Hospizbrief Ruhe sanft! Aber wie? - Hospiz Wolfsburg
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Hospizbrief Ausgabe 2 I 2018 Ruhe sanft! Aber wie? Titelthema Aus dem Hospizhaus Aus dem Ehrenamt Wie wollen wir begraben Planung für ein zweites VfL-Mitarbeiter packen an sein? 5 Seite 3 Hospizhaus 5 Seite 14 5 Seite 38
2 Inhalt Titelthema Trauer und Trostinsel „Wie wollen wir begraben werden?“ „(M)ein Platz für Dich!“ Gedenkgottsdienst für verstorbene Kinder 26 Ruhe sanft! Aber wie? 3 Lebe wohl, Rosita! 27 Alternative Orte und Formen der Bessattung 4 Waldtag mit der Trostinsel: Gruft – heute eher nicht mehr gebräuchlich 5 Domino aus Zweigen und Blättern 28 Kolumbarium in Ehmen 5 Spende der VW-Auszubildenden: Friedhöfe in Wolfsburg: Jetzt kann „gekickert“ werden 29 „Wir versuchen, Wünsche zu erfüllen“ 6 FriedWald oder Baumbestattung? 8 Aus der Begleitung Gespräch mit einem Bestatter 7 Palliativ-Partner: Diakonie-Sozialstation Wolfsburg-Mitte: Aus der Pflege „Wir bauen keine Autos, wir pflegen Menschen“ 30 Selbsterfahrung im Rollstuhl: Neues „Kleid“ für unsere Fenster 31 „Die Welt aus einer neuen Perspektive“ 9 Aus dem Ehrenamt Praktikum im Hospiz: „Du bist doch noch so jung …" 11 Benefiz-Konzert zugunsten Hospiz: Herzenswunsch Krankenwagen der Malteser: „Fünf Bands spielen für guten Zweck“ 32 Frau K. geht noch einmal in die Lüfte 12 Hallenbad rockt für zweites Hospiz 33 Erinnerungen an Christine Winter 13 Die Wolfsburger Elfen helfen: Eine besondere Form der Trauerbewältigung 34 Aus dem Hospizhaus Ein Himmel für Kinder Hospiz plant zweites stationäres Standbein: Bestattung von Sternenkindern 36 Am „Krummen Morgen“ wird die Zukunft Gemeinsam bewegen „11 für 11“ gedacht 14 VfL-Mitarbeiter engagieren sich im Hospizhaus 38 Interview mit Ines Radke (Verwaltungsleiterin): „Langweilig ist meine Arbeit überhaupt nicht“ 16 Und sonst noch … Ausbildung im Hospiz: Friedhöfe dieser Welt: Berg der Kreuze „Mama, da will ich arbeiten“ 17 Ein Symbol gegen Unterdrückung 40 Strandparty – Sommerfest im Hospiz 18 Trauerkultur in Mexiko: Stadtgeburtstag: Hospiz feiert mit 19 Kann Trauer bunt sein? 42 Spenden: Hospiz sagt: Danke! 20 Buchbesprechung: Eric-Emmanuel Schmitt: Oskar und die Dame in Rosa 44 Gemeinsam-Preis der Braunschweiger Zeitung: „Unsere Gesellschaft braucht solche Trostinseln“ 23 Prominente „Nachrufe“: Eric Clapton: „Es wird keine Tränen Im Gespräch: Rainer Steinkamp, im Himmel mehr geben“ 45 Intendant des Theaters Wolfsburg: „Trocken oder halbtrocken?“ 24 Termine 46 Nach dem Einbruch: VfL hilft 25 Zu guter Letzt: Rechtzeitige Einsicht 47 Impressum 48 Hospizbrief Ausgabe 2/2018
3 Wie wollen wir begraben werden? Ruhe sanft! Aber wie? Wie wollen wir begraben sein? Wenn ein Mensch verstorben ist, müssen die Angehörigen die Entscheidung für eine Bestattungsart treffen. Soll es eine Erdbestattung oder eine Feuerbestattung sein? Vielleicht hat sich der Verstorbene zu Lebzeiten einmal über seinen letzten Wunsch geäußert? Ist es den Hinterbliebenen wichtig, eine Grabstelle auf einem Friedhof besu- chen und pflegen zu können oder ist der Gedanke einer Naturbestattung tröstlich? Wir beleuchten in unserer Titelgeschichte, welche Grabarten es in Deutschland gibt. Die traditionellen Grabarten in Deutschland sind Wahlgräber, Reihengräber sowie die anonymen Grabstätten. Informationen zu den genauen Regelungen auf den jeweiligen Friedhöfen erteilen die zuständigen Friedhofs- verwaltungen. Alternativ zu den traditionellen Grabarten entscheiden sich mittlerweile aber auch vie- le Menschen für andere Möglichkeiten wie Baumgräber, Gruften, Röser, Stelen, Kolum- barien oder Felsengräber (siehe Berichte auf den folgenden Seiten). Auch Rasengräber werden auf vielen Friedhöfen angeboten. Die Nutzungszeit von Gräbern richtet sich im Die traditionellen Grabarten in Deutschland sind Wahlgräber, Reihengräber Wesentlichen nach der Bodenbeschaffenheit sowie die anonymen Grabstätten. und der Bestattungsform. Gräber werden in Deutschland in der Regel für eine bestimmte Dies liegt in erster Linie daran, dass ein Wahl- Viele Ange Zeit gepachtet. Diese Informationen finden grab meist viel größer ist als ein Reihengrab sich in den einzelnen Satzungen der Fried- oder ein anonymes Grab. Viele Angehörige hörige kümmern höfe. kümmern sich selbst um die Grabpflege. Man sich selbst um kann aber auch eine Friedhofsgärtnerei mit Die Erdbestattung der Grabpflege des Wahlgrabes beauftragen. die Grabpflege. Die Erdbestattung muss in Deutschland in Dies bietet sich vor allem für Angehörige an, Man kann einem Sarg erfolgen. Die Beerdigung kann in die weit außerhalb des Friedhofs wohnen. aber auch eine einem Wahlgrab stattfinden. Entscheidet man sich für ein Wahlgrab, so darf man die Lage Was ist ein Reihengrab? Friedhofs und die Größe des Grabes selbst auswählen. Das Reihengrab ist in der Regel ein Einzel- gärtnerei mit Das Wahlgrab kann ein- oder mehrstellig sein. grab auf einem Friedhof. Die Urne oder der der Grabpflege Es bietet sich somit insbesondere für Perso- Sarg werden wie beim Wahlgrab in der Erde nen an, die später neben ihren Angehörigen beigesetzt. Aufgrund der Tatsache, dass Rei- beauftragen. bestattet werden wollen. Die Ruhezeit für ein hengräber auf einem – häufig separaten – Wahlgrab liegt für gewöhnlich zwischen 20 Grabfeld der Reihe nach vergeben werden, und 30 Jahren. Das Wahlgrab zählt zu den haben Angehörige keine Möglichkeit, die teuersten Grabarten. Lage und Größe des Grabes selbst zu bestim- men. Eine Verlängerung der Nutzungszeit ist Die Grabpflege für ein Wahlgrab ist im Ver- üblicherweise nicht möglich, da nach Ablauf gleich zu anderen Gräbern relativ aufwändig. das gesamte Grabfeld eingeebnet wird. Hospizbrief Ausgabe 2/2018
4 Wie wollen wir begraben werden? Für viele Angehörige ist die tägliche Pflege des Grabes eine Form der Trauerbewältigung Das Aufstellen eines Grabsteins ist bei einem Särgen, die sogenannten anonymen Erdbe- „Hier liegt der Reihengrab fast überall möglich. In der Regel stattungen. In beiden Fällen ist den Ange- können die Angehörigen die Gestaltung eines hörigen die genaue Bestattungsstelle nicht liebe Doktor Reihengrabes nach ihren Vorstellungen vor- bekannt. Das Abschied nehmen am Grab ist Grimm, und nehmen. Wichtig ist hierbei, dass sie die Vor- daher nicht möglich und es fehlt der oft so die er heilte gaben des Friedhofs einhalten und benach- wichtige Anlaufpunkt zur Trauerbewältigung barte Grabstellen durch Ihre Bepflanzung nach einer Bestattung. Anonyme Grabfelder neben ihm“ nicht beeinträchtigt werden. So sind beispiels- bieten sich allerdings für diejenigen an, die Grabinschrift weise stark wuchernde Pflanzen oder solche, nach günstigen Bestattungen suchen. Die die ihren Samen auswerfen, ungeeignet. Kosten einer Bestattung, die anonym durch- geführt wird, sind meist einige hundert Euro Was ist ein anonymes Grab? geringer als bei nicht anonymen Beerdigun- Anonyme Grabfelder dienen meist zur namen- gen. Eine anonyme Bestattung kann in der losen Beisetzung von Urnen im Rahmen einer Regel nicht rückgängig gemacht werden und anonymen Feuerbestattung. Vereinzelt gibt sollte gut überlegt werden. es jedoch auch anonyme Bestattungen von Willi Dörr Alternative Orte und Formen der Bestattung Almwiesenbestattung. Über die oder im Atlantik bestattet werden will. Teile der Asche eines Verstorbenen "Oase der Ewigkeit" kann die Asche Bei der Luftbestattung wird die in einen individuellen Diamanten eines Menschen auf einer Almwiese, Asche beispielsweise von einem umgewandelt werden kann. in einem Bergbach, an einem Felsen, Heißluftballon heraus in der Luft ver- Bei einer Weltallbestattung wird am See oder am Fuße eines Baumes streut. Drei oder mehr Angehörige ein kleiner Teil der Asche in eine beigesetzt werden. Ebenso kann sie können die Beisetzungsfahrt beglei- spezielle Kapsel verfüllt, die mit einer in die Luft gestreut und dem Wind ten, in deren Rahmen die Asche in Rakete in den Weltraum verbracht übergeben werden. In Deutschland den Wind gestreut wird. Die genau- wird. Solche Raketenstarts gibt es nicht erlaubt. en Koordinaten des Beisetzungsortes etwa einmal im Jahr. Seebestattung. Bei dieser Bestat- werden auf eine Karte übertragen, Eine Röse ist ein Steinhügel, um den tungsart wird die Asche des Ver- die den Angehörigen übergeben Urnen ringförmig beigesetzt werden. storbenen im Meer beigesetzt. Vor wird. Die Luftbestattung ist, anders Rösen sind nicht auf jedem Friedhof ein paar Jahren war hierfür noch als in Frankreich, aufgrund des Fried- zu finden. ein besonderer Bezug zum Meer, hofszwangs in Deutschland nicht Eine Urnenstele ist eine mit einer beispielsweise durch den Beruf, Vor- gestattet. Inschrift versehende Säule, in wel- aussetzung. Heutzutage kann jeder Die Schweizer Firma Algordanza cher die Urne beigesetzt wird. Häufig selbst entscheiden, ob er in der Nord- hat ein aufwendiges Verfahren ent- können in einer Stele mehrere Urnen oder Ostsee oder gar im Mittelmeer wickelt, durch das die Asche oder bestattet werden. Hospizbrief Ausgabe 2/2018
5 Gruft – heute eher nicht mehr gebräuchlich Als Gruft wird im Allgemeinen eine gemauerte Grabanlage auf einem Friedhof be- zeichnet. Diese kann sowohl überirdisch als auch unterirdisch liegen. Gruften bieten in der Regel Platz für die Bestattung mehrerer Verstorbener. Die Verstorbenen werden in einem Sarg bestattet, der nicht wie bei einer Erdbestattung von Erde umgeben ist, sondern in einer Art Hohlraum steht. Die Bezeichnung Gruft leitet sich vom Begriff dann auch die entsprechenden Gebühren für Krypta ab, dem heute allerdings eine separate die Gruft entrichten. Bedeutung zukommt. Auch Mausoleen und Grabkapellen sind im weitesten Sinne eine Eine Familiengruft ist häufig wie ein Mau- Gruft. Diese Grabstätten sind aber deutlich soleum gestaltet und beherbergt mehrere „Er lebte größer und haben die Form eines Gebäudes. Särge, die nicht im direkten Kontakt zur Erde still und stehen. Die Familienmitglieder haben ein dau- Die Entstehung der Gruft als Grabart kann erhaftes Nutzungsrecht an der Gruft. unscheinbar auf den christlichen Brauch zurückgeführt und starb, werden, kirchliche Würdenträger oder Hei- Eine Gemeinschaftsgruft ähnelt dieser Art. weil es so lige in sogenannten Krypten beizusetzen. Die Ausnahme besteht lediglich darin, dass Anders als eine Krypta, also ein Raum, der in einer Gemeinschaftsgruft nicht nur die üblich war“ meist unter dem Altar einer Kirche oder eines Mitglieder einer Familie bestattet werden, Grabinschrift Doms liegt, kann eine Gruft sich jedoch über- sondern auch adlige oder bürgerliche Ver- all auf einem Friedhof befinden. Außerdem storbene ohne Beziehung zueinander. können Verstorbene in einer Gruft unabhän- Willi Dörr gig von kirchlichen und weltlichen Rängen beigesetzt werden. Kolumbarium Ehmen Der Begriff der Familiengruft ist in früheren Ein Kolumbarium ist ein kleines Gewöl- Zeiten geprägt worden, als sich überwiegend be oder eine Art Wand zur Bestattung adlige Familien in familieneigenen Gruften von Urnen. Kolumbarien gibt es für ein- bestatten ließen. Noch heute existieren viele zelne oder mehrere Urnen. Sie werden solcher historischer Gruften. mit einer Steinplatte verschlossen, die beschriftet werden kann. Die Grabpfle- Auch wenn Gruften nicht zu den weit ver- ge entfällt. Ein solches Kolumbarium breiteten Grabstätten zählen, ist es meist gibt es auch in Wolfsburg. dennoch möglich, sich in einer Gruft auf Die kreuzförmige Taufkapelle mit Kol einem Friedhof bestatten zu lassen. Im umbarium, die das Ehepaar Katharina Gegensatz zu herkömmlichen Erd- oder Feu- und Bernd Hansmann gestiftet und der Kirchengemeinde St. Ludgeri erbestattungen müssen Sie allerdings die lan- in Ehmen zur Einweihung am 1. Advent 2015 übergeben hat, dient als ge Ruhezeit der Verstorbenen beachten. Da Erweiterung der neogotischen Ludgeri-Kirche. 268 Urnenfächer sind in die Särge in einer Gruft meistens aus Metall die Außenhaut des Neubaus eingelassen, vom Innenraum strikt getrennt. gefertigt sind, findet ein leicht verzögerter Der Innenbereich der Kapelle dient als Tauf- und Andachtsstätte. Den Verwesungsprozess statt. Deshalb kann die Mittelpunkt der Kapelle bildet der gotische Marien-Krönungsaltar aus Ruhezeit des Verstorbenen 40 bis 60 Jahre dem Jahr 1450. Er hat bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in der Ehmer betragen. Für diesen Zeitraum müssen Sie Vorgängerkirche gestanden. www.kolumbarium-wolfsburg.de Hospizbrief Ausgabe 2/2018
6 Wie wollen wir begraben werden? Friedhöfe in Wolfsburg: „Wir versuchen, Wünsche zu erfüllen“ In Wolfsburg ist der Geschäftsbereich Grün und hier insbesondere die Friedhofsver- waltung Ansprechpartner für alle Angelegenheiten zu den städtischen Friedhöfen. Im Gespräch beantwortet deren Leiter Götz Stehr die wesentlichen Fragen. burger und jede Wolfsburgerin die Möglich- keit, eine Grabstätte zu erwerben. Auf den übrigen städtischen Friedhöfen können Grab- stätten grundsätzlich nur für die Bestattung der jeweiligen Ortsteilbewohner vergeben werden. Welche Grabarten können Verstorbene oder ihre Hinterbliebenen auf den städ- tischen Friedhöfen wählen? Götz Stehr: Die Stadt Wolfsburg bietet auf den städtischen Friedhöfen mittlerweile 17 verschiedene Grabarten – Tendenz nach oben. Wir bemühen uns zudem, individuelle Wünsche zu erfüllen. Bei aller emotionalen Betroffenheit sind die Angehörigen für uns auch Kunden. Ihre Bedürfnisse zu erfüllen, Der alte Friedhof in Wie viele Menschen sterben eigentlich ist uns ein wichtiges Anliegen. Ich würde es Vorsfelde (Foto) wird jährlich in Wolfsburg? begrüßen, wenn die Menschen sich frühzeitig seit dem 1. März Götz Stehr: Laut dem städtischen Bevölke- Gedanken machen würden, wie sie beerdigt 2017 von der rungsbericht sind es 2017 exakt 1.418 Ster- werden möchten. Dann könnte man noch Friedholfsverwaltung der Stadt Wolfsburg befälle in Wolfsburg gewesen. Wir schätzen, gezielter auf spezielle Wünsche eingehen. betreut. Bis dahin aufgrund der demografischen Entwicklung gehörte er zur werden die Zahlen in den nächsten 30 Jah- Sterben (oder besser: bestatten) ist kei- Evangelischen ren leicht zunehmen. Gut 90 Prozent der Ver- ne billige Angelegenheit. Wie sehen Sie Kirchengemeinde storbenen finden auf unseren Friedhöfen ihre die Gebührensituation in Wolfsburg? St. Petrus / Heiliggeist. letzte Ruhe. Götz Stehr: Die Kosten hängen natürlich von der gewählten Grabart ab. Generell bewegen Über welche Friedhofskapazitäten ver- wir uns mit unserer Gebührenstruktur eher fügt die Stadt Wolfsburg? im unteren Bereich des Bundesdurchschnitts. Götz Stehr: Insgesamt 24 Friedhöfe mit einer Mein Wunsch ist es, dass alle Wolfsburgerin- Fläche von rund 77,74 Hektar befinden sich nen und Wolfsburger unabhängig vom Geld- in städtischer Bewirtschaftung. Durch die beutel die Chance haben, hier angemessen Kirchengemeinden werden die Friedhöfe in beerdigt zu werden. Brackstedt, Neindorf und Warmenau verwaltet. Gibt es im Angebot der städtischen Darf jeder Einwohner der Stadt Wolfs- Friedhöfe besondere Formen der burg frei entscheiden, wo er begraben Bestattungsmöglichkeiten? werden möchte? Götz Stehr: Auf dem Friedhof St. Annen Götz Stehr: Nein – diese freie Wahl gilt ledig- befindet sich der im Jahr 2014 neu gestaltete lich für die zwei Zentralfriedhöfe (Waldfried- „Himmel für Kinder“, der den „Sternenkin- hof und Nordfriedhof). Dort hat jeder Wolfs- dern“ – allen ungeborenen und fehlgebore- Hospizbrief Ausgabe 2/2018
7 nen Kindern – eine Bestattungsmöglichkeit bietet. In Wolfsburg leben vermehrt muslimi- sche Bürger. Werden deren Bedürfnisse besonders berücksichtigt? Götz Stehr: Auf dem Nordfriedhof befindet sich sowohl ein muslimisches wie auch ein jüdisches Grabfeld. Bislang werden sie aber nur vereinzelt genutzt. Immer mehr Menschen entscheiden sich bundesweit für ein kleines Urnen- grab. Damit steigen die Leerstände. Gilt der Trend auch für Wolfsburg? Götz Stehr: Bis zum letzten Jahr hätte ich dem noch zugestimmt. Aktuell verzeichnen der Funktion als Bestattungsort als öffentliche „Ein Friedhof ist immer wir aber wieder eine Zunahme zu Sarggrä- Grünanlage, haben eine Bedeutung für den einen Besuch wert – bern. Generell wächst auch der Wunsch nach städtischen Umweltschutz, bieten die ökono- nicht nur anlassbezo- gen.“ naturnahen Bestattungen. Insofern gibt es mische Grundlage für zahlreiche Handwerker auf den Zentralfriedhöfen neben den Urnen- und Geschäfte (vom Sargmacher über den Götz Stehr, Leiter gräbern unter Bäumen seit 2016 auch soge- Steinmetz bis zu den Floristen) und spiegeln der Wolfsburger nannte „naturnahe Sarg- und Urnengräber“, in vielfältiger Weise die kulturelle Geschichte Friedhofsverwaltung Parallel bereiten wir gerade die Eröffnung des Stadtteils wider. eines Bestattungswaldes im Stadtgebiet vor. Ziel ist es, Menschen, die außerhalb von Fried- …und es gibt noch eine soziale höfen beigesetzt werden möchten, ebenfalls Komponente? im Stadtgebiet ein Angebot zu unterbreiten Götz Stehr: Richtig. Ein Friedhof bringt Men- „Guck nicht so Wir beobachten zudem einen Trend zur Auf- schen zusammen. Viele der Hinterbliebenen, blöd, ich würde gabe von Familiengräbern. Dadurch geht lei- die sich um das Grab ihres Verstorbenen küm- der ein Stück Friedhofskultur verloren. mern, sind einsam. Sie treffen auf Menschen, auch lieber am die in einer ähnlichen Situation leben. Oft Strand liegen“ Friedhofskultur? Für Sie sind Friedhöfe findet man so jemanden, mit dem man reden Grabinschrift also auch ein Stück Kulturgut? kann. Ein Friedhof ist immer einen Besuch Götz Stehr: Nicht nur das. Für mich haben wert – nicht nur anlassbezogen. Friedhöfe vier Funktionen. Sie dienen neben Interview: Willi Dörr Gespräch mit einem Bestatter „Wie wollen wir begraben sein", unter etwas geringeren Kosten für eine Erd- Manche Menschen möchten ihren diesem Titel habe ich ein Gespräch bestattung. „Es gibt ja kleine Autos Angehörigen eine letzte Ruhestät- mit einem Wolfsburger Bestatter und auch sehr große Autos“. te auf einem Friedhof, andere in geführt. Nach seiner beruflichen bis- Manche Menschen haben, wenn sie einem Wald ermöglichen. Und wie- herigen Erfahrung entscheiden sich zum Bestatter gehen, sehr genaue der andere wünschen sich eine See- die Wolfsburger Menschen zu einem Vorstellungen und können dann bestattung. Alles ist möglich, es ist Drittel für eine Erdbestattung und zu auch ihre Wünsche klar definieren; eben eine Kostenfrage. zwei Dritteln für eine Feuerbestat- andere Menschen lassen sich Zeit Bei ganz armen Menschen (Sozial- tung. Die jeweilige Entscheidung für und lieber beraten. Dann ist es hilf- hilfeempfänger), die kein eigenes die eine oder andere Bestattungsform reich, wenn der Bestatter etwaige Geld zur Verfügung haben, wird entspringt nach seiner Wahrnehmung Berührungsängste behutsam und vom Sozialamt eine anständige Beer- dem persönlichem Empfinden („Ich mit Einfühlungsvermögen abbauen digung, deren Kosten „gedeckelt“ möchte nicht von Würmern ange- kann. Daraus ergeben sich meist sind, ermöglicht und durchgeführt. nagt werden“ ) und weniger den lockere und zielführende Gespräche. Roland Mook Hospizbrief Ausgabe 2/2018
8 Wie wollen wir begraben werden? Naturbestattungen FriedWald oder Baumbestattung? Bei der Naturbestattung erfolgt die Beisetzung des Toten in der Regel nicht auf einem Friedhof. Eine Ausnahme bildet die Baumbestattung, die teilweise auch auf Friedhöfen angeboten wird. Üblicherweise erfolgt diese Art der Beisetzung in einem Wald, der als Friedhofsfläche genehmigt wird, wie beispielsweise die Gebiete von „FriedWald®“ und „RuheForst®“. Eine Baumbestattung, auch Waldbestattung Die FriedWald GmbH bietet an inzwischen genannt, ist eine noch relativ neue Bestat- über 30 Standorten in Deutschland Urnenbe- tungsart in Deutschland. Bei dieser wird die stattungen mitten im Wald, an den Wurzeln Asche des Verstorbenen im Wurzel- eines Baumes an. Die Wälder in den schönsten bereich eines Baumes bestattet. Auf- Regionen Deutschlands werden von erfahre- grund der Nähe zur Natur, aber auch nen Forstleuten ausgewählt und betreut. Der dem Wegfall der Grabpflege, ent- nächste FriedWald in unserer Region befin- scheiden sich immer mehr Menschen det sich im Elm bei Langeleben. Angehörige für diese Bestattungsart. In Deutsch- haben einen Ort, den sie aufsuchen können. land gibt es mittlerweile einige Dut- Doch die Grabpflege übernimmt die Natur. zend Waldfriedhöfe (z. B. RuheForst In über 40 alten, naturbelassenen Wald- oder FriedWald) mit unterschiedlichen beständen bietet die RuheForst GmbH Möglichkeiten wie Familien- oder Baumbestattungen an. Sie spricht nicht von Freundschaftsbäumen. Die Baumbe- Gräbern, sondern von „Ruhebiotopen“. Die stattung wird aber auch auf immer Grabauswahl, die ebenso wie im FriedWald mehr Friedhöfen möglich. Diese bie- schon vorsorglich erfolgen kann, treffen ten auf sogenannten Baumfeldern Angehörige in Begleitung eines Försters. ebenfalls eine Beisetzung der Urne im Wurzelbereich an. Nach der Beisetzung wird der Baum mit einer Plakette versehen, die einen Namen, einen Die größten Kostenunterschiede bei Spruch oder ein Symbol abbilden kann. der Baumbestattung entstehen durch Anschließend erfolgt eine Registrierung, die die Wahl der Grabstelle. Ein Baum in der Regel den Erhalt des Baumes für bis zu an einer Lichtung, in der Nähe eines 99 Jahre vor der Abholzung bewahrt. Weges oder ein sehr alter Baum sind vergleichsweise teuer. Die günstigs- Der FriedWald bietet unterschiedliche Baum- te Möglichkeit ist die Beisetzung an typen als Grabstätte an. Zu diesen gehören einem Gemeinschaftsbaum. Familienbäume oder Freundschaftsbäume mit 10 Grabstätten. Diese können einer Auf dem Wolfsburger Das Prinzip von FriedWald entsteht in den ganzen Familie oder einem Freundeskreis als Wald- und Neunzigerjahren in der Schweiz. In Deutsch- Ruhestätte dienen. Weiter gibt es Partnerbäu- Nordfriedhof sind land existiert das Unternehmen seit dem me mit zwei Grabstellen, die beispielsweise Bestattungen am Jahr 2001 und verwaltet hier zurzeit mehr für Ehepartner, Geschwister oder Freunde Baum bereits möglich. als 50 Wälder. Die einzelnen Wälder sind gedacht sind. Eine Besonderheit sind die ausgewiesene und genehmigte Waldfried- Sternschnuppenbäume für Kinder bis zum höfe, unterscheiden sich also in Bezug auf dritten Lebensjahr, die abgesehen von den die Bestattungsgesetze nicht von herkömm- Beisetzungsgebühren kostenlos sind. lichen Friedhöfen. Willi Dörr Hospizbrief Ausgabe 2/2018
9 Aus der Pflege Selbsterfahrung im Rollstuhl: „Die Welt aus einer neuen Perspektive“ Für drei Stunden haben wir die Perspektive gewechselt und im Rollstuhl die Stadt er- kundet. Wir, Melina und Johanna, sind die neuen Praktikantinnen und haben die Chan- ce bekommen, für ein paar Wochen einen Einblick in das Hospizhaus Wolfsburg zu erhalten. Unter anderem dürfen wir eine Selbsterfahrung im Rollstuhl machen und sind in die Innenstadt von Wolfsburg gefahren. Bevor es jedoch waghalsig mit dem Rollstuhl in die Stadt geht, werden uns zunächst ein paar wichtige Techniken erklärt und gezeigt. Wir lernen, wie richtig gebremst wird und wie eine Bordsteinkante hinunterzufahren ist, damit wir für unser Experiment gut vorbereitet sind. Wir haben uns abgewechselt und jede von uns bei- den ist eineinhalb Stunden im Rollstuhl unter- wegs, wobei die andere nebenher läuft und aufpasst. Wir fahren durch die Geschäfte in der Stadt und dürfen einmal das Leben aus der Perspektive eines Rollstuhlfahrers erleben. Beide merken wir schnell, dass man aus der sitzenden Position eine sehr vorausschau- ende Sicht hat und mit hoher Achtsamkeit und Konzentration unterwegs sein muss. Die Umgebung wird ganz anders wahrge- nommen und man achtet automatisch auf die kleinste Bodenwelle und überlegt schon im Vorhinein, wie zum Beispiel die nächste gehen wollen und konzentrieren uns, damit Melina (hinten) Kreuzung überquert werden muss. Es wird wir an keiner Kante hängen bleiben. Trotzdem und Johanna haben schon im Voraus sehr deutlich geguckt und stehen wir aufgrund des hohen Bordsteins ein spannendes Experiment gewagt: geplant, worüber man sich als Fußgänger vor der Herausforderung, ihn zu überwinden. Sie sind in einem kaum Gedanken macht. Zumal dies in einer nur kurzen Ampelphase Rollstuhl mehrere geschehen muss. Stress! Man wird nervös. Stunden durch die Als wir uns auf den Weg vom Hospizhaus Weiß, dass gleich die Autos losfahren werden Wolfsburger Innenstadt in die Stadt machen, spüren wir schon das und dass man mehr Zeit als gewöhnlich für gefahren. erste Beklommenheitsgefühl. Es ist ein schö- die Straßenquerung benötigt. ner Tag und die Geschäfte haben ihre Waren sowie Tische und Stühle auf dem Bürgersteig Geschafft! Endlich haben wir die Innenstadt aufgebaut. So müssen wir auf den Radweg erreicht. Hier ist der Boden eben und weitläu- ausweichen. Wir fühlen uns auf dem kleinen fig, so dass man sich erst einmal entspannen Stück sehr schutzlos. kann. Also auf ins erste Geschäft. Dort ange- kommen, sieht es zunächst einmal ganz gut Die erste Kreuzung ist dann das nächste Hin- aus. Doch je spezifischer man sich im Rollstuhl dernis. Wir überlegen genau, wo wir entlang umsehen will, desto schwieriger wird es. Die Hospizbrief Ausgabe 2/2018
10 Aus der Pflege Man bleibt irgendwann einfach sitzen, weil es zu anstrengend ist, dem anderen durch die Gänge zu folgen und wartet irgendwo. Wir besuchen ein Geschäft, in dem wir den Eindruck gehabt haben, dass man auch auf Rollstuhlfahrer und ihre Bedürfnisse eingeht. Die Gänge sind sehr weit, so dass man kaum rangieren muss und sich in Ruhe auf die Ware konzentrieren und diese auch herunterneh- men oder durchstöbern kann. Nach diesem Erlebnis gönnen wir uns ein Eis. Es dauert eine Weile, bis der Rollstuhl zwischen all den anderen Stühlen richtig in Position kommt und wir müssen die Fußstüt- zen hochklappen, damit der Rollstuhl nahe genug am Tisch stehen kann. Im Gedränge der Gänge sind zu eng, um sich spezielle Teile Nun sind unsere Arme schwer und an den Einkaufsläden anzugucken oder gar vom Haken zu nehmen. Händen haben wir ein komisches Gefühl, machen die beiden Oft sogar so eng, dass man die Teile beim das vermeintlich von den Rädern des Roll- Praktikantinnen immer Passieren ins Gesicht bekommt. stuhls kommt. Also beschließen wir, den Bus wieder die Erfahrung, dass die Bedürfnisse zu nehmen und aufgrund der müden Arme der Rollstuhlfahrer Im nächsten Geschäft haben wir mehr Glück. den Rollstuhl zu schieben, was auch erheb- kaum beachtet wer- Die Ständer sind besser platziert, so dass man lich schneller geht. Auf dem Weg zur Bushal- den. mit dem Rollstuhl auch rangieren kann. Wir testelle passieren wir eine unübersichtliche, schnappen uns ein paar Teile, um sie anzupro- einspurige Straße. Zu Fuß ist das auch nicht bieren. Aber nun stehen wir vor einem neuen so schön, aber mit dem Rollstuhl äußerst Problem. Die Umkleidekabine ist zu klein, um unangenehm. sie mit dem Rollstuhl zu befahren. Es wäre aber auch nicht ausreichend Platz gewesen, um Endlich am Bus angekommen, hilft uns ein „Als wir den sich zu drehen oder den Vorhang hinter sich Mann, indem er die Rollstuhlrampe für uns Rollstuhl wieder zu schließen. Beim Verlassen des Geschäfts und eine weitere Rollstuhlfahrerin herun- verstaut haben, stellen wir noch fest, dass das EC-Gerät für terklappt. Im Bus sind wir alle aneinander Rollstuhlfahrer schwer zu erreichen ist. gedrängt und erneut kommen die Taschen stehen wir auf der Menschen einem befremdlich nahe. Zum und schätzen die Im nächsten Shop das gleiche Problem. Es Aussteigen gibt es für Rollstuhlfahrer einen Fähigkeit laufen ist eng, man verkeilt sich und wir werden speziell gekennzeichneten Knopf. Den drü- einmal fast umgefahren, weil uns eine Frau cken wir, als wir aussteigen wollen. Der Bus zu können auf mit Kinderwagen nicht rechtzeitig sieht. Hier hält, senkt sich jedoch nicht ab. Wir warten eine ganz neue haben uns die Verkäuferinnen aber ihre Hil- kurz und müssen dann über die nicht abge- Art und Weise.“ fe angeboten. Das erste Mal an diesem Tag. senkte Kante aus dem Bus aussteigen - gut, Leider sind auch hier die Kabinen zu eng und dass wir das vorher geübt haben. vor dem Kartenlesegerät ist ein Behälter mit Kleinkram aufgebaut. Aber man gibt sich viel Am Hospizhaus angekommen, sind wir ziem- mehr Mühe, uns zu helfen. lich erschöpft. Nicht nur, dass unsere Arme weh tun, auch die permanente Konzentra- In Läden, wo viele schnell zerbrechliche tion und Anspannung stecken uns tief in Gegenstände wie Flakons verkauft wer- den Knochen. Als wir den Rollstuhl wieder den, sind die Konzentration und der Stress verstaut haben, stehen wir auf und schätzen besonders hoch. Diese Geschäfte wollen die Fähigkeit laufen zu können auf eine ganz wir schnell wieder verlassen. Immer wieder neue Art und Weise. beschleicht uns ein Gefühl der Resignation. Johanna Gaus, Melina Mrochen Hospizbrief Ausgabe 2/2018
11 Johanna Gaus macht freiwilliges Praktikum „Du bist doch noch so jung – wieso im Hospizhaus?“ Hallihallo! Mein Name ist Johanna und ich studiere Management im Gesundheitswesen hier in Wolfsburg. Mein Studium macht sehr viel Spaß und bietet mir viele verschiedene Möglichkeiten, später im Gesundheitssektor tätig zu werden. Doch wieso ein freiwilli- ges Praktikum im Hospizhaus, wenn es doch so viele andere Möglichkeiten und Berei- che gibt? Diese Frage ist mir nicht gerade selten gestellt worden… Sich mit dem Thema Tod und Sterben ausein- anderzusetzen, fällt vielen Menschen schwer „Ich habe und stellt sich als Tabu-Thema dar. Auch der gelernt das Bereich der Hospizarbeit wird meist nicht mit Leben zu schät- einem fröhlichen Gedanken verbunden. Ich persönlich bin mit dem Thema schon relativ zen und bin früh in Kontakt getreten, da meine Mutter sehr dankbar bereits viele Jahre in der Hospizarbeit tätig ist. für die bunten In meinem Elternhaus wird somit mit dem Thema Tod und Sterben sehr offen umge- gesammelten gangen, wobei sich bei mir auch ein großes Erfahrungen.“ Interesse in diesem Bereich entwickelt hat. Das Praktikum im Hospizhaus verschafft mir einen sehr vielfältigen Einblick in die Hospiz- arbeit. Die Hospizarbeit in der Region Wolfsburg hat sich durch ein kontinuierlich entwickeltes System über viele Jahre sehr gut vernetzen können. Viele verschiedene Bereiche arbeiten hier Hand in Hand zusammen, wobei sich ein gutes Managementsystem als Grundbaustein darstellt. Hause herrscht. Eines habe ich immer wieder Ich habe die Möglichkeit genutzt, in die vielen gespürt: Das Wohlbefinden des Menschen verschiedenen Bereiche interessante Einblicke steht zu jeder Zeit im Mittelpunkt. zu bekommen, von dem Sozialdienst über die Ehrenamtsarbeit bis hin zu der Verwal- Die Mitarbeiter arbeiten mit einer so posi- tung und dem Palliativ-Netzwerk. Ich durfte tiven und fröhlichen Ausstrahlung, welche mit den Gästen des Hauses in Kontakt tre- direkt ansteckt und sich auf mich überträgt. ten und bei Hausbesuchen, Besprechungen Ich habe gelernt das Leben zu schätzen und und Workshops teilnehmen. Das vierwö- bin sehr dankbar für die bunten gesammelten chige Praktikum hat mir sehr großen Spaß Erfahrungen. gemacht und mir gezeigt, dass trotz der trau- Johanna Gaus rigen Schicksale eine fröhliche Stimmung im Hospizbrief Ausgabe 2/2018
12 Aus der Pflege Malteser „Herzenswunsch Krankenwagen“: Frau K. geht noch einmal in die Lüfte Immer wenn es um Herzenswünsche geht, entdecken wir neue, bisher ungeahnte Seiten in uns und bei unseren Gästen. Nicht alle trauen sich, ihre innigsten Wünsche und Herzensangelegenheiten zu äußern. Umso schöner ist es dann, wenn ein solcher Wunsch wahr werden kann. Die Malteser erfüllen diese Wünsche für schwerkranke Menschen, die z.B. im Hospiz leben, mit der Aktion „Herzenswunsch Krankenwagen“. vom Malteser-Hilfsdienst Holger Scherf und Johannes Sprünken übernehmen den Trans- port zum Segelfluggelände nach Stüde und nehmen Frau K. einfach auf den Arm und tragen sie in das Flugzeug hinein. Etwa eine Stunde dauert der Flug, der sie über Wolfs- burg und sogar bis über ihre alte Heimat Hoheneggelsen bringt. Frau K. kommt nach ca. 3 Stunden über- glücklich und unversehrt mit vielen Fotos im Gepäck zurück ins Hospiz. Hier ihre begeisterte Reaktion am folgenden Tag: Frage: Wie geht es Ihnen heute, einen Tag nach diesem Flug? „Ich habe überhaupt nicht geschlafen, ich bin immer noch so aufgeregt. Wahnsinn! Es war Noch einmal fliegen Frau K. lebt im Hospiz Wolfsburg und ver- megatoll! Gestern Morgen war ich auch sehr - das möchte Frau K. bringt hier ihre letzte Lebensphase. Sie ist aufgeregt, aber ich hatte keine Angst. Der Der Hospizverein und unheilbar krank, leidet an einer Tumorerkran- Pilot war auch supernett.“ die Malteser-Aktion kung, die weit fortgeschritten ist und eine „Herzenswunsch Krankenwagen“ erfül- aufwändige Wundversorgung erfordert. Ihr Frage: Was ist Ihnen durch den Kopf len ihr diesen Wunsch. größter Wunsch wäre es noch einmal nach gegangen, als Sie oben in der Luft New York zu fliegen. Als Horst-Ulrich Braun, waren? Seelsorger im Hospiz, im Gespräch von die- „Von oben sieht die Welt doch anders aus. Ich sem Wunsch erfährt, hat er eine Idee. Das Ziel werde diese Stunde niemals mehr vergessen, New York wird Frau K. aufgrund ihrer Erkran- solange ich lebe.“ kung nicht mehr erreichen können, aber ein Flug über die Region sollte möglich sein. Frage: Was bedeutet Ihnen der Flug, gerade auch im Angesicht Ihrer schwe- Mit dem Aeroclub Wolfsburg wird ein Flug ren Erkrankung? in einem Motorsegler vereinbart, der Hospiz- „Ich war da oben so total konzentriert, auf verein übernimmt die Kosten. Die Sanitäter die Aussicht, auf das Fotografieren und Flie- Hospizbrief Ausgabe 2/2018
13 gen. In dem Moment habe ich über meine Krankheit nicht mehr nachgedacht.“ „Ich möchte mich bei allen ganz herzlich Frage: Sie sind auch über Ihr Heimat- bedanken, die mir dorf geflogen? diesen Superflug „Ja, das konnte ich an der Lage erkennen ermöglicht haben.“ und vor allem an dem großen Kirchturm, der gut zu sehen war.“ „Jetzt möchte ich mich noch bei allen ganz herzlich bedanken, die mir diesen Superflug ermöglicht haben. Bei den Maltesern, die die ganze Zeit nur für mich da waren, bei dem Piloten Ernst Leyer, bei dem ich mich sicher aufgehoben gefühlt habe, bei Herrn Braun und bei allen Hospizmitarbeitern.“ Brigitte Werner Erinnerungen an Christine Winter Wir trauern um unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin Christine Winter. Christine hat im Jahr 2008 den Vorbereitungskurs zur Sterbebegleitung absolviert und ist in unserem Hospizverein sehr verwurzelt und engagiert gewesen. Sie übernahm viele Aufgaben insbesondere im Rezeptions- dienst und in der Abendbesinnung. Bei der Umgestaltung des Hospiz- hauses in 2012 konnte sie ihre Erfahrungen in Sachen Barrierefreiheit einbringen. Sie beeindruckte uns alle immer wieder, wie sie selbst mit ihrem Schicksal umging. Für viele von uns war sie eine wichtige und gern gesehene Gesprächspartnerin. Ein Höhepunkt war sicherlich der Auftritt beim Tanzenden Theater Wolfsburg, in dem Stück „Lebenszeit – Sterbenszeit“. In dem Tanzstück, das zum Jubiläum der Hospizarbeit in Wolfsburg 2015 aufgeführt wurde, übernahm sie mutig ihren Part und tanzte wunderbar im Rollstuhl, zusammen mit jungen Tänzern vor Publikum. In diesem Sommer mussten wir Abschied von Christine Winter nehmen. Wir werden sie in unse- rer Erinnerung behalten und ihr Andenken ehren. Wir sind sehr dankbar für ihr ehrenamtliches Engagement und sehr bereichert, sie kennengelernt zu haben. Unser Mitgefühl gehört ihren Angehörigen. Hospizarbeit Region Wolfsburg e.V. Hospizbrief Ausgabe 2/2018
14 Aus dem Hospizhaus Hospiz plant ein zweites stationäres Standbein: Am „Krummen Morgen“ wird die Zuk Die Mitgliederversammlung hat im Mai „grünes Licht“ gegeben. Sie beauftragt den Vor- stand, die Möglichkeiten für ein zweites stationäres Hospiz innerhalb der Stadtgrenzen Wolfsburgs zu sondieren. Mittlerweile haben drei renommierte Architektenbüros ihre Vorstellungen von einem Hospizhaus im „ländlichen“ Heiligendorf ausgearbeitet. Über den aktuellen Stand der Planung berichten der 1. Vorsitzende Günther Wagner und Ge- schäftsführer Lucas Weiß in dieser Ausgabe. fehlt aber an stationären Möglichkeiten. Mit dem zweiten Haus können wir unser Angebot erweitern. Das Hospiz in der Eichendorffstra- ße ist baulich an der Grenze angekommen. Als Standort ist ein Grundstück im Bebauungsgebiet „Krummer Morgen“ in Heiligendorf im Gespräch. Wie ist es zu diesem Standort gekommen? Günther Wagner: Der Standort für das neue Haus soll mehrere Funktionen erfüllen: Wir wollen eine „ländliche“ Alternative zu dem „städtischen“ Haus in der Eichendorff- straße. Er darf aber auch nicht zu dörflich sein, sondern muss ein Mindestmaß an Infra- Der 1. Vorsitzende Braucht Wolfsburg ein zweites statio- struktur (Bäcker, Supermarkt, Altenheim etc.) Günther Wagner und näres Hospizhaus? sowie eine gute Anbindung an den Busver- Geschäftsführer Lucas Lucas Weiß: Die Zahlen sprechen eine ein- kehr bieten. Oberbürgermeister Klaus Mohrs Weiß sondieren die deutige Sprache: 2017 haben wir nachweis- hat die Idee mit dem „Krummen Morgen“ ins eingereichten Pläne der Architektenbüros. lich 108 Personen nicht aufnehmen können, Gespräch gebracht. die nach ärztlicher Entscheidung einen Hos- Lucas Weiß: Wir blicken mit diesem Stand- pizplatz benötigt hätten. In diesem Jahr sind ort auch über die Stadtgrenzen hinaus. Mit es – Stichtag 30.9. – bereits 124 Menschen. dem Hospizverein in Helmstedt sind wir seit Hinzu kommen noch einmal ca. 200 voran- Jahren im engen Kontakt. Da bieten sich gute gemeldete Personen. Kooperationsmöglichkeiten an. Die nächsten Günther Wagner: Für die Zukunft prog- Hospizhäuser befinden sich erst in Braun- nostizieren wir aufgrund der demografischen schweig, Celle, Magdeburg und Stendal. Entwicklung eher noch eine Zunahme. Zudem zeichnet sich innerhalb der Bevölkerung ein Während in der Eichendorffstraße Trend ab, hospizliche und palliative Angebote ein bestehendes Gebäude nach den verstärkt in Anspruch nehmen zu wollen. Bedürfnissen des Hospizvereins umge- Lucas Weiß: Ich will in diesem Zusammen- baut werden musste, besteht nun die hang noch einmal den Zweck unseres Hos- Möglichkeiten in einem Neubau von pizvereins in Erinnerung rufen: Wir wollen Grund auf optimal zu planen. Sterbende in ihrer letzten Phase nicht allein Günther Wagner: Wir haben drei Archi- lassen. In der ambulanten und palliativen tekturbüros gebeten, ein Hospizhaus mit Begleitung können wir den Bedarf decken. Es einem „ländlichen Charakter“ zu planen. Im Hospizbrief Ausgabe 2/2018
15 Günther Wagner: Uns ist ganz wichtig, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei unft gedacht all unseren Überlegungen mitzunehmen. Wir wissen, welchen schwierigen Job sie meistern. Zeitnahe Information kann mögliche Ängste und Sorgen nehmen. Mittelpunkt steht dabei natürlich die optima- le Umsetzung unseres mit den Mitarbeitern Wie schätzen Sie die Personalsituation erarbeiteten Raumbedarfs. Aber es ist auch in Wolfsburg ein? reizvoll, die landschaftliche Umgebung mit Lucas Weiß: Alle Pflegeeinrichtungen lei- dem Bachlauf vor der Tür, in die Planung mit den unter fehlenden Fachkräften und Nach- Der Rat der einzubeziehen. wuchs. Die Arbeit im Hospizhaus genießt im Stadt wird im Aber nicht nur die reizvolle Natur wird Vergleich durchaus noch höheres Ansehen, Nachbar des Hauses, sondern auch verlangt aber auch spezielle Voraussetzun- Sommer 2019 etwa 100 bis 120 Eigenheimbesitzer in gen. Wir wollen aber mit einer Stellenof- den notwendigen dem neuen Wohngebiet. Wie sehen Sie fensive auch die aktuelle Pflegesituation in Satzungsbeschluss dies? Wolfsburg nicht weiter verschärfen. Lucas Weiß: Wir haben zweimal bereits Günther Wagner: Der Vorstand unterstützt fassen. Danach die Gelegenheit bekommen, uns und unse- die Geschäftsführung bei ihrer Absicht, bereits beginnt die re Pläne im Ortsrat Heiligendorf vorstellen zu jetzt perspektivisch nach Personal zu schauen. dürfen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass Wir können es uns schließlich nicht erlauben, so genannte wir von den Heiligendorfern so freundlich bei der Eröffnung in Heiligendorf ohne aus- Erschließung des aufgenommen worden sind. reichend qualifiziertes Personal da zu stehen. Gebietes. Günther Wagner: Unser Bestreben ist es, die beteiligten Anwohner frühzeitig in unsere Qualifiziertes Personal braucht der Hos- Pläne einzubeziehen. Jeder, der dort bauen pizverein auch in der ambulanten und möchte, soll wissen, dass am Rande des Bau- palliativen Betreuung. gebietes ein Hospizhaus stehen wird und was Günther Wagner: Ein zweites stationäres das konkret bedeutet. Wir werden alles tun, Haus ändert nichts an dem Grundsatz unseres „Ein zweites sta- um uns als gute Nachbarn darzustellen. Vereins: Der lautet: ambulant vor stationär. tionäres Haus Lucas Weiß: Nicht nur die Wolfsburger Dafür benötigen wir ärztliche und pflegeri- Stadtspitze mit Oberbürgermeister Mohrs, sche Kompetenz. Wir müssen also weitere ändert nichts an sondern auch der Heiligendorfer Ortsbür- Ärzte und Pflegeeinrichtungen finden, die im dem Grundsatz germeister Marco Meiners und der gesamte Palliativ-Netzwerk mitarbeiten. Dies gilt künf- unseres Vereins: Ortsrat unterstützen unsere Pläne. Gemein- tig auch für die Region Helmstedt. sam mit den Lokalpolitikern werden wir die Lucas Weiß: Als Hospizverein planen wir Der lautet: ambu- betroffenen Anwohner zu einem Informati- ein eigenes Palliativ-Team zur Unterstützung lant vor stationär.“ onstag einladen. der ambulanten Palliativversorgung. Auch das wird keine leichte Aufgabe. Kommen wir zu den internen Heraus- forderungen: Ein zweites Haus bedeu- Wie sieht der weitere Zeitplan für den tet auch einen zweiten Personalstamm. Neubau aus? Wann kann das Hospiz- Angesichts der aktuellen Situation in haus frühestens sein neues Domizil der Pflege keine leichte Aufgabe. beziehen? Lucas Weiß: In der Tat stehen wir da vor Lucas Weiß: Das steht nicht allein in unse- einer gewaltigen Aufgabe. Die Krankenkas- rer Macht. Zunächst muss die Stadt Wolfs- sen verlangen, dass jedes Hospizhaus solitär burg die weitere Planung des Baugebietes und autark funktionieren muss. Wir brauchen „Krummer Morgen“ auf den Weg bringen. für das neue Haus also eine eigene komplette Der Zeitplan kann von vielen Widrigkeiten Personalausstattung. Außerdem wollen wir abhängen: Einsprüche von Anwohnern oder auch nicht unsere Pflegekräfte permanent je Interessenverbänden, Verzögerungen durch nach Bedarf von A nach B schieben und damit überlastete Baufirmen etc. gewachsene Strukturen zerschneiden. Interview: Willi Dörr Hospizbrief Ausgabe 2/2018
16 Aus dem Hospizhaus Interview mit Verwaltungsleiterin Ines Radke: „Langweilig ist meine Arbeit nicht“ „Offenheit, Freundlichkeit und Vertrauen, Freude und Dankbarkeit“, mit diesen emotio- nalen Worten kennzeichnet Ines Radke ihre persönliche Einschätzung der Atmosphäre, in der sie als Verwaltungsleiterin seit 2005 im Hospiz arbeitet. Im Laufe des Gesprächs erläutert Ines ihre positive Bewertung. Auch in einem Hospiz ist Verwaltungs- In meist kurzen Gesprächen lerne ich auch arbeit notwendig. Was gehört zu Dei- oft die Angehörigen kennen und empfinde nem Aufgabenfeld? Dankbarkeit dafür, wenn sich jemand mir Ines: Meine Tätigkeit umfasst die Personal- gegenüber öffnet. sachbearbeitung. Dazu gehört die Einstellung und Ausbildung von Mitarbeitern und Mitar- Den offenen Zugang im Haus hast Du beiterinnen. Seit 2005 habe ich drei Kaufleute schon erwähnt. Wie sieht es aus mit für Bürokommunikation ausgebildet. Zudem den anderen Stichworten „Vertrauen“ gehört die Buchhaltung zu meinem Aufga- und „Freundlichkeit“? benbereich. So habe ich oft Kontakt zu den Ines: Ich bin Ansprechpartnerin für alle Krankenkassen bei der Kostenklärung, wenn Beschäftigten in Personalangelegenheiten. es um die Abrechnungen geht. Dies bezieht Mich persönlich hat die interdisziplinäre Arbeit sich auch auf die ambulante Hospizarbeit und weitergebracht. Das wäre nicht ohne Freund- das Palliativ-Netzwerk-Wolfsburg. lichkeit, Offenheit und Vertrauen gegangen, wodurch die Atmosphäre des Hospizhauses Das hört sich alles sehr „trocken“ und geprägt ist. Die Verknüpfung von Verwaltung sachlich, wenn nicht gar langweilig an. und sozialer Arbeit ist nicht immer einfach. Ines: Langweilig ist meine Arbeit überhaupt Aber wir suchen stets nach Möglichkeiten, Ines Radke arbei- nicht! Als Fachwirtin im sozialen Gesund- über alles zu reden. Das gelingt eben nur mit tet seit 2005 als heitswesen habe ich hier die Verbindung von einem freundlichen Umgangston in einem Verwaltungsleiterin Verwaltungsarbeit mit sozialer Arbeit. Dar- offenen, zugewandten und vertrauensvollen im Hospiz um macht mir mein Beruf so viel Freude. Ich Klima! komme gerne mit Menschen ins Gespräch. Da gibt es etliche Beispiele: Am Telefon oder Was erfüllt Dich mit Freude? im Empfang mit den Angehörigen der Gäste, Ines: Zu Beginn dachte ich oft: Ob ich den Kontakt zu Dienstleistern und Lieferanten, bei 1.000. Gast wohl noch erlebe? Als ich nach Terminkoordinationen mit der Geschäftslei- einigen Jahren die Rechnungsnummer 1.000 tung und den Mitarbeiterinnen und Mitar- angelegt habe, spüre ich wieder einmal die beitern und nicht zuletzt zu den Gästen, die Freude über meine Arbeit und meine große – wenn sie mobil sind – einen offenen Zugang Verbundenheit mit dem Hospiz. im ganzen Haus haben. Aber wichtig ist mir auch, dabei in der Ent- wicklung nicht stehen zu bleiben. Und ganz Berührt Dich das und wie verarbeitest besonders freue ich mich über die vielen Du die Gespräche? dankbaren Rückmeldungen der Angehörigen Ines: Da ich sowohl in der Telefonseelsor- unserer Gäste, die ausnahmslos froh sind und ge als auch in der Suchtkrankenberatung waren, dass ihr Partner oder ihre Partnerin ausgebildet worden bin, habe ich keine den letzten Schritt ins Hospiz gegangen sind. Berührungsängste. Die soziale Kompetenz, Interview: Regina Bittner jemanden aufzufangen, der zum Beispiel in Tränen ausbricht, ist bei mir vorhanden. Hospizbrief Ausgabe 2/2018
17 Ann-Christin machte Ausbildung im Hospiz: „Mama, da will ich arbeiten“ „Mama, da will ich arbeiten!“ teilt die16-jährige Ann-Christin ihrer Mutter mit, die sie nach ihrem ersten Probetag im Hospiz abholt. Sie bewirbt sich dort - wie an vielen Stel- len - ohne darüber nachzudenken, was „Hospiz“ bedeutet. Nun ist sie überrascht von so viel Leben und den lieben Menschen in dem Haus. Wie ging es dann weiter? Ann-Christin: Im Unterbewusstsein habe Ann-Christin: Ich habe ab 2015 mit meiner ich Ängste, ich könnte beim Kontakt mit Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement Gästen etwas Falsches sagen. Ich will lernen, begonnen. Die Ausbildung hier im Haus ende- besser mit der Situation umgehen zu können. te in diesem Sommer und bin übernommen Dieses Lernen ist ein Prozess. Im Praktikum worden, was nicht von Anfang an feststand. während meiner Ausbildung, die ich 2017 Damit habe ich nun mehr Verantwortung und gemacht habe, habe ich gemerkt, dass die auch mehr Aufgaben bekommen z.B. in der Gäste ja genauso Menschen sind wie alle Buchhaltung und im Personalwesen. Ich treffe Anderen und ich bin viel lockerer im Umgang selbstständige Entscheidungen. Nach meiner mit ihnen geworden. Ausbildung fühlt sich das für mich neu und „merkwürdig“ an. Bist Du zusätzlich zu Deiner Arbeit hier auch ehrenamtlich als Sterbebegleiterin Arbeitest Du mit voller Stundenzahl? tätig? Ann-Christin: Seit April mache ich noch Ann-Christin: Das werde ich vielleicht spä- eine Weiterbildung zur Wirtschaftsfachwirtin. ter machen. Mir ist es wichtig, einen ande- Daher arbeite ich nur 35 Stunden. ren Blickwinkel zu erfahren und so besseren Kontakt zu den Gästen zu bekommen. Durch Haben sich die Erwartungen nach dem meine Arbeit im Hospiz hat sich für mich viel Ann-Christin: 1. Probetag erfüllt? Was gefällt Dir hier verändert – auch in meinem Umfeld. Meine „Man darf in sei- so gut? Eltern z.B. haben jetzt auch eine Patienten- Ann-Christin: Zunächst mal arbeite ich verfügung. ner Trauer nicht gern im Büro und am PC. Ich bin ein offener versinken!“ Typ und tausche mich gerne aus. Schön ist Welche Ereignisse oder Situationen es, wenn man nette oder spaßige Worte mit berühren Dich und sind in Deiner Erin- den Ehrenamtlichen, den Angehörigen oder nerung? den KollegInnen austauscht. Das sorgt für Ann-Christin:Es macht mich traurig, wenn eine entspannte Atmoshäre. Es macht mir bei einem alten Ehepaar der Partner oder die Freude, für Viele und Vieles Anlaufstelle zu Partnerin stirbt. Oft zeigen die Zurückbleiben- sein. Meine Aufgaben sind sehr umfangreich den uns gegenüber die Gefühle ihrer starken und unterschiedlich. Dazu zählen u.a. auch Liebe. Was mich auch sehr berührt hat, war Telefondienst, Spendenannahme, Buchhal- ein Brief, in dem uns ein Angehöriger berich- tung und das Stellen von Rechnungen, aber tete, dass er zum ersten Mal nach all den ebenso Kleinigkeiten – wie Bereiche des Hos- Jahren allein an den gemeinsamen Urlaubs- piz z.B. die Pflege – mit Material zu versorgen. ort gefahren ist, wie sehr er die Verstorbene vermisst und dass er jetzt weggezogen ist zu Du hast zusätzlich den Kurs zur Sterbe- seinen Kindern. Dieses Vertrauen und das gleitung gemacht. Das ist sehr unge- Sich-Öffnen sind das Wichtigste an meiner wöhnlich in Deinem Alter. Was war der Arbeit hier im Hospiz! Grund dafür? Interview: Regina Bittner Hospizbrief Ausgabe 2/2018
18 Aus dem Hospizhaus Strandparty Sommerfest im Hospiz Passend zu unserem Motto strahlt die Sonne aus allen Knopflöchern. Ein maritim ge- schmückter Garten lädt alle Gäste, Angehörigen, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter zu einem bunten Sommerfest ein. Das Füllhorn ist reich bestückt: mit chil- ligen Gitarrenklängen und Gesang von Jezking, einem Theaterstück der Trost- insel-Kinder mit dem Titel: „Gehört das so?“, leckeren Waffeln, überaus reichhaltigen Salaten vom Mitbring- , e haup t- u n d Gäst en buffet, Grillen vom Feinsten und ir mit eren n. rn w d uns pizgarte gust f e ie Inne n u n Hos sel fruchtigen Getränke, Herr Giral- 9.Au eiter party“ im ostin Am 2 n Mitarb n d d ie Tr ? “ liche namt rigen ein e „S tr a g sow ie ezKin g“ Gehör alte t das so di mit seinem Eiswagen, alten ehre ö nd J ngeh ie Ba hrun : eisk ein un d A i sind d heat era u f f ü geso r gt ks u n d Schlagern zum Mitsingen und dabe l ist Drin rill. Mit it der T che Woh eln, coole v om G Kids m as le ibli Waf f chke it e n n Be reich e n . ein keckes Geschwisterpärchen Für d ische zu Köstli g, fr zelne r as chun g b u ffet d e n ein packt die Badehose ein. Über Mitb rin e ldung in es Anm bunt n um Euch bitte auf Wir sich reut ! Es f Team Neben den lauten, erklingen u ngs- ereit Vorb auch leise Töne und viele, das viele nette Begegnungen und Gespräche. Noch nie haben so viele Hospizgäs- te zusammen mit ihren Familien dabei sein können. Der Nachmittag verfliegt im Nu. Zum Abschluss stimmen sich alle noch einmal mit einer Muschel oder einem Stein in der Hand auf ein schönes warmes Sommergefühl ein. Ein ganz großes Dankeschön geht an alle Helfer, die bei der Vorbereitung und Durch- führung des Sommerfestes geholfen haben, und an Florian Krause, der mit dem Erlös vom Benefiz-Konzert im Chris Inn, alles finanziell unterstützt hat. Brigitte Werner Hospizbrief Ausgabe 2/2018
19 Tolles Wetter, tolle Atmosphäre - die idea- le Voraussetzung für eine stimmungsvolle „Strandparty“ im Hospizhaus. Wolfsburg feiert, der Hospizverein ist dabei Zum 80. Stadtgeburtstag Wolfsburgs nimmt die Hospizarbeit an der Ehrenamtsbörse teil. In „kuscheligen“ Pavillons, jeder Verein erhält knappe 2 x 2 m Standfläche, drängelt sich die Hospizarbeit etwas beengt gemeinsam mit dem EthikNetz Wolfsburg. Neue ehrenamtliche Mitarbeitende sollen gefunden werden, sowohl für die Hospizarbeit mit ihren vielfältigen Angeboten als auch für das EthikNetz Wolfsburg, das noch nicht so bekannt ist. An zwei Tagen lockt schönstes Sommerwet- Betroffene bei pflegerisch-medizinischen ter die Wolfsburger in die Innenstadt. Im 2 Konflikten zu unterstützen. bis 3-Stunden-Takt wechseln sich jeweils drei Ehrenamtliche ab und betreuen den Stand. Es Ein Highlight für die Ehrenamtlichen ist am kommt zu zahlreichen Gesprächen mit Men- Samstagnachmittag die Preisverleihung der schen, die die Hospizarbeit schon kennen, „Gemeinsam helfen“-Aktion der Wolfsbur- selbst Angehörige im Hospiz gehabt haben ger Allgemeinen Zeitung und der Volksbank oder ambulant betreut worden sind. Manche Brawo. Mit drei nominierten Projekten sind sind auch an der Vielfalt der ehrenamtlichen wir ins Rennen gegangen. Und alle haben Tätigkeiten interessiert, für die man sich in gewonnen! Die ambulante Kinder- und unserem Verein engagieren kann. Jugendhospizarbeit, die Trostinsel und die Trauerarbeit erhalten jeweils den 4. Platz, Das EthikNetz tut sich da schwerer – es ist der mit je 300 € dotiert ist. Das ist eine stol- nicht so einfach Ethik zu erklären. Auch mit ze Summe, die für die ehrenamtliche Arbeit der ethischen Schatztruhe nicht, die dazu in unserem Verein zusammen gekommen einlädt, über Zitate von Albert Schweitzer ist. Die Preise werden von Gisela Appel, Bei der „Gemeinsam nachzudenken, wie z.B. „Bei der Ethik han- Sonja Haase und Christine Prause entgegen helfen“-Aktion gab delt es sich um ein schöpferisches Tun der genommen. Wir sagen Danke schön für diese es Ehrenpreise für die Hospizarbeit. Vielen.“ Dennoch finden die Besucherinnen tolle Unterstützung. und Besucher die Arbeit im EthikNetz wichtig, Brigitte Werner wenn man ihnen erklärt, dass es darum geht, Hospizbrief Ausgabe 2/2018
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