ITI-Zentren aus 12 Ländern, gefördert von und in gewisser Weise die NPG-Arbeit nicht der Europäischen Kommission, Programm mehr so zwingend an den Weltkongress Kultur. In den letzten zwei Jahren haben binden sollen. Wenngleich die Vorstellung über 120 Schauspieler aus 21 Ländern an der Arbeit der NPG auf dem Weltkongress den verschiedenen Aktivitäten teilgenom- wichtig bleibt, da das NPG Konzept aus der men, die sich in folgende Linien aufteilten: internationalen Zusammenarbeit lebt und ihr ein praktisches Gesicht gibt. Die NPG 1. Berufliche Fortbildung: in 10 zwei- bis möchte ihre Erfahrungen in ihrer Laborar- dreiwöchigen Seminaren und 2 internatio- beit im Zusammentreffen von Theaterschaf- nalen Theater-Sommer-Akademien. fenden in regionalen Zusammenhängen 2. Research: in der “Schule des Dialogs” anregen und entwickeln. In diesen Projekt- und den darauf folgenden Laboratorien in gruppen könnten Themen vorbereitet und Deutschland, Zypern und Italien wurden erarbeitet werden die dann auf einem Tref- Übungen und Trainings sowie ein neuer fen, z.B. anlässlich eines Weltkongresses, in methodische Ansatz „The Spherical Dia- ein gemeinsames vertieftes Arbeitsergebnis logue“ entwickelt. einfließen. Die notwendige Struktur- und 3. Train the Trainers: drei internationale Arbeitsweise möchten wir auf dem nächs- Meisterklassen für Regisseure und Lehrer ten Weltkongress in Xiamen vorstellen. wurden in Zusammenarbeit mit den Aka- demien VSMU in Bratislava und DAMU in Bericht von Frank Düwel Prag realisiert. 16 Geschäftsbericht 2010
4. Wissenschaftlicher Austausch in Kol- Schanghai; nationale ITI-Zentren in Bang- loquien und einer Methodika zum Thema ladesh, Burkina Faso, Mexiko, Philippinen, “Cronos – time on stage”. die russische Theater Union STD und viele 5. Publikation: mit Hilfe ausführlicher Do- weitere unterstützende Institutionen. kumentation hat der künstlerische Leiter Dr. Der künstlerische Leiter Dr. Jurij Alschitz hat Jurij Alschitz alle Arbeitsergebnisse zusam- Ende letzten Jahres die erste Forschungs- mengefasst und ein Grundlagenwerk zum reise durch Lateinamerika unternommen Thema „Dialog auf der Bühne“ verfasst. und ist dabei auf extrem großes Interesse seitens der Theaterschaffenden gestoßen. Im Herbst 2010 erschien „Die Kunst des Die „World Theatre Training Library“ wird Dialogs“ auf deutsch und englisch, ein auf dem Weltkongress in China allen De- methodisches Theaterhandbuch, mit Re- legierten vorgestellt und aller Voraussicht chercheergebnissen der Laboratorien und nach in den nächsten Jahren das zentrale einem Trainingsteil mit 45 Übungen. Her- Projekt des Theatre Education & Training ausgegeben von Christine Schmalor, Über- Committee darstellen. setzung aus dem Russischen ins Englische von Noah Birksted-Breen, ins Deutsche von Bericht von Christine Schmalor Ruth Wyneken. Seit Herbst 2010 konnte man sich im TE- COM Research Centre AKT-ZENT endlich Komitee Junger Theaterschaffender um das Großprojekt „The World Theatre (Young Practitioners’ Committee / Training Library“ kümmern. YPC) Die „World Theatre Training Library“ wird die bislang umfangreichste Sammlung ge- Das Komitee arbeitet auf zwei Ebenen: ei- genwärtig in der Welt bestehender Trai- ner jungen Generation von Künstlern den ningsmethoden des Theaters. Sie führt Zugang zur Arbeit des ITI zu vermitteln, weltweit bestehende Theatertraditionen Formen der Mitwirkung und Teilhabe auf und -schulen zusammen. Sie widmet sich den Weltkongressen und in den Arbeits- ausdrücklich der existierenden praktischen strukturen zu bauen – dieser Aspekt wirkt Theaterarbeit und wird daher von prakti- in die Strukturen des ITI hinein. Gleichzei- schem Nutzen sein. tig wird über das ITI hinaus ein Netzwerk Das Material für die „World Theatre Training junger Theaterkünstler aufgebaut mit dem Library“ wird in weltweiten Forschungsrei- Ziel, Mobilität, Gedankenaustausch und sen zu Arbeitsweisen und Trainings zusam- neue Arbeitskontakte zu unterstützen. Ein mengetragen. Interkulturelle Laboratorien mehrjähriges Projekt des Komitees verfolgt von mindestens sechs Monaten werden im im Sinne der oral history eine Aufarbeitung Jahr 2012 Trainingsübungen entwickeln. der Geschichte des ITI durch Interviews mit Aktive Projektpartner sind bisher: Univer- Gründungsmitgliedern und Wegbeglei- sitäten in Brasilien, Kolumbien, Mexiko, tern. Projekt Dialog des TECOM (c) Christine Schmalor 17
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