Hospizbrief Ruhe sanft! Aber wie? - Hospiz Wolfsburg

 
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Hospizbrief Ruhe sanft! Aber wie? - Hospiz Wolfsburg
Hospizbrief
Ausgabe 2 I 2018

 Ruhe sanft!
     Aber wie?

Titelthema                     Aus dem Hospizhaus               Aus dem Ehrenamt

Wie wollen wir begraben        Planung für ein zweites         VfL-Mitarbeiter packen an
sein?             5 Seite 3   Hospizhaus        5 Seite 14                      5 Seite 38
Hospizbrief Ruhe sanft! Aber wie? - Hospiz Wolfsburg
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Inhalt

Titelthema                                            Trauer und Trostinsel
„Wie wollen wir begraben werden?“                     „(M)ein Platz für Dich!“
                                                      Gedenkgottsdienst für verstorbene Kinder                 26
Ruhe sanft! Aber wie?                            3
                                                      Lebe wohl, Rosita!                                       27
Alternative Orte und Formen der Bessattung       4
                                                      Waldtag mit der Trostinsel:
Gruft – heute eher nicht mehr gebräuchlich       5
                                                      Domino aus Zweigen und Blättern                          28
Kolumbarium in Ehmen                             5
                                                      Spende der VW-Auszubildenden:
Friedhöfe in Wolfsburg:                               Jetzt kann „gekickert“ werden                            29
„Wir versuchen, Wünsche zu erfüllen“             6
FriedWald oder Baumbestattung?                   8    Aus der Begleitung
Gespräch mit einem Bestatter                     7    Palliativ-Partner: Diakonie-Sozialstation
                                                      Wolfsburg-Mitte:
Aus der Pflege                                        „Wir bauen keine Autos, wir pflegen Menschen“ 30
Selbsterfahrung im Rollstuhl:                         Neues „Kleid“ für unsere Fenster                         31
„Die Welt aus einer neuen Perspektive“           9
                                                      Aus dem Ehrenamt
Praktikum im Hospiz:
„Du bist doch noch so jung …"                   11    Benefiz-Konzert zugunsten Hospiz:
Herzenswunsch Krankenwagen der Malteser:              „Fünf Bands spielen für guten Zweck“                     32
Frau K. geht noch einmal in die Lüfte           12    Hallenbad rockt für zweites Hospiz                       33
Erinnerungen an Christine Winter                13    Die Wolfsburger Elfen helfen:
                                                      Eine besondere Form der Trauerbewältigung                34
Aus dem Hospizhaus                                    Ein Himmel für Kinder
Hospiz plant zweites stationäres Standbein:           Bestattung von Sternenkindern                            36
Am „Krummen Morgen“ wird die Zukunft                  Gemeinsam bewegen „11 für 11“
gedacht                                         14    VfL-Mitarbeiter engagieren sich im Hospizhaus 38
Interview mit Ines Radke (Verwaltungsleiterin):
„Langweilig ist meine Arbeit überhaupt nicht“ 16      Und sonst noch …
Ausbildung im Hospiz:                                 Friedhöfe dieser Welt: Berg der Kreuze
„Mama, da will ich arbeiten“                    17    Ein Symbol gegen Unterdrückung                           40
Strandparty – Sommerfest im Hospiz              18    Trauerkultur in Mexiko:
Stadtgeburtstag: Hospiz feiert mit              19    Kann Trauer bunt sein?                                   42

Spenden: Hospiz sagt: Danke!                    20    Buchbesprechung: Eric-Emmanuel Schmitt:
                                                      Oskar und die Dame in Rosa                               44
Gemeinsam-Preis der Braunschweiger Zeitung:
„Unsere Gesellschaft braucht solche Trostinseln“ 23   Prominente „Nachrufe“:
                                                      Eric Clapton: „Es wird keine Tränen
Im Gespräch: Rainer Steinkamp,                        im Himmel mehr geben“                                    45
Intendant des Theaters Wolfsburg:
„Trocken oder halbtrocken?“                     24    Termine                                                  46

Nach dem Einbruch: VfL hilft                    25    Zu guter Letzt:
                                                      Rechtzeitige Einsicht                                    47
                                                      Impressum                                                48

                                                                                         Hospizbrief Ausgabe 2/2018
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                                                                                        Wie wollen wir begraben werden?

Ruhe sanft! Aber wie?

Wie wollen wir begraben sein?
Wenn ein Mensch verstorben ist, müssen die Angehörigen die Entscheidung für eine
Bestattungsart treffen. Soll es eine Erdbestattung oder eine Feuerbestattung sein?
Vielleicht hat sich der Verstorbene zu Lebzeiten einmal über seinen letzten Wunsch
geäußert? Ist es den Hinterbliebenen wichtig, eine Grabstelle auf einem Friedhof besu-
chen und pflegen zu können oder ist der Gedanke einer Naturbestattung tröstlich? Wir
beleuchten in unserer Titelgeschichte, welche Grabarten es in Deutschland gibt.

Die traditionellen Grabarten in Deutschland
sind Wahlgräber, Reihengräber sowie die
anonymen Grabstätten. Informationen zu
den genauen Regelungen auf den jeweiligen
Friedhöfen erteilen die zuständigen Friedhofs-
verwaltungen.

Alternativ zu den traditionellen Grabarten
entscheiden sich mittlerweile aber auch vie-
le Menschen für andere Möglichkeiten wie
Baumgräber, Gruften, Röser, Stelen, Kolum-
barien oder Felsengräber (siehe Berichte auf
den folgenden Seiten). Auch Rasengräber
werden auf vielen Friedhöfen angeboten.
Die Nutzungszeit von Gräbern richtet sich im     Die traditionellen Grabarten in Deutschland sind Wahlgräber, Reihengräber
Wesentlichen nach der Bodenbeschaffenheit        sowie die anonymen Grabstätten.
und der Bestattungsform. Gräber werden in
Deutschland in der Regel für eine bestimmte      Dies liegt in erster Linie daran, dass ein Wahl-
                                                                                                              Viele Ange­
Zeit gepachtet. Diese Informationen finden       grab meist viel größer ist als ein Reihengrab
sich in den einzelnen Satzungen der Fried-       oder ein anonymes Grab. Viele Angehörige              hörige kümmern
höfe.                                            kümmern sich selbst um die Grabpflege. Man                sich selbst um
                                                 kann aber auch eine Friedhofsgärtnerei mit
Die Erdbestattung                                der Grabpflege des Wahlgrabes beauftragen.              die Grabpflege.
Die Erdbestattung muss in Deutschland in         Dies bietet sich vor allem für Angehörige an,                  Man kann
einem Sarg erfolgen. Die Beerdigung kann in      die weit außerhalb des Friedhofs wohnen.
                                                                                                          aber auch eine
einem Wahlgrab stattfinden. Entscheidet man
sich für ein Wahlgrab, so darf man die Lage      Was ist ein Reihengrab?                                        Friedhofs­
und die Größe des Grabes selbst auswählen.       Das Reihengrab ist in der Regel ein Einzel-                gärtnerei mit
Das Wahlgrab kann ein- oder mehrstellig sein.    grab auf einem Friedhof. Die Urne oder der
                                                                                                         der Grabpflege
Es bietet sich somit insbesondere für Perso-     Sarg werden wie beim Wahlgrab in der Erde
nen an, die später neben ihren Angehörigen       beigesetzt. Aufgrund der Tatsache, dass Rei-               beauftragen.
bestattet werden wollen. Die Ruhezeit für ein    hengräber auf einem – häufig separaten –
Wahlgrab liegt für gewöhnlich zwischen 20        Grabfeld der Reihe nach vergeben werden,
und 30 Jahren. Das Wahlgrab zählt zu den         haben Angehörige keine Möglichkeit, die
teuersten Grabarten.                             Lage und Größe des Grabes selbst zu bestim-
                                                 men. Eine Verlängerung der Nutzungszeit ist
Die Grabpflege für ein Wahlgrab ist im Ver-      üblicherweise nicht möglich, da nach Ablauf
gleich zu anderen Gräbern relativ aufwändig.     das gesamte Grabfeld eingeebnet wird.

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    Wie wollen wir begraben werden?

Für viele Angehörige ist die tägliche Pflege des Grabes eine Form der Trauerbewältigung

                           Das Aufstellen eines Grabsteins ist bei einem          Särgen, die sogenannten anonymen Erdbe-
„Hier liegt der            Reihengrab fast überall möglich. In der Regel          stattungen. In beiden Fällen ist den Ange-
                           können die Angehörigen die Gestaltung eines            hörigen die genaue Bestattungsstelle nicht
liebe Doktor
                           Reihengrabes nach ihren Vorstellungen vor-             bekannt. Das Abschied nehmen am Grab ist
Grimm, und                 nehmen. Wichtig ist hierbei, dass sie die Vor-         daher nicht möglich und es fehlt der oft so
die er heilte              gaben des Friedhofs einhalten und benach-              wichtige Anlaufpunkt zur Trauerbewältigung
                           barte Grabstellen durch Ihre Bepflanzung               nach einer Bestattung. Anonyme Grabfelder
neben ihm“
                           nicht beeinträchtigt werden. So sind beispiels-        bieten sich allerdings für diejenigen an, die
Grabinschrift              weise stark wuchernde Pflanzen oder solche,            nach günstigen Bestattungen suchen. Die
                           die ihren Samen auswerfen, ungeeignet.                 Kosten einer Bestattung, die anonym durch-
                                                                                  geführt wird, sind meist einige hundert Euro
                           Was ist ein anonymes Grab?                             geringer als bei nicht anonymen Beerdigun-
                           Anonyme Grabfelder dienen meist zur namen-             gen. Eine anonyme Bestattung kann in der
                           losen Beisetzung von Urnen im Rahmen einer             Regel nicht rückgängig gemacht werden und
                           anonymen Feuerbestattung. Vereinzelt gibt              sollte gut überlegt werden.
                           es jedoch auch anonyme Bestattungen von                                                  Willi Dörr

    Alternative Orte und Formen der Bestattung
    Almwiesenbestattung. Über die             oder im Atlantik bestattet werden will.     Teile der Asche eines Verstorbenen
    "Oase der Ewigkeit" kann die Asche        Bei der Luftbestattung wird die             in einen individuellen Diamanten
    eines Menschen auf einer Almwiese,        Asche beispielsweise von einem              umgewandelt werden kann.
    in einem Bergbach, an einem Felsen,       Heißluftballon heraus in der Luft ver-      Bei einer Weltallbestattung wird
    am See oder am Fuße eines Baumes          streut. Drei oder mehr Angehörige           ein kleiner Teil der Asche in eine
    beigesetzt werden. Ebenso kann sie        können die Beisetzungsfahrt beglei-         spezielle Kapsel verfüllt, die mit einer
    in die Luft gestreut und dem Wind         ten, in deren Rahmen die Asche in           Rakete in den Weltraum verbracht
    übergeben werden. In Deutschland          den Wind gestreut wird. Die genau-          wird. Solche Raketenstarts gibt es
    nicht erlaubt.                            en Koordinaten des Beisetzungsortes         etwa einmal im Jahr.
    Seebestattung. Bei dieser Bestat-         werden auf eine Karte übertragen,           Eine Röse ist ein Steinhügel, um den
    tungsart wird die Asche des Ver-          die den Angehörigen übergeben               Urnen ringförmig beigesetzt werden.
    storbenen im Meer beigesetzt. Vor         wird. Die Luftbestattung ist, anders        Rösen sind nicht auf jedem Friedhof
    ein paar Jahren war hierfür noch          als in Frankreich, aufgrund des Fried-      zu finden.
    ein besonderer Bezug zum Meer,            hofszwangs in Deutschland nicht
                                                                                          Eine Urnenstele ist eine mit einer
    beispielsweise durch den Beruf, Vor-      gestattet.
                                                                                          Inschrift versehende Säule, in wel-
    aussetzung. Heutzutage kann jeder         Die Schweizer Firma Algordanza              cher die Urne beigesetzt wird. Häufig
    selbst entscheiden, ob er in der Nord-    hat ein aufwendiges Verfahren ent-          können in einer Stele mehrere Urnen
    oder Ostsee oder gar im Mittelmeer        wickelt, durch das die Asche oder           bestattet werden.

                                                                                                                Hospizbrief Ausgabe 2/2018
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Gruft – heute eher
          nicht mehr gebräuchlich
Als Gruft wird im Allgemeinen eine gemauerte Grabanlage auf einem Friedhof be-
zeichnet. Diese kann sowohl überirdisch als auch unterirdisch liegen. Gruften bieten
in der Regel Platz für die Bestattung mehrerer Verstorbener. Die Verstorbenen werden
in einem Sarg bestattet, der nicht wie bei einer Erdbestattung von Erde umgeben ist,
sondern in einer Art Hohlraum steht.

Die Bezeichnung Gruft leitet sich vom Begriff   dann auch die entsprechenden Gebühren für
Krypta ab, dem heute allerdings eine separate   die Gruft entrichten.
Bedeutung zukommt. Auch Mausoleen und
Grabkapellen sind im weitesten Sinne eine       Eine Familiengruft ist häufig wie ein Mau-
Gruft. Diese Grabstätten sind aber deutlich     soleum gestaltet und beherbergt mehrere         „Er lebte
größer und haben die Form eines Gebäudes.       Särge, die nicht im direkten Kontakt zur Erde   still und
                                                stehen. Die Familienmitglieder haben ein dau-
Die Entstehung der Gruft als Grabart kann       erhaftes Nutzungsrecht an der Gruft.            unscheinbar
auf den christlichen Brauch zurückgeführt                                                       und starb,
werden, kirchliche Würdenträger oder Hei-       Eine Gemeinschaftsgruft ähnelt dieser Art.
                                                                                                weil es so
lige in sogenannten Krypten beizusetzen.        Die Ausnahme besteht lediglich darin, dass
Anders als eine Krypta, also ein Raum, der      in einer Gemeinschaftsgruft nicht nur die       üblich war“
meist unter dem Altar einer Kirche oder eines   Mitglieder einer Familie bestattet werden,      Grabinschrift
Doms liegt, kann eine Gruft sich jedoch über-   sondern auch adlige oder bürgerliche Ver-
all auf einem Friedhof befinden. Außerdem       storbene ohne Beziehung zueinander.
können Verstorbene in einer Gruft unabhän-                                       Willi Dörr
gig von kirchlichen und weltlichen Rängen
beigesetzt werden.
                                                 Kolumbarium Ehmen
Der Begriff der Familiengruft ist in früheren    Ein Kolumbarium ist ein kleines Gewöl-
Zeiten geprägt worden, als sich überwiegend      be oder eine Art Wand zur Bestattung
adlige Familien in familieneigenen Gruften       von Urnen. Kolumbarien gibt es für ein-
bestatten ließen. Noch heute existieren viele    zelne oder mehrere Urnen. Sie werden
solcher historischer Gruften.                    mit einer Steinplatte verschlossen, die
                                                 beschriftet werden kann. Die Grabpfle-
Auch wenn Gruften nicht zu den weit ver-         ge entfällt. Ein solches Kolumbarium
breiteten Grabstätten zählen, ist es meist       gibt es auch in Wolfsburg.
dennoch möglich, sich in einer Gruft auf         Die kreuzförmige Taufkapelle mit Kol­
einem Friedhof bestatten zu lassen. Im           um­barium, die das Ehepaar Katharina
Gegensatz zu herkömmlichen Erd- oder Feu-        und Bernd Hansmann gestiftet und der Kirchengemeinde St. Ludgeri
erbestattungen müssen Sie allerdings die lan-    in Ehmen zur Einweihung am 1. Advent 2015 übergeben hat, dient als
ge Ruhezeit der Verstorbenen beachten. Da        Erweiterung der neogotischen Ludgeri-Kirche. 268 Urnenfächer sind in
die Särge in einer Gruft meistens aus Metall     die Außenhaut des Neubaus eingelassen, vom Innenraum strikt getrennt.
gefertigt sind, findet ein leicht verzögerter    Der Innenbereich der Kapelle dient als Tauf- und Andachtsstätte. Den
Verwesungsprozess statt. Deshalb kann die        Mittelpunkt der Kapelle bildet der gotische Marien-Krönungsaltar aus
Ruhezeit des Verstorbenen 40 bis 60 Jahre        dem Jahr 1450. Er hat bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in der Ehmer
betragen. Für diesen Zeitraum müssen Sie         Vorgängerkirche gestanden.
                                                                                  www.kolumbarium-wolfsburg.de
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    Wie wollen wir begraben werden?

Friedhöfe in Wolfsburg:

„Wir versuchen, Wünsche zu erfüllen“
In Wolfsburg ist der Geschäftsbereich Grün und hier insbesondere die Friedhofsver-
waltung Ansprechpartner für alle Angelegenheiten zu den städtischen Friedhöfen. Im
Gespräch beantwortet deren Leiter Götz Stehr die wesentlichen Fragen.

                                                                              burger und jede Wolfsburgerin die Möglich-
                                                                              keit, eine Grabstätte zu erwerben. Auf den
                                                                              übrigen städtischen Friedhöfen können Grab-
                                                                              stätten grundsätzlich nur für die Bestattung
                                                                              der jeweiligen Ortsteilbewohner vergeben
                                                                              werden.

                                                                              Welche Grabarten können Verstorbene
                                                                              oder ihre Hinterbliebenen auf den städ-
                                                                              tischen Friedhöfen wählen?
                                                                              Götz Stehr: Die Stadt Wolfsburg bietet auf
                                                                              den städtischen Friedhöfen mittlerweile 17
                                                                              verschiedene Grabarten – Tendenz nach
                                                                              oben. Wir bemühen uns zudem, individuelle
                                                                              Wünsche zu erfüllen. Bei aller emotionalen
                                                                              Betroffenheit sind die Angehörigen für uns
                                                                              auch Kunden. Ihre Bedürfnisse zu erfüllen,
Der alte Friedhof in        Wie viele Menschen sterben eigentlich             ist uns ein wichtiges Anliegen. Ich würde es
Vorsfelde (Foto) wird       jährlich in Wolfsburg?                            begrüßen, wenn die Menschen sich frühzeitig
seit dem 1. März            Götz Stehr: Laut dem städtischen Bevölke-         Gedanken machen würden, wie sie beerdigt
2017 von der
                            rungsbericht sind es 2017 exakt 1.418 Ster-       werden möchten. Dann könnte man noch
Friedholfsverwaltung
der Stadt Wolfsburg         befälle in Wolfsburg gewesen. Wir schätzen,       gezielter auf spezielle Wünsche eingehen.
betreut. Bis dahin          aufgrund der demografischen Entwicklung
gehörte er zur              werden die Zahlen in den nächsten 30 Jah-         Sterben (oder besser: bestatten) ist kei-
Evangelischen               ren leicht zunehmen. Gut 90 Prozent der Ver-      ne billige Angelegenheit. Wie sehen Sie
Kirchengemeinde             storbenen finden auf unseren Friedhöfen ihre      die Gebührensituation in Wolfsburg?
St. Petrus / Heiliggeist.
                            letzte Ruhe.                                      Götz Stehr: Die Kosten hängen natürlich von
                                                                              der gewählten Grabart ab. Generell bewegen
                            Über welche Friedhofskapazitäten ver-             wir uns mit unserer Gebührenstruktur eher
                            fügt die Stadt Wolfsburg?                         im unteren Bereich des Bundesdurchschnitts.
                            Götz Stehr: Insgesamt 24 Friedhöfe mit einer      Mein Wunsch ist es, dass alle Wolfsburgerin-
                            Fläche von rund 77,74 Hektar befinden sich        nen und Wolfsburger unabhängig vom Geld-
                            in städtischer Bewirtschaftung. Durch die         beutel die Chance haben, hier angemessen
                            Kirchengemeinden werden die Friedhöfe in          beerdigt zu werden.
                            Brackstedt, Neindorf und Warmenau verwaltet.
                                                                              Gibt es im Angebot der städtischen
                            Darf jeder Einwohner der Stadt Wolfs-             Friedhöfe besondere Formen der
                            burg frei entscheiden, wo er begraben             Bestattungsmöglichkeiten?
                            werden möchte?                                    Götz Stehr: Auf dem Friedhof St. Annen
                            Götz Stehr: Nein – diese freie Wahl gilt ledig-   befindet sich der im Jahr 2014 neu gestaltete
                            lich für die zwei Zentralfriedhöfe (Waldfried-    „Himmel für Kinder“, der den „Sternenkin-
                            hof und Nordfriedhof). Dort hat jeder Wolfs-      dern“ – allen ungeborenen und fehlgebore-

                                                                                                          Hospizbrief Ausgabe 2/2018
Hospizbrief Ruhe sanft! Aber wie? - Hospiz Wolfsburg
7

nen Kindern – eine Bestattungsmöglichkeit
bietet.

In Wolfsburg leben vermehrt muslimi-
sche Bürger. Werden deren Bedürfnisse
besonders berücksichtigt?
Götz Stehr: Auf dem Nordfriedhof befindet
sich sowohl ein muslimisches wie auch ein
jüdisches Grabfeld. Bislang werden sie aber
nur vereinzelt genutzt.

Immer mehr Menschen entscheiden
sich bundesweit für ein kleines Urnen-
grab. Damit steigen die Leerstände. Gilt
der Trend auch für Wolfsburg?
Götz Stehr: Bis zum letzten Jahr hätte ich
dem noch zugestimmt. Aktuell verzeichnen          der Funktion als Bestattungsort als öffentliche   „Ein Friedhof ist immer
wir aber wieder eine Zunahme zu Sarggrä-          Grünanlage, haben eine Bedeutung für den          einen Besuch wert –
bern. Generell wächst auch der Wunsch nach        städtischen Umweltschutz, bieten die ökono-       nicht nur anlassbezo-
                                                                                                    gen.“
naturnahen Bestattungen. Insofern gibt es         mische Grundlage für zahlreiche Handwerker
auf den Zentralfriedhöfen neben den Urnen-        und Geschäfte (vom Sargmacher über den            Götz Stehr, Leiter
gräbern unter Bäumen seit 2016 auch soge-         Steinmetz bis zu den Floristen) und spiegeln      der Wolfsburger
nannte „naturnahe Sarg- und Urnengräber“,         in vielfältiger Weise die kulturelle Geschichte   Friedhofsverwaltung
Parallel bereiten wir gerade die Eröffnung        des Stadtteils wider.
eines Bestattungswaldes im Stadtgebiet vor.
Ziel ist es, Menschen, die außerhalb von Fried-   …und es gibt noch eine soziale
höfen beigesetzt werden möchten, ebenfalls        Komponente?
im Stadtgebiet ein Angebot zu unterbreiten        Götz Stehr: Richtig. Ein Friedhof bringt Men-     „Guck nicht so
Wir beobachten zudem einen Trend zur Auf-         schen zusammen. Viele der Hinterbliebenen,
                                                                                                    blöd, ich würde
gabe von Familiengräbern. Dadurch geht lei-       die sich um das Grab ihres Verstorbenen küm-
der ein Stück Friedhofskultur verloren.           mern, sind einsam. Sie treffen auf Menschen,      auch lieber am
                                                  die in einer ähnlichen Situation leben. Oft       Strand liegen“
Friedhofskultur? Für Sie sind Friedhöfe           findet man so jemanden, mit dem man reden
                                                                                                    Grabinschrift
also auch ein Stück Kulturgut?                    kann. Ein Friedhof ist immer einen Besuch
Götz Stehr: Nicht nur das. Für mich haben         wert – nicht nur anlassbezogen.
Friedhöfe vier Funktionen. Sie dienen neben                             Interview: Willi Dörr

 Gespräch mit einem Bestatter
 „Wie wollen wir begraben sein", unter    etwas geringeren Kosten für eine Erd-   Manche Menschen möchten ihren
 diesem Titel habe ich ein Gespräch       bestattung. „Es gibt ja kleine Autos    Angehörigen eine letzte Ruhestät-
 mit einem Wolfsburger Bestatter          und auch sehr große Autos“.             te auf einem Friedhof, andere in
 geführt. Nach seiner beruflichen bis-    Manche Menschen haben, wenn sie         einem Wald ermöglichen. Und wie-
 herigen Erfahrung entscheiden sich       zum Bestatter gehen, sehr genaue        der andere wünschen sich eine See-
 die Wolfsburger Menschen zu einem        Vorstellungen und können dann           bestattung. Alles ist möglich, es ist
 Drittel für eine Erdbestattung und zu    auch ihre Wünsche klar definieren;      eben eine Kostenfrage.
 zwei Dritteln für eine Feuerbestat-      andere Menschen lassen sich Zeit        Bei ganz armen Menschen (Sozial-
 tung. Die jeweilige Entscheidung für     und lieber beraten. Dann ist es hilf-   hilfeempfänger), die kein eigenes
 die eine oder andere Bestattungsform     reich, wenn der Bestatter etwaige       Geld zur Verfügung haben, wird
 entspringt nach seiner Wahrnehmung       Berührungsängste behutsam und           vom Sozialamt eine anständige Beer-
 dem persönlichem Empfinden („Ich         mit Einfühlungsvermögen abbauen         digung, deren Kosten „gedeckelt“
 möchte nicht von Würmern ange-           kann. Daraus ergeben sich meist         sind, ermöglicht und durchgeführt.
 nagt werden“ ) und weniger den           lockere und zielführende Gespräche.                          Roland Mook

Hospizbrief Ausgabe 2/2018
Hospizbrief Ruhe sanft! Aber wie? - Hospiz Wolfsburg
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    Wie wollen wir begraben werden?

Naturbestattungen

FriedWald oder Baumbestattung?
Bei der Naturbestattung erfolgt die Beisetzung des Toten in der Regel nicht auf einem
Friedhof. Eine Ausnahme bildet die Baumbestattung, die teilweise auch auf Friedhöfen
angeboten wird. Üblicherweise erfolgt diese Art der Beisetzung in einem Wald, der als
Friedhofsfläche genehmigt wird, wie beispielsweise die Gebiete von „FriedWald®“ und
„RuheForst®“.

                         Eine Baumbestattung, auch Waldbestattung       Die FriedWald GmbH bietet an inzwischen
                         genannt, ist eine noch relativ neue Bestat-    über 30 Standorten in Deutschland Urnenbe-
                         tungsart in Deutschland. Bei dieser wird die   stattungen mitten im Wald, an den Wurzeln
                                Asche des Verstorbenen im Wurzel-       eines Baumes an. Die Wälder in den schönsten
                                bereich eines Baumes bestattet. Auf-    Regionen Deutschlands werden von erfahre-
                                grund der Nähe zur Natur, aber auch     nen Forstleuten ausgewählt und betreut. Der
                                dem Wegfall der Grabpflege, ent-        nächste FriedWald in unserer Region befin-
                                scheiden sich immer mehr Menschen       det sich im Elm bei Langeleben. Angehörige
                                für diese Bestattungsart. In Deutsch-   haben einen Ort, den sie aufsuchen können.
                                land gibt es mittlerweile einige Dut-   Doch die Grabpflege übernimmt die Natur.
                                zend Waldfriedhöfe (z. B. RuheForst     In über 40 alten, naturbelassenen Wald-
                                oder FriedWald) mit unterschiedlichen   beständen bietet die RuheForst GmbH
                                Möglichkeiten wie Familien- oder        Baumbestattungen an. Sie spricht nicht von
                                Freundschaftsbäumen. Die Baumbe-        Gräbern, sondern von „Ruhebiotopen“. Die
                                stattung wird aber auch auf immer       Grabauswahl, die ebenso wie im FriedWald
                                mehr Friedhöfen möglich. Diese bie-     schon vorsorglich erfolgen kann, treffen
                                ten auf sogenannten Baumfeldern         Angehörige in Begleitung eines Försters.
                                ebenfalls eine Beisetzung der Urne
                                im Wurzelbereich an.                    Nach der Beisetzung wird der Baum mit einer
                                                                        Plakette versehen, die einen Namen, einen
                                Die größten Kostenunterschiede bei      Spruch oder ein Symbol abbilden kann.
                                der Baumbestattung entstehen durch      Anschließend erfolgt eine Registrierung, die
                                die Wahl der Grabstelle. Ein Baum       in der Regel den Erhalt des Baumes für bis zu
                                an einer Lichtung, in der Nähe eines    99 Jahre vor der Abholzung bewahrt.
                                Weges oder ein sehr alter Baum sind
                                vergleichsweise teuer. Die günstigs-    Der FriedWald bietet unterschiedliche Baum-
                                te Möglichkeit ist die Beisetzung an    typen als Grabstätte an. Zu diesen gehören
                                einem Gemeinschaftsbaum.                Familienbäume oder Freundschaftsbäume
                                                                        mit 10 Grabstätten. Diese können einer
Auf dem Wolfsburger      Das Prinzip von FriedWald entsteht in den      ganzen Familie oder einem Freundeskreis als
Wald- und                Neunzigerjahren in der Schweiz. In Deutsch-    Ruhestätte dienen. Weiter gibt es Partnerbäu-
Nordfriedhof sind        land existiert das Unternehmen seit dem        me mit zwei Grabstellen, die beispielsweise
Bestattungen am
                         Jahr 2001 und verwaltet hier zurzeit mehr      für Ehepartner, Geschwister oder Freunde
Baum bereits möglich.
                         als 50 Wälder. Die einzelnen Wälder sind       gedacht sind. Eine Besonderheit sind die
                         ausgewiesene und genehmigte Waldfried-         Sternschnuppenbäume für Kinder bis zum
                         höfe, unterscheiden sich also in Bezug auf     dritten Lebensjahr, die abgesehen von den
                         die Bestattungsgesetze nicht von herkömm-      Beisetzungsgebühren kostenlos sind.
                         lichen Friedhöfen.                                                               Willi Dörr

                                                                                                    Hospizbrief Ausgabe 2/2018
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Selbsterfahrung im Rollstuhl:

„Die Welt aus einer
                neuen Perspektive“
Für drei Stunden haben wir die Perspektive gewechselt und im Rollstuhl die Stadt er-
kundet. Wir, Melina und Johanna, sind die neuen Praktikantinnen und haben die Chan-
ce bekommen, für ein paar Wochen einen Einblick in das Hospizhaus Wolfsburg zu
erhalten. Unter anderem dürfen wir eine Selbsterfahrung im Rollstuhl machen und sind
in die Innenstadt von Wolfsburg gefahren.

Bevor es jedoch waghalsig mit dem Rollstuhl in
die Stadt geht, werden uns zunächst ein paar
wichtige Techniken erklärt und gezeigt. Wir
lernen, wie richtig gebremst wird und wie eine
Bordsteinkante hinunterzufahren ist, damit wir
für unser Experiment gut vorbereitet sind. Wir
haben uns abgewechselt und jede von uns bei-
den ist eineinhalb Stunden im Rollstuhl unter-
wegs, wobei die andere nebenher läuft und
aufpasst. Wir fahren durch die Geschäfte in
der Stadt und dürfen einmal das Leben aus
der Perspektive eines Rollstuhlfahrers erleben.

Beide merken wir schnell, dass man aus der
sitzenden Position eine sehr vorausschau-
ende Sicht hat und mit hoher Achtsamkeit
und Konzentration unterwegs sein muss.
Die Umgebung wird ganz anders wahrge-
nommen und man achtet automatisch auf
die kleinste Bodenwelle und überlegt schon
im Vorhinein, wie zum Beispiel die nächste        gehen wollen und konzentrieren uns, damit         Melina (hinten)
Kreuzung überquert werden muss. Es wird           wir an keiner Kante hängen bleiben. Trotzdem      und Johanna haben
schon im Voraus sehr deutlich geguckt und         stehen wir aufgrund des hohen Bordsteins          ein spannendes
                                                                                                    Experiment gewagt:
geplant, worüber man sich als Fußgänger           vor der Herausforderung, ihn zu überwinden.
                                                                                                    Sie sind in einem
kaum Gedanken macht.                              Zumal dies in einer nur kurzen Ampelphase         Rollstuhl mehrere
                                                  geschehen muss. Stress! Man wird nervös.          Stunden durch die
Als wir uns auf den Weg vom Hospizhaus            Weiß, dass gleich die Autos losfahren werden      Wolfsburger Innenstadt
in die Stadt machen, spüren wir schon das         und dass man mehr Zeit als gewöhnlich für         gefahren.
erste Beklommenheitsgefühl. Es ist ein schö-      die Straßenquerung benötigt.
ner Tag und die Geschäfte haben ihre Waren
sowie Tische und Stühle auf dem Bürgersteig       Geschafft! Endlich haben wir die Innenstadt
aufgebaut. So müssen wir auf den Radweg           erreicht. Hier ist der Boden eben und weitläu-
ausweichen. Wir fühlen uns auf dem kleinen        fig, so dass man sich erst einmal entspannen
Stück sehr schutzlos.                             kann. Also auf ins erste Geschäft. Dort ange-
                                                  kommen, sieht es zunächst einmal ganz gut
Die erste Kreuzung ist dann das nächste Hin-      aus. Doch je spezifischer man sich im Rollstuhl
dernis. Wir überlegen genau, wo wir entlang       umsehen will, desto schwieriger wird es. Die

Hospizbrief Ausgabe 2/2018
Hospizbrief Ruhe sanft! Aber wie? - Hospiz Wolfsburg
10
  Aus der Pflege

                                                                           Man bleibt irgendwann einfach sitzen, weil
                                                                           es zu anstrengend ist, dem anderen durch
                                                                           die Gänge zu folgen und wartet irgendwo.
                                                                           Wir besuchen ein Geschäft, in dem wir den
                                                                           Eindruck gehabt haben, dass man auch auf
                                                                           Rollstuhlfahrer und ihre Bedürfnisse eingeht.
                                                                           Die Gänge sind sehr weit, so dass man kaum
                                                                           rangieren muss und sich in Ruhe auf die Ware
                                                                           konzentrieren und diese auch herunterneh-
                                                                           men oder durchstöbern kann.

                                                                           Nach diesem Erlebnis gönnen wir uns ein
                                                                           Eis. Es dauert eine Weile, bis der Rollstuhl
                                                                           zwischen all den anderen Stühlen richtig in
                                                                           Position kommt und wir müssen die Fußstüt-
                                                                           zen hochklappen, damit der Rollstuhl nahe
                                                                           genug am Tisch stehen kann.

 Im Gedränge der         Gänge sind zu eng, um sich spezielle Teile        Nun sind unsere Arme schwer und an den
 Einkaufsläden           anzugucken oder gar vom Haken zu nehmen.          Händen haben wir ein komisches Gefühl,
 machen die beiden       Oft sogar so eng, dass man die Teile beim         das vermeintlich von den Rädern des Roll-
 Praktikantinnen immer
                         Passieren ins Gesicht bekommt.                    stuhls kommt. Also beschließen wir, den Bus
 wieder die Erfahrung,
 dass die Bedürfnisse                                                      zu nehmen und aufgrund der müden Arme
 der Rollstuhlfahrer     Im nächsten Geschäft haben wir mehr Glück.        den Rollstuhl zu schieben, was auch erheb-
 kaum beachtet wer-      Die Ständer sind besser platziert, so dass man    lich schneller geht. Auf dem Weg zur Bushal-
 den.                    mit dem Rollstuhl auch rangieren kann. Wir        testelle passieren wir eine unübersichtliche,
                         schnappen uns ein paar Teile, um sie anzupro-     einspurige Straße. Zu Fuß ist das auch nicht
                         bieren. Aber nun stehen wir vor einem neuen       so schön, aber mit dem Rollstuhl äußerst
                         Problem. Die Umkleidekabine ist zu klein, um      unangenehm.
                         sie mit dem Rollstuhl zu befahren. Es wäre aber
                         auch nicht ausreichend Platz gewesen, um          Endlich am Bus angekommen, hilft uns ein
„Als wir den
                         sich zu drehen oder den Vorhang hinter sich       Mann, indem er die Rollstuhlrampe für uns
Rollstuhl wieder         zu schließen. Beim Verlassen des Geschäfts        und eine weitere Rollstuhlfahrerin herun-
verstaut haben,          stellen wir noch fest, dass das EC-Gerät für      terklappt. Im Bus sind wir alle aneinander
                         Rollstuhlfahrer schwer zu erreichen ist.          gedrängt und erneut kommen die Taschen
stehen wir auf
                                                                           der Menschen einem befremdlich nahe. Zum
und schätzen die         Im nächsten Shop das gleiche Problem. Es          Aussteigen gibt es für Rollstuhlfahrer einen
Fähigkeit laufen         ist eng, man verkeilt sich und wir werden         speziell gekennzeichneten Knopf. Den drü-
                         einmal fast umgefahren, weil uns eine Frau        cken wir, als wir aussteigen wollen. Der Bus
zu können auf            mit Kinderwagen nicht rechtzeitig sieht. Hier     hält, senkt sich jedoch nicht ab. Wir warten
eine ganz neue           haben uns die Verkäuferinnen aber ihre Hil-       kurz und müssen dann über die nicht abge-
Art und Weise.“          fe angeboten. Das erste Mal an diesem Tag.        senkte Kante aus dem Bus aussteigen - gut,
                         Leider sind auch hier die Kabinen zu eng und      dass wir das vorher geübt haben.
                         vor dem Kartenlesegerät ist ein Behälter mit
                         Kleinkram aufgebaut. Aber man gibt sich viel      Am Hospizhaus angekommen, sind wir ziem-
                         mehr Mühe, uns zu helfen.                         lich erschöpft. Nicht nur, dass unsere Arme
                                                                           weh tun, auch die permanente Konzentra-
                         In Läden, wo viele schnell zerbrechliche          tion und Anspannung stecken uns tief in
                         Gegenstände wie Flakons verkauft wer-             den Knochen. Als wir den Rollstuhl wieder
                         den, sind die Konzentration und der Stress        verstaut haben, stehen wir auf und schätzen
                         besonders hoch. Diese Geschäfte wollen            die Fähigkeit laufen zu können auf eine ganz
                         wir schnell wieder verlassen. Immer wieder        neue Art und Weise.
                         beschleicht uns ein Gefühl der Resignation.                Johanna Gaus, Melina Mrochen

                                                                                                       Hospizbrief Ausgabe 2/2018
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Johanna Gaus macht freiwilliges Praktikum

„Du bist doch noch so jung –
           wieso im Hospizhaus?“
Hallihallo! Mein Name ist Johanna und ich studiere Management im Gesundheitswesen
hier in Wolfsburg. Mein Studium macht sehr viel Spaß und bietet mir viele verschiedene
Möglichkeiten, später im Gesundheitssektor tätig zu werden. Doch wieso ein freiwilli-
ges Praktikum im Hospizhaus, wenn es doch so viele andere Möglichkeiten und Berei-
che gibt? Diese Frage ist mir nicht gerade selten gestellt worden…

Sich mit dem Thema Tod und Sterben ausein-
anderzusetzen, fällt vielen Menschen schwer
                                                                                                    „Ich habe
und stellt sich als Tabu-Thema dar. Auch der                                                        gelernt das
Bereich der Hospizarbeit wird meist nicht mit                                                       Leben zu schät-
einem fröhlichen Gedanken verbunden. Ich
persönlich bin mit dem Thema schon relativ                                                          zen und bin
früh in Kontakt getreten, da meine Mutter                                                           sehr dankbar
bereits viele Jahre in der Hospizarbeit tätig ist.
                                                                                                    für die bunten
In meinem Elternhaus wird somit mit dem
Thema Tod und Sterben sehr offen umge-                                                              gesammelten
gangen, wobei sich bei mir auch ein großes                                                          Erfahrungen.“
Interesse in diesem Bereich entwickelt hat.

Das Praktikum im Hospizhaus verschafft mir
einen sehr vielfältigen Einblick in die Hospiz-
arbeit.

Die Hospizarbeit in der Region Wolfsburg
hat sich durch ein kontinuierlich entwickeltes
System über viele Jahre sehr gut vernetzen
können. Viele verschiedene Bereiche arbeiten
hier Hand in Hand zusammen, wobei sich ein
gutes Managementsystem als Grundbaustein
darstellt.
                                                     Hause herrscht. Eines habe ich immer wieder
Ich habe die Möglichkeit genutzt, in die vielen      gespürt: Das Wohlbefinden des Menschen
verschiedenen Bereiche interessante Einblicke        steht zu jeder Zeit im Mittelpunkt.
zu bekommen, von dem Sozialdienst über
die Ehrenamtsarbeit bis hin zu der Verwal-           Die Mitarbeiter arbeiten mit einer so posi-
tung und dem Palliativ-Netzwerk. Ich durfte          tiven und fröhlichen Ausstrahlung, welche
mit den Gästen des Hauses in Kontakt tre-            direkt ansteckt und sich auf mich überträgt.
ten und bei Hausbesuchen, Besprechungen              Ich habe gelernt das Leben zu schätzen und
und Workshops teilnehmen. Das vierwö-                bin sehr dankbar für die bunten gesammelten
chige Praktikum hat mir sehr großen Spaß             Erfahrungen.
gemacht und mir gezeigt, dass trotz der trau-                                     Johanna Gaus
rigen Schicksale eine fröhliche Stimmung im

Hospizbrief Ausgabe 2/2018
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 Aus der Pflege

 Malteser „Herzenswunsch Krankenwagen“:

 Frau K. geht noch einmal
                       in die Lüfte
 Immer wenn es um Herzenswünsche geht, entdecken wir neue, bisher ungeahnte
 Seiten in uns und bei unseren Gästen. Nicht alle trauen sich, ihre innigsten Wünsche
 und Herzensangelegenheiten zu äußern. Umso schöner ist es dann, wenn ein solcher
 Wunsch wahr werden kann. Die Malteser erfüllen diese Wünsche für schwerkranke
 Menschen, die z.B. im Hospiz leben, mit der Aktion „Herzenswunsch Krankenwagen“.

                                                                          vom Malteser-Hilfsdienst Holger Scherf und
                                                                          Johannes Sprünken übernehmen den Trans-
                                                                          port zum Segelfluggelände nach Stüde und
                                                                          nehmen Frau K. einfach auf den Arm und
                                                                          tragen sie in das Flugzeug hinein. Etwa eine
                                                                          Stunde dauert der Flug, der sie über Wolfs-
                                                                          burg und sogar bis über ihre alte Heimat
                                                                          Hoheneggelsen bringt.

                                                                          Frau K. kommt nach ca. 3 Stunden über-
                                                                          glücklich und unversehrt mit vielen Fotos im
                                                                          Gepäck zurück ins Hospiz.

                                                                          Hier ihre begeisterte Reaktion am
                                                                          folgenden Tag:

                                                                          Frage: Wie geht es Ihnen heute, einen
                                                                          Tag nach diesem Flug?
                                                                          „Ich habe überhaupt nicht geschlafen, ich bin
                                                                          immer noch so aufgeregt. Wahnsinn! Es war
Noch einmal fliegen      Frau K. lebt im Hospiz Wolfsburg und ver-        megatoll! Gestern Morgen war ich auch sehr
- das möchte Frau K.     bringt hier ihre letzte Lebensphase. Sie ist     aufgeregt, aber ich hatte keine Angst. Der
Der Hospizverein und     unheilbar krank, leidet an einer Tumorerkran-    Pilot war auch supernett.“
die Malteser-Aktion
                         kung, die weit fortgeschritten ist und eine
„Herzenswunsch
Krankenwagen“ erfül-     aufwändige Wundversorgung erfordert. Ihr         Frage: Was ist Ihnen durch den Kopf
len ihr diesen Wunsch.   größter Wunsch wäre es noch einmal nach          gegangen, als Sie oben in der Luft
                         New York zu fliegen. Als Horst-Ulrich Braun,     waren?
                         Seelsorger im Hospiz, im Gespräch von die-       „Von oben sieht die Welt doch anders aus. Ich
                         sem Wunsch erfährt, hat er eine Idee. Das Ziel   werde diese Stunde niemals mehr vergessen,
                         New York wird Frau K. aufgrund ihrer Erkran-     solange ich lebe.“
                         kung nicht mehr erreichen können, aber ein
                         Flug über die Region sollte möglich sein.        Frage: Was bedeutet Ihnen der Flug,
                                                                          gerade auch im Angesicht Ihrer schwe-
                         Mit dem Aeroclub Wolfsburg wird ein Flug         ren Erkrankung?
                         in einem Motorsegler vereinbart, der Hospiz-     „Ich war da oben so total konzentriert, auf
                         verein übernimmt die Kosten. Die Sanitäter       die Aussicht, auf das Fotografieren und Flie-

                                                                                                     Hospizbrief Ausgabe 2/2018
13

gen. In dem Moment habe ich über meine
Krankheit nicht mehr nachgedacht.“
                                                                                   „Ich möchte mich
                                                                                   bei allen ganz herzlich
Frage: Sie sind auch über Ihr Heimat-                                              bedanken, die mir
dorf geflogen?                                                                     diesen Superflug
„Ja, das konnte ich an der Lage erkennen                                           ermöglicht haben.“
und vor allem an dem großen Kirchturm, der
gut zu sehen war.“

„Jetzt möchte ich mich noch bei allen ganz
herzlich bedanken, die mir diesen Superflug
ermöglicht haben. Bei den Maltesern, die die
ganze Zeit nur für mich da waren, bei dem
Piloten Ernst Leyer, bei dem ich mich sicher
aufgehoben gefühlt habe, bei Herrn Braun
und bei allen Hospizmitarbeitern.“
                          Brigitte Werner

   Erinnerungen an Christine Winter
                           Wir trauern um unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin Christine Winter.
                           Christine hat im Jahr 2008 den Vorbereitungskurs zur Sterbebegleitung
                           absolviert und ist in unserem Hospizverein sehr verwurzelt und engagiert
                           gewesen. Sie übernahm viele Aufgaben insbesondere im Rezeptions-
                           dienst und in der Abendbesinnung. Bei der Umgestaltung des Hospiz-
                           hauses in 2012 konnte sie ihre Erfahrungen in Sachen Barrierefreiheit
                           einbringen. Sie beeindruckte uns alle immer wieder, wie sie selbst mit
                           ihrem Schicksal umging. Für viele von uns war sie eine wichtige und
                           gern gesehene Gesprächspartnerin. Ein Höhepunkt war sicherlich der
                           Auftritt beim Tanzenden Theater Wolfsburg, in dem Stück „Lebenszeit
                           – Sterbenszeit“. In dem Tanzstück, das zum Jubiläum der Hospizarbeit in
                           Wolfsburg 2015 aufgeführt wurde, übernahm sie mutig ihren Part und
   tanzte wunderbar im Rollstuhl, zusammen mit jungen Tänzern vor Publikum.
   In diesem Sommer mussten wir Abschied von Christine Winter nehmen. Wir werden sie in unse-
   rer Erinnerung behalten und ihr Andenken ehren. Wir sind sehr dankbar für ihr ehrenamtliches
   Engagement und sehr bereichert, sie kennengelernt zu haben. Unser Mitgefühl gehört ihren
   Angehörigen.                                                 Hospizarbeit Region Wolfsburg e.V.

Hospizbrief Ausgabe 2/2018
14
 Aus dem Hospizhaus

Hospiz plant ein zweites stationäres Standbein:

Am „Krummen Morgen“ wird die Zuk
Die Mitgliederversammlung hat im Mai „grünes Licht“ gegeben. Sie beauftragt den Vor-
stand, die Möglichkeiten für ein zweites stationäres Hospiz innerhalb der Stadtgrenzen
Wolfsburgs zu sondieren. Mittlerweile haben drei renommierte Architektenbüros ihre
Vorstellungen von einem Hospizhaus im „ländlichen“ Heiligendorf ausgearbeitet. Über
den aktuellen Stand der Planung berichten der 1. Vorsitzende Günther Wagner und Ge-
schäftsführer Lucas Weiß in dieser Ausgabe.

                                                                          fehlt aber an stationären Möglichkeiten. Mit
                                                                          dem zweiten Haus können wir unser Angebot
                                                                          erweitern. Das Hospiz in der Eichendorffstra-
                                                                          ße ist baulich an der Grenze angekommen.

                                                                          Als Standort ist ein Grundstück im
                                                                          Bebauungsgebiet „Krummer Morgen“
                                                                          in Heiligendorf im Gespräch. Wie ist es
                                                                          zu diesem Standort gekommen?
                                                                          Günther Wagner: Der Standort für das
                                                                          neue Haus soll mehrere Funktionen erfüllen:
                                                                          Wir wollen eine „ländliche“ Alternative zu
                                                                          dem „städtischen“ Haus in der Eichendorff-
                                                                          straße. Er darf aber auch nicht zu dörflich
                                                                          sein, sondern muss ein Mindestmaß an Infra-
Der 1. Vorsitzende        Braucht Wolfsburg ein zweites statio-           struktur (Bäcker, Supermarkt, Altenheim etc.)
Günther Wagner und        näres Hospizhaus?                               sowie eine gute Anbindung an den Busver-
Geschäftsführer Lucas     Lucas Weiß: Die Zahlen sprechen eine ein-       kehr bieten. Oberbürgermeister Klaus Mohrs
Weiß sondieren die
                          deutige Sprache: 2017 haben wir nachweis-       hat die Idee mit dem „Krummen Morgen“ ins
eingereichten Pläne der
Architektenbüros.         lich 108 Personen nicht aufnehmen können,       Gespräch gebracht.
                          die nach ärztlicher Entscheidung einen Hos-     Lucas Weiß: Wir blicken mit diesem Stand-
                          pizplatz benötigt hätten. In diesem Jahr sind   ort auch über die Stadtgrenzen hinaus. Mit
                          es – Stichtag 30.9. – bereits 124 Menschen.     dem Hospizverein in Helmstedt sind wir seit
                          Hinzu kommen noch einmal ca. 200 voran-         Jahren im engen Kontakt. Da bieten sich gute
                          gemeldete Personen.                             Kooperationsmöglichkeiten an. Die nächsten
                          Günther Wagner: Für die Zukunft prog-           Hospizhäuser befinden sich erst in Braun-
                          nostizieren wir aufgrund der demografischen     schweig, Celle, Magdeburg und Stendal.
                          Entwicklung eher noch eine Zunahme. Zudem
                          zeichnet sich innerhalb der Bevölkerung ein     Während in der Eichendorffstraße
                          Trend ab, hospizliche und palliative Angebote   ein bestehendes Gebäude nach den
                          verstärkt in Anspruch nehmen zu wollen.         Bedürfnissen des Hospizvereins umge-
                          Lucas Weiß: Ich will in diesem Zusammen-        baut werden musste, besteht nun die
                          hang noch einmal den Zweck unseres Hos-         Möglichkeiten in einem Neubau von
                          pizvereins in Erinnerung rufen: Wir wollen      Grund auf optimal zu planen.
                          Sterbende in ihrer letzten Phase nicht allein   Günther Wagner: Wir haben drei Archi-
                          lassen. In der ambulanten und palliativen       tekturbüros gebeten, ein Hospizhaus mit
                          Begleitung können wir den Bedarf decken. Es     einem „ländlichen Charakter“ zu planen. Im

                                                                                                      Hospizbrief Ausgabe 2/2018
15

                                                   Günther Wagner: Uns ist ganz wichtig,
                                                   unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei

unft gedacht                                       all unseren Überlegungen mitzunehmen. Wir
                                                   wissen, welchen schwierigen Job sie meistern.
                                                   Zeitnahe Information kann mögliche Ängste
                                                   und Sorgen nehmen.
  Mittelpunkt steht dabei natürlich die optima-
  le Umsetzung unseres mit den Mitarbeitern        Wie schätzen Sie die Personalsituation
  erarbeiteten Raumbedarfs. Aber es ist auch       in Wolfsburg ein?
  reizvoll, die landschaftliche Umgebung mit       Lucas Weiß: Alle Pflegeeinrichtungen lei-
  dem Bachlauf vor der Tür, in die Planung mit     den unter fehlenden Fachkräften und Nach-         Der Rat der
  einzubeziehen.                                   wuchs. Die Arbeit im Hospizhaus genießt im
                                                                                                     Stadt wird im
  Aber nicht nur die reizvolle Natur wird          Vergleich durchaus noch höheres Ansehen,
  Nachbar des Hauses, sondern auch                 verlangt aber auch spezielle Voraussetzun-        Sommer 2019
  etwa 100 bis 120 Eigenheimbesitzer in            gen. Wir wollen aber mit einer Stellenof-         den notwendigen
  dem neuen Wohngebiet. Wie sehen Sie              fensive auch die aktuelle Pflegesituation in
                                                                                                     Satzungsbeschluss
  dies?                                            Wolfsburg nicht weiter verschärfen.
  Lucas Weiß: Wir haben zweimal bereits            Günther Wagner: Der Vorstand unterstützt          fassen. Danach
  die Gelegenheit bekommen, uns und unse-          die Geschäftsführung bei ihrer Absicht, bereits   beginnt die
  re Pläne im Ortsrat Heiligendorf vorstellen zu   jetzt perspektivisch nach Personal zu schauen.
  dürfen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass      Wir können es uns schließlich nicht erlauben,     so genannte
  wir von den Heiligendorfern so freundlich        bei der Eröffnung in Heiligendorf ohne aus-       Erschließung des
  aufgenommen worden sind.                         reichend qualifiziertes Personal da zu stehen.
                                                                                                     Gebietes.
  Günther Wagner: Unser Bestreben ist es,
  die beteiligten Anwohner frühzeitig in unsere    Qualifiziertes Personal braucht der Hos-
  Pläne einzubeziehen. Jeder, der dort bauen       pizverein auch in der ambulanten und
  möchte, soll wissen, dass am Rande des Bau-      palliativen Betreuung.
  gebietes ein Hospizhaus stehen wird und was      Günther Wagner: Ein zweites stationäres
  das konkret bedeutet. Wir werden alles tun,      Haus ändert nichts an dem Grundsatz unseres       „Ein zweites sta-
  um uns als gute Nachbarn darzustellen.           Vereins: Der lautet: ambulant vor stationär.
                                                                                                     tionäres Haus
  Lucas Weiß: Nicht nur die Wolfsburger            Dafür benötigen wir ärztliche und pflegeri-
  Stadtspitze mit Oberbürgermeister Mohrs,         sche Kompetenz. Wir müssen also weitere           ändert nichts an
  sondern auch der Heiligendorfer Ortsbür-         Ärzte und Pflegeeinrichtungen finden, die im      dem Grundsatz
  germeister Marco Meiners und der gesamte         Palliativ-Netzwerk mitarbeiten. Dies gilt künf-
                                                                                                     unseres Vereins:
  Ortsrat unterstützen unsere Pläne. Gemein-       tig auch für die Region Helmstedt.
  sam mit den Lokalpolitikern werden wir die       Lucas Weiß: Als Hospizverein planen wir           Der lautet: ambu-
  betroffenen Anwohner zu einem Informati-         ein eigenes Palliativ-Team zur Unterstützung      lant vor stationär.“
  onstag einladen.                                 der ambulanten Palliativversorgung. Auch das
                                                   wird keine leichte Aufgabe.
  Kommen wir zu den internen Heraus-
  forderungen: Ein zweites Haus bedeu-             Wie sieht der weitere Zeitplan für den
  tet auch einen zweiten Personalstamm.            Neubau aus? Wann kann das Hospiz-
  Angesichts der aktuellen Situation in            haus frühestens sein neues Domizil
  der Pflege keine leichte Aufgabe.                beziehen?
  Lucas Weiß: In der Tat stehen wir da vor         Lucas Weiß: Das steht nicht allein in unse-
  einer gewaltigen Aufgabe. Die Krankenkas-        rer Macht. Zunächst muss die Stadt Wolfs-
  sen verlangen, dass jedes Hospizhaus solitär     burg die weitere Planung des Baugebietes
  und autark funktionieren muss. Wir brauchen      „Krummer Morgen“ auf den Weg bringen.
  für das neue Haus also eine eigene komplette     Der Zeitplan kann von vielen Widrigkeiten
  Personalausstattung. Außerdem wollen wir         abhängen: Einsprüche von Anwohnern oder
  auch nicht unsere Pflegekräfte permanent je      Interessenverbänden, Verzögerungen durch
  nach Bedarf von A nach B schieben und damit      überlastete Baufirmen etc.
  gewachsene Strukturen zerschneiden.                                   Interview: Willi Dörr

  Hospizbrief Ausgabe 2/2018
16
 Aus dem Hospizhaus

Interview mit Verwaltungsleiterin Ines Radke:

„Langweilig ist meine Arbeit nicht“
„Offenheit, Freundlichkeit und Vertrauen, Freude und Dankbarkeit“, mit diesen emotio-
nalen Worten kennzeichnet Ines Radke ihre persönliche Einschätzung der Atmosphäre,
in der sie als Verwaltungsleiterin seit 2005 im Hospiz arbeitet. Im Laufe des Gesprächs
erläutert Ines ihre positive Bewertung.

                      Auch in einem Hospiz ist Verwaltungs-            In meist kurzen Gesprächen lerne ich auch
                      arbeit notwendig. Was gehört zu Dei-             oft die Angehörigen kennen und empfinde
                      nem Aufgabenfeld?                                Dankbarkeit dafür, wenn sich jemand mir
                      Ines: Meine Tätigkeit umfasst die Personal-      gegenüber öffnet.
                      sachbearbeitung. Dazu gehört die Einstellung
                      und Ausbildung von Mitarbeitern und Mitar-       Den offenen Zugang im Haus hast Du
                      beiterinnen. Seit 2005 habe ich drei Kaufleute   schon erwähnt. Wie sieht es aus mit
                      für Bürokommunikation ausgebildet. Zudem         den anderen Stichworten „Vertrauen“
                      gehört die Buchhaltung zu meinem Aufga-          und „Freundlichkeit“?
                      benbereich. So habe ich oft Kontakt zu den       Ines: Ich bin Ansprechpartnerin für alle
                      Krankenkassen bei der Kostenklärung, wenn        Beschäftigten in Personalangelegenheiten.
                      es um die Abrechnungen geht. Dies bezieht        Mich persönlich hat die interdisziplinäre Arbeit
                      sich auch auf die ambulante Hospizarbeit und     weitergebracht. Das wäre nicht ohne Freund-
                      das Palliativ-Netzwerk-Wolfsburg.                lichkeit, Offenheit und Vertrauen gegangen,
                                                                       wodurch die Atmosphäre des Hospizhauses
                      Das hört sich alles sehr „trocken“ und           geprägt ist. Die Verknüpfung von Verwaltung
                      sachlich, wenn nicht gar langweilig an.          und sozialer Arbeit ist nicht immer einfach.
                      Ines: Langweilig ist meine Arbeit überhaupt      Aber wir suchen stets nach Möglichkeiten,
Ines Radke arbei-     nicht! Als Fachwirtin im sozialen Gesund-        über alles zu reden. Das gelingt eben nur mit
tet seit 2005 als     heitswesen habe ich hier die Verbindung von      einem freundlichen Umgangston in einem
Verwaltungsleiterin   Verwaltungsarbeit mit sozialer Arbeit. Dar-      offenen, zugewandten und vertrauensvollen
im Hospiz
                      um macht mir mein Beruf so viel Freude. Ich      Klima!
                      komme gerne mit Menschen ins Gespräch.
                      Da gibt es etliche Beispiele: Am Telefon oder    Was erfüllt Dich mit Freude?
                      im Empfang mit den Angehörigen der Gäste,        Ines: Zu Beginn dachte ich oft: Ob ich den
                      Kontakt zu Dienstleistern und Lieferanten, bei   1.000. Gast wohl noch erlebe? Als ich nach
                      Terminkoordinationen mit der Geschäftslei-       einigen Jahren die Rechnungsnummer 1.000
                      tung und den Mitarbeiterinnen und Mitar-         angelegt habe, spüre ich wieder einmal die
                      beitern und nicht zuletzt zu den Gästen, die     Freude über meine Arbeit und meine große
                      – wenn sie mobil sind – einen offenen Zugang     Verbundenheit mit dem Hospiz.
                      im ganzen Haus haben.                            Aber wichtig ist mir auch, dabei in der Ent-
                                                                       wicklung nicht stehen zu bleiben. Und ganz
                      Berührt Dich das und wie verarbeitest            besonders freue ich mich über die vielen
                      Du die Gespräche?                                dankbaren Rückmeldungen der Angehörigen
                      Ines: Da ich sowohl in der Telefonseelsor-       unserer Gäste, die ausnahmslos froh sind und
                      ge als auch in der Suchtkrankenberatung          waren, dass ihr Partner oder ihre Partnerin
                      ausgebildet worden bin, habe ich keine           den letzten Schritt ins Hospiz gegangen sind.
                      Berührungsängste. Die soziale Kompetenz,                         Interview: Regina Bittner
                      jemanden aufzufangen, der zum Beispiel
                      in Tränen ausbricht, ist bei mir vorhanden.

                                                                                                     Hospizbrief Ausgabe 2/2018
17

Ann-Christin machte Ausbildung im Hospiz:

„Mama, da will ich arbeiten“
„Mama, da will ich arbeiten!“ teilt die16-jährige Ann-Christin ihrer Mutter mit, die sie
nach ihrem ersten Probetag im Hospiz abholt. Sie bewirbt sich dort - wie an vielen Stel-
len - ohne darüber nachzudenken, was „Hospiz“ bedeutet. Nun ist sie überrascht von
so viel Leben und den lieben Menschen in dem Haus.

Wie ging es dann weiter?                           Ann-Christin: Im Unterbewusstsein habe
Ann-Christin: Ich habe ab 2015 mit meiner          ich Ängste, ich könnte beim Kontakt mit
Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement         Gästen etwas Falsches sagen. Ich will lernen,
begonnen. Die Ausbildung hier im Haus ende-        besser mit der Situation umgehen zu können.
te in diesem Sommer und bin übernommen             Dieses Lernen ist ein Prozess. Im Praktikum
worden, was nicht von Anfang an feststand.         während meiner Ausbildung, die ich 2017
Damit habe ich nun mehr Verantwortung und          gemacht habe, habe ich gemerkt, dass die
auch mehr Aufgaben bekommen z.B. in der            Gäste ja genauso Menschen sind wie alle
Buchhaltung und im Personalwesen. Ich treffe       Anderen und ich bin viel lockerer im Umgang
selbstständige Entscheidungen. Nach meiner         mit ihnen geworden.
Ausbildung fühlt sich das für mich neu und
„merkwürdig“ an.                                   Bist Du zusätzlich zu Deiner Arbeit hier
                                                   auch ehrenamtlich als Sterbebegleiterin
Arbeitest Du mit voller Stundenzahl?               tätig?
Ann-Christin: Seit April mache ich noch            Ann-Christin: Das werde ich vielleicht spä-
eine Weiterbildung zur Wirtschaftsfachwirtin.      ter machen. Mir ist es wichtig, einen ande-
Daher arbeite ich nur 35 Stunden.                  ren Blickwinkel zu erfahren und so besseren
                                                   Kontakt zu den Gästen zu bekommen. Durch
Haben sich die Erwartungen nach dem                meine Arbeit im Hospiz hat sich für mich viel     Ann-Christin:
1. Probetag erfüllt? Was gefällt Dir hier          verändert – auch in meinem Umfeld. Meine
                                                                                                     „Man darf in sei-
so gut?                                            Eltern z.B. haben jetzt auch eine Patienten-
Ann-Christin: Zunächst mal arbeite ich             verfügung.                                        ner Trauer nicht
gern im Büro und am PC. Ich bin ein offener                                                          versinken!“
Typ und tausche mich gerne aus. Schön ist          Welche Ereignisse oder Situationen
es, wenn man nette oder spaßige Worte mit          berühren Dich und sind in Deiner Erin-
den Ehrenamtlichen, den Angehörigen oder           nerung?
den KollegInnen austauscht. Das sorgt für          Ann-Christin:Es macht mich traurig, wenn
eine entspannte Atmoshäre. Es macht mir            bei einem alten Ehepaar der Partner oder die
Freude, für Viele und Vieles Anlaufstelle zu       Partnerin stirbt. Oft zeigen die Zurückbleiben-
sein. Meine Aufgaben sind sehr umfangreich         den uns gegenüber die Gefühle ihrer starken
und unterschiedlich. Dazu zählen u.a. auch         Liebe. Was mich auch sehr berührt hat, war
Telefondienst, Spendenannahme, Buchhal-            ein Brief, in dem uns ein Angehöriger berich-
tung und das Stellen von Rechnungen, aber          tete, dass er zum ersten Mal nach all den
ebenso Kleinigkeiten – wie Bereiche des Hos-       Jahren allein an den gemeinsamen Urlaubs-
piz z.B. die Pflege – mit Material zu versorgen.   ort gefahren ist, wie sehr er die Verstorbene
                                                   vermisst und dass er jetzt weggezogen ist zu
Du hast zusätzlich den Kurs zur Sterbe-            seinen Kindern. Dieses Vertrauen und das
gleitung gemacht. Das ist sehr unge-               Sich-Öffnen sind das Wichtigste an meiner
wöhnlich in Deinem Alter. Was war der              Arbeit hier im Hospiz!
Grund dafür?                                                         Interview: Regina Bittner

Hospizbrief Ausgabe 2/2018
18
             Aus dem Hospizhaus

           Strandparty

           Sommerfest im Hospiz
           Passend zu unserem Motto strahlt die Sonne aus allen Knopflöchern. Ein maritim ge-
           schmückter Garten lädt alle Gäste, Angehörigen, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeite-
           rinnen und Mitarbeiter zu einem bunten Sommerfest ein.

                                                                                   Das Füllhorn ist reich bestückt: mit chil-
                                                                                      ligen Gitarrenklängen und Gesang von
                                                                                        Jezking, einem Theaterstück der Trost-
                                                                                          insel-Kinder mit dem Titel: „Gehört
                                                                                             das so?“, leckeren Waffeln, überaus
                                                                                              reichhaltigen Salaten vom Mitbring-
,
    e                                                    haup
                                                               t- u   n d
                                                                           Gäst
                                                                                 en            buffet, Grillen vom Feinsten und
                                               ir mit             eren             n.
                                         rn w              d uns pizgarte
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                                                     n u n
                                                                Hos               sel           fruchtigen Getränke, Herr Giral-
                     9.Au            eiter party“ im                       ostin
               Am 2 n Mitarb                  n d               d  ie Tr          ? “
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                                                                               so                di mit seinem Eiswagen, alten
        ehre          ö               nd J
                ngeh           ie Ba               hrun             : eisk            ein
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                                                       geso
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                                                                            ks u n d              Schlagern zum Mitsingen und
                dabe                             l ist               Drin           rill.
          Mit        it der T che Woh eln, coole                            v om G
              Kids
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                                                                     it e n
                                                                           n Be
                                                                                 reich
                                                                                        e n .
                                                                                                   ein keckes Geschwisterpärchen
                  Für d             ische zu Köstli
                             g, fr                                zelne
                   r as chun       g b u ffet          d e n ein                                    packt die Badehose ein.
              Über       Mitb
                               rin
                                 e        ldung
                                                    in
                   es        Anm
              bunt      n um                     Euch
                  bitte                      auf
             Wir                        sich
                                   reut                     !
                              Es f
                                                  Team            Neben den lauten, erklingen
                                          u   ngs-
                                    ereit
                                Vorb                               auch leise Töne und viele,
                          das
                                                                    viele nette Begegnungen
                                                                     und Gespräche. Noch nie
                                                                     haben so viele Hospizgäs-
                                                          te zusammen mit ihren Familien dabei
                                                    sein können.

                                                    Der Nachmittag verfliegt im Nu. Zum
                                                    Abschluss stimmen sich alle noch einmal mit
                                                    einer Muschel oder einem Stein in der Hand
                                                    auf ein schönes warmes Sommergefühl ein.
                                                    Ein ganz großes Dankeschön geht an alle
                                                    Helfer, die bei der Vorbereitung und Durch-
                                                    führung des Sommerfestes geholfen haben,
                                                    und an Florian Krause, der mit dem Erlös vom
                                                    Benefiz-Konzert im Chris Inn, alles finanziell
                                                    unterstützt hat.
                                                                               Brigitte Werner

                                                                                                                                    Hospizbrief Ausgabe 2/2018
19

                                                                         Tolles Wetter, tolle Atmosphäre - die idea-
                                                                         le Voraussetzung für eine stimmungsvolle
                                                                         „Strandparty“ im Hospizhaus.

Wolfsburg feiert, der Hospizverein ist dabei
Zum 80. Stadtgeburtstag Wolfsburgs nimmt die Hospizarbeit an der Ehrenamtsbörse
teil. In „kuscheligen“ Pavillons, jeder Verein erhält knappe 2 x 2 m Standfläche, drängelt
sich die Hospizarbeit etwas beengt gemeinsam mit dem EthikNetz Wolfsburg. Neue
ehrenamtliche Mitarbeitende sollen gefunden werden, sowohl für die Hospizarbeit mit
ihren vielfältigen Angeboten als auch für das EthikNetz Wolfsburg, das noch nicht so
bekannt ist.

An zwei Tagen lockt schönstes Sommerwet-        Betroffene bei pflegerisch-medizinischen
ter die Wolfsburger in die Innenstadt. Im 2     Konflikten zu unterstützen.
bis 3-Stunden-Takt wechseln sich jeweils drei
Ehrenamtliche ab und betreuen den Stand. Es     Ein Highlight für die Ehrenamtlichen ist am
kommt zu zahlreichen Gesprächen mit Men-        Samstagnachmittag die Preisverleihung der
schen, die die Hospizarbeit schon kennen,       „Gemeinsam helfen“-Aktion der Wolfsbur-
selbst Angehörige im Hospiz gehabt haben        ger Allgemeinen Zeitung und der Volksbank
oder ambulant betreut worden sind. Manche       Brawo. Mit drei nominierten Projekten sind
sind auch an der Vielfalt der ehrenamtlichen    wir ins Rennen gegangen. Und alle haben
Tätigkeiten interessiert, für die man sich in   gewonnen! Die ambulante Kinder- und
unserem Verein engagieren kann.                 Jugendhospizarbeit, die Trostinsel und die
                                                Trauerarbeit erhalten jeweils den 4. Platz,
Das EthikNetz tut sich da schwerer – es ist     der mit je 300 € dotiert ist. Das ist eine stol-
nicht so einfach Ethik zu erklären. Auch mit    ze Summe, die für die ehrenamtliche Arbeit
der ethischen Schatztruhe nicht, die dazu       in unserem Verein zusammen gekommen
einlädt, über Zitate von Albert Schweitzer      ist. Die Preise werden von Gisela Appel,             Bei der „Gemeinsam
nachzudenken, wie z.B. „Bei der Ethik han-      Sonja Haase und Christine Prause entgegen            helfen“-Aktion gab
delt es sich um ein schöpferisches Tun der      genommen. Wir sagen Danke schön für diese            es Ehrenpreise für die
                                                                                                     Hospizarbeit.
Vielen.“ Dennoch finden die Besucherinnen       tolle Unterstützung.
und Besucher die Arbeit im EthikNetz wichtig,                               Brigitte Werner
wenn man ihnen erklärt, dass es darum geht,

Hospizbrief Ausgabe 2/2018
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