Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler

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Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
Das Jahr 2018

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Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
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                                INHALTE
                                Vorwort ............................................................................................... 2

                                Organisation ......................................................................................... 4

                                Tätigkeitsbericht ................................................................................... 6

                                die Fleckenbühler Hof Fleckenbühl gGmbH ........................................... 8

                                Hof Fleckenbühl – Sozialer Bereich ...................................................... 21

                                Unser Weg zur Gemeinwohlbilanz ...................................................... 24

                                Jugendhilfe Leimbach ......................................................................... 26

                                die Fleckenbühler Haus Frankfurt gGmbH ........................................... 31

                                Haus Frankfurt – Sozialer Bereich ........................................................ 36

                                Mittelherkunft und Mittelverwendung ................................................ 38

                                Gewinn- und Verlustrechnung .............................................................39

                                Bilanz...................................................................................................40

                                Statistik ............................................................................................... 41

                                Impressum ...........................................................................................47

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Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
Vorwort

                Nach wie vor ist die wichtigste Frage, die uns bewegt, wie und von wem bekom-
                men unsere Bewohner in der ersten Zeit die ihnen zustehende gesetzliche
                Unterstützung? Ist es Sozialhilfe vom Sozialamt oder ist es Arbeitslosengeld vom
                Jobcenter? Nach wie vor ist diese Frage nicht geklärt.

                Die Landesregierung, vertreten durch das für uns zuständige Fachministerium,
                hat uns und den am Prozess beteiligten Behörden und Kommunen noch bis
                Ende des Jahres Zeit gegeben, gemeinsam eine Lösung zu finden. Obwohl wir
                eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet haben und dabei wirklich ein Stück über
                unseren Schatten gesprungen sind, ist eine Lösung bis heute – Stand Juni 2019 –
                nicht in Sicht. Seit dem Beginn der Gespräche sind über die Angelegenheit eine
                Landtagswahl mit Wechsel des zuständigen Ministers hinweggegangen, was die
                Sache offenbar nicht einfacher gemacht hat.

                Etwas, was vielen nicht bewusst zu sein scheint, ist die Tatsache, dass es hier nicht
                in erster Linie um eine Finanzierung Fleckenbühls geht, sondern darum, an wen
                sich unsere Bewohner wenden müssen, um ihnen zustehende gesetzliche Leis-
                tungen zu beantragen. Natürlich hat dies zur Folge, dass auch die Finanzierung
                Fleckenbühls in Schieflage gerät, denn das Geld wird gebraucht, um den Lebens-
                unterhalt der Bewohner in Fleckenbühl zumindest teilweise zu sichern.

                Ohne Frage ist mittlerweile klar, dass es für eine Selbsthilfegemeinschaft wie
                Fleckenbühl keine gesetzliche Grundlage gibt. Das bedeutet, dass jede Regelung
                gegen irgendwelche Paragraphen verstößt, was uns immer wieder zum Spielball             2
                politischer, gesetzlicher oder fiskalischer Interessen werden lässt. Das Problem ist
                nicht neu und wird auch nicht zum ersten Mal irgendwie entschieden. Wir wären
                sehr daran interessiert, eine verlässliche, gesetzlich verbindliche Regelung zu
                finden.

                Möglicherweise ist es in den achtziger und neunziger Jahren versäumt worden,
                die Frage gesetzlich zu regeln, wie Selbsthilfe einzuordnen ist. Man hat ja in den
                letzten Jahrzehnten alle möglichen Fragestellungen, wie zum Beispiel gemeinsame
                Wohnformen, gleichgeschlechtliche Verbindungen usw. den heutigen Lebens-
                wirklichkeiten angepasst. Selbsthilfe ist in vielen Lebensbereichen – insbesonders
                im Gesundheitsbereich – eine zeitgemäße, den vielfältigen Problemstellungen
                angemessene Entwicklung der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts gewesen.
                Vielleicht sollte man das nochmal in Angriff nehmen.

                Nicht zuletzt von diesen Problemen ausgehend, beschäftigen wir uns mit der
                Fragestellung, wie Fleckenbühl auf sichere wirtschaftliche Füße zu stellen ist.
                Denn die beste soziale Arbeit nützt nichts, wenn man nicht das Geld zusammen-
                bringt, sie zu finanzieren. Dabei müssen wir aber immer auch den Fiskus im Auge
                behalten, der peinlich genau darüber wacht, dass wir keine Gewinne machen.
                Denn das wäre wiederum steuerschädlich, sprich, würde die Gemeinnützigkeit in
                Frage stellen.

                Trotzdem, wie stellt man echte Wirtschaftlichkeit her mit Leuten, die nicht zu
                uns kommen, um ihre Arbeitskraft anzubieten, sondern die im Gegenteil erstmal
                längere Zeit Unterstützung, Betreuung und Anleitung brauchen? Und die kostet
                Geld, das uns niemand gibt. Sicher, wir bekommen Spenden und Zuweisungen
                von Richtern, aber diese Summen decken nicht die Kosten. Es bleibt nach wie
                vor eine deutliche Deckungslücke. Hier in unserem Jahrbuch können Sie einige
                Beispiele lesen, wie wir diesem Problem begegnen wollen.

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Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
Eine weitere Initiative, die auch hier im Jahrbuch Beachtung findet, ist, deutlich
                                zu machen, inwieweit unsere Arbeit gemeinwohlorientiert ist. Also die Frage,
                                was hat die Gesellschaft von den Fleckenbühlern? Wir haben das in einem ersten
                                Schritt an unserer landwirtschaftlichen Arbeit exemplarisch nachgewiesen. Wie
                                wir finden, durchaus bemerkenswert. Suchthilfe und Ökologie = gemeinwohlori-
                                entiert, das ist die Formel, mit der wir uns messen lassen wollen.

                                Ronald Meyer
                                Juni 2019

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Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
Organisation

                Wir Fleckenbühler sind eine Selbsthilfegemeinschaft ehemaliger Drogen- und
                Alkoholabhängiger. Als Gemeinschaft wollen wir für Menschen mit Suchtpro-
                blemen, die drogenfrei und selbstbestimmt leben wollen, die bestmöglichen
                Bedingungen schaffen. Das tun wir, indem wir jeden Süchtigen, der bei uns um
                Hilfe nachsucht, sofort, unbürokratisch und ohne Vorbedingungen in unsere
                Gemeinschaft aufnehmen und ihm in unserer nüchternen, gewaltfreien Gemein-
                schaft einen geschützten Raum bieten, in dem er nüchtern leben und arbeiten
                kann. Wir ermuntern ihn, sich mit seiner Krankheit auseinanderzusetzen und
                Nüchternheit und Schaffenskraft wiederzuerlangen. Dafür geben wir ihm alle
                Zeit, die er braucht.

                Wir sind überzeugt, dass jeder Süchtige imstande ist, sich die notwendigen
                Kompetenzen und Fähigkeiten anzueignen, um ein gesundes, nüchternes und
                selbstbestimmtes Leben zu führen. Wir leben und arbeiten zusammen und sind
                dafür da, die Selbsthilfekräfte jedes Einzelnen zu unterstützen. Wir fördern jedes
                Mitglied in seinen Fähigkeiten und schaffen berufliche Perspektiven. In Flecken-
                bühl kann jeder fehlende Schul- und Berufsausbildungen nachholen.

                Der Öffentlichkeit zeigen wir, dass ehemalige Süchtige wieder eine aktive und
                produktive Rolle in der Gesellschaft übernehmen können.

                Zielsetzung/Strategien
                Motor des Fleckenbühler Sucht- und Selbsthilfemodells ist der gemeinnützi-
                ge Verein „die Fleckenbühler“. Der Verein schafft die ideellen und materiellen       4
                Voraussetzungen für das gemeinschaftliche Zusammenleben, sichert das Modell
                ökonomisch für die Zukunft ab und entwickelt es weiter. Die Mitglieder des
                Vereins sehen sich den Zielen des Vereins in besonderer Weise verpflichtet. Sie
                geben den Neuankömmlingen Orientierung, Anteilnahme und Schutz in der
                ersten Zeit ihres Aufenthaltes in der Gemeinschaft.

                Wir sind davon überzeugt, dass sich in einer Gemeinschaft, in der einer den
                anderen stützt, jeder Einzelne gut entwickeln kann. Schlüssel dieser Entwicklung
                zur Nüchternheit und damit zur Gesundung und zur Selbstbestimmung, ist die
                durch die Gemeinschaft aktivierte Selbsthilfe des Einzelnen.

                Durch das gemeinsame Bewältigen unserer Suchtprobleme überwinden wir alle in
                der Fleckenbühler Gemeinschaft unsere Isolierung, Mutlosigkeit und Scham. Mit
                jedem Schritt gewinnen wir neue persönliche Freiheit und Handlungsfähigkeit.

                Mitglieder
                Zum Abschluss des Jahres 2018 lebten 19 Vereinsmitglieder in der Gemeinschaft.
                Mitglied kann laut Vereinsordnung werden, wer länger als fünf Jahre in der
                Gemeinschaft lebt, sich den Zielen des Vereins in besonderer Weise verpflichtet
                fühlt und dies auch auf weitere Sicht tun möchte. Die Aufnahme wird schriftlich
                beantragt und muss von zwei Bürgen unterstützt werden. Über die Aufnahme
                entscheidet der Vorstand einstimmig.

                Die Mitgliederversammlung wählt alle fünf Jahre den Vorstand, überwacht des-
                sen Tätigkeit und entlastet ihn.

                An den drei Standorten der Fleckenbühler lebten zum 31.12.2018 insgesamt
                200 Menschen. Hinzu kommen 42 (31,1 Vollzeit) externe angestellte Mitarbeiter.

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Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
Vorstand
                                Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich. Je zwei Vor-
                                standsmitglieder sind gemeinsam vertretungsberechtigt.
                                Auf Vorschlag des Vorstandes bestimmt die Mitgliederversammlung zwei Beisit-
                                zer zum erweiterten Vorstand. Die Beisitzer haben beratende Funktion und kein
                                Stimmrecht.
                                Der Vorstand wird alle fünf Jahre von der Mitgliederversammlung gewählt. Eine
                                Wiederwahl ist möglich. Die Amtsperiode des jeweiligen Vorstandes endet frü-
                                hestens mit der Wahl des neuen Vorstandes durch die Mitgliederversammlung.
                                Alle Mitglieder des Vorstands arbeiten ehrenamtlich.

                                Der Vorstand bestand zum 31.12.2018 aus drei Mitgliedern:
                                    ■ Ronald Meyer     Vorsitzender
                                    ■ Rolf Sterk       stellvertretender Vorsitzender
                                    ■ Dagmar Feist     stellvertretende Vorsitzende

                                Nicht vertretungsberechtigte Beisitzer sind Helga Meyer und Dieter Eser.

                                Beirat
                                Unsere Arbeit in den Fleckenbühler Häusern wurde wie gewohnt kompetent
                                und mit viel Engagement durch unsere langjährigen externen Beiratsmitglieder
                                unterstützt und begleitet. Dem Beirat gehören die Vorstandsmitglieder des „die
                                Fleckenbühler e.V.“, die Geschäftsführungen der Gesellschaften und folgende
                       5        Personen an:
                                     ■ Berthold Kilian, Frankfurt         ■ Gunther Mühge, Hannover
                                     ■ Dr. Peter Hauck-Scholz, Marburg ■ Bernhard Fielenbach, Frankfurt
                                     ■ Gudrun Klassen, Wuppertal          ■ Reinhardt Damm, Frankfurt

                                Beteiligungen
                                Der Verein hält 100% der Geschäftsanteile an der
                                        die Fleckenbühler Hof Fleckenbühl gGmbH
                                und     die Fleckenbühler Haus Frankfurt gGmbH

                                Für die „die Fleckenbühler Hof Fleckenbühl gGmbH“ ist Hermann Schleicher
                                alleiniger Geschäftsführer.

                                Für die „die Fleckenbühler Haus Frankfurt gGmbH“ ist Ludwig Seidl
                                alleiniger Geschäftsführer.

                                Mitgliedschaften
                                Der Verein ist Mitglied und arbeitet mit in folgenden Organisationen
                                und Verbänden:
                                    ■ Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Hessen e.V.
                                    ■ Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V.
                                    ■ Demeter Hessen e.V.
                                    ■ LAG Arbeit in Hessen e.V.
                                    ■ Jobcenter Marburg und Frankfurt
                                    ■ Handwerkskammer Frankfurt − Rhein-Main
                                    ■ Verband der Hessischen Direktvermarkter e.V.
                                    ■ GLS Treuhand e.V.

                                Qualitätsmanagement
                                Der gesamte soziale Bereich der Fleckenbühler Suchthilfe ist nach DIN EN ISO
                                9001/2008 zertifiziert, ebenso die Zweckbetriebe Transporte.

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Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
Tätigkeitsbericht „die Fleckenbühler gemeinnütziger e.V.“

                Der Verein ist der Träger (Gesellschafter) der beiden gGmbH´s. Seine zentrale
                Aufgabe ist die Beratung und Information der mit den Fleckenbühlern in Kontakt
                kommenden Interessengruppen: Betroffene, deren Verwandte, die Öffentlichkeit,
                die Politik, nicht zuletzt die Justiz, schließlich kommt gut ein Viertel der Neuauf-
                nahmen aus den Gefängnissen mittels §35 BtmG ff. „Therapie statt Strafe“. Sie
                werden regelmäßig informiert über unsere Homepage, unsere Hauszeitung so-
                wie durch Informationsveranstaltungen, Teilnahme an Kongressen usw. Daneben
                bemüht sich der Verein um Spenden, Sachspenden und Geldauflagen.

                Seit 2018 können Fleckenbühler schon nach einer Aufenthaltsdauer von fünf
                Jahren – statt wie zuvor nach acht Jahren – Mitglied im Verein werden. Dies, um
                vor allem neueren Bewohnern die Gelegenheit zu geben, aktiv die Zukunft des
                Vereines mitzugestalten. Von den Mitgliedern des Vereins gehen maßgebliche
                Initiativen und Aktivitäten aus, die zum Ziel haben, die Arbeit der Fleckenbühler
                Einrichtungen zu unterstützen und die Richtung zu weisen.

                Um die oben genannten Aufgaben wahrnehmen zu können, treffen sich die
                Vereinsmitglieder zu verschiedenen Anlässen. Auch im letzten Jahr trafen wir uns
                zweimal zu einer zweitägigen Klausur, um anstehende Themen zu besprechen
                und eventuell Entscheidungen vorzubereiten.

                Das große Thema im letzten Jahr – hinter dem alles andere zurückstehen
                musste – war in allen Gremien der Gemeinschaft die durch das Berliner Sozial-
                gerichtsurteil verursachte Kündigung der hiesigen Jobcenter Kreis Marburg-Bie-         6
                denkopf und Frankfurt, die Unterstützung (ALG 2) der Fleckenbühler Bewohner
                einzustellen. Damit verbunden steht die Frage im Raum, inwieweit die Flecken-
                bühler Suchtselbsthilfe konzeptionell aufrechtzuerhalten sei. Ob wir zum Beispiel
                dazu gezwungen sein würden, Fachpersonal im therapeutischen Bereich anzu-
                stellen und was an Forderungen noch auf uns zukäme. Nach längerer Verhand-
                lung und teilweise auch öffentlich geführten Streits, stand dann die Zusage des
                Sozialministeriums, die Zahlungen der Jobcenter bis Ende 2019 sicherzustellen.
                Das verschaffte erst mal Zeit und große Erleichterung unsererseits. Jetzt gilt es,
                die gewonnene Zeit zu nutzen und einen Vertrag zu erarbeiten, der die Forde-
                rungen der Öffentlichkeit mit den Selbsthilfegrundsätzen kompatibel gestaltet.

                Unabhängig von diesen grundsätzlichen Gedanken beschäftigten uns weiterhin
                Überlegungen zum Thema „soziale, ideelle und wirtschaftliche Stärkung der
                Organisation“. Grundsätzlich ist es so, dass wir für unsere „Arbeit“ mit Süchti-
                gen kein Entgelt bekommen. Im Gegenteil, ein nicht kleiner Teil unserer Bewoh-
                ner ist damit beschäftigt, sich um die neuen Mitbewohner zu kümmern, sie zu
                betreuen, sich um ihre Angelegenheiten – juristischer wie zivilrechtlicher Art – zu
                kümmern, sie einzuarbeiten und anzulernen. Das heißt, sie sind neben dieser
                Tätigkeit nicht imstande wirtschaftlicher Arbeit nachzugehen. Weiterhin sind wir
                darauf angewiesen, dass ein guter Teil der Leute auch länger bei uns bleibt, um
                so das Selbsthilfeprinzip aufrechtzuerhalten. Es muss also immer wieder ein Aus-
                gleich geschaffen werden zwischen Geben und Nehmen. Eine heikle Balance, die
                immer wieder aufs Neue hergestellt werden muss, insbesondere wenn äußere
                Rahmenbedingungen schwieriger werden.

                Seit einigen Jahren beobachten wir, dass weniger Menschen zu uns kommen.
                Das hat verschiedenste Ursachen. Einige davon können wir nicht beeinflussen,
                andere schon. So ist es uns möglich, unser Angebot und unsere Arbeit besser
                bekannt zu machen. Das wollen wir im kommenden Jahr verstärkt in Angriff
                nehmen. Neben unserer Zeitung und unserer Homepage – davon sind wir über-
                zeugt – ist es vor allem der direkte und persönliche Kontakt zu den Menschen,

geschäftsbericht_2018.indd 6                                                                              25.06.19 11:04
Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
die unser Suchthilfeangebot dringend brauchen, was unsere Arbeit bekannt
                                macht. Wir müssen also verstärkt raus zu den Menschen, mit ihnen ins Gespräch
                                kommen, um sie zu überzeugen. Hierfür haben wir ein Konzept entworfen, dass
                                wir intensiv diskutiert haben.

                                Passend dazu sind die beiden jüngsten Projekte der Fleckenbühler. Das ist einmal
                                der Bereich „Fleckenbühler Räume“ und zum anderen das neue Hofcafé in der
                                alten Töpferei. Die Fleckenbühler Räume sind vor allem unsere alte abgebrannte
                                und wieder sehr schön aufgebaute Hofscheune. Ein großer ungeteilter Raum,
                                in dem mindestens 200 Menschen gut Platz haben, entweder um ein Seminar
                                durchzuführen oder ein Fest zu feiern oder für Musik oder Theatervorstellungen
                                zu nutzen. Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Aber, es gibt nicht
                                nur diese Scheune, die für Veranstaltungen zur Verfügung steht, sondern wir
                                verfügen über eine ganze Anzahl kleiner und größerer Räume, die man nutzen
                                kann. Diese Räume entweder selbst für entsprechende Events zu nutzen oder
                                aber sie an Firmen, Verbände, Vereine zu vermieten, wäre eine gute Idee, um ein
                                zusätzliches Einkommen zu haben und auch um sich ins Gespräch zu bringen.
                                Nebenbei könnte man mit unserem Catering jede Anzahl Menschen hervorra-
                                gend verköstigen. Erste Erfahrungen zeigen schon, dass es Bedarf gibt und das
                                Ambiente ist ohnehin kaum zu überbieten.

                                Gleiches gilt für das Hofcafé. Im Oktober im Beisein der Landrätin feierlich eröff-
                                net, hat es einen zunehmend festen Kundenstamm für den Mittagstisch, aber
                       7        auch durch seine schöne exponierte Lage kommt immer mehr Laufkundschaft,
                                die das Café als Ausgangspunkt für eine Wanderung im Burgwald nutzt oder
                                als Zwischenstopp für Camper, die ein oder zwei Tage Rast machen. Auch diese
                                beiden Angebote gilt es, öffentlich bekannt zu machen.

                                Neben den Klausuren, die ohne Frage die intensivsten Gespräche ermöglichen,
                                gibt es weitere Gesprächsformate, in denen wichtige Themen besprochen oder
                                auch neue Ideen präsentiert werden können. Das sind vor allem die „Flecken-
                                bühler Tage“, die zweimal im Jahr stattfinden, einmal im Frühjahr und einmal im
                                Herbst. Hier versammeln sich alle Bewohner aller Häuser auf dem Hof Flecken-
                                bühl und bekommen detaillierte Informationen darüber, was in den einzelnen
                                Häusern und Betrieben gerade passiert oder geplant ist. Hier kann nachgefragt
                                und die Dinge können diskutiert werden.

                                In Hausversammlungen werden, bezogen auf den einzelnen Standort, vor
                                allem Fragen und Themen besprochen, die die jeweilige Gemeinschaft vor Ort
                                betreffen.

                                In den Vorstandssitzungen werden die Prozesse und Themen moderiert und in
                                den verschiedenen Gremien besprochen und dann umgesetzt.

                                Nicht zuletzt ist natürlich die Mitgliederversammlung das wichtigste Gremium
                                des Vereins. Auf der Mitgliederversammlung wird vor allem der Geschäftsbericht
                                des Vorstands sowie der Jahresabschluss durch den Wirtschaftsprüfer vorgetra-
                                gen, dem Vorstand Entlastung erteilt und die Verwendung des Jahresergebnisses
                                besprochen.

                                Ronald Meyer
                                1. Vorsitzender des „die Fleckenbühler e.V.“

geschäftsbericht_2018.indd 7                                                                                         25.06.19 11:04
Das Jahr 2018 - Die Fleckenbühler
die Fleckenbühler Hof Fleckenbühl gGmbH

                Allgemeine Entwicklung
                Im Jahr 2018 war es unser Bestreben, mehr und neue Angebote auf dem Hofgut
                Fleckenbühl zu schaffen. Durch die „Fleckenbühler Räume“ mit der Fleckenbüh-
                ler Festscheune und weiteren Räumen wird der Region verstärkt Gelegenheit
                geboten, den Hof im Rahmen unserer Veranstaltungen kennenzulernen oder für
                eigene Veranstaltungen zu nutzen. Im ersten Jahr wurde dies bereits gut ange-
                nommen. Darüber hinaus boten die seit langem etablierten Märkte und Feste
                Gelegenheit, zu uns zu kommen und unsere Arbeit kennenzulernen.

                Bis in den Herbst hinein wurde die alte Töpferei in ein Hofcafé umgebaut, wel-
                ches im Oktober eröffnet werden konnte. Dort gibt es nun ein ausgeweitetes
                kulinarisches Angebot sowie einen Milchautomaten, der es ermöglicht, frische
                Rohmilch zu erwerben.

                In diesem Jahr kamen 180 Menschen auf den Hof Fleckenbühl, um ein neues
                und nüchternes Leben zu beginnen. Die Suchtarbeit hat uns dieses Jahr nicht nur
                in der täglichen internen Betreuung und der beruflichen Qualifizierung beschäf-
                tigt. So liefen und laufen während des gesamten Jahres bis zum heutigen Tag
                Gespräche über die zukünftige Finanzierung der Arbeit Fleckenbühls vor dem
                Hintergrund der sich ab 2020 ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen.

                In der Landwirtschaft zeigten sich auch bei uns die Auswirkungen des trockenen
                Sommers. Die Ernte der Feldwirtschaft blieb unterhalb des langjährigen Durch-
                schnitts, war jedoch besser als befürchtet. Auch die Milchmenge ging zurück, da     8
                im Herbst nur wenig und zu trockenes Futter zur Verfügung stand.

                Unser Buffetangebot entwickelt sich weiterhin positiv. Neben der Versorgung
                von Kindergärten und Schulen sowie Buffets in der Region bieten sich Synergie-
                effekte mit den zunehmenden Angeboten auf unserem eigenen Hof.

                Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe arbeitet die Jugendhilfe Leimbach seit
                dem Jahr 2018 mit einer neuen Leistungsvereinbarung und war das ganze Jahr
                voll belegt. Der Fleckenbühler Kindergarten ist ebenso weiterhin gut besucht.

                IT – Qualitätsmanagement – Balanced Scorecard
                Vor 17 Jahren haben die Fleckenbühler ein zertifiziertes Qualitätsmanagement
                aufgebaut, seinerzeit als eine der ersten Suchthilfeeinrichtungen überhaupt. Für
                die Organisation hat sich der im Deming-Kreis dargestellte Prozess der Qualitäts-
                entwicklung und Qualitätssicherung als sehr gut geeignet erwiesen, ist doch die
                größte Schwierigkeit der Selbsthilfe die hohe Fluktuation der Bewohner.

                Mit der Einführung des Qualitätsmanagements nahm die Entwicklung Flecken-
                bühls Fahrt auf. 2003 wurde in Frankfurt ein zweites Haus eröffnet, 2004 kam
                die Jugendhilfe Leimbach dazu.

                2008 wurden die Fleckenbühler nach der Akkreditierungs- und Zulassungsver-
                ordnung Arbeitsförderung (AZAV) als Bildungsträger zertifiziert. Damit wurde die
                Ausbildung nach dem dualen Ausbildungssystem durch das modulare Ausbil-
                dungssystem abgelöst.

                Parallel zum Qualitätsmanagement wurde eine Balanced Scorecard (BSC) entwi-
                ckelt, um anhand von Kennzahlen die Wirksamkeit von strategischen Maßnah-
                men und deren Wechselwirkung messen und regelmäßig berichten zu können.

geschäftsbericht_2018.indd 8                                                                           25.06.19 11:04
Die Ziele und Kennzahlen wurden 2018 zuletzt angepasst. Mit der Normrevision
                                DIN ISO 9001:2015 kommt eine Norm zur Gültigkeit, die in der Sprache einfa-
                                cher, im Ansatz klarer ist und den Fokus deutlich auf die Betrachtung der Risiken
                                legt. Das Fleckenbühler Qualitätsmanagementsystem wurde über die Jahre so
                                weit ausgebaut, dass nur kleine Anpassungen vorgenommen werden mussten,
                                um 2017 die neue Norm umzusetzen.

                                2016 legten sich die Fleckenbühler neue Software zu. Die Verwaltungsarbeiten
                                für die Bewohner findet seitdem im Programm Vivendi, die tägliche Arbeit und
                                die Ablage im Office 365 statt. Die cloudbasierte Funktionsweise mit einer Viel-
                                zahl von Anwendungen zur Kommunikation, Darstellung und Planung schafft ein
                                ideales Arbeitsumfeld und ist nahezu von jedem Ort der Welt aus erreichbar.

                                Auf der Vorstandssitzung im September 2018 wurde unter anderem beschlossen,
                                dass die Bewohner schon ab sechs Monaten, nach Ablauf der Kontaktpause,
                                ihr privates Handy wiederbekommen. Damit sind jetzt alle Voraussetzungen
                                geschaffen, um die interne Kommunikation inklusive der Routinen, Protokolle
                                und Berichte, abzubilden. Um sicherzustellen, dass die Inhalte auch nur derjenige
                                sehen oder bearbeiten kann, den es betrifft, ist im Office 365 SharePoint eine
                                sehr gute Rechtestruktur angelegt.

                                Wenn wir Fleckenbühler diesen Weg weiter verfolgen, das Controlling und das
                                Qualitätsmanagement mit Hilfe der Software zu verbinden, die Verantwortung
                                bei den Prozessverantwortlichen (Bereichsleitern) belassen und diese besser schu-
                                len, dann werden wir in absehbarer Zeit eine deutliche Ressourceneinsparung,
                       9        klarere Vorgaben und eine überschaubarere Kommunikation haben.

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Landwirtschaft
                Im Jahr 2018 wurde die Fleckenbühler Landwirtschaft vom Landesbetrieb
                Landwirtschaft Hessen (LLH) in die Liste der „Pilotbetriebe Biodiversität“ aufge-
                nommen. In Zusammenarbeit mit Frau Behrens, Biodiversitäts-Beraterin des LLH,
                werden wir unser „Agrarökologisches Nutzungskonzept“ aus dem Jahr 2000
                weiterentwickeln.

                Passend dazu steigt auch die Nachfrage nach Führungen und Informationsver-
                anstaltungen zu den Themen Naturschutz, Kulturlandschaftspflege und Biodi-
                versität, sowohl von interessierten Laien als auch von Fachwissenschaftlern. So
                untersucht zum Beispiel Rita Herbst in ihrer Bachelorarbeit vom Oktober 2018
                „Mehrwerte durch Landschaftspflegemaßnahmen in der Sozialen Landwirt-
                schaft“, welcher Zugewinn sich in diesem Bereich ergeben kann. Hierzu hat sie
                die beiden Suchthilfe-Höfe Fleckenbühl und Melchiorsgrund jeweils drei Tage
                lang besucht und qualitative Leitfaden-Interviews mit Akteuren der Höfe geführt.

                Wetter und Klima
                Leider schon recht früh im Jahr mussten wir uns mit außergewöhnlichen klimati-
                schen Ereignissen auseinandersetzen: Im Januar fegte „Friederike“ mit 130 km/h
                über das Land, das stärkste Sturmtief seit „Kyrill“ vor einem Jahrzehnt.
                Der April 2018 war laut Deutschem Wetterdienst der wärmste seit Beginn der
                Wetteraufzeichnungen. Am 22. April wurde die Rekordtemperatur 30,2° C ge-
                messen. Die Hitze wurde, wie so häufig, von teils heftigen Unwettern abgelöst.

                Mitten in der Ernte, am 7. August, ergossen sich in wenigen Stunden über 100
                Liter Regen und Hagel pro Quadratmeter über das nur 12 km entfernte Kirch-          10
                hain, wir wurden, wieder mal, knapp verschont.

                     Beim Apfer stechen.

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Was sich schon im April abgezeichnet hatte, setzte sich bis November fort: Das
                                 Jahr 2018 wurde das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen! Und die-
                                 ses wird kein Einzelfall bleiben. Darauf müssen wir auch unsere Landwirtschaft
                                 ausrichten.

                                 Ackerbau
                                 Mehr noch als die Hitze prägte die Dürre das Jahr 2018. Von Februar bis Novem-
                                 ber fiel viel zu wenig Regen. Die gravierendsten Auswirkungen hatte die Dürre
                                 auf die Wiesen und Kleegrasäcker, von denen wir das Grundfutter für die Rinder
                                 und Ziegen gewinnen.

                                 Aber auch die Kartoffelernte fiel ertragsmäßig nicht so aus, wie wir es erhofft
                                 und geplant hatten. Trotz dieser schwierigen Grundbedingungen waren die Qua-
                                 lität und der Geschmack der Knollen wieder hervorragend. Für 2019 planen wir
                                 eine Verdopplung der Anbaufläche.

                                 Bei der Getreideernte hatten wir weniger Einbußen als zunächst befürchtet. Im
                                 Schnitt lag der Ertrag nur 10 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. Durch
                                 das trockene Wetter blieben die Getreidepflanzen lange von Schadpilzen ver-
                                 schont und die Ernte mit dem Mähdrescher lief richtig gut.

                                 Viehwirtschaft
                                 Wir blicken auf ein Jahr mit großen Schwierigkeiten zurück. Gleich mehrere
                                 Mitarbeiter zogen sich schwere Verletzungen zu und fielen zum Teil über Mo-
                                 nate hinweg aus. Das konnten wir nicht kompensieren, und so mussten wir die
                    11           Ziegenmilchproduktion für eine Saison aussetzen.

                                                                                                   Käsekeller.

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Aufgrund der trockenen Witterung fiel die Futterernte um ca. 35 Prozent gerin-
                ger aus, daher mussten wir trotz der Nutzung von Kleegrasflächen eines be-
                freundeten Bio-Betriebs noch Futter zukaufen, um über die Runden zu kommen.

                Es gab aber auch Erfreuliches zu vermelden: Eike hat seine modulare Qualifizie-
                rung abgeschlossen und seine Prüfung zum Landwirt bestanden.

                Vermarktung und Käserei
                Auch in der Käserei und in der Vermarktung gab es ungeplante Personalabgänge
                und -wechsel, die aufgefangen werden mussten. Trotz dieser Einschränkungen
                lag die Käsequalität konstant auf hohem Niveau. Im Jahresverlauf hatten wir
                einige erfolgreiche Veranstaltungen, unter anderem waren wir beim größten
                Käsemarkt Europas in Nieheim vertreten. Auch unsere eigenen Märkte und Feste
                haben sich sehr zufriedenstellend weiterentwickelt, was man nicht zuletzt an den
                steigenden Besucherzahlen sehen kann.

                Hofcafé
                Der Fleckenbühler Hofladen mit einem Stehcafé befand sich bis Mitte Oktober
                2018 zentral auf unserem schönen Bauernhof. Mit gutem Ausblick auf unsere
                landwirtschaftlichen Aktivitäten, konnten die Gäste ihren Kaffee an einem der
                Tische im Außenbereich genießen.

                Jahrelang versuchten wir am damaligen Standort die Qualität unserer Angebote
                zu verbessern, um für unsere Kunden attraktiver zu werden. Ständig erweiterten
                wir auch verschiedene Angebote im Bereich unseres Stehcafés. In Zusammenar-
                beit mit dem Buffetbereich bieten wir schon seit längerer Zeit unseren Kunden      12
                täglich Mittagessen an. Frisch gebackene Kuchen zum Kaffee und diverse Snacks

                     Das neue Hofcafé.

geschäftsbericht_2018.indd 12                                                                          25.06.19 11:05
ergänzen das Angebot für den Hunger zwischendurch – am alten, wie jetzt auch
                                 am neuen Standort.

                                 Schon lange war es nicht mehr möglich, alle Kundenwünsche mit einem kom-
                                 pletten Naturkostvollsortiment zu bedienen, geschweige denn, das Ganze wirt-
                                 schaftlich zu gestalten. Wir mussten feststellen, dass wir den Hofladen so nicht
                                 mehr weiterführen konnten und wollten.

                                 Nach dem erfolgten Umbau der ehemaligen Töpferei im Frühjahr und Sommer
                                 des Jahres 2018 unter dem Arbeitstitel „Hofladen-Café“ sind wir ganz neu ge-
                                 startet.

                                 Das neue Hofcafé hat jetzt folgenden Zuschnitt:
                                 ■ Der Schwerpunkt liegt auf einem attraktiven Gastronomie-Angebot
                                 ■ und der Vermarktung hofeigener Produkte.
                                 ■ Wir haben ein kleines, feines Sortiment geschaffen, das durch Premium-
                                 ■ Produkte von Bio-Betrieben aus der Region ergänzt wird.

                                 Zu den regionalen Erzeugern gehören unter anderen:
                                   ■ Demeter-Hof Geißler aus Lollar (frische Demeter-Eier)
                                   ■ Kaffeerösterei der „Gemeinschaft in Kehna”
                                   ■ (Kaffeebohnen für unsere Café-Bereich)
                                   ■ Alsfelder Biofleisch der Hephata Diakonie
                                   ■ (Wurstprodukte in Bioland-Qualität)
                                   ■ Hofgemeinschaft für heilende Arbeit Friedelhausen
                    13             ■ (Demeter-Milcherzeugnissse)

geschäftsbericht_2018.indd 13                                                                                      25.06.19 11:05
Zugekaufte Handelsware haben wir aus dem Angebot weitgehend entfernt.

                Morgens, mittags und abends bieten wir warme und kalte Speisen in Bio-Qua-
                lität an, dazu gehören selbstgebackene Kuchen, Snacks, Salate, Suppen, selbst
                hergestellte Marmeladen, Pestos, Limonaden und weitere jahreszeitliche Ange-
                bote. Wir öffnen das Café in der Sommersaison von April bis Oktober auch an
                Wochenenden und Feiertagen.

                In Verbindung mit unserer im Jahr 2017 fertiggestellten Festscheune und un-
                terstützt durch unseren Küchen- und Buffet-Service, bieten wir kulturelle und
                gastronomische Veranstaltungen. Dazu gehören zum Beispiel: Durchführung der
                Nachhaltigkeitskonferenz, die im Jahr 2018 bereits zum zweiten Mal in unserer
                Festscheune stattfand, diverse Konzerte, Bilderausstellungen, Hochzeits- und
                Geburtstagsfeiern, Schulungen und auch Märkte.

                Wir werden uns außerdem in naher Zukunft darum bemühen, eine E-Bike-Station
                und eine E-Car-Station in der Nähe des Hofcafés einzurichten. Ausbildung,
                Qualifizierung und Weiterbildung werden auch im Hofcafé weiterhin ganz groß
                geschrieben.

                Im Jahr 2018 befanden sich eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter in der modula-
                ren Qualifizierung zur Kauffrau/zum Kaufmann im Einzelhandel. Alle Mitarbeiten-
                den werden in diversen Weiterbildungsmaßnahmen intensiv für die Verbesserung
                der Qualität unserer Angebote geschult.

                Im Jahr davor haben wir bereits eine Barista-Schulung im Laden durchgeführt,       14
                Mitarbeitende haben an der Weiling-Akademie (bei unserem Bio-Großhändler)
                an verschiedenen Schulungen teilgenommen. Weitere Schulungen sind auch für
                das Jahr 2019 geplant.

                Wir gehören zu den letzten landwirtschaftlichen Betrieben, die noch Landwirt-
                schaft zum Anfassen anbieten. Die Kunden können sowohl die Produktion als
                auch die Veredelung unserer Produkte sehen und erleben.

                Da das inzwischen nicht mehr selbstverständlich ist, wollen wir gezielt unsere
                Transparenz in der Tierhaltung und Lebensmittelherstellung für Kundenbindung
                nutzen. In unserem Hofladen bekommen die Kunden die seltene Gelegenheit,
                ein Produkt „aus einer Hand“ zu erwerben. Unsere Tiere bekommen ihr Futter
                von unseren Feldern, die Milch wird ohne lange Transportwege in der eigenen
                handwerklichen Käserei zu Käse verarbeitet. Die Kunden können mit eigenen
                Augen sehen, wie unsere Tiere gehalten werden und anschließend mit gutem
                Gewissen ein Produkt kaufen, das lecker, gesund und frei von unerwünschten
                Zusatzsoffen ist.

                Nicht zu vergessen ist natürlich auch der Genuss-Aspekt. Der neue Standort
                lädt durch seine idyllische Lage zum Verweilen ein. Frische, knusprige Brötchen
                zum Frühstück, knackiger Salat für zwischendurch, frisch zubereitete Speisen –
                Vollwert natürlich – zur Mittagszeit und hausgemachte Kuchen mit Kaffee am
                Nachmittag lassen fast keine Kundenwünsche offen.

                Küche und Buffet
                Das Jahr 2018 war für unsere Küche und unseren Buffetservice ein erfolgreiches
                Jahr. Als Highlight können wir einen Besuch unseres Küchenteams im Westfalen-
                Stadion in Dortmund und im Borussia-Park in Mönchengladbach verbuchen, dort
                konnten wir zur Saisoneröffnung den Fans und VIPs unser Können am Essens-
                stand beweisen.

geschäftsbericht_2018.indd 14                                                                          25.06.19 11:05
Zum ersten Mal konnten wir in unserem neuen Hofcafé ein Martinsgans-Essen in
                                 der Vorweihnachtszeit anbieten, das von unseren Gästen auch sehr gut ange-
                                 nommen wurde, selbst am Heiligabend gingen noch Weihnachtsgänse über den
                                 Tresen.

                                 Im November stellten wir unsere Räumlichkeiten für die Regionalkonferenz
                                 „Nachhaltig Handeln“ zur Verfügung, die Teilnehmer waren von Räumen und
                                 ländlicher Umgebung begeistert. Ebenfalls einen guten Eindruck hinterlassen
                                 haben wir bei der „Bingenheimer Saatgut AG“, deren Mitglieder während ihrer
                                 Jahrestagung auf dem Hof von uns bekocht wurden. Insgesamt konnten wir
                                 durch die Buchungen unserer Tagungsräume auch entsprechend mehr Gäste
                                 gastronomisch bestens versorgen.

                                 Die Anzahl der täglich ausgelieferten Kindertagesstätten-Essen blieb stabil bei
                                 350 Essen. Im Rahmen der laufenden Instandhaltungsmaßnahmen wurden der
                                 Boden vor der Vorbereitungsküche im Kellergeschoss erneuert und in der Warm-
                                 küche kleinere Umbau- und Reparaturarbeiten ausgeführt. Um unsere hohen
                                 Hygiene-Standards weiterhin zu erfüllen, haben wir ein neues, besseres Reini-
                                 gungsprogramm eingeführt

                                 Umzüge und Transporte
                                 Das Jahr 2018 war ein schweres, aber auch ein zufriedenstellendes Jahr für uns.
                                 Die Auftragslage war leider nicht so konstant wie in den Jahren zuvor. Auffällig
                                 ist, dass viele kurzfristige Anfragen kamen, die uns logistisch vor neue Herausfor-
                    15           derungen stellten.

                                                                                           Spanferkel zum Fest.

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Trotz der hohen Fluktuation bei den Mitarbeitern nehmen weiterhin durchge-
                hend fünf Auszubildende an der Qualifikation zur Fachkraft für Möbel-, Kü-
                chen- und Umzugsservice teil. Zudem hat unser Mitarbeiter Toni während dieser
                Qualifizierung den Führerschein der Klassen B, C und E erworben, um uns auch
                als Fahrer der „großen“ LKW unterstützen zu können. Nach wie vor ist die Kun-
                denzufriedenheit auf einem sehr hohen Niveau.

                Ausbildung
                Auf Hof Fleckenbühl bieten wir im modularen Ausbildungssystem folgende Aus-
                bildungsmöglichkeiten an:
                  ■ Landwirt/in
                  ■ Kauffrau/Kaufmann für Büromanagement
                  ■ Köchin/Koch
                  ■ Einzelhandelskauffrau/Einzelhandelskaufmann
                  ■ Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice
                  ■ Fachinformatiker/in für Systemintegration

                In unserem Haus Frankfurt in Frankfurt-Niederrad gibt es außerdem die Möglich-
                keit einer Ausbildung zur Bäckerin/zum Bäcker.

                Wir Fleckenbühler sind ein von der IHK und HWK anerkannter Ausbildungsbetrieb.
                Die modulare Ausbildung besteht aus 12-16 Qualifizierungsbausteinen. Auszu-
                bildende, die alle Bausteine absolviert haben, werden nach drei Jahren zur IHK,
                bzw. HWK-Prüfung angemeldet.
                                                                                                  16

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Im Jahr 2018 wurden folgende Qualifizierungsbausteine auf Hof Fleckenbühl
                                 abgeschlossen:
                                  Kauffrau / Kaufmann für Büromanagement          3 Teilnehmer 4 Bausteine
                                  Einzelhandelskauffrau / Einzelhandelskaufmann   1 Teilnehmer 2 Bausteine
                                  Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice 7 Teilnehmer 12 Bausteine
                                  Köchin / Koch                                   1 Teilnehmer 12 Bausteine
                                  Landwirt/in                                     8 Teilnehmer 14 Bausteine

                                 Abgeschlossene Ausbildungen:
                                  ■ Landwirt
                                  ■ Kaufmann für Bürokommunikation
                                  ■ Fachagrarwirt Baumpflege
                                  ■ 1 Hauptschulabschluss

                                 Sonstige Qualifizierungen und Führerscheine
                                  ■ 7 Führerscheine
                                  ■ 1 Führerschein Klasse C + CE (Transporte und Umzüge)
                                  ■ 2 T-Scheine
                                  ■ Fitnesstrainer, B-Lizenz
                                  ■ Betrieblicher Suchthelfer

                    17

                                                                                           Schule vor Ort.

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Kinderhaus
                Auch in diesem Jahr haben wir im Februar das Faschingsfest gefeiert. Es ist das
                erste Fest des Jahres, das wir mit den Kindern feiern. Zur Vorbereitung haben wir
                den Gruppenraum mit bunten Girlanden und Blumen, die wir aus Krepp- und
                Seidenpapier gebastelt haben, geschmückt. Das Fest wird von den Kindern be-
                sonders wegen der Verkleidungen sehr geliebt und die Eltern haben uns dan-
                kenswerterweise mit Leckereien zum Frühstück am Rosenmontag versorgt.

                Seit April 2016 können wir mehrmals im Monat Eurythmie anbieten, was wir als
                große Bereicherung erleben. Die Eurythmistin Susanne Rohde kommt in unsere
                Gruppen und leitet die Stunde an. Für viele Eltern war das Angebot neu und
                ungewöhnlich, aber inzwischen sind alle ähnlich erfreut wie wir, denn die Freude
                der Kinder daran, die positiven Effekte für das einzelne Kind, aber auch für die
                Gruppengemeinschaft, ist deutlich spürbar.

                Schon im Frühjahr war spürbar, dass dieser Sommer anders verlaufen würde,
                als wir es in unseren Breitengraden gewöhnt sind. Durch das anhaltend sonnig-
                warme Wetter haben wir unser Leben zum überwiegenden Teil nach draußen
                verlegt. Anfangs weil „man das sonnige Wetter ja ausnutzen muss, solange es
                dauert“, dann aus Gewohnheit und weil die Kinder es natürlich genießen, viel
                draußen in Bewegung und nicht so sehr dem (zum Teil zwar selbst verursachten,
                deswegen aber nicht minder anstrengenden) Lärm des Gruppenlebens ausge-
                setzt zu sein.

                Die Stimmung war überwiegend von einer eher südländischen Leichtigkeit und
                Unbeschwertheit geprägt, was einerseits natürlich mit der Sonne zusammen-           18
                hing, andererseits aber auch damit zu tun hatte, dass es nicht notwendig war,

                     Schulklasse in der Landwirtschaft.

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sich fortwährend an- und auszuziehen. Das macht aus Kindersicht das Leben
                                 unglaublich viel leichter und verbraucht deutlich weniger Aufwand an Geduld.
                                 Auch uns Erwachsenen erspart es Rückenschmerzen, vor allem aber Zeit und
                                 Energie, die wir an anderer Stelle viel besser gebrauchen können.

                                 Zur Krönung des Ganzen durften wir unser Sommerfest wieder bei wunderschö-
                                 nem Sonnenwetter in Fleckenbühl feiern, was bei allen für große Begeisterung
                                 sorgte. Die Gegebenheiten dort auf dem Spielplatz hinter der Festscheune, mit
                                 Grillmöglichkeit und Bachlauf, sind optimal für Kinder und Eltern. Die Kinder kön-
                                 nen sich selbständig bewegen, klettern, herumtollen, im Bach auf Erkundungs-
                                 tour gehen (da sich unter unseren Eltern eine Biologin befindet, gehen wir die
                                 Sache auch „wissenschaftlich“ an) und die Eltern haben alles im Blick, können
                                 sich gegenseitig besser kennenlernen, erleben die Kinder in sehr angenehmer
                                 Atmosphäre innerhalb der Gruppe und es ist viel Zeit und Ruhe für Gespräche
                                 und Spaß miteinander.

                                 Das Ganze wurde nur getrübt von einer sehr ausgiebigen und lange andau-
                                 ernden Krankheitsphase eines großen Teils des Teams. So war der Verlauf des
                                 langen Sommers nicht nur sehr sonnig, warm und leicht, sondern auch von viel
                                 Vertretung, Ungewissheit und Überstunden geprägt. Es war ein überdurch-
                                 schnittlich großes Maß an Flexibilität (sowohl zeitlich und organisatorisch als auch
                                 pädagogisch) erforderlich, um das zu bewältigen.

                                 Heute kann ich sagen, dass wir diese Zeit sehr gut gemeistert haben, in guter
                                 Stimmung und herzlicher Atmosphäre, aber auch unter großer Anstrengung.
                    19

geschäftsbericht_2018.indd 19                                                                                          25.06.19 11:05
In diese Zeit fiel auch die Veränderung in unserer Kindergartenleitung. Zusam-
                men mit Julia Seibel übernimmt ab August Birgit Kleem die bisherige Tätigkeit
                von Ute Michel, die nicht mehr als Leitung, sondern ausschließlich im Gruppen-
                dienst tätig sein möchte.

                Noch dazu kam, dass wir zwei neue Kollegen suchen mussten und wollten, was
                erst einmal auch mehr Zeit in Anspruch nimmt, als zur Verfügung steht. Doch ist
                es uns gelungen, zwei Personen zu finden, die ausgesprochen gut in unser Team
                passen.

                Wir starteten also nach der Sommerpause mit neuem Schwung. Isabelle Pfeiffer
                begann zunächst in der Krabbelgruppe (unseren Sternchen) als Integrationskraft
                und wechselte im neuen Jahr in den Kindergartenbereich der Mondgruppe.

                In der Sonnengruppe arbeitet seit September Adrian Margraf. Es ist uns eine be-
                sondere Freude, ihn in unserem Kollegium begrüßen zu dürfen. Sicher ist jedem
                bekannt, dass männliche Fachkräfte im pädagogischen Bereich insgesamt und
                besonders in Kindergärten sehr unterrepräsentiert sind.

                Nach anfänglichem Eingewöhnungsprozess, der sehr positiv und wohlwollend
                von Eltern, Kindern und Kollegen begleitet wurde, sind wir inzwischen im Alltag
                angekommen und freuen uns über den männlichen Einfluss im doch dominie-
                renden, weiblich geprägten Kindergartenleben. Wir freuen uns sehr, dass die
                zwei neue Mitarbeitenden mit ihrem Fachwissen, mit Interesse und Elan unseren
                Kindergartenalltag bereichern.
                                                                                                  20
                Bei unserem Laternenfest haben sich alle Eltern und Kinder nach einem Umzug
                durch den Ort, die von den Eltern selbstgebackenen Zimtschnecken gut schme-
                cken lassen. Die Weihnachtszeit stimmten wir mit dem Adventgärtlein ein und
                die Zeit bis Weihnachten verging dann wie häufig sehr schnell.

                Zum Abschluss vor den Weihnachtsferien wurden alle Eltern mit Kindern und
                Geschwistern zum Adventnachmittag eingeladen. Das ist eine schöne Tradition
                geworden. Die Eltern sehen die Kinder beim Krippenspiel, das wir in der gesam-
                ten Adventszeit am Vormittag mit den Kindern spielen.

                Sie werden abwechselnd in den verschiedenen Rollen verkleidet (Joseph, Maria,
                Engel, Hirten, Wirte, Schafe, Ochs und Esel) und können sich so sehr gut in das
                „weihnachtliche Geschehen“ einfühlen. Das ist uns besonders wichtig in der
                doch sehr hektischen Zeit, in der das eigentlich Wichtige und Schöne am Weih-
                nachtsfest und den Vorbereitungen für Kinder oftmals verloren geht.

                Bei Plätzchen und Kuchen verbringen wir einen besinnlichen Nachmittag und
                verabschieden alle bis zum nächsten Jahr.

                Hermann Schleicher
                Geschäftsführer der „die Fleckenbühler gGmbH“

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Hof Fleckenbühl – Sozialer Bereich

                                 Als Suchthilfegemeinschaft wollen wir süchtige Menschen erreichen und ihnen
                                 Möglichkeiten aufzeigen, die ein nüchternes Leben in unserer Gemeinschaft
                                 bietet.

                                 311 Menschen haben 2018 um Aufnahme gebeten, die 14-tägige Probezeit
                                 hat ein Drittel abgeschlossen. Die anschließende Orientierungsphase von drei
                                 Monaten, in der Praktika in verschiedenen Bereichen absolviert werden, haben
                                 65 Prozent als Chance begriffen und zu Ende gebracht.

                                 Reportagen über das Konzept Fleckenbühls: „Kalter Entzug auf dem Bauernhof“,
                                 „Alternative zum Rausch“ und „Leben ohne Sucht“ wurden über You Tube, ZDF
                                 und ARTE ausgestrahlt. Die Offenheit, mit der ehemals Betroffene über ihre ver-
                                 gangenen Suchterfahrungen sprechen, wird immer wieder positiv wahrgenom-
                                 men. So konnten wir eine breite Öffentlichkeit erreichen, die sich in einer hohen
                                 Anzahl der Zugriffe auf unsere Internetseite widerspiegelte.

                                 In über 100 Informationsveranstaltungen „vor Ort“ mit mehr als 3.000 Be-
                                 suchern informierten wir über süchtiges Verhalten, unsere Gemeinschaft und
                                 unsere Landwirtschaft. Neben Schülern und ihren Lehrern nutzten verschiedene
                                 Institutionen unsere Informationsgespräche und Führungen. Eine Selbsthilfegrup-
                                 pe der Guttempler-Gemeinschaft war ebenso dabei wie zum wiederholten Mal
                                 eine chinesische Delegation der Europa-Akademie, die besonderes Interesse an
                                 unserer Demeter-Landwirtschaft zeigte.
                    21

                                                                               Immer beliebt, der Streichelzoo.

geschäftsbericht_2018.indd 21                                                                                       25.06.19 11:05
Ein Elternkreis aus Berlin, Angehörige von suchtkranken (jugendlichen und
                erwachsenen) Kindern, verbrachte ein Informationswochenende bei uns und
                besuchte auch unsere Jugendhilfeeinrichtung in Leimbach. Intensivpfleger der
                Uniklinik Marburg waren an unserer Suchtarbeit interessiert und die Pfarrer/in-
                nen, Religionslehrer/innen und Mitarbeiter/innen des Religionspädagogischen Ins-
                tituts Marburg. Schon zum dritten Mal kam auch 2018 eine Schülerin aus einer
                Waldorfschule in Frankreich zum Praktikum zu uns.

                Nicht nur süchtige Menschen wollen wir ansprechen:
                Unser Hof mit seinen Stallungen, seiner Landwirtschaft und seinem besonderen
                Ambiente kann ein Ort der Begegnung für jedermann sein. Zu unserem Os-
                termarkt, zum Weihnachtsmarkt und zum Demeter- Hoffest kamen insgesamt
                6.356 Besucher, wobei der Weihnachtsmarkt der Publikumsmagnet mit 3.282
                Besuchern war. Unsere offenen Häuser sind an den Jahreszeiten orientiert – Kin-
                derschminken in der Faschingszeit, Streichelzoo im Frühsommer, Kränze binden
                im Spätsommer und Rübengeister schnitzen im Herbst – und sind besonders bei
                den jüngsten Besuchern und ihren Familien beliebt.

                Unsere Festscheune machte ihrem Namen alle Ehre: Wir vermieteten die Scheune
                für eine alkohol- und nikotinfreie Hochzeitsfeier, auch in unserer Gemeinschaft
                feierten wir eine gelungene Hochzeit und Katharina Thiersch, die ehemalige
                Hauptkonservatorin beim Landesamt für Denkmalschutz, feierte ihren 80. Ge-
                burtstag in der Scheune.

                                                                                                   22

                     Geschafft! Nach dem Training.

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Den sakralen Charakter nutzte die Evangelische Gemeinde Schönstadt für einen
                                 Erntedank-Gottesdienst. Zum Thema Artensterben und Diversität in der Land-
                                 wirtschaft referierte der Sprecher der „Grünen“ des Europa-Parlamentes. Die
                                 Schönstädter Initiative „Unser Dorf hat Zukunft“ nutzte unsere Räume für inte-
                                 ressante Vorträge und Präsentationen. Der „Demeter e.V.“ hielt sein Verbands-
                                 treffen auf dem Hof ab. Zur Regionalkonferenz „Nachhaltig handeln“ mit dem
                                 Titel „Klimaschutz leben, Zukunft gestalten“ kamen 150 Menschen der Region
                                 zusammen. Flora und Fauna Fleckenbühls konnten bei einem Pilzseminar und
                                 einer Kräuterwanderung erkundet werden.

                                 Bei unseren zweimal jährlich stattfindenden Fleckenbühler Tagen, zu denen sich
                                 die gesamte Gemeinschaft über ein Wochenende zusammenfindet, diskutierten
                                 wir richtungsweisende Themen.

                                 Nach 22 Jahren „Sprechstunde in Fleckenbühl“ ging unser Hausärztin Erika Rich-
                                 ter in den Ruhestand. Ihre Tochter, Ärztin mit eigener Praxis in Marburg, über-
                                 nahm die ärztliche Versorgung der Bewohner.

                                 Herr Lübbeke, unser zuständiger Bewährungshelfer, schied nach 33 Jahren aus
                                 seinem Amt aus. Er begleitete, oft über Jahre hinweg, ehemals straffällige Be-
                                 wohner in ihr neues nüchternes Leben.

                                 Es fand ein weiterer Wechsel statt: Frau Wagenhäuser, die als Jugendamtsmitar-
                                 beiterin über zehn Jahre lang für Fleckenbühler Eltern und ihre Kinder Ansprech-
                                 partnerin war, übergab ihre Arbeit an ihre Nachfolgerin.
                   23
                                 Wir bedanken uns bei allen für die von Herzen kommende Zusammenarbeit.

                                 Wir haben ein frauenspezifisches Programm in unsere Suchtarbeit integriert:
                                 Suchtakupunktur, Massagen, künstlerisches Gestalten, Biographiearbeit, Zirkel-
                                 training und ein spezielles Tanztraining werden gerne von den Frauen angenom-
                                 men.

                                 Zwei Mütter mit drei Kindern kamen zu uns, die Kinder werden tagsüber in
                                 unserem Kindergarten betreut. Drei weitere Kinder haben den Sprung aus dem
                                 Kindergarten in die Grundschule gemacht.

                                 Zwei Elternteile haben uns mit ihren Kindern verlassen. Für die Kinder gab es zur
                                 Erinnerung an die Zeit in Fleckenbühl ein Kuscheltier und einen Fotobildband.
                                 Bei einer regelmäßig stattfindenden Supervision/Reflexion Jesper Juuls, einem
                                 dänischen Familientherapeuten, hielt ich in Berlin einen Vortrag zum Thema:
                                 „Kinder aus suchtbelasteten Familien“.

                                 73 Bewohner feierten ihren nüchternen Geburtstag, sie lebten zwischen einem
                                 und 46 Jahren abstinent. Wir wünschen uns für unsere Gemeinschaft viele weite-
                                 re nüchterne Geburtstage der Bewohner.

                                 Dagmar Feist
                                 Hausleitung Hof Fleckenbühl

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Unser Weg zur Gemeinwohlbilanz

                Fleckenbühl fühlt sich seit jeher dem Gemeinwohl verpflichtet. Dies zeigt sich in
                unserer Bereitschaft, hilfesuchende Menschen Tag und Nacht aufzunehmen. Wir
                nehmen sie in die Gemeinschaft auf und bilden sie in unseren Arbeitsbereichen
                aus. Die Fleckenbühler Arbeitsbereiche integrieren die Hilfesuchenden ohne den
                Vorteil eines finanziellen Ausgleichs. Gleichermaßen verlieren sie ihre angelernten
                Mitarbeiter regelmäßig, um ihnen ein nüchternes und individualisiertes Leben
                inmitten der Gesellschaft zu ermöglichen.

                Die Fleckenbühler und ihre Arbeitsbereiche
                  ■ integrieren Menschen im ersten Arbeitsmarkt
                  ■ bieten Alternativen zu Gefängnisstrafen
                  ■ führen, gemeinsam mit dem Jugendamt, Familien wieder zusammen
                  ■ integrieren Flüchtlinge

                Dies sind Dienstleistungen, die der Gesellschaft zugutekommen, ohne dass diese
                in einer Bilanz auftauchen. Messgröße für den Erfolg von Unternehmen, Gesell-
                schaften und Vereinen ist die Finanzbilanz.

                Dass die Mehrung des Gemeinwohls über Gewinn und Ertragsdenken steht, wird
                besonders in der Bayerischen Verfassung, Artikel 151 deutlich.
                „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl …“

                Oder im Grundgesetz, Artikel 14
                „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemein-          24
                heit dienen.“

                Die Umsetzung von Artikel 14 des Grundgesetzes wird besonders in der Flecken-
                bühler Landwirtschaft sichtbar. Hier treffen gesellschaftliche Themen besonders
                aufeinander:
                  ■ Soziale Integration Benachteiligter
                  ■ Biodiversität und Artensterben
                  ■ Trinkwasserschutz
                  ■ Klimawandel
                  ■ Tierwohl
                  ■ Ernährung

                2018 konnten wir mit einem Gemeinwohlbericht unser En-
                gagement innerhalb unserer Landwirtschaft zum ersten Mal
                darstellen und das Ergebnis allen Interessierten zur Verfügung
                stellen:

                Der Bericht und die damit verbundene Gemeinwohlbilanzierung entstand in
                einer Peer-Evaluierung. Gemeinsam mit zwei Beratern der Gemeinwohlökonomie
                machten wir uns mit drei weiteren Betrieben in unterschiedlichen Branchen auf
                den Weg.

                Es galt, vier Wertegruppen, die von dem Großteil der Gesellschaft akzeptiert sind
                  ■ Menschenwürde
                  ■ Solidarität und Gerechtigkeit
                  ■ Ökologische Nachhaltigkeit
                  ■ Transparenz und Mitentscheidung

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und fünf Berührungsgruppen gegenüberzustellen, zu beschreiben und zu
                                 bewerten.
                                   ■ Lieferanten
                                   ■ Eigentümer und Finanzpartner
                                   ■ Mitarbeitende
                                   ■ Kunden und Mitunternehmen
                                   ■ Gesellschaftliches Umfeld

                                 Innerhalb eines halben Jahres trafen sich die beteiligten Unternehmen incl. der
                                 Berater in sechs Workshops. Hier wurden die Inhalte der einzelnen Themenfelder
                                 bestimmt, verglichen und bewertet. Zwischen den Workshops galt es, innerhalb
                                 der Fleckenbühler Landwirtschaft in zahlreichen Meetings mit Bereichsleitern,
                                 dem Zentraleinkauf, den Mitarbeitern der Landwirtschaft, der Haustechnik, dem
                                 Qualitätsmanagement, der Geschäftsführung und dem Vorstand, die nötigen
                                 Informationen zu sammeln. Viele uns neue Themenfelder öffneten sich und wur-
                                 den diskutiert. Dabei entstand ein Bericht, der den Ist-Zustand unserer Landwirt-
                                 schaft auf eine sehr besondere Weise beleuchtet – der Gemeinwohl Vermehrung.
                                 Wen wundert es, dass wir hier wesentlich besser stehen, als innerhalb unserer
                                 Finanzberichte.

                                 Wir haben begonnen, einen Gemeinwohlbericht zu schreiben, um Interessierten
                                 aufzuzeigen, für was wir stehen. Auf diesem Weg haben wir gelernt, wie wert-
                                 voll dieses Instrument ist, um ein Unternehmen weiterzuentwickeln, das sich dem
                                 Gemeinwohl verpflichtet sieht. Diese Einschätzung teilen auch die drei weiteren
                                 Unternehmen, die sich mit uns auf den Weg gemacht haben.
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                                 Wir danken der MarMed GmbH, dem Elisabeth Verein, Czeczatka, Werner &
                                 Partner Steuerberatungsgesellschaft und natürlich unseren Beratern Dirk Posse
                                 und Ulrike Heußler für die tolle Zusammenarbeit.

                                 Christoph Feist
                                 Bereichsleiter und Assistenz der Geschäftsführung

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Jugendhilfe Leimbach 2018

                „Hier möchte ich bleiben, hier gefällt es mir.
                Hier kann man sich wohlfühlen.“
                Oder:
                „Leimbach ist was Besonderes.“

                … hören wir regelmäßig in Informationsgesprächen mit Jugendämtern, der
                Jugendgerichtshilfe, den Jugendlichen und ihren Eltern. Vielleicht ist dies das
                Erfolgsgeheimnis des Leimbacher Modells.

                Leimbach ist nicht nur eine stationäre Jugendhilfeeinrichtung, sondern für die
                Menschen, die hier leben, ihr Zuhause. Ein Zuhause für immer, ein Zuhause auf
                Zeit – Lebensentwürfe sind unterschiedlich und vielfältig. Einig sind wir uns in der
                Gemeinschaft, ein gutes Leben zu haben und damit den Jungs Vorbild für das
                Finden ihres eigenen Lebensweges zu sein.

                Leben und Lernen findet statt, während der Arbeit, in der Freizeit, im Urlaub, in
                der Schule. Die Entwicklung passiert nebenbei und nicht in pädagogisch wertvol-
                len Einzelgesprächen.

                Bruno Bettelheim (Kinder brauchen Märchen), der mit dem Begriff des therapeu-
                tischen „Milieus“ in der Heimerziehung verbunden wird, sagt dies so:
                „Die Persönlichkeit des Mitarbeiters ist die zentrale Größe des Milieus. Den Kern
                der Arbeit bildet nicht ein besonderes Wissen oder ein bestimmtes Verfahren,
                                                                                                       26

                     Beim Kartoffel setzen.

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