Magazin für Eltern, Pädagogen und Partner - AUSGABE 1 2021 - Tjfbg
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
D ie Ausgabe setzt sich mit den Schwerpunktthemen Partizi- pation, Kinderrechte und De- mokratiebildung auseinander. Partizipation von Kindern und Jugendli- chen bedeutet, dass sie ein Recht darauf haben, an allen Entscheidungen, die sie und ihre Lebenswelt betreffen, gehört und beteiligt zu werden. Lösungen sollen nicht von den Erwachsenen diktiert, sondern gemeinsam ausgehandelt werden. Das Recht auf Partizipation ist u. a. in der UN- Kinderrechtskonvention, in der EU-Grund- rechtecharta, im Kinder- und Jugendhilfe- recht und im Kindertagesförderungsgesetz geregelt. Auch in den Bildungsplänen der einzelnen Bundesländer ist Partizipation als pädagogischer Grundsatz bzw. Quer- schnittsaufgabe festgeschrieben. In der UN-Kinderrechtskonvention ist das Recht auf Partizipation u. a. in Art. 12 ver- ankert. Gleichzeitig ist es eines der vier 2
Impressum Ausgabe 1 - 2021/BuB 17 Partizipation! tjfbg gGmbH Wilhelmstraße 52 · 10117 Berlin von Stefanie Theile Fon 030 97 99 130 | www.tjfbg.de Geschäftsführer: Thomas Hänsgen M. A. (V.i.S.d.P.), Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 121600 B Inklusion Mitbestimmung Käpt’n Browser gGmbH Wilhelmstraße 52 · 10117 Berlin Fon 030 97 99 13 10 | www.kaeptnbrowser.de Geschäftsführer: Thomas Hänsgen M. A. (V.i.S.d.P.) Kinderrechte Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 99234 B Redaktion: Stefanie Theile Layout: Carolin Eden Fachbeirat: Stefanie Fischer, Torsten Schulz Kontakt: magazin@tjfbg.de und Beteiligtsein magazin@kaeptnbrowser.de Druck: Möller Druck und Verlag GmbH Auflage: 6.000 ISSN 2196 - 6273 Demokratie DOWNLOAD kaeptnbrowser.de tjfbg.de BILDNACHWEIS Fotos S. 1, 2, 5 (4., 6., 8., 9. v. o.), 14, 16 - 19, 21, 35 (o.), 42, Grundprinzipien der Kinderrechtskonven- durch das Erleben von Partizipation in der 43 (o.), 56, 59 (o.), 64 (u.): Adobe-Stock; S. 4, 5 (1., 3., tion. Partizipation ist also einerseits ein (Weiter-)Entwicklung ihrer sozialen Kom- 7., v. o.), 7, 13, 15 (u.), 26 - 29, 31 (u.), 32, 33, 37 (u.), eigenständiges Recht und andererseits petenzen gestärkt und das demokratische 38, 39, 41, 43 (u.), 44, 45, 46 (u.), 50, 51 (o.), 54, 55, 59 (u.): tjfbg gGmbH; S. 5 (10. v. o.), 47, 49: Junges muss es in der Interpretation und Umset- Miteinander wird unterstützt. Kinder und Engagement; S. 23 (1. v. l.): Sandra Spitzke; S. 23 zung aller anderen Kinderrechte bedacht Jugendliche verbringen einen Großteil (2. v. l.): Jaqueline Markurt; S. 23 (3. v. l.): Käpt’n werden. Von diesem subjekt- und rechts- ihres Tages in Kindertagesstätten, Schu- Browser; S. 23 (r.): Jessica Zeidler; 36, 37 (m.): basierenden Verständnis von Partizipation len und außerschulischen Lernorten. Marvin Rathmann; S. 46 (o.): Nimm!; S. 25 (l.) ausgehend werden Kinder und Jugendliche Diese Einrichtungen sind wichtige Le- Leandro Gomes, (r.) Pedro Monterroso; S. 35 (u.) Birgit Majewski; S. 51 (u.): Marcel Häckel als eigene Persönlichkeiten mit einer eige- bens- und Lernorte für Kinder und Jugend- Illustrationen nen Meinung und Handlungsfähigkeit liche. Die dort tätigen pädagogischen S. 31: Annina Krüger; restliche: tjfbg gGmbH und als Träger eigener Rechte wahrgenom- Fachkräfte haben daher eine bedeutende men. Voraussetzung dafür ist, dass Parti- Aufgabe in der Umsetzung der Partizipa- HINWEIS zipation als fortwährender Prozess begrif- tionsrechte der Heranwachsenden. Und Um einer gendersensiblen Schreibweise gerecht zu werden, wird im Magazin meist eine geschlechts- fen und nicht als einmaliges Erlebnis genau deswegen auch der Titel „Partizi- neutrale Formulierung verwendet. Wenn dies aus verstanden wird. Partizipation stärkt das pation!“: Partizipation als Kinderrecht und Gründen der Lesbarkeit nicht möglich ist, beziehen Selbstbewusstsein von Kindern und Ju- Grundprinzip der UN-Kinderrechtskon- sich die Beiträge dennoch selbstverständlich in gendlichen und ermöglicht ihnen wich- vention sowie die bedeutende Aufgabe, gleicher Weise auf alle Menschen. tige Erfahrungen der Selbstwirksamkeit. die den pädagogischen Fachkräften zu- Sie fühlen sich ernst genommen und kommt, machen deutlich, dass Partizipa- Die Fotoaufnahmen wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten angefertigt. Selbstverständlich werden darin bestärkt, sich für ihre eige- tion eine Grundvoraussetzung für die wurden die zu den Zeitpunkten der Aufnahmen nen Rechte und die anderer einzusetzen. Umsetzung der Kinderrechte und Demo- geltenden Hygiene- und Abstandsmaßnahmen Zudem werden Kinder und Jugendliche kratiebildung ist. hinsichtlich der Corona-Pandemie eingehalten. 3
6 22 Inhalt Prolog Intermezzo: Best Practice 6 Editorial 20 Kinder- 30 Grundschule 40 Weiterführende KINDERRECHTE, tagesstätte Pusteblume-Grundschule Schule PARTIZIPATION UND IntegrationsKITA MITREDEN UND Albrecht-Dürer-Gymnasium DEMOKRATIEBILDUNG Hand in Hand MITGESTALTEN! MEHR DEMOKRATIEBILDUNG Was steckt dahinter? WIR BESTIMMEN MIT! Die Schülerzeitung als Beteili- UND BETEILIGUNG DURCH KINDERTAGESSTÄTTEN- gungschance an Schulen DEN KLASSENRAT AUSSCHUSS AUCH FÜR Wieso, weshalb, warum? KINDER! 8 Brainstorming Kinder gestalten den Alltag in PARTIZIAPTION KURZ der Kindertagesstätte mit 32 Grundschule UND KNACKIG! Bötzow-Grundschule 42 JFE Antworten aus Umfrage WENN STREITEN, JFE* Manege DANN ABER RICHTIG! SAG WAS DU BRAUCHST, 22 Kinder- Erfahrungen mit der DENN DEINE STIMME ZÄHLT! tagesstätte Mediationsausbildung von Kein pädagogisches Angebot 10 Einblick KITA Schneckenhaus Grundschulkindern ohne die Zustimmung der Hochschule für DAFÜR MUSST DU NOCH EIN Kinder und Jugendlichen! angewandte Pädagogik STÜCKCHEN WACHSEN! DAS KINDERRECHTE – KANNST DU NOCH NICHT! BRAUCHEN WIR? HABEN WIR? Das Team der KITA 34 Grundschule WAS MACHEN WIR DARAUS? Schneckenhaus widerspricht Edison-Grundschule 44 barrierefrei Kinderrechte in Theorie diesen Aussagen BESSERE BILDUNGSCHANCEN kommunizieren! und Praxis FÜR ALLE DURCH DIE ERGÄN- DIGITALE TEILHABE ZENDE LERNFÖRDERUNG STÄRKEN Ein Erfahrungsbericht Anregungen und Ideen 24 Grundschule für die Praxis 14 Expertise Grundschule Neues Tor Hochschule für DAS SCHÜLERPARLAMENT – angewandte Pädagogik DEMOKRATISCHES LEBEN 36 Weiterführende PARTIZIPATION VON IN DER GRUNDSCHULE Schule 47 Junges KINDERN DURCH GREMIEN- NEUES TOR Melanchthon-Gymnasium Engagement ARBEIT IN DER SCHULE Einführung eines SCHULSPRECHER UND DIGITALE BETEILIGUNG?! Ein theoretischer Blick Schülerparlaments in der SCHULSPRECHERINNEN SIND … Barcamp goes digital auf die Gremienarbeit in Grundschule To-do-Liste Schulen 50 KON TE XIS 26 Grundschule 38 Weiterführende Bildungswerkstatt 16 Interview Ludwig-Bechstein- Schule MINT-BILDUNG UND DAS JUGENDFÖRDER- UND Grundschule Schulfarm Insel Scharfenberg PARTIZIPATION BETEILIGUNGSGESETZ VON KINDERN FÜR KINDER AB AUF DIE INSEL! Was haben die MINT-Fächer Interview mit Kerstin Arbeitsgemeinschaften Beteiligungsstrukturen mit gesellschaftlicher Teilhabe Stappenbeck und Frank Seibt kinderleicht im Internat zu tun? 4
50 Demokratie 8 32 Mitbestimmung Kommunikation Rahmen- bedingungen schaffen Diversität Familie Spaß 34 Machtabgabe von Erwachsenen Kompetenz- 10 Epilog förderung 52 Wussten Sie, dass …? FAKTEN ZU PARTIZIPATION 54 Reingeschaut! IBUNG IMH T SCHR GESPRÄCH MITE R EC MARIE-CHRISTINE ZINTZ UND FRANK LEHMANN Aufgaben der Insofern erfahrenen Fachkräfte für Kinderschutz der tjfbg gGmbH 14 26 und der Käpt’n Browser gGmbH 60 Porträt KITA Tigermaus Kiekemal-Grundschule JFE Jugendclub Ikarus Refik-Veseli-Schule (ISS) 64 Tüftels Beitrag Vorschau 54 20 47 *JFE= Jugendfreizeiteinrichtung 5
Liebe Lesende, Demokratiebildung, Partizipation, Kinderrechte Damit dies auch einen rechtlichen Rahmen hat, – all das sind große und wichtige Schlagworte an den sich alle halten müssen, wurden diese in der Pädagogik. Aber mal ehrlich: Haben Sie Ideen als Kinderrechte verankert. Ein wichtiges sich auch schon mal dabei ertappt, wie Sie sich Element dabei ist die UN-Kinderrechtskonven- fragten, was das eigentlich bedeutet? Und kön- tion. So sichert Artikel 13 Absatz 1 den Kindern nen pädagogische Fachkräfte das im Arbeits- das Recht auf freie Meinungsäußerung. Und alltag überhaupt umsetzen? Haben sie die Zeit, der vorstehende Artikel 12 besagt, dass, wenn sich neben allem anderen auch noch um die es um Angelegenheiten geht, die Kinder be- Vermittlung demokratiepädagogischer Inhalte treffen, ihre Meinung entsprechend ihrer Reife zu kümmern? Darauf kann ich Ihnen unbesorgt berücksichtigt werden muss. Dabei wird voraus- mit einem „Ja“ antworten. Denn wir brauchen gesetzt, dass das Kind zur Meinungsbildung den Kindern nicht den Inhalt dieser Begriffe fähig sein muss. Kinderrechte geben uns also beizubringen. Im Gegenteil, wir müssen ihn die Verantwortung dafür, Kinder in möglichst mit den Kindern in unserem (Arbeits-)Alltag alle Entscheidungen miteinzubeziehen. Zum zusammen (er-)leben. anderen räumen sie aber auch einen Ermessens- Aber was bedeutet denn nun eigentlich Demo- spielraum ein, sodass Kinder vor Gefahren ge- kratiebildung? Müssen sich pädagogische Fach- schützt werden können. kräfte dazu nicht weit in theoretische Gefilde Und wie setzen pädagogische Fachkräfte das bewegen und stundenlang Bücher wälzen, um alles nun um? Wie können sie Kindern ein Recht sich zusätzliches Wissen anzueignen? Zum Glück auf Mitbestimmung durch Berücksichtigung ist das gar nicht notwendig. Denn sie haben be- ihrer Meinung geben? Wie Sie sicher schon er- reits das nötige Handwerk dazu gelernt und ahnt haben, hilft uns dazu die Partizipation. wenden es – da bin ich mir ganz sicher – bereits Das „Teilhaben“ findet im Alltag der Kinder im zu einem großen Teil im Sinne demokratiepäd- häuslichen, schulischen und gemeinschaftli- agogischer Bildung an. Die Grundlage demo- chen Leben statt und ermöglicht den Kindern, kratischer Bildung liegt nämlich darin, den Lebenskompetenzen, soziale Beziehungen, Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Selbstbestimmung und Lebenssinn zu entwi- Entscheidungen bezüglich des Lernens und aller ckeln. In der pädagogischen Arbeit bilden die anderen Bereiche des täglichen Lebens zu treffen. vielfältigen Aktivitäten der Fachkräfte den Sie sollen individuell bestimmen dürfen, was passenden Rahmen, in dem die Kinder Mitbe- sie wann, wo, wie und mit wem tun wollen, so- stimmung erleben können. Hierbei geht es nicht lange ihre Entscheidungen nicht die Freiheit nur um Abstimmungen und Mehrheitsent- anderer beeinträchtigen. Bei einer demokratie- scheide, was häufig unter dem Begriff Demo- bildenden Erziehung geht es also im Grunde kratie verstanden wird. Demokratie beschreibt darum, die Bedürfnisse der Kinder, aber auch vielmehr einen Aushandlungsprozess mit di- die der Gemeinschaft, zu berücksichtigen und versen Formen der Entscheidungsfindung. zu schauen, wie sich jede Person individuell im Kinder wollen in Diskussionen einbezogen wer- Einklang mit der Gruppe verwirklichen kann. den, wollen sich ausdrücken und wollen selbst 6
E DI T OR I A L Felix Kuang Referent Jugendhilfe und Schule Projekt „Demokratie stärken am Droryplatz“ Bildungsverbünde Lichtenrade, Droryplatz, Schloss Charlottenburg Geschäftsstelle f.kuang@tjfbg.de 0151 23 88 25 41 Entscheidungen treffen. Dabei können wir sie unterstützen, indem wir mit ihnen während der Verwirklichung ihrer eigenen Interessen gemeinsam Problemlagen kritisch reflektieren und Andersdenken auf Grundlage gemeinsa- mer Werte als positives Gut anerkennen. Kinder müssen in ihrem Heranwachsen entsprechend ihrer Entwicklung lernen Verantwortungen zu übernehmen und welche Konsequenzen ihr Handeln auf sie selbst und die Gemeinschaft hat. Letztlich wollen wir Kindern helfen, am Leben teilzuhaben und ihnen ermöglichen, die Umwelt in der Gemeinschaft mit anderen Menschen aktiv zu gestalten. Pädagogische Fachkräfte und Eltern können Kindern einen Raum geben, in dem sie Teilhabe erfahren. Sie können den Kindern vorleben, wie sie sich ob- jektive Urteile bilden und wie sie mit anderen zusammen unterschiedliche Formen von Ent- scheidungsfindungen anwenden und weiter- entwickeln können. Wenn Sie in den Praxisbeispielen, Interviews und Fachbeiträgen dieser Ausgabe von „Be- geistern und Bilden“ stöbern, finden Sie be- stimmt die eine oder andere Anregung, die Sie vielleicht ausprobieren wollen. Wie eingangs erwähnt, stecken in uns allen die Grundlagen einer demokratiepädagogisch geprägten Be- gleitung von Kindern. Wenn wir uns das Thema ein Stück mehr bewusstmachen, können Kin- der den demokratischen Umgang miteinander tagtäglich gemeinsam mit uns aktiv erleben. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Stöbern! Ihr Felix Kuang 7
PARTIZIPATION Transparenz BEDEUTET FÜR UNS: Verantwortung Umdenken/ Mehrwert Demokratie Selbstwirksamkeit Mitbestimmung Kommunikation Kinder als Experten Wertschätzung und Expertinnen Rahmen- bedingungen Diversität eigene Meinung schaffen einbringen Familie Spaß Machtabgabe von Erwachsenen Kompetenz- förderung Beteiligung Regeln Gleichberechtigung Perspektivwechsel pädagogische Haltung 8
BR A I N S T OR M I N G Kooperation Schülervertretung inklusiv Gesellschaft Parlament Kinderrechte Klassenrat Aufklärung auf Augenhöhe Akzeptanz Zusammenarbeit mit Eltern Teilhabe Interessenvertretung Aushandlungs- prozesse Respekt Selbstbestimmung Alltagsgestaltung Offenheit Bedürfnisse Empathie Engagement und Interessen der Kinder Kindersprechstunde Wir bedanken uns für die zahlreichen Einsendungen von Fatih Emre Agar, Stephan Borchardt, Patrick Börner, Claudia, Joschka da Silva Ermisch, André Dauselt, René Dittrich, Leandro Gomes Viana, Oliver Gottschalk, Marius Harms, Friedo Hehmann, Krone, Maximilian Kühn, Katja Lederer, Lotte, Hagen Ludwig, V. Ludwig, Julia Maaßen, Jessica Rabah, A. Rittich, Karin Schneider, Juliane Starke, Jule Steffen, Madlen Suchardt, Melanie, Sabine Reimer, Sascha Ruß, Steffi, Birgit Majewski und Asya Nil Yavuz. Ein Dankeschön geht auch an die Personen, die ihre Gedanken anonym mit uns geteilt haben. 9
KINDERRECHTE ?? Brauchen wir? Haben wir? Was machen wir daraus? Eine Einführung in das Thema Kinderrechte und Überlegungen für den Transfer in die pädagogische Praxis von Prof. Dr. Christin Tellisch Kinderrechte – ein Thema, das immer mal die Aufmerksamkeit dahingehend ge- nommen. Auch Deutschland hat sie im wieder Konjunktur hat. Das zeigen fol- lenkt, dass einige Kinder im Home- Jahr 1992 ratifiziert, allerdings nur unter gende Beispiele: schooling keine digitalen Zugänge ha- Vorbehalten, die aber im Jahr 2010 zurück- ben und buchstäblich „abgeschnitten“ genommen wurden. Die Kinderrechtskon- a) Schulleistungstests weisen in regel- waren und sind – inwiefern wird hier vention hat in Deutschland den Status mäßigen Abständen darauf hin, dass Artikel 17 der Kinderrechtskonvention eines völkerrechtlichen Vertrages, der voll- Kinder aus sozial weniger privilegier- mit dem Recht auf Zugang zu Medien umfänglich im Range des Bundesgesetzes ten Familien seltener den höchsten ermöglicht? umgesetzt werden muss. Schulabschluss erreichen, aber häufi- Die Konvention ist in drei Teile gegliedert: ger Förderschulen besuchen – inwie- Die Beispiele zeigen, dass Kinderrechte Die Rechte der Kinder, der Ausschuss für fern wird hier Artikel 28 der Kinder- zwar immer wieder thematisiert werden, die Rechte und Schlussbestimmungen. rechtskonvention mit dem Recht auf aber dass kaum hinreichende Entwicklun- Fakultativprotokolle ergänzen die Kon- chancengleiche Bildung für alle um- gen im Sinne von Verbesserungen für die vention. gesetzt? Kinder in den letzten Jahren erreicht wur- b) Die Flüchtlingskrise 2015 und weitere den. Dabei ist es gerade das Ansinnen der Inhalte der Kinderrechtskonvention Flüchtlingswellen zeigen, wie Kinder Kinderrechtskonvention, dass allen Kin- Die Kinderrechtskonvention legt wesent- unter schwierigsten Bedingungen dern diese grundlegenden Rechte zuge- liche Grundlagen für den Schutz der versuchen zu überleben – inwiefern standen werden und Umsetzung erfahren. Kinder weltweit fest und beruht auf wird hier Artikel 22 der Kinderrechts- Grundannahmen des Überlebens, der Ent- konvention mit dem Recht auf an- Zur Historie und zum Status der Kin- wicklung, der Nichtdiskriminierung, der gemessenen Schutz und der huma- derrechtskonvention in Deutschland Wahrung der Interessen der Heranwach- nitären Hilfe von Flüchtlingskindern Die Kinderrechtskonvention wurde am 20. senden und der Partizipation. Diese spie- realisiert? November 1989 von der UN-Generalver- geln sich in 54 Artikeln der Kinderrechts- c) Durch die Corona-Pandemie 2020 wird sammlung der Vereinten Nationen ange- konvention wider. 10
E I N BL IC K UNICEF, die Kinderrechtsorganisation der UN, fasst die Kinderrechtskonvention in zehn Grundrechten zusammen. Diese sind: 1) Das Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung unabhängig von Religion, Herkunft und Geschlecht; 2) Das Recht auf einen Namen und eine Staatsangehörigkeit; 3) Das Recht auf Gesundheit; 4) Das Recht auf Bildung und Ausbildung; 5) Das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung; 6) Das Recht, sich zu informieren, sich mitzuteilen, gehört zu werden und sich zu versammeln; 7) Das Recht auf eine Privatsphäre und eine gewaltfreie Erziehung im Sinne der Gleichberechtigung und des Friedens; 8) Das Recht auf sofortige Hilfe in Katastrophen und Notlagen und auf Schutz vor Grausamkeit, Vernachläs- sigung, Ausnutzung und Verfolgung; 9) Das Recht auf eine Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause; 10) Das Recht auf Betreuung bei Behinderung. 11
Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kin- sende eher fern zu sein. Doch was man Klasse hatte ich im Jahr 2012 das Thema des erstellt regelmäßig Berichte darüber, selbst nicht erlebt hat, was das Herz nicht Kinderrechte auf die Agenda gesetzt. Ein inwieweit die Länder die Kinderrechtskon- berührt hat oder Themen, die man nur mal kleiner Anstoß genügte und die Kinder vention umsetzen. Auch die National Coa- gehört, aber nie gemacht oder gespürt hat, tauchten immer tiefer und mit großem lition erstellt darüber Berichte. Sie werden vergisst man oftmals wieder. Das sollte Eifer in das Thema ein. Die größte Motiva- auch als Schattenberichte bezeichnet, da bei solch wichtigen Themen wie den Kin- tion dabei war, dass es um sie selbst ging. sie sich kritisch mit den Ist-Zuständen der derrechten gerade nicht der Fall sein. Sie waren überrascht, was sie eigentlich Umsetzung der Kinderrechtskonvention Pädagogische Fachkräfte im Bereich der dürfen sollten und auch, dass sie davon auseinandersetzen und offen zeigen, dass Kindertageseinrichtungen, der Schulen, bis dato noch nie etwas gehört hatten. Wa- beispielsweise auch Deutschland die Kon- der Sozialen Arbeit u. a. haben die große ren Rechte, wie das auf einen Namen und vention in vielen Punkten nach wie vor und bedeutende Aufgabe, an dieser Stelle auf Gesundheit, noch naheliegend, hätten nicht erfüllt. anzusetzen und gemeinsam mit den Kin- sie kaum damit gerechnet, dass sie auch dern den Weg zur Bekanntmachung und ein Recht auf sich informieren, sich mit- Kinderrechte und pädagogische Praxis Umsetzung der Kinderrechte zu gestalten. zuteilen oder gehört zu werden innehaben. Fragt man Kinder oder auch Jugendliche Zugänge können niedrigschwellig bei- Diese Rechte angemessen zu gebrauchen nach ihrer Kenntnis der Kinderrechte, stößt spielsweise über Materialangebote von war ein weiteres großes Thema. man meistens auf Schulterzucken oder UNICEF, dem Deutschen Kinderhilfswerk, Von diesen ersten schulischen Auseinan- Fragezeichen. Zwar steht dieses Thema in der Bundeszentrale für politische Bildung dersetzungen angeregt, formierten sich der Schule als Inhalt im Rahmenlehrplan oder von Kindermissionswerken sein, die die Kinder der damaligen fünften Klasse des Faches Politik oder als fakultatives kostenfrei und über das Internet leicht zu- und wollten die Kinderrechte in der ganzen Thema im Fach Deutsch, aber die Kinder- gänglich zur Verfügung stehen. Stadt bekannt machen. In Eigenregie er- rechte dadurch hinreichend zu kennen und Aus eigener Erfahrung kann ich dazu nur stellten sie Spiele für jüngere Kinder, gin- zu leben, scheint für viele Heranwach- ermuntern. Als Lehrerin einer fünften gen in die Horte der Grundschulen und 12
E I N BL IC K klärten andere Kinder über die Kinder- ments für Kinderrechte zu befragen. Der Um die drei anfangs in diesem Artikel ge- rechte auf. Selbst einen ganzen Kinder- Höhepunkt kam ungefähr ein Jahr später, schilderten Herausforderungen zu meis- rechtetag für andere Kinder auf dem als die Kinder der – mittlerweile achten tern, brauchen wir eine Gesellschaft – und Marktplatz stellten sie mit Unterstützung Klasse – den Bundespräsidenten treffen allen voran pädagogische Fachkräfte –, die der Schule auf die Beine. Ein Kinderrech- durften und auch hier eine Auszeichnung sich der Kinderrechte und ihrer Bedeutung tefilm wurde gedreht, Hörspielreihen ins für ihr Engagement im Rahmen der Kin- bewusst sind, sie leben und weiter bei den Leben gerufen, eine Zeitschrift initiiert. derrechte erhielten. Eltern, Kindern und im Kollegium verbrei- Das Ganze bekam richtig Fahrt. … und begonnen hatte alles „nur“ mit einer ten. Daher gehören die Kinderrechte in Kinderrechte sollten auch in der Schule wohl recht interessanten Unterrichts- jedes gute Aus- und Weiterbildungsange- stärker realisiert werden. Darin waren sich stunde über die Kinderrechte im Fach bot für pädagogische Fachkräfte aus der die Heranwachsenden einig. So wurden Deutsch der fünften Klasse. Früh-, Schul- und Sozialpädagogik. Klassenräte eingeführt, ein Schulparla- Wir pädagogischen Fachkräfte aber auch Wir brauchen starke Kinder, die sich ihrer ment gegründet und die strukturellen wir als Eltern und Großeltern oder als an- Potenziale und Rechte bewusst sind – und Weichen für eine partizipative Schulent- dere Bezugspersonen von Kindern in jed- diese angemessen und sinnvoll einsetzen. wicklung gestellt. weder Art haben es in der Hand, wie viel Setzen wir Kinderrechte in die Realität um. Schließlich wurden die Kinder für ihr En- Kompetenz und Freiraum zur Entfaltung gagement mit dem Sonderpreis UNICEF- der Persönlichkeit wir den Heranwach- JuniorBotschafter für die Kinderrechte- senden entsprechend ihrer Möglichkeiten aktionen ausgezeichnet. Wenig später in einer anregenden und gemeinsam mit folgte ein Angebot des Kinderkanals, mit Regeln versehenen Lernatmosphäre zuge- den Heranwachsenden einen Film über stehen. Es lohnt sich, auch mal neue, un- Kinderrechte zu drehen und auch Personen gewisse und offene Wege gemeinsam mit aus der Politik hinsichtlich deren Engage- den jungen Leuten zu gehen. Prof. Dr. Christin Tellisch Professur für Schulpädagogik und allgemeine Didaktik Hochschule für angewandte Pädagogik c.tellisch@hsap.de 13
...! Partizipation von Kindern durch Gremienarbeit in der Schule von Charlene Walter Wenn Heranwachsende partizipieren, zu agieren und Anliegen und Wünsche, und Maßstäbe und Werte festlegen, die dann dürfen sie gemeinsam handeln, pla- die den Schulalltag betreffen, zu äußern. auf die Gesamtheit angepasst sind. nen und mitentscheiden. Sie dürfen ihre Zu den Aufgaben des Schülerparlaments Lebensräume gestalten und aktiv werden. gehören: Wie können diese Aufgaben und Ziele Partizipation von Kindern und Jugendli- » Durchführung von regelmäßig statt- umgesetzt werden? chen ist rechtlich fundiert, so beispiels- findenden Sitzungen Bei der Partizipation wird mitunter zwi- weise in der Kinderrechtskonvention der » Informieren über wichtige Schulange- schen echter Partizipation und Scheinpar- Vereinten Nationen, in der Agenda 21, in legenheiten tizipation unterschieden. Wenn Heran- den EU-Equal-Programm-Leitlinien und » Vermittlung von politischen Grund- wachsende in grundsätzlich allen sie in der Europäischen Charta des Europarats strukturen betreffenden Angelegenheiten ein Mit- zur Beteiligung junger Menschen auf kom- » Durchsetzung des Rechts auf Mitge- spracherecht haben und sich so für ihre munaler und regionaler Ebene. Daher ist staltung und Mitbestimmung der Kin- Interessen und Bedürfnisse einsetzen kön- es umso wichtiger, dass Partizipation der durch: gemeinsames Erarbeiten nen, wird von echter Partizipation gespro- gleich von Beginn an gefördert wird – auch von Lösungswegen, Hineindenken in chen. Werden ihnen dagegen Informatio- in der Schule. Eine grundlegende Möglich- Perspektiven anderer, Herausforderun- nen zur Mitgestaltung von Erwachsenen keit ist die Gremienarbeit. Ein wichtiges gen kennenlernen und gemeinsam verschwiegen, ihre Meinungen und Ideen schulisches Gremium für die Heranwach- Ziele setzen und die direkte Beteili- erfragt, aber anschließend nicht berück- senden kann das Schülerparlament sein. gung an Entscheidungsprozessen sichtigt, Entscheidungen ohne sie getroffen oder wird ihre Partizipation auf von Er- Was ist das Schülerparlament? Welche Ziele verfolgt das wachsenen definierte Bereiche begrenzt, Das Schülerparlament ist eine Form von Schülerparlament? ist von Scheinpartizipation die Rede. Gremienarbeit an Schulen, welche eine Das Schülerparlament zielt darauf ab, dass Um echte Partizipation zu ermöglichen und Instanz des Demokratielernens und -lebens die Kinder Selbstkompetenz, soziale Kom- die Ziele des Schülerparlamentes umsetzen darstellen kann. Das Schülerparlament petenz und Fachkompetenz entwickeln. zu können, muss ein einheitliches Ver- besteht aus den Klassensprechern und Klas- Durch das aktive Agieren im Schülerparla- ständnis von Partizipation vorliegen. Echte sensprecherinnen der einzelnen Klassen- ment kann ein Interesse an Politik geför- Partizipation kann an Schulen ermöglicht gemeinschaften einer Schule. In den regel- dert werden und die Heranwachsenden werden, wenn die Kinder direkt an Ent- mäßigen Sitzungen des Schülerparlaments lernen politische Verfahren kennen. Die scheidungsprozessen teilnehmen (bei- haben Kinder die Möglichkeit eigenständig Kinder können Entscheidungen erarbeiten spielsweise in Form von Partnerschaften 14
E X P E R T I SE „Das Ziel von Bildung ist nicht, Wissen zu vermehren, sondern für das Kind Möglichkeiten zu schaffen, zu erfinden und zu entdecken, Menschen hervorzubringen, die fähig sind, neue Dinge zu tun.“ Jean Piaget mit pädagogischen Fachkräften oder einer Stimmbeteiligung in verschiedenen Kon- ferenzen). Die Kinder sollten als Subjekte ihrer eigenen Entwicklung wahr- und ernst genommen werden. Ihre Entschei- dungsbefugnisse sollten nicht beschnit- ten werden. Ihre Stimme sollte gehört werden. Echte Partizipation bedeutet nicht Kin- dern das alleinige „Kommando“ zu über- geben. Es geht vielmehr darum Kindern die Möglichkeit zu geben, sich direkt an Entscheidungsprozessen der Schule zu beteiligen, lösungsorientierte Wege zu suchen und gemeinsam mit anderen Kin- dern und Erwachsenen sowie der Schul- leitung die Schulentwicklung gemeinsam zu gestalten. Demokratische Partizipation in der Schule, in Form vom Gremienarbeit, kann somit eine Vorbereitung für gesellschaftliche Toleranz, Offenheit und Mitbestimmung sein; dafür muss die Demokratie in Schule echt sein. Dies braucht eine Umsetzung in der Breite der Schullandschaft. Schulische Charlene Walter Duale Studentin Gremienarbeit im Schülerparlament kann Schule am Senefelderplatz ein Schritt in diese Richtung sein. c.walter@tjfbg.de 030 44 68 90 18 15
Das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz Berlin macht sich stark für Kinder und Jugendliche! Interview mit Kerstin Stappenbeck und Frank Seibt, Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie – Abt. Jugend und Kinderschutz – Referat III C 16
I N T E RV I E W Im Rahmen einer Projektstruktur unter Beteiligung der Bezirke, Angebotes der Jugendarbeit waren bisher nicht ausreichend be- der Wohlfahrtsverbände, der Jugendverbände und des Landes- schrieben, d. h. es gab keine verbindlichen, qualitativen und quan- jugendhilfeausschusses wurde der Gesetzesentwurf zum Jugend- titativen Vorgaben, die die Ausstattung und den Umfang der An- förder- und Beteiligungsgesetz erarbeitet. Auch Kinder und Ju- gebote der Jugendarbeit regelten. Zudem fehlte eine gendliche wurden zu ihren Erwartungshaltungen an ein gesamtstädtische Steuerung der Jugendarbeit. Bezirkliche und Jugendfördergesetz befragt. Diese Erwartungshaltungen bildeten landesweite Angebote der Jugendarbeit sind derzeit nicht auf- eine wesentliche Grundlage bei der Erarbeitung des Gesetzent- einander abgestimmt. wurfs. Es wurden verbindliche Standards für die Jugendarbeit Zweitens: Die Zehn-Prozent-Regel wurde nicht immer eingehalten festgelegt und eine bedarfsgerechte Finanzierung geschaffen. Als (Anm. d. Red.: Laut den Vorgaben des AG KJHG sollen mindestens wesentliches Ziel für alle Angebote der Jugendarbeit ist die Be- zehn Prozent des Jugendhilfeetats für die Jugendarbeit eingesetzt teiligung der Kinder und Jugendlichen vorgesehen. Am 01. Januar werden). Dies hatte unter anderem zur Folge, dass die Mittel für 2020 ist das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz schließlich in die Ausgaben der Jugendarbeit sanken und der Umfang und die Kraft getreten. Vielfalt der Angebote für Kinder und Jugendliche sich dement- Lesen Sie im folgendem Interview mit Kerstin Stappenbeck und sprechend verringerten. Das Land Berlin konnte so seiner gesetz- Frank Seibt – Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie lich geregelten Gewährleistungsverpflichtung nicht nachkommen. – Abt. Jugend und Kinderschutz – Referat III C – wie die Berliner Drittens: Die fachliche Anforderung an die Fachkräfte der Jugend- Jugendarbeit neu strukturiert wurde und wie die Mitbestim- arbeit sind unter anderem durch die wachsende Einwohnerzahl mungsrechte von Kindern und Jugendlichen gestärkt wurden. und die zunehmende Vielfalt der unterschiedlichen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen kontinuierlich angestiegen. Dies Warum brauchte Berlin ein Gesetz zur Jugendförderung und erforderte eine Neuausrichtung der Ziele und Aufgaben der Ju- Beteiligung? gendarbeit. Kerstin Stappenbeck: Der Anlass, ein Gesetz zur Jugendförderung Verschiedene Initiativen und Verbände innerhalb und außerhalb und Beteiligung zu erarbeiten, resultierte unter anderem daraus, der Jugendhilfe forderten immer konkreter eine gesetzliche Neue- dass sich die bisherigen landesgesetzlichen Vorgaben des AG KJHG rung für die Sicherung und Weiterentwicklung der Jugendarbeit (Anm. d. Red.: Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugend- in Berlin. Diese Forderungen wurden schließlich in den Koalitions- hilfegesetzes) als nicht geeignet erwiesen haben. Daraus ergaben vertrag aufgenommen und der Berliner Senat wurde im Juni 2017 sich folgende Problemlagen: beauftragt ein Gesetz zur Jugendförderung und Beteiligung zu Erstens: Die Vorgaben zur Sicherstellung eines bedarfsgerechten erarbeiten. Wie werden die Bezirke bei der Umsetzung der Inhalte des Jugend- förder- und Beteiligungsgesetzes unterstützt? Kerstin Stappenbeck: Als Landesgesetz gibt das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz den Rahmen für das Handeln innerhalb der Bezirke vor. Wir sind in Austausch mit den Verantwortlichen und erfragen in regelmäßigen Abständen wie die Bezirke ihre Mittel verwenden. Gegenwärtig arbeiten wir an einem Monitoring, um die Mittelverwendung regelmäßig zu überprüfen. Herr Seibt, der unter anderem mit der Leitung der Arbeitsgruppe Jugendarbeit betraut ist, hält im Rahmen der vorgegebenen Besprechungs- strukturen Rücksprache mit den Verantwortlichen innerhalb der einzelnen Bezirke. In diesem Rahmen wird auch immer wieder die Umsetzung der Inhalte des Jugendförder- und Beteiligungs- gesetzes besprochen. Frank Seibt: Wir laden die Verantwortlichen beispielsweise zu Arbeitsgemeinschaften ein, in welchen verschiedene Themen besprochen werden. Auch haben wir in Zusammenarbeit mit den Bezirken Jugendförderpläne erstellt. Des Weiteren bieten wir Fach- tage zu bestimmten Themen an. Während der derzeitigen Hygi- ene- und Abstandsregelungen aufgrund der Corona-Pandemie finden diese Angebote allerdings hauptsächlich online statt. Die gesamte Implementierungsstruktur, auch die Vergabe der finan- ziellen Mittel, ist innerhalb der Projektstruktur des Jugendförder- und Beteiligungsgesetzes geregelt. Wie wird die Implementierung des Jugendförder- und Beteili- gungsgesetzes evaluiert? Kerstin Stappenbeck: Das ist in der Rechtsverordnung festgelegt. 17
Könnte das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz letztendlich Was sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Neuerungen, die einen bundesweiten Einsatz finden? durch das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz geschaffen Kerstin Stappenbeck: Berlin hat mit dem Jugendförder- und Be- wurden? teiligungsgesetz eine Vorreiterrolle übernommen und es gab Kerstin Stappenbeck: Es gibt fünf verbindliche Angebotsformen bereits einige Nachfragen dazu aus anderen Bundesländern. Auf für die Jugendarbeit. Die standortgebundene offene Jugendarbeit dem kommenden Kinder- und Jugendhilfetag wird das Berliner – zum Beispiel Jugendclubs und Abenteuerspielplätze – sowie Modell vorgestellt. Für eine bundesweite Umsetzung müsste die standortungebundene Jugendarbeit – zum Beispiel Konzerte und Mehrheit der Länder Interesse an einem einheitlichen Modell Spielmobile. Eine weitere Angebotsform sind Erholungsfahrten haben. Dann könnte geprüft werden, ob eine einheitliche Lösung und -reisen sowie internationale Begegnungen. Die Beteiligung und eine Änderung des § 11 im Bundesgesetz überhaupt möglich der Kinder und Jugendlichen soll unterstützt werden – in Form wären. von selbstverwalteten Projekten oder zum Beispiel Kinder- und Frank Seibt: Wir wurden bereits von einer Hamburger Delegation Jugendparlamenten. Außerdem gibt es gruppenbezogene, curri- in der Senatsverwaltung besucht, zu der wir auch weiterhin cular geprägte Angebote wie zum Beispiel Seminare. Kontakt halten. Auch Brandenburg hat bereits bei uns angefragt, Es wurden Fachstandards für jede Angebotsform festgelegt, die ob wir einen Vortrag zum Jugendförder- und Beteiligungsgesetz die Qualität der Angebote, also die Ausstattung und den Umfang halten könnten. Für den Fall, dass ein Bundesgesetz in abseh- der Angebote regeln. Diese Standards tragen dazu bei, dass die barer Zukunft nicht zustande käme, würden diese beiden Bun- fünf Angebotsformen in allen Bezirken angeboten werden. desländer, analog zu Berlin, versuchen, ein Landesgesetz zu Auf Landes- und Bezirksebene müssen Jugendförderpläne erarbei- verabschieden. tet und aufeinander abgestimmt werden. Dies geschieht alle vier 18
I N T E RV I E W Jahre unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. So wird müssen von allen Bezirken umgesetzt werden. Durch diese ver- die bezirkliche und landesweite Planung miteinander verknüpft, bindlichen Angebotsformen steigt die Vielfalt und der Umfang Transparenz für die Umsetzung der Standards geschaffen und der Angebote für die Kinder und Jugendlichen in den Bezirken. eine gesamtstädtische Steuerung ermöglicht. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass die Beteiligungsstrukturen für Die Finanzierung wird sich aus dem „Fachstandard Umfang“ ab- Kinder und Jugendliche gesetzlich geregelt wurden. Es ist, wie leiten. So wird eine bedarfsorientierte Jugendarbeit möglich. Die bereits gesagt, verbindlich festgelegt, dass Kinder und Jugendliche Bezirke erhalten zum Zweck der Jugendarbeit eine Erhöhung von bei der Erstellung der Jugendförderpläne beteiligt werden müssen. 20 Millionen Euro, die über zwei Doppelhaushalte verteilt werden. Zudem wurden Kinder und Jugendliche bereits bei der Erarbeitung Es ist eine tarifgerechte Bezahlung für die Zuwendungsempfän- des Gesetzentwurfs zu ihren Erwartungen und Vorstellungen an ger der Jugendarbeit vorgesehen. (Anm. d. Red.: Zuwendungsfi- ein Jugendfördergesetz befragt. Diese Vorschläge und Forderun- nanzierte Träger können so die mit dem Tarifabschluss von 2019 gen flossen dann in die Erarbeitung des Gesetzentwurfs ein. In erzielte Anhebung der Entgelte in vollem Umfang an ihre Be- jedem Bezirk gibt es Anlauf- und Beteiligungsstellen für Kinder schäftigten weitergeben.) und Jugendliche. Mit dem Jugendförder- und Beteiligungsgesetz sind die Mitbestimmungsrechte für Kinder und Jugendliche ge- Was haben die Kinder und Jugendlichen durch das Jugendförder- stärkt worden. und Beteiligungsgesetz gewonnen? Kerstin Stappenbeck: Diese Frage wurde zum Teil durch die vor- herige Frage bereits beantwortet. Die beschriebenen Angebots- formen gelten für alle Kinder und Jugendlichen in Berlin und Das Interview führte Stefanie Theile. 19
Wir bestimmen mit! Kindertagesstättenausschuss auch für Kinder! von Andrea Voss und Stefanie Theile !! Zum Kindertagesstättenausschuss treffen gleichen Stimmanteil wie die Erwachse- bewährte Methode ist. Neben der visuellen sich zu gleichen Anteilen Eltern und pä- nen haben. Demokratie, wie sie sein sollte! Darstellung und Aufbereitung wurden dagogische Fachkräfte sowie eine Person, Um die Meinungen, Ideen und Interessen auch Interviews und Gespräche geführt, die den Träger vertritt. So ist es in § 14, der Kinder wahrzunehmen und zu ver- um Ansichten und Meinungen zu erfahren Abs. 6 des Gesetzes zur Förderung von stehen, wählen die pädagogischen Fach- und in den Austausch zu gehen. Auf diese Kindern in Tageseinrichtungen und Kin- kräfte für die Zusammenarbeit mit den Weise konnten bereits einige Entschei- dertagespflege (Kindertagesförderungs- Kindern während der Treffen des Kinder- dungen gemeinsam getroffen und Vor- gesetz) geregelt. Alles Erwachsene, keine tagesstättenausschusses unterschiedliche haben zusammen geplant werden. So Kinder! Die pädagogischen Fachkräfte der entwicklungsentsprechende Methoden wurde im Jahr 2017 beschlossen, dass die IntegrationsKITA Hand in Hand haben und Beteiligungsverfahren. Einmal haben Kinder sich einmal in der Woche ein Lieb- sich im Sinne der Beteiligung von Kindern sie sich die Kitabücher der einzelnen Grup- lingsmittagessen wünschen können. 2018 die Frage gestellt, warum eigentlich die, pen gemeinsam angesehen. So konnten wurden gemeinsam Spielgeräte ausge- um deren Interessen und Bedürfnisse es sich die Kinder beispielsweise an Erlebtes sucht, die bei der Gartengestaltung Be- geht, nicht Teil des Kindertagesstätten- erinnern und berichten, welche Angebote, rücksichtigung fanden und 2019 haben ausschusses sind. Nach gemeinsamen Projekte und Ausflüge ihnen besonders die Beteiligten Aktivitäten zusammen- Absprachen im Team, wie es realisierbar gut gefallen haben und was sie gerne wie- getragen, die im letzten Jahr vor der sein könnte, dass auch Kinder an den re- der machen möchten. Ein anderes Mal sind Schule in der Kindertagesstätte durch- gelmäßigen Treffen teilnehmen, vertritt Erwachsene und Kinder durch Fotografien geführt wurden. nun seit mehr als drei Jahren eine wech- und Bilder ins Gespräch gekommen. Als selnde Delegation von Kindern im Vor- geeignet bewährte sich zudem, dass die Und warum das alles? schulalter die Interessen der Kinder. Vor Kinder ihre Ideen und Wünsche auf Papier Kinder haben ein Recht auf Beteiligung – jedem Treffen können sich die Kinder ent- brachten, indem sie diese malten. Anhand und das auch schon in der Kindertages- scheiden, ob sie teilnehmen möchten oder eigener Zeichnungen, Fotografien oder stätte! Dies ist u. a. in der UN-Kinderrechts- nicht. Manchmal sind es einzelne De- Ausdrucke können die Kinder ihre Ideen konvention, in der EU-Grundrechtecharta, legierte aus den jeweiligen Gruppen, und Wünsche den Erwachsenen gegenüber im Kinder- und Jugendhilferecht und im manchmal nimmt auch eine gesamte deutlich machen. Dies unterstützt die Kin- Kindertagesförderungsgesetz geregelt. Gruppe teil. Aber immer mindestens ge- der auch durch andere Kommunikations- Auch in den Bildungsplänen der einzelnen nauso viele Kinder wie Erwachsene. Wa- formen als der verbalen ihre Meinung zu Bundesländer ist Partizipation als päda- rum genauso viele? Damit die Kinder äußern – was vor allem für eine Einrich- gogischer Grundsatz bzw. Querschnitts- nicht die Minderheit bilden und einen tung mit inklusivem Schwerpunkt eine aufgabe festgeschrieben. 20
K I N DE R TAG E S S TÄT T E Andrea Voss Einrichtungsleitung IntegrationsKITA Hand in Hand integrationskita@kaeptnbrowser.de 030 34 35 43 57 Im folgendem lesen Sie einen Auszug aus einem Interview zwischen Kindern und Erwachsenen, das im Rahmen des Kindertagesstättenausschusses geführt wurde. Mit dieser Methode wurden die pädagogischen Angebote für das nächste Jahr geplant. dir im Im Kontext der frühkindlichen Bildung t: „Was hat K ind 6: „ Kind 1 frag ll en?“ Blu men g bedeutet Partizipation, dass Kinder an der ajahr gefa ießen.“ letzten Kit Gestaltung des Zusammenlebens in der ass w ir Kindertagesstätte und damit verbundener K ind 7: „… d Garten.“ Entscheidungsprozesse eingebunden wer- arbeiten im Kind 2: „… dass wir Blumen den und diese aktiv mitgestalten können. gegossen haben.“ Pädagogis Die eigene Meinung vertreten, eigene Be- che Fach k „Unsere A raft 2: dürfnisse und Interessen wahrnehmen bsch lussfa h rt.“ und diese äußern, Kompromisse aushan- das Lieder deln, gemeinsam Lösungen finden, Ent- da go gi sc he Fach kraf t 1: „… Pä fen hat m ir t sich Foto s an): scheidungen treffen, erfahren, dass die genseitige Hel K ind 8 (guck singen, das ge eigenen Interessen gehört werden und die .“ gefa llen.“ „Mam mam persönliche Meinung wichtig ist – das und noch viel mehr können Kinder lernen, wenn sie aktive Beteiligung erleben. So die ch kraf t 3: „... dass erfahren sie Selbstwirksamkeit und wer- Kind 3: „Spielen.“ Pädagogische Fa lbständig sin d.“ den in ihrem Selbstvertrauen gestärkt. Kinder al le so se Zudem gilt Partizipation als unerlässlich für das Gelingen kindlicher Bildungs- und Kind 4: „Die Tomaten gießen.“ Pädagogisch e Fach kraf t m it den K in 4: „… dass ic Erkenntnisprozesse, da Bildung im Sinne dern gemein h sa m m it in den ?! Gar ten gehen einer Aneignung der Welt durch die Kinder kon nte, in d zu m Hölzern ie Schu le u n d selbst passiert und aktives Handeln der in den Tier park en See.“ Kind 5: „A ls w ir Kinder voraussetzt. Oder anders formuliert: gegangen sind.“ Erfolgreiche kindliche Bildungsprozesse setzen voraus, dass Kinder diese aktiv mit- Elter nteil : „… dass gestalten können. Erwachsene können nur geht u nd ih r v iel s Feuerkäfe pazieren erfahren, mit was sich die Kinder gerade r sam me lt.“ beschäftigen, was sie bewegt und wie sie sich damit auseinandersetzen, wenn Kin- der sich beteiligen können. 21
Dafür musst du noch ein Stückchen wachsen! Das kannst du noch nicht! von Stefanie Theile Sätze wie diese bestreiten, dass Kinder ohne die Kinder einzubeziehen. Im Ge- Schneckenhaus die Partizipation von Kin- eine eigene Meinung haben, Entscheidun- spräch berichteten die pädagogischen dern am Alltag in ihrer Einrichtung ein gen treffen, sich für ihre Interessen ein- Fachkräfte Angela Liepolt und Jessica wesentlicher Bestandteil ihres pädagogi- setzen und einschätzen können, was gut Zeidler sowie die Einrichtungsleitung schen Handelns ist. Sie ermöglichen den für sie ist … Sie übertragen den Erwach- Sandra Spitzke und die stellvertretende Kindern je nach Entwicklungsstand ver- senen die Entscheidung darüber, was Einrichtungsleitung Jaqueline Markurt, schiedene Beteiligungs- und Mitsprache- Kinder können und was richtig für sie ist, dass für das gesamte Team der KITA möglichkeiten. Und darum räumen sie mit folgenden Sätzen auf! Probier‘ es Finger weg! wenigstens mal! Bei uns werden die Kinder zu Forschenden, Entdeckenden und Gestaltenden, indem wir die Spielmaterialien auf Kinderhöhe Uns ist es wichtig, dass sich die Kinder ihrem Entwicklungs- stellen und diese jederzeit frei zugänglich sind. So werden die stand entsprechend selbstständig oder mit unserer Unterstüt- Kinder angeregt selbst zu entscheiden, was, wann, wie lange zung an Speisen und Getränken bedienen. Die Kinder und mit wem sie spielen wollen. entscheiden eigenständig, welche Speisen sie probieren und wie viel sie essen möchten. So lernen sie ihren Bedürfnissen nachzukommen und sie zum Ausdruck zu bringen. Das überfordert die Kinder doch! Weil ich es so sage! Von Beginn an machen wir demokratische Erfahrungen und Wir betrachten Kinder als eigenständige Individuen, die Entscheidungen für die Kinder erlebbar und stärken sie so in jederzeit das Recht haben ihre Bedürfnisse und Wünsche zu ihrer Selbstwirksamkeit. So haben die Kinder die Möglichkeit äußern. Wir führen einen liebevollen, wertschätzenden und ihre Bedürfnisse, Ideen und Wünsche im täglichen Morgen- respektvollen Dialog mit den uns anvertrauten Kindern und kreis mit der Gruppe zu teilen und sich ihre eigene Meinung begegnen ihnen stets auf Augenhöhe. zu bilden. 22
K I N DE R TAG E S S TÄT T E Bleib sitzen! Setz dich vernünftig hin! Die Sprachlerntagebücher Um den Bedürfnissen aller Kinder gerecht zu werden, haben wir extra nach oben gestellt! schaffen wir eine entspannte und angenehme Atmosphäre bei unseren Essenssituationen. Wenn der erste Teil der Kinder mit der Einnahme der Mahlzeiten fertig ist, dürfen diese achtsam die Essenssituation verlassen. So entstehen keine Die Sprachlerntagebücher sind für die Kinder frei zugänglich. anstrengenden Wartezeiten für diese Kinder und die restliche Wir beteiligen die Kinder an der Gestaltung des Sprachlern- Gruppe kann in Ruhe weiter essen. tagebuches und zeigen ihnen so ihre individuellen Bildungs- und Entwicklungsprozesse auf. Ich will doch nur dein Bestes! Du bist noch Durch unsere täglichen Beobachtungen im Tagesverlauf und zu klein dafür! regelmäßigen Austausch im Kleinteam können wir auf die Es ist uns wichtig, dass alle Kinder unabhängig ihres Alters Bedürfnisse jedes Kindes eingehen und unterstützende aktiv an der Gestaltung des Tagesablaufes und Zusammen- Maßnahmen ableiten. lebens beteiligt werden. Ob beim Tisch decken, bei der Auswahl der Ausflugsziele, beim Wählen der Gestaltungs- techniken – bei uns lernen die Kinder selbstbestimmt zu Jetzt mach schön AA! handeln und Entscheidungen zu treffen. Somit werden sie in ihrer Selbstständigkeit gestärkt. Unsere Projekte und Feste entstehen aus den Interessen der Kinder, welche sie aktiv und Wir begleiten und unterstützen die Kinder liebevoll bei ihren ideenreich mitbestimmen und gestalten können. körperlichen Bedürfnissen in Pflegesituationen, berücksichti- gen hierbei ihre Individualität und ihr Tempo. Die Kinder Jetzt wird geschlafen! können u. a. auswählen von welcher pädagogischen Fach- kraft sie in der Pflegesituation begleitet werden. Wir nehmen Du bist doch schon müde! neben verbalen Äußerungen auch achtsam Signale wie Mimik, Gestik oder Laute der Kinder wahr und können dadurch pädagogisches Handeln ableiten. Wir lassen die Kinder an der Gestaltung der Mittagsruhe teilhaben, um die unterschiedlichen Bedürfnisse nach Entspannung zu berücksichtigen. Die Kinder haben die Deine Mama/dein Papa Auswahl zwischen verschiedenen Entspannungstechniken, wie beispielsweise einer Vorlesegeschichte, einer Hörge- muss jetzt gehen! schichte oder einer Traumreise. Wir ermöglichen jedem Kind eine sanfte und schrittweise Eingewöhnung, die sich an seinen Bedürfnissen und seinem Tempo orientiert. Dazu gehört auch, dass wir uns mit den Bezugspersonen des Kindes über Vorlieben, Gewohnheiten, Bummel nicht! die vorherige Betreuungssituation und den Verlauf des Wir unterstützen die Kinder darin, sich mit Zeit und Ruhe Eingewöhnungsprozesses austauschen. selbständig an- und auszuziehen. Dabei achten wir darauf, dass dies jedes Kind in seinem eigenen Tempo bewerkstelli- gen kann. Jaqueline Markurt (l.) Sandra Spitzke stv. Einrichtungsleitung Einrichtungsleitung Angela Liepolt (m.), KITA Schneckenhaus Jessica Zeidler (r.), s.spitzke@kaeptnbrowser.de Erzieherinnen 030 645 45 82 KITA Schneckenhaus 23
Das Schülerparlament Demokratisches Leben in der Grundschule Neues Tor von Leandro Gomes Viana 24
G RU N D S C H U L E Das Konzept des Schülerparlaments an im Blick, ein Kind achtet auf die Einhaltung Kinder sind. Durch das Schülerparlament der Grundschule Neues Tor wurde im der Gesprächsregeln und ein Kind proto- wird die Position der Kinder im Schulge- Schuljahr 2018/2019 vom Erzieher Pedro kolliert die Sitzung. Während der Sitzun- füge gestärkt. Monterrosso sowie zwei ehemaligen Kol- gen des Schülerparlaments werden The- Im Schülerparlament wurde so beispiels- leginnen entwickelt und in einer Gesamt- men und Probleme, welche die ganze weise über die Verwendung des Budgets konferenz dem Kollegium vorgestellt. Es Schulgemeinschaft betreffen, gemeinsam des Projekts Schüler*innenHaushalt dis- wurde gemeinsam festgelegt, dass sich besprochen und diskutiert. Die Reihenfolge kutiert und eine Materialliste erstellt. Für die Klassensprecher und Klassenspreche- der zu besprechenden Themen wird zu- die Abstimmung darüber, welche Dinge rinnen (zwei Kinder pro Klasse) der ersten sammen festgelegt. Im Vorfeld ist es die angeschafft werden sollen, wurde ein bis sechsten Klassen alle vier Wochen zum Aufgabe der Mitglieder des Schülerparla- Wahltag terminiert und jede Klasse hatte Schülerparlament treffen. Eine Lehrerin, ments, die von den Kindern ihrer Klasse die Möglichkeit während einer Unter- Pedro Monterosso und ich begleiten und als wichtig empfundenen Themen zu er- richtsstunde zum Wahllokal zu gehen. unterstützen die Kinder während der Sit- fragen und anschließend im Schülerparla- Sechs Kinder aus dem Team des Schüler- zungen. Um die Kinder an das Gremium ment einzubringen. Sie agieren so als parlaments fungierten hierbei als Wahl- Schülerparlament heranzuführen, haben Sprachrohr ihrer Klassen. Das Team des helfende. Sie holten die einzelnen Klassen wir das Konzept in der Assembly (regel- Schülerparlaments sucht dann gemein- aus den Klassenräumen ab, begleiteten sie mäßige Versammlung der gesamten Schü- sam nach geeigneten Lösungen und Ideen zum Wahllokal und wieder zurück in den lerschaft) vorgestellt. Alle gewählten Mit- zur Umsetzung der Themen für die Schul- Klassenraum, erklärten die Regeln, die es glieder des Schülerparlaments und die gemeinschaft. Im Anschluss an jede Sit- bei der Wahl zu befolgen gilt und beant- zuständigen pädagogischen Fachkräfte zung des Schülerparlaments besprechen worteten Fragen. Als weitere Themen wur- haben zudem an einem Projekttag teilge- die Klassenvertretungen im Rahmen des den im Schülerparlament unter anderem nommen, um sich gezielt mit den eigenen Klassenrats mit ihren Klassen Neuigkeiten, der Umgang mit dem Müll auf dem Schul- Anforderungen, Aufgaben und der eigenen Vorschläge oder Beschlüsse aus dem Schü- hof, Regeln für die Benutzung der Spiel- Rolle in der Schulgemeinschaft auseinan- lerparlament, wobei das angefertigte Pro- zeuge vom Hort während der regulären derzusetzen. tokoll der Sitzung des Schülerparlaments Schulzeit und das Jahresprojekt 2019 zum Mit der Einführung des Schülerparlaments hierbei als Gedächtnisstütze dienen kann. Thema Umwelt besprochen und behandelt. wollen wir der Schülerschaft einen Raum Die Ergebnisse werden dann in der nächs- bieten sich für ihre Interessen und Bedürf- ten Sitzung des Schülerparlaments vor- nisse einzusetzen. Wir möchten ihnen eine gestellt. Durch das Besprechen der Ergeb- aktive Stimme geben und ihnen die Be- nisse und Ideen im Klassenrat wird die teiligung an der Gestaltung des Schulle- gesamte Schülerschaft an der Gestaltung bens ermöglichen. Es ist zudem ein Ort, an des Schulalltages beteiligt. Für uns ist diese dem die Kinder die demokratischen Pro- Form der Beteiligung wichtig, da die Kin- zesse und Funktionsweisen der heutigen der neben vielfältigen sozialen Kompeten- Gesellschaft kennen lernen können. Die zen so auch lernen Argumente abzuwägen, Mitglieder des Schülerparlaments über- die eigene Position zu vertreten und zu nehmen Verantwortung und erfahren begründen, Entscheidungen zu treffen Selbstwirksamkeit. sowie sich für ihre Interessen und die der Zu Beginn jeder Sitzung des Schülerparla- Gemeinschaft einzusetzen. Sie erfahren ments werden verschiedene Aufgaben und Selbstwirksamkeit; erfahren, dass sie mit Rollen gemeinsam festgelegt. Ein Kind ihrer Stimme und ihrem Engagement et- moderiert die Sitzung, ein Kind hat die Zeit was erreichen können – auch wenn sie Leandro Gomes Viana (l.) und Pedro Monterroso (r.) Erzieher Grundschule Neues Tor Neues-tor@tjfbg.de 030 24 08 83 39 25
Sie können auch lesen