INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT

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INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
INFO
               Fachbereich Sport
               Regierungspräsidium Karlsruhe • Abteilung 7 Schule und Bildung

               Ausgabe 2019                               Heft 47

REGIERUNGSPRÄSIDIUM KARLSRUHE
INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
SCHWERPUNKTTHEMA:
HERAUSGEBER                     Klassenfahrten mit sportpädagogischem Schwerpunkt

                                                                                                               IMPRESSUM/INHALTSVERZEICHNIS
Regierungspräsidium Karlsruhe   Vorwort                                                                    2
Abteilung Schule und Bildung
                                Leitartikel
Fachbereich Sport
                                Klassen- und Studienfahrten mit sportpädagogischen Zielen als wichtiger    3
                                Baustein zur Umsetzung des Erziehungs- und Bildungsauftrags
                                Matthias Harbarth, Fachberater Sport am RP-Karlsruhe

                                Aus den Schulen
ZUSAMMENSTELLUNG UND            Vom Notnagel zum Erfolgsmodell: Die Entwicklung von Studienfahrten         6
REDAKTION                       mit sportpädagogischem Schwerpunkt am Windeck-Gymnasium Bühl
                                Jens Brabec und Thomas Senski, Windeck-Gymnasium Bühl
Frank Hoffmann
Peter Reich                     Studienfahrten auf Segelyachten                                           10
Manfred Reuter                  Peter Vierneisel, Willy-Hellpach-Schule Heidelberg

                                Segeln und Kanufahren mit zwei Schulklassen in Holland                    12
                                Matthias Rödiger, Nebenius-Realschule Karlsruhe

                                Hilfestellungen für Planung und Organisation von Winterlandheimen         14
DRUCK UND GESTALTUNG            Jürgen Karl, Moll-Gymnasium Mannheim
Regierungspräsidium Karlsruhe

                                Kooperation Schulsport und Verein
                                „Löwenherz“: Sport-Kooperation der Carl-Benz-Schule Mannheim              18
                                mit den Rhein-Neckar-Löwen
                                Thorsten Kindermann und Michael Erny, Carl-Benz-Schule Mannheim
www.rpk-sport.de

                                Jugend trainiert für Olympia
                                Tolle Leistung beim Bundesfinale Jugend trainiert für Olympia:            20
                                LGÖ Fußballmädchen werden Vierter
                                Simon Ernst, Leibniz-Gymnasium Östringen

                                Spitzensportler in der Schule
                                Tim Bechtold - erfolgreicher Kanute am OHG Karlsruhe                      21
                                Georg Zwirner, Otto-Hahn-Gymnasium Karlsruhe

                                Aktuelle Informationen
                                Schwimmen lernen mit „SwimStars“                                          23

                                Kongress „Kinder bewegen“                                                 24

                                Melanie Köhler, neue Fachberaterin Sport (allgemeinbildende Gymnasien)    23

Redaktionsschluss
                                Rechtsfragen
Heft 2019                       Sportunterricht mit Flüchtlingen                                          26
XX                              Manfred Reuter, Regierungspräsidium Karlsruhe

                                Schwimmunterricht für muslimische Mädchen: Burkini-Erlas                  26
                                Manfred Reuter, Regierungspräsidium Karlsruhe

                                Buchvorstellung
                                Sporttheorie für die Schule: Fit sein durch Ausdauer und Kraft            27
                                (2. Auflage),
                                Karl Friedmann

                                Pressespiegel
                                Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland         28

2019		                                INFO-Fachbereich Sport		                                             1
INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
Klassenfahrten mit sportpädagogischem
VORWORT

          Schwerpunkt
          Wenn Klassen- oder Studienfahrten anstehen, sind Sport-        mer Tim Bechthold (Otto-Hahn-Gymnasium Karlsruhe) aus
          lehrkräfte wohl auf Grund ihrer Sozialkompetenz durch die      der Rubrik Spitzensportler in der Schule zeigt, dass den
          besondere Umgangsweise mit Schülerinnen und Schülern           Topathleten ein hohes Maß an Disziplin abverlangt wird, um
          im praktischen Fach Sport gern gesehene Begleitpersonen        die Doppelbelastung Schule und Leistungssport unter einen
          bei den hauptverantwortlichen Klassenlehrern und Tutoren.      Hut zu bekommen.
          Sollten Sportlehrkräfte selbst die Planung und Organisation    Das Team der Fachberater Sport am Regierungspräsidium
          von solchen Fahrten an der Schule übernehmen und dabei         Karlsruhe freut sich über die Verstärkung durch Melanie Köh-
          die Ausrichtung nach sportpädagogischen Gesichtspunkten        ler vom Werner-Heisenberg-Gymnasium Weinheim. Als neu
          festlegen, hält sich die Zustimmung bei manchen Schullei-      bestellte Fachberaterin Sport (allgemeinbildende Gymnasi-
          tungen und Kollegien jedoch in Grenzen. Oft wird in solchen    en) und Handballexpertin wurde sie sogleich Mitglied in der
          Fällen der angeblich geringe pädagogische Nutzen im Zu-        Arbeitsgruppe zur Neugestaltung der Sportabiturprüfungen
          sammenhang mit der fehlenden kulturellen Bereicherung an-      ab 2023 am Kultusministerium. Zudem wird in der Rubrik
          geführt, um Fahrten mit sportpädagogischem Schwerpunkt         Aktuelle Informationen das Schwimmlernprogramm
          wie bspw. Wassersport-Aktivitäten an Küsten oder Winter-       SwimStars vorgestellt.
          landheime in den Bergen abzulehnen und teilweise sogar zu      In der Rubrik Rechtsfragen werden wichtige Themen im
          verbieten. Solche immer wieder zu hörenden Vorurteile, bei     Umgang mit Flüchtlingen im Sportunterricht behandelt. Dies
          denen die vielen positiven Aspekte solcher Fahrten ausge-      betrifft insbesondere berufliche Schulen mit ihren soge-
          blendet werden, waren für die Redaktion der Sport-INFO         nannten VABO-Klassen.
          Anlass genug, dieses Thema nach dem Wintersportheft mit        Für den Sportunterricht besonders relevante Informationen
          der Ausgabe 42 des Jahres 2014 nochmals aufzugreifen.          können abschließend noch den beiden Rubriken Buchvor-
          Der inhaltliche Schwerpunkt in der aktuellen Ausgabe der       stellung und Pressespiegel entnommen werden.
          Sport-INFO liegt jedoch bei Outdoor-Aktivitäten in der war-
          men Jahreszeit.                                                Wie viele Kolleginnen und Kollegen bereits wissen, wird es
                                                                         in absehbarer Zeit durch das von der Landesregierung auf
          Matthias Harbarth, Fachberater Sport am Regierungspräsidi-     den Weg gebrachte Qualitätskonzept große Umbrüche im
          um Karlsruhe und vielen auch als Lehrbeauftragter für das      Kultusministerium selbst, aber auch in den nachgeordneten
          Fach Sport am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrer-     Behörden wie den Regierungspräsidien, den Staatlichen
          bildung in Heidelberg (Gymnasium) bekannt, kennt solche        Schulämtern, den Landesinstituten sowie den Staatlichen
          negativen Einstellungen aus eigener Erfahrung. So war es       Seminaren geben. Die das Regierungspräsidium Karlsruhe
          ihm ein besonderes Anliegen, den Leitartikel mit dem Titel     betreffenden großen Umstrukturierungen lassen es als na-
          Klassen- und Studienfahrten mit sportpädagogischen             hezu unmöglich erscheinen, dass es für die Sport-INFO in
          Zielen als wichtiger Baustein zur Umsetzung des Erzie-         der aktuellen Form nach 47 Ausgaben (!) eine Zukunft geben
          hungs- und Bildungsauftrags zu schreiben.                      wird. Dieses traditionsreiche und von vielen Leserinnen und
          Dass es erfreulicherweise auch viele Schulen gibt, die den     Lesern geschätzte bildreiche Informationsmagazin für Sport-
          pädagogischen Wert solcher Klassenfahrten mit sportli-         lehrkräfte im Einzugsbereich des Regierungspräsidiums
          chem Profil erkannt haben, zeigen sehr anschaulich die Bei-    Karlsruhe und darüber hinaus ist etwas Einzigartiges, was es
          träge der Rubrik Aus den Schulen. Ein besonders positives      im gesamten baden-württembergischen Raum nicht in ver-
          Beispiel kommt dabei vom Windeck-Gymnasium Bühl, an            gleichbarer Form gibt.
          dem es nach einiger Überzeugungsarbeit inzwischen eine         Aber noch geben wir die Hoffnung nicht auf – warten wir es
          seit Jahren bewährte Tradition geworden ist, Klassenfahrten    ab!
          mit sportpädagogischem Schwerpunkt anzubieten, wie der         Insbesondere unter diesen Umständen möchten wir drei Re-
          Artikel von Jens Brabec und Thomas Senski zeigt. Peter         dakteure es bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, uns bei
          Vierneisel kann auf einen großen Erfahrungsschatz als ver-     all unseren ehrenamtlichen Autorinnen und Autoren der letz-
          antwortlicher Sportlehrer und Skipper bei Studienfahrten auf   ten Jahre für die vielen lesenswerten und oft mühevoll zu-
          Segelyachten an seiner Schule zurückgreifen, was in seinem     sammengestellten Artikel mit Bildmaterial rund um den
          Beitrag eindrucksvoll nachzulesen ist. Hilfestellung bei der   Schulsport herzlich zu bedanken.
          Organisation und Durchführung von Winterlandheimen bie-        Auch wenn es die Sport-INFO zukünftig nicht mehr geben
          tet der Artikel von Jürgen Karl.                               sollte, wird sich die Redaktion dafür einsetzen, dass die bis-
          Zur Erweiterung des eigenen Horizonts können Kooperatio-       lang erschienen Ausgaben weiterhin digital zur Verfügung
          nen mit Sportvereinen durchaus lohnenswert sein. In der        stehen werden. Bislang können Sie ab der Sport-INFO Nr. 8
          bislang nicht vertretenen Rubrik beschreiben dies die Auto-    aus dem Jahr 1996 auf alle Ausgaben mit einer großen Band-
          ren Thorsten Kindermann und Michael Erny, die sehr positi-     breite an Informationen über die Sport-Homepage des RPK
          ve Erfahrungen mit den Rhein-Neckar-Löwen im Handball          zurückgreifen (www.rpk-sport.de ->Sport-Info). Hilfreich ist
          machen konnten.                                                hierbei die Möglichkeit, nach bestimmten Themengebieten
          Beim Bundesfinale des Wettbewerbs Jugend trainiert für         zu suchen. Sie sind nach den bekannten Rubriken alphabe-
          Olympia in der Sportart Fußball (Wettkampfklasse II der        tisch geordnet und über einen Link direkt aufrufbar.
          Mädchen) erreichte das Team des Leibniz-Gymnasiums Öst-
          ringen einen beachtlichen 4. Platz, worüber der betreuende     Die Redaktion
          Sportlehrer Simon Ernst mit Stolz berichtet.
          Das Interview von Georg Zwirner mit dem Olympiateilneh-

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INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
Klassen- und Studienfahrten mit sportpädagogischen

                                                                                                                                     LEITARTIKEL
Zielen als wichtiger Baustein zur Umsetzung des
Erziehungs- und Bildungsauftrags
Matthias Harbarth, Fachberater Sport am RP-Karlsruhe

„Bei der Erfüllung der erzieherischen           orientiertes Handeln, Konfliktbewäl-    ihre unterschiedlichen Interessen und
Aufgaben der Schule kommt außerun-              tigung, gegenseitige Achtung            Perspektiven auf ihr eigenes Sporttrei-
terrichtlichen Veranstaltungen beson-        •	Prävention und Gesundheitsför-          ben einzubringen und übertrage dem-
dere Bedeutung zu. Sie dienen der Ver-          derung (PG): z. B. Körperwahrneh-       entsprechend Aufgaben.
tiefung, Erweiterung und Ergänzung              mung, Selbstregulationskompetenz        Die Fahrten sind dann aus pädagogi-
des Unterrichts und tragen zur Entfal-       •	Berufliche Orientierung (BO): z. B.     scher Sicht sehr wertvoll, wenn die
tung und Stärkung der Gesamtpersön-             Übernahme von Verantwortung             Lehrkraft gemeinsam mit den Schüle-
lichkeit des einzelnen Schülers bei“. So     •	Medienbildung (MB): z. B. Doku-         rinnen und Schülern Ziele formuliert
lautet der einleitende Satz der Verwal-         mentationen                             und diese auch konsequent verfolgt.
tungsvorschrift vom 6. Oktober 2002          •	Verbraucherbildung (VB): z. B.          So kann ein entsprechendes Angebot
(K. u. U. S. 324) zu den Grundsätzen            Konsumentscheidungen                    z. B. der zunehmenden Selbstbezogen-
von außerunterrichtlichen Veranstal-                                                    heit in unserer Gesellschaft entgegen-
tungen. Darüber hinaus fordert der Bil-      Die Grundlage für Klassen- und Studi-      wirken.
dungsplan 2016 eine breite Förderung         enfahrten mit sportpädagogischen Zie-
der unterschiedlichsten Kompetenzen,         len scheint also von den bildungspoli-     DER BEITRAG SPORTPÄDAGOGI-
die eine „Brücke zwischen traditionel-       tisch Verantwortlichen und den Verfas-     SCHER FAHRTEN ZUM ER­ZIE­HUNGS-
len Konzepten der akademischen Allge-        sern des Bildungsplanes mehr als aus-      UND BILDUNGSAUFTRAG
meinbildung und arbeitswelt- und be-         reichend gelegt. Dennoch gibt es im-       Sportpädagogische Fahrten sind stark
rufsbezogenen Qualifikationszielen“1         mer wieder Kritiker, die solchen Ange-     erlebnisorientiert. Erlebnispädagogik
ermöglichen sollen. So sollen die Schü-      boten die Berechtigung im Zusammen-        beschreibt dabei einen methodischen
lerinnen und Schüler in diesem Zusam-        hang mit schulischer Ausbildung und        gruppen- wie individualpädagogischen
menhang…                                     klassischen Bildungsinhalten eher ab-      Ansatz, der mittels vielfältiger und na-
•	 auf die Bewältigung von bekannten        sprechen. In WeltN24 erschien im Jahr      turnaher Settings die Schülerinnen und
    und neuen Aufgaben bzw. Lebenssi-        2009 gar ein Artikel mit dem Titel „Sur-   Schüler vor reale Aufgaben, Herausfor-
    tuationen mit Bezug zum „wirkli-         fen und Saufen – Klassenfahrten sind       derungen, Frage- und Problemstellun-
    chen“ Leben vorbereitet werden.          umstritten“3, in dem Zweifel an Stil und   gen und eben erlebnisreiche Eindrücke
•	erfolgreich Kognition, Motivation        Zweck solcher Fahrten zum Ausdruck         stellt, deren Umsetzung, Lösung oder
    und Volition im Sinne einer erfolgrei-   gebracht werden, obwohl sie zur deut-      Internalisierung gleichzeitig eine positi-
    chen Selbstregulation verknüpfen.        schen Schullandschaft wie Tafel und        ve Veränderung und Weiterentwick-
•	zu sozial-kommunikativem, ko-             Kreide und zu den Pflichten einer Lehr-    lung der eigenen Persönlichkeit fördern
    operativem und gleichzeitig selbst-      kraft gehören. Um solchen Kritiken et-     will. Gerade für die neue Konzeption
    ständigem und selbstverant-              was Substantielles entgegensetzen zu       des Sportunterrichts leisten solche An-
    wortlichem Lernen und Handeln            können, sollte sich jede Lehrkraft im      gebote einen erheblichen Beitrag zur
    erzogen werden.                          Vorfeld genau überlegen, welche Erzie-     Verbesserung folgender Schlüssel-
•	mit Haltungen konfrontiert werden,        hungs- und Bildungsziele mit dem je-       kompetenzen:
    die ein respektvolles Verhalten          weiligen sportpädagogischen Angebot        •	Team- und Kommunikationsfähigkeit
    gegenüber Mensch, Gemein-                verfolgt werden sollen. Dabei ge-          •	Sensibilisierung der Schülerinnen
    schaft und Natur ausdrücken.             schieht dies nicht einfach mal so ne-         und Schüler für Mensch, Natur und
                                             benbei, sondern muss, wie unsere              Umwelt – gegenseitiger Respekt
Die Leitperspektiven des Bildungspla-        Stundenziele im Unterricht auch, ge-       •	Schülerinnen und Schüler durch ei-
nes 2016 machen ebenfalls sehr deut-         nau geplant und intendiert werden.            genes Erleben und Erfahren reali-
lich, wie eng sportpädagogische Klas-        Fairnesserziehung lässt sich im Unter-        tätsbezogener und aufgeschlosse-
sen- und Studienfahrten mit den Erzie-       richt auch nicht einfach so nebenbei          ner für unterschiedliche Gegeben-
hungs- und Bildungszielen verbunden          und unreflektiert realisieren, sondern        heiten machen
sind. Jedem Sportpädagogen wird so-          kann nur durch ein von der Lehrkraft or-   •	den Unterricht durch Anschauung
fort ein Beispiel dazu einfallen, in wel-    ganisiertes Setting gelingen.                 ergänzen
cher Weise die oben genannten Fahr-          Beispiel: Möchte ich die Schülerinnen      •	Förderung der Persönlichkeitsent-
ten einen Beitrag zu den Leitperspekti-      und Schüler meines Sportkurses zum            wicklung
ven2 leisten können.                         selbstständigen Arbeiten erziehen,         •	Übernahme von Verantwortung,
•	 Bildung für nachhaltige Entwick-         dann werde ich unter Umständen auf            Verbesserung der Kritik- und Kon-
    lung (BNE): z. B. Gesundheitsförde-      die Buchung eines Pauschalangebots            fliktfähigkeit, Anregung von Kom-
    rung, umweltbewusstes Verhalten,         durch die Lehrkraft bei einem Reisever-       munikation, Entwicklung der Grup-
    gesellschaftliche Rolle des Sports       anstalter verzichten. Stattdessen gebe        pendynamik und des Vertrauens in
•	Bildung für Toleranz und Akzep-           ich den Schülerinnen und Schülern be-         die Gruppenmitglieder
    tanz von Vielfalt (BTV): z. B. wert-     reits bei der Planung und Durchführung
                                             solcher Veranstaltungen Gelegenheit,

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INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
Bei der Auswahl geeigneter Ziele und        BEISPIELE VON ERFOLGREICH DURCHGEFÜHRTEN KLASSEN- UND
              Inhalte können daher folgende Überle-       STUDIENFAHRTEN MIT SPORTPÄDAGOGISCHEM SCHWERPUNKT:
LEITARTIKEL

              gungen hilfreich sein:
                                                                                                    Klettern im Dahner Felsenland –
              Sport ist Persönlichkeitsbildung                                                      neue Erfahrungen zwischen Him-
              Welche Angebote führen zur Förderung                                                  mel und Erde sammeln
              von sportlichen Grundwerten wie Er-                                                   Abenteuerlust und die Lust am Nach-
              lebnisfähigkeit, Leistungsbereitschaft,                                               oben-Klettern sind urmenschlich.
              verantwortungsvolles Umweltverhal-                                                    Deshalb bewundern und beneiden wir
              ten? Wie lassen sich gewonnene Ein-                                                   manchmal Menschen wie die Huber-
              drücke auf den Alltag übertragen? Wo-                                                 Buam, die sich in das Grenzgebiet
              durch entwickeln Schülerinnen und                                                     zwischen Himmel und Erde wagen,
              Schüler das eigene Selbstverständnis                                                  um so ihre eigenen Grenzen zu erfah-
              und Selbstvertrauen?                                                                  ren, zu verschieben oder einfach nur
                                                                                                    zu erleben.
              Sport ist gesund für Körper und
              Geist
              Welche Angebote ermöglichen es den
              Schülerinnen und Schülern ihren Kör-
              per besser kennen zu lernen? Welches
              Setting ermöglicht es besonders gut,
              die Auswirkungen des Sporttreibens
              auf Geist und Seele (z. B. Angst über-
              winden, Grenzen erkennen, Glück erle-
              ben, mit dem Scheitern umgehen kön-
              nen, etc.) zu erfahren? Wo kann ich
              Wissen erweitern?

              Sport ist Integration
              Welche Angebote erlauben in beson-
              derem Maße ein Miteinander, wo wer-
              den die Beziehungen zueinander ganz
              besonders herausgefordert und ge-
              stärkt?

              Ich sehe nur, was ich weiß
              Wie und wo mache ich als Lehrkraft
              das Erlebte greifbar? Wie werden Er-        Abenteuer geben dem Leben einen Sinn
              fahrungen bewusst gemacht und da-           Die eigenen Grenzen auf über 4000 Meter erfahren. Jedes Abenteuer ist immer
              mit zu sinnstiftenden Elementen unse-       eine kleine, oft eine große Flucht. Wir wollen raus aus dem Alltagstrott unseres
              rer Fahrt? Welche Mittel der Reflexion      spannungslosen Wohlstandszoos, in dem das Unbekannte aufhört zu existieren.
              können gewinnbringend eingesetzt            Wir suchen eine körperliche und emotionale Herausforderung, eine Gradwande-
              werden?                                     rung.

              In einer Vielzahl von Klassen- und Studi-
              enfahrten mit sportpädagogischer Ziel-
              setzung konnte ich über einige Jahre
              hinweg nun unterschiedliche Erfahrun-
              gen sammeln und bin dabei nach wie
              vor überzeugt, dass die eingangs darge-
              stellten Erziehungs- und Bildungsziele
              im Rahmen dieser Fahrten ganz beson-
              ders gut erfüllt werden können. Sie
              werden allen Anforderungen gerecht,
              um sie als Studienfahrten im ganz mo-
              dernen Sinn ebenso an unseren Schu-
              len anzubieten, wie Lehr- und Studien-
              fahrten zur politischen und/oder kultu-
              rellen Bildung - Lernen mit Kopf, Herz
              und Hand. Und ganz nebenbei, Alkohol­       Kitesurfing in Holland – neue Erfahrungen zwischen Meer und Himmel
              exzesse, wie im Artikel der Welt be-        sammeln
              schrieben, blieben bei denen, die sich      Abenteuerlust und die Lust am Fliegen sind urmenschlisch. Deshalb bewundern
              auf das ganz Besondere einer solchen        und beneiden wir manchmal Menschen wie Felix Baumgartner, die sich in das
              sportpädagogischen Fahrt eingelassen        Grenzgebiet zwischen Himmel und Erde wagen, um so ihre eigenen Grenzen zu
              haben, in aller Regel außen vor.            erfahren, zu verschieben oder einfach nur zu erleben.

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INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
Whitewater Challenge – Augsburgs
                                                                                   olympischer Eiskanal

                                                                                                                               LEITARTIKEL
                                                                                   Die Kraft des Wildwassers im Kajak
                                                                                   spüren – die richtige Linie finden – sich
                                                                                   selbst überwinden – an die Grenzen
                                                                                   gehen – Gemeinschaft erleben – Adre-
                                                                                   nalin spüren.

                                                                                   Mont Ventoux
                                                                                   Mystischer kann ein Berg wohl kaum
                                                                                   sein, und kaum ein anderer Berg zieht
                                                                                   so viele Biker und Rennradfahrer an.
                                                                                   „Quäl dich, du Sau!“ Ein Zitat von Udo
                                                                                   Böltz soll uns dabei leiten, etwas ganz
                                                                                   Besonderes zu schaffen.

                                                                                   Surfen am Atlantik
                                                                                   Wagnisse eingehen, Wissen um Strö-
                                                                                   mungen und Wellen oder Wetterkun-
                                                                                   de, aber auch das Abtauchen ins Meer
                                                                                   und das gemeinsame Leben im Camp
                                                                                   sollen unseren Horizont erweitern.

1   Ministerium für Kultus, Jugend und Sport BW (2016): Lehrkräftebegleitheft zum Bildungsplan 2016, S. 9 – 10
2    inisterium für Kultus, Jugend und Sport BW (2016): Bildungsplan Sport – allgemein bildende Schulen Gymnasium, Leit-
    M
    gedanken zum Kompetenzerwerb, S. 6 – 7
3   www.welt.de/reise/article3634531/Surfen-und-saufen-Klassenfahrten-sind-umstritten.html (letzter Zugriff 12.10.2018)

2019		                                          INFO-Fachbereich Sport		                                                  5
INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
Vom Notnagel zum Erfolgsmodell
AUS DEN SCHULEN

                  Die Entwicklung von Studienfahrten mit sportpädagogischem Schwerpunkt
                  am Windeck-Gymnasium Bühl
                  Jens Brabec und Thomas Senski, Windeck-Gymnasium Bühl

                  Großer Jahrgang - wenig Angebot:            Jahrbuch der Schule und die lokalen        re Rolle des Sports auf dem Feld des
                  „Wer bietet noch eine Studienfahrt          Tageszeitungen usw. machen die Un-         sozialen Lernens (seine positiven Aus-
                  an?“ Auf diese Frage folgte erstmalig       ternehmung schnell zum Projekt der         wirkungen auf die Persönlichkeitsent-
                  2007 das Angebot von Thomas Senski,         Schülerinnen und Schüler. Transparenz      wicklung und das soziale Miteinander
                  ehemaliger Radprofi und Fachvertreter       und Zielsetzung der Studienfahrt für El-   sind hinreichend bekannt) muss an die-
                  Sport am Windeck-Gymnasium Bühl,            tern und Schüler von Seiten der Lehr-      ser Stelle nicht weiter thematisiert
                  an die Schulleitung, eine Studienfahrt      kräfte sollten ohnehin Voraussetzung       werden.
                  für das damalige Neigungsfach Sport         sein.
                  und weitere interessierte Schülerinnen
                  und Schüler anzubieten, die das sportli-
                  che Tun in den Mittelpunkt rückte.
                  „Mit dem Fahrrad 500 km vom Lago
                  Maggiore über den Gotthard-Pass zu-
                  rück nach Bühl“, lautete zunächst die
                  stark vereinfachte Grundformel.
                  Die Vorbehalte waren die üblichen:
                  „Entspricht so ein Vorhaben überhaupt
                  den Anforderungen an eine Studien-
                  fahrt, geschweige denn dem Bildungs-
                  plan?“ Entsprechend kritisch wurde
                  dieses Vorhaben zunächst vom Kollegi-
                  um beäugt, gleichwohl aber auch vom
                  damaligen Schulleiter unterstützt. Von
                  Schülerseite waren die Bedenken
                  deutlich geringer und die Motivation
                  hoch, was an der Zahl der Anmeldun-
                  gen abzulesen war. Welche Kriterien
                  also muss eine solche Studienfahrt er-
                  füllen, um die bestehenden Vorurteile       Darüber hinaus bleibt die eigentlich       Dass die im modernen Sportunterricht
                  zu entkräften und auch im Sinne des         zentrale Frage zu klären: Erbringen sol-   geforderten und zu fördernden Schlüs-
                  Erziehungs- und Bildungsauftrags zu         che sportpädagogischen Unterneh-           selkompetenzen wie beispielsweise
                  einer gelingenden Veranstaltung zu          mungen über die allgemein gültigen         die Team- und Kommunikationsfähig-
                  werden?                                     Kriterien einer gelingenden Studien-       keit, die Sensibilisierung der Schüler
                  Knüpft man zur Beantwortung dieser          fahrt hinaus wirklich einen erkennbaren    für Mensch, Natur und Umwelt, der
                  Frage zunächst auf die im Leitartikel       „Mehrwert“?                                gegenseitige Respekt, die Förderung
                  thematisierten Fragestellungen an, so       Zieht man die pädagogischen Ziele sol-     der Persönlichkeitsentwicklung, die
                  spielt bis zum heutigen Tag die Beteili-    cher Exkursionen in Betracht, so ist für   Übernahme von Verantwortung, die
                  gung der Schülerinnen und Schüler bei       Sportlehrerinnen und Sportlehrer si-       Verbesserung der Kritik- und Konfliktfä-
                  der Planung, Gestaltung, Durchfüh-          cher die körperliche Betätigung und die    higkeit, die Anregung von Kommunika-
                  rung und Dokumentation der Fahrten          Vermittlung der Freude an Bewegung         tion und die Entwicklung einer Grup-
                  eine entscheidende Rolle. Es geht hier      von besonderer Bedeutung. Durch den        pendynamik sich letztendlich mit sport-
                  weniger um die Teilnahme an einer           Spaß am Sport kann Bewegungsman-           pädagogischen Studienfahrten fördern
                  „All-inclusive-Adventure-Tour“,       die   gel vorgebeugt und den Schülerinnen        lassen, sollen Ihnen die Praxisberichte
                  man als „Rundum-Sorglos-Paket“              und Schülern Anreize für sinnvolle und     in diesem Artikel zeigen.
                  bucht und konsumiert, sondern von           gesundheitsbewusste Freizeitgestal-        Die folgenden Auszüge aus Jahrbü-
                  Anfang an um die Übernahme von Ver-         tungsmöglichkeiten aufgezeigt wer-         chern und Zeitungsberichten, von teil-
                  antwortung jeder einzelnen Schülerin        den. Gerade das Sporttreiben in der        nehmenden Schülerinnen und Schü-
                  und jedes einzelnen Schülers für die        Natur -ob Kanufahren, Klettern, Rad-       lern verfasst, vermitteln einen Eindruck
                  gesamte Gruppe. Festlegung der Rei-         fahren oder Wandern- beschert den          davon, weshalb das „Sport-Format“
                  seroute, Vorbereitung informativer Re-      Teilnehmenden unvergessliche Erinne-       neben den „klassischen“ Studienfahr-
                  ferate vor Reiseantritt, Kalkulation des    rungen und sensibilisiert sie im Um-       ten heute am Windeck-Gymnasium ei-
                  Reisebudgets, Einkauf von Material          gang mit der Natur. Auch fächerüber-       nen festen Platz einnimmt und sich zu
                  und Verpflegung, „Fremdenführer-Auf-        greifende Zusammenhänge, etwa aus          einem von Schülerseite stark nachge-
                  gaben“ unterwegs, um der Gruppe             den Bereichen Biologie, Geschichte         fragten Erfolgsmodell entwickelt hat.
                  Einblicke in Land, Kultur und Alltag zu     oder Geographie lassen sich in diesem
                  liefern, journalistische Aufgaben wie       Zusammenhang attraktiv und interes-
                  die Berichte für die Homepage, das          sant vermitteln. Die ohnehin besonde-

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INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
Mit dem Rad über die Alpen - Schü-
ler des Windecks bezwingen den

                                                                                                                                  AUS DEN SCHULEN
Gotthard
19 Schülerinnen und Schüler des Win-
deck-Gymnasiums, sowie die Lehrer
Frau Blümle und Herr Senski erlebten
mit ihrer diesjährigen Studienfahrt eine
Premiere: Zum ersten Mal ging es mit
dem Fahrrad auf Reisen. Von Baden-
Baden aus starteten die Teilnehmer zu-
nächst mit dem Zug ins schweizeri-
sche Locarno am Lago Maggiore, um
von dort die siebentägige Rückreise
mit dem Fahrrad anzutreten. Zurückge-
legt wurden dabei etwa 500 km und
3500 Höhenmeter. Begleitet wurde die
Truppe von einem Begleitfahrzeug,
welches das Gepäck der Schüler trans-
portierte. Bei schönem Wetter und hei-
ßen Temperaturen ging es von Locarno
nach Bellinzona, um von dort aus die
Etappe über den 2109m hohen Gott-
hardpass nach Hospental anzutreten.
Weiter führte die Tour vorbei am Vier-
waldstädter See nach Luzern und von        Vom positiven Feedback der sportli-          her erfordert das Wellenreiten auch ein
dort nach Aarau. Die letzte Zwischen-      chen Alpenüberquerung motiviert, fin-        erhebliches Maß an Frustrationstole-
station war Breisach, von wo aus den       den seither regelmäßig Studienfahrten        ranz, Angstüberwindung und Ent-
Schülern noch 120 nasskalte Kilometer      mit sportpädagogischem Schwerpunkt           schlusskraft.
bis Bühl bevor standen. Übernachtet        vor allem für das aktuelle Kernfach          Kurz gesagt, die Sportart Wellenreiten
wurde in Jugendherbergen, wobei der        Sport, aber auch fächerübergreifende         spricht vielfältige Sinnperspektiven
wirkliche Gipfel die Nacht im Stroh auf    Unternehmungen mit anderen Fach-             des Sporttreibens an, zum Beispiel
einem Bauernhof in Aarau darstellte.       richtungen (z.B. Biologie, Französisch,      Körpererfahrung und Wohlbefinden,
                                           Geschichte) statt, die dem Bildungs-         Wagnis und Verantwortung, Leistung
Bei der Studienfahrt stand jedoch nicht    auftrag einer Studienfahrt durchaus ge-      und Spaß (Flow-Erleben), Selbständig-
nur der Radsport im Vordergrund, son-      recht werden. Aus der Fülle der Fahr-        keit und soziales Miteinander, Aus-
dern auch Kultur und Badespaß am La-       ten mit sportpädagogischem Pro-              druck und Gestaltung und damit neben
go Maggiore waren angesagt. Ein kul-       gramm werden in der Folge drei weite-        der motorischen Komponente in star-
turell ansprechendes Programm boten        re Fahrten mit unterschiedlichen             kem Maße auch kognitive, affektive
die zahlreichen Referate der Schüler,      Schwerpunkten exemplarisch kurz vor-         und soziale Komponenten.
die zum Beispiel Informationen über        gestellt:
das Verzascatal, den Gotthard-Basis-                                                    Die Teilnehmer/innen haben sich mit
tunnel oder die Stadtgeschichte Lu-        Bergwandern und Wellenreiten auf             Referaten oder der aktiven Programm-
zerns beinhalteten. Zudem wurde für        Las Palmas                                   gestaltung mit in die Organisation der
die Schülerinnen und Schüler eine          Sieben Tage Sport- und Kulturpro-            Studienfahrt eingebracht.
Stadtführung durch Basel organisiert.      gramm in Las Palmas. Den Schwer-             Die Unterbringung erfolgte direkt am
Absolutes Highlight der Tour war zwei-     punkt dieser Studienfahrt bildete der        Strand Las Canteras, im Surfcamp
felsohne die Königsetappe über 15 km       tägliche sechsstündige Kurs im Wel-          Oceanside. Die Appartements sind für
und 1000 Höhenmeter zum St. Gott-          lenreiten. Warum Wellenreiten? Surfen        vier bis fünf Personen ausgelegt und
hardpass hinauf. Trotz eines mühevol-      in der Welle erfordert vielfältige koordi-   verfügen über einen Schlaf- und Wohn-
len Anstiegs waren am Schluss alle         native Fähigkeiten. Unter sportmotori-       bereich mit Küche. Frühstück und
überglücklich, oben angekommen zu          schen Gesichtspunkten sind für das           Abendessen wurde in Eigenregie vom
sein. Unvergesslich wird auch das          Wellenreiten die Körperkontrolle auf         Verpflegungsteam organisiert. Zum
abendliche Grillen am Lagerfeuer im        bewegtem Untergrund sowie die An-            Verlauf der Studienfahrt schrieb ein
atemberaubenden Verzascatal und der        näherung und Anpassung an die Bran-          Schüler folgenden Bericht für das Badi-
gemeinsame Bummel durch Luzern             dungswelle charakteristisch. Neben           sche Tagblatt:
bleiben. Während der Studienfahrt ent-     der Beherrschung der Kräfte der Natur
wickelte sich zudem ein Teamgeist in       gehören auch Mut, Beharrlichkeit,
der Gruppe, der sich nicht nur beim ge-    Teamfähigkeit und Individualität zum          Mit dem Surfbrett auf den Spu-
mütlichen Zusammensitzen am Abend          Anforderungsprofil. Dem emotional po-         ren des Kolumbus
zeigte, sondern beispielsweise auch        sitiven Erleben einer gesurften Welle         Warum gerade Las Palmas? Für Sur-
beim Windschattenfahren auf Flache-        geht die konditionell und psychisch an-       fer und Wassersportfans sind die
tappen. Mit Ausnahme kleinerer Pan-        spruchsvolle Aufgabe der Überwin-             Kanaren, neben Portugal und Kali-
nen kam die Truppe ohne größere Ver-       dung der Wellen bis hinter die Bre-           fornien, eine Topadresse, weil sie
letzungen heil in Bühl an.                 chungslinie sowie die Anspannung              das ganze Jahr über nahezu perfek-
                                           beim Anstarten einer Welle voraus. Da-        te Bedingungen bieten. Gerade des-

2019		                                            INFO-Fachbereich Sport		                                                    7
INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
halb hatten auch wir uns für Gran
AUS DEN SCHULEN

                  Canaria als Ziel unserer Studienfahrt
                  entschieden und im Vorfeld keine
                  Mühen gescheut, um durch ver-
                  schiedene Aktionen dieses Vorha-
                  ben zu finanzieren.
                  Am frühen Samstagmorgen um 3
                  Uhr begann die Reise für 23 Schüle-
                  rinnen und Schüler und ihre beiden
                  Lehrkräfte Natalie Mayer und Jens
                  Brabec nach Gran Canaria. Den ers-
                  ten Tag auf den Kanaren nutzten wir,
                  um eine Bergwanderung am Roque
                  Nublo, im Hochland der Insel zu be-
                  streiten. Trotz der traumhaft schö-
                  nen Landschaft mussten viele bei
                  einer reinen Laufzeit von ca. 6½
                  Stunden und 34 Grad auf 1500 m
                  Höhe an ihre physischen und psychi-
                  schen Grenzen gehen. Den ver-
                  söhnlichen Abschluss bildete das
                  Abendessen in einem kleinen Res-
                  taurant in der Nähe von San Mateo,                                                 nächsten Aufgaben für jeden Einzelnen
                  wo wir einige kanarische Spezialitä-      Am Donnerstag überraschte uns            festlegen, um die nächste Etappe zu
                  ten genießen durften. Den Montag          das Meer mit dem krassen Gegen-          bewältigen. Denn falls sie sich nicht an
                  verbrachte unser Kurs am berühm-          teil des Vortages, denn die Wellen       die gemeinsam festgelegte Aufgaben-
                  ten Surfstrand Playa de las Canteras      nahmen Höhen von bis zu vier Me-         teilung halten, endet die Kanutour nur
                  mit wechselndem Aufenthalt auf            tern an. Dennoch nahmen wir tapfer       allzu schnell im kalten Nass.
                  und vor allem im Wasser. Trotz eini-      den Kampf mit dem Meer auf, auch         Ein noch wichtigerer Lernerfolg, der
                  ger Startprobleme zeigten sich            wenn man dabei das Gefühl nicht          sich bei Kanutouren einstellt: Jede
                  schon jetzt einige als sehr talentiert    los wurde, man befinde sich eher         Bootsbesatzung muss die Lösung für
                  auf den Wellen, wobei das Aufho-          im „Schleudergang einer Wasch-           das aktuelle Problem, etwa wie ein
                  cken, der Übergang vom Ansteuern          maschine“. Den Rest des Tages            Hindernis auf der Strecke am besten
                  der Welle bis hin zum sicheren            verwendeten wir, um im Süden zwi-        umfahren werden kann, selbst erarbei-
                  Stand auf dem Brett die größte            schen Maspalomas und Playa des           ten. Lehrkräfte oder Betreuer begleiten
                  Schwierigkeit darstellte. Am Nach-        Ingles eine Wanderung durch die          die Gruppe zwar, können aber nicht bei
                  mittag genossen wir eine Stadt-           vier Quadratkilometer große Dünen-       jedem kleineren Problem eingreifen.
                  rundfahrt, bei der wir die schönsten      landschaft vorzunehmen und bei           Auf manchen Touren wurde die Fahrt
                  Winkel und Plätze von Las Palmas          Meerblick und Sonnenuntergang            mit dem Kanu außerdem zu einer har-
                  zu sehen bekamen. Auch am dar-            den Abend ausklingen zu lassen.          ten Geduldsprobe für die Teilnehmer,
                  auffolgenden Tag übten wir uns zu-        Der Freitag stand ganz im Zeichen        gerade gegen Ende von anstrengen-
                  nächst im Wellenreiten, bevor wir         der bevorstehenden Abreise, so-          den Touren, wenn die psychische und
                  am späten Nachmittag die schönen          dass wir nach unseren letzten Surf-      physische Ermüdung zunahm und
                  Altstadtviertel Vegueta und Triana        stunden anfingen zu packen und die       Durchhaltevermögen gefragt war. In
                  besuchten und dort nicht nur den          restlichen Besorgungen für den Ab-       der Regel kommen sie mit langsamen,
                  Referaten unserer Kulturexperten          reisetag erledigten.                     dafür jedoch kontinuierlichen und koor-
                  lauschten, sondern auch einige Se-        „Wir bekamen in dieser Woche             dinierten Paddelschlägen sehr viel
                  henswürdigkeiten wie z. B. das            nicht nur einen Einblick in die Kultur   schneller voran als mit hektischen und
                  „Haus des Kolumbus“ (Casa de Co-          der Kanaren, sondern haben vor al-       unkoordinierten Bewegungen.
                  lon) zu Gesicht bekamen. Mitt-            lem gelernt, den gewaltigen aber
                  wochs machte uns der sogenannte           auch faszinierenden Kräften der Na-      Für das Jahrbuch der Schule erstellten
                  „Onshore-Wind“, der vom Meer              tur den nötigen Respekt entgegen-        zwei Schüler der Schule folgenden Be-
                  aus kommend für kleine Wellen             zubringen“, zieht der Schüler Ch. W.     richt:
                  sorgt, zunächst einen Strich durch        sein persönliches Fazit.
                  die Rechnung. Das führte letztend-
                  lich dazu, dass wir uns am Vormit-       Tschechien vom Kanu aus erleben            Kanuwandern auf der Moldau
                  tag kurzfristig auf andere Strandspor-   „Wir sitzen alle in einem Boot“, bzw.      Am Montag, den 9. Mai, trafen wir
                  taktivitäten wie Beachsoccer und         zu zweit oder zu dritt in mehreren. Die    uns mit den begleitenden Lehrkräf-
                  Volleyball umstellen mussten. Die        Teilnehmer an Kanutouren erfahren un-      ten Frau Kohler und Herrn Lunau
                  letzten beiden Stunden war uns das       mittelbar, dass sie nur gemeinsam das      morgens an der Schule. Nach 8
                  Meer jedoch wieder gnädig und            Ziel erreichen können. Die Kanuten ei-     Stunden Fahrt kamen wir endlich in
                  gönnte uns Surferlebnisse auf, ne-       nes Bootes - üblich sind Besatzungen       Tschechien an der Moldau an. Der
                  ben oder unter dem Brett.                von zwei bis vier Personen - müssen        Campingplatz „Kemp Pod Hrází“
                                                           sich immer wieder absprechen und die       befindet sich in Vyšší Brod unter-

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INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2019 Heft47 - KIT
halb einer Staustufe der Moldau.

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 Dort bauten wir unsere Zelte auf
 und wurden für den ersten Abend
 und die folgenden Tage in Arbeits-
 gruppen eingeteilt, um unter ande-
 rem das Feuer zu machen, Essen zu
 kochen oder den Abwasch zu erledi-
 gen. Am nächsten Morgen stiegen
 wir in unsere Dreier-Kanus und pad-
 delten nach einer kurzen Einwei-
 sung los. Anfangs konnten wir die
 Kanus noch nicht perfekt gerade
 halten bzw. direkt in die richtige
 Richtung lenken. Mit der Zeit klapp-
 te es allerdings immer besser. Die
 Tagesstrecken lagen immer zwi-
 schen 15-20 km, für die wir ca. 3-4
 Stunden benötigten und die gut zu
 bewältigen waren. Die Stimmung          senden Bedeutung selbstorganisierter      Studienfahrt diskutiert, geklärt und vor-
 an Bord unserer Boote war heiter        körperlicher Freizeitaktivitäten in der   gestellt. Unsere Ziele sollten u. a. der
 und ausgelassen.                        Natur. In zunehmend verstädterten Ge-     Gebirgsfluss Thines, die Steilhänge
 Neben den spannenden Strom-             sellschaften ist der Erhalt von Bewe-     des Chassezac, der verwunschene Ort
 schnellen gab es auch noch viel an-     gungsraum und -gelegenheiten ein          Malarce-sur-la Thines sowie Joyeuse
 deres zu sehen. Wir durchquerten        wichtiges Anliegen. Unter diesem As-      sein. Die Wahl unserer Unterkunft in
 Städte mit Namen, welche wir nicht      pekt wird deutlich, Studienfahrten mit    dieser Zeit fiel auf die Ferme Auberge
 aussprechen konnten: Rožmberk           einem sportpädagogischen Aspekt           de la Bombine auf 1100m Höhe unweit
 nad Vltavou, Český Krumlov, Zlatá       dürfen nicht nur Schülerinnen und         von Montselgues. Erreichen wollten
 Koruna.                                 Schülern des Faches Sport vorbehalten     wir diese Ziele zumeist in Wanderschu-
 An einem Nachmittag besuchten           sein. Dass Sport und Bewegung im          hen und mit Rucksack, aber teilweise
 wir zum Beispiel die Stadt Český        Rahmen von Studienfahrten als durch-      auch auf dem Wasserweg im Kanu. Ei-
 Krumlov, die von der UNESCO zum         aus bereichernd erfahren werden, wird     ne Canyoning-Tour auf der Borne sollte
 Weltkulturerbe ernannt wurde, und       am folgenden Auszug eines Berichts        das Erleben von Natur und Landschaft
 besichtigten das Schloss und die        über ein fächerübergreifendes Studien-    der Region abrunden.
 Altstadt. Beeindruckend war vor al-     fahrtprojekt der Fächer Sport und Fran-   Wir fuhren am Montag, dem 7. Juli mit
 lem die schöne Aussicht vom             zösisch deutlich:                         dem Bus um 5.00 Uhr vor der Schule
 Schloss über den Fluss und die Um-      - Weshalb werden Entfernungen in der     ab. Das Busunternehmen brachte uns
 gebung. An diesem Abend aßen wir           montagne ardéchoise nicht in Kilome-   dann bis zum späten Nachmittag zu un-
 auch typisch tschechische Gerichte,        tern angegeben?                        serer Unterkunft, der Ferme Auberge
 was uns allen sehr geschmeckt hat.      - Wie kommt ein Ort mit nur 8 Einwoh-    de la Bombine in Montselgues und die
 Bei fast perfektem Wetter konnten          nern zu einem Résistance-Denkmal?      Frage, warum man in der Region mon-
 wir die wundervolle Natur in vollen     - Woher kommt das Baumaterial für ei-    tagne ardéchoise Entfernungen nicht
 Zügen genießen. Die Stimmung an            ne Kirche aus dem 12. Jahrhundert,     in Kilometern, sondern in Zeiträumen
 den Lagerfeuerabenden war super.           die selbst heute kaum mit dem Auto     angibt, beantworteten uns die dortigen
 Wir saßen zusammen, aßen, rede-            erreichbar ist?                        Straßenverhältnisse freundlicherweise
 ten und sangen. Nur an den zwei         - Weshalb sind die Straßenschilder in    quasi von selbst.
 letzten Abenden fing es an zu reg-         einem Ort mitten in Frankreich zwei-   An unserem geplanten Programm hat-
 nen, was uns aber nicht den Spaß           sprachig?                              te sich bis dato nichts Grundsätzliches
 verdarb. Am frühen Samstagmor-          Fragen wie diese und viele weitere die-   geändert. Die geplante Halbtageswan-
 gen packten wir unsere Sachen wie-      ser Art wurden im Rahmen unserer          derung mit anschließender geführter
 der in den Bus, verließen das „Kemp                                                                    Canyoning-Tour an
 Poslední štace Boršov nad Vltavou“                                                                     der Borne war ein
 und machten uns auf den Heimweg.                                                                       voller Erfolg und
 Alles in Allem war es eine sehr ge-                                                                    löste trotz kühler
 lungene und abenteuerreiche Fahrt!                                                                     Temperaturen Be-
                                                                                                        geisterung      aus.
                                                                                                        Der Ausflug nach
Montagne archédoise: französische                                                                       Joyeuse       klärte
Landeskunde für Sportliche                                                                              letztendlich     die
Im Hinblick auf die Systembeziehung                                                                     Frage, warum es
Mensch-Natur kommt dem „Sich-Be-                                                                        mitten in Frank-
wegen“ eine entscheidende Funktion                                                                      reich zweisprachig
für das Erkunden und Aneignen von-                                                                      geschriebene Stra-
Raum zu. Die ökologische Relevanz                                                                       ßenschilder gibt:
des Sports ergibt sich aus einer wach-                                                                  Frankreich      war

2019		                                          INFO-Fachbereich Sport		                                                  9
sprachlich zweigeteilt, die langue d’oc     Fazit                                      terricht, durch zahlreiche Untersuchun-
                  im Süden, im Norden das Okzitani-           Die Akzeptanz von sportpädagogischen       gen empirisch bestätigt, bei Schülerin-
AUS DEN SCHULEN

                  sche, der Vorläufer der heutigen Lan-       Studienfahrten ist bei entsprechender      nen und Schülern nach wie vor ein sehr
                  dessprache.                                 Planung und Durchführung bei allen Be-     beliebtes Fach ist.
                  Die anschließende Kanutour auf dem          teiligten ungebrochen hoch. Der Auf-       Die große Beliebtheit des Fachs lässt
                  Chassezac gestattete uns schließlich        forderungscharakter     sportpädagogi-     einerseits eine große Bereitschaft er-
                  beeindruckende Naturbilder in einer         scher Angebote in Verbindung mit kul-      warten, politisch-gesellschaftlich rele-
                  unberührten Landschaft, in der die          turellen Programmpunkten unter Einbe-      vante Themen im Rahmen von Studien-
                  Menschen früher von Kastanienplanta-        ziehung der Schülerinnen und Schüler       fahrten am Beispiel des Sports kritisch-
                  gen und der Seidenraupenzucht lebten.       ergibt ein homogenes und motivieren-       analytisch zu reflektieren. Andererseits
                                                              des Gesamtpaket, sodass man davon          ist der Mehrwert und die Nachhaltig-
                  Ein Abend in Les Vans bildete den Ab-       ausgehen darf, von Alkoholexzessen         keit des sportlichen Tuns im Rahmen
                  schluss eines gelungenen Tages. Bei         und sonstigen prophezeiten uner-           solcher Fahrten durch die Akzeptanz
                  der Tageswanderung über Malarce-sur-        wünschten Nebenwirkungen verschont         und das positive Feedback von Eltern-,
                  Thines, fanden wir die Antworten zum        zu bleiben.                                Lehrer- und Schülerseite zweifelsfrei
                  Résistance-Denkmal und den Baustei-         Studienfahrten mit sportlichen Schwer-     vorhanden und Motivation genug, sol-
                  nen der Kirche und nutzten den Ge-          punkten stehen klassischen Studien-        che Unternehmungen auch zukünftig
                  birgsfluss für eine erfrischende Bade-      fahrten in ihrer Wertigkeit in nichts      durchzuführen. Zuletzt bieten Fahrten
                  pause. Den perfekten Abschluss die-         nach. Diese Fokussierung auf sportli-      dieser Art den Sport-Fachschaften an
                  ses Tages bildete sicherlich das leckere    che Handlungs- und Erfahrungsmög-          den Schulen die Möglichkeit, über den
                  französische Abschlussessen und der         lichkeiten in einem außerschulischen       reinen Sportunterricht hinaus im Mittel-
                  historische 7:1-Erfolg der National-        Lernumfeld verschafft dem Sport im         punkt der schulischen Gesundheits-
                  mannschaft über Brasilien!                  Rahmen des Fächerkanons ein Allein-        und Bewegungserziehung zu stehen
                                                              stellungsmerkmal bei der Vermittlung       und einen unverzichtbaren Beitrag zur
                                                              von Bildungsinhalten. Zu berücksichti-     Erfüllung des Erziehungs- und Bil-
                                                              gen wäre außerdem, dass der Sportun-       dungsauftrags zu leisten.

                  Studienfahrten auf Yachten
                  Peter Vierneisel, Willy-Hellpach-Schule Heidelberg

                  Jedes Jahr finden hunderte von Klas-
                  senfahrten auf dem Ijsselmeer, der
                  Ostsee oder auch den Seen im Alpen-
                  vorland statt, meist auf Traditionsschif-
                  fen oder Jollen. Profiskipper und Segel-
                  schulen tragen die seglerische Verant-
                  wortung vor Ort. Aber eigenverant-
                  wortliches Segeln auf Hochseeyachten
                  im Mittelmeer, angeleitet von den eige-
                  nen Lehrern, das ist schon etwas Be-
                  sonderes.

                  Diese außergewöhnliche Art einer Ab-
                  schluss-Studienfahrt hat in Heidelberg
                  Tradition. Seit 1993 organisieren Lehrer
                  des Wirtschaftsgymnasiums Heidel-
                  berg diese Törns in der Zeit zwischen       Abi-Feten und Flatrate-Partys. Und teil-   les sind plötzlich Themen, weit weg
                  schriftlichem und mündlichem Abitur.        weise ohne Handynetz!                      von der Helikopterwelt zu Hause.
                  Meist geht es nach Kroatien oder an die                                                Nachhaltigkeit sollte somit garantiert
                  Côte d‘ Azur, seltener nach Sardinien,      Naturerlebnisse bleiben nicht aus und      sein.
                  Mallorca, Elba oder Korsika.                die Nähe der Elemente ist spürbar: das
                                                              Meer, der Wind, das Wetter. Auch           Fragt man einen Abiturienten nach ei-
                  Das hat weniger mit Erlebnispädagogik       technische Fragen zu Navigation, Elek-     nem schulischen Ereignis, welches ihm
                  oder gar Incentive zu tun, man könnte       trik, Motor und Funk werden bespro-        in bester Erinnerung geblieben ist, dann
                  es eher mit allgemeiner Lebenstaug-         chen. Dazu die klassische Frage zur        wird er antworten: „Abi-Segeln!“ Dies
                  lichkeitskunde beschreiben. Auf engs-       Schiffsphysik, ob denn eine Segel-         belegt auch eindrucksvoll der nachfol-
                  tem Raum entstehen Begegnungen,             yacht kentern kann. Die Yacht steuern,     gende Bericht über eine Abschluss-
                  die Offenheit und Toleranz, aber auch       Segel setzten und bergen, Anker wer-       Studienfahrt auf Yachten, der in einer
                  Verantwortung, Respekt und Teamfähig­       fen, An- und Ablegen, jeder muss sich      Abizeitung an der Willy-Hellpach-Schu-
                  keit schulen, um nur einige Softskills zu   einbringen. Bordkasse, Einkaufen, Ko-      le Heidelberg abgedruckt wurde:
                  benennen. Und das alles fernab von          chen, Spülen, Müllentsorgung, das al-

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AUS DEN SCHULEN
Heidelberg/Marseille. Studienfahrt.           Überhaupt ist Teamwork oberstes Ge-         dere organisieren eine spontane Beach­
Seglerlatein: Schot und Fall statt Leine      bot. Alle Welt redet von Schlüsselquali-    party oder spielen in der winzigen Orts-
und Schnur. Voraus und achtern statt          fikationen. Hier werden sie praktisch       mitte Boule.
vorn und hinten. Steuerbord und Back-         erlernt: Verantwortlichkeit z.B. beim
bord statt rechts und links. Begriffe die-    Steuern der Yacht und Schließen der         Halbzeit: Der Tag bringt turbulentes
ser Art sind in der Schule normalerwei-       Luken, Rücksichtnahme bei beengten          April-Wetter mit Wellenhöhen von offi-
se nicht an der Tagesordnung. „Eve-           Bordverhältnissen,      Hilfsbereitschaft   ziell zwei und gefühlten vier Metern
rything ready for the tack?“ [Alles klar      bei Seekrankheit, Kommunikation via         Höhe. Nur die Genua zieht die Yachten
zur Wende], ruft der Skipper und Ober-        UKW-Funk oder bei Diskussionen.             zurück Richtung Bandol.
studienrat seiner Crew zu. Diese be-          Ganz entscheidend ist die Entwicklung
steht aus 8 der insgesamt über 60 Abi-        von Teamfähigkeit, aber auch das Res-       Tags darauf frischt der Wind noch mehr
turienten.                                    pektieren von Hierarchien wie die zwi-      auf. Die im Wetterbericht angekündig-
In Marseille ist der Kontrast zwischen        schen Skipper und Crew. „Ich habe in        ten 6 Bf schaukeln die Yachten bei ach-
Natur und Zivilisation enorm. Die Millio-     dieser Woche was für´s richtige Leben       terlichem Wind im Surf mit 10 Knoten
nenmetropole mit ihren Hochhäusern,           gelernt“, bestätigt eine angehende Ab-      über die Wellen. Ein echtes Segeler-
Fabrikschloten und Frachthäfen sieht          iturientin, „Französisch, Geografie, Na-    lebnis. Es geht vorbei an der Ile des
aus wie ein fürchterlicher Moloch. Die        vigation, Meteorologie“.                    Embiez, einem Eiland des Schnapskö-
City ist ein Schmelztiegel der Kulturen                                                   nigs Ricard, dessen Firma das gleich-
und gilt als Tor in alle Welt. Keine 3 See-   Bei Kaiserwetter geht es weiter nach        namige in Frankreich so beliebte Anis-
meilen weiter (das sind genau 3 x             Porquerolles, einer unter Naturschutz       getränk herstellt.
1,852km) verwandelt sich diese Welt.          stehenden Insel. Die Bucht Langustiere
Auf einer der Frioul-Inseln steht das alte    wird zum Nachtquartier für reichlich        Die in Dramaturgie geübten Lehrkräfte
Chateau d´If. Alexandre Dumas ließ sei-       schwojende Yachten. Anderntags fällt        haben die Regatta für den letzten Tag
nen berühmten Grafen von Monte                die Flotte nach einer wind- und regen-      angesetzt: einmal rund um Frioul! Es
Christo in den Verliesen der Inselfes-        schauergepeitschten Inselumrundung          war ein Herzschlagfinale und bis heute
tung schmachten. Ob die Schüler wis-          wie eine Armada in den idyllischen          wird lebhaft diskutiert, welche Yacht
sen, dass es die Romanfigur nie wirk-         Yachthafen ein. Karibikflair an der Côte    denn nun die Handbreit Vorsprung hat-
lich gegeben hat?                             d´ Azur. Einige Schüler mieten sich         te. Sei´s drum! Nach dem Bootsputz
                                              Mountainbikes und erkunden das mit          sitzen alle im Bus und der Busfahrer
Drei Beaufort schieben 8 Yachten in die       Kiefernwald bedeckte Inselinnere. An-       fragt: „Alle Mann an Bord?“
Calanques zum ersten Badestopp. Der
Anker fällt in einer bizarr anmutenden,
von steilen Felsen ummantelten Bucht.
Einzig das endlose Hin und Her der Aus-
flugsboote ist schwer zu ertragen. Trost
spendet da die Gewissheit, die Exklusi-
vität einer Segelyacht zu genießen. Die
Mutigen vom kalten Meer erfrischt, die
etwas weniger Forschen zumindest
ausgiebig sonnengebadet tuckern mit
den eingebauten Schiffsdieseln zum
idyllischen Hafenstädtchen Bandol. Ein
Schiffsdiesel verweigert sich der legen-
dären Zuverlässigkeit dieser Maschinen.
Der verstopfte Dieselfilter (ein klarer
Wartungsmangel!) macht der Crew das
Leben schwer. Mit vereinten Kräften
wird das Boot samt Klassenkameraden
in die Box des Yachthafens manövriert.

2019		                                               INFO-Fachbereich Sport		                                                  11
Hier noch ein paar Hinweise für interessierte Kolleginnen
                  und Kollegen:
AUS DEN SCHULEN

                  •	pro Yacht mindestens eine Lehrkraft mit Yachtführer-
                     schein und Skippererfahrung
                  •	geeigneten Zeitraum frühzeitig mit der Schulleitung be-
                     sprechen (Unterrichtsausfall minimieren, Kollegium infor-
                     mieren)
                  •	seriöse Charteragenturen wählen, denn diese wissen
                     meist auch, welche Anbieter ältere und günstige, aber
                     dennoch technisch gut gewartete Yachten im Angebot
                     haben
                  •	Crewvertrag und Skipperversicherung abschließen
                  •	Für die Gesamtkalkulation Anreise, Charter, Liegegebühren,
                     Diesel und finanzielles Polster für Reparaturen berück-
                     sichtigen (ggf. Kautionsversicherung)
                  •	eine Bordkasse pro Yacht (kein Alkoholkauf aus der Bord-
                     kasse)
                  •	Briefing und Sicherheitseinweisung
                  •	Weisungsbefugnis als Lehrer und Skipper kommunizieren
                  •	Nach unserer Erfahrung betragen die Kosten ca. 400-
                     500,- € pro Schüler zzgl. Bordkasse.

                  Falls Sie Fragen haben, können Sie mich gerne kontaktieren:
                  p.vierneisel@willy-hellpach-schule.de

                  Segeln und Kanufahren mit zwei Schulklassen in
                  Holland
                  Matthias Rödiger, Nebenius-Realschule Karlsruhe

                                                                                                   teilen. Denn schließlich müssen wir
                                                                                                   auf dem Campingplatz unser Essen
                                                                                                   selbst zubereiten und der Abwasch
                                                                                                   macht sich auch nicht von alleine.
                                                                                                   So vergeht die Zeit wie im Flug und
                                                                                                   nach der Ankunft auf dem Cam-
                                                                                                   pingplatz sind unter Mithilfe aller
                                                                                                   nach weiteren zwei bis drei Stun-
                                                                                                   den sämtliche Schlafzelte sowie
                                                                                                   zwei große Gemeinschaftszelte
                                                                                                   mitsamt der Koch- und Kühlgeräte
                                                                                                   aufgebaut.
                                                                                                   Jetzt haben alle Hunger und es
                                                                                                   muss sich zum ersten Mal zeigen,
                                                                                                   ob die Küchendienste funktionie-
                                                                                                   ren. Viele Hände helfen bei der Es-
                                                                                                   senszubereitung, noch mehr beim
                                                                                                   Abwasch und Aufräumen, naja, da
                                                                                                   und dort hapert es noch, aber das
                                                                                                   wird schon.
                                                                                                   Dann geht es zum Wasser, Zeit ist
                  48 aufgeregte Schülerinnen und             stücke werden im Reisebus unter-      noch genug, in Holland wird es im
                  Schüler und 4 Lehrkräfte der bei-          gebracht. Da bereits am Vorabend      Juni vor 23 Uhr nicht dunkel. Der
                  den 7. Klassen der Nebenius- Real-         ein weiterer Kleinbus mit den größ-   See liegt direkt am Campingplatz.
                  schule in Karlsruhe stehen mit ih-         ten und sperrigsten Ausrüstungs-      Drei Kieljollen sind für uns reser-
                  ren gepackten Taschen, Zelten und          gegenständen geladen wurde,           viert, große, geräumige GFK-Boo-
                  Schlafsäcken, Lebensmittelkartons          geht alles sehr schnell.              te, gaffelgetakelt, robust und gut-
                  und Campinggaskochern vor der              Die lange Fahrt bietet Gelegenheit,   mütig zu steuern, genau das Richti-
                  Schule bereit. Für fünf Tage soll es       theoretische Inhalte zum Segeln       ge für unsere jungen, ungeübten
                  nach Kamperland in Holland gehen,          und Kanufahren zu besprechen,         Landeier. Außerdem neun Kanus.
                  an einen Binnensee in unmittelba-          Knoten zu üben, Verhaltensregeln      Nach einigen Ausführungen zum
                  rer Nähe des Meeres. Die Gepäck-           zu klären und Arbeitsdienste einzu-   Revier und zum Sicherheitsverhal-

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ten teilen wir die Schülerinnen und        setzen wir alle Posten: Pinne, Großse-    te beim Kanufahren, wer gestern mit A
Schüler für den nächsten Tag ein: Die      gel, Vorsegel backbord, Vorsegel steu-    und B zusammen im Boot war, ist heu-

                                                                                                                                AUS DEN SCHULEN
eine Hälfte wird auf die Kanus ver-        erbord. Schließlich legen wir ab. Jetzt   te mit C und D unterwegs. Auch der
teilt, immer drei in eines, vorne und      gilt es für die Jungs und Mädels, sich    Aufgabenwechsel an Bord wird strikt
hinten wird gepaddelt, in der Mitte        abwechseln auf jedem Posten zu be-        eingehalten: Bei den Kanufahrern hat
ist der Platz zum Ausruhen. Zwei           währen. Kurs halten, anluven, abfallen,   jeder mal den passiven Platz in der Mit-
Lehrkräfte mit viel Erfahrung im Ka-       Wendemanöver – die Zeit vergeht im        te, bei den Seglern findet ein stetiger
nu und Kajak betreuen die Gruppe.          Flug. Schnell ist der erste Crewwech-     Wechsel zwischen Vorsegel, Großse-
Bei den Segelbooten ist es nicht           sel am Steg fällig. Also muss angelegt    gel und Pinne statt.
ganz so einfach: Immer vier bis fünf       werden. Gar nicht so einfach, schließ-    Ablegen, Segeln am Wind, halber
Jugendliche und eine Lehrkraft bil-        lich gibt es ja keine Bremse an Bord…     Wind, raumer Wind, Wende – viel-
den eine Bootscrew. Bei drei Boo-          Bis zur Mittagspause ist jede Crew        leicht, weil der Wind recht schwach ist,
ten ist also immer die eine Hälfte         zweimal dran, am Nachmittag das Glei-     kann man auch schon mal eine Halse
der Schüler unterwegs, etwa 45             che.                                      wagen, aber es muss nicht sein. Alles
Minuten, die andere wartet am              Am späten Nachmittag werden die           ist sehr viel für unsere Anfänger, die
Steg, schaut von dort aus zu, be-          Boote wieder abgeriggt und am Steg        nötige Konzentration hinterlässt bei
spricht sich, was man wie machen           festgemacht. Die Campinggaskocher         den ersten schon ihre Spuren. In der
muss, isst und trinkt etwas, geht          werden angeworfen, bald ziehen die        Pause am Steg ist Zeit für Entspan-
sich umziehen oder auf die Toilette        Essensgerüche über den Platz. Jeder       nung.
usw. Dann ist Wechsel. Die Schü-           hat nun erste Eindrücke gewonnen und      Erst in der Mittagspause kommen
ler werden schnell merken, dass es         Erfahrungen gemacht, beste Voraus-        auch die Lehrkräfte zum Verschnaufen.
ohne die Pausen gar nicht geht,            setzung, sich auszutauschen und dem       Die Restaurantterrasse bietet einen
denn die 30-45 Minuten auf dem             nächsten Tag entgegenzufiebern.           herrlichen Blick auf den See und die
Wasser sind anstrengend, da ist            Aber noch ist es hell – und Zeit fürs     vorbeiziehenden Boote, das spüren
volle Konzentration gefordert, denn        Meer. In gut einer halben Stunde sind     auch die Jugendlichen schnell. Am
schließlich stellen sich ganz kniffli-     wir zu Fuß dort, für die meisten unse-    Nachmittag frischt der Wind auf. Einige
ge Fragen:                                 rer Schülerinnen und Schüler aus der      jauchzen, anderen wird es schon et-
                                           Karlsruher Südstadt ist es das erste      was mulmig. Das Ruder wird jetzt von
•	Woher kommt der Wind und woran          Mal am Meer. Sie sind trotz der kühlen    denen gern übernommen, die sich fit
   erkennt man das?                        Temperaturen nicht zu halten und ren-     fühlen, die anderen gehen lieber an die
•	Wie werden die Segel gesetzt und        nen wie von Sinnen über den breiten       Vorschot, das ist deutlich einfacher.
   auf was ist dabei zu achten?            Strand ins Wasser.                        Aber auch diejenigen am Großsegel
•	Wie wird gesteuert und wer hat          Erst mit der Aussicht, dass wir ja wie-   müssen jetzt wieder konzentrierter
   dann im Boot wo welche Funktion?        der kommen, sind sie bereit für den       sein. Auf jeder Fahrt die gleiche Zere-
                                           Rückweg. Aber es nützt nichts, auch       monie: Wie wirken Großsegel und Ru-
Klar, dass das viel verlangt ist von un-   die längsten Tage gehen rum und es        der in Abhängigkeit voneinander, was
seren Jungfüchsen, aber auf jedem un-      wird Zeit zu schlafen.                    ist zu tun, wenn das Boot zu stark
serer drei Boote ist selbstverständlich    Am Mittwochvormittag weht eher ein        krängt? Sicherheit geht vor!
ein Segellehrer, damit auch ja nichts      Lüftchen als ein richtiger Wind. Wir      Abends ist der Hunger groß und die
passiert. Die kann man vor Ort buchen,     achten darauf, dass sich keine festen     Stimmung bestens. Selbst die größten
ohne dass es gleich das Budget             Gruppen bilden, also wird kräftig ro-     Schlawiner sind gut zu haben, weil es
sprengt. Wir aber können an der Stelle     tiert. Wer gestern Segeln war, ist heu-   sich auf dem Boot zeigt, wer’s draufhat
etwas sparen, denn wir haben noch
zwei Segelexperten aus dem privaten
Freundeskreis dabei.
Jetzt wird es aber doch langsam dunkel
und es ist nicht ganz einfach, die Schü-
lerinnen und Schüler bei dieser Vor-
freude auf den nächsten Tag in die Zel-
te zu bekommen. Der erste Tag ist im-
mer etwas knifflig, da braucht es seine
Zeit, bis endlich Ruhe ist.
Am nächsten Morgen sind die Ersten
früh wach, kein Wunder! Das Früh-
stück ist schnell erledigt und dann geht
es endlich raus aufs Wasser. Der Wind
ist mit drei Windstärken ideal für den
Anfang und die Schülerinnen und Schü-
ler sind richtig heiß auf Abenteuer.
Zuerst legen die Kanufahrer ab, sie wer-
den zwei größere Touren machen, eine
am Vormittag, eine am Nachmittag.
Die Segler müssen erst einmal die
Boote klarmachen, also in den Wind
stellen und die Segel setzen. Dann be-

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