Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de

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Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023

traunstein.bund-naturschutz.de
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Inhaltsverzeichnis

 BIOLADEN
 Gisela Sengl GmbH
                                                          Dahoam ist koa Ort –
                                                                                                                       Inhalt
        al und
Region ch -                                                 Dahoam is a Gfühl
         is
 ökolog ht´s                                                                       6         In Memoriam                              29 Wann startet die Verkehrs-
     e r ge
bess                                                                                                                                 		wende?
     nicht!                                                                      		          Hermann Eschenbeck

Mo, Di, Do, Fr                                                                     7         Gründung der Kreisgruppe TS                 30   Schon wieder Gentechnik?
8.30 - 18.00 Uhr                                                                 		          des BUND Naturschutz
Mi geschlossen                                                                                                                        31 Atomkraft -
Samstag                                                                              8/9     Bergwaldschutz 		                       		 ein Wahnsinn ohne Ende?
8.30 - 12.30 Uhr

                                                                                      10     Alpenschutz                              32/33   Die Energiewende
  u Komplettes Naturkostwarensortiment
                                                                                  11 Erhalt von Natur und                             34/35   Gefahr für den Wald
    inklusive Kosmetik
                                                                                 		Landschaft
  u Gemüse und Kartoffeln von unseren                                                                                                    36   Ausblick
    Feldern                                                                      12/13 Erhalt unserer Landwirtschaft
                                                                                 		 Der Traunsteiner Apfelmarkt                       38 Vorstand, Ansprechpartner,
Chieminger Str. 8 83365 Sondermoning Tel.: 08669/819732                          		                                                  		Impressum
www.bioladen-chiemgau.de                                                         14/15 Der Kampf um die Kendlmühl-
                                                                                       filzen

                                                                                 16/17 Das Ödmoos
Pfaffendorfstr. 9                                                                		    Interview mit Karl Fischer
D-83454 Anger
                                                                                 18/19 Unsere Amphibien

Wahrer Geschmack                                                                 20/21 Keine Wasserkraft an der
                                                                                 		Salzach
   ist uns ein                                                                   		    Interview mit Ilse Englmaier

       Vergnügen!                                                                22/23 Erhalt der Artenvielfalt
                                                                                 		    Acht Artensteckbriefe

                                                                                 24/25 Die Rettung des Tüttensees
                        Brot-- ku ltur
                                                                                 26/27       Gewässerschutz
                                                                                 		          Trauer um Alois Baumgartner

                                                                                  28 Stoppen wir den Flächen-
                                                                                 		verbrauch?

    Wolfgruber
w w w. Wo l f g r u b e r B ro t k u l t u r. d e
                                                                                 Titelseite
                                                                                 Dammbau in den Kendlmühlfilzen in den 80er Jahren
                                                                                                                                                                         3
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Vorwort                                                                                                                                                                                                         Editorial

    Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des
    BUND Naturschutz im Landkreis Traunstein,
    ich freue mich, der Kreisgruppe im Namen des gesamten Landesvorstandes von ganzem Herzen zu Ihrem 50. Jubiläum gra-
    tulieren zu können!
    Der Blick auf die Erfolge in der langen Geschichte des BUND Naturschutz und auf die dahinterstehenden engagierten Per-
    sönlichkeiten macht uns Mut.
    Auch durch die Arbeit Ihrer Kreisgruppe wurde in den 50 Jahren ihres Bestehens viel erreicht: Die Kreisgruppe Traunstein
    wurde von Fritz Lindenberg gegründet, um gegen eine geplante Chiemseeautobahn vorzugehen und das Grabenstätter Moos               Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder,
    zu bewahren. Ein zentrales Thema ist in der Kreisgruppe Traunstein der Moorschutz, zum Beispiel durch das jahrzehntelange
    Engagement unter Führung von Dr. Wolfgang Kneitz im Ödmoos oder der Einsatz zur Rettung der Kendlmühlfilzen. Zusammen             liebe Freundinnen und Freunde,
    mit der Bürgerinitiative „Rettet den Geigelstein“ setzte sich die Kreisgruppe für die Erhaltung des Blumenberges ein und der
    leider jüngst verstorbene damalige Vorsitzende Hermann Eschenbeck legte für die Schutzwaldsanierung am Stubeckrücken              Am 07. Dezember 1972 hat sich die Kreisgruppe Traunstein des BUND Naturschutz Bayern gegründet. Begonnen haben wir
    selbst mit Hand an.                                                                                                               damals mit 183 Mitgliedern, von denen einige heute noch Mitglied sind, inzwischen haben wir über 3000 Mitglieder und
    Zur Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft unterstützt die Kreisgruppe die Ökomodellregion Waginger See, ist Mitglied        sind seit über 50 Jahren aktiv!
    im Ernährungsrat und führt seit über 20 Jahren den Traunsteiner Apfelmarkt zur Förderung der Streuobstbestände und der            Unser Landkreis hat sich in dieser Zeit sehr verändert. Manches hat sich positiv entwickelt, die Mülldeponien sind aus unserer
    Schaffung regionaler Wertschöpfung mit dem Landschaftspflegeverband und der Stadt Traunstein durch. Die Kreisgruppe               Landschaft verschwunden, der Chiemsee hat fast Trinkwasserqualität, die Hochmoore wurden unter Schutz gestellt und viele
    Traunstein setzt sich mit ihrer Ortsgruppe Tittmoning/Fridolfing unter Führung von Ilse Englmair für eine freifließende Salzach   Landwirte arbeiten inzwischen ökologisch.
    und eine Sanierung durch die Naturflussvariante ein. Innerhalb der Aktionsgemeinschaft Lebensraum Salzach wird die BN             Demgegenüber steht aber z.B. immer noch ein enormer Flächenverbrauch. Aus kleinen Weilern oder ländlich geprägten
    Kreisgruppe durch Dr. Jogi Wagner als Sprecher vertreten, der lange Zeit Ortsvorsitzender von Tittmoning war. Auch im Arten-      Vororten wurden große Siedlungsgebiete, Gewerbe- oder Industriegebiete und viele neue und breite Straßen zerschneiden
                 schutz ist die Kreisgruppe sehr aktiv, sei es beim Amphibienschutz, für Fledermäuse, Insekten oder Vögel und         unseren Landkreis. Hunderte von Stellungnahmen haben wir dazu in den letzten Jahrzehnten geschrieben, Einiges konnten
                       mutig setzt sie sich gegen Kiesabbau und unnötigen Flächenverbrauch zur Wehr.                                  wir verhindern, vieles aber auch nicht.
                                                                                                                                      Der Bund Naturschutz ist seit jeher der Anwalt der Natur, wir werden nicht müde, gegen den Flächenverbrauch, für mehr Ar-
                            Eine derartig vielfältige Kreisgruppenarbeit kann nur mit einer entsprechend breit aufgestellten und      ten- und Biodiversitätsschutz, für den Gewässerschutz, eine naturverträgliche Landwirtschaft, für die Lebensqualität unserer
                              aktiven Basis gelingen. Mein besonderer Dank gilt daher allen Aktiven und vor allem der Kreisgrup-      Bürger und für mehr Klimaschutz zu kämpfen.
                               penvorsitzenden Beate Rutkowski. Da sie auch stellvertretende Landesvorsitzende ist, darf ich
                                mich glücklich schätzen, mit ihr eine sowohl herzliche wie auch fachlich kompetente Stellvertre-      Die Gesetzeslage hat sich in den Jahrzehnten verbessert, wir haben ein immer wieder fortgeschriebenes Naturschutzgesetz,
                                 terin zu haben. Wir wissen, dass alle diese Erfolge Gemeinschaftswerke sind, aber engagierte         seit 1992 eine NATURA-2000-Richtlinie, seit 1993 eine Eingriffsregelung, seit 2000 eine Wasserrahmenrichtlinie und vieles
                                 Frauen und Männer im BN immer wichtige Grundlagen dafür gebildet haben und bilden.                   mehr, dazu ein inzwischen fast unübersichtliches Angebot an verschiedenen Fördertöpfen.
                                                                                                                                      Aber reicht das wirklich aus? Es ist doch entscheidend, dass in den Köpfen aller Entscheider Naturschutz nicht als unterge-
                                Dieses Wissen gibt uns heute die Kraft, mit dem gleichen Einsatz für die noch erhaltene Schön-        ordnetes Luxusproblem gesehen wird, sondern als die entscheidende Grundlage für unsere Zukunft. Dass es ein unendliches
                                heit unserer Heimat zu kämpfen, denn es gibt für den BUND Naturschutz im Jahr 2023 leider             Wachstum in einer Welt mit endlichen Ressourcen nicht geben kann und dass es entscheidend ist, dass wir Auswirkungen
                               noch genügend Herausforderungen: sei es der Einsatz für eine dezentrale ökologische Energie-           auf die Umwelt nicht herunterrechnen und den Rest irgendwie versuchen auszugleichen, sondern so weit als irgend möglich
                              wende, für eine echte Verkehrswende, für die Erhaltung der Artenvielfalt oder der Schutz unserer        vermeiden. Die Natur ist unsere Lebensgrundlage und der Naturschutz muss Priorität haben.
                            bayerischen Alpen.
                          Mit diesem Wissen engagieren wir uns für die Schönheit unserer Heimat. Lassen Sie uns daher ge-             Vielen Menschen und auch vielen Kommunalpolitikern ist das inzwischen bewusst und wir konnten Erfolge im Arten- und
                        meinsam feiern und die Welt weiter verbessern.                                                                Biotopschutz vermelden, die Energiewende auch in unserem Landkreis mit vorantreiben oder die bäuerliche (Öko)-Land-
                                                                                                                                      wirtschaft unterstützen.

                                                                                                                                      Wir sind stolz, dass wir als Teil des größten Umweltverbandes in Bayern mit unseren ehrenamtlich engagierten Mitgliedern
                                                                                                                                      seit Jahrzehnten beitragen können, unsere Landschaft, unsere Mitwelt und damit unsere Zukunft zu gestalten. Wir danken
                                                                                                                                      allen unseren Mitgliedern, die uns zum großen Teil schon seit Jahrzehnten und manche auch von Anfang an unterstützen für
                                                                                                                                      das Miteinander, ohne das wir unsere Erfolge nicht hätten erreichen können. Wir brauchen Sie auch in Zukunft!
                     Richard Mergner                                                                                                  Herzliche Grüße
                     Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e. V.

                                                                                                                                      Beate Rutkowski
                                                                                                                                      Kreisvorsitzende, stellvertretende Landesvorsitzende
4                                                                                                                                                                                                                                                                      5
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Nachruf                                                                                                                                                                                                      Kreisgruppe

                                                                                             den lokalen Themen zur großen
    In Memoriam Hermann Eschenbeck                                                           Politik geschlagen, zum Beispiel
                                                                                             mahnend auf die Nachteile der
                                                                                             großen Freihandelsabkommen
    Die Arbeit der Kreisgruppe war immer         Hermann Eschenbeck hat immer Verant-        für den Natur- und Artenschutz
    von Kontinuität und einer engagierten        wortung übernommen:                         und für die heimische Landwirt-
    Führung geprägt. In den letzten 50 Jah-      Von 1982 war er bis zuletzt Vorstands-      schaft hingewiesen. Erst im De-
    ren hatten wir nur drei Kreisvorsitzende.    mitglied der Kreisgruppe und von 1991       zember hat er dazu noch einen
    Fritz Lindenberg von 1972 bis 1991, Her-     bis 2008 unser 1. Vorsitzender, danach      vielbeachteten Leserbrief ver-
    mann Eschenbeck von 1991 bis 2008            bis 2021 stellvertretender Vorsitzender.    fasst.
    und Beate Rutkowski seit 2008.               Viele Jahre war er sowohl BN-Delegier-
                                                 ter als auch BUND-Delegierter und damit     Hermanns Verdienste haben
    Von unserem lieben Hermann Eschen-           gut vernetzt in den Strukturen des Lan-     nicht nur im Landkreis beein-
    beck mussten wir uns am 22.01.23 ver-        des- und des Dachverbandes.                 druckt, sondern wurden auch         Fritz Lindenberg und die Gründung
    abschieden. Er ist im Alter von 88 Jahren                                                bayernweit gewürdigt. 2004 wur-
    unerwartet nach kurzer schwerer Krank-
    heit verstorben.
                                                                                             de er vom Bund Naturschutz mit
                                                                                             der Bayerischen Naturschutzme-
                                                                                                                                 der Kreisgruppe Traunstein des
    Er war fast 45 Jahre lang Mitglied und Ge-
                                                                                             daille und 2020 mit dem Grünen
                                                                                             Engel des Umweltministeriums
                                                                                                                                 BUND Naturschutz                                                                  Fritz Lindenberg mit Politiker*innen in den Kendlmühlfilzen
    sicht der Kreisgruppe. Schon Anfang der                                                  ausgezeichnet.
    1980er Jahren hatte er sich für die Unter-                                                                                   Fritz Lindenberg wurde 1914 in Bocholt     Lindenberg konnte die Spende einer         bruchs: 1975 wurde die Bürgerinitiati-
    schutzstellung der Kendlmühlfilzen ein-                                                  Hermann konnte mit Spaten           geboren und kam nach dem 2. Welt-          privaten Versicherungsgesellschaft in      ve „Rettet den Geigelstein“ gegründet,
    gesetzt, 1992 wurde dann endlich das                                                     und Freischneider genauso gut       krieg in den Chiemgau. Er war Verleger,    fünfstelliger Höhe für den Ankauf meh-     eine der ersten in Deutschland über-
    Naturschutzgebiet ausgerufen.                                                            umgehen, wie mit Hammer und         Heimatforscher, Lokalhistoriker und        rerer Sperrgrundstücke auf der geplan-     haupt. 1976 folgte die Bürgerinitiative
                                                                                             Säge. Wie viele Hektar Blühwie-     nicht zuletzt ein Pionier des Umwelt-      ten Trasse einsetzen - das war eine für    „Rettet die Kendlmühlfilzen“. Der Bund
    Im Jahr 1985 hat er die Ortsgruppe                                                       sen und Feuchtwiesen hat er in      schutzgedankens. Im Dezember 1972          die damalige Zeit unerhörte Tat und zu-    Naturschutz war mittendrin dabei. Er
    Achental mitgegründet, deren 1. Vorsit-                                                  seinem Leben gemäht, wie viele      hat er gemeinsam mit 183 Mitgliedern       gleich der Start für die Gründung der      war eingebettet in die Emanzipations-
    zender er vom ersten Tag an bis zu sei-                                                  Staudämme bei der Moorrenatu-       die Kreisgruppe Traunstein des BUND        Kreisgruppe. Binnen weniger Wochen         geschichte der Bundesrepublik, und er
    nem Tod war.                                                                             rierung hat er gebaut.              Naturschutz in Bayern e.V. gegründet.      gelang es Fritz Lindenberg, mehr als 20    hat sie eine Strecke weit auch mitge-
    Gleich zu Beginn hat er seine erste Aus-                                                 Und im ganzen Landkreis hän-        Er war 18 Jahre lang nicht nur ihr Vor-    Hektar Moorwiesen und Feuchtflächen        schrieben – einige Kapitel davon auch
    stellung „Der Bergwald stirbt“ in Traun-                                                 gen viele seiner Nistkästen und     sitzender, sondern auch eine Leitfigur     anzukaufen. Damals waren das Sperr-        im Chiemgau.
    stein organisiert und erschreckende                                                      werden von den Vögeln gerne je-     des Umweltschutzes in der gesamten         grundstücke zur Verhinderung einer         Fritz Lindenberg (und der BN) hat den
    Bilder zum Waldsterben zusammenge-           Als Lehrer war ihm natürlich auch die       des Jahr aufs Neue bezogen.         Region.                                    Straßentrasse, heute gehören sie zum       Antrag zur Unterschutzstellung der
    stellt. Die Themen Wald, Waldschutz und      Umweltbildung besonders wichtig. So                                             Der Anlass für die Gründung der Kreis-     Kernbereich des Naturschutzgebiets.        Kendlmühlfilzen auf den Weg gebracht,
    eine angepasste Jagd haben ihn nie los-      hat er über die Jahrzehnte weit über 100    Hermann Eschenbeck hat wich-        gruppe war einigermaßen dramatisch:        Widerstand gegen Behörden und Kritik       (teilweise) erfolgreichen Protest gab es
    gelassen, ebensowenig wie der Moor-          Ausstellungstafeln gestaltet, aber auch     tige und unübersehbare Spuren       Nach dem damaligen Gesamtverkehrs-         an der Regierungspolitik war in einer      damals auch gegen die Pläne der Nut-
    schutz. Im Ödmoos und im Maisental-          Führungen und Exkursionen für Schüle-       in unserem Landkreis, aber auch     wegeplan Bayern sollte die sogenann-       Zeit, in der man sich erst langsam vom     zung der Alz als Vorfluter für die Ab-
    moos hat er noch im letzten Herbst tat-      rInnen und Erwachsene organisiert.          in unserer Kreisgruppe hinterlas-   te „Chiemseeautobahn“ von der Auto-        Autoritarismus der Adenauerzeit frei-      wässer des Chiemsee-Ringkanals, ge-
    kräftig mitgearbeitet.                                                                   sen. Sein Vermächtnis ist für uns   bahnausfahrt Grabenstätt mitten durch      machte, nicht angesagt und musste erst     gen den Forststraßenbau am Hoch-
                                                 Hermann war immer Vordenker und Ma-         der Ansporn für unsere weite-       das Grabenstätter Moos und weiter          erlernt und eingeübt werden. Fritz Lin-    gern-Nordhang und gegen die Verwen-
    Während seines jahrzehntelangen Ein-         cher, ein Organisator und Vernetzer. Elo-   re Arbeit. Wir werden ihn dabei     über Traunreut und Garching a.d. Alz bis   denberg war hier ein Pionier und stand     dung aufgelassener Kiesgruben als
    satzes hat er sich ebenso für den Aus-       quent und formulierfreudig, so haben        sehr vermissen, sein Wissen,        nach Landshut und Regensburg gebaut        mit an der Spitze des neuen Zeitgeis-      Mülldeponien. 18 Jahre war Fritz Lin-
    bau von erneuerbaren Energien, gegen         wir ihn gekannt. Seine Texte für unse-      seine Erfahrung, aber auch sei-     werden, und zwar in einer Breite von 60    tes. Derselbe neue Zeitgeist hatte gera-   denberg Vorsitzender der Kreisgruppe
    den überzogenen Straßen(aus)bau z.B.         re Jahresberichte, für Vorträge oder für    nen Humor. Seine Bescheiden-        Metern. Wir besitzen noch eine Wander-     de auch in der Führung unseres Landes-     Traunstein, danach bis 2008 Hermann
    der A8, für die Müllvermeidung, für die      die Presse waren immer hervorragend         heit und sein Verantwortungs-       karte vom Chiemsee, in der die Horror-     verbands Einzug gehalten. Der neue         Eschenbeck, beide waren Leitfiguren
    regionale Landwirtschaft und Ökoland-        recherchiert und pointiert geschrieben.     bewusstsein werden uns immer        trasse eingezeichnet ist, quer durch die   Vorsitzende Hubert Weinzierl und sein      des Umweltschutzes in der gesamten
    wirtschaft, für die Biotoppflege und den     Dabei hat er immer auch den Bogen von       Vorbild sein. Wir werden gemein-    sensibelsten Bereiche des heutigen Na-     kongenialer Geschäftsführer Helmut         Region.
    Artenschutz eingesetzt. Die Organisa-                                                    sam weiter in seinem Sinne wir-     turschutzgebietes.                         Steininger wandelten die staatsfromme
    tion der jährlichen Amphibienschutz-                                                     ken.                                Naturschutzbelange spielten zu Anfang      Honoratiorenrunde, die sie vorfanden,      Hermann Eschenbeck †
    maßnahmen beispielsweise war ohne                                                                                            der 70er Jahre bei öffentlichen Bauvor-    in einen kritischen Umweltverband um.      und Beate Rutkowski
    ihn nicht denkbar.                                                                       Beate Rutkowski                     haben noch keine große Rolle. Fritz        Die 70er Jahre waren eine Zeit des Auf-

6                                                                                                                                                                                                                                                                           7
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Alpen                                                                                                                                                                                                               Alpen

    ERFOLGREICHER
    BERGWALDSCHUTZ
    Der Wald liegt uns nach wie vor besonders am Herzen

                                                                                                                                                                     Klaus Herold                                                                         Waldexkursion 2022

    Die Zukunft eines auch dem Klima-                                                        Klaus Herold, der heute noch in der        Heute ist vieles anders, der Bergwald in                                              Um diese Themen werden wir uns auch
    wandel trotzenden artenreichen Berg-                                                     Kreisgruppe aktiv im Waldnaturschutz       unserer Region hat sich wesentlich er-                                                künftig kümmern müssen.
    mischwaldes hängt auch von einer aus-                                                    ist, erinnert sich: „Erst haben wir auf-   holt, ist gut durchmischt und der Wild-
    reichenden Bejagung ab. Dass die be-                                                     wändig und ehrenamtlich bis zu 400 kg      bestand ist dank einer engagierten                                                    Was sich nicht geändert hat: Der Wald
    sonders im Bergwald mühevolle Arbeit                                                     Samen pro Jahr gesammelt und in der        Jagd an vielen Stellen gut angepasst.                                                 liegt uns nach wie vor besonders am
                                                                                                                                                                                              Ak Bergwald beim Samensammeln
    der Waldbesitzer nicht vergeblich sein                                                   Samenklenge in Laufen-Lebenau abge-        Neue Probleme ergeben sich aber                                                       Herzen, Biotoparbeiten im Wald, Ex-
    darf und dass ein Jungwald ohne teu-                                                     liefert, dann mühsam die Jungpflanzen      durch den Klimawandel und die zuneh-        und damit zu einer zunehmenden In-        kursionen und Öffentlichkeitsarbeit
    re und aufwändige Zäune aufwachsen                                                       in Kraxen auf den Berg getragen und        mende Trockenheit vor allem an Süd-         stabilität der Wälder und zu vermehr-     sind ein Schwerpunkt unserer Arbeit
    können muss wurde in einem wichtigen                                                     eingepflanzt, um dann im Jahr darauf       hängen, die zu einem Humusschwund           tem Brandrisiko führt.                    und auch unseren Mitgliedern wichtig!
    und bis heute gültigen Grundsatzurteil                                                   festzustellen, dass fast alles abgefres-
    vom 07.11.1996 vom Bayerischen Ver-                                                      sen worden war und die Arbeit damit
    waltungsgerichtshof in München und                                                       umsonst war.“ Die Anpassung der Jagd
    zuvor schon vom Bundesverwaltungs-                                                       war daher auch damals schon eine vor-
    gericht in Berlin im Fall Hinterstoißer                                                  dringliche Forderung.
    bestätigt. Diese Urteile sind auch heu-                                                  Im Laufe von 12 Jahren hat der Arbeits-
    te noch unter der Prämisse „Wald vor                                                     kreis 17.000 Jungbäume gepflanzt, z.B.
    Wild“ (nicht Wald ohne Wild!) gültig.                                                    am Hochfelln und am Schrecksattel.
                                                                                                                                                                                                                               Machen Sie Ihre Immobilie
    Sie hätten ohne die großen finanziel-                                                    1989 hat der Arbeitskreis dafür die Na-
                                                                                                                                                                                                                               klimafreundlich. Mit dem
    len Zuschüsse des Arbeitskreises Berg-             Baumpflanzung am Stubeckrücken 1996
                                                                                             turschutzmedaille des BN aus den Hän-                                                                                             Sparkassen-Klimakredit.
    wald der Kreisgruppe Traunstein nicht                                                    den von Hubert Weinzierl und Helmut
                                                                                                                                                                                                                               spk-ts.de/klimakredit
    erreicht werden können.                     Dieser Arbeitskreis bestand von 1986         Steininger erhalten.
                                                bis 1997 und hat sich intensiv für Ver-                                                                                                                                         * auf den Klimakredit als Variante des
                                                                                                                                                                                                                                S-Modernisierungskredites nach
                                                besserungen im Bergwald eingesetzt,          Mit einer großen Spende aus Glücks-                                                                                                erfolgter positiver Kreditprüfung.
                                                der damals in einem katastrophalen           spiel-Abgaben konnte der Arbeitskreis
                                                Zustand war. Verursacht durch Luftver-       in Schleching am sogenannten Stu-
                                                schmutzung und Wildverbiss kam es            beckrücken oberhalb der Wuhrsteinalm
                                                zu Waldschäden und Gefährdung von            die Wiederaufforstung eines Lawinen-
                                                Schutzwaldfunktionen.                        hanges mit 27.000 DM unterstützen.                                                                                                Weil’s um mehr als Geld geht.
                                                Viele großzügige Spenden konnten             Dort mussten unter der Leitung des
                                                nicht nur im Fall Hinterstoißer einge-       damaligen Forstamtsleiters Dr. Klaus
                                                setzt werden, sondern unter der Lei-
                                                tung von Klaus Herold und Dr. Renate
                                                                                             Thiele zur Sicherung der 1200 Jung-
                                                                                             bäume der Hang auch mit 225 Drei-              In die Zukunft
                                                Hänel wurden auch Samenernten von
                                                autochthonen Haupt- und Nebenbaum-
                                                                                             beinböcken verbaut werden. Die Zu-
                                                                                             sammenarbeit mit den Almbauern im              Ihres Eigenheims
                                                                                                                                            investieren.
                                                arten durchgeführt und es konnten            steilen Gelände war anstrengend, aber
                                                Jungpflanzen zur Aufforstung gekauft         hat auch viel Freude bereitet.
                                                werden.

8                                                                                                                                                                                                                                                                              9
                                              Leo Klotz mit Kraxe 1996
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Alpen                                                                                                                                                                                                                             Landschaftspflege

     Alpenschutz                                                                                                                                       Erhalt von Natur und Landschaft
     Der Geigelstein ist mit 1812m der                Landkreis wird von einem der wert-                                                               Unser Landkreis ist gesegnet mit einer großen Arten- und
     zweithöchste Berg im Chiemgau und                vollsten Rauhfußhühner-Lebensräume
     wird wegen seiner Artenvielfalt auch             am bayerisch-österreichischen Grenz-                                                             Biotopvielfalt, vielen Gewässern, Mooren und anderen
     der Blumenberg genannt.                          saum überlagert.
                                                      Die Kreisgruppe hat sich immer wie-                                                              wertvollen Lebensräumen.
     1975 beschloss die Regierung eine                der gegen einen übermäßigen Ausbau
     umfangreiche touristische Erschlies-             der Skianlagen ausgesprochen und ge-                                                             Der Schutz dieser Vielfalt gehört zu den     auch unsere Kreisgruppe ist hier seit        topflächen und knapp 10 ha Pachtflä-
     sung, die Skigebiete Schleching und              meinsam mit der „Aktionsgemeinschaft                    Plakat zum gewonnenen Bürgerentscheid    Kernaufgaben des BUND Naturschutz,           50 Jahren aktiv. Auf 16 ha eigenen Bio-      chen leisten wir regelmäßig Biotoppfle-

          Den überdimensionierten Ausbau der Talstation Seegatterl konnten wir leider nicht verhindern        Immer wieder: Kampf um den Alpenschutz              Schwenden in der Hollandau 2012                                                 Anlegen einer Benjeshecke mit Dr. Kneitz 2007

     Sachrang sollten mit einer Skischaukel           zum Schutz der Saalforste und des                  wandel. Aufgrund des enormen Wasser-                                                                                                    gemaßnahmen. Aber auch Fremdflä-
     verbunden werden und die Geigelstein-            Sonntagshornes“ gegen eine Skischau-               und Stromverbrauches von Schneeka-                                                                                                      chen werden von uns im Rahmen von
     bahn in Richtung Breitenstein weiter-            kel ins Heutal gekämpft. Der sogenann-             nonen und der auch künftig weiter stei-                                                                                                 Pflegeverträgen gepflegt.
     gebaut werden. Der BN sprach sich ge-            te „Bergwaldbeschluss“, der 1984 auch              genden Temperaturen im Winter wäre                                                                                                      Viele Arbeiten können durch den Land-
     meinsam mit der BI „Rettet den Geigel-           auf Betreiben von Alois Glück vom bay-             es sinnvoller, in naturverträgliche Alter-                                                                                              schaftspflegeverband übernommen
     stein“ massiv dagegen aus und forder-            erischen Landtag verabschiedet wur-                nativen zu investieren (wie z.B. die Er-                                                                                                werden, andere führen wir ehrenamt-
     te die Rückführung des Geigelsteines in          de, hat mit seinem Rodungsverbot für               folgskonzepte der „Bergsteigerdörfer“                                                                                                   lich mit unseren Mitgliedern durch.
     die Alpenplanzone C.                             neue Skitrassen wesentlich dazu beige-             zeigen), als Steuergelder zu verpulvern.                                                                                                Neben den Maßnahmen in einer Viel-
     Der Protest war letztendlich erfolgreich,        tragen, dass diese Skischaukel bis heu-            2013 ist die Bewerbung von Traunstein,                                                                                                  zahl von Mooren im ganzen Landkreis
     1991 wurden 3400 ha am Geigelstein               te nicht gebaut wurde.                             Garmisch-Partenkirchen, BGL und Mün-                                                                                                    kümmern wir uns auch um artenreiche
     unter Naturschutz gestellt.                                                                         chen für die olympischen Winterspiele                                                                                                   Trocken- und Magerrasen (z.B. am Gais-
     Auch im Naturschutzgebiet Östliche               Aktuell gilt es, den weiteren Ausbau               2022 in allen vier vor Ort ausgetrage-                                                                                                  berg bei Vachendorf) oder helfen beim
     Chiemgauer Alpen liegt im Bereich der            von Beschneiungsanlagen im Landkreis               nen Bürgerentscheiden gescheitert.                                                                                                      Almschwenden (z.B. Haidenholzalm
     Winklmoosalm ein wichtiges Winter-               zu verhindern, denn sowohl auf der                 Schon ein einziges erfolgreiches Votum                                                                                                  am Geigelstein), mähen Feuchtwiesen
     sportgebiet. Hier stoßen verschiede-             Winklmoos, als auch auf dem Untern-                hätte zum Erfolg gereicht. Im Landkreis                                                                                                 (z.B. am Tüttensee) oder helfen bei der
     ne Interessen hart aufeinander: Das              berg und in der Chiemgau-Arena wird                Traunstein haben sich fast 60% der Be-                                                                                                  Heckenpflanzung (z.B. in Tacherting)
     schneesicherste Gebiet in unserem                es eng für den Skitourismus im Klima-              völkerung dagegen ausgesprochen.                                                                                                        oder bei der Obstbaumpflanzung
                                                                                                                                                                                                          BN-Magerrasenfläche am Gaisberg 2021
10                                                                                                                                                                                                                                                                                                11
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Landwirtschaft                                                                                                                                                                                                       Landwirtschaft

                                                                                                                              • 2013 Ausstellung „Abgeerntet – wer        Landkreis wäre ohne den Landschafts-        die Kreisgruppe gemeinsam mit dem
                                                                                                                                regiert die Welt?“ mit Vorträgen von      pflegeverband kaum möglich.                 Landschaftspflegeverband und der
                                                                                                                                Prof. Dr. Hubert Weiger, Felix Prinz zu   Wir setzen uns auch weiterhin dafür         Stadt durchführt gehört zu unseren Be-
                                                                                                                                Löwenstein (BÖLW) und Lutz Ribbe          ein, dass Landschaftspflege ein loh-        mühungen, mit Vermarktungsmöglich-
                                                                                                                                (Euronatur)                               nendes Standbein für unsere Bauern          keiten für heimische Produkte nicht nur
                                                                                                                              • 2018 Gründung des Traunsteiner Er-        bleibt!                                     die Landwirtschaft zu stärken, sondern
                                                                                                                                nährungsrates                                                                         auch die Biodiversität und unser Land-
                                                                                                                              • 2022 Ausstellung zum Ökolandbau           Auch der seit 21 Jahren jährlich statt-     schaftsbild zu schützen.
                                                                                                                                des BN in Traunstein                      findende Apfelmarkt in Traunstein, den

     DER ERHALT
                                                                                                                              Auch für die Gründung des Land-
                                                                                                                              schaftspflegeverbandes im Jahr 2002
                                                                                                                              hatte sich die Kreisgruppe intensiv ein-

     UNSERER
                                                                                                                              gesetzt. Seit damals ist Beate Rutkow-
                                                                                                                              ski Mitglied im Vorstand, seit 2022 als
                                                                                                                              stellvertretende Vorsitzende. Die Zu-
                                                                                                                              sammenarbeit von Landwirten, Kom-

     LANDWIRTSCHAFT
                                                                                                                              munen und Naturschützern funktio-
                                                                                                                              niert sehr gut, Hunderttausende an
                                                                                                         Alpines Steinschaf
                                                                                                                              Fördergeldern sind inzwischen in den
                                                                                                                              Landkreis geflossen und an die Land-
                                                                                                                              wirte verteilt worden. Die Pflege unse-
     Das Thema Landwirtschaft     1987 gründete sich der AK Landwirt-            Information – Vernetzung – Zusammen-         rer Moore und Feuchtwiesen, die Mahd
                                  schaft unter dem Vorsitz von Erich Selz,       arbeit, das war uns wichtig, denn nur        von Trockenrasen und die Förderung
     war schon immer einer der    dem ehemaligen Leiter der Landwirt-            gemeinsam mit Verbrauchern, Landwir-         des Streuobstbestandes in unserem
                                                                                                                                                                                                                               Wir haben es satt - Demo Berlin 2020
                                  schaftsämter Traunstein und Mühldorf.          ten und Naturschützern können Kon-
            Schwerpunkte der      Ziel war die Förderung des ökologi-            zepte entwickelt werden:
                                  schen Landbaus und des neuen KU-
                   Kreisgruppe.   LAP-Programmes auch im Landkreis.              • 1994 Südbayerischer Naturschutztag
                                  Schon damals haben wir Vortragsreihen
                                  zum Ökolandbau organisiert in engem
                                                                                   im Sailerkeller in Traunstein. Themen
                                                                                   waren der Ökolandbau, die regiona-
                                                                                                                              Unser Beitrag zum Streuobstpakt:
                                  Zusammenschluss mit den Biobauern
                                  der ersten Stunde wie Hans Urbauer,
                                                                                   le Vermarktung und der Trinkwasser-
                                                                                   schutz                                     Der Traunsteiner Apfelmarkt
                                  Hans Glück oder Hans Dandl. Die ersten         • 1995 Vortragsreihe „Bauer bleiben –
                                  Biobauernmärkte im Landkreis wurden              aber wie?“ gemeinsam mit dem Amt
                                  ebenfalls vom BN Traunstein initiiert.           für Landwirtschaft                         Seit 21 Jahren gibt es nun schon den        geverband der erste Traunsteiner Apfel-
                                                                                 • 1999 Vortrag „Essen wie Gott im            Traunsteiner Apfelmarkt. Im Jahr 2002       markt durchgeführt. Damals wie heute
                                                                                   Chiemgau“                                  wurde gemeinsam mit der Agenda21-Ar-        war das Ziel, eine Vermarktungsstruktur
                                                                                 • 2001 Erstellung eines Bio-Einkaufs-        beitsgruppe der Stadt Traunstein und        für Streuobstanbieter zu schaffen und
                                                                                   führers für den Landkreis                  dem neu gegründeten Landschaftspfle-        damit die damals rasant abnehmenden
                                                                                 • 2002 Podiumsdiskussion: „Agrar-                                                        Streuobstwiesen für das Landschafts-       von Obstwiesen und die Vermarktung
                                                                                   wende – Chance für Bayerns Land-                                                       bild und die Biodiversität zu erhalten.    des Obstes vorantreiben, aber auch die
                                                                                   wirtschaft“                                                                                                                       Biosammelzertifizierung von Obst wei-
                                                                                 • 2011 Gründung des Agrarbündnis                                                         Inzwischen liegen auch Kartierungen        terführen.
                                                                                   BGL/TS gemeinsam mit AbL, Forum                                                        von alten und sehr seltenen Obstsorten     Alle Landwirte, die ihre Obstwiesen ex-
                                                                                   Ökologie, Imkerverbänden, BDM und                                                      vor, diese weiter zu vermehren und da-     tensiv pflegen und nicht mit Kunstdün-
                                                                                   kirchlichen Gruppen                                                                    mit vor dem endgültigen Aussterben zu      ger und Spritzmitteln behandeln, sollen
                                                                                 • 2012 Vorstellung des Weltagrarbe-                                                      bewahren, ist für uns ebenfalls wichtig.   auch einen höheren Preis für ihr zertifi-
                                                                                   richtes durch Benedikt Haerlin                                                         Gemeinsam mit dem LPV wollen wir zur       ziertes Bio-Obst erhalten.
                                                                                 • Seit 2012 Teilnahme an der jährlichen                                                  Umsetzung des Streuobstpaktes Bay-
                                                                                   Demo „Wir haben es satt“ in Berlin                                                     ern beitragen und die Neupflanzung

                                        Artenreiche Wiesen müssen wir erhalten
12                                                                                                                                                                                                                                                                    13
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Moorschutz                                                                                                                                                                                                                             Moorschutz

                                                                                                          unwiederbringlich verloren. Zwar hatte              cken im Rißflarkgebiet vermittelt und      wirtschaftsminister Reinhold Bocklet       lich auflösen – wegen vollständigen
                                                                                                          der Vorsitzende Fritz Lindenberg schon              uns bei der vom uns erarbeiteten Jubi-     auf unserem Holzlagerplatz am Riß-         Erfolgs. Welchem BI-Vorsitzenden pas-
                                                                                                          1973 einen Antrag auf Unterschutzstel-              läumssausstellung im Torfbahnhof im        flark-Graben begrüßen konnten, wuss-       siert das schon?
                                                                                                          lung bei der Regierung von Oberbayern               Jahr 2011 unterstützt.                     ten wir endgültig, dass wir jetzt keine
                                                                                                          eingebracht, dieser wurde von der Be-                                                          Außenseiter und Störenfriede mehr wa-      Moorschutz – wichtiger denn je!
                                                                                                          hörde freilich nicht verfolgt.                      Nach unserem Grundstückserwerb hat         ren, sondern zum Mainstream gehörten
                                                                                                          Aber der barbarische Eingriff mobilisier-           es noch acht Jahre gedauert, bis wir –     - jedenfalls was die Moore anlangte.       In den Kendlmühlfilzen besitzen wir in-
                                                                                                          te einen breiten Widerstand: Nur eini-              gegen den heftigsten Widerstand der                                                   zwischen ein weiteres Grundstück. Wir
                                                                                                          ge Monate nach dem Eingriff von Sa-                 Filznbauern – im Oktober 1995 den ers-     Der Bund Naturschutz konnte jetzt auf      hoffen, dass auch hier künftig Wieder-
                                                                                                          men-Maier wurde die Bürgerinitiative                ten Damm im Rißflark-Graben errichten      seinen Grundstücken, und bald auch         vernässungsmaßnahmen möglich sind.
                                                                                                          „Rettet die Kendlmühlfilzen“ gegrün-                konnten, natürlich in reiner Handarbeit.   auf den benachbarten Haupt- und            Da Moore nicht nur seltene Arten be-
                                                                                                          det, die alsbald gemeinsam mit der                  Aber so allmählich erkannte auch die       Schlitzgräben mit über siebzig kleinen     heimaten und Wasserspeicher für Tro-
                                                                                                          Kreisgruppe eine rege Tätigkeit entfal-             Politik die Bedeutung der Moore für die    Bauwerken verschließen. Wir haben          ckenzeiten und bei Starkregenereignis-
                                                                                                          tete: Es wurden moorkundliche Fach-                 Landeskultur: 1996 und 1997 wurden         uns sehr darüber gefreut, dass wir zu      sen darstellen, sondern auch als Koh-
                                                                                                          kenntnisse erarbeitet, es wurde ein                 auf Antrag des Landkreises Traunstein      den Arbeiten viele Schulklassen und Ju-    lenstoffsenken eine wichtige Rolle im
                                                                                                          umfangreicher Schriftverkehr mit den                unter Landrat Jakob Strobl die südli-      gendgruppen  begrüßen konnten. Eine        Klimaschutz spielen ist der Moorschutz
     Eröffnung des LIFE-Projektes zur Renaturierung der Kendlmühlfilzen durch Landrat Jakob Strobl 1996
                                                                                                          Behörden geführt, für die spätere Un-               chen Chiemseemoore und damit auch          besondere Rolle hat dabei Dr. Sepp         schon immer eine zentrale Aufgabe für
                                                                                                          terschutzstellung wichtige Gutachten                die Kendlmühlfilzen in zwei aufeinan-      Heringer gespielt, der stellvertretende    uns, nicht nur in den Kendlmühlfilzen.

     DER KAMPF                                                                                            wurden beauftragt, eine vielbeachtete
                                                                                                          Moorkonferenz und eine Moorausstel-
                                                                                                          lung wurden organisiert und über Pres-
                                                                                                                                                              derfolgende LIFE-Projekte der EU auf-
                                                                                                                                                              genommen.
                                                                                                                                                              Jetzt standen gewaltige Finanzmittel zur
                                                                                                                                                                                                         Leiter der Laufener Akademie für Natur-
                                                                                                                                                                                                         schutz und Landschaftspflege und zu-
                                                                                                                                                                                                         gleich Pfadfinderführer. Mit ihm zusam-
                                                                                                                                                                                                                                                    Wir waren bei Renaturierungen im Öd-
                                                                                                                                                                                                                                                    moos, im Diesenbachtal, in den Burg-
                                                                                                                                                                                                                                                    hamer Filzen, in der Pechschnait, in den

     UM DIE KENDLMÜHLFILZEN                                                                               se, Rundfunk und Fernsehen wurde das
                                                                                                          Thema „Moorrenaturierung“ überall in
                                                                                                          Deutschland bekannt gemacht.
                                                                                                                                                              Verfügung und die Wiedervernässung
                                                                                                                                                              konnte in großem Stil angegangen wer-
                                                                                                                                                              den. Mit großer Freude konnten wir se-
                                                                                                                                                                                                         men organisierten wir in drei aufein-
                                                                                                                                                                                                         anderfolgenden Jahren Arbeitswochen
                                                                                                                                                                                                         mit polnischen, ungarischen und fran-
                                                                                                                                                                                                                                                    Kalkquellmooren am Waginger See, im
                                                                                                                                                                                                                                                    Weitmoos bei Grabenstätt, im Schwarzl-
                                                                                                                                                                                                                                                    moos bei Chieming, in den Inzeller Fil-
                                                                                                                                                              hen, wie riesige Baumstämme, die als       zösischen Pfadfindern. Und die Lau-        zen, im Grabenstätter Moos, im Mörn-
       Das war ein dramatischer                        Der Frästorfabbau hatte begonnen. Ein              Es dauerte trotzdem bis 1991, bis die               Stützpfähle für die großen Querbauten      fener Pfadfinder waren natürlich auch      tal, im Pavoldinger Moos, an der Ischler
                                                       beispielloser Frevel in einem der größ-            ganzen Kendlmühlfilzen unter Natur-                 dienen sollten, mit dem Hubschrauber       stets dabei.                               Achen und an vielen anderen Orten ak-
      Moment in der Geschichte                         ten und wertvollsten bayrischen Hoch-              schutz gestellt wurden.  Zum Urgestein              eingeflogen wurden. Und mit einigem        Große Verdienste bei der Organisation      tiv. Für 2023 planen wir neben unseren
                                                       moore – und ein widerrechtlicher Akt.              der Bürgerinitiative gehörte der Gras-              Schmunzeln stellten wir fest, dass der-    der Arbeit und der Betreuung der Ju-       regelmäßigen Renaturierungs- und Pfle-
               unserer Kreisgruppe:                    Eine behördliche Genehmigung lag                   sauer Claus-Dieter Hotz. Er hat 1976                selbe Maschinenführer, der seinerzeit      gendlichen hat sich unser Mitglied Karl    gemaßnahmen auch Aktionen mit der
                                                       nicht vor. Erst während des Abbaus wur-            die Gründungsversammlung der BI ge-                 für Samen-Maier die oberste Pflanzen-      Heinz Dobel erworben, der zugleich         Ortsgruppe Seeon und im Grabenstät-
      Am 14. April 1976 rückten                        de das zerstörerische Werk nachträglich            leitet und die erste Moorausstellung                decke abgefräst hatte, nun mit dem         der letzte Vorsitzende der Bürgerinitia-   ter Moos.
                                                       schrittweise legalisiert. Letztendlich             organisiert. Für den Bund Naturschutz               Bagger Gräben verfüllte. Als wir im        tive „Rettet die Kendlmühlfilzen“ war.
             die Baumaschinen der                      waren dreißig Hektar Hochmoorfläche                hat er den Ankauf von zwei Grundstü-                Frühjahr 1997 den bayerischen Land-        Die Bürgerinitiative konnte er schließ-    Hermann Eschenbeck †

       Firma Samen-Maier in die
         Kendlmühlfilzen ein und
            räumten innerhalb von
             zwei Wochen auf einer
         Fläche von 16 Hektar die
                    Pflanzendecke ab.

14                                                                                    Renaturierung in den 90er Jahren mit Karl-Heinz Dobel (3. von rechts)                                                                                                                   Kendlmühlfilzen   15
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Moorschutz                                                                                                                                                                                                          Moorschutz

                                                                                                                                und dann sahen wir auch Überreste von      sich. Nach einem Jahr mietete Dr. Kneitz    es ein schon fast magischer Ort, an dem
                                                                                                                                Entwässerungsgräben. Später fanden         aus eigenen Mitteln eine mobile Seil-       man die Natur in ihrer Vielfalt erkennen
                                                                                                                                wir heraus, dass diese von Kriegsge-       bahnanlage, mit der wir die Stämme          und genießen kann. Und es ist ein ge-
                                                                                                                                fangenen des ersten Weltkriegs so um       leichter rausholen konnten. Diese wur-      lungenes Projekt der Zusammenarbeit
                                                                                                                                1917 angelegt wurden. Somit war uns        den dann abtransportiert und verkauft.      zwischen dem BUND Naturschutz und
                                                                                                                                klar, dass hier auf einem ca. 15 Hektar    Der Erlös ging natürlich an die Bayeri-     den Bayerischen Staatsforsten. Was
                                                                                                                                großem Gebiet ursprünglich ein Moor        schen Forsten. Nach etwa drei Jahren        waren hier die Erfolgskriterien?
                                                                                                                                gewesen sein musste.                       waren wir damit fertig.
                                                                                                                                Dr. Wolfgang Kneitz vom BUND Natur-        Der Zweite Schritte war der Aufstau der     KF:
                                                                                                                                schutz, der von Anfang an dabei war,       Gräben. Wir haben über 80 Absper-           Zum Ersten wussten wir alle, dass wir
                                                                                                                                wie auch Hermann Eschenbeck, der da-       rungen anbringen müssen, links und          das Richtige tun. Das ist sehr motivie-
                                                                                                                                malige Leiter der BN Kreisgruppe haben     rechts ein Pfahl, mit Brettern verbunden    rend. Artenvielfalt, Wasserspeicherung,
                                                                                                                                die Untersuchungen vorangetrieben          und mit Torf abgedichtet. Maximal fünf      CO2 Bindung – und somit den Klima-
                                                                                                                                und 1988 haben wir auf lokaler Ebene       von diesen Absperrungen konnte ein          wandel zu bekämpfen, heute wissen
                                                                                                                                den Entschluss gefasst, das Ödmoos zu      Freiwilliger am Tag anbringen. Dies hat     wir mehr denn je, wie wichtig Moo-
                                                                                                                                renaturieren.                              wiederum so circa drei Jahre gedauert.      re sind. Es ist schon fast unglaublich,
                         Dammbau 2004                                                                 Dammbau Ödmoos 1999                                                  Nach circa zwei Jahren kamen die ers-       dass heute noch Gräben auch bei uns
                                                                                                                                BN:                                        ten moorspezifischen Pflanzen zurück.       im Chiemgau zur Entwässerung von

     Das Ödmoos                                                                                                                 Wie muss man sich das vorstellen, so
                                                                                                                                eine Moorrenaturierung?
                                                                                                                                                                           Sonnentau, Wollgras, Moosbeeren. In
                                                                                                                                                                           den Gräben bildeten sich Torfmoose,
                                                                                                                                                                           wie grüne Teppiche. Torfmoos ist über-
                                                                                                                                                                                                                       Mooren gezogen oder vertieft werden.
                                                                                                                                                                                                                       Zum Zweiten ist der Erfolg großer Pro-
                                                                                                                                                                                                                       jekte immer auch abhängig von den be-
     eine Erfolgsgeschichte für den Moorschutz                                                                                  KF:
                                                                                                                                Da ist zum einen die rechtliche Frage,
                                                                                                                                                                           haupt die Basis für ein intaktes Moor.
                                                                                                                                                                           Der dritte Schritt der Moorrenaturierung
                                                                                                                                                                                                                       teiligten Personen, die zur richtigen Zeit
                                                                                                                                                                                                                       am richtigen Ort waren. Hier möchte ich
                                                                                                                                wem gehört das Gebiet und dürfen wir       dauert bis heute an: Das regelmäßige        besonders Herrn Wolfgang Kneitz und
                                                                                                                                das überhaupt. Das Ödmoos gehört zu        Entfernen von jungen Trieben, die auf       Herrn Hermann Eschenbeck erwähnen.
        Viele Moore wurden im           Heute sind zumindest die meisten           KF:                                          den Bayerischen Staatsforsten und ich      der großen Fläche aufgehen und zur er-      Ihre Ideen, ihre tatkräftige Unterstüt-
                                        Hochmoore geschützt und gefördert,         Ich war damals Revierleiter am Forstamt      hatte als zuständiger Revierleiter eine    neuten Verwaldung des Moores führen         zung, ihre Organisation, auch von frei-
       Verlauf der letzten Jahr-        als CO2 Speicher im Kampf gegen den        Traunstein. Es war eine Zeit, als die von    gewisse Entscheidungsfreiheit. Ich         würden. Hier haben wir das Ödmoos in        willigen Helfern, waren für den Erfolg
                                        Klimawandel, als Wasserspeicher und        Menschen verursachten Umweltschä-            möchte aber hinzufügen, dass damals        Abschnitte gegliedert und in jedem Jahr     des Projektes unentbehrlich.
      hunderte entwässert und           als wichtiges Biotop zum Erhalt der Ar-    den zum ersten Mal mehr ins Zentrum          die Unterstützung meiner Vorgesetz-        wird ein Abschnitt von Freiwilligen – da-   Heute dient das Ödmoos auch vielen
                                        tenvielfalt. Kann man Moore renatu-        der Berichterstattung gerückt sind.          ten sehr begrenzt war, ich war der grü-    runter auch vielen Schülern – gepflegt,     Schulklassen als Vorzeigeprojekt für
       für Land- und Forstwirt-         rieren? Wie fängt man sowas an? Wie        Waldsterben und die Rote Liste gefähr-       ne Spinner, der den „Schmarrn“ doch        indem ein großer Teil der jungen Bäume      eine gelungene Moorrenaturierung.
                                        gelingt das? Interview mit Karl Fischer,   deter Tiere und Pflanzen waren schon         besser sein lassen sollte. Das haben wir   entfernt wird.
      schaft, wie auch für Sied-        ehemaliger Revierleiter des Forstamtes     damals in vielen Schlagzeilen der Zei-       aber nicht.                                                                            BN:
                                        Traunstein und stellv. Kreisvorsitzender   tungen und dies war auch für mich ein                                                   BN:                                         Vielen Dank für das Gespräch.
      lungen und Infrastruktur          zur Renaturierung des Ödmoos.              wichtiges Thema geworden.                    BN:                                        Heute ist das Ödmoos ein Vorzeigepro-
                                                                                                                                Wie ging es dann los?                      jekt der Moorrenaturierung mit Schutz-      Interview mit Karl Fischer durch Ulrich
     genutzt. Viele sind für im-        BN:                                        BN:                                                                                     status auch seitens der EU. Für mich ist    Penzkofer (BN)
                                        Wer heute ins Ödmoos nördlich von          Wie haben sie erkannt, dass an der           KF:
           mer verschwunden.            Traunstein geht, findet ein intaktes       Stelle des dichten Fichtenwaldes ur-         Der erste und sehr mühsame Schritt war
                                        Moor vor, mit vielen geschützten Pflan-    sprünglich ein Moor war?                     das Fällen des Fichtenwaldes. Der Ein-
                                        zen, mit Schmetterlingen und mit Libel-                                                 satz großer Maschinen kam hier nicht
                                        len, ein wunderbares Stück Natur. Mit-     KF:                                          in Frage, da der Boden zu weich war.
                                        te der 1980 Jahre war am gleichen Ort      Nun zum einen lässt ja schon der Name        Mitarbeiter des Forstes haben die Fich-
                                        ein dichter Fichtenwald, so dicht, dass    Ödmoos vermuten, dass hier mal ein           ten gefällt, damit niemand zu Schaden
                                        kaum Licht für andere Pflanzen durch-      Moor gewesen sein könnte. Dann liegt         kommt, und freiwillige Helfer vom BUND
                                        drang. Der Boden war braun und tro-        das Ödmoos im Verhältnis zur angren-         Naturschutz haben die Stämme hän-
                                        cken. Herr Fischer, wie ist es zu dieser   zenden Landschaft relativ niedrig, weiter-   disch und später mit einer Seilwinde he-
                                        schon fast unglaublichen Verwandlung       hin deutete der überaus dichte Fichten-      rausgezogen, in ihrer Freizeit, am Wo-
                                        gekommen, und welche Rolle spielten        wald auf hohes Wasseraufkommen hin,          chenende, im Urlaub - eine Knochenar-
                                        Sie dabei?                                 da Fichten sehr viel Wasser brauchen,        beit. Diese ging nur sehr langsam vor

16                                                                                                                                                                                                                       Handarbeit bei der Holzentnahme im Ödmoos   17
Zeitschrift der Kreisgruppe Traunstein, 2023 traunstein.bund-naturschutz.de
Artenschutz                                                                                                                                                                                                                            Artenschutz

     UNSERE AMPHIBIEN                                                                                                                                            2010 wurde im Auftrag des Straßen-
                                                                                                                                                                 bauamtes eine Studie zu den Wander-
                                                                                                                                                                 wegen dort durchgeführt. Dutzende
                                                                                                                                                                 von Helfern des BN haben Hunderte
                                                                                                                                                                 von Stunden mehrere Wochen lang bis
     Der wasserreiche Voralpenraum beheimatet viele                                                                                                              tief in die Nacht Amphibien gezählt. Da-
                                                                                                                                                                 mals hatten wir die Hoffnung, dass bald
     Vorkommen heimischer Amphibienarten. 11 Amphibien-                                                                                                          Tunnelanlagen gebaut werden könnten.
                                                                                                                                                                 Doch dann wurde das Projekt gekippt –
     arten gibt es bei uns: Erdkröte, Grasfrosch, Laubfrosch,                                                                                                    bis heute wird lediglich in einigen Näch-
                                                                                                                                                                 ten im Frühjahr die Straße gesperrt, für
     Springfrosch, Grünfrösche, Bergmolch, Kammmolch,                                                                                                            die übrigen Wanderungen über das Jahr
                                                                                                                                                                 bietet das keinen Schutz. Wir befürch-
     Teichmolch, Feuersalamander, Alpensalamander und                                                                                                            ten, dass die Population seit damals
                                                                                                            Feuersalamander
                                                                                                            Feuersalamander leben in feuchten Laub- und
                                                                                                                                                                 schon erheblich zurückgegangen ist,
     Gelbbauchunke.                                                                                         Mischwäldern und können bis zu 20 Jahre alt wer-     neuere Zahlen gibt es leider nicht.
                                                                                                            den. Die Weibchen setzen die Larven in kleine
                                                                                                                                                                                                                                                 Schüler am Amphibienzaun in Seeon
                                                                                                            Kolke von Waldbächen ab, die sie nach etwa vier
     Amphibien wandern das ganze Jahr: Im                 massenhafte Wanderung der Jungfrö-                Monaten als adulte Tiere verlassen. Da die Tie-
                                                                                                                                                                 Für die ganzjährigen Aktivitäten der                                            Erdkröten, Frösche und Molche machen sich im
     Frühjahr zu den Laichplätzen, von dort               sche (Hüpferlinge), während des ganzen                                                                 Tiere sind temporäre Zäune für einige                                           Frühling nach Ende des Frostes auf Wanderschaft.
                                                                                                            re auch nachts unterwegs sind, werden sie z.B.
                                                                                                                                                                                                                                                 Insbesondere während dieser Wanderungen er-
     zu den Sommerquartieren und im Herbst                Jahres kommt es also zu einer Gefähr-             im Bergwald häufig auf den Wegen überfahren,         Wochen im Frühjahr keinesfalls ausrei-                                          fahren Erdkröten und andere Amphibien häufig
                                                                                                            wenn Mountainbiker mit Stirnlampen unterwegs
     in die Winterquartiere. Dazu kommt die               dung vor allem durch den Straßenver-              sind.                                                chend, auch nicht das zeitweise Sper-                                           Verluste durch den Straßenverkehr. Unsere Orts-
                                                                                                                                                                                                                                                 gruppen betreuen unsere Amphibienzäune an
                                                                                                                                                                 ren von Straßen. Leiteinrichtungen mit
                                                                                                                                                                                                                                                 stark befahrenen Straßen mit vielen Ehrenamtli-
                                                                                                                                                                 Tunnelanlagen sind die einzige dauer-                                           chen. Besonders freut es uns, wenn auch Schü-
                                                                                                                                                                 hafte Lösung zur Biotopvernetzung von                                           ler*innen mit dabei sind.
                                                                                                                                                                 Sommer- und Winterlebensräumen, da-
                                                                                                                                                                 für werden wir auch am Weitsee weiter
                                                                                                                                                                 kämpfen.

                                                                                                                                                                 Im Jahr 2022 haben wir acht Amphi-
                                                                                                                                                                 bienübergänge in Marquartstein, Va-
                                                                                                                                                                 chendorf, Seeon, Hart, Traunreut,
                                                                                                                                                                 Kirchanschöring, Schnaitsee und Eisen-
                                                                                                                                                                 ärzt betreut und auch in 2023 werden
                                                                                                                                                                 wir wieder aktiv sein.
                                                                                                                                                                                                             Krötenpaar - für diesmal gerettet   Erdkrötenpaar
                                                                                                                                                                                                                                                 Vielfach trifft man bei der Krötenwanderung auch
                                                                                                                                                                                                                                                 auf bereits verkuppelte Krötenpaare, bei denen
                                                                                                                                                                                                                                                 sich das Männchen huckepack zum Gewässer tra-
                                                                                                                                                                                                                                                 gen lässt. Diese Paare sind besonders langsam
                                                                                                                                                                                                                                                 und werden leicht Opfer des Straßenverkehrs.
                                                          Grünfrosch Zu den Grünfröschen gehören der        Grasfrosch                                                                                                                           Dauerhafte Amphibientunnel wie in Klaus bei
                                                          Seefrosch, der kleine Wasserfrosch und als Hyb-   Der Grasfrosch war früher eine sehr häufige und                                                                                      Bergen und am Froschsee sind daher die einzige
                                                          ride der Teichfrosch.                             ungefährdete Art, heute steht er auf der Vorwarn-                                                                                    wirksame Möglichkeit einer Biotopvernetzung,
                                                                                                            stufe der Roten Liste. Diese Tiere haben eine sehr                                                                                   auch für die Jungtiere.
                                                                                                            hohe Vermehrungsrate, denn sie sind wichtige
                                                          kehr. Seit Jahrzehnten betreuen wir da-           Nahrung für Dachs, Fuchs, Iltis, Spitzmaus, Igel,
                                                          her Amphibienübergänge im Landkreis.              Ringelnatter, Laufkäfer, Fische und über 20 Vogel-
                                                                                                                                                                                                                                                 Froschlaich
                                                          In Klaus bei Bergen und am Froschsee              arten. Nur etwa drei Prozent eines Laichballens
                                                                                                                                                                                                                                                 Die Zerstörung oder Beeinträchtigung von Gewäs-
                                                                                                            entwickeln sich zu adulten Fröschen.
                                                          wurden in der Zwischenzeit auf jahrelan-                                                                                                                                               sern durch Zuschüttung oder Eintrag von Müll,
                                                                                                            Austrocknende Gewässer, der Einsatz von Spritz-
                                                                                                                                                                                                                                                 Dünger und Umweltgiften gefährden die Bestän-
                                                          ges Drängen des BN Leiteinrichtungen              und Düngemitteln und die zunehmende Zer-
                                                                                                                                                                                                                                                 de aller heimischen Amphibienarten.
                                                                                                            schneidung der Wanderwege führen zu einem
                                                          gebaut, aber der größte Übergang mit                                                                                                                                                   Besonders betroffen sind die Laichballen und
                                                                                                            Rückgang und damit zu einem Problem für die
                                                          über 50.000 Tieren jährlich im Dreiseen-                                                                                                                                               -schnüre von der zunehmenden Trockenheit, die
     Alpensalamander Der Alpensalamander kommt                                                              auf diese Beute angewiesenen Tierarten.
                                                                                                                                                                                                                                                 manche Laichgewässer austrocknen lässt, bevor
     auch in unserem Landkreis in der alpinen Region      gebiet zwischen Weitsee und Lödensee                                                                                                                                                   die Jungtiere voll entwickelt sind. Wasserrückhalt
     vor. Er ist vor allem an Regentagen zu finden oder   hat immer noch keine Leiteinrichtungen.                                                                                                                                                in der Fläche ist darum die Grundvoraussetzung
     frühmorgens, wenn die Vegtation noch feucht ist.                                                                                                                                                                                            für das Überleben unserer Amphibien.
18                                                                                                                                                                                                                                                                                                    19
Salzach                                                                                                                                                                                                              Salzach

                                                                                                                                   tel aller bayerischer Tier- und Pflanzen-    lich geplanten Querbauwerke zur Sohl-         BN:
                                                                                                                                   arten vorkommen, und den es in Bayern        stabilisierung gänzlich verzichtet wer-       Wie stehen denn die Bürger der Anlie-

     Keine
                                                                                                                                   kaum noch gibt, da sie größtenteils den      den kann, auf denen man Kraftwerke            gergemeinden zu dem Vorhaben?
                                                                                                                                   Flussregulierungen und der Wasser-           hätte errichten können.
                                                                                                                                   kraftnutzung zum Opfer gefallen sind.                                                      IE
                                                                                                                                   Der kaum vorhandene wirtschaftliche          BN:                                           Es ist interessant, dass in den Städten,

     Wasserkraft
                                                                                                                                   Nutzen steht bei der geplanten Was-          Nun war Söder auf der Brücke von Titt-        in denen die Salzach noch als Fluss
                                                                                                                                   serkraftnutzung an der Salzach in kei-       moning und die Diskussion geht wie-           wahrnehmbar ist, wie zum Beispiel in
                                                                                                                                   nerlei Verhältnis zu den hohen Investi-      der von vorne los.                            Salzburg und in Burghausen, die Bür-
                                                                                                                                   tionskosten und der Naturzerstörung.                                                       ger und die lokalen Entscheider mehr-
                                                                                                                                                                                IE:                                           heitlich für den Schutz der Salzach und

     an der Salzach
                                                                                                                                   BN:                                          Ja, und wir stellen uns natürlich erneut      gegen Kraftwerke eintreten. Wo aber
                                                                                                                                   Wie wollen Sie nun gegen die Planun-         dieser Diskussion, denn unsere stich-         der Fluss aus dem Blickfeld verschwin-
                                                                                                                                   gen vorgehen?                                haltigen Argumente gelten nach wie            det wie z. B. in Tittmoning oder Fridol-
                                                                                                                                                                                vor. Wir planen Aktionen und Diskus-          fing, können sich offenbar die Leute
                                                                                                                                   IE:                                          sionsrunden und wie jedes Jahr im             kaum vorstellen, wie wichtig eine rena-
                                                                                                                                   Wir kämpfen im BN Traunstein als Teil        Sommer am 15. Juli unsere Veranstal-          turierte Salzach wieder für Mensch und
                                                                                                                                   der Aktionsgemeinschaft ALS. Dieser          tung an der Plättenlände in Tittmoning        Natur werden kann.
     Seit 1987 engagiert sich der BUND        IE:                                        und Österreich teilen, entspricht etwa    Verein wurde schon 1987 von insgesamt        und eine Demo in Burghausen. Dieses
                                              Für uns ist völlig klar, dass Markus Sö-   0,016 % des bayerischen Strombe-          30 österreichischen und deutschen Or-        Jahr wollen wir am 15. Juli die Bürger        BN:
     Naturschutz im Rahmen der Aktions-
                                              der damit von den jahrzehntelangen         darfs. Dieser könnte schon mit ein paar   ganisationen gegründet. Unser früherer       von unserem Anliegen überzeugen, ge-          Zum Schluss, wie sieht Ihre Vision für
     gemeinschaft Lebensraum Salzach          Versäumnissen bezüglich der Förde-         Windrädern abgedeckt werden, die we-      Ortsgruppenvorsitzender Dr. Jakob Wag-       rade auch vor der Landtagswahl.               die Salzach aus?
     (ALS) für die Verbesserung der Was-      rung von Solarenergie und insbesonde-      sentlich kostengünstiger sind als das     ner war Gründungsmitglied und ist heu-
     serqualität der Salzach, für eine mög-   re Windkraft ablenken will. Für die All-   geplante Investitionsvolumen von 60       te noch einer der vier Sprecher der ALS.     BN:                                           IE:
     lichst naturnahe Sanierung des Fluss-    gemeinheit ist dies ein Millionengrab,     Millionen Euro für das Salzach-Kraft-     Ihrer großen Anzahl an Mitgliedern und       Würden Sie gegebenenfalls gegen den           Der BUND Naturschutz will gemeinsam
                                              das keinen nennenswerten Beitrag zur       werk, auf das wir zudem noch viele Jah-   somit ihrer politischen Schlagkraft, ih-     Bau von Kraftwerken vor Gericht zie-          mit der ALS erreichen, dass die Unte-
     bettes durch Aufweitung und gegen
                                              Energiewende in Bayern und zudem           re warten müssten.                        rem Sachverstand und den von der ALS         hen?                                          re Salzach, die vor mehr als 200 Jahren
     den Bau von Wasserkraftwerken, der       eine massive Schädigung des Ökosys-                                                  in Auftrag gegebenen Gutachten ist es zu                                                   recht brutal kanalisiert wurde - damals
     den Lebensraum des mit fast 60 Kilo-     tems bedeuten würde. Die Argumente         BN:                                       verdanken, dass insbesondere bei den         IE:                                           als Markierung der Grenze zwischen
     meter längsten frei fließenden Flus-     gegen den Bau von Kraftwerken an der       Was würden Wasserkraftwerke nun für       politischen Entscheidungsträgern in Ös-      Wenn es zu einem entsprechenden Be-           Bayern und Österreich -, dass dieser
                                              Salzach sind seit Jahren bekannt. Auch     den Lebensraum Salzach bedeuten?          terreich ein Umdenken begonnen hat zu-       schluss kommen sollte, werden wir             Fluss auf ganzer Länge wieder ein Na-
     sabschnitts nördlich der Alpen stark
                                              innerhalb der CSU werden die Kraftwer-                                               gunsten der naturnahen Sanierung der         auf jeden Fall eine Klage prüfen. Die         turparadies wird mit Auenlandschaften
     beeinträchtigen würde. Interview mit     ke keineswegs von allen unterstützt. So    IE:                                       Salzach. Dort wurden gerade wieder vie-      Salzach steht nach deutschem, öster-          voller Leben – natürlich auch zum Wohl
     Diplombiologin Ilse Englmaier, Vor-      haben sich der Generalsekretär Martin      Das Aufstauen der Salzach würde das       le Hektar Flussaue in der Antheringer Au     reichischem und europäischem Recht            der Menschen. Dafür kämpfen wir.
     sitzende der BN-Ortsgruppe Tittmo-       Huber und der Landrat von Altötting, Er-   Ökosystem des Fließgewässers erheb-       gekauft, um sie zu renaturieren.             unter strengem Naturschutz. Hier be-
                                              win Schneider, klar gegen Wasserkraft-     lich schädigen und an den Turbinen        Die Wasserqualität hat sich seit den acht-   steht das „Verschlechterungsverbot“,          BN:
     ning-Fridolfing.
                                              werke an der Salzach ausgesprochen.        der Kraftwerke würden viele Fische ge-    ziger Jahren drastisch verbessert. Auf ös-   das heißt, Projekte, die das Schutzge-        Frau Englmaier, ich danke für das Ge-
                                                                                         tötet werden. Fischtreppen helfen nur     terreichischer, aber nun auch auf deut-      biet oder auch nur Teile davon schädi-        spräch
     BN:                                      BN:                                        bei Wanderungen flussaufwärts, aber       scher Seite sind Uferaufweitungen unter-     gen können, sind verboten. Das müs-
     Im Oktober 2022 stand Ministerpräsi-     Was spricht denn wirtschaftlich gegen      nicht flussabwärts. Oberhalb der Kraft-   halb der Tittmoninger Brücke im Gang.        sen wir gegebenenfalls vor Gericht            Interview durch Ulrich Penzkofer (BN)
     dent Markus Söder auf der Tittmonin-     den Bau von Wasserkraftwerken an der       werke käme es zur Verschlammung der       Hier werden Abschnitt für Abschnitt die      durchfechten.
     ger Salzachbrücke und verkündete sei-    Salzach?                                   Laichplätze durch die Sedimentablage-     Steine der Uferverbauung entfernt, so
     ne volle Unterstützung für den Bau ei-                                              rungen aufgrund der stark verringerten    dass sich die Salzach auf die doppelte
     nes Wasserkraftwerks an der Salzach.     IE:                                        Strömung. Es ist zu befürchten, dass      Breite ausbreiten kann, wichtige Bioto-
     Schon seit 2016 gibt es zur Wasser-      Zum einen führt die Salzach über Mona-     die Bestände der ohnehin gefährdeten      pe entstehen und der Fluss für die Men-
     kraftnutzung an der Unteren Salzach      te zu wenig Wasser und hat überdies ein    Fischarten Äsche, Huchen und Nase         schen wieder ein attraktiver Ort zur Er-
     einen Kabinettsbeschluss der bayeri-     zu geringes Gefälle, um hier nennens-      dann noch weiter zurückgehen.             holung werden kann. Der Bau von Kraft-
     schen Staatsregierung, der bisher noch   wert und profitabel Energie gewinnen       Durch Seitenverbauung würde der           werken war in den politischen Diskussio-
     nicht umgesetzt wurde. Frau Englmai-     zu können. Der Energiegewinn des ge-       Grundwasserstand in den Auwäldern         nen schon ein wenig in den Hintergrund
     er, was halten Sie von diesem Vorha-     planten Wasserkraftwerks von maximal       beeinträchtigt, sie sind ein ungemein     getreten, zumal auch wissenschaftliche
     ben?                                     30 Gigawattstunden, den sich Bayern        wichtiger Lebensraum, in dem zwei Drit-   Studien belegen, dass auf die ursprüng-

20                                                                                                                                                                                                                                                                              21
                                                                                                                                                                                                         Salzach-Demo 2022 mit vier Kreisgruppen, Ilse Englmaier in der Mitte
Artenschutz                                                                                                                                                                                                  Artenschutz

     ERHALT DER ARTENVIELFALT                                                                                                                                       5       5 Schaumkraut:
                                                                                                                                                                            Das Schaumkraut kennt jedes Kind – zu-
                                                                                                                                                                            mindest war das früher so, als die Wie-
                                                                                                                                                                                                                       6 Libellen:
                                                                                                                                                                                                                       Diese geschickten Jäger benötigen sau-
                                                                                                                                                                                                                       bere Still- und Fließgewässer, die aus-
                                                                                                                                                                            sen noch nicht schon im April gemäht       reichend tierische Nahrung für die Lar-
                                                                                                                                                                            wurden und danach noch weiter 5-6 mal      ven und Schilfbereiche für das Schlüp-
                                                                                                                                                                            im Jahr, nicht zu vergessen die jeweili-   fen bieten. Besonders seltene oder gar
     1 Fledermäuse:                                                                                                                                                         ge Güllegabe. Diese Intensivierung der     vom Aussterben bedrohte Arten sind an
     Die meisten der 23 in Bayern vorkommenden Fledermausarten finden wir auch in                                                                                           Landwirtschaft halten auch die meisten     bestimmte Lebensräume gebunden wie
     unserem Landkreis. Sie sind alle streng geschützt, manche sogar (wie die Kleine                                                                                        früheren „Allerweltsarten“ nicht mehr      die Hochmoormosaikjungfer, die im Öd-
     Hufeisennase) sind vom Aussterben bedroht und benötigen daher unsere volle                                                                                             aus und verschwinden zunehmend aus         moos vorkommt, oder der Spitzenfleck
     Aufmerksamkeit. Seit den 90er Jahren sammeln wir Daten von Quartieren und Wo-                                                                                          unserer Landschaft. Wir setzen uns da-     an der Ischler Ache. Der Erhalt von Ge-
     chenstuben, zählen die Tiere in vielen Quartieren regelmäßig, untersuchen Kirchen                                                                                      rum seit Jahrzehnten für eine schonen-     wässerrandstreifen und strukturreichen
     und Gebäude auf bisher unbekannte Vorkommen und kümmern uns um verletz-                                                                                                de und ökologische Landwirtschaft ein      Bächen sowie der Schutz unserer Teiche
     te Tiere. Mit Führungen und Fledermaus“nächten“ an Schulen konnten wir schon           1                                                                               und bewerben den Einkauf von regiona-      und Tümpel sind die Voraussetzungen,
     viele Menschen für diese faszinierenden Tiere begeistern.                                                                                                              len und saisonalen Bioprodukten.           dass diese Insekten überleben können.

                                                                                                                                                                                                                                                        6

                                         2

     2 Schmetterlinge:
     Unsere heimischen Tag- und Nachtfal-
     ter (im Bild ein Kaisermantel) werden
     immer weniger. Einige Mitglieder der
     Kreisgruppe engagieren sich seit über
     10 Jahren am deutschlandweiten Tag-
     faltermonitoring und zählen wöchent-                                                                                3           7
     lich die Arten und Exemplare in be-
     stimmten Transsekten. Dabei ist auffäl-
     lig, dass nicht nur die Zahl der Arten,                                             3 Kiebitz:                               7 Regenwurm:                              8 Sonnentau:
                                                                                                                                                                                                                                                         8
     sondern vor allem auch die Zahl der Tie-                                            Kiebitze brüten auch auf den BN-eige-    Regenwürmer kommen bei uns mit            Der fleischfressende Sonnentau kommt
     re (Biomasse) abnimmt. Damit sind die                                               nen Flächen in unserer Kreisgruppe.      über 30 verschiedenen Arten vor. Sie      bei uns in drei Unterarten vor, dem
     Populationen in ihrem Bestand gefähr-                                               Diese Vögel benötigen weite, offene      sind unsere wichtigsten Helfer bei der    rundblättrigen, dem mittleren und dem
     det und die Nahrungsgrundlage für an-                                               Flächen und einen während der gesam-     Sicherung unserer Ernährung und der       langblättrigen Sonnentau. Er ist zwin-
     dere Tiere wie Vögel, Fledermäuse oder                                              ten Brutzeit niedrigen Bewuchs. Sobald   Resilienz unserer Böden. Abgestorbe-      gend auf nasse, saure und lichte Torfbo-
     Eidechsen schwindet.                                                                die Jungvögel laufen können, erkunden    nes organisches Material und Mine-        denbereiche angewiesen, ist also nur in
                                                                                         sie die Umgebung des Brutplatzes und     ralbestandteile können sie in ihrem       unseren Hochmooren zu finden.
                                                                                         suchen nach Wasser und tierischer        Magen zu einem Ton-Humus-Komplex          Mit seinen klebrigen und süß duften-
     4 Pyrenäen-Löffelkraut:                                                             Nahrung, feuchte Stellen und Pfützen     vermischen, der bis zu 20x mehr Nähr-     den Drüsenhaaren kann er Insekten an-      Kohlenstoffspeicher und damit extrem
     Diese Art kommt in Bayern nur noch                                                  dürfen auf den Brutflächen nie fehlen.   stoffe enthält als normale Gartenerde.    locken, die dann mit Enzymen verdaut       wichtig im Kampf gegen den Klima-
     an neun Standorten vor, fünf davon                                                  Die größten Kiebitzvorkommen im          Aber die Regenwürmer wollen gepflegt      werden, die freiwerdenden Nährstoffe       wandel. Die zunehmende Trockenheit
     im Südosten unseres Landkreises. Ihr                                                Landkreis findet man noch nördlich       werden mit pflanzlichem Material zum      können von der Pflanze aufgenommen         macht nicht nur dem Sonnentau, son-
     Lebensraum sind Kalkquellmoore, die                                                 von Obing und im Salzachtal bei Titt-    Fressen (z.B. Mulchschicht auf Beeten),   werden. Der Sonnentau ist auch ein Zei-    dern auch den Mooren und damit dem
     stark gefährdet sind. Der BN pflegt da-                                             moning. Sie sind aber stark gefährdet    ausreichend Feuchtigkeit und dem Ver-     ger für ausreichend Nässe in den Moo-      Klima zu schaffen, mit unseren Moor-
     her seit Jahrzehnten einige dieser wert-     4                                      durch  den Flächenfraß und Fressfeinde   zicht auf chemische Spritzmittel und zu   ren, auf trockenem Torf würde er abster-   renaturierungen und Aufstau-Maßnah-
     vollen Flächen.                                                                     wie Hauskatzen und Füchse.               viel umbrechende Bodenbearbeitung.        ben. Nasse Hochmoore sind wichtige         men arbeiten wir dem entgegen.
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