GESTALTE(N) BEISPIELLOSES NIEDERÖSTERREICH - N 161 09/2018 - NÖ Gestalten
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
N°161 09/2018 GESTALTE(N) Das Magazin für Bauen, Architektur und Gestaltung BEISPIELLOSES NIEDERÖSTERREICH
Inhalt 08 Baujuwele in Niederösterreich 12 Ortsbildkids 14 Kellergassen 27 NÖ Pflege- und Betreuungszentrum 35 Zubau Haus Steiner 41 Sanierung „Friseurhäuschen” Reaktionen unserer LeserInnen 04 Daheim in Niederösterreich 06 Baujuwele in Niederösterreich 08 Ortsbildkids 12 Kellergassen Kulturlandschaft Weinviertel 14 Weingut Höllerer in Engabrunn 21 NÖ Pflege- und Betreuungszentrum Türnitz 27 52 Verwunschenes Niederösterreich Ankündigung: Stadt-Spaziergang Baden 32 Zubau Haus Steiner in Waidhofen a.d.Ybbs 35
Vorwort PRÄDIKAT „WELTWEIT BEDEUTEND“ - Baden, Kur-und ehemalige kaiser- liche Residenzstadt, zählt zu unseren bedeutendsten kulturhistorischen Städten im südlichen Niederöster- reich. Die gemeinsame Nominierung 21 Weingut Höllerer mit zehn anderen, internationalen Badestädten wie Vichy, Karlsbad oder dem englischen Bath zu einem UNESCO-Weltkulturerbe, belegt Badens Rang als eine der heraus- ragendsten Kurstädte Europas – eine Qualitätsbekundung, auf die wir alle stolz sein können. Sollte Baden tatsächlich zu einem UNESCO-Weltkulturerbe ernannt werden, wäre das unsere 3. Weltkulturerbestätte in Nieder- österreich. Neuartig bei dieser Bewerbung der "Great Spas of Europe" ist, dass es erstmals nicht um ein Bauwerk, eine Stadt oder eine Landscha geht, sondern um eine Gruppe von Städten. 47 Neue Klippenhäuser, Baumhaus-Lodge Räumlich in ganz Europa verteilt würde dieser gemeinsame Status und der kulturelle Austausch dieser Kurstädte Europa wieder ein Stück näher zusammenrücken lassen. Sanierung „Friseurhäuschen” in Eichgraben 41 Die neuen Klippenhäuser der Baumhaus-Lodge 47 Nicht verwunderlich, dass Baden zum Veranstaltungsort des diesjährigen Stadt-Spaziergangs von Niederösterreich Verwunschenes Niederösterreich 52 GESTALTE(N) auserkoren wurde. Spannend wird es für Baden Vorträge und Bauberatung 58 also auf jeden Fall – und das nicht nur beim Stadt-Spaziergang. Wahl zur Goldenen Kelle – Herbst 2018 59 Coverphoto: Romana Fürnkranz Leserservice 60 Impressum, Datenschutzhinweis 60 Ihre Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner Beratungstellen des Landes NÖ 60 Institutionen und Vereine 61 Zuschriften sind willkommen: LH Johanna Mikl-Leitner, Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten GESTALTE(N) 03
Editorial Reaktionen unserer LeserInnen Bravo! DER ARCHITEKTUR-WETTBEWERB All den beteiligten Bauherrn und UM DIE GOLDENE KELLE NR.160 Architekten, sowie den Mitarbeitern und Herausgeber dieses wunderbar gestalteten Magazins einen großen Dank! Es ist schön, dass es in unserer Zeit noch so viel Gefühl für Schönes gibt! Romana Fürnkranz Hildegard Lindner, 1230 Wien Ich freue mich über jede neue Ausgabe! (1) Lehmhaus in Parisdorf Liebe Leserinnen und Leser, Habe selbst ein altes Haus und würde mich freuen, wenn es meine diesmal haben wir bei der Zusammen- Enkerl später einmal nach eurem Rezept stellung der architektonischen Vorzeige- renovieren. projekte einen weiten Bogen gespannt, Ellen Uher, 2761 Mistelbach Romana Fürnkranz sodass die Bandbreite der Beispiele von der voralpenländischen Altersresidenz vom Wertes Team von NÖ-GESTALTE(N)! Feinsten bis hin zum futuristischen Ferien- Ihre Serie zählt zu jenen Heften, die ich apartment reicht. Um Ihnen die Abstim- ungern aus der Hand gebe. Durch Ihre (2) Hotel Klinglhuber in Krems mung zur Wahl der „Goldenen Kelle“ leicht Aufnahmen und Erklärungen habe ich und auch von überall aus möglich zu erst Bauwerke SEHEN gelernt. Jetzt machen, können Sie Ihre Stimme jederzeit reizt mich jedes Haus, das Geschichte über unsere Homepage unter www.noe- zeigt und mir aus seiner Vergangenheit erzählt. Es ist schön Hinweise im Stil, Romana Fürnkranz gestalten.at/goldene-kelle/ abgeben. an der Bausubstanz und an dessen Zudem finden Sie aufgrund der vielen Unebenheiten zu erkennen. Die Liebe zu positiven Rückmeldungen in dieser Aus- alten Häusern ist erst mit dem Herab- (3) Rathaus in Königsbrunn gabe wieder einen Artikel aus der Rubrik fallen des Putzes und dem Begreifen „Verwunschenes Niederösterreich“ und des darunter Versteckten gewachsen. zeitlich abgestimmt mit der kommenden Dafür möchte ich Ihnen danken. Weinlese einen Fachbeitrag über die Wein- Mag. Christl Ayad, 1230 Wien viertler Kellergassen. Das Magazin GESTALTE(N) ist super! Kurt Hoerbst Wir hoffen, wieder Ihren Geschmack ge- Aber tut bitte was gegen die Verbauung. troffen zu haben und würden uns auch Es braucht mehr Grün und mehr Bäume (4) Einfamilienhaus in Niederkreuzstetten freuen, Sie beim Stadt-Spaziergang in für die Zukunft unserer Kinder! Baden am 8. September willkommen heißen Gernot Kaltenböck, 2231 Gänserndorf zu dürfen. Was mich extrem stört, ist die enorme Verbauung in unserem Bezirk. Romana Fürnkranz Wertvolles Ackerland wird zerstört und Landesbaudirektor Walter Steinacker Referatsleiterin Petra Eichlinger sauerstoffbringende Bäume gefällt. Es muß ein Umdenken einsetzen! (5) Stadhaus in Hollabrunn Redaktion: mail@noe-gestalten.at Christine Amri, 2231 Gänserndorf 04 GESTALTE(N)
Projekt 1: Projekte 1, 3 und 5: Projekte 1 und 5: Das Projekt Lehmhaus verkörpert Es zeigt sich deutlich, dass es nicht Stimmige und freundliche Gestaltung. Baukultur par excellence. immer ein Neubau sein muss, sondern Hoher Respekt zu dieser Leistung. Hier ist alles richtig und sympathisch dass gut durchdachte und behutsame Ing. Johann Haas, 3321 Ardagger Stift gestaltet und umgesetzt. Beginnend Revitalisierung Ergebnisse von ausser- vom Ortsbild, bis zur Materialauswahl, odentlicher Qualität erzielt werden Projekt 4: weiters hohe handwerkliche Kultur – können, die allen Erfordernissen von Die zurückhaltende Fassade fügt sich alles passt. Ästhetik, Funktionalität und Wirtschaft- sehr gut ins „beschauliche Nieder- DI Peter Holzer, 2521 Trumau lichkeit entsprechen. Besonders möchte kreuzstetten” ein. Sie findet hoffentlich ich noch bei Projekt 3 die Behinderten- Nachahmer. Es gibt schon genug Projekt 1: freundlichkeit hervorheben, die bei lila, hellblaue, orange, lachs- und Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel einem Gebäude mit Parteienverkehr zuckerlrosa und türkise „Eyecatcher” dafür, dass der achtsame Umgang von besonderer Bedeutung ist. unter den dörflichen Fassaden. (ressourcenorientiert und nachhaltig) Walter Blaha, 2521 Trumau Mag. Gabriela Hahn, 2124 Kreuzstetten auch die Zukunft ist! Monika Mörzinger-Wunderer, 1230 Wien Projekte 1 und 5: Vorbildhaft für ganz Österreich. IHRE ZUSENDUNGEN bitte per mail@noe-gestalten.at, abtrennbare Karte Projekt 1: Bravo den Architekten und Bauherrn. im Magazin oder Brief an: Niederösterreich GESTALTE(N), Bewertung: 2 Goldene Kellen! Norbert Wolf, 6241 Radfeld/Tirol Landhausplatz 1/13, 3109 St. Pölten Selbst wenn man nur die Fotos sieht, ist zu spüren, dass in diesem Haus Projekt 1: eine Wohlfühlatmosphäre herrscht. Bewundernswert wie viel Zeit, Geduld Gerne würde ich in so einem Haus wohnen. und Arbeit in dieses Haus investiert wurde. Das Ergebnis spricht für sich. NÖ Heckentag 2018 Ing. Erich Hums, 2284 Breitenfurt Gratulation! Regionaler geht´s nicht. Ingeborg Longauer, 2601 Sollenau Projekte 1, 2 und 5: Mit garantiert heimischen 1) Wunderbare Harmonie und Projekt 2: 1) Atmosphäre eines alten Hauses Ich finde den Erweiterungsbau „Hotel Sträuchern und Bäumen 2) Modern, aber sich einfügend Klinglhuber” sehr gelungen! zum Gartenkaiser werden! 5) Den alten Ortskern belebend – Ich habe in den 60er Jahren einige Male 1) sehr gelungen im alten Hotel übernachtet – Ab 1. September bis 17. Oktober 2018 Gerburg Hohenbruck, 1150 Wien nicht mehr wieder zu erkennen. können die Lieblingspflanzen online Peter Krupholz, auf www.heckentag.at bestellt werden. Projekte 1 und 5: 3313 Wallsee-Sindelburg Ihr persönliches Gehölzpaket wird Ich befürworte die Restaurierung alter zwischen 5. und 16. November direkt Objekte mit natürlichen Materialien, auch Projekt 3: wenn es nicht einfach ist. Unser altes Das Rathaus in Königsbrunn ist voll und bequem an Ihre Wunschadresse Haus habe ich innen mit gelöschtem Kalk gelungen. Der Zubau mit seinen hellen geliefert. und Leinöl ausgemalt. Das Auftragen war Räumen, ist gut geplant und gestaltet. etwas schwieriger als mit „moderner” Der Sitzungssaal sieht besonders toll Kontakt: Wandfarbe, aber dafür umweltfreundlich. aus. Auf Barrierefreiheit wurde ebenso Heckentelefon 02952/4344-830 Seitdem haben wir keinen Schimmel mehr! Rücksicht genommen. E-Mail office@heckentag.at Manuela Kamper, 2620 Neunkirchen Rosemarie Fröschl, 3314 Strengberg GESTALTE(N) 05
DAHEIM IN NIEDERÖSTERREICH „Weißenkirchen in der Wachau“ von Johann Schrittwieser Schicken Sie uns Ihre Stimmungsbilder und Gedanken, die Ihr Lebensgefühl in Niederösterreich am besten beschreiben! IHRE ZUSENDUNGEN (Fotos in hoher Auflösung,300dpi) bitte per mail@ noe-gestalten.at oder an: Niederösterreich GESTALTE(N), Landhausplatz 1/13, 3109 St. Pölten 06 GESTALTE(N)
„Der DC Tower in Wien spiegelt den Sonnenuntergang in Korneuburg“ von Christian Skopek „Die alte Spinnerei in Oberwaltersdorf “ von Günther Strahner GESTALTE(N) 07
W ie kaum ein anderes Privathaus in Niederösterreich steht der Einbauküche widmete man sich mit großer Sorgfalt: Sie wurde 1975 fertiggestellte pavillonartige Bau, den der bedeutende dekonstruiert, gereinigt und wieder eingefügt. österreichische Architekt Johannes Spalt für den Möbel- produzenten Franz Wittmann in Etsdorf am Kamp schuf, für die Das Ergebnis der Renovierung wurde in einem ORF-Beitrag von Sabine Fortführung der Ideen der Moderne in einer Tradition, die von Daxberger entsprechend gewürdigt. Orientierung für die original- Josef Hoffmann und Adolf Loos geprägt worden war. So schrieb 1977 getreue Renovierung gab die Dokumentation zum Haus Wittmann: Architekturkritiker J. van Heuvel: „Loos verstand es mit ziemlich angefangen von alten Aufnahmen über die Baubeschreibung von einfachen Mitteln, Großräumigkeit in seinen Entwürfen zu schaffen […] Johannes Spalt aus dem Jahr 1969 bis hin zu Artikeln in der Fach- In Etsdorf fand ich auch wieder etwas davon.“ Um ein offenes Atrium literatur. Um das Wissen über diesen außergewöhnlichen Bau einem reihen sich japanisch inspiriert – zur Schaffung von Intimität paravent- breiten Publikum zugänglich zu machen, wurde eine eigene Website artig voneinander getrennt – die unterschiedlichen Bereiche des eingerichtet: hauswittmann.at Wohnens. Anstelle von Säulen übernehmen Fensterpfosten die tragende Funktion. Mahagoniholz, Onyxmarmor und Stoffe von Josef Frank Spalt und Wittmann – Freunde im Geiste prägen die Oberflächen der Innenräume. Der Dialog zur umliegenden Architekturvermittlung war für Johannes Spalt, der 1951 bis 1974 Landscha erfolgt exquisit durch Sichtbezüge. Die asiatische Anmutung der legendären „Arbeitsgruppe 4“ angehörte und 1973 bis 1990 die eines Teehauses manifestiert sich zudem in der Form des fast Meisterklasse für Innenarchitektur an der – damals Hochschule, heute schwebend erscheinenden Schirmdaches aus Kupfer mit Lichtkuppel. – Universität für angewandte Kunst leitete, ein wichtiger Ansatz. Ein Salettl im parkähnlichen Garten spiegelt den Wohnpavillon in Friedrich Achleitner betont in seinem Beitrag zur Monographie des verkleinerten Dimensionen wider. Architekten dessen Verdienste in der Weitergabe von Wissen zur Moderne an seine Kollegen sowie in der Ausstellungstätigkeit der Originalgetreue Renovierung „Arbeitsgruppe 4“ als „Programm zur Bildung eines öffentlichen Es gibt viel zu erzählen über das Haus Wittmann, wie die lange Liste Architekturbewusstseins“. In diesem Rahmen entstand auch gemein- an Publikationen belegt. In jüngster Zeit aber wurde ein neues Kapitel sam mit Friedrich Kurrent die Ausstellung „Wittmann Interieur“, geschrieben: jenes der Instandsetzung einer Architekturikone, die von die 1965 im Wiener Palais Pálffy gezeigt wurde. Die Verbindung Werner Weißmann gemeinsam mit seiner Frau Catherine Weißmann- nach Etsdorf resümiert Andrea Nussbaum im Band Waldviertel De Ro mit vorbildlicher Umsicht, baukulturellen Engagement und der „Architekturlandschaft Niederösterreich“: „Johannes Spalt großem Verständnis von 2016 bis 2017 erfolgte. Die größte Heraus- errichtete Mitte der 1960er Jahre für die Firma Wittmann eine forderung der werkgerechten Erneuerung stellte dabei die Schwimm- Produktionshalle, fungierte als Berater bei der Reproduktion von halle dar, die unter hundertprozentigem Erhalt der Proportionen Josef-Hoffmann-Möbeln und realisierte mit Franz Wittmann auch technisch auf neuesten Stand gebracht wurde. Auch der originalen eigene Möbelentwürfe“. Theresia Hauenfels * 10 GESTALTE(N)
Photos: Romana Fürnkranz GESTALTE(N) 11
ORTSBILDKIDS! Erweitere dein Erweitere deinWissen! Wissen! TRAGENDE Tonnengewölbe Kreuzgewölbe Kreuzrippengewölbe Klostergewölbe ELEMENTE DER BAUKUNST Spiegelgewölbe Muldengewölbe Netzgewölbe Sterngewölbe TEIL2: GEWÖLBE UND KUPPELN Gewölbeform war das Tonnengewölbe, bei dem die beiden Wände oder Pfeilerreihen gleich lang und parallel sind. Die nächsten Entwicklungs- ̈nter Prinesdom. schritte waren die Spitztonne, die sich als deutlich tragfähiger erwies, Wenn wir in einem Zimmer sitzen und nach oben schauen, sehen sowie das Kreuzgewölbe (das aus zwei sich im rechten Winkel durch- wir meist eine gerade Decke, die uns unangenehm „auf den Kopf dringenden Tonnengewölben besteht) und das gotische Kreuzrippenge- fällt“. Die Weite über unseren Köpfen, das „Firmament“, das sich wölbe, das durch selbsttragende Rippen gehalten wird und das Photos: Archiv, Lexikon f. Bauwesen, Tavor, Weingut Catzheim, Martin Geisler, Franks Travelbox, Frank Heuer, Gu über dem Horizont wie eine flache Schale zu wölben scheint, wird Tonnengewölbe allmählich verdrängte. Erst in der Renaissance kehrte seit Jahrhunderten in den Kuppeln und Gewölben der Kirchen- man zur nun erheblich weiter gespannten Tonnenwölbung zurück, um bauten versinnbildlicht. Die Kuppel, die in tiefem Blau erstrahlt prachtvolle Raumwirkungen zu erzielen. und mit goldenen Sternen verziert ist, schließt ein Bauwerk nach Eine vor allem im 19. Jahrhundert verbreitete Variante des Tonnenge- oben ab und hält es als Symbol des Himmels doch „geöffnet“. wölbes ist das sogenannte Kappengewölbe, auch „Preussische Kappen- Kuppeln und Gewölbe bekrönten aber nicht nur repräsentative decke“ bzw. „Platzldecke“ genannt. Darunter versteht man eine historische Bauwerke, sondern wurden auch in alten Wohn- Deckenkonstruktion, die aus aneinandergereihten flachen Segment- häusern, Kellern und Tierställen eingebaut. tonnengewölben mit dazwischenliegenden Stahlträgern besteht. Diese Decken wurden als Geschoßdecken in Wohnhäusern und Industriege- Das Gewölbe bäuden verwendet, bis sie ab den 1930er Jahren allmählich von (flachen) Die gebauchten Raumabschlüsse, die im Unterschied zu Decken, die Stahlbetondecken abgelöst wurden. flach auf den Wänden aufliegen, den Raum mit einer Wölbfläche selbst- tragend überspannen, zählen zu den ältesten Konstruktionen in der Bau- Die Kuppel geschichte. Gewölbe sind bogenförmig (zylindrisch oder spitzbogig) Gewölbe mit nur einem Scheitelpunkt werden als Kuppeln bezeichnet. gekrümmte gemauerte Massivdecken, deren keilförmigen Steine sich Ihre gebräuchlichste Form ist die einer Halbkugel, die auf einem Mauer- gegeneinander so abstützen, dass sie untereinander nur auf Druck kranz aufliegt. Spätere Kuppeln sind in unterschiedlichen Kurvenlinien beansprucht sind. An den Mauern wirken neben den Lasten von oben gebaucht und aus Gründen der besseren Tragfähigkeit meist zweischalig jedoch auch erhebliche seitliche Kräe. Die tragenden Mauern des gebaut. Die ältesten aus Keilsteinen gemauerten Kuppeln stammen aus Raumes müssen also nicht nur dem Gewicht standhalten, sondern auch antiker Zeit. Seinen frühen Höhepunkt erreichte der Kuppelbau in der Kräen, die sie nach außen drücken, dem sogenannten Gewölbeschub. Hagia Sophia in Istanbul, sowie im 114–128 n. Chr. errichteten Pantheon in Rom. Am obersten Punkt der Kuppel des Pantheons (Durchmesser Rund, spitz, kreuzförmig 43 m) befindet sich als einzige Belichtung des Raums eine kreisrunde Die Gewölbeform der Rundtonne erfreute sich in der römischen Archi- Öffnung (Durchmesser 9 m). In einem Raum wie diesem wandert der tektur vor allem beim Bau von ermen großer Beliebtheit. Die erste Blick unermüdlich aus Neugier zur Decke. * 12 GESTALTE(N)
ORTSBILDKIDS! GEWINNSPIEL 161 Wenn du alles aufmerksam durch- gelesen hast und dich noch darüber hinaus ein bisschen informierst, kannst du sicherlich die Fragen unseres Gewinnspiels beantworten. FRAGE 1: Was ist der Unterschied zwischen einer Kuppel und einem Gewölbe? Tonnengewölbe, Weingut Cantzheim Netzgewölbe, Kloster Maulbronn FRAGE 2: Was symbolisiert eine blaue Kuppel mit Sternen? FRAGE 3: Nenne einen der be- kanntesten Kuppelbauten der Antike Als Gewinn verlosen wir das Buch BAUEN Forschen, Bauen, Staunen von A bis Z Einsendeschluss ist der 15. Oktober 2018 Kreuzgewölbe, Stift Zwettl Spiegelgewölbe, Marmorsaal Stift Melk UND SO NIMMST DU TEIL Sende einfach eine Postkarte mit den richtigen Antworten und mit Namen/Adresse an: ! GESTALTE(N) „Ortsbildkids!“ Landhausplatz 1/13 3109 St. Pölten V oder sende eine E-Mail an: mail@noe-gestalten.at. v 160 GEWINNER/IN Lisa Haselböck aus 2120 Obersdorf Die Redaktion gratuliert herzlich! Kuppel, Karl-Borromäus-Kirche GESTALTE(N) 13 Kuppel, Pantheon in Rom am Wiener Zentralfriedhof
Kellergasse Alte Geringen in Ketzelsdorf, Gemeinde Poysdorf 14 GESTALTE(N)
KELLERGASSEN KULTURLANDSCHAFT WEINVIERTEL GESTALTE(N) 15
Kellergasse Alte Geringen in Ketzelsdorf Der Weinbau im niederösterreichischen Weinviertel besitzt eine jahrhundertealte Tradition. Er hat die wirtschaftliche Entwicklung der Region einst geprägt und tut es noch heute. B ereits mit den Römern kam der Weinbau Bauern eigener Besitz und selbstständiges Siedlungen. Etwa 1.100 Kellergassen mit ihren nach Österreich. Seit dem Mittelalter Wirtschaen in bis dahin unbekanntem rund 37.000 Objekten zählt dieser in beson- waren es dann die großen Klöster und Maß zugestanden und ermöglicht wurde. ders großer Zahl auf dem Gebiet des Wein- Stie und die adeligen Grundherren, die den Dieser hat einen noch heute prägenden, viertels, Österreichs größtem Weinbaugebiet, Weinanbau, die Kelterung und den Handel baulich manifesten Abdruck im regionalen verwirklichte Siedlungsbautypus. Zwar kom- entwickelten und kultivierten. Die wirtscha- Landschasbild hinterlassen. men Kellergassen auch in den angrenzenden liche Bedeutung des Weines für den Landesaus- Regionen im niederösterreichischen Zentral- bau war enorm: So erlebte im 16. Jahrhundert Kulturlandschaft raum, entlang der ermenlinie, im nörd- der Weinbau einen historischen Höhepunkt, Zeugnis dieser historischen Entwicklung sind lichen Burgenland, in den südlichen Teilen als die Weinbauflächen im Gebiet des heutigen die für die Kulturlandscha des Weinviertels Böhmens und Mährens, sowie in einigen Niederösterreich etwa doppelt so groß waren bedeutenden Kellergassen. Deren Lage an Weinbauregionen der Slowakei, Ungarns und wie heute. Die Reformbestrebungen Maria den Dorfrändern oder inmitten der Rieden Sloweniens vor. Nirgends jedoch sind sie in eresias und Josef II. brachten in der zweiten generiert bauliche Zäsuren im harmonischen einer vergleichbaren, den Landschasraum Häle des 18. Jahrhunderts einen Wandel hin Miteinander der bewirtschaeten Flächen gestaltenden Dichte allgegenwärtig: Auf die zur Verbäuerlichung des Weinbaus, indem den und der in den Niederungen liegenden etwa 550 heute bestehenden Ortschaen des 16 GESTALTE(N)
Kellergasse Loahmgstettn in Ameis Kellergasse in Aspersdorf Kellergasse Tiefer Graben in Herrnbaumgarten GESTALTE(N) 17
Den frühesten bekannten Bildbeleg für die Existenz von Kellergassen liefert eine Darstellung der Melker Pfarre Rohrendorf von Franz Mayer aus dem Jahr 1767. Das Gemälde zeigt einige Keller in der Oberen Wienerstraße in Rohrendorf bei Krems. Kellergasse Radyweg in Poysdorf Weinviertels entfallen durchschnittlich je zwei Keller und Presshäuser entstanden sehr kleine der Mitte des 18. Jahrhunderts. Als Bestandteil Kellergassen mit jeweils über 60 Kellern. oder auch bis zu mehrere hundert Objekte um- des Selbstversorgerkonzepts jeder bäuerlichen Dieses außergewöhnliche Kulturerbe geht fassende, große Einheiten. Der klar definierten Einheit der Region, spielten und spielen die hier deshalb jeden etwas an! Nutzung wegen, der homogenen bäuerlichen Weinkeller in den Kellergassen im Leben der Nutzerscha sowie der wenigen verfügbaren Menschen eine tragende Rolle. Auf Grund ihres Architektur der Kellergasse Baumaterialien entsprechend wurden Keller Verbreitungsgrades, der Wiedererkennbarkeit Die Kellergassen sind auch physisch aufs und Presshäuser in immer ähnlichen Bau- und Einzigartigkeit als bauliche und siedlungs- Engste mit der sie umgebenden Landscha formen und Dimensionen errichtet. bauliche Elemente der historischen Kulturland- verbunden: Aus Gründen der Arbeitseffizienz scha und ihres auch heute noch mehrheitlich nahe der Weingärten angelegt, wurden die Lebendiges Kulturgut authentischen Erhaltungszustandes sind die Weinkeller in vielen Fällen als lange, gewölbte Durch das Eingraben der Keller in den Unter- Kellergassen für die Region in hohem Maß Kellerröhren gleichbleibender Breite in den grund und die einfache Bauform der kleinen identitätsstiend. Auf Grund ihres Kleinklimas anstehenden, tragfähigen Lössuntergrund Nutzbauten fügen sich die Kellergassen als (geschützte Lagen)und des reichhaltigen Pflanzen- gegraben. Der gewonnene Lehm wurde als bauliche Ensembles besonders sinnfällig in bestandes (historische Obstsorten) im direkten, Baumaterial bei der Errichtung der Keller- die auch heute noch durch Weinbau und von der modernen Landwirtscha vielfach eingänge oder der den Kellern vorgelagerten Landwirtscha bestimmte naturräumliche verschonten Umfeld der Keller, stellen die Presshäuser wiederverwendet. Je nach Anzahl Umgebung ein. Sie sind kulturell bedeutende Kellergassen heute für Menschen und Tiere der im baulichen Zusammenhang angelegten Zeugnisse des Lebens und Wirtschaens seit besondere Erholungs- und Genussräume dar. 18 GESTALTE(N)
Photos: Robert Herbst, Gerold Esser, Christian Kalch, Karte: © Stift Melk ̈ rnbach Kellergasse Galgendberg in Wildendu Kellergasse Weyerburg Kellergasse in Aspersdorf European Year of Cultural Heritage 2018 Im Rahmen eines Symposiums werden die eInfaChheIT WILL geKOnnT SeIn Im Europäischen Kulturerbejahr 2018 wird die das Phänomen der Kellergassen als Elemente Kellerbesitzer, die ihre Objekte in ihrer Ursprünglich- Weinviertler Kellergasse in Niederösterreich der Kulturlandscha bestimmenden Aspekte keit und Schönheit für die Zukun erhalten wollen, aus wissenschalicher Sicht und aus dem können sich freuen. Im lange vergriffenen und zum ema: Eine Partnerscha des Bundes- jetzt neu aufgelegten Buch „Zukun Kellergassen – denkmalamtes mit regionalen Trägern sowie Blickwinkel eines gesamtheitlichen Ansatzes Baugestaltung“ von Prof. Arch. Helmut Leierer Abteilungen der Landesregierung zielt auf zusammenfassend behandelt werden. * finden Sie zahlreiche Empfehlungen und Planskizzen, die Erforschung, den Schutz, die Erhaltung und Gerold Eßer die zeigen, wie es richtig geht. die Vermittlung dieses weltweit einzigartigen Kulturerbes. Im Rahmen eines Jahrespro- INFO: www.vinoversum.at/kulturerbejahr grammes werden verschiedene Aspekte dieses TERMINE: vielfältigen emas am Beispiel einzelner Keller- 6.-7. September 2018 WOrKShOp gassen behandelt. Ein wesentlicher Bestandteil „Instandsetzung: Lehmbau und Lehmputz“ des Vorhabens ist die exemplarische wissenscha- Kellergasse Alte Geringen, Poysdorf-Ketzelsdorf liche Aufarbeitung der Bau- und Nutzungsge- 30. September 2018 Tag DeS DenKmaLS Kellergasse Radyweg in Poysdorf schichte von Kellergassen am Beispiel besonders 26.- 28. Okober 2018 SympOSIum Das Buch „Zukun Kellergassen“ gut erhaltener Ensembles. Ihre Vermessung „Kellergassen Kulturlandscha Weinviertel“ ist um € 29,90 in Buchhandlungen sowie direkt und Dokumentation wird dabei als Basis dienen Poysdorf, Reichensteinhof beim Verlag AGRAR PLUS erhältlich. für die bauhistorische Erforschung. T: +43 2952 35223, E: weinviertel@agrarplus.at GESTALTE(N) 19
20 GESTALTE(N)
TRADITIONSVERBUNDEN UMBAU WEINGUT HÖLLERER IN ENGABRUNN Architektur 1 GESTALTE(N) 21
22 GESTALTE(N)
I m Weingut Höllerer wird seit über 200 sich aus der Möglichkeit der Anbindung Jahren Wein gekeltert. Der Familienbetrieb an die bestehenden Wohnräume im zweige- bewirtschaet im südlichen Kamptal 23 schossigen Haupthaus an der Straße und der Hektar Weingärten in unterschiedlichen günstigen Belichtung von zwei Seiten. Die Lagen und setzt durch Handlese, Ganz- Dachlandscha des Hofes, in dem wie bei traubenpressung und mehrmaliges, auf den Weingütern so häufig Wohnen und Wirt- richtigen Reifezeitpunkt abgestimmtes Ernten, schaen eng ineinandergreifen, ist durch auf Authentizität und hohe Qualität. Giebeldächer geprägt. Der Entwurf grei diese Alois Höllerer jun. hat den Weinbaubetrieb Charakteristik mit zwei Giebeldächern auf, 2010 von seinem Vater übernommen und diese wurden jedoch gegenüber dem Bestand führt ihn gemeinsam mit seiner Frau mit ausgedreht, um die Blickachsen des neuen Leidenscha und einem klaren Bekenntnis Hauptwohnraums optimal auf den Hof aus- zu Purismus und Klarheit weiter. richten zu können. „Infolge der Ausdrehung steigen die beiden äußersten Trauanten in Implantat statt Zubau entgegengesetzter Richtung an“, so die Archi- Der Generationswechsel im Weingut gab für tekten, „und erzeugen dadurch sowohl im die junge, inzwischen vierköpfige Winzer- Innen- als auch im Außenraum eine positive familie den Anstoß, innerhalb des gewachse- Spannung.“ In Übereinstimmung mit der nen Hofgefüges zeitgemäßen Wohnraum zu Kleinteiligkeit der umgebenden Ziegeldächer schaffen. Ein befreundetes Architekturbüro wurde für die Dacheindeckung ein Rauten- aus Innsbruck, Christoph Milborn und system gewählt. Clemens Plank von Imgang Architekten, wurde mit der Aufgabe betraut, die neue Konstruktiver Holzbau Wohnung möglichst organisch in den Bestand Über Konstruktion und Materialität musste zu implementieren. Die Lage des neuen Bau- nicht lange diskutiert werden, der Holzbau teils im Dachbereich eines Horaktes ergab lag schon aufgrund der bestehenden Dach- GESTALTE(N) 23
1 b a konstruktion gewissermaßen auf der Hand. Fensterachsen des Erdgeschoßes. So werden Dazu kamen der atmosphärische Mehrwert Bestand und Neubau durch die Holzlatten- des natürlichen Baustoffes sowie das pragma- fassade organisch zu einer Einheit verbunden. 10 4 tische Argument einer kürzeren Bauzeit. Auf- grund der komplexen Anschluss-Geometrien Verschränkung von Alt und Neu 9 wurde der konstruktive Holzbau jedoch nicht Im Innenbereich prägen die homogenen 1 2 vorgefertigt angeliefert, sondern auf her- Dachuntersichten aus weiß lasierten Fichten- 3 kömmliche Weise vor Ort errichtet. Die Dreischicht-Platten den Raumeindruck. Die 6 Wandelemente sind in Ständerbauweise er- Zonierung des neuen Wohnraums unter den 10 richtet und mit Zellulose ausgedämmt, ebenso Dächern erfolgt nicht durch herkömmliche die Sparrenebene des Daches. Sämtliche sicht- Wände, sondern durch zwei freistehende a b baren konstruktiven Elemente muten mit ihrer Quader aus Dreischichtplatten, die die Garde- 5 weißen Lasurschicht nicht vordergründig robe und die Küche in sich aufnehmen. Durch 7 „holzig“ an, sondern wirken zart, fast abstrakt. die beiden eingezogenen Terrassen an der OBERGESCHOSS Der Werkstoff Holz entfaltet innen und außen Nord- und Südseite des Hofes und die ge- ganz unterschiedliche Qualitäten: Den durch- schickt geführten Blickachsen sind Innen- und 8 lässigen Raumabschluss zur südlichen Hofseite Außenräume eng miteinander verschränkt, 6 8 bildet eine vorgesetzte Holzlattenfassade aus sodass die Wohnbereiche im Bestand und Mini-Brettschichtholzträgern aus vorvergrau- jene im neuen Dachgeschoß ihre spürbare ter Lärche, die sowohl den Sonnenschutz als Eigenidentität behalten und trotzdem als zu- auch eine gewisse Privatheit gewährleistet. sammengehörig wahrgenommen werden. Die EIGENTÜMER Zudem bildet diese mit dem Geländer der neue Zeitschicht des Weinguts, die sich weder Alois & Nicole Höllerer Südterrasse im Obergeschoß eine nahtlose versteckt noch in den Vordergrund spielt, PLANUNG Einheit und korrespondiert – in typologischer schreibt das Bestehende selbstverständlich und Architekten: DI Christoph Milborn und DI Dr. Clemens Plank Anspielung auf einen Arkadengang – mit den eigenständig weiter. * Imgang Architekten ZT GmbH 24 GESTALTE(N) Photos: Romana Fürnkranz
2 3 4 1 Die Wohnung im Altbau konnte durch den Dachausbau wesentlich vergrößert werden 2 Die Holzlamellen verhindern ungewünschte Einblicke von der Hofseite 3 Die vorgelagerte Terrasse ergänzt die räumliche Qualität der Innenräume 4 Alle sichtbaren tragenden Elemente wurden weiß lasiert, um einen homogenen Raumeindruck zu erzeugen 5 Aufgrund der kurzen Bauzeit entschied man sich für einen konstruktiven Holzbau 6 Im Freien und doch witterungsgeschützt GESTALTE(N) 25 5 6
26 GESTALTE(N)
DIE QUALITÄT DES LEBENS NÖ PFLEGE- UND BETREUUNGSZENTRUM IN TÜRNITZ Architektur 2 GESTALTE(N) 27
28 GESTALTE(N)
D as Leben in einer qualitätsvollen, Aktuell leben 72 BewohnerInnen in sechs sicheren und naturnahen Umgebung Wohngruppen im Neubau. Sie werden zu verbringen ist heute ein hohes Gut von einem multiprofessionellen Team und und Herzenswunsch vieler Menschen. Mit Experten in der psychosozialen Betreuung be- der Eröffnung des Neu- und Zubaus beim gleitet. Darüber hinaus steht das Haus Kindern NÖ Pflege-und Betreuungszentrum Türnitz einer Kindergartengruppe und Kindern Ende 2016 gelingt es, vielen Menschen diesen der gegenüberliegenden Volksschule in der Wunsch zu erfüllen. Nachmittagsbetreuung und zum Mittagessen GESTALTE(N) 29
1 zur Verfügung. Gemeinsam essen sie in der Heute zeigt auch der Blick vom Inneren öffentlich zugänglichen Cafeteria zu Mittag. des Neubaus wunderschöne Bilder der Türnitzer Landscha. Großzügig und Struktur und Langlebigkeit abwechslungsreich rahmen die Fenster „Wir haben sehr viel Energie in die optimale täglich neue „Gemälde“. Eine Wohltat für Planung der Nutzung und der Materialien alle Menschen, die durch die innovative investiert“ berichtet Architekt DI Johannes Gestaltung Aussicht genießen und damit Putzer. Heute wohnen die Menschen im Lebensqualität gewinnen. Neubau in einem, wie sie es empfinden, “4 Sterne Hotel“ und gehen übers Freie Gemeinsam stark zur „Arbeit“ in den sanierten Altbau, der Und so ist es nun auch: Das Pflege- und Be- als baulicher Identitätsträger und wichtiges treuungszentrum ist für Bewohner, Besucher, Element des Türnitzer Ortsbilds erhalten Kindergarten- und Schulkinder und alle werden konnte. Mitarbeiter des Hauses ein Ort mit vielen Die äußere Optik des Neubaus wird ge- Qualitäten. Gemeinscha und Miteinander stalterisch durch Kupferblech und, die für der Generationen wird täglich erlebt und die Voralpenregion typischen, Lärchen-Holz- war von Anfang an für alle Beteiligten schindeln geprägt – langlebige und robuste spürbar. „Eine so gute Zusammenarbeit Materialien die noch dazu „in Würde altern“. zwischen allen Beteiligten erlebt man selten“ Die auffallend großen Fensterrahmen wirken erzählt Architekt Putzer begeistert über in Kombination mit den fröhlich leuchtenden die Zeit der Planung und Umsetzung, die Streifenmarkisetten einladend und offen. von einer breiten Basis getragen wird. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit 2 Rahmen der Natur der Gemeinde und dem Team des Pflege- Bereits zur Jahrhundertwende tri man und Betreuungszentrums machte eines BAUHERR eine sehr gute Entscheidung, als man den Ge- möglich: ein geglücktes Projekt mit hoher Amt der NÖ Landesregierung bäudestandort für das damalige Pflegeheim Lebensqualität für alle, die darin wohnen Abt. Landeskliniken u. Landes- und arbeiten. Und auf das kann man sehr betreuungszentren auf einer Hügelkuppe mit ausgezeichnetem PLANUNG Fernblick nahe dem Ortszentrum wählt. stolz sein. * Architekt DI Johannes Putzer 30 GESTALTE(N) Photos: Thomas Apolt, Romana Fürnkranz
3 4 5 1 Sonnige, überdachte Terrassen laden zum Aufenthalt im Freien ein 2 Helles Stiegenhaus mit Ausblick ins Freie 3 In jedem Geschoß bieten zentral angeordnete Kommunikationsräume mit angeschlossenen Pflegefunktionseinheiten kurze Wege und eine gute Sichtverbindung zu den Gang- und Aufenthaltsbereichen 4 Koch- und Essbereich in einer Wohngruppe 5 Das Kaffeehaus steht auch Besuchern von außen offen 6 Kapelle im Altbautrakt GESTALTE(N) 31 6
Nur noch wenige Tage bis zum ... BADEN 32 GESTALTE(N)
Wussten Sie, wo Badens Ursprungsquelle liegt, in welcher Kapelle sich dieser „Sternenhimmel“ befindet, von welchem Gebäude in diesem Zitat die Rede ist? „Ich besah das Haus das wir bewohnen sollen und muss dir offen herzig gestehen, dass ich es unbewohnbar finde“ oder, dass Beethoven in Ermangelung von Papier einst die Fensterläden seiner Badener Wohnung für schnelle Notizen nutzte? Nein?! – dann sollten Sie den Stadt-Spaziergang in Baden am 8. September auf keinen Fall verpassen! Eröffnung um 11:00 am Theaterplatz, Eintritt frei! Und dass die Erkundungstour durch die ehemalige Kaiserstadt nicht zu beschwerlich wird, gibt es … – Weinverkostung in der gotischen St. Magdalenenkapelle – im Heiligenkreuzer Hof Fotos: Romana Fürnkranz, Rudi Roubinek, Stadt Baden, GESTALTE(N) – Kaiserschmarrn-Essen im Garten des Kaiserhauses Mit dabei auf Tour Rudi Roubinek – bekannt als Oberhofmeister Seyffenstein aus der ORF-Sendung „Wir sind Kaiser“ Das gesamte Programm finden Sie auf www.noe-gestalten.at GESTALTE(N) Niederösterreich GESTALTE(N) in Kooperation mit der Stadt Baden GESTALTE(N) 33
HISTORISCHES NEU ERSCHLOSSEN ZUBAU HAUS STEINER IN WAIDHOFEN A. D.YBBS 34 GESTALTE(N)
Architektur 3 GESTALTE(N) 35
36 GESTALTE(N)
I n der Weyrer Straße 5 steht wie auf einer Im Original verwinkelt begrünten kleinen Insel ein historisches So sollte man es wohl auch sehen, wenn man Stadthaus. Die Bausubstanz verrät die Jahr- dieses besondere Haus auf sich wirken hunderte. Nun wurde es um einen modernen lässt. Die darin vorhandene originale Treppe Anbau erweitert. Drinnen versteckt sich ein ist eng und verwinkelt, nicht nur der älteren ästhetischer Standpunkt. Generation düre sie einige Schwierigkeiten bereiten. Der Zubau bringt ein großzügiges An sich ist es immer so eine Sache, wenn man neues Treppenhaus – und je ein Vorzimmer an altehrwürdige historische Bausubstanz in zwei Geschossen. Dort bieten bequeme einen neuen Anbau setzt. Doch die Ge- Sitzgelegenheiten die Möglichkeit, den Auf- schichte zeigt, dass man das auch früher schon stieg durch eine Rast zu unterbrechen. genauso gemacht hat: was da war, wurde um- gebaut, erweitert, verändert oder entfernt. Dieser neue Zugang aber bringt die zeitge- Gerade alte Häuser verraten immens viel über mäße Erschließung des Gebäudes, wie sie vor- ihre Bau- und Nutzungsgeschichte, in der her jahrhundertelang einfach nicht da war: es immer wieder zu Änderungen gekommen eine Punktlösung, die in das Raumensemble ist, je nach den Nutzungsvorstellungen und des Hauses ansonsten nicht eingrei. Mit Ansprüchen der Bewohner. hellem Weiß und gemasertem Holzboden GESTALTE(N) 37
1 zitiert der Anbau die Materialsprache des Geplant wurde die aufwendige Revitalisierung Hauses selbst. Sichtbetonelemente verraten von der Waidhofener Architektengruppe w30. die modernistische Auffassung. Es ist ein Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, auf solide bisschen wie in einem Ausstellungsbereich: Werte aufzubauen und neue Perspektiven zu hier der moderne Zugang, dort das Alte, das öffnen: „Fortschrittliche Architektur ist mehr man aufsucht. Und das wird präsentiert. als visionär und energieeffizient – sie ist vor allem menschlich, scha Räume mit Inszenierung der alten Substanz Charakter für individuelle Bedürfnisse“, heißt Bei der umfassenden Renovierung des es in einer Selbstdarstellung. „Wir folgen dem Hauses wurde besonderer Wert daraufgelegt, Motto der Bauhaus-Architekten und meinen: die alte Gebäudesubstanz möglichst effektvoll Gute Architektur bringt Form und Funktion in Szene zu setzen: Ungleichmäßige Fenster- in Einklang, folgt klaren Linien, erarbeitet ausschnitte verweisen auf das historische intelligente Lösungen.“ Ambiente, mit dem sich der Bewohner umgibt. An den Gewölbedecken liegen Zwei Fliegen mit einer Treppe Bruchsteinoberflächen frei, ebenso hinter Mit dem durchdachten Konzept eines der modernen Toilette. Auf den Fußböden angebauten Treppenhauses wurde nun zwei- wechseln sich zimmerweise rustikale Holz- erlei erreicht: die Erschließung des original dielen mit Ziegelsteinen ab. Man steht erhaltenen historischen Gebäudes unter im Esszimmer unter einer historischen Berücksichtigung zeitgemäßer Ansprüche Gewölbedecke, in einem anderen Raum und zugleich die deutliche Veränderung 2 prangt eine gotische Balkendecke mit kunst- des Außenbildes, denn was dort von der vollen Schnitzereien und Datierung aus dem ursprünglichen Fassade noch zu sehen ist, EIGENTÜMER 17. Jahrhundert. ragt hinter einem kubisch angelegten Beton- Dr. Josef Steiner objekt hervor – ein klares Bekenntnis zur PLANUNG Moderne und eine deutliche Priorisierung w30 ARCHITEKTUR klarer Linien. * Photos: Romana Fürnkranz, Dominik Stixenberger 38 GESTALTE(N)
3 4 4 5 6 1 Grund für den Zubau war eine für den täglichen Gebrauch nicht adäquate alte Treppe 2 Der Zubau beinhaltet im Wesentlichen nur ein Stiegenhaus 3 In der schmalen Nische wurde ein Essbereich integriert 4 Der Sanitärbereich im Dach wurde als weiße Box im Raum konzipiert 5 Der denkmalgeschützte Dachstuhl dure nicht verändert werden, sodass man den Bundtram mit einer Stufe übersteigen muss 6 Im ältesten Bereich des ehemaligen Schmiedehauses befindet sich heute das Wartezimmer der Ärzteordination GESTALTE(N) 39
AUS DEM SCHLAF GEKÜSST SANIERUNG DES „FRISEURHÄUSCHENS” IN EICHGRABEN 40 GESTALTE(N)
Architektur 4 GESTALTE(N) 41
42 GESTALTE(N)
Vor der Sanierung „F riseure haben wenig Geld“, meint der Von der Eisgrube zum Friseur Besitzer. „Deshalb wurde an dem Haus Errichtet wurde es 1896, aber auch dafür lohnt nichts gemacht.“ Zum Glück, denn es sich, etwas auszuholen. Eichgraben bekam dadurch wurden schlimme Bausünden ver- 1890 eine Haltestelle auf der Postlinie. Natür- mieden. Das Ergebnis: ein Haus wie von 1907, lich brauchte es dann auch ein Gasthaus, und aber alles tipptopp. das hieß, wie auch sonst, „Zur Post“. Das Wirtsgebäude benötigte auch eine Eisgrube, Das Schöndorferhaus kennt in Eichgraben und damit beginnt 1896 die Geschichte dieses jeder. Es beherbergte von 1907 bis weit in Hauses. 1907 wurde das Gasthaus ausgebaut die siebziger Jahre den örtlichen Friseur. und die Eisgrube zum Wohn- und Geschäs- Generationen von Menschen gingen durch haus umgebaut. Der Friseur Schöndorfer die Tür ins Erdgeschoß, um sich die Haare nahm seine Arbeit auf. Die Jahre zogen ins schneiden zu lassen. Land, an dem Haus wurde praktisch nichts GESTALTE(N) 43 6
1 2 verändert. Seine Jugendstilfassade wurde nicht Restaurierung der Veranda erfolgte sehr be- Ein Haus wie damals hinter Eternitplatten versteckt, das Dach blieb, hutsam, und im Hausinneren wurde alles, was Die Originalfarbe der Fassade ist nicht mehr wie es war. Auch die Wasserleitung kam nicht da war, hervorgeholt, gereinigt, imprägniert erhalten. Deshalb entschied man sich für ein sehr weit hinein in das kleine Häuschen mit und dann wieder an seinen Platz gefügt. leichtes Lindgrün, abgesetzt mit gebrochenem 76 m2 Nutzfläche auf einer Etage. Lediglich die Raumaueilung wurde überar- Weiß. Holzelemente auf der Außenseite beitet, um zu einem vernünigen Wohnraum prangen in kräigem Dunkelgrün. Damit gibt Zeitblase entdeckt zu kommen. Auch das Bad samt dem engli- das Schöndorferhaus einen Eindruck davon, Die einzige größere Veränderung war der schen Fenster mit dekorativen Glasfeldern wie kleine Wohnhäuser im österreichischen Ziegelauau von 1907, der aus der steinge- sind neu. Jugendstil gewirkt haben: frisch und elegant, 1 mauerten Eisgrube ein richtiges Haus werden aufgeräumt und gastfreundlich. Wenn man ließ. Sonst passierte nichts. Irgendwann ver- Abseits vom Trend dieses Haus sieht, merkt man: Eine moderne schwand der Friseursalon, um 2008 wurde es Aber es gibt keine Dämmung, keine ermo- Erweiterung hätte ihm nicht gutgetan. von den damaligen Besitzern verkau. Die fenster, keine Erdwärme oder Wärmerück- Zwillingsbrüder Niemetz wurden auf das gewinnung. Mit Ausnahme der Dämmung der Trotzdem hat auch die Moderne hier reichlich Gebäude aufmerksam und erwarben es 2011. obersten Geschoßdecke, die sinnvoll ist Platz, denn die Brüder Niemetz sind be- Natürlich war es ein Sanierungsfall. Klar war und nicht ins Bild eingrei, wurden alle geisterte Sammler moderner Kunst. Die hängt aber auch: Alles sollte im Grunde so bleiben, thermischen Optimierungen ausgelassen. Der hier jetzt an den Wänden, und als Esstisch wie es war. Grund ist so einfach wie plausibel: Aufgrund fungiert der Arbeitstisch eines Bildhauers, in des Kleinformats dieses Hauses wäre durch den sich vierzig Arbeitsjahre eingeschrieben Die große Chance, die dieses Haus bot, lag solche Maßnahmen nur ein kleiner Effekt haben. Ein „Haus voller Zeit“, wenn man nämlich nicht in seiner Größe oder dem, was zu erzielen. Außerdem würden die Eingriffe so will, und mit einer Atmosphäre, die zu man so gern als Potential bezeichnet. Sondern in die historische Substanz den Gewinn bewahren das Kunststück jeder überlegten, in seiner völligen Intaktheit im Original- deutlich überwiegen. Die seltene Chance, ein behutsamen Restaurierung sein sollte. * zustand von 1907. Auf der Fassade gibt es ein altes Haus im Urzustand zu bewahren, wäre Ornamentrelief mit Kastanien – ein Hinweis damit vertan. auf die Kastanien des Umfelds. Es gibt eine Das kann man heute auch schon als mutig EIGENTÜMER schöne Veranda und uralte Dielenböden aus ansehen, denn die neue Ethik der thermi- Andreas Niemetz Lärchenholz. Das Satteldach war noch mit den schen Optimierung steht o an oberster SANIERUNG alten Ziegeln eingedeckt – hier war ein Aus- Stelle. Manchmal kommt es aber auf etwas Josef Szabo GmbH tausch nötig, aber mit der gleichen Ware. Die Anderes an. Photos: Romana Fürnkranz 44 GESTALTE(N)
3 4 1 Ausstattungsgegenstände wie alte Türdrücker oder Leuchten wurden auf diversen Flohmärkten gekau 2 Die Holzveranda blieb auch nach der Sanierung unbeheizt 3 Wohn- und Schlafraum im Obergeschoss 4 Ehemaliger Friseurraum im Erdgeschoss 5 Der alte Holzarbeitstisch stammt von einem Bildhauer der viele Gebrauchsspuren darauf hinterlassen hat 6 Die neue Badezimmertrennwand wurde mit alten Gläsern verglast GESTALTE(N) 45 5 6
46 GESTALTE(N)
NAH AM WASSER GEBAUT DIE NEUEN KLIPPENHÄUSER DER BAUMHAUS-LODGE Architektur 5 GESTALTE(N) 47
48 GESTALTE(N)
AUG‘ IN AUG‘ MIT DER NATUR Ü ber die Baumhaus-Lodge in Schrems Ruhe am See hat Niederösterreich GESTALTE(N) Das Bauvorhaben wird in einem aufge- schon vor einiger Zeit berichtet: Es lassenen Granitsteinbruch realisiert, wo sich handelt sich dabei um ein einzigartiges in der ehemaligen Abbaustätte mittlerweile Refugium aus ambitioniert gestalteten und ein Teich gebildet hat. Die „Baumhäuser“ aus anspruchsvoll eingerichteten kleinen Ferien- dem ersten Bauabschnitt haben einen soliden apartments, die man mieten kann, wenn man Grundbau. Jetzt geht es um die Klippen- eine Auszeit braucht. Denn hier ist man allein häuser, die über dem Ufer direkt am Boden mit sich – und der Natur. verankert werden. Da sie über den Teich ragen, entsteht beim Blick aus dem Fenster Die Ausgangssituation ist klar: Wer immer die Illusion, über dem Wasser abgehoben zu unter Stress steht, stets erreichbar und mobil sein. Wasser, Wald und Wiese: Hier kann man ist, der wünscht sich einfach nur, einmal richtig durchatmen, auch seelisch. richtig abschalten zu können. Franz Steiner hat dieses Bedürfnis schon vor Jahren erkannt Der Teich ist von weiten Naturflächen um- und ein „architektonisches Walddorf “errich- geben, doch die Stadt lädt mit verschiedenen tet. Zu den ersten Einheiten haben sich jetzt Besichtigungsmöglichkeiten, Museen, einem zwei Klippenhäuser dazu gesellt. kostenlosen Moorbad und noch einigem GESTALTE(N) 49
1 2 mehr zu vielen Ausflügen ein. Ein Ort zum gerichtet, der sich vor allem in den einladen- Krafinden, zur Regeneration. Dazu passt das den Ledersesseln zeigt. Man hat Naturstein unweit gelegene Unterwasserreich mit Fisch- aus Schrems verarbeitet, von denen aus otterfütterung und lehrreichen Erkundungen. man die umliegende Natur betrachten kann. Das Areal selbst ist reich und attraktiv. Über Ansonsten wurde weiter auf Holz und Metall den mit Fischen besetzten Teich ragen gesetzt. Jedes Haus bietet einen Wohn-Schlaf- schroffe Felswände bis zu sieben Meter empor, raum mit Liegelandscha, Bad und Toilette, im Wald wachsen Buchen, Eichen, Kiefern außerdem eine große Terrasse mit Sitzgele- und Fichten. Im Süden schließen sich Acker- genheit und Tisch. Die beiden Wasserhäuser flächen und ein Birkenwald an. Von hier aus werden über ein Außenplateau erschlossen können viele Wanderungen unternommen und wirken wie hinterlassene Objekte, die ihre werden. Funktion nicht gleich preisgeben und zusam- men mit dem Teich zu einer Art Installation Dem Ort gerecht werden verschmelzen. Da sie auf dünnen Stahlstreben Bei der Gestaltung und Planung wurden ruhen, „schweben“ sie über dem Klippenrand. die markanten Wesenszüge dieses Ortes Innen sind die Strukturen sehr klar und aufgegriffen und architektonisch erweitert. Die funktionell. Es gibt nur, was man für ein paar Architektur dieses Bauprojekts unterstreicht Tage benötigt. Jetzt nur noch das Handy aus- den Charakter des Standorts, der von ver- schalten, und die Ruhe ist da. gangener industrieller Nutzung und Struktur- Ökologisch interessant ist auch die völlige wandel erzählt. Eine heile Welt wird hier nicht Wiederverwertbarkeit der ganzen Anlage. Ein gespielt, wohl aber die heilende Landscha Schwerpunkt liegt auf dem Werkstoff Holz, erfahrbar gemacht. der eine ästhetische Verbindung zur Umge- bung scha und mit seinem Dämmverhalten 3 Entspannen mit Stil eine ganzjährige Nutzung dieser Häuser er- Etwa sieben Meter über dem Wasser ragen die möglicht. An diesem Punkt könnte die Anlage BAUHERR Klippenhäuser über den alten Steinbruch- „fertig“ sein – wenn es da nicht noch etwas Mag. Franz Steiner teich. Ihre kantige Form lehnt sich an die abseits eine weitere gewidmete Fläche gäbe … PLANUNG Struktur der Felsen an. Die beiden Gebäude und wer weiß, vielleicht geht die Geschichte Architekt DI Andreas Wenning (baumraum) mit je 26 m² Nutzfläche sind im Retrostil ein- noch weiter? * Photos: Romana Fürnkranz 50 GESTALTE(N)
3 4 5 1 Aufgrund der Ausstattung mit Pelletsöfen sind die Klippenhäuser ganzjährig benutzbar 2 Die Metallplatten wurden in verschiedenen Richtungen montiert, sodass das Sonnenlicht unterschiedlich reflektiert wird 3 Vom Bett aus kann man tagsüber die Natur beobachten 4 Das Fensterbrett wurde zu einer Sitzbank erweitert 5 Der Innenraum bietet ausreichend Platz für 2 Personen 6 Duschen mit Blick in die Baumkronen GESTALTE(N) 51 6
VERWUNSCHENES NIEDERÖSTERREICH EIN DORF IM DORF UND EIN AUSSERGEWÖHNLICHES MUSEUM 52 GESTALTE(N)
GESTALTE(N) 53
54 GESTALTE(N)
D en etwa 60 km nordöstlich von Wien Das Hauptgebäude und zugleich das jüngste Rasten und einkehren gelegenen Weinviertler Ort Drasen- Gebäude auf dem Gelände ist das so genannte Überwältigt von den Details, betreten wir den hofen verbinden viele vor allem mit Traktorium. Wie es schon der Name vermuten großzügigen Garten, der mit einem impo- regelmäßigen Staumeldungen im Radio. Wir lässt, beherbergt es historische Traktoren, santen Baumbestand und als Besonderheit aber laden Sie ein, uns abseits von LKW- davon eine vollständige Erstserie von Steyr. mit einem viele Millionen Jahre alten fossilen Schlangen auf eine Zeitreise durch eine Darüber hinaus sind auch andere namhae Baumstumpf aufwartet. Nun geht es an einem illustre Vergangenheit zu begleiten. Der österreichische Landmaschinenhersteller wie offenen Stadl vorbei, wo man auf Wunsch Ausgangspunkt für unseren historischen Warchalovski, Hoerr-Schranz und Lindner unter fachkundiger Anweisung selbst histori- Spaziergang durch das aus mittlerweile sechs vertreten. Als besonderes Gustostückl für sche Stationärmotoren ankurbeln darf. Im Gebäuden bestehende Ensemble zwischen Kenner gibt’s auch einen Lands Bulldog- Freigelände gibt es außerdem eine Sammlung Kellerberg mit seiner malerischen Hintaus- Ackerschlepper aus den 1920er-Jahren. von typischen landwirtschalichen Geräten gasse und der Ortstraße beginnt bei der Ergänzt wird die Traktorensammlung mit für die Feldarbeit und den Weinbau, die Hausnummer „Drasenhofen 66“. Hier steht Motorrädern, Rollern und Fahrrädern. Ein um 1900 im Einsatz waren und liebevoll eine im regionaltypischen Stil eines Streck- weiterer Bestandteil des Museums ist eine restauriert und konserviert wurden. In der hofes errichtete Halle, durch welche Gäste große Anzahl von Blech- und Emailtafeln, ebenfalls hier befindlichen Dorfschmiede und Besucher in das anschließende Museums- Reklamebeleuchtungen, Zapfsäulen sowie wird einmal im Monat landtechnisches dörfl auf 3.200 m² Fläche gelangen. Uniformen von Gendarmerie und Zollwache. Schmieden vorgeführt. > GESTALTE(N) 55
Den Abschluss des Geländes bildet die Hint- Die Familie Trautson hatte in Drasenhofen schlitz im Inneren gemauert wurden, ge- ausgasse. Ein Gebäude dort ist der Keller- Ackerflächen und so war es naheliegend, dass währleisten eine ständige Querlüung im bergstadl, in dem eine sehenswerte Moped- vor Ort ein Speicher gebaut wurde. Stadl um die Feuchtigkeit nach außen abzu- und Fahrradsammlung untergebracht ist. Zwischen 1930 und 1960 wurde das Gebäude führen. Diese geniale Technik – außen ein- Von dort aus starten auch geführte Rund- dann als Raiffeisenlagerhaus genutzt und facher, innen doppelter Schlitz – bewirkt, dass fahrten mit historischen Traktoranhängern befand sich anschließend in wechselndem kein Vogel, der das Getreide verunreinigen oder zum Selbstfahren mit Oldtimertrak- Privatbesitz. Heute dient es ausschließlich könnte, in das Gebäudeinnere eindringen toren. Die Palette reicht dabei von kurzen musealen Zwecken zum ema Landtechnik. kann. Auch der Flugschnee im Winter wird Spritztouren, bis zu Tagesfahrten über die Wobei die ältesten Maschinen noch aus der weitgehend ferngehalten. sanen Hügel des umliegenden Weinviertels Habsburg Monarchie stammen. Gemauert ist der Stadl aus dem ortsan- mit seinen schönen Ausblicken und Land- sässigen fossilen Kalkstein und beidseitig schaen. Raffinierte Bauweise verputzt. Die Dachstuhlkonstruktion aus ge- Der Herrenstadl ist ca. 20 m lang, 14 m breit hackten Eichenhölzern stammt vermutlich Architekturdenkmal Herrenstadl und im Bereich der Einfahrt 19 m hoch. aus den fürstlichen Wäldern vor Ort. Auf einer topografischen Erhöhung, dem Die unterirdischen Räume wurden z.B. als Eingedeckt war der Stadl mit keramischen so genannten Kellerberg, enstand geschützt Lebensmittellager für Feldfrüchte genutzt. Wiener Taschenziegel mit Fugenverstrich vor der Grundwassergefahr um 1698 der Durch die mächtige Höhe war es möglich die wobei Firste, Grate und Ochsenaugen im dominante Herrenstadl. Das imposante Ge- Getreidegarben bis zur Mittelpfette zu lagern. Mörtelbett verlegt waren. bäude wurde von der fürstlichen Herrscha Um das Getreide vor dem Schimmeln zu be- Trautson Poysbrunn-Falkenstein errichtet wahren, wurde ein ausgeklügeltes Lüungs- Wie alles entstand und vom jetzigen Eigentümer der Liegen- system eingebaut. Schlitze in der Fassade, die Bei einem Glaserl Grünen Veltliner erzählt scha in seiner Originalität wiederhergestellt. dann im Mauerwerk verzogen als Doppel- Hannes Morocutti launig von den Anfängen 56 GESTALTE(N)
Sie können auch lesen