Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV

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Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
Nr. 02 | 01. Februar 2020 | 74. Jahrgang

                                               Titelthema
                                              Inklusion
                                               im Sport

Erster Schritt
Beteiligung aus Lotto-Spieleinsätzen erhöht

Schneller Start
Bobfahrerin Kim Kalicki mag es rasant
Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
EDITORIAL

                                                   Editorial

              Liebe Sportfreundinnen und Sportfreunde,

              der Schwerpunkt dieses Heftes dreht sich um Inklu-
              sion. Wie können wir die Angebote im Verein so gestal-
              ten, dass wirklich jeder mitmachen kann? So viel ist in
              den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schon pas-
              siert. Und doch sprudeln neue und wichtige Ideen ge-
              fühlt immer schneller, spannender und produktiver.
              Davon konnten sich rund 140 Teilnehmende am Fach-
              tag „Sport und Inklusion“ überzeugen. Dass die prakti-
              sche Arbeit vor Ort langfristige Strukturen braucht, die
              sie tragen und unterstützen, erläutert Ralf-Rainer
              Klatt, Vizepräsident des Landessportbundes e. V.           sind sich einig, dass das Thema in den Vereinen ange-
                                                                         kommen ist. Gleichzeitig wünschen sie sich eine stär-
              „Krebs mag keinen Sport.“ Ein Satz, der im Kopf bleibt     kere Vernetzung zwischen den Therapieeinrichtungen
              und von den unterschiedlichsten Untersuchungen wie-        und den Vereinen, um wirklich eine nahtlose Versor-
              der und wieder bestätigt wurde. So kann das Rückfall­      gung sicherstellen zu können.
              risiko nach einer Brustkrebserkrankung um bis zu 30
              Prozent reduziert werden, wenn regelmäßig Bewegung         Und wenn Sie mit Ihren Vereinskollegen nicht nur her-
              in den Tagesablauf eingebaut wird. Die Teilnehmerin-       vorragende Arbeit bringen und großartige Leistungen
              nen und Teilnehmer des Fachtags „Krebs und Sport“          erzielen wollen, sondern auch möchten, dass andere es
                                                                         wissen: Dann bewerben Sie sich doch beim hr-Heim-
                                                                         spiel, der neuen Sportsendung des hessischen Rund-
                                                                         funks am Samstagnachmittag.

                                                                         Und nun viel Spaß bei der Lektüre Ihrer „Sport in Hes-
                                                                         sen“ wünscht

                                                                         Ihre

                                                                         Dr. Susanne Lapp

SIH 0 4 / 29.02.2020
Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
THEMA DER SEITE                                                                                                                                                                 INHALT   1

                                                                                     Inhalt

                                                                                                                           12       Vereinswettbewerb
                                                                                                                                    SKG Sprendlingen sagt Krebs den Kampf an!

                                                       4                                                                   13       „Dein Sportverein im Fernsehen“
                                                                                                                                    Neues Format des Hessischen Rundfunks
                                                       Titelthema Inklusion
                                                       Gemeinsam mehr bewegen!                                             14       Im Dschungel der Fördertöpfe
                                                                                                                                    Wie der Sport profitieren kann

                                                                                                                           17       Großprojekte gestemmt
                                                                                                                                    Bauausschuss blickt zurück
                                                       9                                                                   17       Aus der Praxis
                                                       Großer Jubel                                                                 Der Übungsleiter
                                                       Stephan Leyhe siegt in Willingen
                                                                                                                           21       Amtliches
                                                                                                                                    und Neues zum Datenschutz

                                                                                                                           22       Vereinsmanagement

                                                       10                                                                           Wichtige Steueränderungen

                                                       Bewegung gegen Krebs                                               24        Sport und Ernährung
                                                       Erfolgreicher Aktionstag                                                     Naschen verboten?

                                                                                                                          26        Sportinfrastruktur
                                                                                                                                    Jetzt für Seminare anmelden

                                                       23                                                                  28       Kurz notiert
                                                                                                                                    Namen und Notizen
                                                       #BeActive 2020
                                                       Europäische Woche des Sports                                       29        Neue Bücher
                                                                                                                                    Lesenswertes rund um den Sport

                                                                                                                          30        Bildungsakademie
                                                                                                                                    Urlaub, der bildet!
                                                       34                                                                  32       Sport im Palmengarten
                                                       Sportjugend                                                                  Geburtsstunde des organisierten Sports
                                                       Saisonstart am Edersee

Impressum

Herausgeber: Landessportbund Hessen e. V. (lsb h); Otto-Fleck-          Anzeigen Nord/Mitte: Claudia Brummert, Frankfurter Straße 168,         Titelfoto: xxxxx
Schneise 4, 60528 Frankfurt, Tel.: 069/6789 -0                          34121 Kassel, Tel.: 0561/60280-180, Fax: 0561/60280-199,               Foto: dfdf
Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Susanne Lapp, Vizepräsidentin für    E-Mail: brummert@ddm.de
Kommunikation und Marketing, Glauburgstraße 11, 60318 Frankfurt.        Anzeigen Süd: Torsten Wethlow, Waldstraße 226, 63071 Offenbach,        www.landessportbund-hessen.de
Redaktion: Leitung Ralf Wächter (RW), Isabell Boger (ib), Markus        Tel.: 069/85008-368, Fax: -394, E-Mail: sih@op-online.de
Wimmer (maw), Otto-Fleck-Schneise 4, 60528 Frankfurt.
So erreichen Sie uns: Ralf Wächter, rwaechter@lsbh.de, Tel.: 069/6789   Sport in Hessen erscheint vierzehntägig zum Wochenende
-262; Isabell Boger, iboger@lsbh.de, Tel.: 069/ 6789-267; Markus        Bezugspreis: Jährlich Euro 51,11 einschl. Postgebühren und MwSt.
Wimmer, mwimmer@lsbh.de, Tel. 069/6789-437; Fax: 069/6789-300.          Bestellungen für Vereine beim Landessportbund Hessen e. V.,
Verlag: Pressehaus Bintz-Verlag GmbH & Co. KG, Waldstraße 226,          für Privatpersonen bei Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG
63071 Offenbach
Druck und Vertrieb: Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG,               Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Verfasser
Frankfurter Straße 168, 34121 Kassel.                                   wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder wird keine
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S I H X X / X X . X X .2016
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SPORTPOLITIK                                                                                                                              3

                                                                                               Mehr Lehr-
                                                                                               schwimmbecken
                                                                                               gefordert
                                                                                               Landessportbund Hessen e. V. hält
                                                                                               Sportstätten-Statistik für erforderlich
                                                                                               Der Landessportbund Hessen e. V.
                                                                                               (lsb h) hat sich dafür ausgesprochen,
                                                                                               vermehrt auf den Bau und Erhalt von
                                                                                               Lehrschwimmbecken zu setzen. „Der
                                                                                               Ruf nach mehr Schwimmbädern ist
                                                                                               zu unpräzise. Wenn wir nicht zum

              Engagement von Frauen                                                            Land der Nichtschwimmer werden
                                                                                               wollen, bringen uns Spaßbäder nicht

               fördern und würdigen                                                            weiter. Wir brauchen Bäder, in denen
                                                                                               Kinder wohnortnah schwimmen ler-
                                                                                               nen können“, sagt Präsident Dr. Rolf
                 Landessportbund startet Mentoring-Programm / Mehr                             Müller.
                         Verdienstorden für Frauen gefordert
                                                                                               Solche Lehrschwimmbecken sollten nach
                                                                                               Einschätzung des lsb h möglichst fußläufig
                                                                                               von jeder größeren Schule aus zu erreichen
Der Landessportbund Hessen e. V.                Eine stärkere Förderung von Frauen legt er     sein. „Ich bin der festen Überzeugung, dass
(lsb h) ist am 1. Februar mit zwölf             auch den Mitgliedsorganisationen des Lan-      heute jedes Kind schwimmen können sollte
Tandems in die neue Auflage des                 dessportbundes nahe: „Nur gemeinsam            – unabhängig davon, ob sich Eltern den
Mentoring-Programms „Erfolgreich                können wir Gleichstellung erreichen“, sagt     teuren Eintritt in ein großes Bad leisten
im Sport – Erfolgreich im Beruf – Er-           Müller und bezieht sich damit explizit auch    können oder nicht.“ Es brauche daher Lehr-
folgreich im Leben“ gestartet.                  auf andere, eher unterrepräsentierte           schwimmbecken, die vor allem Schulen und
                                                Gruppen.                                       Vereinen zur Verfügung stehen und keine
Einer im Sportkreis, Verband oder Sportver-                                                    allzu hohen Betriebskosten verursachen.
ein engagierten Frau, die gerne neue Auf-       Ehrungen zu „männerlastig“                     „Dies sollte schon bei der Schulentwick-
gaben oder Projekte übernehmen will                                                            lungsplanung bedacht werden“, so der
(„Mentee“), wird dabei eine erfahrene           Nachholbedarf sieht der Landessportbund-       lsb h-Präsident. „Funktionale Schwimmge-
Mentorin mit Führungserfahrung zur Seite        Präsident auch bei Ehrungen. Seiner An-        legenheiten sind definitiv wichtiger als
gestellt.                                       sicht nach ist die Zahl der „Verdienstorden    Bäder mit viel Schnick-Schnack.“
                                                der Bundesrepublik Deutschland“, die in
Zwölf Monate lang stehen beide in regel-        Hessen beantragt und vergeben werden „zu       In der aktuellen Diskussion um ein
mäßigem Austausch, begleiten sich gegen-        männerlastig“. „Wenn durchschnittlich nur      „Schwimmbadsterben“ und die Zahl der
seitig zu Veranstaltungen und versuchen,        ein Drittel der Geehrten weiblich ist, spie-   vorhandenen Bäder wiederholt Müller
voneinander zu lernen. Für die Mentees          gelt das nicht das wahre Bild der ehrenamt-    unterdessen seine vor vielen Jahren aufge-
bietet der Landessportbund Hessen zudem         lichen Tätigkeiten in unserer Gesellschaft     stellte Forderung nach einer neuen Sport-
Seminare an. In diesen geht es um das           wieder.“                                       stätten-Statistik.     „Um      zielführende
Sportsystem in Hessen, aber auch darum,                                                        Diskussionen führen und gute Entscheidun-
schlagfertig zu sein, den richtigen Ton zu      „Wir dürfen niemanden vergessen, nur weil      gen treffen zu können, brauchen wir zual-
treffen, sich die eigenen Stärken bewusst       er nicht an der Spitze steht. Denn jeder       lererst einmal belastbare Zahlen. Dabei
zu machen oder die eigene Teamfähigkeit         Verein oder Verband lebt von einem star-       reicht es nicht, einfach Bäder zu zählen. Es
zu stärken.                                     ken Unterbau“, sagt Müller. Er appelliert,     gilt auch zu erfassen, wie geeignet diese
                                                dies bei Vorschlägen für Verdienstorden        sind, die wichtige Grundsportart Schwim-
Junge Frauen ermutigen                          künftig stärker zu berücksichtigen: „Es darf   men in Schulen und Vereinen zu vermit-
                                                nicht der Eindruck entstehen, dass die vor-    teln.“ Dieser qualitative Ansatz lasse sich
„Wir müssen selbstkritisch zugeben, dass        nehmlich männlichen Vereinsvorsitzenden        auch auf Hallen, Plätzen und andere Sport-
Frauen an der Spitze von Sportkreisen, Ver-     ihre Geschlechtsgenossen bevorzugen“,          anlagen übertragen. „Auch hier fehlt der-
bänden und Vereinen gemessen an den             sagt er mit Blick auf die Zahlen: 2019 wur-    zeit eine solide Datenbasis über Menge und
Mitgliederzahlen noch immer unterreprä-         den in Hessen 83 Personen mit einem Ver-       Zustand“, sagt Müller und bezeichnet es als
sentiert sind“, sagt lsb h-Präsident Dr. Rolf   dienstorden der Bundesrepublik ausge-          schwerwiegenden Fehler, dass die Sportmi-
Müller. „Mit unserem Mentoring-Programm         zeichnet, nur 30 Prozent waren Frauen.         nisterkonferenz die bis zum Jahr 2000 be-
wollen wir deshalb insbesondere jüngere         2018 lag die Quote bei 35 Prozent.             stehende bundesweite Sportstätten-Statis-
Frauen ermutigen sich neue Aufgaben                                                            tik vor Jahren ersatzlos gestrichen hat.
zuzutrauen.“                                                                              ib                                             ib

SIH 0 4 / 29.02.2020
Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
4                                                                                                                  TITELTHEMA INKLUSION

                                     Gemeinsam für
                                     mehr Teilhabe
                              Fachtag „Sport und Inklusion“ begeistert über 140 Teilnehmerinnen und
                                Teilnehmer / Theorie- und Praxisworkshops sorgen für neue Impulse

    R
          und 25 verschiedene Workshops, fast 160 Teil-
          nehmer, sieben Stunden Programm, knapp 20
          Partner, eine Weiterempfehlungsrate von 91
          Prozent und ein Staatssekretär, der betont:
    „Sport ist der Motor für mehr Inklusion.“ So lässt sich
    der Fachtag „Sport und Inklusion“, zu dem der
    Landessportbund Hessen (lsb h) am 2. Februar gemein-
    sam mit zahlreichen Fachverbänden nach Frankfurt
    eingeladen hatte, zusammenfassen.

    „Ich habe wirklich viel mitgenommen heute. Gerade
    bei den Theorie-Workshops habe ich gesehen, was
    noch alles möglich wäre. Wahr ist aber auch, dass man
    im Verein nicht alles so einfach umsetzen kann. Es geht
    nur Schritt für Schritt – und manches vielleicht gar      zuschnuppern. Dementsprechend vielfältig waren auch
    nicht“, sagt eine der Teilnehmerinnen am Ende der         die angebotenen Workshops. Da ging es beispielsweise       OBEN
    Veranstaltung.                                            um barrierefreie Sporthallen (Jens Prüller, Lan-           Neue Erfahrungen
                                                              dessportbund) und barrierefreies Webdesign (Rose Jo-       sammelten die
                                                                                                                         Teilnehmer bei den
    Es ist eine Einschätzung, die das Inklusions-Team des     kic), um Leichte Sprache (Nikola Poitzmann) und um
                                                                                                                         Praxis-Workshops.
    Landessportbundes Hessen durchaus teilt. Referent         Gebärdensprache (Katharina Pape und Konstantin Be-
    William Sonnenberg: „Natürlich wünschen wir uns, dass     gesow vom Deutschen Gehörlosen-Sportverband), um           UNTEN
    sich möglichst viele hessische Sportvereine für Men-      Kooperationen und Netzwerke (Dr. Jan Ries von der          Über Chancen,
    schen mit Behinderung öffnen. Aber wir erwarten nicht,    Hochschule Fulda, RinkA-Projekt), Fördermöglichkei-        Möglichkeiten und
    dass sofort alles umgesetzt wird, was wir in unserem      ten (Ulrike Lorch, FörderAkzente) oder rechtliche und      Herausforderungen
    Handbuch ,Inklusion im Sport‘ aufgeschrieben haben.       versicherungstechnische Aspekte (Ursula Schülzgen,         von und für
                                                                                                                         Inklusion im Soprt
    Es ist völlig in Ordnung klein anzufangen und auch zu     ARAG).
                                                                                                                         wurde auf dem
    schauen: Welchen Bedarf für Veränderungen in unse-                                                                   Podium angeregt
    rem Verein gibt es überhaupt?“                            Neue Praxiserfahrungen                                     diskutiert.
                                                                                                                         Fotos: lsb h
    Der Fachtag, sagt Sonnenberg, sollte es den Teilneh-      „Oh Gott, das ist echt komisch, die Rückhand bekomme
    mern ermöglichen, in möglichst viele Bereiche hinein-     ich überhaupt nicht hin“, ruft einer der Teilnehmer des

                                                                                                                          SIH 0 4 / 2 9 . 0 2 . 2 0 2 0
Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
TITELTHEMA INKLUSION                                                                                                                          5

Workshops „Tischtennis inklusiv“. Normalerweise als
Fußgänger unterwegs, fällt es ihm schwer aus dem
Rollstuhl heraus Bälle anzunehmen und über den Tisch
zu schmettern. Auch die Krückenfußballer im anderen
Hallenteil haben ihre Probleme. Das Schießen gelingt
ihnen zwar recht gut, aber der Ball erscheint vielen von
ihnen einfach zu schnell, um ihn auf Krücken rechtzei-
tig einholen zu können. Die geübten Spieler mit Pro-
these stellen sich da deutlich besser an! Völlig neue
Sinneserfahrungen machen Sehende auch beim
Blindentennis.

„Neue Erfahrungen sind ganz wichtig, wenn wir über
Inklusion sprechen“, sagt Marc Mercurio, der beim
Landessportbund das Projekt „Stark für Familien –
Inklusion im Fußball (er)leben“ betreut. Erst, wer ein-    Dafür, dass auch gehörlose Teil-
mal im Rollstuhl gesessen hat, merkt, wie viel Prob-       nehmer den Erfahrungsberich-
leme eine kleine Schwelle bereiten kann. Wer versucht,     ten, Vorschlägen und Einschät-
einen Ball mit geschlossenen Augen zu fangen, wür-         zungen      folgen    konnten,
digt die Leistung von Goalballspielern hinterher ganz      sorgten zwei Gebärdensprach-
anders. Und wer einmal mit geistig behinderten Men-        dolmetscher und zwei Schrift-
schen Sport getrieben hat, der verliert vielleicht seine   dolmetscher. Gewünschter Zu-
Scheu vor ihnen.                                           satzeffekt:     Alle   anderen
                                                           Zuhörer bekamen eine Vorstel-
Interessierter Personenkreis wächst                        lung davon, wie eine solche
                                                           Übersetzung aussehen kann.
Beim Fachtag Inklusion besteht die Herausforderung
darin, dass die Teilnehmer – mehr als die Hälfte waren     Einblick ins inklusive
Übungsleiter – so unterschiedlich sind: Einige leben       Sportabzeichen
das Thema Inklusion in ihrem Verein bereits, andere
stehen noch ganz am Anfang. „Wir wollten aber einen        Einen Einblick geben – das
Fachtag schaffen, der allen gerecht wird. Ich glaube,      wollte auch Heike Sokoll vom
im Endeffekt ist uns das ganz gut gelungen: Jeder          Sportkreis Region Kassel, die das Sportabzeichen für
konnte etwas Neues mit nach Hause nehmen, aber kei-        Menschen mit und ohne Behinderung vorstellte. „Es         OBEN
ner wurde von diesem vielfältigen Thema komplett           bietet wirklich eine tolle Chance, gemeinsam aktiv zu     Die Gebärdendolmet-
erschlagen“, resümiert William Sonnenberg.                 werden“, sagte sie und erklärte den Teilnehmern ohne      scher hatten gut zu
                                                                                                                     tun.
                                                           Unterlass, auf was es ankommt. Wer sich ein bisschen
Er lobt, dass so viele Verbände bereit waren, sich am      anstrengte und seine ersten Disziplinen absolvierte –     UNTEN
Fachtag zu beteiligen. Neben den „Großen“, dem             immerhin 100 Personen taten dies – erhielt dafür auch     Auch Tischtennis
Hessischen Behinderten- und Rehabilitations-Sport-         einen USB-Stick mit diversen Informationsmaterialien      funktioniert inklusiv!
verband, den Turnern, Fußballern, Leichtathleten oder      zum Thema „Sport und Inklusion“.
Schwimmern, beteiligten sich auch kleine wie der Hes-
sische Athleten-Verband oder mittelgroße wie der           Wie sehr auch der Landesregierung daran gelegen ist,
Kanu-Verband. Gegenüber dem 1. Fachtag vor fünf            machte nicht nur die Anwesenheit von Dr. Stefan Heck,
Jahren, stellt Sonnenberg fest, habe sich das Interesse    Staatssekretär im Hessischen Ministerium des Innern
am Thema deutlich erhöht: „Der Personenkreis ist grö-      und für Sport, Abteilungsleiter Sport Jens-Uwe Münker
ßer geworden, die Zahl der Vereine und Verbände, in        und Marina Mohnen aus dem Referat Behinderten-
denen man sich mit Inklusion beschäftigt, gewachsen.       sport/Inklusion deutlich. Heck hatte auch einen
Und anhand der vielen detaillierten Nachfragen, die        Scheck über 6.000 Euro dabei, mit dem das Mi-           Titelthema
nun gestellt wurden sieht man, dass sich auch inhalt-      nisterium den Fachtag Inklusion unterstützte.
lich viel getan hat.“                                      In seinen Grußworten erklärte er dazu: „Wir             Inklusion
                                                           wollen Menschen mit Behinderung über den
Dennoch gibt es noch viel zu tun, wie bei der Podiums-     Sport ein selbstbestimmtes und aktives Leben             im Sport
diskussion zum Thema „Sport und Inklusion – Chancen,       in unserer Gesellschaft ermöglichen. Dazu för-
Möglichkeiten, Herausforderungen“ deutlich wurde.          dern wir gezielt Projekte und Veranstaltungen mit
Dr. Frank Weller, lsb h-Vizepräsident Vereinsmanage-       dem Schwerpunkt Sport und Inklusion.“
ment und selbst Rollstuhlfahrer, Norbert Fleischmann,
Inklusionsberater des HBRS, Frauke Ackfeld, Mitarbei-      Einen Satz, den nicht nur lsb h-Vizepräsident Ralf-
terin der Inklu-Beratung Hessen, die Special Olympics      Rainer Klatt, HBRS-Präsident Heinz Wagner sowie
Hessen-Geschäftsführerin Constanze Angermann und           Geschäftsführer Thomas Prokein, sondern auch alle
die beinamputierten Fußballspieler Jörg Schmidtke          anderen Vertreter von Verbänden und Vereinen wohl-
und Florian Fischer diskutierten dabei mit Moderatorin     wollend zur Kenntnis nahmen.
Katja Lüke, Referentin für Inklusion im und durch Sport                                          Isabell Boger
und Projektleiterin „Sport-Inklusionsmanager/in“.

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Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
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                 Inklusion als
           Sportentwicklungsprozess
                     Welche Parameter und Strukturebenen bei der Inklusion mitgedacht werden müssen –
                                 eine Einschätzung von lsb h-Vizepräsident Ralf-Rainer Klatt

    D
           er organisierte Sport ist immer auch ein Spiegel
           seiner Zeit: Er greift gesellschaftliche Entwick-
           lungen auf, er reagiert auf Herausforderungen,
           er passt seine Strukturen an und übernimmt da-
    mit nicht selten eine Vorreiterrolle – ob es nun um das
    wichtige Thema Gesundheitsförderung, die Integration
    von Geflüchteten oder die Nachmittagsbetreuung in
    Ganztagsschulen geht. Stillstand bedeutet Rückschritt:
    Das gilt für jeden ambitionierten Sportler, auch für das
    Sportsystem als Ganzes. „Als Landessportbund ist es
    deshalb unsere Aufgaben, an der Weiterentwicklung
    des organisierten Sports mitzuwirken und dafür ver-
    schiedene Parameter oder Strukturebenen zu verzah-
    nen“, ist Ralf-Rainer Klatt, Vizepräsident des Lan-
    dessportbundes Hessen (lsb h) überzeugt.

    Auch Inklusion begreift er deshalb als Sportentwick-
    lungsprozess und wichtige Querschnittsaufgabe für          2. Organisation: Wie lässt sich der inklusive Sport am
    den Verband und seine Mitgliedsorganisationen. Klatt       besten organisieren? Entscheidungen darüber müssen          OBEN
    definiert dafür verschiedene Parameter und Struktur­       auf allen Ebenen getroffen werden – beginnend beim          Tischtennis gibt es
    ebenen, die beachtet werden müssen. „Wird nur ein          Individuum über Gruppen (im Verein), in verbandli-          schon lange als
                                                                                                                           inklusiven Sport.
    einziger von ihnen nicht mitbedacht, nicht umgesetzt       chen Strukturen bis in die Politik – wiederum auf allen
                                                                                                                           Fotos: lsb h
    oder einfach vernachlässigt, werden keine zufrieden-       Ebenen. Welche Angebote sind als Kurs, als Daueran-
    stellenden, inklusiven Ergebnisse entstehen. Solche        gebot, indoor oder ourdoor, altersspezifisch oder ge-
    theoretisch anmutenden Überlegungen sind deshalb           nerationsübergreifend sinnvoll? Welche Regelände-           UNTEN
    notwendig, wenn inklusiver Sport in unserer Gesell-        rungen helfen? Können Wettkämpfe inklusiv gestaltet         Als Vizepräsident des
    schaft selbstverständlich werden soll.“ Nachfolgend        werden?                                                     Landessportbundes
                                                                                                                           Hessen e. V. ist
    werden diese Parameter genauer erläutert.
                                                                                                                           Ralf-Rainer Klatt für
                                                          3. Sportangebote: Ziel muss es sein, Sport- und Bewe-            das Thema
    Parameter und Strukturebenen                          gungsmöglichkeiten zu schaffen und zu entwickeln,                Sportentwicklung
                                                          die sich inklusiv umsetzen lassen, die erreichbar, aber          zuständig.
    1. Personen: Menschen mit und ohne Behinderung zu- auch ausgelastet sind. Es gilt zu überlegen: In wel-
    sammenzuführen, das bedeutet nicht einfach,               chen Sportarten ist inklusives, miteinander Sport-
    ein gemeinsames Sporttreiben zu ermög-                        treiben bislang noch nicht möglich? Welche
    lichen. Sie müssen auch bei der Ent-                             Sportarten, die bislang eher Menschen mit
    scheidungsfindung für zukünftige              Titelthema           Behinderung unter sich ausüben, lassen
    Entwicklungen gleichermaßen ein-                                    sich öffnen? Und welche neuen Sportar-
    bezogen werden.                               Inklusion             ten und Bewegungsmöglichkeiten erwei-
                                                                        tern die Vielfalt in der Sportlandschaft?
    Dabei gilt es zu differenzieren: Zum           im Sport
    einen sind die unterschiedlichen Vari-                            4. Infrastruktur: Um inklusiven Sport zu
    anten der Beeinträchtigungen bei Men-                           ermöglichen, muss auch die Sportinfrastruk-
    schen mit Behinderung zu berücksichtigen                     tur an veränderte oder zusätzliche Anforderun-
    (z. B. körperlich, seelisch-emotional, geistig).       gen angepasst werden. Barrierefreiheit bedeutet da-
    Zum anderen müssen die unterschiedlichen Funktio- bei mehr als Treppen durch Rampen zu ersetzen.
    nen beachtet werden: Die Sichtweise von aktiven Leitsysteme, Hinweise in verständlicher Sprache über
    Sportler*innen muss genauso betrachtet werden wie Bilder und Symbole oder eine besondere Akustik ge-
    die von Übungsleiter*innen, Trainer*innen und hören ebenfalls dazu. Ebenso müssem die Material-
    Assistent*innen,       Funktionsträger*innen     und und Geräteausstattungen überprüft und gegebenen-
    Zuschauer*innen.                                      falls angepasst werden.

                                                                                                                            SIH 0 4 / 2 9 . 0 2 . 2 0 2 0
Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
TITELTHEMA INKLUSION                                                                                         7

5. Finanzen: Die Entwicklung hin zu einem inklusiv(er)
en Sportsystem wird nicht ohne zusätzliche Finanzmit-     Bericht in
tel zu stemmen sein. Sowohl in der planerischen Ge-
staltung, vielmehr aber in der Umsetzung im personel-     Leichter Sprache
len wie im materiellen Rahmen sind Aufwüchse
notwendig. Investitionen in den Sport können jedoch       Menschen mit Behinderungen haben ein Recht
Synergien für andere Lebensbereiche erzeugen und
                                                          darauf, dass man ihnen Informationen so verständ-
sich dadurch doppelt auszahlen. Zudem muss über eine
                                                          lich wie möglich vermittelt. Dazu dient die Leichte
Umverteilung der Finanzmittel und eine Veränderung
                                                          Sprache, die Sarah Heinisch nachfolgend für eine
in der Prioritätensetzung zugunsten der Inklusion
nachgedacht werden.                                       Zusammenfassung der Veranstaltung Sport und
                                                          Inklusion nutzt.
6. Kommunikation: Ob die Inklusion im Sport gelingt,
wird nicht zuletzt von guter Kommunikation abhängen.      Am 2. Februar fand eine Veranstaltung für
Eine Auseinandersetzung über die Definition, Absich-      Sport und Inklusion statt.
ten, Einstellungen und wahrscheinlich auch Grenzen
der Inklusion muss offen und vorurteilsfrei geführt       Die Veranstaltung heißt Fach-Tag und wurde
werden. Die goldene Regel lautet dabei: Miteinander       vom Landes-Sport-Bund Hessen organisiert.
statt übereinander reden! Menschen mit Behinderung
in die Kommunikation einzubeziehen und dafür ent-         Der Landes-Sport-Bund organisiert
sprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, ist des-        viele Veranstaltungen für den Sport.
halb unabdingbar.
                                                          Zu dem Fach-Tag kamen 160 Teilnehmer.
7. Werte: Eine Beteiligung von Menschen mit Behinde-
rung im Sport, gezielt ausgerichtet und aufbereitet       Viele der Teilnehmer waren Übungsleiter.
oder auch gemeinsam mit Menschen ohne Beeinträch-
tigung, führt dazu, dass allgemein gültige Werte des
                                                          Übungsleiter sind Trainer von Sport-Gruppen.
Sports wie Selbstverwirklichung, Begegnung, Gemein-       Die Übungsleiter konnten sich viele Vorträge
schaft, Gesunderhaltung, Ausgleich, Entspannung,
Leistung etc. auch für Menschen Geltung gewinnen,         anhören, zum Beispiel über:
die bislang mehr oder weniger ausgegrenzt, auf sich       • Sporthallen, die alle Menschen nutzen können
gestellt waren oder gar keinen Zugang zum (organi-
sierten) Sport gefunden haben. Der Sport, der grund-      • Internetseiten, die alle Menschen lesen können
sätzlich offen ist und eine hohe integrative Kraft be-
sitzt, kann dazu beitragen, dass ein konstruktives        • Leichte Sprache und Gebärdensprache.
Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung
selbstverständlich wird. Wenn es im Sport gelingt, die
                                                          Die Teilnehmer konnten aber auch viel Sport
Ausgrenzung und Benachteiligung von Menschen mit          machen,
Behinderung zu reduzieren oder gar zu vermeiden,
kann er Vorbild sein für viele andere gesellschaftliche   zum Beispiel:
Bereiche.                                                 • Tischtennis im Rollstuhl spielen
Inklusion vorantreiben lohnt sich                         • Fußball mit Krücken spielen und
„Allein deshalb lohnt es sich, die Inklusion im Sport     • blind Tennis spielen.
voranzutreiben“, sagt Klatt abschließend. Wenn es ge-
linge, die oben beschriebenen Parameter des Sportent-
                                                          Jeder Mensch soll Sport machen können.
wicklungsprozesses zu verzahnen, werde inklusiver         Auch Menschen mit Behinderungen sollen Sport
Sport für die Gesellschaft in einigen Jahren selbstver-
ständlich sein. „Als Konsequenz könnten sich die –        machen können.
zurzeit weiterhin absolut notwendigen – ,Spezialver-      Menschen mit und ohne Behinderungen sollen
bände‘, die sich für die Belange von Menschen mit
Behinderung einsetzen, auf Aufgaben in der Wett-          zusammen Sport machen.
kampforganisation konzentrieren und ihre Kompeten-
zen sportartenübergreifend in Beratungen und Qualifi-
                                                          An dem Fach-Tag Sport und Inklusion
kationsprozesse der weiteren Sportentwicklung             lernen die Übungsleiter,
einbringen.“
                                                          wie alle zusammen Sport machen können.
                        Isabell Boger/Ralf-Rainer Klatt   Darum ist der Tag wichtig.

SIH 0 4 / 29.02.2020
Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
8                                                                                                                TITELTHEMA INKLUSION

          Mit Partnern geht es besser
                                    Beispielhafte Inklusions-Arbeit im Sportkreis Fulda-Hünfeld

    H
            arald Piaskowski ist Vorsitzender des Sport-
            kreises Fulda-Hünfeld und stand bis 2016 beim
            Kanuclub Fulda in der Verantwortung. Pias-
            kowski beschäftigt sich schon lange mit dem
    Thema Inklusion im Sport, inzwischen auf ganz unter-
    schiedlichen Ebenen. Piaskowski arbeitet seit vielen
    Jahren im Sport, mit Menschen mit Handikap arbeitete
    er erstmals als Vorsitzender des Kanu-Club-Fulda.

    Seit 2004 kooperiert der Kanu-Club mit dem Antonius
    Netzwerk Mensch, einem Träger der Behindertenhilfe
    in Fulda. Inzwischen hat der Kanu-Club etwa 40 Mit-
    glieder für sein Angebot gewinnen können und viele
    Auszeichnungen erhalten. „Wichtig ist für den Verein,
    dass er eine Trägereinrichtung vor Ort als Partner ein-
    binden kann“, ist Piaskowski überzeugt „In Fulda ha-      Natürlich müsse jeder die Möglichkeiten in seinem Um-
    ben wir zudem das besondere Glück, dass der HBRS          feld genau prüfen und sicher sei es nicht möglich, an
    seine Landesverwaltung vor Ort hat und Special Olym-      jedem Ort jede Sportart für jede Behinderung anzubie-
    pics Hessen ebenfalls präsent ist.“                       ten, weiß Piaskowski. „Der Fachtag Inklusion war mei-
                                                              nes Erachtens besonders geeignet, Ideen zu sammeln
    Ist ein Projekt erst einmal gestartet – davon ist er      und Hürden abzubauen. Das sollte weiter verfolgt         OBEN
    überzeugt – werde es schnell zum Selbstläufer. Wichtig    werden.“                                                 Inklusiven Fußball
    seien Trainer und Übungsleiter, die sich mit dem Thema                                                             mit sehr spannenden
                                                                                                                       Spielen gab es auf
    identifizieren können.                                    Erfolgsmodell Familiade
                                                                                                                       dem Fachtag in
                                                                                                                       Frankfurt zu sehen.
    Voraussetzung: motivierte Übungsleitende               Im vergangenen Jahr haben Sportkreis, Sportkreis-Ju-        Toll dabei: Die
                                                           gend und lsb h beim Hessischen Familientag eine             Begeisterung,
    Um diese zu gewinnen, hatte der Sportkreis im vorletz- „Rhön-Familiade“ angeboten. Bei den elf Stationen           mit der die
    ten Jahr in Zusammenarbeit mit den Kanuten,                 wurde darauf geachtet, dass die Angebote „In-          Spieler*innen bei
    William Sonnenberg vom Geschäftsbereich                          klusiv“ waren. Der Ansatz war ein voller Er-      der Sache waren.
                                                                                                                       Foto: lsb h
    Sportentwicklung des lsb h und der Sport-                           folg: „Das hat viele Menschen zu uns in
    jugend Hessen eine Profilerweiterung In-        Titelthema            den Fuldaer Schlossgarten geführt und
    klusion in Fulda angeboten. „Das be-                                   allen, auch uns Helfern vor Ort, viel
    sondere Highlight, das darauf aufbaute,
    war eine Inklusive Fahrtenleiterausbil-
                                                   Inklusion               Spaß gemacht. Ich denke, dass das Fes-
                                                                           tival des Sports bei den Hessentagen,
    dung, als Einstieg für eine Trainer-C-          im Sport              Sport-Messen in den Sportkreisen und
    Ausbildung, die auf großes Interesse –                               Tage der offenen Türen in den Vereinen
    auch beim Deutschen Kanu Verband –                                 optimale Eingangsvoraussetzungen bie-
    gestoßen ist“, erinnert sich Piaskowski.                        ten“, ist Piaskowski überzeugt. Zumal der
                                                             lsb h, die Sport-Jugend Hessen, der HBRS und Spe-
    Der Sportkreis Fulda-Hünfeld bietet seit 2016, damals cial Olympics Hessen kompetente Beratung und Unter-
    stand der Sportabzeichen-Tour-Stopp in Fulda unter stützung bieten würden.
    dem Motto „Inklusion“, verstärkt Sportabzeichen-An-
    gebote für Menschen mit Handicap an. „Wir haben Auf dem Weg zur Normalität
    etwa 30 Prüfer*innen, die die Abnahmeberechtigung
    hierfür haben“, erzählt der Sportkreisvorsitzende „Für mich ist die Arbeit mit behinderten Menschen in-
    stolz. Im Bereich der nordhessischen Sportkreise zwischen ganz normal und ich denke, es gibt viele An-
    wurde im vergangenen Jahr ein runder Tisch Inklusion gebote, die den Hinweis ,inklusiv’ gar nicht benöti-
    initiiert, der sich intensiv mit der Weiterentwicklung gen“, sagt er. „Ich war im September bei einem
    befasst. Als erster Schritt wurde eine Übungsleiter- Bundesligawettkampf der Sportschützen. Da waren
    und Trainer-Fortbildung durch die Sportkreis-Jugend Rollstuhlfahrer am Start, die Bestleitungen gezeigt
    im Sportkreis Waldeck-Frankenberg angeboten. Das haben.“
    soll fortgesetzt werden.                                                                      Markus Wimmer

                                                                                                                        SIH 0 4 / 2 9 . 0 2 . 2 0 2 0
Inklusion im Sport Titelthema - Erster Schritt - Landessportbund Hessen eV
LEISTUNGSSPORT                                                                                                                                         9

            Nach dem Wintermärchen
                   In der Serie „Hessische Erfolgsgeschichten“ porträtiert die Sportstiftung Hessen erfolgreiche
                                       Sportlerinnen und Sportler. Dieses Mal: Stephan Leyhe

E
      s ist nicht so, dass Stephan Leyhe bis zu seinem
      umjubelten Weltcupsieg in Willingen als Einzel-
      springer keine Erfolge vorweisen konnte. Bei der
      Vierschanzentournee 2018/19 wurde er überra-
schend Dritter im Gesamtklassement, und das ohne im
Verlauf der Tournee auch nur ein einziges Mal auf dem
Podium gestanden zu haben.

Überhaupt, und das ist vermutlich auch der Grund da-
für, weshalb er primär als Teamplayer wahrgenommen
wird, hatte der Nordhesse im Einzel bislang zwar zahl-
reiche Ergebnisse in den Top Ten – unter die besten
Drei war er aber nur zweimal gekommen: Zu Beginn der
vorigen Saison in Wisla (Polen) und dann, eine Woche
vor seinem Triumph auf der Mühlenkopfschanze, auch
in Sapporo. Bis dahin hatte er sich von Wettkampf zu
Wettkampf gesteigert. Sein erster Weltcupsieg lag
förmlich in der Luft. Im heimischen Willingen war die
Zeit dann endlich reif: „Ich war ganz klar im Kopf, habe
mich nicht ablenken lassen“, sagt Stephan Leyhe, der
genau wusste, dass er in Top-Form ist.                     Um danach nicht ohne Beruf dazustehen, wird Stephan
                                                           Leyhe vermutlich noch in diesem Jahr ein Architektur-
Sportstiftung Hessen bietet Know-how                       studium an einer Fernuni beginnen, von dem er glaubt,                 OBEN
                                                           es mit dem professionellen Skispringen sehr gut ver-                  Stephan Leyhe
Dass es nun ausgerechnet in der Heimat geklappt hat        einbaren zu können. Und apropos professionell: Von                    strahlt noch immer
                                                                                                                                 über seinen
(Leyhe stammt aus Schwalefeld, einem Ortsteil von          seinem Sport kann Leyhe leben. Er weiß aber genau,
                                                                                                                                 Weltcupsieg in
Willingen), wirkt trotz der positiven Vorzeichen er-       wie schwierig es ist, so weit zu kommen.                              Willingen.
staunlich. Denn in all den Jahren, in denen der                                                                                  Foto: Tadeusz
28-jährige Sportsoldat im Weltcup am Start ist, war es     Kontakte sind wichtig                                                 Mieczynski/Ski-Club
dort für ihn immer suboptimal gelaufen. Leyhe:                                                                                   Willingen e. V.
„Früher war ich schon sehr nervös. Aber danach lief es     Eine Frage nach der Sportstiftung Hessen muss ihm
normal. Mir hat in Willingen auch einfach das Glück        deshalb gar nicht gestellt werden. Er eröffnet das
gefehlt.“ In der Weltspitze gehe es außerdem äußerst       Thema von selbst und lobt neben der finanziellen Kom-
eng zu, man brauche extrem viel Geduld, um nach            ponente vor allem auch die gebotenen Kontakte und
ganz oben zu kommen. Dem Team-Weltmeister von              das verfügbare Know-how auf unterschiedlichen
2019 und Gewinner von olympischem Team-Silber in           Ebenen.
Pyeongchang ist das nun endlich auch im Einzel
gelungen. Sein Selbstbewusstsein ist dadurch deutlich      Was ihn selbst angeht, so möchte er dem Skispringen
gestiegen, weshalb er der verbleibenden Saison posi-       auch später in irgendeiner Form treu bleiben. Als Trai-
tiv entgegensieht.                                         ner zu arbeiten, kann er sich allerdings nur in einem
                                                           ehrenamtlichen Rahmen vorstellen: „Das hängt dann
Ziel ist es, bei der Skiflug-WM Ende März mit dem Team     auch davon ab, wohin es mich beruflich einmal
eine Medaille zu gewinnen, doch auch als Einzelsprin-      verschlägt.“
ger will der Mann vom SC Willingen weiterhin vorne
mitmischen. Wie gut es derzeit für ihn läuft, das zeigt                                            Margit-Rosa Rehn
auch der Blick auf den Gesamtweltcup, wo er auf dem
siebten Platz liegt. Könnte er diese Position halten,
wäre es das beste Ergebnis in seiner bisherigen Karri-                   Weitere Informationen unter www.sportstiftung-
ere, die mindestens noch bis zu den Spielen 2022 in                      hessen.de und auf www.facebook.de/sportstiftunghessen
Peking andauern soll.

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                         Mit Bewegung gegen
                              den Krebs
                           Fachtag „Sport und Krebs“ kommt bei Übungsleitern, Ärzten und Betroffenen
                                             gut an / Weitere Vernetzung angestrebt

     K
             rebs mag keinen Sport: Diesen Satz sagt Dani-
             ela, 2016 an Gebärmutterhalskrebs erkrankt, in
             einem Film über das Projekt „Bewegt bleiben“,
             das von der Deutschen Krebshilfe gefördert und
     vom Landessportbund Hessen (lsb h) umgesetzt wird.
     Es ist ein Satz, der im Kopf bleibt – und an den man im
     Verlauf des Fachtags „Sport und Krebs“, zu dem der
     lsb h am 1. Feburar eingeladen hatte, immer wieder
     denken muss.

     Dann, wenn Dr. Katharina Graf zahlreiche aktuelle Stu-
     dien zitiert, die die positiven Effekte von Sport eindeu-
     tig belegen. Dann, wenn Jana Müller die Bewegungs-
     empfehlungen für Erkrankte vorstellt, wenn
     verschiedene Referenten praktisch vermitteln, wie
     Sportangebote für (ehemalige) Krebspatienten ausse-
     hen können. Vor allem aber beim Vortrag von Prof. Dr.
     Elke Jäger, Chefärztin der Klinik für Onkologie und Hä-
     matologie am Frankfurter Krankenhaus Nordwest.

     Sie erzählt davon, wie 1992 die onkologische Station
     am Krankenhaus Nordwest aufgebaut wurde, wie sie es
     kaum ertragen konnte zu sehen, wie depressiv viele
     Krebspatienten die Diagnose stimmte, wie passiv sie
     die Behandlungen über sich ergehen ließen. Am Ende
     war es ihre Intuition, der Prof. Dr. Jäger folgte: Sport,
     so sagte ihr diese, könnte gut tun. Jäger startete eine
     Pilotstudie – mit durchschlagenden Ergebnissen: Die
     Patienten fühlten sich wohler, ihre körperliche Leis-
     tungsfähigkeit verbesserte sich messbar, das Immun-
     system wurde gestärkt, Nebenwirkungen der Medika-
     mente gelindert. Und vor allem: Auch psychisch ging
     es den Patienten besser.
                                                                 Dennoch, sind sich alle Teilnehmenden einig, gibt es
     Überwältigende Resonanz                                     noch viel zu tun. Insbesondere die Zusammenarbeit          OBEN
                                                                 zwischen Kliniken, Ärzten und Rehaeinrichtungen auf        Die Theoriework-
     Heute, rund 15 Jahre nach der Pilotstudie, hat sich die     der einen und Vereinen auf der anderen Seite sollte        shops kamen bei den
                                                                                                                            Teilnehmern gut an.
     Erkenntnis, dass Sport sowohl in der Prävention und         weiter verbessert werden. Lindner: „Genau das ist ei-
                                                                                                                            Fotos: lsb h
     Rehabilitation als auch in der akuten Therapiephase         nes der wichtigsten Aufgaben des Projekts ,Bewegt
     förderlich ist, längst durchgesetzt. Das zeigt sich auch    bleiben‘. Wir treiben die Vernetzung in den Modell-        UNTEN
     an den Teilnehmerzahlen des Fachtags, den der Lan-          kommunen Frankfurt und Offenbach weiter voran und          Die Deutsche
     dessportbund gemeinsam mit dem Krankenhaus Nord-            übertragen die gewonnenen Erkenntnisse dann auch           Krebshilfe ist Partner
                                                                                                                            von „Bewegung
     west/UCT Frankfurt, dem Hessischen Behinderten- und         auf andere Gebiete.“
                                                                                                                            gegen Krebs“.
     Rehabilitations-Sportverband und dem Hessischen                                                                        Warum, das
     Turn-Verband, veranstaltet hat: Rund 140 Übungslei-         Übergang im Verein verbessern                              erläuterte Winfried
     ter, Ärzte und Betroffene sind der Einladung gefolgt.                                                                  Schüller den rund
     „Die Resonanz ist überwältigend“, sagt Evi Lindner,         Konkret heißt das: Der Landessportbund Hessen setzt        140 Teilnehmern.
     Referentin für Präventions- und Gesundheitssport und        sich dafür ein, dass die Vereine mit ihren Krebssport-
     Leiterin des Projekts „Bewegt bleiben“. „Daran sieht        gruppen elementarer Bestandteil der onkologischen
     man, dass das Thema durchaus in den Vereinen ange-          Versorgungskette werden: Der Übergang von den
     kommen ist.“                                                Akut- und Rehabilitationskliniken, die heute vielfach

                                                                                                                             SIH 0 4 / 2 9 . 0 2 . 2 0 2 0
GESUNDHEITSSPORT                                                                                                               11

eine onkologische Bewegungstherapie anbieten, in die     voneinander lernen“, sagt eine. „Dass so viele Ärzte da
Vereine soll verbessert werden. Neben der Umsetzung      waren hat gezeigt: Auch hier gibt es Bereitschaft zur
des Projekts „Bewegt bleiben“ arbeitet der lsb h des-    Zusammenarbeit. Darauf können und müssen wir auf-
halb im Netzwerk Onko Aktiv mit, er kooperiert mit der   bauen“, eine andere.
Hessischen Krebsgesellschaft und arbeitet mit ver-
schiedenen Kliniken zusammen.                            Auch Evi Lindner ist zufrieden: „Es ist schön zu sehen,
                                                         wie viele Vereine und Übungsleiter sich schon heute
„Dieser Fachtag liefert einen wichtigen Beitrag zu       für das Thema interessieren und sich auf dem neuesten
dieser Vernetzung“, betont Ralf-Rainer Klatt, Vizeprä-   Stand halten wollen. In den vergangenen Jahren hat
sident Sportentwicklung des Landessportbundes            sich nämlich viel getan: Die Zeiten, in denen Krebspati-
Hessen: „Dass hier Ärzte und Übungsleiter aufeinan-      enten beim Training nur mit Samthandschuhen ange-
dertreffen, zeigt, dass die Bereitschaft zur Zusammen-   packt wurden, sind vorbei. Wie fordern, ohne zu über-
arbeit hoch ist. Außerdem haben wir heute tolle Refe-    fordern, dass es funktionieren kann, glaube ich bei
rentinnen, die uns sowohl in der Theorie als auch in     unseren Praxisworkshops deutlich.“
der Praxis wichtiges Know-how für die tägliche Arbeit                                               Isabell Boger
mit Krebspatienten vermitteln.“ Die weibliche Form
„Referentinnen“ hat er dabei mit Absicht gewählt: Kein
einziger Mann war unter den Vortragenden des lsb h

                                                                                 Know-how für
und des HBRS, des Krankenhauses Nordwest, der
Uniklinik Frankfurt am Main, des NCT Heidelberg und

                                                                                 Übungsleiter
des Frankfurter Markus-Krankenhauses.

Beide Geschlechter gleichermaßen betroffen
                                                                                 Ausbildung zum Übungsleiter B -
Auch ein Blick in die Reihen der Teilnehmenden zeigte:                           Bewegung in der Krebsnachsorge
Sport und Krebs – das ist zu großen Teilen noch immer
ein weibliches Thema. „Ich kenne das von fast allen                              Eine Ausbildung zum „Übungsleiter B Re-
Fortbildungen in diesem Bereich: Männer sind in der                              habilitation – Bewegung in der Krebs-
Minderheit – obwohl sie genauso häufig an Krebs er-                              nachsorge“ bietet der Landessportbund
kranken wie Frauen“, sagt einer der wenigen männli-                              Hessen im Frühjahr 2021 erstmals in Ko-
chen Teilnehmer, einst selbst Krebs-Patient und heute                            operation mit dem Hessischen Behinder-
Übungsleiter.                                                                    ten- und Rehabilitationssportverband
                                                                                 (HBRS) an.
Doch woran liegt das? Die Studienlage ist eindeutig:
Nicht nur bei Brust-, sondern auch bei Darm- oder Pro-                           Übungsleiter, die diese Lizenz erwerben,
statakrebs ist der Nutzen von Bewegung vielfach nach-                            sind berechtigt, eine beim HBRS aner-
gewiesen. Erkrankungen also, die mindestens genauso                              kannte und zertifizierte Rehabilitations-
häufig Männer wie Frauen betreffen. „Vielleicht müs-                             gruppe im Bereich Krebssport anzubieten
sen wir bei unseren Angeboten deutlicher machen,                                 und mit den Kostenträgern abzurechnen.
dass sie auch für Männer geeignet sind?“, überlegt
eine Übungsleiterin in der Diskussion selbstkritisch.                            Die Ausbildung vermittelt medizinische
                                                                                 und psychosoziale Grundlagen von Krebs-
Doch wie bewirbt man ein solches Sportangebot über-                              erkrankungen und zeigt praxisnah auf, wie
haupt? Nimmt man Begriffe wie Krebssport in den                                  Bewegungsangeboten für die entspre-
Mund oder vermeidet man sie lieber? Die Teilnehmen-                              chende Zielgruppe im Sportverein geplant
den sind gespalten. „Wir wissen doch alle: Krebs kann                            und umgesetzt werden können. Unter an-
jeden treffen. Wer eine Krebssportgruppe besucht,                                derem wird den Teilnehmenden vermittelt,
muss heute keine Stigmatisierung mehr erleiden“, sagt                            wie eine Übungsstunde aufgebaut werden
eine Reha-Übungsleiterin aus Nordhessen. „Bei uns                                kann, welche didaktisch-methodischen
schrecken schon einige davor zurück“, entgegnet eine                             Überlegungen eine Rolle spielen sollten
andere.                                                                          und was beim Einrichten einer neuen
                                                                                 „Krebssport“-Gruppe zu beachten ist.
Bei anderen Herausforderungen sind sich alle einig:
Die Abrechnung der Krebssportangebote über die                                   „Menschen, die an Krebs erkrankt sind, be-
Krankenkassen ist komplex und bereitet vielen Verei-                             finden sich in einer sensiblen Lebensphase.
nen Probleme. Viele kennen auch das Dilemma, das                                 Sport und Bewegung können helfen, diese
ehemalige Krebspatienten am liebsten für immer in                                Phase besser zu überstehen. Unser Ausbil-
den Gruppen bleiben würden. „Es ist eine Herausforde-                            dung vermittelt Übunsleitern das nötige
rung, sie in normale Sportangebote zu überführen“,                               Know-how und ensprechende Methoden,
bringt es eine Teilnehmerin auf den Punkt. Einfach Lö-                           damit sie diesen Prozess gewinnbringend
sungen für diese Fragen gibt es auch auf dem Fachtag                             gestalten können“, sagt Evi Lindner,
nicht. Trotzdem gehen die Teilnehmer zufrieden nach                              lsb h-Referentin für Präventions- und
Hause. „Es ist gut, sich auszutauschen, man kann ja                              Gesundheitssport.                       ib

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SPORTBERICHTERSTATTUNG                                                                                                            13

Die Vielfalt von
Hessens Sport
abbilden
Dr. Rolf Müller begrüßt hr-Konzept
für „Heimspiel! am Samstag“
Nach Ansicht des Präsidenten des
Landessportbundes Hessen, Dr. Rolf
Müller, ist das neue Konzept des Hes-
sen-Fernsehens für die Sendung
„Heimspiel! am Samstag“ ein richti-                                     hr-„Heimspiel!“
ger Schritt, die Vielfalt des Sportge-
schehens in Hessen besser als bisher                                    Dein Sportverein
abzubilden.                                    OBEN
                                               Blick in die             im Fernsehen
Der lsb h-Chef, der auch Vorsitzender des      hr-Sportredaktion:
                                               Markus Philipp
hr-Fernsehausschusses ist, nannte die Idee
                                               (stehend am Tisch)
                                                                        Hessischer Rundfunk sucht Vereine für seine
einer „Konferenzschaltung“ von verschie-       und seine                Konferenzschaltung am Samstagnachmittag
denen Sportereignissen und Sportarten          Kolleginnen und
eine „ermutigende Abkehr von der bisheri-      Kollegen planen
gen Konzentration auf die Darstellung des      „sportliche“             Sportvereine aufgepasst: Der Hessische Rund-
kommerziellen Profisports, zumal es keine      Tages- und               funk sucht Vereine, die im neuen Format der
Rolle spielt, in welcher Liga die jeweiligen   Wochenthemen.            Fernsehsendung „Heimspiel! am Samstag“ da-
                                               Foto: hr
Spiele oder Wettkämpfe stattfinden“.                                    bei sein wollen. Jeden Samstag werden hier ab
                                                                        17.15 Uhr vier unterschiedliche Nachmittags-
Menschen dahinter                                                       spiele und -wettkämpfe in Form einer Konfe-
                                                                        renzschaltung zusammengefasst und von Re-
Hinzu komme, dass sich die Berichterstat-                               porterinnen und Reportern live kommentiert.
tung auch auf interessante Geschichten                                  Die Palette umfasst dabei den gesamten Spit-
und Typen aus dem Vereinsgeschehen er-                                  zen- und Breitensport, von Fußball über Rugby
strecke. Schließlich bestehe das Vereinsge-    Sportvereine, die        oder Tischtennis bis hin zur Leichtathletik.
schehen nicht nur aus dem sichtbaren           sich für die Sendung
Wettkampfereignis, sondern auch aus den        bewerben wollen,         „Die Liga spielt dabei keine Rolle“, sagt hr-Sportchef
                                               sollten dies mit
„Menschen dahinter“. Dr. Rolf Müller: „Bis                              Marcus Augustin. „Wichtig ist uns, die Vielfalt des
                                               einer E-Mail an die
ein Spiel beginnen kann, müssen in den         Adresse heimspiel@       Sports in Hessen und die Vielfalt der Geschichten in
teilnehmenden Clubs viele Räder ineinan-       hr.de tun. Die E-Mail    den Vereinen zu zeigen.“
der greifen, die der Außenstehende nicht       sollte kurze
sieht, die jedoch für das Funktionieren        Informationen zur        Beispiele für diese Geschichten in den Vereinen, die so
wichtig sind.“                                 Veranstaltung und        im „Heimspiel!“ bereits gesendet wurden, ist der
                                               zu einer möglichen       Bericht über den erfolgreichsten Torschützen Deutsch-
                                               Geschichte aus dem
Große Verbreitung                                                       lands in der Kreisklasse in Hessen oder aber die
                                               Vereinsgeschehen
                                               haben. Achtung: Ein      Geschichte über das 17-jährige hoffnungsvolle Nach-
Müller forderte die hessischen Vereine auf,    Bericht, der lediglich   wuchstalent im Ringen. Der junge Mann geht regulär
sich beim hr-Fernsehen um eine Übertra-        die Vorstellung des      zur Schule und anschließend ins Training. Obwohl bei-
gung ihrer Sportangebote zu bewerben.          Vereins zum Ziel hat,    des fast den größten Teil seiner Zeit beansprucht, hat
Damit trügen die Sportvereine zu einer bes-    ist nicht möglich.       er sich fünf Kühe als Hobby zugelegt.
seren und umfangreicheren Präsentation
der Vielfalt des Sports in Hessen bei, denn,                            Wichtig für eine Bewerbung ist jedenfalls, dass die
so Müller, „neben der Live-Übertragung am                               Spiele oder Wettkämpfe samstags um 16 Uhr beendet
Samstagnachmittag werden die Ereignisse                                 sein müssen. Das ist nachvollziehbar, schließlich wer-
auch in der ARD-Mediathek und im Internet                               den die Beiträge nur gut eine Stunde später ausge-
unter www.hessenschau.de zu sehen sein“.                                strahlt. Die Bewerbungsadresse und weitere Details zur
                                                                        Bewerbung sind nebenstehend abgedruckt.

                                                                                                                  Ralf Wächter

SIH 0 4 / 29.02.2020
14                                                                                                                        SPORTFÖRDERUNG

                                       Im Dschungel
                                      der Fördertöpfe
                            30. Gemeinschaftstagung „Internationales“ von DOSB, dsj, Landessportbünden
                                            und ihrer Jugendorganisationen in Frankfurt

     A
             ktuelle und künftige Fördermöglichkeiten
             durch die Europäische Union standen im Mit-
             telpunkt der 30. Gemeinschaftstagung Inter-
             nationales, zu der sich in Frankfurt Vertreter
     des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), der
     Deutschen Sportjugend (dsj), der Landessportbünde
     und ihrer Jugendorganisationen sowie des EOC EU-Bü-
     ros in der Sportschule des Landessportbundes Hessen
     getroffen haben.

     Folker Hellmund, Direktor des EOC EU-Büros, und An­
     dreas Bold, EU-Referent des DOSB in Brüssel, präsen-
     tierten die Entwicklungen in der EU-Sportpolitik und
     gaben einen Überblick über aktuelle und zukünftige
     Fördermöglichkeiten. Mit Blick auf die kommende För-
     derperiode ab 2021 wurde diskutiert, wie der Sport
     besser von Programmen der EU profitieren könnte.           getragen, wie der organisierte Sport einfacher in den
                                                                Genuss von EU-Fördermitteln kommen könnte. An­            OBEN
     Dabei beschäftigten sich die Teilnehmer mit verschiede-    dreas Klages, Hauptgeschäftsführer des Landessport-       Wie kann der
     nen Fördermöglichkeiten wie dem Europäischen Fonds         bundes Hessen und Gastgeber der Tagung, betonte wie       organisierte Sport von
                                                                                                                          EU-Förderprogrammen
     für regionale Entwicklung (EFRE), ELER (Europäische        wichtig die Zusammenarbeit von Land, Kommunen und
                                                                                                                          profitieren? Diese und
     Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen    organisiertem Sport im Bereich der Sportentwicklung,      weitere Fragen
     Raums) oder Erasmus+. Die Programme (bis auf Eras-         insbesondere auch der Sportstättenentwicklung sei.        diskutierten (von
     mus+) haben zunächst keinen direkten Bezug zum Sport,      Dort gelte es, auch über die Ressortgrenzen der Minis-    links) Uwe Polsfort,
     vielmehr liegen ihre Schwerpunkte in anderen Politik­      terien hinweg, miteinander im Gespräch zu bleiben.        Dr. Angela Daalmann
     feldern, z. B. der Entwicklung des ländlichen Raums.       Gemeinsames Ziel von Landesregierung, Kommunen            und Andreas Klages
                                                                und Landessportbund müsse sein, die besten Lösungen       mit Moderator Folker
                                                                                                                          Hellmund.
     Stimme des Sports wird gehört                              für den Sport zu finden.
                                                                                                                          Foto: Markus Wimmer

     Dass die Stimme des Sports dennoch durchaus gehört         Hierzu zähle zunächst, die jeweils zielführenden Förde-
     wird, machte Joachim Dippel vom Hessischen Land-           rungen zu identifizieren und die Sportorganisationen
     wirtschaftsministerium deutlich. Dippel ist dort verant-   von der Antragstellung bis zur Umsetzung unterstüt-
     wortlich für das Programm ELER und räumte ein, dass        zend zu begleiten, denn eines sei sicher: „Unsere Ver-
     der Sport in diesem Förderprogramm zunächst keine          eine sind keine EU-Förderantragstellungsexperten.“
     große Rolle gespielt habe. Bei ELER stehe die Förde-
     rung des ökologischen Landbaus und die Verbesserung        Den Fokus auf EU-Strukturfonds richten
     der Lebensbedingungen auf dem Land im Vordergrund.
     Durch die Zusammenarbeit mit dem Landessportbund           Andreas Klages plädierte dafür, die EU-Strukturfonds
     Hessen im Begleitausschuss des Programms sei aller-        noch mehr in den Blick zu nehmen. Zum einen läge der
     dings schnell deutlich geworden, dass auch der Sport       Förderanteil weit höher als bei anderen Programmen,
     und Sportprojekte durchaus förderfähig sein können.        zum anderen würden die Anträge von den Fondsver-
     Der Sport und insbesondere die Sportvereine seien be-      waltern vor Ort bearbeitet werden, denen die Struktu-
     deutende Akteure der Zivilgesellschaft und die Schaf-      ren vor Ort nicht völlig fremd seien.
     fung und der Betrieb von Sportmöglichkeiten ein wich-
     tiger Faktor für Lebensqualität im ländlichen Raum.        Politik muss vorangehen

     Strukturprogramme im Blick                                 Dr. Angela Daalmann, frühere Referentin für internatio­
                                                                nale Angelegenheiten und jetzige Leiterin der Stabs-
     Im Podiumsgespräch, moderiert durch Folker Hellmund        stelle für Grundsatzfragen beim LandesSportBund Nie-
     (EOC EU-Büro), wurden unterschiedliche Ansätze vor-        dersachsen, sah in erster Linie die (Europa-)Politik

                                                                                                                           SIH 0 4 / 2 9 . 0 2 . 2 0 2 0
SPORTFÖRDERUNG                                                                                                                                  15

gefordet, um die Förderung des Sports und der Sportin-
frastruktur nachhaltig zu verbessern. Angesichts der
Tatsache, dass Sport und Sportförderung in vielen EU-
Förderprogrammen nur am Rande oder gar nicht vor-                                  Ausstellung
kommt, sei es nötig, die politische Lobbyarbeit noch zu
intensivieren. An dieser Stelle nahm sie auch das EOC-                             über „Kleider in
Büro in die Pflicht und wünschte sich noch mehr Unter-
stützung. „Man kann die Problematik nicht nur von der                              Bewegung“
Arbeitsebene her betrachten, sondern muss die Frage
auch politisch angehen“, betonte sie. Die Spitzen des                              Historisches Museum Frankfurt zeigt
organsierten Sports und die Politik müssten ihre Auf-                              Entwicklung der Frauenmode – auch im Sport
fassung nach grundsätzlich klären, wie Sport künftig in
den Genuss von EU-Fördermitteln kommen kann.
                                                                                   Ende des 19. Jahrhunderts geriet die Gesell-
Hohe Hürden zu nehmen                                                              schaft in Bewegung: Standesschranken fielen,
                                                                                   demokratische Kräfte wurden stärker, Industri-
Wie die Erfahrungen mit EU-Programmen konkret aus-                                 alisierung und Elektrifizierung brachten große
sehen können, und welche Hindernisse es zu überwin-                                Veränderung. Das wirkte sich auch auf die
den gilt, erläuterte Uwe Polsfort, Vorstandsmitglied                               Mode aus – insbesondere die der Frauen! Sie
des Freiburger Kreises und Funktionär des TSV Bayer-                               verzichteten zunehmend auf ein Korsett, das
Leverkusen. Sein Verein koordiniert seit kurzem ein                                Reformkleid ermöglichte mehr Bewegung und
EU-gefördertes Projekt im Bereich Sport und Gesund-                                als nach dem ersten Weltkrieg neue Freizeit-
heit. Nach seiner Aussage handelt es sich aktuell um                               möglichkeiten aufkamen, ging es auch darum,
das einzige EU-Projekt, dass gemeinsam mit einem                                   was Frauen zum Sport tragen sollen, können
Verein abgewickelt wird.                                                           und dürfen.

„Das hat zum Einen mit unserer Größe und Struktur zu                               Vom 19. März bis 19. Juli beschäftigt sich das Histori-
tun, zum anderen spielt es eine große Rolle, dass wir                              sche Museum Frankfurt unter dem Motto „Kleider in Be-
als Verein auch Träger von offener Kinder- und Jugend-                             wegung“ mit dieser Entwicklung. Anhand einer beein-
arbeit sind und als ‚Quartiersverein‘ in die Strukturen                            druckenden Kleidersammlung aus dem 19. und frühen
der städtischen Zivilgesellschaft eingebunden sind.“                               20. Jahrhundert zeigt die Ausstellung auf, wie der Frau-
Inwiefern das Leverkusener Projekt beispielgebend                                  enkörper durch die sich verändernde Kleidung an Bewe-
sein kann, wollte Polsfort nicht eindeutig beantwor-                               gungsfreiheit gewann. Die gesellschaftliche und modi-
ten. Sein Urteil fiel eher skeptisch aus: „Die Hürden der                          sche Entwicklung bedingte sich dabei stets gegenseitig:
EU-Projekte sind sehr hoch. So hoch, dass sich der da-                             Neue Arbeitsmöglichkeiten und höhere Mobilität mach-
mit verbundene Aufwand für ein einziges Projekt fast                               ten Neuerungen im Schnitt der Kleidung notwendig.
gar nicht lohnt“, dämpfte er die Erwartungen der Teil-                             Erstmals trugen Frauen Kostüm oder Hose, das Bild der
nehmer. Er plädierte für die Schaffung einer zentralen                             emanzipierten und berufstätigen Frau entstand.
Stelle, die Vereine, Verbände und Sportbünde bei der
Antragstellung unterstützt, Fragen beantworten und                                 Diese wollte natürlich auch in der Freizeit nicht zurück-
Hinweise geben kann.                                                               stecken: Sport gewann an Bedeutung und Frauen mit
                                           Markus Wimmer                           einem trainierten Körpern wurden nach und nach zu ei-
                                                                                   nem neuen Schönheitsideal. Doch dahinter steckte viel
                                                                                   Arbeit: Der Zugang zu jeder Sportart musste erkämpft
                                                                                   werden, es gab Kleidervorschriften und -kontrollen. Ob
   EU-Förderprogramme im Überblick:                                                das heute noch so ist, wird am 13. Mai bei einer Diskus-
   EFRE: Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) soll durch         sionsveranstaltung unter dem Motto „Gender, Sport
   Beseitigung von Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Regionen den          und Kleidung“ diskutiert, zu der das Historische Mu-
   wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der Europäischen Union            seum gemeinsam mit dem Sportkreis Frankfurt und dem
   stärken. Schwerpunktbereiche: Forschung und Innovation, Digitale Agenda,
                                                                                   Frauenrat der Stadt Frankfurt einlädt.  Isabell Boger
   Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) CO2-arme Wirtschaft

   ELER: Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen
   Raums.
   LEADER: Als ein Schwerpunkt des Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
   Ländlichen Raums (ELER) unterstützt LEADER die Entwicklung im ländlichen                                                   Mehr zur Ausstelung
   Raum.                                                                                                                      und Sonderveranstal-
   ESF: Europäischer Sozialfonds. Der ESF investiert in die Verbesserung der                                                  tungen unter www.
   Beschäftigungs- und Bildungschancen in der EU. Außerdem verfolgt er das Ziel,                                              historisches-museum-
   die soziale Integration von benachteiligten Zielgruppen zu befördern.                                                      frankfurt.de/de/
                                                                                                                              kleider-in-bewegung
   ERASMUS+: Das Programm Erasmus+ unterstützt Mobilität und europäische
   bzw. internationale Bildungszusammenarbeit im Bereich der beruflichen
   Bildung, Erwachsenen-, Schul- und Hochschulbildung und der Jugendarbeit.

SIH 0 4 / 29.02.2020
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