Grundlagen zum Thema Krebs - Prävention, Entstehung und Behandlung
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Inhalt 1. Grundwissen Krebs 4 Krebsentstehung 4 Was ist Krebs? 5 Wie entsteht Krebs? 5 Kennzeichen von Krebszellen 6 Genetische Instabilität: Warum verändern sich Krebszellen so schnell? 7 Woraus ein Tumor besteht 7 Metastasen bei Krebs 8 Was sind Metastasen? 8 Wie entstehen Metastasen? 8 Immunsystem und Krebs 9 Wie entgehen Krebszellen dem Immunsystem? 9 Chronische Entzündungen: Mögliche Rolle des Immunsystems bei der Krebsentstehung? 9 2. Krebsprävention 11 Krebs vorbeugen 11 Ernährung und Körpergewicht 12 Welche Ernährung? Richtig auswählen! 12 Mögliche Schadstoffe auf dem Teller 12 Körpergewicht: Was ist empfohlen? 13 Alkohol: unterschätzte Gefahr 13 Sport und Bewegung 13 Was genau bewirkt körperliche Aktivität? 14 Empfehlungen zur körperlichen Aktivität 14 Rauchen und Passivrauchen 14 Karzinogene im Tabak 14 Tabakprodukte: Wasserpfeife, E-Shisha und E-Zigarette 15 Wie gefährlich ist Passivrauchen 15 Humane Papillomviren als Krebsrisiko 15 Was fördert die Krebsentstehung? 16 HPV-Impfung 15 16 Ultraviolette Strahlung als Krebsrisiko 16 Folgen von UV-Strahlung 16 Schutz vor UV-Strahlung 16 © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 2
3. Diagnose und Behandlung von Krebs 19 Bildgebende Verfahren in der Krebsmedizin 19 Ultraschall | Sonographie 19 Röntgenbasierte Untersuchungen 19 Magnetresonanztomographie (MRT) 20 Bildgebung mit radioaktiven Substanzen 20 Biopsie 21 Mikroskopische Diagnostik 21 Molekularbiologische Diagnostik 22 Molekularbiologische Marker in der Krebsmedizin 22 Was ist die sogenannte „Liquid Biopsy“? 23 TNM-Klassifikation, Grading und Staging 23 Operationen zur Behandlung von Krebs 24 Strahlentherapie und Nuklearmedizin 24 Chemotherapie: Mit Zytostatika gegen Krebs 25 Neue Krebstherapien 25 Zielgerichtete Krebstherapie 25 Immuntherapie 26 Virotherapie 26 4. Krebsforschung 27 Forschung zu Risikofaktoren 27 Grundlagenforschung 27 Epidemiologische Studien 27 Medikamentenentwicklung 28 Grundlagenforschung 28 Präklinische Forschung 28 Klinische Studien 29 Glossar30 Impressum31 © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 3
Reader 1. Grundwissen Krebs Hintergrundinformationen Rund 500.000 Menschen erkranken jedes Jahr in geführt, dass heutzutage immer mehr Krebspatienten Deutschland an Krebs – mit steigender Tendenz. Dies geheilt werden oder zumindest eine längere Zeit mit stellt Krebsmedizin und Forschung vor große Heraus- der Erkrankung überleben können. forderungen. Denn Krebs ist ein Sammelbegriff für mehr als 200 verschiedene Erkrankungen und selbst Krebsentstehung bei einer Tumorart verläuft die Krankheit oft von Für Begriffe wie „Krebs“ oder „bösartig“ gibt es kei- Patient zu Patient unterschiedlich. Die Fortschritte ne offiziell festgelegten Definitionen. Als Krebs wer- in der medizinischen Forschung haben jedoch dazu den üblicherweise bösartige (maligne) Erkrankungen © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 4
Reader bezeichnet, bei denen sich (veränderte) Körperzellen Wie entsteht Krebs? unkontrolliert teilen. Weil Krebszellen gesunde Gewe- Nach derzeitigem Wissensstand ist Krebs vor allem be und Organe zerstören und so wichtige Körperfunk- eine Krankheit der Gene. Das bedeutet, dass das Erb- tionen beeinträchtigen, führen viele von ihnen unbe- material einer gesunden Zelle so verändert wird, dass handelt zum Tod des Patienten. sie sich unkontrolliert teilen kann. Dabei sind zwei Arten von Genveränderungen besonders wichtig: die Was ist Krebs? Tumorsuppressorgene und die Proto-Onkogene. Die Ein Tumor (lateinisch: Geschwulst) ist eine anor- Genprodukte der Tumorsuppressorgene müssen male Vergrößerung eines Gewebes. Sie entsteht, ausgeschaltet werden, damit Krebs entstehen kann, wenn sich körpereigene Zellen eigenständig, fort- weil sie die Krebsentstehung hemmen. Ein bekann- schreitend und überschießend teilen. Es gibt gutartige, ter Tumorsuppressor ist das p53-Protein. Werden sogenannte benigne Tumoren: Sie verdrängen das dagegen Proto-Onkogene zu Onkogenen verändert, umliegende Gewebe, überschreiten aber die Grenze fördern ihre Genprodukte das Wachstum der (Krebs-) zu den Nachbargeweben nicht. Der Begriff „Krebs“ Zellen. Solche wachstumsfördernden Proteine sind steht dagegen für bösartige Tumoren, man nennt beispielsweise Ras oder Myc. Weil sich so gut wie sie auch maligne Tumoren. Es handelt sich dabei immer mehrere krebsfördernde Genveränderungen um Geschwulste, deren Zellen aus ihrem normalen anhäufen müssen, bevor eine gesunde Zelle zur Gewebeverband ausbrechen und zerstörend in „echten“ Krebszelle wird, treten viele Krebserkrankun- umliegende Gewebe einwachsen. Krebszellen gen häufig im fortgeschrittenen Lebensalter auf. können sich außerdem über Blutgefäße oder Lymph- Die Genveränderungen, die eine gesunde Zelle zur bahnen ausbreiten und Absiedlungen in anderen Krebszelle machen, können Veränderungen der Geweben und Organen bilden. Diese Tochter- Basenabfolge des Erbmaterials sein (genetische Verän- geschwulste heißen Metastasen. derungen), es können aber auch Veränderungen „auf“ Mediziner teilen Tumoren nach den Geweben ein, dem Erbmaterial sein (epigenetische Veränderungen). denen sie ursprünglich entstammen. • Genetische Veränderungen: Verändert sich • Karzinome stammen von Zellen ab, die die genetische Information der DNA durch die inneren und äußeren Oberflächen im äußere oder innere Einflüsse, dann spricht Körper bedecken. Zu diesem Gewebe, das auch man von einer Mutation. Solche Mutationen Epithel genannt wird, gehört zum Beispiel das können zum Beispiel dazu führen, dass Pro- Deckgewebe der Haut und der Schleimhaut teine zu aktiv werden oder so verändert sind, sowie des Drüsengewebes. dass sie ihre Funktion nicht mehr ausüben. • Sarkome entstehen im Binde- oder Stütz- Neben der Veränderung einzelner DNA-Bau- gewebe und betreffen zum Beispiel Fett- steine können auch größere Abschnitte der gewebe, Muskeln, Sehnen oder Knochen. Erbinformation betroffen sein: Wenn zum Bei- spiel Abschnitte eines verloren gehen oder • Blastome nennt man embryonale Tumoren, fälschlicherweise mehrfach vorliegen. die während der Gewebe- oder Organent- wicklung entstehen. • Epigenetische Veränderungen: Auch die übergeordnete Regulierung der Gene hat einen Karzinome, Sarkome und Blastome bezeichnet man Einfluss auf die Genaktivität. Auf allen Ebenen als „solide“ Tumoren, weil sie zumindest anfangs der Struktur, Verpackung und Übersetzung des einen festen Gewebeverband und eine deutliche genetischen Materials kann es zu Störungen Begrenzung haben. kommen – und alle diese Störungen können Bösartige Erkrankungen des blutbildenden oder des zur Entstehung von Krebs beitragen. lymphatischen Systems (Leukämien und Lympho- Während epigenetische Veränderungen nur die me). breiten sich meist von Anfang an im Körper Aktivität von Genen und damit die Menge des aus. Sie werden daher auch als „systemische Krebs- Genproduktes beeinflussen, können durch geneti- erkrankungen“ (systemisch = den gesamten Körper sche Veränderungen auch veränderte Genprodukte betreffend) bezeichnet. entstehen. Epigenetische Veränderungen können © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 5
Reader prinzipiell wieder rückgängig gemacht werden, gene- tumshemmende Signale. Dadurch wird das tische Veränderungen nicht. Gleichgewicht zwischen neugebildeten und Alle Einflüsse, die Genveränderungen hervorru- abgestorbenen Zellen im Gewebe erhalten. fen können, erhöhen das Krebsrisiko. Dazu gehö- Diese Eigenschaft ist bei Krebszellen nicht mehr ren sowohl zelleigene bzw. körpereigene Einflüsse vorhanden. als auch Einflüsse von außen. Manche dieser Ein- • Kein „programmierter Zelltod“: Normale flüsse schädigen das Erbgut direkt, beispielsweise Zellen sind fähig, „Selbstmord“ (Apoptose) die im Zigarettenrauch enthaltenen Polyzyklischen zu begehen, wenn sie Schäden aufweisen. Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs). Andere, in- Dieser Vorgang wird über komplizierte Regel- direkte Einflüsse verändern die Bedingungen in einem wege gesteuert und kontrolliert. Die meisten Gewebe so, dass die Zellen im betreffenden Krebszellen reagieren jedoch nicht mehr auf Gewebe vermehrt Schäden anhäufen. Zu solchen Signale, die den programmierten Zelltod ein- indirekten Einflüssen gehören beispielsweise durch leiten sollen. manche Viren und Bakterien ausgelöste Entzündun- • Umgehung der Immunabwehr: Krebszel- gen. Bei manchen Einflüssen ist noch nicht abschlie- len sind gegenüber ihrem Ursprungsgewebe ßend geklärt, wie sie Genveränderungen hervorrufen. verändert. Veränderte Zellen werden norma- Beispiele hierfür sind Übergewicht sowie die schädi- lerweise vom Immunsystem als fremd erkannt gende Wirkung von Asbest. und entfernt. Demnach muss jede Krebs- Kennzeichen von Krebszellen erkrankung einen Weg gefunden haben, vom Immunsystem nicht als fremd erkannt und/oder Krebszellen entstehen aus gesunden Zellen. Es gibt nicht angegriffen zu werden. einige wesentliche Unterschiede zwischen norma- len, gesunden Zellen und Krebszellen. Die beiden • Dies wird noch als Hallmark diskutiert: Wissenschaftler Douglas Hanahan und Robert Krebszellen stellen ihren Stoffwechsel um: A. Weinberg haben die wichtigsten bekannten Es ist nicht abschließend geklärt, ob eine Eigenschaften von Krebszellen, die sogenannten Stoffwechselumstellung an sich wirklich dafür „Hallmarks of Cancer“, zusammengefasst: notwendig ist, um eine Zelle zur Krebszelle zu • Unabhängigkeit von Wachstumssignalen: machen. Möglicherweise ist sie ein „Nebenpro- Um sich teilen zu können, benötigen gesunde dukt“ von tumortypischen Veränderungen in Zellen von außen einwirkende Signale durch bestimmten Signalwegen. Wachstumsfaktoren. Krebszellen benötigen Die folgenden beiden Hallmarks gelten für solide diese Signale nicht mehr. Sie aktivieren häu- Tumoren, nicht jedoch für systemische Krebserkran- fig wachstumsfördernde Signalwege innerhalb kungen. der Zelle, sodass sie zur Teilung nicht mehr auf • Bildung neuer Blutgefäße zur Versorgung Signale von außen angewiesen sind. des Tumors: Wachsende solide Tumoren • Unbegrenztes Wachstumspotenzial: Bei benötigen wie andere Gewebe eine Versor- gesunden Körperzellen ist die Anzahl der Zell- gung mit Sauerstoff und Nährstoffen über teilungen begrenzt, denn bei jeder Zellteilung Blutgefäße. Normalerweise ist die Menge und verkürzen sich die Enden der Chromosomen, Verteilung der Blutgefäße bei Erwachsenen die sogenannten Telomere. Sind die Telomere weitgehend konstant. Tumorzellen können stark verkürzt, entsteht ein Schadenssignal in aber die Bildung neuer Blutgefäße anregen. der Zelle, das die Zellteilung anhält. Tumor- • Invasion und Metastasenbildung: Zellen zellen aktivieren Mechanismen, die die Telo- haben in der Regel einen festen Standort im mere wieder verlängern. So umgehen sie diese Körper – sie bleiben in ihrem Gewebeverband natürliche „Teilungsbremse“. (zu den wenigen Ausnahmen gehören bei- • Unempfindlichkeit gegenüber Signalen, spielsweise Blutzellen). Tumorzellen können die Wachstum und Vermehrung hem- dagegen zerstörend in umliegendes Gewebe men: Gesunde Zellen reagieren auf wachs- einwachsen (Invasion). Manche Krebszellen © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 6
Reader lösen sich sogar aus ihrem Gewebe, bewegen deren Nachkommen sich dann stärker spezialisieren. sich im Körper fort und bilden in anderen Ge- Nach derzeitigem Wissensstand ist nur ein kleiner weben Tochtergeschwulste: Sie metastasieren. Teil der Zellen innerhalb eines Tumors in der Lage, einen vollständigen Tumor wiederherzustellen. Diese Nicht alle Krebszellen müssen sämtliche Eigenschaf- Zellen bezeichnet man deshalb als Tumor-Stamm- ten besitzen. Es ist nach derzeitigem Verständnis zellen, Krebs-Stammzellen oder Tumor-initiieren- wahrscheinlich, dass bei vielen Krebserkrankun- de Zellen (tumor initiating cells, TICs). gen nur ein kleiner Anteil aller Krebszellen sämtliche Eigenschaften aufweisen. Es gibt Hinweise darauf, dass Krebs-Stammzellen in vielen Fällen aus normalen Stammzellen entstehen, Genetische Instabilität: Warum verändern sich die entsprechende genetische und epigenetische Krebszellen so schnell? Mutationen erwerben. In diesem Fall besitzen die Damit aus einer normalen Zelle eine Tumorzelle wird, entarteten Zellen bereits von vornherein bestimmte müssen einige Veränderungen in und an der Erbin- Eigenschaften, wie die Fähigkeit, sich unbegrenzt formation stattfinden. Auch im späteren Verlauf einer zu teilen. Es ist aber auch möglich, dass in manchen Krebserkrankung verändern sich Tumorzellen häufig Fällen bereits ausgereifte (differenzierte) Zellen besonders schnell. Was treibt die Entwicklung an? Veränderungen erwerben, die ihnen wieder „stamm- zellartige“ Eigenschaften verleihen. Zudem gibt es In gesunden Zellen werden die meisten Schäden Hinweise darauf, dass Zellen auch zwischen einem an der Erbinformation umgehend repariert. In vielen stammzellartigen und einem differenzierten Erschei- Krebszellen aber funktionieren die dafür verantwort- nungsbild wechseln können. Krebs-Stammzellen lichen Reparaturmechanismen nur unzuverlässig. sind wegen ihren besonderen Eigenschaften mit Viele Krebszellen weisen daher eine besonders hohe vielen derzeit eingesetzten Krebsmedikamenten nur Mutationsrate auf. Auch größere Veränderungen an schlecht angreifbar. den Chromosomen, wie Verdoppelung oder Ver- lust von Abschnitten oder sogar ganzen Chromoso- Innerhalb des Tumors können einzelne Zellen noch men findet man häufig. Fachleute bezeichnen diese weitere genetische oder epigenetische Veränderungen Eigenschaft als „genetische Instabilität“. erwerben. Sie bilden dann einen Zellklon mit veränder- ten Eigenschaften. Auch innerhalb dieses Klons kann Eine mögliche Störung der Reparaturfähigkeit er- sich dann wieder eine Zellhierarchie herausbilden. kennt man zum Beispiel an der sogenannten „Mikro- satelliten-Instabilität“. Als Mikrosatelliten bezeich- Tumoren im Gewebe bestehen nicht nur aus Tumorzel- net man kurze, sich wiederholende Stücke der len: Weitere Zelltypen können einwandern und Teile des Erbsubstanz DNA, die über das ganze Genom ver- Tumors bilden. Auch die direkte Umgebung des Tumors teilt sind. Sie sind bei der Vervielfältigung der DNA spielt eine Rolle für Wachstum, Versorgung und Aus- besonders fehleranfällig. Werden diese Fehler nicht breitung der Tumorzellen. Man nennt sie auch die Tu- korrigiert, sammeln sie sich nach und nach an. Eine mor-Mikroumgebung. Sie besteht aus verschiedenen Mikrosatelliten-Instabilität deutet also darauf hin, dass Zelltypen sowie strukturgebenden und Signal-Molekü- körpereigene Reparaturmechanismen gestört sind. len, die von diesen Zellen abgegeben werden. Diese Beobachtung wird heute gezielt in der Diagnos- Beispiele sind: tik eingesetzt, zum Beispiel, wenn es darum geht, ein • Zellen, die Blut- und Lymphgefäße zur vererbbares Krebsrisiko zu bestimmen. Versorgung des Tumors bilden, • Zellen, die eine Stützfunktion ausüben, Woraus ein Tumor besteht • Immunzellen, die in den Tumor einwandern. Früher nahm man an, dass alle Zellen innerhalb eines Tumors die gleichen Eigenschaften aufweisen Tumorzellen interagieren mit den anderen Zelltypen in und jede Tumorzelle dazu in der Lage ist, einen gan- ihrer Umgebung. Sie regen sie zum Beispiel dazu an, zen Tumor zu bilden. Inzwischen gehen Experten wachstumsfördernde oder Immunsystem-hemmende davon aus, dass es auch in den meisten Tumoren Signalmoleküle zu bilden. Im Gegenzug beeinflussen eine mit gesunden Geweben vergleichbare Zellhie- auch die umliegenden Zellen das Verhalten und die rarchie („Rangfolge“) gibt. Das bedeutet, dass es auch Eigenschaften der Tumorzellen. Sie können damit im Tumor weniger spezialisierte Vorläuferzellen gibt, das Krebswachstum fördern oder hemmen. © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 7
Reader Metastasen bei Krebs nicht sichtbare Metastasen, die nicht wachsen, weil ge- nauso viele Zellen sterben wie neu gebildet werden bzw. Was sind Metastasen? sich die Krebszellen in einer Art „Ruhezustand“ befinden. Zellen haben im Körper normalerweise ihren festen Platz. Krebszellen aus Tumoren überschreiten jedoch Wie entstehen Metastasen? diese festgelegten Grenzen. Sie wachsen zerstörend Damit Krebszellen aus soliden Tumoren metastasie- in das umgebende Gewebe ein und breiten sich dort ren können, müssen sie verschiedene Hürden über- aus. Manche lösen sich aus ihrem Zellverband und winden, die normalerweise dafür sorgen, dass Zellen gehen auf Wanderschaft. an ihrem vorgesehenen Ort bleiben. Sie müssen: Diese Tumorzellen können in die Blut- oder Lymph- • Den ursprünglichen Gewebeverband bahnen gelangen, werden dort weitertransportiert verlassen: Bei Epithelzellen bedeutet dies, dass und können in andere Gewebe eindringen. Dort sie die starken Verbindungen zu ihren Nachbar- siedeln sich manche von ihnen an, vermehren sich zellen lösen müssen. Sie schalten dafür zum und können Tochtergeschwülste des ursprüngli- Beispiel Programme an, die eigentlich während chen Tumors bilden. Diese Absiedlungen nennt man der Embryonalentwicklung die Zellwanderung Metastasen (vom griechischen Wort für Übersied- ermöglichen. Krebszellen aus Deckgeweben lung) oder Filiae (vom Lateinischen filia für Tochter). müssen zusätzlich die unter den Zellen liegende Aber: Nur ein sehr kleiner Teil der Tumorzellen ist Schicht, die sogenannte Basalmembran, durch- dazu in der Lage, vollständige Metastasen in fremden brechen. Dafür bilden sie Enzyme, die diese Geweben auszubilden. Membran auflösen. Oder sie regen andere Zellen Tumoren können in unterschiedliche Gewebe streu- dazu an, solche membranauflösenden Enzyme en. Absiedlungen in der Umgebung des Ursprungs- zu bilden. tumors nennt man lokale, regionale oder regionäre • In Gefäße einwandern (Intravasation): Blut- Metastasen. Sie finden sich häufig in den Lymph- gefäße sind normalerweise nicht besonders knoten in der Nähe des Tumors. Tochtergeschwüls- durchlässig. Um in sie einwandern zu können, te, die in einem entfernteren Gewebe angesiedelt müssen Krebszellen die Gefäßwand durch- sind, bezeichnet man als Fernmetastasen. Bei vielen lässiger machen oder die Neubildung von Tumorarten gibt es „bevorzugte“ Organe und Regio- weniger dichten, durchlässigen Gefäßen an- nen, in die sie häufiger streuen als in andere Gewebe. regen. Krebszellen können auch Immunzellen Wissenschaftler nehmen an, dass sowohl die Eigen- oder Bindegewebszellen anlocken, die ihnen schaften der jeweiligen Tumorzellen als auch die Be- bei der Wanderung helfen. Lymphgefäße sind dingungen im Zielgewebe der Metastasierung dabei von vornherein durchlässiger als Blutgefäße eine Rolle spielen. – die Hürden für ein Eindringen der Tumor- Wenn Metastasen auftreten, können sie zu ganz zellen in die Lymphbahnen sind also weniger unterschiedlichen Zeitpunkten einer Krebserkrankung hoch. Auch in den Krebszellen selbst gibt es festgestellt werden: Bei manchen Betroffenen sind Veränderungen, die ihnen das Finden von und bereits bei der ersten Diagnose Metastasen vorhanden. Eindringen in Gefäße erleichtern. Bei anderen können sie im Verlauf der Erstbehandlung oder auch erst einige Zeit nach der Beseitigung des • In den Gefäßen überleben: Zellen benöti- Ursprungstumors entstehen. Bei wenigen Tumorarten gen normalerweise Überlebenssignale aus (z.B. beim hormonrezeptor-positivem Brustkrebs) kön- ihrer direkten Umgebung. Fehlen diese, nen sich nach Jahren noch Metastasen entwickeln – sterben sie ab. Wandernde Krebszellen müs- obwohl der Ursprungstumor vollständig entfernt sen ohne diese Signale überleben können. wurde. Das bedeutet, dass sich vermutlich bereits Außerdem sind sie in den Gefäßen durch den bei der ersten Diagnose bzw. zum Zeitpunkt der Blutstrom oder den Transport mit der Lymphe Operation gestreute Tumorzellen im Körper befan- mechanischen Scherkräften ausgesetzt. Und den. Einzelne Tumorzellen können in einem inaktiven sie können vom Immunsystem des Körpers Zustand im Gewebe überdauern ohne sich zu teilen. erkannt werden. Tumorzellen interagieren Manchmal gibt es auch „schlafende Tumoren“: winzige, deshalb zum Beispiel mit Blutplättchen: Diese schützen sie beim Transport vor Schäden und © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 8
Reader der Erkennung durch Immunzellen. ähnlichen Eigenschaften reagieren. • In einem anderen Gewebe aus den Gefäßen Wie entgehen Krebszellen dem Immunsystem? auswandern (Extravasation): Um in frem- Entkommen Krebszellen dem Immunsystem, ist das de Gewebe zu gelangen, müssen Krebszellen nicht auf eine gezielte Strategie zurückzuführen. erneut die Wände der Blutgefäße überwinden. Vielmehr führt eine Reihe zufälliger Veränderungen Auch dazu nutzen Tumorzellen häufig Immun- dazu, dass das Immunsystem die Tumorzellen nicht zellen, die die Aderwände durchlässiger machen. mehr als geschädigt erkennt oder sie trotz Erkennen • Im neuen Gewebe überleben und sich nicht angreift. Krebs ist also bei den allermeisten vermehren: Das neue Gewebe hat andere Patienten keine Folge eines Immundefekts oder einer Eigenschaften als das Ursprungsgewebe. Um pauschalen Immunschwäche. zu überleben, müssen Krebszellen sich an- Beispiele für solche Veränderungen sind: passen. Auch müssen sie Eigenschaften, die • Die Tumorzellen tarnen sich: Manche Krebs- für das Wandern wichtig waren, wieder verlie- zellen zeigen keine tumortypischen Erken- ren: Nur so können sie sich erneut teilen und nungsmerkmale. einen Gewebeverband bilden. • Tumorzellen können das Immunsystem direkt • Die Nährstoffversorgung der Tochter- manipulieren oder schwächen. Zwar erkennt geschwulst sicherstellen: Wächst die das Immunsystem die Tumorzellen noch, es Metastase, dann benötigt sie – wie der kann sie jedoch nicht mehr angreifen. Hier ei- Ursprungstumor – eine stabile Versorgung mit nige Beispiele: Tumorzellen können auf ihrer Sauerstoff und Nährstoffen. Dafür regen die Oberfläche Merkmale tragen, die die Aktivität Tumorzellen die Bildung neuer Blutgefäße an. von T-Lymphozyten abschwächen. Oder sie Die Veränderungen, die Krebszellen durchlaufen um bilden Botenstoffe, die die Reifung oder die zu metastasieren, sind bisher nur zum Teil verstanden. Aktivität von Immunzellen hemmen. Oder sie mobilisieren regulatorische T-Zellen: Diese Immunsystem und Krebs Zellen sind normalerweise dafür zuständig, unerwünschte Immunreaktionen zu unter- Die bekannteste Funktion des Immunsystems ist die drücken und eigenes Gewebe zu schützen. Abwehr von Infektionen. Weniger bekannt ist, dass Durch die Aktivierung dieser regulatorischen das Immunsystem auch eine wichtige Rolle bei der T-Zellen wird auch die Immunantwort gegen Beseitigung von gealterten und geschädigten Zellen geschädigte und veränderte Zellen wie Krebs- spielt – auch von Krebszellen. Die Zellen und Eiweiße zellen unterdrückt. des Immunsystems laufen im ganzen Körper „Streife“ und unterscheiden fremd von selbst, gesund von krank • Tumorzellen können auch andere Zellen in oder geschädigt. Entdecken sie geschädigte Zellen, ihrer Umgebung dazu nutzen, das Immun- dann müssen sie: system zu schwächen: Beispielsweise regen manche Tumoren in ihrer Umgebung an, dass • die Immunantwort starten und wieder beenden, sich unreife Knochenmarkszellen vermehren, um nicht versehentlich auch gesunde körperei- die sogenannten myeloiden Suppressorzellen. gene Zellen anzugreifen, und Diese Zellen können die Aktivität von T-Zellen • die geschädigten Zellen zerstören, herabsetzen. • sich erinnern: Ein immunologisches Gedächt- nis schützt vor dem erneuten Auftreten der Chronische Entzündungen: Mögliche Rolle des beispielsweise durch einen Krankheitserreger Immunsystems bei der Krebsentstehung befallenen Zellen. Schon vor mehr als 150 Jahren vermutete der Arzt Rudolf Virchow einen Zusammenhang zwischen Die Steuerung dieser Vorgänge ist komplex: Das Entzündungen und Krebs. Inzwischen gibt es deut- Immunsystem soll geschädigte Zellen angreifen und liche Hinweise darauf, dass zumindest chronische zerstören, und dies möglichst rasch. Gleichzeitig darf – also lang anhaltende oder dauerhafte – Entzün- es aber nicht auf körpereigene gesunde Zellen mit © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 9
Reader dungen zur Entstehung von Krebs beitragen können. Beispielsweise haben Betroffene mit der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs. Das Risiko scheint vor allem von der Dauer des Reizzustandes abzuhän- gen. Man weiß allerdings auch: Nicht jede dauerhafte Entzündung führt zu Krebs. Eine Entzündungsreaktion wird von Zellen des Immunsystems hervorgerufen: Ist Gewebe gereizt, wandern sie in die betroffene Region ein. Bei einer chronischen Entzündung sind dauerhaft Immunzellen aktiviert und schütten verschiedene Botenstoffe und andere Substanzen aus. Wie diese zur Krebsentste- hung beitragen, ist noch nicht vollständig verstanden. Wissenschaftler vermuten: Immunzellen schütten während einer Entzündungsreaktion auch Substan- zen aus, die das Erbmaterial von Zellen schädigen können. Sterben die geschädigten Zellen in der Folge nicht ab, können sie sich zu Krebszellen entwickeln. Eingewanderte Immunzellen bilden noch weitere Stoffe, die auf unterschiedliche Weise zur Entstehung und Weiterentwicklung von Krebs beitragen können – zum Beispiel solche, die das Selbstmordprogramm von Tumorzellen hemmen oder sie zur Zellteilung anregen. Weitere Forschung ist aber notwendig, um besser zu verstehen, wie chronische Entzündungen Krebs fördern. Quellen: Hanahan D & Weinberg RA (2011): Hallmarks of Cancer: the next generation. Cell. 2011; 144(5): 646-647. doi: 10.1016/j. cell.2011.02.013 Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) und Gesellschaft der Epi- demiologischen Krebsregister Deutschland (GEKID) (2019): Krebs in Deutschland für 2015/2016. Verfügbar unter https://www.krebs- daten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/ kid_2019/krebs_in_deutschland_2019.pdf?__blob=publicationFile (letzter Zugriff: 10.07.2020)t © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 10
Reader 2. Krebsprävention Hintergrundinformationen Es gibt Krebsarten, vor denen man sich nach bishe- aus regional-saisonalen Zutaten. Halten Sie den rigem Kenntnisstand kaum aktiv schützen kann. Ihre Anteil an rotem Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) Auslöser sind zufällige genetische Fehler bei der gering und meiden Sie verarbeitete Fleischwaren. Zellteilung. Doch gerade gegen einige der häufige- 4. Wenig Alkohol: ren Krebsarten lässt sich etwas tun: Das Risiko sinkt, Trinken Sie grundsätzlich nur wenig Alkohol – und wenn man die heute bekannten Auslöser vermeidet nicht täglich. Wählen Sie öfter alkoholfreie Ge- und darauf achtet, welche alltäglichen Verhaltens- tränke. Der völlige Verzicht auf Alkohol ist noch weisen Krebs vorbeugen können. besser, um das Krebsrisiko zu verringern. Krebs vorbeugen 5. Rauchfrei: Wichtige Fakten haben Experten der Internationa- Rauchen Sie nicht und verzichten Sie auf jegli- len Krebsforschungsagentur für Europa zusammen- chen Tabakkonsum. Sorgen Sie für ein rauchfreies gefasst: Der „Europäische Kodex zur Krebsbekämp- Zuhause und unterstützen Sie Rauchfreiheit am fung“ zählt auf, was an aktuellen und wissenschaftlich Arbeitsplatz. untermauerten Aussagen zurzeit vorliegt. Aufgeführt 6. UV-Schutz: sind Einflussfaktoren, die das Krebsrisiko erhöhen, Wenn Sie in die Sonne gehen, achten Sie auf und entsprechend gemieden werden sollten. ausreichenden Schutz durch Schatten, Kleidung Die folgende 10 Möglichkeiten können dazu bei- und Sonnencreme. Tragen Sie eine Sonnenbrille tragen, das Krebsrisiko zu senken: mit UV-Schutz und eine Kopfbedeckung. Meiden 1. Viel bewegen: Sie, insbesondere im Sommer, die Mittagssonne Bewegen Sie sich täglich mindestens 30 Minuten. und schützen Sie Ihre Kinder. Gehen Sie nicht ins Solarium. 2. Auf das Körpergewicht achten: Wenn Sie übergewichtig sind, reduzieren Sie Ihr 7. Krebserregende Stoffe meiden: Gewicht – und nehmen Sie nicht weiter zu. Tabakrauch ist ein „Innenraumgift“. Erklären Sie daher neben der Wohnung auch das Auto zur 3. Gesund ernähren: rauchfreien Zone – insbesondere dann, wenn Kin- Essen Sie häufig Vollkornprodukte, Hülsenfrüch- der mitfahren. Wenn Sie an ihrem Arbeitsplatz in te, Gemüse und Obst. Meiden Sie kalorienreiche Kontakt mit krebserregenden Stoffen kommen, Lebensmittel, die viel Zucker und Fett enthalten. befolgen Sie unbedingt die geltenden Sicherheits- Bereiten Sie Ihre Mahlzeiten frisch zu, möglichst © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 11
Reader vorschriften. teln und Getränken ist je nach Alter, Körpergröße und Lebensstil von Mensch zu Mensch unterschiedlich.“ 8. Stillen – Hormontherapie vermeiden: Stillen kann das Brustkrebsrisiko bei Müttern Die Empfehlungen des Europäischen Kodexes zur senken. Falls möglich, stillen Sie daher Ihr Kind. Krebsbekämpfung decken sich weitestgehend mit Eine Hormontherapie gegen Wechseljahresbe- den allgemeinen Ernährungsempfehlungen der schwerden kann bei längerer Anwendung mögli- Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). cherweise das Brustkrebsrisiko erhöhen. Eine gesunde Ernährungsweise senkt nicht nur das Krebsrisiko, sondern auch das Risiko für andere 9. Impfungen für Kinder: Krankheiten, z.B. Diabetes oder Herzerkrankungen. Durch die Hepatitis B-Impfung für Neugeborene Empfohlen wird eine Ernährung aus vorwiegend kann das Risiko für Leberkrebs gesenkt werden. pflanzlichen Bestandteilen (Obst, Gemüse, Hülsen- Die Impfung gegen humane Papillomviren für früchte und Vollkornprodukte). Täglich sollten wenigs- Mädchen und Jungen senkt das Risiko für Gebär- tens 400 g Obst und Gemüse und 30 g Ballaststoffe mutterhalskrebs, aber auch zum Beispiel für Pe- verzehrt werden. Dies entspricht in etwa „5 Handvoll“: nis-, Rachen- und Analkrebs. Fünfmal am Tag sollte Obst und Gemüse gegessen 10. Informationen zur Früherkennung: werden, wobei die Portion in etwa so groß wie die Die gesetzliche Krebsfrüherkennung hat das Ziel, eigene Faust sein sollte. Empfehlenswert sind drei Krebserkrankungen in möglichst frühen Stadien Teile Gemüse und zwei Teile Obst. Die Obst- und aufzuspüren. Diese lassen sich dann meist scho- Gemüsesorten sollten möglichst unterschiedliche nender und erfolgreicher behandeln als in späten Farben aufweisen, da hierdurch viele unterschied- Stadien. Informieren Sie sich über die Untersu- liche sekundäre Pflanzenstoffe verzehrt werden. chungen und entscheiden Sie, ob Sie teilnehmen Ballaststoffe werden vom Körper nicht verdaut, sie wollen. regen den Darm an, unterstützen den Stoffwechsel und verlängern das Sättigungsgefühl. Zu vermeiden sind Ernährung und Körpergewicht kalorienreiche (> 225 – 275 Kilokalorien [kcal]/100 g), stark fetthaltige (> 20 g Fett/100 g) und sehr zucker- Eine abwechslungsreiche Kost, die reich an pflanz- haltige Lebensmittel (>15 g Zucker/100 g). lichen Lebensmitteln ist, ist am besten geeignet, Rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm und Ziege) ist um das Krebsrisiko zu senken. Auch die Energie- eine gute Quelle für Proteine und weitere wichtige bilanz und das Körpergewicht spielen eine große Nährstoffe. Ein hoher Konsum ist jedoch ein mögli- Rolle. Deshalb lässt sich eine gesunde Ernährung, die cher Risikofaktor für die Entstehung von Darmkrebs. vor Krebs schützt, nicht von körperlicher Bewegung Daher wird geraten, maximal 500 g rotes zubereitetes trennen. Fleisch (entspricht etwa 700 – 750 g Rohgewicht) pro Für mindestens elf Krebsarten besteht ein Zusam- Woche zu konsumieren. Verarbeitetes Fleisch (Wurst, menhang zwischen einem hohen Körperfettanteil Speck, Schinken) sollte möglichst gemieden werden. und einem erhöhten Erkrankungsrisiko. Dazu gehö- Der tägliche Salzkonsum sollte 5 – 6 g nicht über- ren beispielsweise Krebs des Dick- und Enddarms, schreiten. Daher wird empfohlen, salzhaltige der Leber und der Niere. Bei Frauen erhöht starkes Lebensmittel mit > 1,5 g Salz pro 100 g zu meiden. Übergewicht zusätzlich das Risiko für unter anderem Insbesondere industriell verarbeitete Lebensmittel Brustkrebs nach den Wechseljahren und Gebärmut- weisen häufig einen hohen Salzgehalt auf. Durch das terkörperkrebs. Zubereiten bzw. Kochen mit Grundnahrungsmitteln Welche Ernährung? Richtig auswählen! kann die Salzzufuhr am besten kontrolliert werden. Der Europäische Kodex zur Krebsbekämpfung defi- Mögliche Schadstoffe auf dem Teller niert gesunde Ernährung als „die richtige Menge und Die Schadstoffbelastung ist innerhalb der Europäi- Auswahl an verschiedenen Lebensmitteln, die den schen Union in den letzten Jahrzehnten stark zurück- Körper mit allen Kalorien (Energie) und Nährstoffen gegangen. In Deutschland gelten strenge Grenzwerte zur Deckung seines jeweiligen Bedarfs versorgen. für Rückstände, zum Beispiel für Pflanzenschutz- [...] Die richtige Menge und Auswahl an Nahrungsmit- mittel, Schwermetalle oder radioaktive Stoffe. Den- © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 12
Reader noch können Nahrungsmittel Stoffe enthalten, die beginnt ab einem BMI von ≥ 30 kg/m². einen Einfluss auf das Krebsrisiko haben. Für Kinder und Jugendliche gelten andere Verschimmelte Lebensmittel sollten entsorgt werden. Referenzwerte, da ihre körperliche Entwicklung Das Wegschneiden betroffener Stellen reicht nicht alters- und geschlechtsabhängig ist. Es existieren aus. Problematisch sind besonders die Stoffwech- international verschiedene Festlegungen der Grenz- selprodukte der Schimmelpilze, die Aflatoxine. Aflato- werte. Häufig wird mit Perzentilen gearbeitet. Das xine können das Risiko für Leberkrebs erhöhen und bedeutet, dass das Gewicht eines Kindes mit einer werden von der internationalen Krebsforschungs- gleichaltrigen, gleichgeschlechtlichen Referenzpopu- agentur (IARC) als krebserregend für den Menschen lation verglichen wird. eingestuft. Bei der Nahrungszubereitung sollte auf zu starkes Alkohol: Unterschätzte Gefahr Rösten, Anbraten und Grillen verzichtet werden. Beim Hoher Alkoholkonsum ist eine Ursache für mindes- Grillen und Räuchern können heterozyklische aroma- tens sieben Krebsarten: Krebs der Mundhöhle, der tische Amine (HAA) und polyzyklische aromatische Speiseröhre, des Halses, der Leber, des Dickdarms, Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen. Diese Stoffe des Enddarms und der Brust. Erwachsene Männer ab können das Risiko für Darmkrebs erhöhen. Das Bun- 21 Jahren sollten pro Tag maximal 20 g reinen Alkohol desministerium für Risikobewertung (BfR) empfiehlt konsumieren. Das entspricht etwa einem halben Liter unter anderem, Fleisch nicht zu heiß anzubraten und Bier oder etwa einem Viertelliter Wein. Erwachsene beim Grillen Schalen zu verwenden, damit kein Fett Frauen ab 21 Jahren sollten maximal 10 g Alkohol in die Glut tropfen kann. Der Grillrost sollte möglichst konsumieren. Das entspricht in etwa einem Viertel- hoch befestigt werden, damit die Flammen nicht das liter Bier oder etwa einem Achtelliter Wein. Außerdem Grillgut berühren können. sollte man nicht regelmäßig Alkohol trinken. An min- destens zwei Tagen in der Woche sollte man ganz auf Durch Backen, Braten, Rösten, Grillen und Frittie- Alkohol verzichten. Wer etwas trinken möchte, sollte ren von kohlenhydratreichen Lebensmitteln und der dies möglichst zu den Mahlzeiten tun. Bis zum 20. Aminosäure Asparagin (z.B. Pommes, Chips) Lebensjahr gibt es keinen risikoarmen Alkohol- kann ab einer Temperatur von 120 Grad Celsius konsum. Alkohol ist für Jugendliche und junge Acrylamid gebildet werden. Das Bundesinstitut für Ri- Erwachsene immer riskant, weil er Entwicklungs- sikobewertung (BfR) hat verschiedene Studien zum prozesse, z.B. im Gehirn, stören kann. Zusammenhang von Acrylamidaufnahme und Krebs ausgewertet. Das BfR kommt zu dem Ergebnis, dass Wird Alkohol gemeinsam mit Tabak konsumiert, ein Zusammenhang weder ausgeschlossen noch verstärken sich die schädlichen Einflüsse deutlich, angenommen werden kann. Daher empfiehlt das BfR insbesondere im Hinblick auf Krebs der Mundhöhle als vorsorgliche Maßnahme: Lebensmittel „vergolden und der Speiseröhre. statt verkohlen“. Sport und Bewegung Körpergewicht: Was ist empfohlen? Ein gesundes Körpergewicht senkt die Wahrschein- Forschungsergebnisse zeigen, dass regelmäßiges lichkeit, an bestimmten Krebsarten, Herz-Kreis- Training biologische Vorgänge und Faktoren beein- lauf-Erkrankungen oder Diabetes zu erkranken. Der flusst, die an der Entstehung der Tumoren beteiligt World Cancer Research Fund (WCRF) empfiehlt ein sind. Krebsforscher konnten in Studien belegen, Gewicht zu halten, das einen Körpermassenindex dass Bewegung beziehungsweise Sport das Risiko (Body Mass Index [BMI]) von 18,5 kg/m² nicht unter- für Dickdarmkrebs und wahrscheinlich für Brust und schreitet und von 24,9 kg/m² nicht überschreitet. Gebärmutterkörperkrebs, senkt. Bei weiteren Krebs- arten wie Krebs der Niere, Lunge, Bauchspeichel- Man berechnet seinen BMI-Wert, indem man das drüse, Prostata, Eierstöcke und des Magens vermu- Körpergewicht (in Kilogramm) durch das Quadrat der ten Wissenschaftler einen ähnlichen Zusammenhang. Körpergröße (in Meter) teilt: BMI = Körpergewicht Die Belege dafür sind aber noch nicht ausreichend. in Kilogramm : (Körpergröße in Meter)². Laut De- finition haben Erwachsene ab einem BMI von 25 kg/ Unabhängig vom Krebsrisiko gilt: Wer sich viel m² Übergewicht, starkes Übergewicht (Adipositas) bewegt, vermindert das Risiko für Herz-Kreislauf- © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 13
Reader Erkrankungen, Diabetes, Schlaganfall, Knochen- und Empfehlungen zur körperlichen Aktivität Muskelabbau sowie Depressionen. Experten sind sich einig: Es lohnt sich, aktiv zu sein. Und das möglichst täglich. Der Kodex zur Krebsbe- Was genau bewirkt körperliche Aktivität kämpfung sowie der World Cancer Research Fund Erste Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung (WCRF) empfehlen pro Woche mindestens 150 zeigen: Regelmäßiges Training beeinflusst einige Minuten moderate Bewegung oder 75 Minuten inten- biologische Vorgänge und Faktoren, die auch an der sive körperliche Aktivität. Damit ist nicht nur „Sport“ Krebsentstehung beteiligt sind. im eigentlichen Sinne gemeint – auch Hausarbeit, • Einfluss auf Sexualhormone: Insbesondere Gartenarbeit oder die Fahrt mit dem Rad zur Arbeit Östrogen kann ein Wachstumsreiz für Tumor- zählen. Außerdem wird geraten, so wenig wie mög- zellen sein. Der Hormon-Stoffwechsel wird lich zu sitzen. Kinder und Jugendliche sollten täglich vom Gewicht mit beeinflusst – denn auch im mindestens 60 Minuten mäßig bis intensiv körperlich Fettgewebe können Sexualhormone produziert aktiv sein. Das tägliche Ziel kann auch über mehre- werden, sogar noch nach den Wechseljahren. re kürzere Einheiten erreicht werden (z.B. zwei Ein- Eine grobe Faustregel besagt in etwa: Je län- heiten mit je 30 Minuten). ger Frauen dem Einfluss von Sexualhormonen ausgesetzt sind, desto höher ist ihr Risiko für Welche Formen der Bewegung zur Krebsvorbeu- Brustkrebs und Krebs des Gebärmutterkör- gung besonders geeignet sind, müssen Forscher erst pers. Und je übergewichtiger eine Frau im Lauf noch herausfinden. Grundsätzlich scheint jede Art der ihres Lebens ist, umso länger beeinflussen körperlichen Bewegung nützlich zu sein und je mehr Östrogene und weitere Hormone ihren Körper. körperliche Aktivität, desto besser. Was man machen kann und sollte, hängt von persönlichen Vorlieben, • Einfluss auf Insulinspiegel: Bei Tumorarten, vom Alter, vom allgemeinen Gesundheitszustand und die mit Übergewicht und Bewegungsmangel von eventuell vorhandenen Vorerkrankungen ab. in Verbindung stehen, spielen auch der Insulinspiegel sowie die Konzentration wei- terer Botenstoffe im Blut eine Rolle. Auch ein Rauchen und Passivrauchen Teil dieser Botenstoffe wird im Fettgewebe Rauchen ist der wichtigste vermeidbare Risiko- gebildet und dann in das Blut abgegeben, die faktor der Krebsentstehung. Die Beziehung zwischen sogenannten Adipokine. Die Faustregel bleibt Tabakkonsum und Lungenkrebs ist besonders auf- in etwa die gleiche wie bei den Sexualhormo- fallend. In Deutschland sind bei Männern vermut- nen: Je höher der Anteil an Körperfett, des- lich neun von zehn, bei Frauen mindestens sechs to höher ist auch die Konzentration weiterer von zehn Lungenkrebserkrankungen auf das aktive Botenstoffe, die sich wie Insulin auf das Krebs- Rauchen zurückzuführen. Das schätzen das Robert wachstum auswirken können. Koch-Institut und die Gesellschaft der epidemiologi- • Einflüsse auf chronische Entzündungspro- schen Krebsregister in Deutschland. zesse, metabolisches Syndrom: Forscher Wissenschaftler haben aber auch Zusammen- vermuten außerdem, dass Sport und Bewe- hänge zwischen Rauchen und der Entstehung wei- gung auch regulierende Effekte auf chroni- terer Krebsarten nachgewiesen. Dazu zählen neben sche Entzündungsprozesse im Körper, auf das Lungenkrebs fast alle Kopf-Hals-Tumoren (Krebs Immunsystem sowie auf körpereigene Repa- der Mundhöhle, des Mund- und Nasenrachenraums, raturmechanismen für das Erbmaterial haben. der Nasenhöhle und der Nasennebenhöhle sowie Ein Beispiel ist das sogenannte metabolische des Kehlkopfes), Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs, Syndrom. Rein statistisch sind nicht nur die Darmkrebs, Krebs der Gallenblase und Gallenwege, Zuckerkrankheit Diabetes mellitus Typ 2, son- Leberkarzinom sowie zahlreiche weitere Krebsarten. dern auch bestimmte Krebsarten mit diesem metabolischen Syndrom verknüpft. Karzinogene im Tabak Nikotin ist nur einer unter tausenden Inhaltsstof- fen des Tabakrauchs. Diese Substanz ist mit ihrer © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 14
Reader anregenden und zugleich beruhigenden Wirkung auch der Nikotingehalt der Produkte bei. Dieser ent- auf das Nervensystem verantwortlich für die sucht- spricht dem von Zigaretten, was ein ähnliches Sucht- erzeugende Wirkung des Rauchens. Direkt krebs- potenzial der Tabakerhitzer nach sich zieht. erzeugend sind jedoch überwiegend andere Stoffe, Auch die sogenannten elektronischen „Zigaretten“ wie z.B. Produkte einer unvollständigen Verbrennung (E-Zigaretten), die seit einiger Zeit im Handel erhält- vom Typ der so genannten polyzyklischen aromati- lich sind, gelten unter Experten als nicht ungefährlich. schen Kohlenwasserstoffe (PAK), die sich abhängig Diese Geräte verbrennen keinen Tabak. Sie „ver- von Temperatur und anderen Faktoren in wechseln- dampfen“ eine Mischung aus Nikotin und, je nach dem Umfang bilden. Die wichtigsten sonstigen bis- Produkt, unterschiedlichen Aromen und Hilfsstoffen. her nachgewiesenermaßen oder stark verdächtigen Diese Flüssigkeiten werden oft als „Liquids“ bezeich- Krebs erzeugenden Substanzen im Tabakrauch sind net. In einer anderen Variante werden Zigaretten nur Nitrosamine sowie einige Metalle oder Metallsalze, noch erhitzt, um das suchtauslösende Nikotin freizu- zum Beispiel Nickel oder Cadmium. setzen. Die langfristigen Folgen und mögliche Risiken Viele der im Tabakrauch enthaltenen Substanzen nikotinhaltiger E-Zigaretten sind noch nicht abschlie- reagieren mit dem Erbgut der Zellen im menschlichen ßend erforscht. Körper. Dabei kann es zu Veränderungen oder Muta- tionen kommen, die die Steuerung von Wachstum, Wie gefährlich ist Passivrauchen? Teilung und Überlebenszeit einer Zelle entgleisen Auch Passivrauchen gefährdet die Gesundheit. oder versagen lassen. Wer sich regelmäßig in Räumen aufhält, in denen geraucht wird, hat ein erhöhtes Risiko für viele Krank- Tabakprodukte: Wasserpfeife, E-Shisha und E-Zi- heiten und Beschwerden wie Herz-Kreislauf-, Krebs- garette und Atemwegserkrankungen. Der Zusammenhang Vergleicht man verschiedene Untersuchungen, fallen zwischen Passivrauchen und Lungenkrebs ist nach zwar geringfügige Unterschiede in der Beurteilung Angaben der Internationalen Agentur für Krebsfor- des Risikos verschiedener Formen des Tabakgenus- schung (IARC) eindeutig wissenschaftlich belegt. Für ses auf. Unstrittig ist aber, dass nicht nur Zigaretten, Kehlkopfkrebs und Tumoren des Rachenbereichs ist sondern auch Zigarren und Pfeifen gesundheits- ein entsprechender Zusammenhang in begrenztem schädigend wirken, so die Internationale Agentur für Umfang ebenfalls gezeigt worden, so die IARC. Krebsforschung (IARC). Es gibt, soweit man heute weiß, keinen unteren Grenz- Vor allem bei Jugendlichen sind seit einigen Jahren wert für eine Konzentration von Tabakrauch in der Wasserpfeifen („Shisha“) beliebt. Nach Angaben des Luft, die als nicht gesundheitsgefährdend und noch Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sind die tolerabel angesehen werden könnte. vom Wasserpfeifenrauch ausgehenden Gefahren für die Gesundheit ähnlich hoch wie bei Zigaretten. Humane Papillomviren als Krebsrisiko Selbst tabakfreie Wasserpfeifen, bei deren Kon- sum unter anderem Kräutermischungen oder Gele Fast jeder Mensch infiziert sich im Laufe seines Le- verwendet werden, setzen krebserzeugende oder bens mit humanen Papillomviren (HPV). Einige Ver- giftige Substanzen frei. treter dieser großen Gruppe von Viren führen zu eher harmlosen Zellveränderungen, etwa Warzen. Eine Tabakerhitzer, im Englischen Tobacco Heating Infektion mit bestimmten HPV-Typen erhöht jedoch Systems (THS) genannt, sind elektrische Geräte, das Risiko für einige Krebsarten. Die internationale in denen sich spezielle Tabaksticks erhitzen lassen. Krebsforschungsagentur (IARC) ordnet derzeit etwa Eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewer- zwölf genitale HPV-Typen sicher als Hochrisikotypen tung (BfR) und des Chemischen und Veterinärunter- ein, darunter vor allem HPV 16 und HPV 18. Weitere suchungsamts (CVUA) Sigmaringen hat gezeigt, Hochrisikotypen gelten als möglicherweise krebserre- dass Tabakerhitzer zwar weniger Schadstoffe frei- gend, zu ihrer Gefährlichkeit sind aber noch Fragen setzen als herkömmliche Zigaretten, gesundheit- offen. Die am häufigsten von HPV hervorgerufene liche Risiken bestehen beim Gebrauch aber den- Krebserkrankung ist Gebärmutterhalskrebs. Seltener noch. Dazu trägt neben den immer noch enthaltenen werden andere Tumorerkrankungen, wie z.B. Vulva- giftigen und krebserzeugenden Stoffen im Dampf © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 15
Reader und Scheidenkrebs, Penis- und Analtumoren sowie Ultraviolette Strahlung als Krebsrisiko Kopf-Hals-Tumoren durch HPV verursacht. Die wichtigste Quelle natürlicher UV-Strahlung ist die Was fördert die Krebsentstehung? Sonne. UV-Strahlung hat positive Effekte auf den Kör- per, sie regt zum Beispiel die Vitamin D-Bildung an. Zu den krebsfördernden Faktoren gehören Rau- Sie kann aber auch erhebliche negative Auswirkun- chen, andere sexuell erworbene Infektionen (Herpes gen bis hin zur Entstehung von Krebserkrankungen simplex 2, Chlamydien), eine langjährige Einnahme haben. Der Zusammenhang zwischen UV-Strahlung der „Pille“ oder ein geschwächtes Immunsystem. und Krebsentstehung gilt als belegt. Daher stuft die Frauen, die öfter schwanger waren, tragen ein leicht Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der erhöhtes Risiko, dass sich aus einer anhaltenden Weltgesundheitsorganisation (WHO) UV-Strahlung HPV-Infektion ein Tumor am Gebärmutterhals ent- als eindeutig krebserregend ein, unabhängig davon, wickelt. Das gilt auch für Frauen, die schon als Teen- ob sie natürlich oder künstlich ist. ager Kinder geboren haben. Mittlerweile weiß man, dass alle UV-Arten gleicherma- Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass sich ßen schädlich sind. Auch künstliche UV-Quellen wie eine „Spirale“, ein sogenanntes Intrauterinpessar Solarien können der Haut Schaden zufügen – zum (IUP) zur Empfängnisverhütung, positiv auf Zellver- Beispiel beim sogenannten Vorbräunen. In Deutsch- änderungen am Gebärmutterhalskrebs auswirkt. Eine land gelten für Solarien daher gesetzliche Schutzbe- Infektion mit HPV verhindert die Spirale jedoch nicht. stimmungen für die Nutzung von Solarien. So dürfen Minderjährige nicht ins Sonnenstudio. HPV-Impfung Seit einigen Jahren gibt es Impfstoffe gegen eine Folgen von UV-Strahlung Infektion mit HPV. Die HPV-Impfungen haben das Je nach Wellenlänge und Stärke hat UV-Strahlung Ziel, vor Krebs und seinen Vorstufen an Gebärmutter- verschiedene Wirkungen auf den menschlichen hals, After, im Genitalbereich sowie im Mund-Rachen- Körper. Zu viel UV-Strahlung kann Sonnenbrände, Raum zu schützen. Alle HPV-Impfstoffe verhindern Augenentzündungen und allergieähnliche Reaktio- mit hoher Sicherheit eine Ansteckung mit den krebs- nen auslösen. Langfristige Schäden durch UV-Licht erzeugenden humanen Papillomviren 16 und 18. In sind neben beschleunigter Hautalterung, Schädigung Deutschland stehen derzeit zwei Impfstoffe zur Ver- der Augen (insbesondere bei Kindern) und einer fügung: ein Zweifachimpfstoff (Cervavix®) und ein Trübung der Linse (Katarakt) vor allem Hautkrebs- Neunfachimpfstoff (Gardasil®). Der Neunfachimpf- erkrankungen. stoff deckt fünf weitere krebserregende HPV-Typen ab und schützt zusätzlich vor HPV 6 und 11, die UV-Strahlung schädigt die Erbsubstanz (DNA) von gutartige Genitalwarzen auslösen. Hautzellen. Meist sind die Zellen fähig, diese Schä- den selbst zu reparieren. Gelingt das nicht, können Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Zellen entarten und es können sich Tumoren bilden. Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt derzeit die Außerdem kann UV-Strahlung das Abwehrsystem HPV-Impfung vorrangig für Mädchen und Jungen des Körpers (Immunsystem) schwächen und damit im Alter von 9 bis 14 Jahren. Kinder erhalten zwei die körpereigene Abwehrreaktion gegen Erreger und Impfdosen in den Oberarm im Abstand von 5 bis 13 Krebszellen behindern. Monaten. Bei Jugendlichen ab 15 Jahren bis ein- schließlich 17 Jahren sind drei Spritzen notwendig: Nicht jede Person ist gleichermaßen empfindlich Eine zu Beginn, eine zweite Impfdosis nach einem gegenüber der UV-Strahlung. So legen die Erb- Monat bzw. nach zwei Monaten und die dritte Dosis anlagen den individuellen Hauttyp fest und bestimmen nach 6 bis 12 Monaten. Die Krankenkassen überneh- dadurch, wie viel Sonne der einzelne Mensch men die Kosten. verträgt. Die Impfstoffe gelten als sicher und gut verträglich. Schutz vor UV-Strahlung Die häufigsten beobachteten Nebenwirkungen der Kinder und Erwachsene sollten künstliche UV-Strah- Impfstoffe sind Hautreaktionen an der Einstichstelle: lung (Solarium, Höhensonne) meiden. Das gilt auch mit Rötung, leichten Schmerzen, Schwellung. Hinzu- für das Sonnenlicht um die Mittagszeit, insbesonde- kommen können auch Kopfschmerzen. © Deutsches Krebsforschungszentrum | Fit in Gesundheitsfragen | Erstellungsdatum (11|2020) | Seite 16
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