Innovation durch Biotechnologie - Zehn Jahre KMU-innovativ: Biotechnologie - BioChance - Bioökonomie.de
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1 Inhaltsverzeichnis Vorwort 4 Biotechnologie als Innovationstreiber der Industrie 6 Was ist Biotechnologie? ...................................................................................................................................................... 6 Woran wird geforscht? ........................................................................................................................................................ 7 Branche mit hoher innovationskraft und Wachstumsdynamik ................................................................................. 8 Spitzenforschung im Mittelstand finanzieren 10 Zehn-Punkte-Programm „vorfahrt für den Mittelstand“. 10 KMu-innovativ: investitionsrisiko mindern ................................................................................................................. 11 I 13 I 15 Hightech-Forschung für eine biobasierte Wirtschaft 16 Fördermaßnahme für unternehmen aus der Bioökonomie attraktiv ...................................................................... 18 Hightech-Werkzeuge für die Bioanalytik 20 R 21 Maßgeschneiderte Peptide aus dem laserdrucker ...................................................................................................... 22 L 23 Moderne Landwirtschaft und gesunde Ernährung 24 R 24 A N .......................................................................... 29 H ........................................................................................................ 30
3 Neue Therapien und effiziente Diagnostik 32 Mit einer innovativen technologie zu stabilen impfstoffen ..................................................................................... 33 N. 35 I ........................................................................................................ 36 Nachhaltige und umweltfreundliche Industrie 38 Biobasierte Werkzeuge und Plattformtechnologien für den industriellen einsatz fit machen. 38 D 40 U. 42 Ausblick und Service 44 I. 47 Impressum 49
I Vorwort Der Aufbau einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaft hängt in besonderem Maße von biotechnologischen Innovationen ab. Durch sie verringern wir unsere Abhängig- keit von fossilen Rohstoffen, verschwenden weniger Ressourcen und schützen Klima und Umwelt. Als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts eröffnet die Biotechno- logie Innovationspotenziale für viele Branchen: die Ernährungs- und Landwirtschaft, die Medizin, die Chemie-, Kosmetik- und Pharmaindustrie. Die Biotechnologie-Branche besteht größtenteils aus kleinen und mittleren Unterneh- men (KMU). Die Förderung des innovativen Mittelstandes hat für das Bundesministe- rium für Bildung und Forschung eine hohe Priorität. Sie ist in der Hightech-Strategie der Bundesregierung, in der „Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030“ und im Zehn-Punkte-Programm „Vorfahrt für den Mittelstand“ fest verankert. Mit diesen Aktivitäten setzen wir wichtige Impulse, um kleine und mittlere Unternehmen gezielt zu unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft weiter zu stärken. Die Förderrichtlinie „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ ist dafür ein gutes Beispiel. Mit ihrer Themenbreite und flexiblen, an die Herausforderungen der Biotech- nologie-Branche angepassten Rahmenbedingungen unterstützt sie seit zehn Jahren erfolgversprechende, anwendungsbezogene Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Mittelstand – angefangen bei neuen therapeutischen Ansätzen über umweltfreundliche Technologien für die Industrie bis hin zu innovativen Züchtungsverfahren im Agrar- sektor. Auf den folgenden Seiten finden sich spannende Einblicke in die große Vielfalt an biotechnologischen Innovationen, die in den vergangenen zehn Jahren auf den Weg gebracht werden konnten. Diese Innovationskraft eröffnet den Unternehmen neue Wachstumsperspektiven und sichert unsere Zukunft. Prof. Dr. Johanna Wanka Bundesministerin für Bildung und Forschung
Biotechnologie als innovationstreiBer der industrie 5 Wachsende, biobasierte Wirtschaft Die deutsche Biotechnologie-Branche wächst seit Jahren kontinuierlich und bildet einen zentralen Eckpfeiler für den Aufbau einer biobasierten Wirtschaft. Die aktuell rund 600 Unternehmen in Deutschland liefern Innovationen für unterschiedlichste Industriebranchen und sind international wettbewerbsfähig. Der Standort Deutschland profitiert von einer dynamischen Szene, die mehrheitlich aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besteht. Sie können sich auf eine exzellente wissenschaftliche In- frastruktur und hochqualifizierte Fachkräfte stützen. Die wirtschaftlichen Kennzahlen der Branche der letzten Jahre unterstreichen die positive Entwicklung und bilden den globalen Wachstumstrend der Biotechnologie auch auf nationaler Ebene ab. Mit der Maßnahme „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ fördert das Bundes- ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Sektor seit 2007. In zehn Jahren wurden für die Unterstützung von rund 260 Einzel- und Verbundvorhaben mehr als 230 Millionen Euro Fördermittel bereitgestellt. Inhaltlich decken die Projekte das gesamte Spektrum der Biotechnologie und Life Sciences ab. Sie befassen sich mit der Entwicklung neuer Therapien und Diagnostika, mit Forschungstools und Innovationen aus der Bioökonomie, die sowohl Pflanzen- und Lebensmittelforschung als auch die industrielle Biotechnologie umfassen.
Biotechnologie als Innovationstreiber der Industrie Biotechnologische Innovationen sind eine zentrale gie zugeordnet werden. Das Durchschnittsalter einer Säule für den Aufbau einer nachhaltigen, biobasier- deutschen Biotechnologie-Firma liegt bei mittlerweile ten Wirtschaft. Sie sind der Schlüssel für effektive elf Jahren. Aber einige Firmen haben inzwischen auch Therapien und präzise Diagnostik im Gesundheitswe- ein für die risikoreiche Branche respektables Alter sen. Sie legen den Grundstein für umweltschonende von dreißig Jahren und mehr erreicht. Ein Motor und ressourceneffiziente Verfahren in der Industrie. beim Aufbau der Branche war Ende der 90er Jahre Von diesem Wachstumstrend hat auch die deutsche der BioRegio-Wettbewerb des Bundesministeriums Biotechnologie-Branche profitiert: Über die letzten für Bildung und Forschung (BMBF). Daraus sind viele Jahre hinweg hat sich das Anwendungsspektrum der heute noch aktive regionale Biotechnologie-Netzwer- Produkte, Verfahren und Dienstleistungen kontinuier- ke entstanden. Deutschlandweit sieht die Situation lich erweitert. dabei sehr unterschiedlich aus: Der Süden und Westen des Landes sind sehr stark, ebenso die Hauptstadtre- gion im Osten. Die meisten Unternehmen befinden War die Biotechnologie-Branche in Deutschland vor sich in Bayern und Berlin-Brandenburg, gefolgt von dreißig Jahren noch ein übersichtliches Betätigungs- Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. feld für eine Handvoll Unternehmen, so ist sie heute ein dynamischer Sektor mit Wachstumsperspektiven, dessen Innovationskraft in viele Industriebranchen Was ist Biotechnologie? ausstrahlt. Aktuellen Branchenerhebungen der BIOCOM AG zufolge, die auf Basis von Kriterien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit Doch womit beschäftigen sich Biotechnologen genau? und Entwicklung (OECD) jährlich die Lage der Bio- Biotechnologie ist eine anwendungsorientierte Wis- technologie-Branche in Deutschland erfassen, können senschaft an der Schnittstelle von Biologie, Medizin, hierzulande rund 600 Unternehmen der Biotechnolo- Chemie und Ingenieurswissenschaften. So arbeiten
Biotechnologie als innovationstreiBer der industrie 7 Biotechnologen sowohl mit kleinen Organismen wie sequenzierung oder Big Data, Gentechnik, Phänotypi- Viren oder Bakterien als auch mit Pflanzen und Tieren sierung oder molekulare Bildgebung – das Repertoire sowie mit einzelnen Bestandteilen von ihnen wie an Möglichkeiten wächst beständig und bildet eine Zellen oder Biomolekülen. Darauf aufbauend werden immer breitere Basis für Innovationen in unterschied- Technologien erforscht und Produkte, Verfahren oder lichsten Anwendungsfeldern. Mit biotechnologischen Dienstleistungen entwickelt und vermarktet. Die Methoden und Verfahren lassen sich Medikamente OECD hat die Biotechnologie daher als „Anwendung entwickeln, neue Pflanzensorten züchten, Lebensmit- von Wissenschaft und Technik auf lebende Organis- tel herstellen oder Alltagsprodukte wie Waschmittel men oder Teile von ihnen“ definiert. Mit anderen Wor- und Kosmetika produzieren. Nicht zuletzt vor diesem ten: Die Einsatzmöglichkeiten der Biotechnologie sind Hintergrund wird die Biotechnologie auch als wichti- nicht auf ein Gebiet oder eine Industrie beschränkt, ger Innovationstreiber beim Aufbau einer nachhalti- sondern sehr vielfältig. Nicht umsonst bezeichnen Ex- gen, biobasierten Wirtschaft betrachtet. perten sie als Schlüsseltechnologie, die Innovationen für die gesamte biobasierte Wirtschaft liefert – von der Gesundheitswirtschaft über die Chemieindustrie Woran wird geforscht? bis hin zum Agrar- oder Lebensmittelsektor. Großes Repertoire an Hightech-Werkzeugen Die Bandbreite der Biotechnologie schlägt sich in Die Biotechnologie ist zudem gar keine so neue Wis- den Tätigkeitsfeldern der Biotechnologie-Firmen in senschaft. Schon sehr lange nutzen Menschen lebende Deutschland nieder (siehe Grafik S. 8). Die Mehrheit Mikroorganismen, etwa bei der Herstellung von Bier, konzentriert sich auf den Gesundheitssektor: Fast Wein und Brot. Was die moderne Biotechnologie die Hälfte aller deutschen Biotechnologie-Firmen ausmacht, ist der gezielte Einsatz von molekularbio- erforscht neue Therapien oder Diagnostika. Vor allem logischen Methoden und Verfahren. Die Grundlagen Technologieplattformen, die sich als Ansatzpunkt zur hierfür wurden erst mit den wachsenden Erkennt- Behandlung unterschiedlicher Krankheiten einsetzen nissen der Mikrobiologie im 18. und 19. Jahrhundert lassen, stehen oftmals im Fokus. Das zweitwichtigste gelegt, beispielsweise durch die Entdeckung der ersten Segment der Branche sind Forschungsdienstleister. Enzyme als Biokatalysatoren oder von Bakterien als Rund ein Drittel der Firmen kann so bezeichnet wer- Produzenten für medizinische Wirkstoffe. Mit dem den. Sie sind nicht ausschließlich in einem speziellen wachsenden Fortschritt in den Biowissenschaften Feld aktiv, sondern erbringen überwiegend Services und der Verfahrenstechnik hat sich der Werkzeugkas- für andere Biotechnologie-Firmen oder sind als Zulie- ten in der Biotechnologie stetig erweitert. Ob Genom- ferer für diese tätig.
I Biologisierung und Digitalisierung der Industrie sche, diagnostische und therapeutische Anwendungen Gemessen an den absoluten Zahlen sind die Segmente genutzt werden und die Präzision von Behandlungen der industriellen Biotechnologie sowie der biotechno- deutlich verbessern. In den Agrarwissenschaften logische Agrarsektor in Deutschland vergleichsweise erfordern neueste Verfahren – etwa die automatisier- klein. Dennoch wird ihnen eine große Bedeutung te Phänotypisierung und die Präzisionszüchtung – beigemessen. Dies liegt vor allem daran, dass sie techno- ebenfalls eine immer umfassendere Auswertung von logische Neuerungen in größere Branchen wie die Che- Daten. Auch hier sind die Werkzeuge der Bioinformatik mie-, die Kosmetik- oder die Ernährungsindustrie hin- wertvoll, um das in den Forschungsarbeiten erzeugte eintragen können und auf diese Weise einen wichtigen Wissen effizient zu nutzen und einzusetzen. Beitrag zur Biologisierung der Industrie leisten. Immer mehr Firmen haben sich zudem auf Bioinformatik spe- zialisiert und bringen damit die Digitalisierung in der Branche mit hoher Innovationskraft Biotechnologie-Branche voran. So erfordern moderne und Wachstumsdynamik Hochdurchsatzverfahren die systematische Erfassung und Analyse immer größerer Datenmengen. Ganze Genome einer steigenden Anzahl von Menschen sowie All diese Entwicklungen zeigen: Forschung und Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren sind bereits Entwicklung (F&E) sind das A und O für Firmen in der sequenziert. Darüber hinaus wird zunehmend verstan- Biotechnologie. Die Ausgaben für F&E sind dabei ein den, wann und warum Gene aktiv werden (Epigenetik). wichtiger Gradmesser der Innovationskraft. Sie liegen Auch die Rolle der Gesamtheit der Proteine (Proteom) in Deutschland pro Jahr bei etwa 1 Milliarde Euro. und der Stoffwechselprodukte (Metabolom) wird inzwi- Gleichzeitig hat sich die Branche über die vergan- schen analysiert, sodass zahlreiche Datensätze vorlie- genen Jahre hinweg als Wachstumsmotor erwiesen: gen und zu hochrelevanten Informationen verarbeitet Zuletzt wurden in Deutschland mehr als 3 Milliar- werden können. Dank der Digitalisierung sowie der den Euro Umsatz erwirtschaftet, Tendenz steigend. Verfügbarkeit effzienter Bioinformatik-Tools können Weiteres Kapital (2016: 505 Millionen Euro) fließt über die vorhandenen Datensätze inzwischen für prognosti- private Investoren, die Börse oder strategische Koope- rationen in die Firmen – Finanzmittel, die aufgrund der langen, oft mehr als zehn Jahre andauernden Entwicklungsphasen und Innovationszyklen in den Tätigkeitsfelder der Biotechnologie-Firmen in Deutschland vielen kleinen Unternehmen auch gebraucht werden. Zuletzt konnten deutsche Firmen hier etliche Erfol- 49,7% Gesundheit/Medizin ge – auch auf internationaler Ebene – vermelden. Sie unterstreichen die hohe Qualität und Attraktivität der 5,1% Bioinformatik hierzulande entwickelten Technologien. Die positive Dynamik schlägt sich auch in wachsen- 31,9% Nicht-spezifische den Mitarbeiterzahlen nieder. Insgesamt rund 19.000 Dienstleistungen Menschen sind in Firmen beschäftigt, die sich in ihren Aktivitäten hauptsächlich auf die Biotechnologie konzentrieren (siehe Karte S. 9). Hinzukommen wei- tere rund 20.000 Mitarbeiter in Firmen, in denen die 10,1% Industrielle Biotechnologie Biotechnologie einen Teilbereich darstellt. Damit sind allein in Deutschland knapp 40.000 Menschen in der 3,2% Agrobiotechnologie kommerziellen Biotechnologie tätig. In den über 200 Forschungseinrichtungen forschen und arbeiten noch Quelle: The German Biotech Sector 2016, BIOCOM AG einmal mindestens 30.000 Personen auf dem Gebiet der Biotechnologie.
Biotechnologie als innovationstreiBer der industrie 9 Anzahl der Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland und ihre Mitarbeiter, verteilt nach Bundesländern 22 15 Anzahl der Firmen 6 1.030 20 230 0–25 26–49 100 490 50–79 37 67 >80 13 33 Anzahl der Mitarbeiter 540 1.540 88 0–99 370 870 100–299 29 10 300–499 34 3.970 530 500–999 210 1.000–1.499 17 1.560 1.500–2.999 650 3 106 >3.000 70 93 3.650 3.010 Quelle: The German Biotech Sector 2016, BIOCOM AG Weiteres Wachstum der Branche erwartet Insgesamt kann beobachtet werden, dass vor allem Das Rückgrat der Branche stellen kleine und mittlere mittelgroße KMU dank der guten Auftragslage Unternehmen (KMU) dar. Fast jede zweite Firma (46%) vermehrt Personal einstellen und in Forschung und zählt weniger als zehn Mitarbeiter. Ihr relativer Anteil Entwicklung investieren. Experten rechnen daher sinkt aber, was für eine wachsende Reife der Branche auch in Zukunft mit einem weiteren Wachstum der spricht. Die Anzahl an Unternehmen, die zwischen gesamten Branche. zehn und fünfzig Mitarbeiter beschäftigen, lag in den vergangenen Jahren stets bei rund 40%. Firmen mit mehr als 100 Mitarbeitern sind noch die Ausnahme (8%), aber ihre Anzahl steigt.
Spitzenforschung im Mittelstand finanzieren Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind in der Umgang mit natürlichen Ressourcen. Die Innovati- biologischen Spitzenforschung Vorreiter des technolo- onskraft der Biotechnologie unterstützt damit den gischen Fortschritts. Mit ihren biobasierten Verfahren Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft. Die dynami- und innovativen Biotechnologie-Produkten legen sie sche Entwicklung von Start-ups und Firmen in der die Basis für nachhaltiges Wirtschaften. Die gezielte Biotechnologie belegt diesen Trend (siehe Kapitel Förderung des forschenden Mittelstandes spielt für das „Biotechnologie als Innovationstreiber der Industrie“, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) S. 6). In vielen Industriebranchen haben sich KMU eine wichtige Rolle beim Aufbau einer Bioökonomie. aus der Biotechnologie als Innovationsmotor etabliert Im Rahmen des Zehn-Punkte-Programms „Vorfahrt für und leisten mit ihren neuen Produkten einen wichti- den Mittelstand“ zählt die Förderinitiative „KMU-in- gen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit der deut- novativ: Biotechnologie – BioChance“ zu den zentralen schen Wirtschaft. Maßnahmen. Zehn-Punkte-Programm Die deutsche Industrie bleibt nur dann wettbewerbs- „Vorfahrt für den Mittelstand“ fähig, wenn sie ambitioniert forscht und regelmäßig in die Entwicklung neuer Verfahren, Technologien und Produkte investiert. Der innovative Mittelstand Die Umsetzung kostenintensiver und risikoreicher ist in dieser Hinsicht ein zentraler Treiber, denn Projekte in Forschung und Entwicklung ist in der Wirt- bei der Erschließung von Märkten können kleinere schaft, vor allem in forschungsintensiven Branchen Firmen schneller und flexibler agieren. So werden hier wie der Biotechnologie, stets eine Herausforderung für vielfach nicht nur neue Ideen generiert, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen. Ob Prototypenent- im Markt erprobt und umgesetzt. Dies gilt insbeson- wicklung, Prozess-Upscaling, Diagnostik- oder The- dere mit Blick auf den effizienten und nachhaltigen rapieentwicklung – damit gute Ideen aus dem Labor
spitzenforschung im mittelstand finanzieren 11 nach mehrjähriger Forschungs- und Entwicklungspha- teten „Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie se auch ihren Weg in den Markt finden, sind oftmals 2030“ von Anfang an eine hohe Priorität eingeräumt. hohe Investitionen nötig. Dies gilt insbesondere für Wichtigster Baustein ist die Fördermaßnahme „KMU- neue Prozesse und Produkte aus der Pharma- oder innovativ: Biotechnologie – BioChance“. Chemieindustrie, die ein komplexes Zertifizierungs- und Zulassungsprozedere durchlaufen müssen, bevor sie überhaupt kommerzialisiert werden dürfen. Mit KMU-innovativ: dem Zehn-Punkte-Programm „Vorfahrt für den Mit- Investitionsrisiko mindern telstand“ will das BMBF den innovativen Mittelstand branchenübergreifend dabei unterstützen, in diesem Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Als wichtiger KMU-innovativ konnte bereits auf den Erfahrungen Baustein der Hightech-Strategie der Bundesregierung früherer Initiativen im Rahmenprogramm Biotech- zielt das Programm darauf ab, nologie aufbauen. So hatte das BMBF mit den Förder- maßnahmen BioChance (1999–2003) und BioChance- → die KMU bei der Forschung und Entwicklung Plus (2004–2007) gute Ergebnisse erzielt. Der Vorteil: (F&E) in Schlüsselbereichen der Wirtschaft zu Die Rahmenbedingungen der Förderung waren auf unterstützen, die speziellen Bedürfnisse und den höheren Kapital- → die Unternehmen mit anderen Akteuren entlang bedarf der damals noch sehr jungen Biotechnologie- der Wertschöpfungskette zu vernetzen und KMU und ihrer anspruchsvollen F&E-Projekte zuge- → ihnen einen vereinfachten Zugang zu öffentlicher schnitten. Förderung zu gewähren. Insgesamt wurden im Rahmen von BioChance und Das Bundesforschungsministerium verfolgt dabei BioChancePlus rund 170 Millionen Euro für insge- einen umfassenden Ansatz, der auch die Entwicklung samt 220 biotechnologische Projekte zur Verfügung neuer Geschäftsmodelle einbezieht. Fragen der Ar- beitsgestaltung, der Qualifizierung und der Fachkräf- tegewinnung werden zum Teil in anderen Maßnah- men adressiert. Die Mittelstandsförderung setzt auf Die Vorteile von KMU-innovativ vier zentrale Handlungsfelder: 1. Übergreifende, verlässliche Beratung: 1. Stärkere Beteiligung von KMU in den dynamischen Schlüsselbereichen der deutschen Wirtschaft Die Bundesregierung hat einen Lotsendienst für 2. Ausbau der Zusammenarbeit von KMU mit starken Unternehmen eingerichtet, der als zentrale Stelle Partnern wie Unternehmen, Hochschulen und alle Fragen zu Fördermöglichkeiten beantwortet: Forschungseinrichtungen www.foerderinfo.bund.de/kmu 3. Verbesserter Zugang zu Fachkräften durch Nach- wuchsförderung und Fortbildung 2. Schnelles Verfahren: 4. Leichterer Zugang zu den Förderangeboten sowie eine Vereinfachung der Förderformate Die Begutachtung einer Projektskizze und die Prüfung des Antrags dauern jeweils in der Regel Innovationen für eine nachhaltige Bioökonomie zwei Monate. Der innovative Mittelstand ist auch gefragt, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachs- 3. Ideal für Förderneulinge: tum im Rahmen der Bioökonomie zusammenzufüh- ren und Deutschland beim Auf- und Ausbau einer Auch kleine und junge Unternehmen haben eine biobasierten Wirtschaft zu unterstützen. Deswegen Chance. wurde der Mittelstandsförderung in der 2010 gestar-
12 innovation durch biotechnologie gestellt. Damit gelang es, das Investitionsrisiko für technologie-Firmen, die schon mit Produkten und die Unternehmen zu mindern und eine erhebliche Dienstleistungen im Markt aktiv sind, verschafft Anzahl an innovativen Ideen aus den Life Sciences die Fördermaßnahme den nötigen Freiraum, um für verschiedene Branchen und Anwendungszwecke sich neuen Themenfeldern und Märkten zu öffnen. voranzutreiben. Eine Ex-Post-Evaluationsstudie des „KMU-innovativ“ ist aber auch ein Instrument, um Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung KMU verschiedener Branchen zusammenzuführen (ZEW) bescheinigte dem KMU-Förderformat in der bzw. gänzlich neue Produkte zu entwickeln. Gerade Biotechnologie eine positive Wirkung und stellte eine die breiten Einsatzmöglichkeiten moderner lebens- hohe Zufriedenheit der Antragsteller fest. Schon zuvor wissenschaftlicher Methoden sind hierfür bestens standen die erfolgreichen Fördermaßnahmen für geeignet. KMU in der Biotechnologie auch Pate für die Initiati- ve „KMU-innovativ“, die 2007 gestartet wurde. Breites inhaltliches Spektrum abgedeckt Ein Blick auf die 260 Projekte, die seit 2007 im Rahmen Durch Förderung neue Märkte erschließen von „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ Im Fokus der Maßnahme stehen anwendungsorien- bewilligt wurden, zeigt die hohe Attraktivität der tierte, risikoreiche Hightech-Forschungsprojekte aus Fördermaßnahme für die Firmen: die Projekte decken dem innovativen Mittelstand. Mit „KMU-innovativ: das gesamte Spektrum der Biotechnologie und Life Biotechnologie – BioChance“ wird die Biotechno- Sciences ab – von der Entwicklung neuer Therapien logie als eines von neun Technologiefeldern gezielt und Diagnostika bis hin zu Forschungstools und Inno- adressiert. Für junge Firmen, die dem akademischen vationen aus der Bioökonomie, die sowohl neuartige Umfeld noch sehr nahestehen, bietet die Maßnah- Analysegeräte, als auch Ansätze für die Pflanzen- me die Möglichkeit, ein risikoreiches F&E-Projekt forschung und Lebensmittelherstellung oder für die in Richtung Markt zu entwickeln. Älteren Bio- industrielle Biotechnologie umfassen (siehe Grafik). Seit 2013 werden Medizintechnik-Firmen in der Maß- nahme „KMU-innovativ: Medizintechnik“ unterstützt. Zuvor wurden sie als Teil der Life Sciences betrachtet KMUi Biotechnologie: Themenverteilung 2008–2016 260 Projekte (582 Zuwendungen) und konnten sich bei „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ um Förderung bewerben. Bioökonomie Therapeutika Forschungstools Diagnostika Mit dem Ende 2010 vollzogenen Übergang vom Rah- Sonstiges Medizintechnik menprogramm „Biotechnologie – Chancen nutzen 21% und gestalten“ zur „Nationalen Forschungsstrategie 6% BioÖkonomie 2030“ beteiligen sich inzwischen auch zunehmend Unternehmen an der Fördermaßnahme, die im Agrarsektor, in der Lebens- und Futtermit- 20% telbranche, in der Pflanzen- und Tierzucht tätig sind oder sich mit der stofflichen bzw. energetischen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen befassen. Auf diese Weise trägt die Fördermaßnahme dazu bei, 24% dass innovative Ansätze für den Ausbau einer bioba- sierten Wirtschaft gestärkt werden. 3% Förderung bietet Zukunftsperspektive 26% Für Dieter Berg, Vorsitzender des Gutachtergremiums von „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“, Quelle: Projektträger Jülich (Stand 01/2017) fällt das Fazit nach zehn Jahren Förderung positiv aus: Für die geförderten Unternehmen aus Biotech-
spitzenforschung im mittelstand finanzieren 13 NACHGEFRAGT „Genau so etwas braucht man als Firma“ Prof. Dr. Christine Lang, Geschäftsführerin, Organobalance GmbH Christine Lang ist Mikrobiologin und war 2001 Mit- Was schätzen Sie an KMU-innovativ, wo sehen Sie gründerin der Berliner Organobalance GmbH. Bekannt Änderungsbedarf? ist das Unternehmen für seine umfangreiche Sammlung mikrobieller Stämme, insbesondere Hefen und Milch- Lang — Das Besondere: Es ist völlig themenoffen und säurebakterien. Lang ist außerdem Professorin an der lässt verschiedene Formate zu – entweder kann man Technischen Universität Berlin und Co-Vorsitzende des alleine Anträge stellen oder ein Netzwerk mit Part- Bioökonomierates, der als Expertengremium die Bun- nern zusammenstellen. Das macht es extrem flexibel. desregierung auf dem Weg in eine biobasierte Wirtschaft Genau so etwas braucht man in einer Firma. Wenn berät. In einem KMU-innovativ-Projekt entwickelte man mehr Eigenkapital hat, kann man sogar große Organobalance Verfahren, um Hefezellen als Verpa- Schritte wagen. Das Fördervolumen ist groß genug, ckungskapseln für bioaktive Wirkstoffe zu nutzen. Das dass auch ein Verbund sinnvoll zusammenarbeiten Unternehmen führt im Rahmen der „Innovationsinitiati- kann. Wenn ich mir etwas wünschen könnte: Man ve Industrielle Biotechnologie“ die strategische Allianz sollte sich von den halbjährlichen Bewerbungsfristen GOBI – „Good Bacteria and Bioactives in Industry“, an verabschieden. Und bei der Auswahl der Gutachter der auch die Firmen Bionorica und Evonik beteiligt sind. sollten genügend Experten mit Industrie-Hintergrund Im Jahr 2016 wurde Organobalance vom dänischen an Bord sein. Biotechnologie-Konzern Novozymes übernommen. Wie hat Ihnen die Förderung in der Firmengeschichte geholfen? Frau Lang, wieso ist KMU-Förderung so wichtig? Lang — Für unser KMU-innovativ-Projekt brauch- Lang — Gerade in der Biotechnologie kommen die Inno- ten wir zunächst die Unterstützung akademischer vationen aus den KMU. Es gibt dabei aus meiner Sicht Partner. Wir konnten dann eine Technologiebasis zwei Typen von Firmen: die einen können tatsächlich aufbauen, die universell einsetzbar ist. Grundsätz- „disruptive“ Innovationen anbieten, also Technologien, lich hat uns gerade die öffentliche Förderung immer die bisherige Prozesse oder Produkte komplett ersetzen. wieder erlaubt, neue Technologien und Produkte zu Die anderen schaffen auch Innovationen, sind aber entwickeln – sehr nützlich ist auch das Instrument der so mit ihren Prozessen beschäftigt, mit denen sie Geld strategischen Allianzen. Sie ist für uns ein Gütesiegel verdienen, dass sie seltener etwas grundlegend Neues – wir arbeiten mit renommierten Partnern zusam- wagen. Beide gehen bei ihren Forschungs- und Entwick- men und können als KMU wirklich etwas bewegen. lungsprojekten Risiken ein, die sie nicht allein tragen Das hat auch unseren neuen Eigentümer Novozymes können. überzeugt.
14 innovation durch biotechnologie nologie und Life Sciences biete die Maßnahme einen wichtigen Baustein, um sich strategisch weiterzuent- wickeln. Insgsamt wurden von 2007 bis 2016 knapp 400 Mil- lionen Euro investiert. Die beteiligten Firmen haben hierbei einen Eigenanteil von etwa 160 Millionen Euro beigesteuert. In der Regel konnten die Unternehmen neue F&E-Projekte umsetzen, die ein Fördervolumen von 500.000 Euro bis 1 Million Euro besitzen. Wie die beteiligten Firmenvertreter unterstreichen, sind diese Volumina groß genug, um sinnvoll neue Ideen anzustoßen (siehe Interview auf S. 13 mit Christine Lang, Geschäftsführerin der Organobalance GmbH). Bis Ende 2016 fanden 19 Ausschreibungsrunden statt. Bis zu 70 Projektskizzen sind pro Runde eingetroffen; sie zu bewerten war die Aufgabe des interdisziplinär aus Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern zusam- mengesetzten Gutachtergremiums. Gutachter Berg bescheinigt den Anträgen im Inter- view (siehe S. 15) eine wachsende Qualität und unter- streicht die Bedeutung einer solchen Fördermaßnah- me für die Wirtschaft und den Standort Deutschland insgesamt: „Mit der Maßnahme versetzen wir KMU in die Lage, neue Märkte zu erobern oder die nächste Generation von Produkten und Dienstleistungen vo- ranzutreiben. Damit geben wir den Firmen auch eine Zukunftsperspektive und sichern Arbeitsplätze.“ Die Firmen selbst schätzen vor allem die hohe Flexibilität des Förderformats. Es sind Projekte möglich, die von einer Firma allein oder im Netzwerk mit Partnern durchgeführt werden. Geringe Bürokratie spricht kleine Firmen an Als ein weiteres Plus loben Firmen und Gutachter die klaren und einfachen Verfahrensabläufe, sodass auch Erstantragsteller keine hohen bürokratischen Hürden überwinden müssen. Zweimal im Jahr können sich die Firmen um Förderung bewerben. Schon innerhalb von acht Wochen nach der Skizzeneinreichung gibt es ein erstes Feedback. „Ich habe viele mutige und origi- nelle Ideen gerade von sehr kleinen Firmen gesehen. Sie profitieren auch von der engen fachlichen Betreu- ung durch den Projektträger Jülich“, betont Berg.
spitzenforschung im mittelstand finanzieren 15 NACHGEFRAGT „Viele mutige und originelle Ideen gesehen“ Prof. Dr. Dieter Berg, Vorsitzender des Gutachtergremiums Dieter Berg ist promovierter Biochemiker und seit 2007 anfangs mehr Anpassungsbedarf in den Anträgen und im Ruhestand. Er kann auf eine lange Berufskarrie- Diskussionen darüber, ob ein Projekt förderwürdig ist re beim Pharmakonzern Bayer sowie der Agrarsparte oder nicht. Heute sind wir mit der Qualität der Skizzen Bayer Crop-Science zurückblicken, wo er zuletzt für die mehrheitlich zufrieden. Nach zehn Jahren können wir Koordination internationaler Forschungskooperationen definitiv ein positives Fazit ziehen. zuständig war. Im Rahmen seiner Arbeiten bei Bayer konnte er Erfahrungen in der Wirkstoffentwicklung und Welchen Einfluss hat eine Fördermaßnahme wie im Pflanzenschutz sammeln. Er war an mehr als 100 Pa- KMU-innovativ auf die Entwicklung der Biotechnolo- tentanmeldungen und 80 Publikationen in wissenschaft- gie-Branche in Deutschland? lichen „Peer review“-Zeitschriften beteiligt. Parallel hatte er als Professor eine Lehrtätigkeit für Biochemie an Berg — Bei einer Branche, die mehrheitlich aus kleinen der Universität Münster inne. Seit dem Ruhestand berät und mittleren Firmen besteht, stärkt eine solche Maß- er Start-ups und ist als Gutachter für die Europäische nahme natürlich vor allem die Wettbewerbsfähigkeit. Kommission sowie das Bundesministerium für Bildung Gerade KMU müssen sich im Konkurrenzkampf mit und Forschung tätig. Für die Fördermaßnahme „KMU- Großkonzernen ganz genau überlegen, welche Pro- innovativ: Biotechnologie – BioChance“ leitet er das dukte sie entwickeln wollen und wo es sich lohnt zu ehrenamtlich tätige Gutachtergremium mit Experten aus investieren. Mit der Maßnahme versetzen wir KMU Wissenschaft und Wirtschaft. in die Lage, neue Märkte zu erobern oder die nächste Generation von Produkten und Dienstleistungen vo- ranzutreiben. Damit geben wir den Firmen auch eine Herr Berg, Sie sind Vorsitzender des Gutachtergremi- Zukunftsperspektive und sichern Arbeitsplätze. Für ums und haben die Fördermaßnahme seit ihrem Start manches Start-up war unsere Bewilligung auch der vor zehn Jahren begleitet. Wie lautet Ihr Fazit? Ritterschlag, um weitere Investoren zu überzeugen. Berg — Ich bin sehr froh, so viele mutige und originelle Wie sieht ein idealer Förderantrag aus? Ideen aus der Biotechnologie und den Life Sciences – auch von ganz kleinen Firmen – gesehen zu haben. Da Berg — Er beschreibt ein F&E-Projekt, das das KMU war das gesamte Spektrum von medizinischen Anwen- allein nicht stemmen kann und das inhaltlich origi- dungen, Diagnostik bis hin zur Landwirtschaft ver- nell genug ist, um der Firma einen echten Mehrwert treten. Aber es war natürlich auch ein Lernprozess von zu bringen – mit Blick auf die Sicherung bzw. den allen Seiten. Sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch mit Ausbau von Arbeitsplätzen oder die Stärkung der Blick auf die Rahmenbedingungen gab es hier und da Marktposition.
Hightech-Forschung für eine biobasierte Wirtschaft Hightech-Forschung in der Biotechnologie ist extrem Etliche Innovationen entstehen dabei an der Schnittstel- vielfältig und besitzt eine hohe Relevanz für verschie- le von Bio- und Ingenieurswissenschaften, ein wichtiger denste Industriezweige: Ob Medizin, Landwirtschaft Treiber ist zudem die Molekularbiologie. Wie hoch der oder Chemie, ob Prozess oder Molekül – das Spektrum Bedarf an einer Förderung von F&E-Projekten ist, zeigt der Themen und Ideen, an denen Unternehmen in der ein Blick in die Förderstatistik der Fördermaßnahme Biotechnologie forschen, ist groß. Das spiegelt sich „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“. Aus den auch in der Vielfalt an Projekten wider, die im Rahmen bis zu 70 eingereichten Ideenskizzen je Ausschreibungs- der Fördermaßnahme „KMU-innovativ: Biotechnologie runde erhalten etwa zehn bis zwanzig Vorschläge den – BioChance“ unterstützt wurden. Zuschlag. Insgesamt wurden Zuwendungen in Höhe von durchschnittlich 10 Millionen Euro je Ausschreibungs- runde verteilt. Hochempfindliche Messmethoden, Hochdurchsatz- verfahren, präzise molekulare Werkzeuge – die letzten Jahre sind durch einen enormen Wissenszuwachs und „Wir konnten durch die Themen- technischen Fortschritt in den Lebenswissenschaften offenheit bei KMU-innovativ gute gekennzeichnet, der sich in einer hohen Forschungs- und Entwicklungsintensität der Biotechnologie-Firmen Ideen weitertreiben, die für uns mit niederschlägt. Das Ziel dieser Anstrengungen ist klar: unserem eingeschränkten Budget neue intelligente Produkte, Verfahren und Dienstleis- eigentlich zu riskant und aufgrund tungen in den Markt bringen, die dem jeweiligen Unter- der fehlenden wissenschaftlichen nehmen einen Vorteil für seine Wettbewerbsfähigkeit Daten noch zu sehr außerhalb des bieten. Viele der Firmen sind sehr klein und arbeiten eng mit Forschungseinrichtungen zusammen; der Techno- Fokus der Investoren waren.“ logietransfer ist vielfach eine große Herausforderung. Ingmar Hoerr, Gründer & Geschäftsführer, CureVac AG
hightech-forschung für eine biobasierte wirtschaft 17 Plattformtechnologien als Motor für Personalisierte Medizin als Trend den Fortschritt Ein weiterer Schwerpunkt der Förderung lag auf Ein Großteil der Fördermittel (25%) ist in die Ent- Projekten, in denen neue Therapien (29%) und Diag- wicklung vielversprechender Forschungstools nostika (17%) entwickelt wurden. Traditionell ist ein geflossen (siehe Grafik S. 19): Auf diese Weise stehen Großteil der deutschen Biotechnologie-Firmen im Forscherinnen und Forschern heute leistungsfähige Gesundheitssektor aktiv, vor allem der Trend zur Werkzeuge zur Verfügung, um beispielsweise schnel- personalisierten Medizin erfordert ein hohes Maß an ler als bisher auf die Spur wirksamer Medikamente zu Forschung und Entwicklung. Mit der Unterstützung kommen. Insgesamt wurden hier zwischen 2008 und durch „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ 2016 knapp 60 Millionen Euro investiert. konnten die Unternehmen ihre Konzepte und Ideen gezielt umsetzen, weitere Produktkandidaten im Gerade die Bioanalytik, die sich mit der Analyse von Portfolio voranbringen oder neue Diagnostik-Kits auf Biomolekülen und biologischen Prozessen befasst, hat den Markt bringen. Damit ist es mehrmals gelungen, sich als Motor für den technologischen Fortschritt das Interesse der internationalen Pharmaindustrie in der Medizin, aber auch im Agrarsektor erwiesen. bzw. von Investoren zu gewinnen (siehe Kapitel „Neue Viele kleine und mittlere Firmen konnten im Rahmen Therapien und effiziente Diagnostik“, S. 32). Bis Ende der Fördermaßname leistungsfähige Plattformtech- 2012 wurden auch zahlreiche Medizintechnik-Projek- nologien entwickeln, die sich erfolgreich im Markt te innerhalb der Fördermaßnahme unterstützt. Der behaupten und für ein breites Spektrum von Anwen- Rückgang ab 2013 ist darauf zurückzuführen, dass es dungen einsetzen lassen (siehe Kapitel „Hightech- mit „KMU-innovativ: Medizintechnik“ ab diesem Jahr Werkzeuge für die Bioanalytik“, S. 20). eine eigene Fördermaßnahme für diese Branche gibt. „KMU-innovativ hat uns in der Frühphase geholfen, unser inno- vatives Peptidlaserdruckverfahren in stabile und nachhaltige Produk- tionsprozesse zu überführen. Ohne diese Förderung wären wir sicher nicht da, wo wir heute sind.“ Volker Stadler, Geschäftsführer PEPperPRINT GmbH
18 innovation durch biotechnologie Fördermaßnahme für innovativen Forschungsansätzen. Gleiches gilt für Unternehmen aus der Neuentwicklungen in der Ernährungsindustrie und im Lebensmittelsektor. Anders als Großkonzerne sind Bioökonomie attraktiv KMU in der Lage, sich schnell an neue Herausforde- rungen anzupassen. Mit der Förderung durch KMU- Im Rahmen von „KMU-innovativ: Biotechnologie – innovativ haben viele Firmen die Chance genutzt, BioChance“ wurden in den vergangenen Jahren zahl- auch risikobehaftete Ansätze auszuprobieren und reiche Projektideen aus der Bioökonomie gefördert; weiterzuentwickeln. der Anteil lag im Durchschnitt bei 21%. Seit 2008 ist die Höhe der jährlichen Zuwendungen in diesem The- menfeld gestiegen (siehe Grafik unten). Insgesamt sind „Als Pflanzenzüchter, besonders hier in den 18 Ausschreibungsrunden rund 45 Millio- bei Nordmanntannen, braucht nen Euro Fördermittel geflossen (siehe Grafik S. 19). man einen langen Atem. Die Nachhaltige Landwirtschaft KMU-Förderung ist flexibel und Ein Schwerpunkt lag unter anderem darin, den langfristig ausgelegt, sodass wir Umbau hin zu einer nachhaltigen und ressourceneffi- selbst äußerst risikoreiche Züch- zienten Landwirtschaft ein Stück weit mitzugestalten tungsprojekte stemmen können.“ (siehe Kapitel „Moderne Landwirtschaft und gesun- de Ernährung“, S. 24). Gerade kleine und mittlere Hardy Dembny , Geschäftsführer Baumschulen Oberdorla GmbH Unternehmen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Denn die Entwicklung von Nutzpflanzen und Nutz- tieren, die den hohen Anforderungen angesichts von Innovativer Umweltschutz Klimawandel und Umweltschutz sowie einer steigen- Die Fördermaßnahme hat aber auch ihren Beitrag den Weltbevölkerung gewachsen sind, verlangt nach dazu geleistet, industrielle Prozesse in der Wirtschaft KMUi Biotechnologie: bewilligte Fördermittel von 2008–2016 in Millionen Euro pro Jahr 20 18 Bioökonomie Therapeutika Forschungstools Diagnostika 16 Sonstiges Medizintechnik* 14 12 10 8 6 4 2 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: Projektträger Jülich (Stand 01/2017) *Seit 2013 wurden Medizintechnik-Projekte in „KMU-innovativ: Medizintechnik“ gefördert.
hightech-forschung für eine biobasierte wirtschaft 19 nachhaltiger zu gestalten – ein Aspekt, in dem bio- gehören Mikroorganismen, Zellen und Enzyme. Die technologische Verfahren und biobasierte Hightech- im Rahmen von KMU-innovativ geförderten Projekte Werkzeuge gegenüber herkömmlichen Methoden unterstreichen beispielsweise, dass sich in erhebli- oftmals punkten können. So bietet die Natur eine chem Maße Energie und Ressourcen einsparen lassen, große Vielfalt an biobasierten Werkzeugen, die in wenn Enzyme als Biokatalysatoren zum Einsatz kom- immer mehr Wirtschaftszweigen zur Biologisierung men (siehe Kapitel „Nachhaltige und umweltfreundli- von industriellen Prozessen beitragen können. Dazu che Industrie“, S. 38). KMUi Biotechnologie: bewilligte Fördermittel 2008–2016 Bioökonomie Therapeutika Bioökonomie Therapeutika Forschungstools Diagnostika Forschungstools Diagnostika Sonstiges Medizintechnik Sonstiges Medizintechnik 80 6% 70 20% 60 17% 50 40 30 29% 20 4% 10 25% 0 Fördermittel nach Kategorien – Runde 1–18 in Millionen Euro Fördermittel nach Kategorien – Runde 1–18 in % Quelle: Projektträger Jülich (Stand 01/2017)
Hightech-Werkzeuge für die Bioanalytik Bahnbrechende Technologien haben die Analysemög- Analyse von Genen, Proteinen und Stoffwechselpro- lichkeiten für Lebensprozesse tiefgreifend verändert. dukten sind bioanalytische Werkzeuge sehr wertvoll. Hochempfindliche Messmethoden und Hochdurch- Moderne Genomsequenziermaschinen liefern heute satzverfahren ermöglichen es, Biomoleküle in Zellen immer schneller und günstiger Daten über die Zu- und Organismen mit neuer Präzision und nahezu sammensetzung des Erbguts. Durch den Einsatz von vollständig zu erfassen. Im Rahmen von „KMU-inno- automatisierten und hochgradig parallelen Verfahren vativ: Biotechnologie – BioChance“ haben deutsche ist die Erbgutsequenzierung eine Hochdurchsatztech- Unternehmen erfolgreich bioanalytische Instrumen- nologie geworden. Ähnliche Entwicklungen gibt es te und Plattformtechnologien entwickelt, die in der in der Proteomik. Hier beschäftigen sich Forschende akademischen Forschung und in der Pharmaindustrie damit, die Vielfalt der Eiweißmoleküle in Zellen und gefragt sind. Organismen zu identifizieren und zu quantifizieren. Die Metabolomik wiederum erfasst und charakteri- siert die verschiedenen Stoffwechselprodukte (Meta- Innovationen für die Biotechnologie entstehen oft an bolite) eines Organismus. Auch hierfür sind moderne der Schnittstelle von Biowissenschaften und Inge- Bioanalytik-Werkzeuge elementar. nieurswissenschaften. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die präzise und umfassende Analyse von Trend zur Miniaturisierung Biomolekülen und biologischen Prozessen. Denn die Die „Omik“-Forschung steht auch beispielhaft für Bioanalytik spielt in vielen Anwendungsfeldern in den Trend zur Miniaturisierung von Geräten. Immer Wissenschaft und Wirtschaft eine wichtige Rolle. häufiger werden dabei biologische Funktionselemente Treiber der Bioanalytik sind insbesondere die ra- erfolgreich mit Mikrosystemtechnik kombiniert, um santen Fortschritte in der Molekularbiologie. Eine noch präzisere und schnellere Analysen durchzuführen. wichtige Grundlage dafür haben neue, hochempfind- Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, die liche bildgebende Verfahren gelegt. Aber auch bei der mit Hightech-Werkzeugen und sogenannten Plattform-
hightech-werkzeuge für die bioanalytik 21 technologien für die Biotechnologie und Biomedizin Roboterplattform, auf der hunderte Mikroreaktoren punkten können, sind häufig Ausgründungen aus Uni- für Hochdurchsatzanalysen kombiniert sind. Die Platt- versitäten und Forschungseinrichtungen. Viele haben in form der neuesten Generation ermöglicht inzwischen ihrer weiteren Entwicklung sogar mehrfach von einer Analysen von Wirkstoffkandidaten mit einem Durch- Förderung durch „KMU-innovativ: Biotechnologie – satz von über 20.000 Substanzen pro Tag. BioChance“ profitiert und bestehen heute erfolgreich mit ihren Produkten auf dem Markt. Nischenprodukt global nachgefragt Nanion zählt mittlerweile 80 Mitarbeiter weltweit. Zu den Kunden gehören nahezu alle der Top-20- Roboterplattform testet Pharmaunternehmen der Welt. Aber auch akade- zehntausende Wirkstoffe gleichzeitig mische Technologiezentren und Service-Einheiten von Universitäten aus allen Teilen der Welt fragen die Roboterplattform nach. Für die Entwicklung des Zum Beispiel die Nanion Technologies GmbH aus Systems wurden die Forscher von Nanion 2007 und München: Als Hightech-Gerätehersteller hat sich 2014 für den Deutschen Zukunftspreis des Bundesprä- das 2002 gegründete Unternehmen auf Messsysteme sidenten nominiert. spezialisiert, mit denen sich die Aktivität von Ionen- kanälen in Zellen schnell und automatisiert studieren Gleich zwei durch KMU-innovativ geförderte Projekte lässt. Ionenkanäle sind Proteine, die in die Zellmem- waren für Nanion wegweisend für die Entstehung bran integriert sind und dort als Molekülschleusen einer neuen Gerätefamilie, die unter dem Namen agieren. Sie zählen zu den wichtigsten Angriffsstellen „Orbit“ firmiert. Hervorgegangen sind sie aus den für Medikamente. Deshalb sind Technologien wie die Projekten „Poly-Ephys“ von 2008 bis 2011 und von Nanion interessant für Pharmaunternehmen, die „SyntHTEphsys“ von 2014 bis 2016 (Förderung: Wirkstoffbibliotheken mit Millionen Substanzen nach insgesamt 750.000 Euro). Anders als bei der Untersu- dem besten Kandidaten für ein neues Medikament chung von Zellen geht es hier darum, Ionenkanäle in durchsuchen wollen. künstlicher Umgebung herzustellen und elektrophy- siologisch zu vermessen. Deshalb wurde ein Ionenka- Winzige Sensoren auf Biochips nal-Messsystem geschaffen, das mit Lipidmembranen Die Messinstrumente von Nanion basieren auf der in Reaktionsgefäßen im Labor arbeitet. Ein solches sogenannten Patch-Clamp-Methode. Dem Gründer System ist insbesondere für die akademische Ionen- Niels Fertig gelang es noch an der Ludwig-Maximili- kanal-Forschung interessant. „Ohne die KMU-inno- ans-Universität München, die einst sehr aufwendige vativ-Förderung hätten wir dieses risikohafte, aber Methode zu vereinfachen und in hohem Maße paralle- lisiert ablaufen zu lassen. Er nutzte dazu Biochips, auf denen sich winzige Sensoren und Verstärkerelektronik befinden. Bringt man auf diese Apparatur Zellen auf, sind in diesen Mikroreaktoren schnelle, automatisierte Untersuchungen von elektrischen Strömen durch die Ionenkanäle der Zellen möglich. Das Projekt wurde anfangs durch die Fördermaßnahme BioChancePlus – einem Vorläufer von KMU-innovativ – unterstützt. Daraus ging ein automatisiertes Patch-Clamp-System hervor, mit dem man die elektrischen Ströme von acht Zellen gleichzeitig messen kann. Mit diesem System eroberte Nanion ab 2007 den Markt. Im Jahr 2013 wurde es durch das SyncroPatch-System als wichtigstes Die Nanion Technologies GmbH hat sich auf Messsysteme spezialisiert, mit denen sich Zellen schnell und automatisiert analysieren lassen. Produkt abgelöst. Hierbei handelt sich um eine flexible
22 innovation durch biotechnologie Nervennetzwerke in unerreichter Präzision messen Neurobiologen, die die komplexe Funktion des Ge- eines Smartphones, nur 1.000-mal schneller. hirns und des Nervensystems verstehen wollen, sind Neuronale Aktivität kann nicht nur gemessen, auf hochempfindliche und leistungsfähige Mess- sondern auch stimuliert werden. Seit 2015 wird instrumente angewiesen. Ein solcher Messinstru- der Chip unter der Bezeichnung CMOS-MEA5000 mente-Bauer ist die mittelständische MCS Multi vermarktet. Das 1996 gegründete Unternehmen Channel Systems GmbH in Reutlingen. Sie entwi- ist seit 2014 ein Tochterunternehmen des US- ckelt Zubehör für die Elektrophysiologie, um zum Konzerns Harvard Bioscience. Beispiel mit Mikroelektroden die elektrische Akti- vität von Zellen zu messen oder elektrische Stimu- lationen durchzuführen. Im Rahmen von „KMU- innovativ: Biotechnologie – BioChance“ hat das schwäbische Unternehmen von 2009 bis 2013 einen leistungsfähigen Neurochip entwickelt (Förderung: 1,2 Millionen Euro). Partner in dem Verbundprojekt waren das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut (NMI) in Reutlingen und die Technische Universität Berlin. Der entwickelte Neurochip filmt die elektrische Aktivität und die Kommunikation eines Nervenzellnetzwerks mit Mikrosekunden- und Mit dem Neurochip lässt sich die elektrische Aktivität von Mikrometer-Genauigkeit – also wie ein Kamerachip Nervenzellnetzwerken in höchster Präzision messen. vielversprechende Projekt seinerzeit definitiv nicht Bedeutung. Peptide sind kleine Proteinfragmente, wie angefasst“, sagt Firmengründer Fertig. Doch seit dem sie etwa auf der Oberfläche von Zellen oder Erregern Jahr 2014 ist die erste Generation der Orbit-Geräte vorkommen. Auf einem Chip platziert, können sie nun auf dem Markt erhältlich und die Verkaufszahlen wie Köder an einer Angel genutzt werden, um an sie steigen stetig. Fertig: „Hier zeigt sich, wie ein Nischen- andockende Antikörper aus dem Blut von Patienten produkt auf globaler Ebene sehr interessante Markt- zu fischen. Nicht nur für diesen indirekten Nachweis chancen eröffnen kann.“ von Infektionserregern im Blut sind sie geeignet. Neue Lösung für Detailanalysen in der Medizin Maßgeschneiderte Peptide Mit den Chips lässt sich nach therapeutischen Peptiden, aus dem Laserdrucker Impfstoffen oder Biomarkern suchen. Darüber hinaus kann auch die Struktur von Antikörpern im Detail analysiert werden. Die Herstellung von Peptidchips Biochips – auch Mikroarrays genannt – sind aus der ist jedoch aufwendig und langwierig. Üblicherweise biomedizinischen Forschung nicht mehr wegzuden- müssen alle Peptide für einen Chip in ausreichendem ken. Bereits winzige Proben von auf Oberflächen Maßstab vorsynthetisiert werden, um dann von einem aufgebrachten Biomolekülen genügen, um biologi- Pipettier-Roboter auf eine Membran aufgetupft zu sche Prozesse auf molekularer Ebene zu analysieren. werden. Doch die Kapazitäten dieser mit Spot-Technik Biochips werden dabei meist mit Erbsubstanz wie gefertigten Chips sind begrenzt. Zudem sind sie sehr DNA oder RNA bestückt. Für die meisten Lebensvor- teuer. Das Start-up PEPperPRINT GmbH in Heidel- gänge sind jedoch auch die Proteine von zentraler berg hat eine Laserdruck-Maschine entwickelt, mit
hightech-werkzeuge für die bioanalytik 23 der sich qualitativ hochwertige Mikroarrays in hoher Stunde. Denn obwohl für die Reaktion eigentlich nur Dichte mit bis zu 80.000 Peptiden herstellen lassen. die DNA-Moleküle aufgeheizt werden müssten, wird in Das Heidelberger Unternehmen wurde 2001 von bisherigen Verfahren die gesamte Reaktionsflüssigkeit Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszen- erwärmt. Der Clou von GNA Biosolutions: Während trums (DKFZ) gegründet. Auf dem Weg der Plattform die Temperatur der gesamten Flüssigkeit konstant zur Marktreife wurde das Unternehmen im Rahmen gehalten wird, heizen kurze Laserpulse Goldnano- von „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ partikel auf, an denen die zu vervielfältigenden unterstützt (Förderung: rund 1 Million Euro). Möglich DNA-Abschnitte hängen. Das laserbasierte Aufheizen wurde der Peptid-Laserdrucker durch Bio-Toner: An- der Nanopartikel funktioniert etwa eine Million Mal stelle von Farbpigmenten sind die Druckerpatronen schneller als das bisherige Heizen der gesamten Flüs- mit Aminosäurepartikeln gefüllt. Da Peptide aber aus sigkeit. Binnen weniger Minuten kann so der gesamte bis zu zwanzig verschiedenen Aminosäuren verknüpft Vervielfältigungsprozess abgeschlossen werden. werden müssen, sind auch zwanzig dieser Kartuschen in einem Gerät unterzubringen. So ist eine Laser- Entscheidungshilfe bei Keimdiagnostik druckerplattform entstanden, die mit hoher Genauig- Diese Turbo-PCR bedeutet nicht nur einen enormen keit und großem Durchsatz beliebige Kombinatio- Zeitgewinn bei der molekularbiologischen Forschung. nen der Aminosäuren auf einer kleinen Glasplatte Auch in der Klinik kann wertvolle Zeit gespart werden nach und nach aufträgt und aneinander koppelt. Pro – gerade dann, wenn es im Extremfall um schnelle Quadratzentimeter können die Heidelberger bis zu Entscheidungen geht, zum Beispiel in der Sepsis- 1.000 maßgeschneiderte Peptide unterbringen – ideal Diagnostik oder bei der Suche nach multiresistenten für biomolekulare Analysen im Hochdurchsatz. Das Krankenhauskeimen. Auch bei der Keimdiagnostik in System ist sehr flexibel und die hergestellten Biochips der Lebensmittelprüfung, bei Fragen der Biosicherheit sind deutlich kostengünstiger als bisherige Produkte. oder akuten Virusepidemien können die Laser-PCR- Eigenschaften, die die Pharmaindustrie offenbar Analysen innerhalb von Minuten wertvolle Informa- überzeugen: Nahezu alle Top-10-Pharmaunterneh- tionen liefern. GNA Biosolutions wurde im Jahr 2010 men zählen zu den Kunden von PEPperPRINT. aus dem Institut für Photonik und Optoelektronik der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität ausgegründet. Die Entwicklung der Laser-PCR wurde Laser-PCR: DNA kopieren vom BMBF von 2011 bis 2013 unterstützt (Förderung: im Turbomodus 300.000 Euro). Mit Erfolg: 2017 beschäftigt das Unter- nehmen mehr als 20 Mitarbeiter und vermarktet die Laser-PCR in verschiedenen Produktlinien. Seit ihrer Entwicklung vor mehr als 30 Jahren hat sich die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) als eine der wichtigsten Standardmethoden der Biotechnologie etabliert. Mit ihrer Hilfe lassen sich einzelne DNA- Abschnitte gezielt vermehren. Dank der Förderung unter dem Dach von „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ hat die Firma GNA Biosolutions GmbH aus Martinsried ein hochinnovatives Turbo-Verfahren entwickelt: Mit der sogenannten Laser-PCR dauert der Vorgang nur noch wenige Minuten anstatt mehr als eine Stunde. Bei einer PCR wird ein DNA-Abschnitt in einem Reaktionsgefäß mithilfe von Kopier-Enzy- men in wiederkehrenden Zyklen aus Aufheizen und Abkühlen vervielfältigt. Das Problem: Das Verfahren dauert pro Ansatz meist immer noch mehr als eine Die Druckerpatronen der PEPperPRINT GmbH sind mit Aminosäuren gefüllt.
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